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Full text of "Zeitschrift für deutsche Philologie"

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ZEITSCHRIFT 


PUB 


DEUTSCHE  PHILOLOGIE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  ernst  HÖPFNER  und  Dr.  JULIUS  ZACHER 

PBOYIHZIALSCHULBAT  IS  KOBLBNZ  PROF.   A.  D.   UNIVERSITÄT  ZU  HALLB 


SIEBENTER   BAND 


HALLE, 

VEBLAO     DEB    BUGHHANDLUNa    DES    WAISENHAUSES. 

187  6. 

Reprinted  with  the  permissioo  of  W.  Kohlhammer  Verlag,  Stuttgart 

JOHNSON  REPRINT  CORPORATION       JOHNSON  REPRINT  COMPANY  UMITED 
111  Fifth  Aveoue,  New  York,  N.Y.  10003  Berkeley  Square  House,  London,  W.  1 


i\  f   ■' 


First  reprintingy  1966,  Johnson  Reprint  Corporation 
Printed  in  the  United  States  of  America 


Z  55 
VERZEICHNIS  DER  BISHERIGEN  MITARBEITER. 


Prot  dr.  Arthur  Amelung  in 

Freibarg,  f 
Prof.  dr.  G.  Andresen  in  Bonn. 
Prof.    dr.    Aug.    Anschütz    in 

HaU6.t 
Gymnasiallehrer  dr.  A.  Arndt  in 

Frankfurt  a.  0. 
Director  prof.  dr.  J.  Arnoldt'  in 

Gambinnen. 
Gymnasiallehrer  dr.  Richard  Ar- 
noldt in  Elbing. 
Professor  Bauer  in  Freiburg  i.  B. 
Subrector  dr.  F.  Bech  in  Zeitz. 
Professor   dr.  E.  Bernhardt  in 

Erfurt. 
Schulrat  dr.  H.  E.  Bezzenb er- 
ger in  Merseburg. 
Dr.   A.   Bezzenberger,    privat- 

docent  in  Göttingen. 
Prof.  dr.  A.  Boretius  in  Halle. 
Director  dr.  Ludw.  Bossler  in 

Bischweiler. 
Realschullehrer  dr.  Boxb erger  in 

Strehlen. 
Dr.  J.  Brakelmann  in  Paris,  f 
Prof.  dr.  H.  Brandes  in  Leipzig. 
Franz  Branky,   lehrer   an  der 

k.  k.  lehrerausbildungsanstalt  in 

Wien. 
Dr.  W.  Braune,  privatdocent  in 

Leipzig. 
Prof.  dr.  Sophus  Bugge  inChri- 

stiania. 
Prof.  dr.  W.  Crecelius  in  Elber- 

feld. 
Prof.   dr.   Berthold   Delbrück 

in  Jena. 
Gymnasiallehrer  Dr.  Dittmar  in 

Magdeburg. 
Dr.  B.  Döring  in  Dresden. 
Oberlehrer  Friedr.  Drosihn  in 

Neustettin.  f 
Gymnasiallehrer    dr.  Osk.   Erd- 
mann in  Königsberg. 
Geh.  Staats -Archivar  dr.  E.  Fried- 

l&nder  in  Berlin. 
Dr.  Hugo  Gering;  privatdocent 

in  Halle. 


Professor    dr.   Ge.   Gerland    in 

Strassburg. 
Oberlehrer  dr.  Gombert  in Gross- 

Strehlitz. 
Gymnasiallehrerdr.R.  Gott  schick 

in  Charlottenburg. 
Redacteur  H.  Gradl  in  Eger. 
Dr.  Justus  Grion,  director  des 

lycemns  in  Verona. 
Oberlehrer  dr.  Haag  in  Berlin. 

Pfarrer  dr.  Th.  Hansen  in  Lun- 

den  i.  Dithmarschen. 
Gymnasiallehrer  Dr.  Ignaz  Har- 

czyk  in  Breslau. 
Director  prof.  dr,  W.Hertz  borg 

in  Bremen. 
Prof.  dr.  Moriz  Heyne  in  Basel. 
Dr.  Karl  Hildebrand,   privat- 
docent in  Halle,  f 
Prof.   dr.  Bud.  Hildebrand  in 

Leipzig. 
Prof  Val.  Hintner  in  Wien. 
Dr.   S.  Hirzel,    buchhändler   in 

Leipzig. 
Schulrat  dr.  Ernst  Höpfner  in 

Koblenz. 
Dr.  R.  Holtheuer  in  Delitzsch. 

Prof  dr.  A.  Hu  eher  in  Innsbruck. 

Oberlehrer  dr.  Oskar  Ja  nicke 
in  Berlin,  f 

Dr.  E.  Jessen  in  Kopenhagen. 

Dr.  F.  Jonas  in  Arolsen. 

Dr.  Friedr.  Keinz,  k.  Staatsbi- 
bliothek -  secret&r  in  München. 

Prof.  dr.  Adalbert  von  Keller 

in  Tübingen. 
Buchhändler  Alb.  Kirchhoff  in 

Leipzig. 
Gymnasiallehrer  dr.  Karl  Kinzel 

in  Berlin. 
Prof.  dr.  C.  Fr.  Koch  in  Ei8enach.t 

Gymnasiallehrer  dr.  Artur  Köh-^ 
1er  in  Dresden,  f 

Bibliothekai'  dr.  Reinhold  Köh- 
ler in  Weimar. 

Dr.  Eugen  Kölbing,  privatdo- 
cent in  Breslau. 


IV 


vEBZEicmns  dbb  mita&bsitbb 


Director  prof.  dr.  Adalbert  Kuh 

in  Berlin. 
Prof.  dr.  Ernst  Kuhn  in  Heidel- 
berg. 

Geh.  reg.  r.  prof.   dr.  Heinrich 
Leo  in  Halle. 

Staatsrat  dr.  Leverkus  in  Olden- 
burg, t 

Prof.   dr.   Felix  Liebrecht    in 
Lüttich. 

Director  dr.  Lothholz  in  Stargard. 

Oberlehrer  dr.  Aug.  Lübben  in 
Oldenburg. 

Prof.  dr.  J.  Mähly  in  Basel. 

Prof.  dr.  Ernst  Martin  in  Prag. 

Prof.    dr.   Konrad   Maurer   in 
München. 

Dr.  Elard  Hugo  Meyer,  lehrer 
an  der  handelsschule  in  Bremen. 

Prof.  dr.  Leo  Meyer  in  Dorpat. 

Prof.  dr.  Theodor  Möbius  in 
lüel. 

Dr.    Herrn.    Müller,     custos    in 
Qreifswald. 

Gymnasiallehrer  dr.  K.  N erger  in 
Bestock. 

Prof.  dr.  G.  H.  F.  Nesselmann 
in  Königsberg. 

Gymnasiallehrer  dr.   Ohrloff  in 
Lübben. 

Professor  dr.  J.  Opel  in  Halle. 

Pastor  Otte  in  Fröhden. 

Prof.  dr.  H.  Palm  in  Breslau. 

Prof.  dr.  H.  Paul  in  Freiburg. 

Gymnasiallehrer  dr.  E.  Peiper  in 
Breslau. 

Dr.  P.  Pietsch  in  Breslau. 

Prof.  dr.  Friedr.  Pfeiffer  in  Kiel. 

Director  dr.  C.  Bedlich  in  Ham- 
burg. 

Prof.  dr.  Karl  Eegel  in  Gotha. 

Dr.  AI.  Eeifferscheid,    privat- 
doc.  in  Bonn. 

Dr.  Max  Bieg  er  in  Darmstadt. 

Prof.   dr.   Ernst  Ludw.  Eoch- 
holz  in  Aarau. 

Oberlehrer  Uc.  dr.  E.  Eö bricht 
in  Berlin. 


Prof.  dr.  Heinr.  Bücke rt  in  Bres- 
lau, t 

Dr.  0.  Eüdiger  in  Hamburg. 

Beruh.  Schädel  in  Bonn. 

Staatsrat  dr.  A.  y.  Schiefner  in 
Petersburg, 

Prof.    dr.    A.    Schoenbach    in 
Graz. 

Prof.  dr.  Bichard  Schröder  in 
Würzburg. 

Gymnasiallehrer  dr.  J.  W.  Schulte 
in  Sagan. 

Prof.  dr.  Schweizer  Sidler  in 
Zürich. 

Gymnasiallehrer  dr.  Fr.  Seiler  in 
Halle. 

Dr.  jur.  G.  Sello  in  Potsdam. 

Prof.  dr.  E.  Sievers  in  Jena. 

Dr.  E.  Sprenger  in  Göttingen. 

Prof.  dr.  E.  Steinmeyer  in  Strass- 
burg. 

Prof.  dr.  A.  Stern  in  Bern. 

Oberlehrer  dr.  B.  Suphan  in  Berlin. 

Oberlehrer     dr.     E.    Thiele    in 
Bochum. 

Prof.    dr.    Ludwig   Tobler    in 
Zürich. 

Prof.  dr.  S.  Vögel  in  in  Zürich,  f 

Prof.  dr.  Wilhelm  Wackerna- 
gel in  Basel,  t 

Gymnasiallehrer  dr.  Weg  euer  in 
Magdeburg. 

Prof.dr.  Karl  Weinhold  in  Bres- 
lau. 

Franz  Wieser  in  Innsbruck. 

Dr.  E.  Wilken,   privatdocent  in 
Göttingen. 

Oberlehrer  dr.  E.  Wörner  in  St. 
Afra  bei  Meissen. 

F.  Woeste  in  Iserlohn. 

Dr.  E.  Wülcker,  privatdocent  in 
Leipzig. 

Prof.  dr.  Julius  Zacher  in  Halle. 
Dr.  Konrad  Zacher  in  Halle. 

Prof.  dr.  J.  V.  Zingerle  in  Inns- 
bruck. 
Prof.  dr.  J.  Zupitza  in  Berlin. 


INHALT. 


Seite 

Die  alt-  und  angelsächsische  verskunst.    Von  Max  Rieger  1 

Zu  Gottfrids  Tristan.    Von  R.  Sprenger  64 

Zwei  kaufleute.    Eine  erzählung  von  Ruprecht  von  Wirzburg.    Kritisch  bear- 
beitet von  Moriz  Haupt    65 

Eine  textbcrichtigung  zu  Lessings  schriften.    Von  R.  Köhler   91 

Kritische  bemerkungen  zu  mittelhochdeutschen  gedieht en.    Von  R.  Sprenger 

und  J.  Zacher  92 

Die  Deutschen  auf  den  kreuzzügen.    Von  R.  Röhricht 125.  296 

Beiträge  aus  dem  niederdeutschen.    VonF.  Woeste 174 

Ein  fehler  Lachmanns  in  seiner  kritik  und   erklarung  von  Hartmannes  Iwein. 

Von  J.  Zacher  175 

Goethische  gedichte  aus  den  siebziger  und  achtziger  jähren  in  ältester  gestalt. 

Von  Bernhard  Suphan  208.  455 

Über  die  benutzung  Avians  durch  Boner.    Von  R.  Gott  schick  237 

Die  alttestamentlichen  bruchstücke  der  gotischen  bibelübersetzuug.    Eine  kri- 
tische Untersuchung  von  Ohrloff 252 

Der  oberfränkische  lautstand  im  IX.  jahrlmndert.    Von  P.  Pietscb  330.  407 

Zu  Pilatus.    Von  Sprenger  368 

Hamdismäl.    Aus  den  vorarbeiten  zu  einer  neuen  ausgäbe  der  sogenauten  Sae- 

mundar  Edda.    Von  S.  Bugge 377.  454 

Die  Deutschen  auf  den  kreuzzfigen.    Ergänzungen  und  bericbtigungon.    Von 
W.  Crecelius    451 

Vermischtes. 

Heinrich  Röckert.    Nekrolog.    Von  Priedr.  Pfeiffer    95 

Aufruf  zur  errichtung  eines  grabdenkmals  für  H.  Rückert 375 

Oswald  Bertram.    Nekrolog.    Von  J.  Zacher   369 

Bericht   dber   die  Verhandlungen  der  germanisch  -  romanischen   abteilung  der 

XXX.  philologenversamlung  zu  Rostock.    Von  K.  Nerger 99 

Einladung  zur  ersten  nordischen  philologenversamlung  in  Kopenhagen 250 

Einladung  zur  philologenversamlung  in  Tübingen  376 

Litteratur: 

Vulfila  herausgegeben  von  E.  Bernhardt;  angez.  von  H.  Gering 103 

E.  Sievers,  der  Heliand  und  die  angelsächsische  Genesis;  angez.  von  M.  Rieger  114 
K.  A.  Hahns  althochdeutsche  grammatik  herausg.  von  A.  Jeitteles,  4.  auf!.; 

angez.  von  Fr.  Seiler 116 

Ch.  F.  A.  Schuster^  Lehrbuch  der  poetik;  angez.  von  R.  Thiele  118 


fjg  0     ^  -^^  •   \J      -^     •     --   '■- '^2*'9^^WI 


VI  INHALT 

..  Seit« 

0.  Rüdiger^    Die   ältesten  Hambnrgischen   Knnftrollen.     Derselbe,  Altere 

Hamburgische  und  Hansestadtische  handwerksgesellendocnmente;   angez.  von 

A.  Lübben 123 

0.  Apelt,  Bemerkungen  über  den  acc.  c.  Inf.  im  ahd.  und  mhd.;   angez.  von 

0.  Erdmann 244 

Edda  Snorra  Sturlusonar,  berausg.  von  porleifr  Jönsson;  angez.  von  Tb. 

Möbius   246 

£.  G.  Andresen,  über  deutsche  Volksetymologie;  angez.  von  K.  Wein  ho  Id....  376 
Althochd.  lesebuch,   zusammengestelt  von  W.  Braune;   angez.  von  Konrad 

Zacher 459 

W.  Wackernagel,  Altdeutsche  predigten  und  gebete;  augez.  von  A.  SehÖn- 

bach 466 

Schreyer,   Untersuchungen  über  das  leben  und  die  dichtungen  Hartmanns 

V.  Aue;  angez.  von  K.  Kinzel  479 

W.  Lungen,  War  Hartmann  v.  Aue  ein  Franke  oder  ein  Schwabe?  angez.  von 

Demselben  479 

Emil  Henrici,  Zur  geschichte  der  mittelhd.  lyrik;  angez.  von  Demselben  481 
Ignaz  Peters,  Gotische  conjecturen;  angez.  von  H.  Gering 484 


Register  von  H.  Fritzsche   485 


DIE  ALT-  UND  ANGELSÄCHSISCHE  VERSKÜNST. 

Nachdem  Lachmann  für  die  verse  des  Hildebrandsliedes  das  metri- 
sche Schema  Otfrieds  in  anspruch  genommen  und  sie  danach  corrigiert 
hatte,  war  es  unausbleiblich,  dass  diejenigen,  die  an  dieser  lehre  fest- 
hielten, für  deren  princip  zunächst  die  übrigen  hochdeutschen  reste, 
sodann  das  ganze  gebiet  der  stabreimdichtung  zu  erobern  suchten.  Wie 
wäre  bei  der  mehr  und  mehr  zum  bewustsein  gekommenen  stilverwant- 
schaft  zwischen  allen  provinzen  der  altgermanischen  poesie  eine  so 
starke  metiische  Singularität  bei  einer  derselben  zu  erklären  gewesen? 
Es  ist  gut ,  dass  die  erobeinmgsversuche ,  bezüglich  der  angelsächsischen 
dichtung  von  Schubert  (De  Anglosaxonum  arte  metrica.  Berol.  1870) 
und  bezüglich  des  HeUands  von  Amelung  (im  EL  Jahrgang  dieser  zschr. 
s.  253 — 305),  mit  so  viel  fleiss  und  Scharfsinn  gemacht  worden  sind; 
gerade  dadui'ch  ist  die  Unmöglichkeit  der  aufgäbe  gewis  far  manchen  zur 
genüge  ans  licht  getreten.  Wenigstens  scheint  Schuberts  promotions- 
schrift  zumeist  einen  andern  schüler  MüUenboffs,  aber  auch  Wacker- 
nagels, veranlasst  zu  haben,  dass  ox  seine  erste  wissenschaftliche  lei- 
stung  auf  dem  gleichen  gebiete ,  aber  im  entgegengesetzten  sinn  ablegte. 
F.  Vetter  (Über  die  geimanische  Alliterationspoesie.  Wien  1872)  hat 
sich  das  verdienst  erworben,  die  gründe  gegen  die  vierhebungstheorie 
so  vollständig  und  gründlich  darzulegen,  wie  es  bis  dahin  niemand 
getan  hatte.  Weniger  genügte  mir  seine  positive  entwickelung ,  und 
es  kam  mir  nach  dieser  schrift  nicht  übei-flüssig  vor ,  das  was  mir  über 
die  Sache  klar  geworden  war ,  nochmals  zu  prüfen  und  mit  den  nötigen 
beispielen  versehen  den  kennern  der  stabreimdichtung  vorzulegen.  Ohne 
noch  daiüber  entschieden  zu  sein ,  ob  ich  das  Altnordische  in  meine  dar- 
stellnng  hereinziehen  solle  oder  nicht,  hatte  ich  mich  in  die  metrische 
Untersuchung  der  Eddalieder  vertieft^  als  mich  des  leider  seitdem  hin- 
geschiedenen E.  Bildebrand  Untersuchung  „Über  die  Yersteilnng  in  der 
Edda*'  im  ergänzungsbande  dieser  Zeitschrift  s.  74  — 139  ilberraschte. 
Hier  fand  ich  einen  wichtigen  teil  dessen,  was  ich  zu  sagen  hatte, 
vorweggenommen.  Etwas  altes  nämlich  ist  zwar  der  satz,  dass  der 
Stabreim  auf  die  höchstbetonten  werte  eines  verses  fallen  müsse,  mit- 
hin durch  die  Satzbetonung  bedingt  sei;  aber  die  gesetze  der  satzbeto- 

SBITtOHB.   7.  DBUTBOKB    FHXLOLOOIB.     TIT.  BD.  1 


2  RIBOBR 

uung ,  wie  sie  sich  durch  die  setzung  des  Stabreimes  kund  geben ,  hatte 
bis  dahin  meines  Wissens  niemand  dargelegt,^  so  wichtig  diese  frage  schon 
für  die  textkritik  gewesen  wäre:  denn  fehler  der  Überlieferung  verraten 
sich,  emendAtionen  werden  als  zulässig  oder  unzulässig  erkant,  sofern 
man  weiss,  welches  von  mehreren  im  selben  halbvers  stehenden  werten 
den  Stabreim  tragen  darf  ^  welches  nicht.  Etwas  altes  ist  ferner  das  bestre- 
ben, die  verse  und  halbverse  so  abzuteilen,  wie  die  werte  naturgemäss 
zusammengehören,  so  dass  nicht  zwei  bei  richtigem  vertrag  eng  zu 
verbindende  werte  durch  cäsur  oder  versschluss  getrennt  werden;  aber 
man  hatte  sich  darin  dem  mehr  oder  minder  feinen  gefühl  überlassen, 
statt  für  den  einzeln  fall  zu  ermitteln,  welches  die  gesetzmässige 
teilung  sei  und  unter  welchen  bedingungen  eine  andre  an  ihre  stelle 
treten  dürfe.  Diese  fragen  hat  Hildebrand  für  das  Altnordische  zuerst 
aufgeworfen  und  gründlich  erledigt,  und  so  seine  kurze  laufbahn  mit 
einem  bedeutsamen  gewinne  für  unsere  Wissenschaft  bezeichnet.  Ich 
hätte  ihm  gern  überlassen,  die  gesetze,  die  er  im  Altnordischen  nach- 
gewiesen und  die  ich  im  Alt-  und  Angelsächsischen  erkant  hatte,  auch 
auf  diesen  gebieten  nachzuweisen;  ich  hätte  am  liebsten  eine  vollstän- 
dige metrik  der  stabreimdichtung  von  ihm  erwartet:  aber  um  nicht 
von  der  Edda  abgezogen  zu  werden  schob  er  mir  die  aufgäbe  zurück, 
von  der  ich  nun,  um  nicht  auf  zu  viele  einzelheiten  rücksicht  nehmen 
und  dadurch  die  klarheit  der  darstellung  beeinträchtigen  zu  müssen, 
das  Altnordische  ausscheide,  zufrieden,  dessen  Übereinstimmung  in 
allem  wesentlichen  sicher  erkant  zu  haben. 

Ich  lasse  aus  anderer  Ursache  auch  die  wenigen  althochdeutschen 
reste  bei  seite :  sie  beweisen  bei  ihrem  geringen  umfange  zu  wenig  und 
werden  besser  abgesondert  an  dem  auf  anderem  gebiete  gewonnenen 
ergebnis  geprüft.  Dies  ist  ein  kurzes  geschäft,  bei  dem  man  finden 
wird,  dass  das  Hildebrandslied  in  einem  einzigen  leicht  zu  heuenden 
falle  ein  betonungsgesetz  verletzt:  statt  tot  ist  tHÜibrant  \  tieribrantes 
sunu  müste  es  heissen  'EiiUibrant  ist  tot,  'Reribrantes  sunu.  Nicht 
bedenklicher  ist  ein  fehler  im  sogenanten  Wessobrunner  gebet  do  dar 
niwiht  ni  was  |  enteo  ni  yrenteo:  man  lese  mit  Grein  Germ.  10,  310 
iumht  =  eowiht.  Die  beiden  geistlichen  gedichte  aber ,  die  man  unter 
dem  namen  Muspilli  zu  vereinigen  pflegt,  zeigen  die  verskunst  sowol 
wie  den  stil  der  stabreimdichtung,  beides  im  Heliand  noch  so   wol 

1)  K.  Hofmann  hat  in  den  Sitznngsber.  der  baier.  Ak.  1866,  s.  104  fgg.  eben 
nnr  verraten,  dass  ihm  eines  der  wichtigsten  betonungsgesetze  wol  bekant  sei.  In 
der  bevorstehenden  ansgabe  des  Heliand  von  Sievers,  nach  der  ich  za  meinem 
bedaaem  noch  nicht  citieren  kann,  wird  sich  die  kritik  zum  ersten  male  dorch 
ein  klares  bewustsein  in  metrischen  dingen  unterstützt  zeigen. 


ALTS.   UKD  AGB.   VEB8KUN8T  8 

erbalten  und  scheinbar  so  lebenskräftig,  in  vollem  verfall  und  bezeich- 
nender weise  mit  otfriedischen  Strophen  bereits  gemischt. 

Der  endreim ,  der  dem  Heliand  ganz  fremd  ist ,  aber  in  der  angel- 
sächsischen dichtung  schon  des  achten  Jahrhunderts  eine  rolle  von  stei- 
gender Wichtigkeit  spielt,  ist  ein  Schmarotzergewächs,  das  auf  dem 
Organismus  der  alten  verskunst  wuchert  und  ihm  die  kraft  aussaugt. 
Von  der  darstellung  dieses  Organismus  wurde  er  besser  ausgeschlossen ; 
sein  Wachstum  zu  verfolgen  wäre  einer  besondem  arbeit  wert. 

L    Von  den  yersarten  und  ihrem  gebrauch. 

Der  verS;  der  von  Deutschen  und  Angelsachsen  stichisch,  im 
norden  nur  strophisch  gebraucht  und  im  kviduhättr  meistens  viermal, 
aber  auch  zwei,  drei,  fünf  und  sechs  mal  widerholt  wurde ,  besteht 
aus  zwei  gleichen,  durch  den  Stabreim  verbundenen  gliedern  von  je 
zwei  hebungen. 

Nur  wenige  spuren  eines  andern  verses  haben  sich  im  Angelsäch- 
sischen erhalten,  eines  verses,  der  zweimal  in  sich  alliteriert,  also 
einem  halbverse  der  gewöhnlichen  art  im  masse  gleich  komt,  ohne 
dass  jedoch  einer  mit  dem  andern  durch  den  Stabreim  verbunden  wird. 
Er  begegnet  den  gewöhnlichen  versen  untermischt  viermal  in  der  bekan- 
ten  charade  auf  den  namen  Cynewulf^  welche  die  rätsei  des  Codex 
Exoniensis  eröffnet,  sodann  mehrfach  in  zwei  spruchreihen  derselben 
handschrift,  und  hier  auch  in  mehrmaliger  widerholung. 

Gnom.  55    Sivä  biä  sd  smiÜe, 

ßonne  h^  wind  ne  ffeceä 
stoä  hedä  '^eöda  geptodre,     ponne  hy  ge]fingad  hahbad. 

160    Treo  sceoUm  hrädan      and  treow  toeaxan, 
sio  giond  hilt4ntra      hreost  ariseS: 
W(Brleas  man  and  wonh^dig^ 
Atrenmod  and  ungetreow, 
p€es  ne  gpmeä  god. 

168    Swä  manige  ieöd  men  ofer  eoräan^      swä  hedd  mod- 

geponcas 
(bIc  him  hafaä  sundor  ^fan. 

Zwei  andere  stellen  sind  zu  wenig  verständlich,  als  dass  man 
ihnen  trauen  dürfte.  Diesen  vers  lässt  der  norden  regelmässig  auf 
einen  der  gewöhnlichen  langen  verse  folgen  und  bildet  aus  zwei  der  so 
entstehenden   paare   die    sbrophe,    die   liodahdttr    heissi     Ein  völlig 

1* 


4  arsOBR 

kunstgerechtes  beispiel  dieser  strophe  liefert  wenigstens  der  schluss 
jenes  rfitsels: 

Creli^rest  pü  EMwacer,      uncei^ne  e^ume  \iwdp? 

bired  ifidf  to  wtida, 
pat  nion  eääe  to^lUeä,     pcette  ^uefre  ge^amnod  w<es, 

uncer  gied  geador. 

Aber  auf  eine  bewuste  regelrechte  anwendung  darf  man  daraus  noch 
nicht  schliessen.  Weiter  noch  gefehlt  wäre  auf  das  scheinbare  vor- 
kommen des  kurzen  verses  in  zerrütteten  texten  epischer  gedichte,  wie 

Gen.  2557 

swogende  forswealh 

etdl  ehdor 

irgend  ein  gewicht  zu  legen.  Andrerseits  hat  man  kein  recht  die  mög- 
lichkeit  in  abrede  zu  stellen,  dass  in  der  verschollenen  hymnischen 
poesie  des  heidentums,  die  von  jeher  neben  dem  epos  bestanden  haben 
musSy  auch  die  Südgermanen  die  strophen  gebraucht  haben,  durch  die 
im  norden  die  stichische  form  des  epos  vOllig  verdrängt  worden  ist. 

II.    Ton  der  yertelluiig  der  relmstSbe. 

Snorri  Sturluson  nent  in  seinem  buche  Hättatal,  wo  er  vom 
kvidülidttr  handelt ,  den  vers,  als  den  vierten  teil  der  strophe,  fiör- 
äungr,  den  halbvers  i;?^ttor^;  erföhrt  dann  fort:  „Im  andern  visiwrd ist 
der  Stab  zuerst  im  t;tSMorrt  gesetzt,  den  wir  hauptstab  {höfutstaf)  nennen. 
Dieser  stab  regiert  die  alliteration  (kvedandi) ,  und  in  dem  ersten  visuord 
wird  derselbe  sich  zweimal  vor  Silben  (safnstöfum)  stehend  finden :  diese 
Stäbe  nennen  wir  stellen  (studio)^'  (Edda  Snorronis  Sturlaei.  Ed.  Ar- 
nam.  Hafniae  1848,  I,  596).  Snorri  schreibt  keine  metrik  des  alten 
volksgesanges ,  sondern  eine  skaldische,  und  nur  ftr  diese  ist  das 
gesagte  ganz  zutreffend.  Im  volksmässigen  verse  hat  der  hauptstab 
allerdings  die  bedeutung ,  dass  er  au  der  angegebenen  stelle ,  der  ersten 
hebung  des  zweiten  halbverses,  immer  und  durchaus  sich  finden  muss: 
im  ersten  halbvers  dagegen  müssen  nicht  notwendig  zwei  reimstäbe 
stehen ,  es  genügt  an  einem :  und  der  eine  darf  in  erster  oder  zweiter 
hebung  stehn.  Andrerseits  darf  auch  die  zweite  hebung  des  zweiten 
halbverses  am  Stabreim  teilnehmen,  aber  nur  mittelst  eines  zweiten 
reimes,  der  in  der  einen,  mit  dem  hauptstab  nicht  reimenden  hebung 
des  ersten  halbverses  widerklingt;  nie  dürfen  die  zwei  hebungen  des 
zweiten  halbverses  unter  einander  reimen. 

ünerlässliche  bedingung  bei  dem  doppelreim  ist  dass  der  haupt« 
stab  nicht  mit  der  minder  betonten,   sondern  mit  der  höher  betonten 


ALTS.   ÜMD  A08.   VEB8KCX8T 


hebung  des  ersten  halbverses  reime;  und  ich  mass  daher  bei  gelegen- 
heit  der  betonungsgesetze  nochmals  auf  ihn  zurückkommen. 

Da  in  den  meisten  ftllen  die  erste  hebung  des  ersten  halbverses 
die  YkSher  betonte  ist,  so  ist  das  gewöhnliche  Schema  des  doppelreimes 
ab  ab:  hwcet  toe  Gärdena  |  in  geäriagum  Bw.  1.  Scyldes  ea/i>ra  | 
Sceddandum  In  19.  undar  ttmsk  ^äa  endi  himü  \  6äar  htoergin 
Hei.  591.  an  JEgypteoland  \  erlös  anfleddun  756.  Ich  habe  solcher 
beispiele  im  Beowulf  auf  3183  verse  einige  sechzig,  in  der  Genesis  auf 
2935  verse  einige  dreissig,  im  Crist  auf  1694  verse  15,  in  der  Judith 
auf  350  verse  8  gezählt.  Weit  seitner  ist  das  Schema  ab  ba:  ac  he 
Txinc  gewyrpte  |  peak  pe  him  wund  Ixriyie  Bw.  2976.  pa  yrceran 
mofiige  \  pe  Ms  maeg  wriäan  2982.  so  mikilu  is  he  hetara  ihan  ik. 
Nis  thes  hodo  gimaJco  Hei.  941.  tJu)  bigan  efl  nit^on  \  endi  nahar 
geng  1075.  Ich  habe  von  diesem  Schema  im  Beowulf  nur  18  fälle 
gezählt. 

Alle  abweichungen  von  dem  gesetze  des  hauptstabes  beruhen  ent- 
weder auf  Verderbnis  des  textes  oder  sind  kenzeichen  einer  gesunkenen 
kunst.    Es  komt  dreierlei  abweichung  vor: 

1.  Statt  der  ersten  alliteriert  die  zweite  hebung  des 
zweiten  halbverses. 

Im  Beowulf  kein  beispiel.    In  der  Genesis  folgende: 

370    yresan  äne  winterstunde :     ponne  ic  mid  pps  yrerode  — 

scheinbar  eine  aposiopese,  die  man  dem  vergilischen  quos  ego  verglichen 
hat,  die  sich  aber  mit  dem  stil  der  stabreimdichtung  nicht  verträgt: 
in  der  tat  ein  verstümmelter  vers  vor  einer  lücke. 

892    on  treowes  tdgum      and  nt6  on  tednan^ 

2046    pe  him  cer  i/reöwe  seaidon      mid  heora  folce  getrume: 

lezteres  auf  alle  Wie  verderbt,  da  getrum  Substantiv  und  nicht  adjectiv 
ist ,  also  hier  nicht  construiert  werden  kann ;  doch  fährt  dies  allerdings 
nur  auf  die  metrisch  gleichgiltige  emendation  folca. 

2536  Xästas  legde^      öäScet  hi  gelddde 

2732  Aeöpe  bete.    M  cearad  incit  iiuguäa 

2769  wuldortorht  ymb  wucaf^,     ptes  pe  hine  on  wondd 

2872  ifste  pa  suAäe      aful  onette, 

wo  indess  der  dichter,  wie  2533,  vielleicht  onnette  sprach,  und  so, 
wie  man  später  sehen  wird,  der  zweiten  silbe  die  zweite  hebung  auf- 
legen konte. 

1)  Dass  €8  unmöglich  ist,   die  tieffcouige  silbe  in  teovuin  oder  icerode  als 
zweite  hebung  gelten  zu  lassen,  >Yird  in  dem  capitel  von  der  hebung  gezeigt 


6  BIBGBa 

Eine  besondere  klasse  sind  die  fälle  mit  fremden  Wörtern,  die  im 
capitel  von  der  bebung  zu  besprechen  sein  werden.  Hier  nur  so  viel, 
dass  sie  alle  lediglich  scheinbarer  natur  sind  mit  ausnähme  von 

1504    nergend  usser^       pä  he  ^öe. 

Man  könte  vielleicht  noch  einige  scheinbare  fälle  herausbringen  ^  wenn 
man  verwaiste  halbverse^  wie  deren  die  Genesis  viele  hat,  mit  dem 
vorhergehenden  oder  nachfolgenden  verse  zusammenwerfen  wolte:  z.  b. 
Kfordum  minum:  nis  wwtdd  feoh  \  pe  ic  nie  ägan  Yrille  2142,  falsch 
schon  darum  ^  weil  eine  starke  satzpause  mitten  in  das  hemistich  fällt 
und  weil  dgan  toüle,  nicht  agan  wüle  betont  werden  muss. 

Es  folgen  die  fälle  aus  den  übrigen  stücken  des  sogenanten 
Csedmon: 

Dan.  122  fragn  pä  pä  rxiaenigeo      hwaet  hhie  geiaieüe 

411  THabuchodonossor      und  päm  nShstum 

510  naUes  pp  hi  wende,     ptet  hie  hit  wiston 

Sat.     57  ^eyppend  seolfa:      nü  earttü  earm  %eeada, 

zugleich  Übertretung  des  betonungsgesetzes,  das  eänn  sceaäa  fordert. 

506.  554  ^    up  tö  earde  (Mle),      ptßt  heö  kgan 
515    meotod  moncynnes      dr  on  morgen 
618    to  Txeofona  rtce,      p^kr  g^  hahbad. 

In  allen  werken  Cynewulfs  habe  ich  nur  drei  fälle  bemerkt,  und 
zwar  einen  aus  der  handschrift  von  Vercelli 

El.  580    läcende  lig,     pcet  edw  scedl  pcet  leas, 

zwei  aus  der  handschrifb  von  Exeter 

Rats.  41,  5     liealded  and  wealded,       swä  he  ymb  päs  ütan 

hweorfed 
60,  9    aml  in  e&gmi  ge^Utä,      yifPaGS  tddelan, 

wo  sich  die  besserung  ceddestan,  du  dieser  Superlativ  bei  Cyuewulf 
häufig  ist,  empfehlen  würde. 

Von  sonstigen  stücken  der  handschrift  von  Exeter  gewährt  ein 
beispiel  die  Höllenfahrt 

25    modig  tö  p&re  mengo      ymb  his  mdge 

und  eines  das  Qebet  eines  elenden 

1)  Ich  will  durch  die  herkömliche  anführungsweise  nicht  aBerkennen,  dass 
diese  verse  zu  dem  werke  gehören ,  das  man  mit  recht  Satan  überschreiben  kann. 
Der  Satan  schliesst  vielmehr  mit  v.  365  nnd  mit  dem  folgenden  beginnt  ein  gedieht 
von  ähnlichem  Inhalt  und  ähnlicher  anläge  wie  Cynewnlfs  Christ. 


▲LT8.  UND  AGB.  VERSKUNST  7 

Hy.  u.  Geb.  4,  104    ne  huru  pas  freondes     pe  mä  getylste. 
Sodann  aua  andern  ags.  denkmälem: 

Jud.  272     eAdes  and  ellenddda.  Hogedon  pä  eorlas. 

Byrhtn.  45    gehörst  pü  hceliday  Jiwcet  pis  folc  seged 

75    'wigan  wigheardne,  se  wces  häten  Wtdfstän 
288    rade  weard  (et  hüde      Offa  forheäwen, 

die  drei  letzten  zugleich  Verstösse  gegen  die  richtige  betonung. 

Sal.  u.  Sat.  16    gif  pü  m^  gehringest,     paet  ic  st  gehrydded 
262    medumra  manna      and  hd  is  an  middan 
340    muntas  and  moras      and  eäc  monige 
357     ac  for  hwäm  ponne  lifaä      se  wyrsa  \eng 
Gloria  patri  (Hy.  u.  Geb.  9,  42)  cyning  innan  wuldre      and  his  pä 

geeorenan 
Ps.  58,  10,  1     min  se  goda  god,      (Btpw  me  pin  ägen  gdd 
64,  8,  3      for  ptnum  Ytundrum      forhte  Yfeoräad 
67,  25,  3    pe  latteow  wtes  ford     pära  leoda 
72,  1,  3      nie  for  neän  syndon      losode  nii  pä 

u.  a.  m.,  mit  oder  ohne  Verletzung  der  betonungsgesetze^  in  einem  so 
kunstlosen  machwerke  wie  diese  psalmenübersetzung  der  aufzählung 
nicht  wert. 

Im  Heliand  entstehn  einige  scheinbare  fälle  durch  falsche  vers- 
abteilung,  die  teilweise  schon  berichtigt  worden  sind^  und  in  der  bevor- 
stehenden ausgäbe  von  Sievers  wol  alle  verschwinden  werden.  Ich  will 
hier  nur  beispielsweise  anf&hren 

2725    liäöJcospun  hiUJcan      he  thetn  liudiun, 
Ne  gidarstun  ina  ferahu  bilosian: 

man  lese  dafür 

liäokospun  bilükan.      Be  thdm  litidiun  ne  gidörstun  ina 
ferahu  büosian. 

Einer  dieser  fälle  bedarf  indess  ausser  der  bessern  abteilung  einer  klei- 
nen nachhilfe: 

1555    iuwan  yfelon  geban  g%  tMm  mannun      fhe  ina  iu  an  the" 

soro  yreroldi  ne  lonon 
endi  romod  te  iuwes      wdldafides  rikea: 

hier  zeigt  der  Cottonianus  die  rechte  spur  durch  die  vom  reim  verlas- 
sene lesart  odwdon^  und  das  wort,  das  einst  den  reim  dazu  lieferte, 
liegt  nahe  genug;  man  lese 

1)  Von  Grein  Germ.  11,  209  fgg. 


BIKUER 


iuwan  ddtodon      gd>an  gi  the^n  [t^rmunj  tnannun, 
the  hm  iu  an  thesoro  weroldi  ni  lonon,       endi  romod  te  iuwes 

yf^alda^vdes  rikea. 
Ein  anderer  fall  entsteht  durch  misverstand  eines  wertes: 

5512     Arcufan  hietun  sia  üsan  drohtin^       ihar  hie  skolda  beAro- 

rag  an, 
^weUan  sundiöno  los. 

Die  ableitung  bedröragan  —  hiesse  es  noch  bedroragofh  —  von  drorag 
cruentus  mit  dem  sinne  verbluten  könte  nicht  bedenklicher  sein. 
Der  dichter  will  sagen  be  dröragan^  sc.  crüde,  und  wenn  man  die 
schwache  form  der  Londner  mit  der  starken  der  Münchner  handschrift 
vertauscht,  so  ist  be  Arordgumu  ein  tadelloser  versschluss. 
Es  bleiben  folgende  wirkliche  fälle  übrig; 

1322  heti  endi  harniquidi:      tliem  is  ök  an  bimilc 

3187  ni  Hagdin  tJ^a  gij^iuni      er  fJhan  ik  selbo 

3963  an  is  Mlagun  Word:      fJiat  skolda  sinnon  wel 

4717  neriendo  Krist,      endi  gitoet  im  iiaJUes 

5628  Ükim  efidi  thiustri      endi  so  githisniod 

5732  gangan  te  them  galgon,    thär  hie  wissa  that  barn  godes 

5740  gumon  ne  bigrttobun;      thär  sia  that  barn  godes 

5812  thiu  wif  uppan  tJiem  giwendidan  stenc      efidi  im  fan  them 

wlitie 

5969  thia  erlös  tLndtcurdi:      te  hm  thü  t/ies  so  ^kös. 

Von  diesen  föUen  sind  zwei  durch  beide  handschriften  beglaubigt, 
sieben  liefert  die  Londner  in  solchen  teilen,  wo  die  Münchner  fehlt; 
von  diesen  enthalten  zwei  denselben,  leicht  zu  hebenden  betonungsfeh- 
ler. Die  eine  hälfte  dieser  fälle  ist  von  Heyne  emendiert  worden,  die 
andere  unbeanstandet  geblieben. 

2.  Die  zwei  hebungeu  des  zweiten  halbverses  allite- 
rieren  mit   einer   des   ersten. 

Im  Beowulf ,  um  solcher  scheinbaren  fälle  wie 
2708     Hibdidelingas:      swylc  sceolde  ^cg  wesan 

zu  geschweigeu,  ein  wirklicher 

574    hwceäere  nie  gesalde     pcet  ic  mid  sweorde  ofdoh, 

der  aber  nach  Bugges  Vorschlag  sica  p€er  für  das  sinlose  huxedere  vielmehr 
unter  die  dritte  anomalie  fallen  würde.  Mehr  leuchtet  mir  jedoch  jezt 
eine  emendation  von  Sievers  ein,  die  ich  seiner  brieflichen  mitteilung 
verdanke:  hwcet  ptjer  me  gesmlde.    Ob  aber  eines  solchen  dichters  ohr 


ALTS.    UND    AGB.   VKR8KUN8T  9 

wirklich  einmal  und  nicht  wider  so  schlummern  konte?  Das  nächste 
synonym  hätte  ihm  geholfen: 

hioeet  pdr  me  gesdelde     p<ßt  ic  mid  m^ce  of^h. 

Auch  in  der  Genesis  habe  ich  nur  ein  beispiel  bemerkt 

2321     geignod  fne      oääe  of  eordan; 

eines  im  Satan 

315    ft  tö  wondde,      A  huton  ende, 

und  eines  in  dem  ihm  angehängten  bruchstücke 

559    teowertig  daga      fcigad  tdcum; 

eines  im  Codex  Exoniensis 

El.  d.  Fr.  4    niices  oäde  ccddes ,      no  mä  ponne  wA, 

nebst  einem  paar,  die  nur  an  der  Verstellung  hängen: 

Rats.  16^  4     her  swylce  sue:      on  bleorum  Mifiad 

tu  e&ran  ofer  eägum, 
lies      Ofi  hhorum  hlifiaä  tu  \\  earan  usw. 

41^  86    nis  mider  mS      ibnig  ddb* 
Kfiht  yrcüdendrCy 
lies      tenig  Mer  toiht  ||  yrcddendre. 

In  andern  denkmälern  folgende: 

Jud.  149    of  pdre  ginnan  byrig      hire  togeänes  gän 

Byrhtn.  29    me  »endan  to  p^      fernen  »neUe 

Sal.  u.  Sat.  298    wüdne  fugol    Heo  oferwigeä  "wtUf 

299    heo  oferbided  stana^,     hed  ofer%iicäd  (Ms.  o/er- 

stigeä)  style 
Hy.  u.  Geb.  3,  21    hü  pü  mcere  eart,      mihtig  and  magenstrang 
Boeth.  20^  221    ponne  hio  ymb  M  %dfe      beende  mieM 

21,  40     ponne  wüe  M  necgan,     ptet  pcbre  mwnan  sie 
24,  12      ofer  ptjhn  f^e     pe  tda  geara  tdr 
Ps.  68,  26,  2      ni  on  heora  Mde  ne  sp  ping      on  etrdiendes ; 

aus  den  Psalmen  würde  sich  wol  auch  hier  noch  mehr  aufbringen  lassen. 

Im  Heiland  ist  zunächst  wider  ein  nur  scheinbarer  fall  auszu- 
scheiden : 

3021     undar  iro  herron  disJce      htvelpos  htoerbad. 

Der  dichter  spricht  nämlich  die  ableitung  hwarf  bald  mit  dem  anlaut 
h,  bald  ohne  ihn:  sie  alliteriert  auf  %  5463.  67.  5549,  auf  u?  4138.  72. 
469.  982.  5063.  73.  134.  373.  Ebenso  erscheint  im  Angelsächsischen 
Jud.  249  hwearfum  und  Boeth.  24,  44  auch  wyrfst  =  htoyrfest  im  reim 
auf  w.    Obgleich  nun  hwerhan  selbst  im  Holland  sich  in  dieser  bin- 


10  RIBGBB 

dang  nicht  zu  finden  scheint  ^  muss  man  ihm  offenbar  dieselbe  freiheit 
der  ausspräche  zugeben  und  kann  in  des  dichters  sinne  sprechen  hweU 
pos  wetbad. 

In  einem  andern  falle  steht  es  ohne  zweifei  frei  durch  betonung 
zu  helfen: 

4688    an  yrap^io  spil:      nis  ml  werä  io'wiht. 

Denn  obgleich  durch 

3280    'wordun  Yrisis,      so  ik  is  eowiht  ni  farltt 

die  richtigkeit  der  betonung  iowOit  gesichert  ist,   muss  iowihty   das 
später  zu  iutcet  iut  ieht  iet  werden  konte,  daneben  bestanden  haben. 
Es  bleiben  zwei  wirkliche  fälle  übrig: 

2426     etidi  gihorian,      thxt  tvi  it  t^ftar  tht  kl 

krisiinfolke      liüäean  mötin, 
3692     we  ward  thl^  Hierusalem,      tliat  tliü  te  warwn  ni  yiest 

thea  wurdegiskefüy 

deren  emendation  auf  der  band  liegt:  man  hätte  zu  lesen  thai  wl  it 
t^ftar  thi  \\  alltimu  laristinfolke  und  kanst  für  west. 

Wahrscheinlich  gibt  es  noch  einige  solche  fille  wie  594  hwan  dr 
sie  gisäwin  \  dstana  Mp  sidoian,  die  bloss  auf  rechnung  des  falsch 
abteilenden  herausgebers  kommen;  ihnen  ist  es  nicht  nötig  nachzu- 
gehen. 

Die  frage  drängt  sich  auf,  warum  diese  anomalie  so  viel  seltner 
vorkomme  als  die  erste,  und  man  wird  sich  sagen  müssen,  dass  die 
Überlieferung  eher  in  gefahr  war  den  hauptstab  zu  verrücken  als  ihm 
einen  zweiten  reimstab  an  die  seite  zu  geben. 

3.    Alle    vier   hebungen  des   verses   alliterieren   zusammen. 

Ich  habe  mit  unrecht  in  dieser  zschr.  3,  388  zwei  beispiele  im 
Beowulf  angenommen.    Man  betone  nicht 

1351     Idese  onlicnfss,      6(ter  earmsceapen 
und       2296     hat  and  hreohmöd    lildtv  (ms.  hlcewä)  oft  ymbehtoearf, 
sondern  Idese  onUcnces,      oder  em'mscedpen 

und  hat  and  lireohmöd      hlte^w  oft  ymbehwearf, 

wie       1500    Yiring  titan  ymbbearh. 

Das  dritte  und  vierte 

1151     forhabban  in  hndre.      pä  wees  heal  Txroden 
und      2916    P(er  hyne  Hetware      hildc  gehncegdon 

sind  durch  Bugges  zweifellos  richtige  emendation  roden  und  geneegdon 
als  beseitigt  anzusehen;  ein  fünftes 


ALTS.   UKD  AGS.   VSBSKUN8T  11 

2216    hMnutn  hör  de:      hond  [boüan]  hwylc[ne] 

beruht  nur  auf  Greins  ergänzung  einer  hoffiiungslos  zerstörten  stelle. 
Drei  fälle  in  der  Genesis 

474    hyMo  heofoncyninges      her  on  worulde  ha&&an, 
937    Ml  vinlide ,      pe  ßü  on  tdple  ser, 
2057    heardan  handplegan,      cwcßä  pcet  \iim  se  hälga 

könten  ebensogut  zur  ersten  oder  zweiten  anomalie  gehören,  denn  man 
kann  auch  her  on  worulde  habban^  Sull  unliäe,  cwced  pcet  Mm  se 
hälga  betonen.    So  wird  auch 

Sal.  286    ac  him  m%  hand  gceS     heardes  and  hncesces 

bei  der  betonung  ac  him  on  hdnd  gM  (wenn  man  lieber  will ,  gdngeä) 
ein  fall  zweiter  anomalie. 

Unsicher  wenigstens  sind  folgende  fälle  in  verschiedenen  werken: 

Dan.  91     ftn  wtßs  Anamo^,      ^äer  Ajiarias, 

denn  man  kann  sowol  oder  Azdrias  als  öder  Ämrias  betonen;^ 

Jud.  291    Yfurpon  hyra  wcepen  of  düne^    gewitan  him  Yferigferhäe 

312    eiwiccra  to  epdde;      eirdon  eynerofe 
Runenl.  25  f.    hcegl  bid  htvtti/töt  coma ,       hwyrft  hit  of  heofones 

lyfte, 
ffealcad  hit  y^indes  scüra,     yfeordeä  hit  to  irtetere 

siddan; 
man  betone  gewitan  him  Mirig  ferhde,  eirdon  eynerofe^  hwyrfl  hit  of 
heofones  l^fte,   tveorded  hit  to  y^fcetere  siddan.     Beispiele  dieser  art 
Hessen  sich  noch  von  allen  seilen  mehren:   man  sehe  Bw.  534.  1590. 
Gen.  576.  625.  792.     Cr.  1150.    El.  793. 

H.  Er.  9    Mppe  on  pam  e^Lxlgespanne ,     Beheoldon  pter  enget  (lies 

englas)  dryhtnes  eMe, 

wo  das  nachschleppende  eaUe  von  dem  Schreiber  angefügt  scheint,  der 
engei  flir  englas  setzte,  es  für  das  object  nahm  und  darauf  ein  subject 
zu  beheoldon  schaffen  muste. 

Andr.  1629    eaforan  nnweaxne:     pä  was  ekll  et^dor: 

hier  könte  man  zunächst  betonen  e^foran  unwedxne,  wodurch  der  fall 
in  die  zweite  anomalie  überträte ,  aber  man  hat  auch  alle  Ursache  eador 
in  geador  zu  ändern,   wodurcli  er  beseitigt  wird;   denn  es  findet  sich 

1)  Die  betonung  und  demgemäas  die  alliteration  vielsilbiger  fremdwörter 
schwankt:  apostolas  Sat.  571,  apostölas  Menol.  122.  F.  Apobt.  14.  Andr.  1653; 
iohanneB  HöUenf.  135  F.  Ap.  23,  Johannes  Jul.  294.  Xulixes  Boeth.  26,  5.  15, 
Äulixes  ib.  21.    Erödes  Hei.  60.  606.  85.  762  usw.    Erodes  71.  548.  716.  22. 


V2  RIBGSB 

sonst,  so  viel  ich  bemerkt  habe,  kein  beispiel  bei  Gynewulf,  dass  gea 
oder  geo  auf  vocalischen  anlaut  gereimt  wflrde.^ 

Keiml.  71    ßtet  ic  grofe  grcef  and  pmt  grimme  grtßf, 

anstössig  durch  die  widerholung  von  grcef,  das  man  an  der  zweiten 
stelle  durch  scrcef  ersetzen  solte. 

Schliesslich  bleiben  folgende  übrig,  denen  man  nichts  anhaben 
kann: 

Sat.  238     ^ngla  ordfrunm      Hful  to  päm  ibdelan 
425     mcege  and  mote      mid  minre  mcBgpe 
669    pä  gewearä  pone  fff^regan     pe  cer  äworpefi  wces 
Wund.  d.  Seh.  46    missenlice  gemetu     purh  pä  miclan  gemynd 
Geb.  4,  79    gewitnad  fm-e  pisse  Morulde,       stoä  min  gewyrhto 

yfdhron 
Byrhtn.  192     Giodtvine  and  Üodtoig      güde  ne  gpfndat^ 
Sah  286    oder  biä  unldde  an  eordan,      6äer  bid  eMig. 

Im  Heliand  ist  der  unsichern  fälle,  die  bei  einer  andern,  aber 
ebenso  richtigen  betonung  wegfallen,  nicht  wenig,  z.  b. 

915    them  hodun  \MldlUco:      ni  hium  ik  that  barn  godes 
1375    ak  Ytenkid  thero  wordo,      Than  "wiräid  im  yrdidand  gram, 

wo  man  ebenso  gut  oder  besser  betont  ni  hium  ik  that  harn  godes  und 
Than  tvirdid  im  Yfaldand  gräm.  Dahin  gehört  auch  nach  dem  oben 
gesagten 

5473  te  werkeanfie  iro  wiüion,      ne  Yfardoda  im  nio'wiJU, 

da  auch  ne  y^ardoda  im  neowiht  erlaubt  sein  muss.  Einige  durch  fal- 
sche abteiluug  entstandene  und  schon  berichtigte  f&Ue  lasse  ich  bei 
Seite.    Wirkliche  fälle  sind  dagegen 

314    ilienkean  thero  i\\ingo ,      hwö  hlthea  thiornun  th() 
3237     yferead  mit  Yfordun.     Ef  he  tlian  ök  'wendian  ne  wili 
3830    geYfoJLd  an  thesarn  vferddi.       Than  ffüliu  ik  iu  te  wärun 
5202     mid  Mväpnun  an  themu  wihdagey       hwand  it  ni  ^äri  iro 

giwuno. 

1)  Wie  das  mebrmalb  iu  Genesis  und  Exodus  geschieht:  Gen.  238  geome 
iogeänett  and  sädon  eBlJes  panc.  Ex.  33  pd  ic<B8  Ju  geära  (MS.  gere)  etddvm 
witum.  190  todron  ifufe  (für  geonge)  tnefh  evdle  cetgadere.  288  Ju  ^ce  fäe  peah- 
ton.  339  etd  and  (Cpelo;  he  wees  gearu  stcä  peak;  auch  F.  Apost.  23  hwtet  toe 
eftc  gehi/rdon  he  Johanne,  in  den  Psalmen  z.  b.  77,  32,  2.  78,  13,  1,  und  wol 
noch  anderwärts.  Der  reim  auf  ga  go  gu  gl  gr  wird  dadurch  nicht  ausgeschlossen. 
Ein  solches  V'Tfahreu  setzt  bei  dem  betretfonden  dichter  f&r  den  anlaut  g  in  allen 
lallen  die  ausspräche  .;'  voraus ,  der  auch  die  vocalische  alliteration ,  besonders  die 
auf  ca  eo ,  nicht  versagt  /u  werden  brauchte. 


ALTS.   UND  AOS.   VERSKUN8T  18 

Tch  habe  zur  beorteilung  dieser  drei  anomaüen  das  material  voll- 
ständig zu  geben  gewünscht;  nur  die  fälle  im  Heiland,  wo  die  eine 
handschrift  sich  aus  der  andern  corrigiert,  habe  ich  mit  absieht  ausge- 
lassen. Gleichwol  wird  sich  manches  von  mir  übersehene  nachtragen 
lassen.  Ich  glaube  aber  nicht,  dass  es  auf  grund  einer  nachlese  gelin- 
gen könne ;  meine  alternative,  fehler  der  Überlieferung  oder  beweis  von 
kunstlosigkeit ,  zu  sprengen  und  meine  anomalien  alle  oder  zum  teil, 
oder  vielleicht  mit  gewissen  modalitäten,  als  im  Organismus  der  vers- 
kunst  begründete  freiheiten  zu  erweisen. 

Es  gehört  nicht  zu  meiner  aufgäbe  zu  entscheiden,  in  welchen 
einzelnen  denkmälern  aus  lediglich  metrischer  rücksicht  diese  anoma- 
lien emendiert  werden  mögen ,  in  welchen  nicht ;  auch  würde  ich  in  Ver- 
legenheit um  sichere  entscheidungsgründe  kommen.  Nahe  liegt  die 
besser ung,  sei  es  durch  Umstellung,  sei  es  durch  synonyme  werte,  fast 
durchweg:  aber  das  allein  darf  nicht  verfahren.  Bietet  ein  stück  von 
wenigen  hundert  versen  einen  fall  oder  ein  paar,  so  ist  man  durchaus 
nicht  berechtigt  anzunehmen,  dass  ebenso  viel  tausend  verse  desselben 
dichters ,  wenn  sie  uns  vorlägen ,  eine  verhältnismässige  anzahl  ergeben 
würden;  nur  wenn  wirklich  tausende  von  versen  vorliegen,  lässt  sich 
aus  einer  winzigen  zahl  der  fälle  allerdings  schliessen,  dass  sie  dem 
dichter  nicht  wol  zur  last  fallen  können.  So  ist  es,  und  das  genügt 
für  meinen  zweck ,  vor  allem  bei  dem  werke ,  das  in  jeder  hinsieht  den 
Stempel  der  classicität  erblicken  lässt,  dem  Beowulf,  so  auch  in  den 
werken  Cynewulfs,  des  einzigen  dichters,  dessen  lebenszeit  uns  äusser- 
lich  erkenbar  ist ;  ^  und  nicht  viel  anders  sodann  in  der  Genesis  und 
dem  Heiland  mit  ihren  wenigen  wirklich  in  frage  kommenden  fällen. 
Bei  dem  altsächsischen  gedichte  haben  wir  den  vorteil  zwei  handschrif- 
ten  vergleichen  und  beobachten  zu  können,  wie  jeder  Schreiber  auf 
eigne  faust  den  text  mit  solchen  fällen  bereichert,  aber  von  seinem 
coUegen  verbessert  wird,  und  ich  bedaure  jezt  die  fälle  dieser  art 
nicht  auch  ausgehoben  zu  haben;  in  der  hälfte  der  angeführten  aber 
zeugt  überhaupt  nur  die  eine  handschrift,  und  man  kann  nicht  wissen, 
wie  viele  von  ihnen  durch  das  zeugnis  der  andern  wegfallen  würden.  Ein 
punkt,  auf  den  der  kritiker  achten  muss,  ist  die  sich  kundgebende 
Sorgfalt  des  dichters,  das  gesetz  des  hauptstabes  mittelst  der  Wortstel- 
lung zu  wahren,  wie  in  dem  von  Vetter  treffend  hervorgehobenen  iZun- 
ferd  (lies  Unferä)  niadddde ,  Ecgläfes  hearn  neben  BedtvtUf  maäeldde, 

1)  Kann  er  doch  nicht  einmal  f&r  jedes  einzele  rätsei  der  samlnng,  welche 
die  charade  anf  seinen  namen  eröffnet,  verantwortlich  gemacht  werden ,  da  nirgends 
leichter  sich  fremdes  von  verwaiiter  art  einschleichen  konte. 


14  RIBGBR 

beam  Ecgpeowes,  oder  der  Wortstellung  stvä  him  beheäd  metod  Gen. 
2768.  2871  statt  der  natürlichen  swä  him  ^iietod  bebeäd.  Ein  vers  wie 
Byrhtn.  240  on  wlancan  päm  wiege,  pcet  wdre  hit  Are  hläford  statt 
des  natürlichen  ptßt  hit  üre  hläford  wäre  würde  mir  meine  zurück- 
genommenen emendationen  zu  diesem  späten  erzeugnisse  doch  wider 
wahrscheinlich  machen,  wenn  nicht  dieselbe  woitstellung  189  pe  tJite 
his  hläford  ganz  ohne  not  angewendet  wurde,  so  dass  sie  als  eine  lieb- 
haberei  des  dichters  erscheint. 

Snorri  Sturluson  fährt  an  der  oben  mitgeteilten  stelle  fort: 
,,Wenn  der  hauptstab  ein  consonant  ist,  so  sollen  die  stollen  auch  aus 
demselben  stabe  bestehen,  wie  es  hier  ist: 

Lcetr  sa  er  Haiwn  heitirj      hann  rekkir  lid,  bannat, 

und  falsch  ist  es,  wenn  diese  stäbe  öfter  oder  seltner  als  so  in 
einem  verse  {i  fioräungi  visu)  vor  silben  stehn.  Und  wenn  der  haupt- 
stab ein  vocal  ist,  sollen  die  stollen  auch  vocale  sein,  und  es  ist  schö- 
ner, wenn  jeder  von  ihnen  ein  andrer  vocal  ist;  da  mag  es  auch  gestat- 
tet sein,  dass  ein  vocal  öfter  im  verse  anlaute  bei  pronomen  oder  bei 
mdlfylling,  zum  beispiel  ek,  oder  en  er  at  i  o  of  af  um,  und  ist  das 
freiheit  und  nicht  rechtmässige  setzung.^^  Von  diesen  beschränkungen 
ist  die  alt-  und  angelsächsische  verskunst  frei.  Dürfte  der  consonant, 
der  die  drei  reimstäbe  bildet,  in  der  Senkung  nicht  anlauten,  so  hätte 
ich  eine  weit  grössere  zahl  fälle  dritter  anomalie  anzuerkennen  gehabt; 
aber  es  gilt  hierin  zwischen  vocalen  und  consonanten  kein  unterschied. 
Es  komt  auch  nichts  darauf  an,  ob  pronome  und  partikeln  —  denn 
das  und  nichts  anderes  ist,  wie  man  sieht,  die  bedeutmig  von  ^ndlfyU 
ling  —  oder  ob  begriffsworte  in  der  Senkung  stehn:  weder  jenen  noch 
diesen  ist  der  anlaut  der  alliterierenden  hebungen  versagt.  Es  versteht 
sich  nur  von  selbst,  dass  begriffsworte  in  der  Senkung  nicht  so  oft  wie 
jene  andern  gelegenheit  finden  werden,  scheinbar  mit  zu  alliterieren. 
Mehr  als  ein  schein  für  unser  äuge  ist  diese  teilnähme  am  reime  nicht, 
und  es  fehlt  jeder  grund  zu  glauben ,  dass  dichter  oder  hörer  eine  Wir- 
kung davon  empfunden  und  die  erstem  nach  einer  solchen  gestrebt 
haben.  Um  jeder  anderweitigen  deutung  vorzubeugen,  nehme  ich  die 
folgenden  beispiele  nur  aus  ersten  halbversen. 

Wenn  das  vorkommen  consonautisch  anlautender  pronome,  partikeln 
und  formen  des  substantivverbs  in  solcher  scheinbaren  alliteration  mit 
einigen  beispielen  aus  dem  Beowulf  belegt  wird ,  so  kann  das  völlig  genü- 
gen: hivUum  hie  gehtton  175.  hie  huru  heofena  Txelm  182.  poit  poei 
^eödr^s  bearn   910.      se  pe   ^cgan  wile    1049.      swyice  hi  fiiomian 


ALTS.  UND  AtfS.  VER8KÜN8T  15 

ge^edh  2767.  iviä  yfrää  yferod  319.  hwearfpä  bi  hefice  1188.  %efa 
swa  searogrim  594.  pat  wces  wrdc  micel  170.  weorod  wces  on 
wynne  2014.  Mord  wceron  wynsume  612.  Beispiele  mit  vocalischem 
anlaut  mögen  gespart  bleiben ,  da  auch  Snorri  sie  ausdrücklich  gestattet. 

Begri£f3wörter  in  gleichem  falle  finde  ich  in  ersten  halbversen  des 
Beowulf  allerdings  nur  dreimal,  und  da  sind  es,  was  sich  indessen 
gleichbleibt,  zweite  teile  von  compositen:  magen  Hreämanna  445. 
hynsn^dum  swealh  743.  Güdgeäta  leod  1538.  Ein  viertes  beispiel 
wäre  616  weoZ  wy}ttres  tvylm,  wenn  nicht  weöl  allzudeutlich  zum 
vorhergehenden  verse  gehörte.  Aus  andern  denkmälern  habe  ich  fol- 
gende unverdächtige  fälle  bemerkt:  Qen.  584  heäh  lieofo^m  gehlidu. 
Dan.  204  gumon  tö  päm  gyldnan  gylde.  246  hcbron  y^randas  on  hryne, 
271  hyssas  ho/ß  hwurfon.  Andr.  107  gepolä  j^eoda  prea.  1443 
geseoh  nü  seolfes  ^wcede.  Cr.  1163  hlode  of  päm  hätan  hreäre, 
Phoen.  394  worJite  wer  and  wtf.  Hei.  898  halda^i  thurh  hluttran 
hugi.  1222  weros  thurh  enan  wüleon  2244  wan  wind  endi  water, 
3252  mbtm  sidim  sibuntig.  3298  te  them  is  gödun  jtmgron  gegin- 
wardun. 

Ebenso  absichts  -  und  wirkungslos ,  wie  diese  scheinbare  teilnähme 
der  Senkung  am  Stabreime,  ist  auch  die  alliteration  der  Senkung  mit 
einer  reimlosen  hebung,  die  nicht  ganz  selten  begegnet:  Beow.  194 
p<et  fram  häm  gefrcegn.  1035.  2190  hSht  pä  eorla  Med.  2299  htoU 
tum  on  heorh  cethwearf.  Gen.  964  pe  hie  cefter  Ac^de  of  \  äArifen 
wurdon.  1222  h(Bfde  tröd  hcele.  Cr.  118  Aeorc  Aeädes  sceadu  |  dreö- 
gan  sceoldon,  Guthl.  186  stod  seö  A^gle  stöto.  Hei.  589  Sn  sholdi 
sMnan. 

Es  begegnen  hie  und  da  verse,  denen  die  Verbindung  durch  den 
Stabreim  gänzlich  fehlt,  während  sie  aus  andern  gründen  nicht  gerade 
zu  beanstanden  wären,  z.  b. 

Sat.  335    Nahbad  hie  (ms.  toe)  tö  hyhte  \  nymde  cße  a^id  fyr 

Andr.  1092    gefeormöden  (ms.  gefeormedon):  \  dufnipegnum  wearä 

El.  582    ne  mugon  g4  pd  word  geseäan,       pe  ge  huMe  nü  on 

unnht 
614    on  gesihäe      bü  geweordaä; 

besonders  häufig  in  den  Psalmen: 

67,  23,  2    from  päm  pine  gangas      wceron  gesewene 

70,  12,  1     bedd  gedrette,      eac  gescende 
17,  2    stlde  strencde     pisse  cneörisse 

71,  1,  2      he  helped  pearfan ,      swylce  eäc  wcedlan 

and  h^  pearfigendra      säwla  geheled 
110,  5,  3    wcerun  his  bebodu      ecdle  treowfceste 


IK  K1BGKR 

USW.  Dieser  Übersetzer  ist  so  genügsam  hinsichtlich  des  tonwei-tes  der 
wortc,  die  er  alliterieren  lässt,  dass  man  ihm  zutrauen  darf,  er  habe 
sich  des  Stabreimes,  wenn  ihm  nicht  gleich  einer  beifiel,  auch  ganz 
entschlagen;  aber  irgend  einem  wirklichen  dichter  darf  man  das  nicht 
zutrauen,  solte  man  auch  auf  eine  wahrscheinliche  emeudation  solcher 
stellen  verzichten  müssen.  Nur  die  anwendung  des  endrames,  der  ins- 
gemein neben  dem  Stabreim  als  ein  überflüssiger  zierrat  auftritt,  führt 
hin  und  wider  bereits  dazu,  dass  der  dichter  ihm  allein,  auch  dem 
ungenauen,  die  bindung  des  verses  anvertraut  und  sich  des  Stabreims 
entschlägt:  so  Gnom.  118  hcän  aceal  ffehnir/an,  ädl  gesigan.  Bäts.  29,  2 
mid  py  heardestan  a)id  mid  py  scearjyesfan,  Byrhtn.  271  dfre  emhe 
stufide  he  secdde  sume  tvunde ;  bis  wir  dieses  princip  in  den  versen  des 
Chronisten  zum  jähr  1036  völlig  überwiegen  sehen. 

IIL    Ton  der  qualltllt  des  Stabreimes. 

Das  wesen  der  alliteratiou ,  anders  als  des  endreimes,  bedingt 
genauigkeit,  da  sie  nur  auf  einem  laute,  nicht  auf  einer  Verbindung 
mehrerer  beruht;  sie  ist  entweder  genau,  oder  sie  ist  gar  nichts.  Der 
genauigkeit  wird  dadurch  keui  eintrag  getan,  dass  alle  vocale  unter 
einander  alliterieren;  was  hier  alliteriert,  ist,  wie  man  längst  bemerkt 
hat,  der  spiritus  lenis.  Eine  alliteration  aber  zwischen  spiritus  lenis 
und  asper  ist  durchaus  undenkbar.    In  dem  vers 

Beow.  332    oreUmcgas      cefter  hceleäum  frcegn 
hat  Orein  schon  wegen  des  sinnes  mit  recht  cedelum  füi*  hceleäum  gesetzt. 
Er  hätte  nur  auch  an  einer  stelle  der  Genesis 

1611)  Chan  iüces  cedelum      heäfodwisa 

die  umgekehrte  besserung  vornehmen  sollen,  h«icdnm  für  a*delmn.  Für 
liondslyhty  das  er  zweimal  im  Beowulf  (2929.  92)  in  vocalischer  allite- 
ration hat  stehen  lassen,  vermutet  er  wenigstens  im  glossar  das  sich 
aufdrängende  ondslyht 

Die  Verbindungen  von  s  mit  einer  tenuis,  sp  at  ac,  werden  als  so 
innig  empfunden ,  dass  sie  nur  mit  sich  selbst  alliteiieren  können,  nicht 
unter  einander  und  nicht  mit  einfachem  oder  sonst  wie  verbundenem  s. 
Dieses  gesetz  erkent  nur  der  Übersetzer  der  Psalmen  nicht  an,  der  sc 
zwar  nicht  mit  ^p  und  si ,  aber  mit  einfachem  s  und  andern  Verbindun- 
gen desselben  bindet: 

59,  7,  4  min  ge%Q^  ^efide  and  nit  %yddan  gedo 
63,  4,  1  hl  hi}^  mmnunga  ^eearpum  strcclum 
67,  10,  2  and  ponne  ä^eäded  god      mndoryrfe 

21,  4  [pdraj  pe  h^r  on  wyldum      swdirum  eodon 
90,  7,  3    on  pine  pd  f^wuttan^      and  pe  ne  ^eeaded  dnig 


ALTf».   UND  AG».   VERSKÜNST  17 

USW.  Als  blosse  Verwilderung  erscheint  das  nicht ,  sonst  würde  wol  sp 
und  .s^  dieselbe  freiheit  nehmen,  sich  auch  unter  einander  und  mit  sc 
binden;  aber  es  ist  schwer  sich  die  ausspräche  vorzustellen,  die  den 
öbersetzer  zu  seinem  gebrauch  veranlasst  hat.^  Dass  dem  Chronisten 
in  den  versen  auf  Eadmund  zu  942  die  alliteration 

and  Snotinga  häm,      sioylce  Stanford  eäc 

unterläuft,  will  nicht  viel  sagen. 

Der  grammatische  stabrcim  wird  von  Cynewulf,  der  sich  dabei 
eines  rhetorischen  eifectes  bewust  zu  sein  scheint,  mit  verliebe  gebraucht, 
wie  folgende  beispiele  beweisen  mögen :  Andr.  360  w^cteh  he  ^ielum. 
620  wtmdor  (vfkr  v^midre,  749  stau  fram  stane.  980  ealra  eyninga 
eyning  =  Jul.  289.  Cr.  215.  Andr.  1194  pdr  pe  eyninga  eyning. 
1688  in  y^oriüd  y^ondda  =  El.  452.  Jul.  594  üryUna  dryhfne; 
vgl.  Cr.  405.  Guthl.  1076  ecdm  ^rymma  ^rym  -=  Cr.  726.  Guthl. 
1261  mJeh  yndt  mtchie;  vergl.  Andr.  360.  Guthl.  1299  hreahtein 
reftcr  hrcalifme.  El.  486  ecdles  leöJUes  leöht.  769  ealra  fula  tül. 
Doch  ist  er  auch  von  der  einfacheren  epischen  spräche  nicht  ausge- 
schlossen: Bw.  440  lad  mäläifum.  2461  an  (efter  Anum.  1978  mceg 
toiä  vicbge.     931  wundor  cefter  wundre.     Gen.  638  Arihtna  drihten. 

Der  rührende  stabreim  wird  dagegen   in  kunstgerechter  dich- 
tung  gemieden^  ausser  in  der  aufzählung,   wo  er  einem  effecte  dient: 
B.  m.  craeft.  1(»6  f.     iiumuni  on  eystum,      aunmm  on  erceftum^ 

humum  on  vrlite,      humum  on  y^ige 
Wand.  108  f.     her  bid  teoh  Icenc,      her  büt  treond  \dß}ic^ 

hrr  biö  mon  Idne,      her  bid  m<eg  Icene 
Geb.  :>,  44     hwilc  mid  yveorcc,      hwilc  mid  "wordc^ 

hwilc  mid  gehöhte. 

Ein  unanstössiger,  weil  auf  eine  bestirnte  Wirkung  berechneter  gebrauch 
mag  auch  der  sein,  den  der  übei'setzer  des  Boethius  von  ihm  macht: 

11,  15    pä  pä  \\c  y^'olde      f)(ct  pect  hr  Vfoldc 
20,  18     n?.«  11«»  mihtigra      nr  nun  mcerra 
29     \}n  and  pret  ptn  <ßd,       hif  /.<?  \un  ageii. 

1)  Die  au3.s})rache  des  sc  war  im  Angel  ächsisehen  entweder  iu  ulleu  fällen 
die  von  s  +  k,  oder  in  allen  talleu  die  uiisrcs  sc/»,  nicht  etwa  die  eine  vor  a  cur, 
die  andre  vor  eiy;  denn  alle  ac  werden  oline  uutcrscbiod  de»  lautes  mit  einander 
gebunden :  s.  Beow.  496.  Gen.  1540.  Sat.  33.  G33.  Cr.  1220.  Andr.  788.  Jnl.  445. 
Jud,  79.  DasH  man  gern  und  ohne  alle  conscqucnz  vor  a  und  o  ein  e  einschob, 
deutet  gcwis  auf  die  aus.«iprache  scIi;  aber  sie  rauss  auch  stattgefunden  haben,  wenn 
man  dieses  e  nicht  setzte ,  und  vor  u  und  r.  wo  man  es  nie  setzte.  Vergl.  was  oben 
über  den  anlaut  ^  gesagt  ist  und  die  abweicbeiule  auRfQhrung  in  Leos  Commentatio 
de  Anglosaxonnnt  Uteris  gutturalibus  Halae  1^17. 

SEITSCUO.    F.  DliVTSCUP.  PHII.AJ..    BD.  VIl.  2 


18  SISOBR 

Zulässig  scheint  ferner  der  rührende  reim  in  der  schranke  zu  sein, 
innerhalb  deren  ihn  auch  die  endreimdichtung  nicht  verschmäht:  Hei. 
3252  s?ft?/»  fiiä'un  f^ibwitig.  3324  teJum  siitun  tehmfald;  kunstlosig- 
keit  aber  zeigt,  sich,  wenn  der  Übersetzer  der  Psalmen  sagt 

54,  23,  2     on  seädcs  forwyrd,      ^eades  deopcs 
68,  5,  1       ofer  mc  syndon     pä  pc  ine  vMon^ 

und  Verderbnis  ohne  zweifei  in  stellen  wie  folgende 

Jud.  4     Yiyldo  pfPR  hehf^av  dhnan,      prpf  hr  hie  iviä  ptes  hehsfan 

hrögan 
Sat.  295     heorhte  hurhwmllaH:        hcorhfe  i^cinoff 
315     a  to  wonüde      A  Mtan  ende. 

Der  letzte  dieser  verse  hat  bereits  als  beispiel  einer  andern  anomalie 
gedient;  seine  zwiefache  anstössigkeit  solte  jedes  bedenken  entfernen, 
ihn  nach  Jud.  120  zu  bessern  A  fo  wonddc  biif<in  ende  ford, 

lY.    YoDi  verhSltnis  der  alUteratlon  zu  den  Wortarten  nnd  zur 

Wortstellung. 

Wenn  unter  mehreren  silben  eine  alliterieren  soll,  so  kann  es 
nur  die  höchstbetonte  sein.  Der  gleiche  anlaut  der  minder  betonten 
würde  für  sich  allein  wirkunglos  verhallen  und  der  vers  ungebunden 
lauten.  Da  nun  in  germanischer  zunge  von  einer  besondern  versbeto- 
nung  neben  der  grammatischen  überall  nicht  die  rede  ist,  so  kann  die 
betonung,  die  der  alliteration  zur  Voraussetzung  dient,  keine  andere 
als  eben  diese  allgemein  giltige  grammatische  sein,  deren  gesetze  im 
gründe  nur  durch  das  rhetorische  bedürfnis  durchbrochen  werden  dürf- 
ten,  in  der  tat  aber  schliesslich  auch  durch  das  metrische,  das  sich 
mit  dem  rhetorischen  mischt,  durchbrochen  werden. 

Die  gesetze  der  wortbetonung  sind  längst  bekant:  sie  konten  in 
der  althochdeutschen  reimpoesie  aufs  genaueste  erforscht  werden  und 
weichen  in  den  sächsischen  mundarten  in  nichts  wesentlichem  ab,  so 
dass  ich  mich  ihrer  erörterung  entschlagen  darf  *    Die  gesetze  der  satz- 

1)  Man  merke  auf  die  schwankende  betonung  von  u;i-:  Gen.  440  uvmurdltce, 
2689  unfreondlice  neben  nnfeor  2927 ;  imware  Wf.  59  »eben  nnwferKce  63 ;  tmleet 
Guthl.  1007  neben  unsöfte  858.  XLvt^cyldigne  659;  untraglice  EI.  410.  unweaxenne 
529  neben  nnscyld^gne  423.  496.  nnsnyttrtim  947.  nndearnunga  620;  wvwand^x 
Hei.  70.  ungewitHgon  1819.  unquethandes  5663  neben  unwison  1819.  nnskul- 
dig*ia  3087.  Jtn^imdigana  2723;  unsptiot  3455  neben  XLngiwiderecni  1813.  Das 
ursprüngliche  war  die  betonung;  im  Beowulf  herscht  sie  noch  weitaus  vor,  neben 
nur  zwei  fallen  der  enttnnuug :  iw4yr?»^  2000.     //wmt/rn/tce  1.7.56.    unbetont  ist  auch 


ALTS.   UND  A08.  VBBSKUNST  19 

betonung  dagegen  werden  uns  aus  keiner  andern  quelle  als  eben  aus 
der  alliterierenden  poesie  bekant.  Sie  werden  es  dadurch ,  dass  wir  das 
Verhältnis  der  alliteration  zu  den  Wortarten  und  zur  Wortstellung  beob- 
achten; denn  in  einer  gewissen  Wortverbindung  ist  dasjenige  wort, 
das  alliterieren  darf,  ohne  dass  das  andere  mit  alliteriert,  ohne  zweifei 
das  höher  betonte. 

Das  ergiebigste  feld  fdr  diese  beobachtung  bildet  der  erste  halb- 
vers.  Da  im  zweiten  die  erste  hebung  alliterieren  muss  und  der  zwei- 
ten nur  ein  nebenreim  gestattet  ist,  so  kann  man  nicht  wissen,  ob 
innerhalb  derselben  folge  von  worten,  wenn  sie  im  ersten  statt  im  zwei- 
ten halbvers  stünde,  die  alliteration  nicht  auch  eine  andere  stelle  ein- 
nehmen dürfte.  Im  ersten  halbvers  dagegen ,  wo  sowol  die  erste  hebung 
ohne  die  zweite  als  die  zweite  ohne  die  erste  alliterieren  darf,  kann 
und  muss  es  sich  deutlich  zeigen,  ob  die  Satzbetonung  überhaupt  festen 
gesetzen  unterliegt  und  was  dieselben  vorschreiben.  Nur  auf  grund 
dessen,  was  man  im  ersten  halbvers  gelernt  hat,  lässt  sich  auch  der 
zweite  mit  nutzen  befragen. 

I.  Stehn  in  einem  halbvers  zwei  nomina,  seien  es  Substantive 
oder  adjective  oder  ein  Substantiv  und  ein  adjectiv,  so  ist,  wenn  nur 
eines  von  beiden  alliterieren  kann ,  das  voranstehende  allein  dazu  berech- 
tigt. Dies  trifft  auf  alle  denkbaren  arten  der  Verbindung  zu,  in  wel- 
cher diese  werte  unter  einander  stehen  können. 

1)  Genetivische  Verbindung,  a.  Des  Substantivs:  on  hearm  nacan 
Bw.  214.  %unu  Beänstänes  524.  wine  Scildinga  1183.  thiu  modar 
thes  hindes  Hei.  215.  tiwi  ht  Word  godes  227.  hodo  drohtines  446; 
floda  genipu  Bw.  2808.  nigora  toaldend  2875.  Vfedera  pedden  3037. 
an  godes  rikea  Hei.  132.  drohtines  engil  140.  Falsch  wäre  on  hearm 
nacan  usw.  nicht  minder  als  flöda  genipv  usw.  Falsch  wäre  Gen.  1858 
mit  doppelreim  zu  lesen  xäelviga  heim  \  heJU  AbraJiame,  denn  der 
hauptstab  muss  immer  mit  der  höher  betonten  liebung  des  ersten  halb- 
verses  reimen :  es  muss  vielmehr  lauten  sbäelinga  Jielm  heht  \  kbraMme. 

Falsch  ist  z.  b.  Gen.  321  pe  rPr  godes  hyldo  geldston,  eine  unheil- 
bare stelle,  deren  Verwirrung  in  den  folgenden  vers  hineinreicht.  Falsch 
ist  der  vermeintliche  zweite  vers  des  Heliand  that  sia  bigunnun  \  word 
godes  [hääianj:  der  ergänzer  hätte  zugleich  umstellen  müssen.  Die 
gleiche  hilfe  verlangen  die  zweiten  halbverse  ffiär  hie  wissa  thcU  bam 

hund  nnd  alts.  awt  als  erster  teil  von  zahlcompositen :  and  hundBeofontig  tö 
Oen.  1224.  twa  and  hundteönüg  1227.  antsibunta  mntro  Hei.  146;  dagegen  ist 
mir  nichts  von  einer  enttonnng  des  alts.  alo-,  al^,  ags.  aU,  eai-  in  wirklicher 
znsammensetziing  bekant,  die  Vetter  s.  29.  53  annimt. 

2* 


2U  RlltOXB 

bam  godes  5732  und  thar  sia  (hat  harn  godes  5740,  die  zugleich  gegen 
das  gesetz  des  hauptstabes  Verstössen.  Nur  verfehlte  Verstellung  ver- 
schuldet das  gleichfalls  doppelt  fehlerhafte  hemistich  waldandes  rikea 
1556.  Falsch  ist  auch  die  von  Grein  im  glossar  vorgeschlagene  emen- 
dation  godes  HryJUenddm  ftlr  das  unverständliche  god  dryJUen  dorn 
Andr.  1001:  god,  dessen  o  zum  überfluss  im  manuscript  das  zei- 
chen der  länge  trägt,  gehört  zum  vorhergehenden  vers  und  man  muss 
lesen  herede  on  hehdo  \  Ykeofoncynifvges  god,  \\  Aryhtnes  dorn.  Mit 
richtigem  gefühl  hat  dagegen  Grein  Ps.  56,  4,  3  of  leon  hwelpum^  \ 
rede  gemdtuin  in  lape  (warum  nicht  gleich  läpra?)  statt  in  hreäe 
gebessert;  wenn  mau  nur  überhaupt  eine  strenge  beobachtung  der  beto- 
nungsgesetze  in  den  Psahuen  voraussetzen  dürfte. 

b.  Des  Superlativs:  healcenM  nudst  Bw.  78.  hAsa  seiest  146. 
fridugumono  betst  Hei.  619.  Aago  li(jb6sto  485.  Unmöglich  wSi-e 
dago  lic^sto  und  liobdst  Aago,   richtig  dagegen  licbost  dagö, 

2)  Attributive  Verbindung,  a.  Substantiv  mit  Substantiv:  ^edden 
Hroägär  Bw.  417.  AryJdc^%  hehlend  Sat.  576.  683.  fader  Abraham 
Hei.  3366.    kuninj  Erödcs  5272. 

b.  Substantiv  mit  adjectiv  (dem  das  particip  gleich  gilt):  ^edden 
marfic  Bw.  353.  ac  se  maga  geotiga  2675.  Yflgläf  leofa  2745.  god 
alomahtig  Hei.  245.  Jtnv'ides  thes  godon  363.  kMean  kraß  mikü  399; 
mcerum  peodne  Bw.  345.  Mofa  Beowulf  2663.  geongan  cempan  2626. 
lengron  huMa  Hei.  170.  smäo  trod  gunio  177.  an  thein  Rhtödon 
daga  441. 

Cardinalzahlen  werden  im  Beowulf  ohne  ausnähme,  ich  glaube 
auch  bei  den  übrigen  Angelsachsen  regelmässig  auf  dem  fass  der  adjec- 
tiva  behandelt :  hü  pä  hyssas  pry  Dan.  402.  p^hn  teower  bearn  Bw.  59. 
ac  y^iib  &nc  niht  135.  seofon  niht  swuncon  517.  lnßfde  An  eft(|f«  |  and 
ekran  twa  \\  and  twegen  fet,  \  iwelf  hwid  heäfda  Ra^ts.  83,  3  fg.;  doch 
finde  ich  auch  twdf  tipostohs  Sat.  511.  Auch  im  Heliaud  ist  der  über- 
wiegende gebrauch  wie  im  Ags.:  ubtm  ivintar  rnntad  510.  aflar  ihhn 
twartig  dagxm  1061.  1$/*  thüstindig  2873.  giwitun  im  thi  thiu  godun 
twe  458.  ^nfatu  sehsi  2037;  daneben  aber  thar  sätun  tto^nie  man 
bi  toege  3549.     tMr  gengun  imu  tvoe  wif  unibi  4207. 

AnstÖssig  ist  hien2iclipridda1ILisad  Dan.  92  und  nuearttü  eann  ^eeaäa 
Sat.  57,  oben  bereits  wegen  falscher  setzung  des  Stabreimes  angeführt; 
desgleichen  jungaro  liudio  Hei.  1247:  lies  lungraro;  und  an  is  helagun 
Word :  I  that  skolda  sinnon  urel  3963,  widerum  ein  fall  zugleich  von  falscher 
betonung  und  falscher  reimsetzung ,  zu  bessern  durch  keine  Umstellung, 
sondern  etwa  durch  Hodun  oder  sdäliJcun  für  JteUigun.  Ein  anstössiger 
vers  findet  sich  endlich  auch   im  Beowulf,   der  durch  den  doppelreim 


AI.Td.   UND   AOg.   VRB8KUN8T  21 

nicht  gerechtfertigt  wird:    hrünfägne  helfn,  \  hringde  byrtum  2615; 
man  lese  hyrnan  hringde, 

3.    Prädicative  Verbindung:   €K/fer  häUe  se  wyrtn  Sal.  118.    tager 
ivtes  peet  ongin  Sat.  547.    wyrd  hiä  ftd  ärdd  Wand.  5.    wolde  WecHh" 
peo  sPcean,  \\  etothi  td  gebeddan  Bw.  665.     that  he  ü^leand  te  namon 
hdbean  sholdi  Hei.  443.     Auch  als  prädikat  gilt   das  particip  dem 

adjectiv  gleich:  pä  tvcßs ^rydword  sprecen  Bw.  643.     atrihte 

Wies  II  güä  getwäifed  1658.    ef  im  at  erist  was  l|  %unu  äßdit  Hei.  456. 

thär  thär  habda  Jordan tnna  seo  giwarahtan  1152.    that  harn 

is  gihelid  2152. 

4.  Dativ  oder  ablativ  neben  dem  nominativ  oder  accusativ ,  accu- 
sativ  neben  dem  subject  oder  dativ:  ekm  his  nefan  Bw.  880.  st& 
goncenum  1857.  Harra  Abrahame  Gen.  1729.  endi  'Eliase  thriddea 
(sc.  hüs)  Hei.  3143.  bewirf  rond  geßng  Bw.  2609.  sohte  sele  dreorig 
Wand.  25. 

Nur  ein  scheinbarer  Verstoss  ist  hwearfum  wrdecmcecgas  Guthl. 
234 :  mau  teile  heorg  ymbstodon  hwearfum  l|  vrrdcukecgas.  Das  anlau- 
tende h  in  hwearfum  fflr  stumm  zu  nehmen  ist  gewagt,  wenn  man 
nicht  andere  belege  aus  Cynewulfs  werken  beibringen  kann. 

5.  Adjectiv  mit  einem  abhängigen  casus :  ^Ses  w6rig  Bw.  579. 
niäa  ofercumen  845.  wfges  heard  886.  urinigea  leäsum  1664.  hros- 
mono  ftdle  Hei.  3022;  Aeämg  sceafium  Ex.  344.  dreore  fähne  B.  447. 
l^ryfimn  ä^uUe  494.     hem*e  drancmi  531.     Aädiun  so  märi  Hei.  927. 

6.  Casus  mit  einer  prilposition.  a.  Neben  dem  Substantiv,  sei  es 
als  attribut,  prädicat  oder  object:  hord  wutrond  Bw.  2673.  e^idi  triäu 
an  eräu  Hei.  420.    mod  umbi  herta  3293.    the  kSstir  fan  Bömu  3810. 

Ein  Verstoss  ist  iMlen  sce<d  in  ioled  Gnom.  80:  aber  schon  die 
abgeschmacktlieit  des  sinnes  —  warum  gerade  Hex  aquifoUum  als 
brennmaterial?  —  fordert  hier  die  besserung  ele  für  liolenj  M  zum  ent- 
fachen. 

b.   Neben  dem  adjectiv :   <m  B/ncre  ftest  Bw.  303.    efenSce  mid 
god  Cr.  122.     dapandiun  an  naht  Hei.  680. 

n.  Stehn  drei  nomiua  in  einem  halbvers  imd  ist  also  eines 
derselben  notwendig  von  der  hebung  ausgeschlossen,  so  fragt  es  sich, 
welches  der  beiden  an  zweiter  und  dritter  stelle  stehenden  worte  zu  dem 
ihm  unmittelbar  vorangehenden  in  einem  granunatischen  rectionsver- 
hältnis  stehe:  dieses  steht  dann  zu  demselben  worte  auch  in  enklise 
des  tons.  Steht  sowol  das  zweite  zu  dem  ersten  als  das  dritte  zu  dem 
zweiten  im  rectionsverhältnis ,  so  hat  man  die  wähl,  auf  das  eine  oder 
das  andere  die  hebung  zu  verlegen. 


22  RIKGER 

Es  ergeben  sich  folgende  fälle: 

1)  Substantiv,  das  einen  genetiv  und  ein  adjectiv  bei  sich  hat 

a.  swütol  sang  scopes  Bw.  90.  heorM  heäcen  godes  570.  sod 
sunu  metades  El.  461.  564.  fagar  tolk  godes  Hei.  412.  YmM  hökan 
godes  661.  Aber  auch  ^ödlfk  stenifia  godes  865.  grot  kraft  godes 
2871.  Wilkürlich  also  die  betonung  bei  gladum  suna  Frodan  Bw.  2025. 
hiUtg  fdk  godes  Hei.  2133.  hilag  sfemna  godes  3148.  tliat  helaga 
ha/m  godes  518.  Ein  Verstoss  wäre  so  mikü  hyrarf  yrerodes  5373, 
wenn  man  nicht  so  mikil  zum  vorhergehenden  vers  ziehen  müste. 

b.  yflaneyfedera  kod  Bw.  341.  Jfrydlic  l^egna  lieap  400.  1627. 
mtcH  fda  geswing  848.  trod  tölces  weard  2513.  \iof  \aMdes  ward 
Hei.  626.  seto  sorgono  ful  2918.  Fände  man  tröd  landes  tveard  und 
liof  folkes  ward,  so  wäre  es  unerlaubt  zu  betonen  trod  landes  wedrdj 
hof  folkes  ward:  denn  das  dritte  wort  steht  zum  zweiten,  nicht  aber 
das  zweite  zum  ersten  im  grammatischen  rectionsverhältnis.  Gr.  966 
lesen  wir  won  fyres  wcelm:  hier  ist  die  alliteration  von  w€ehH  unwirk- 
sam, denn  man  darf  nur  betonen  wofi  fyres  wcdm. 

c.  'Eofores  Anne  dorn  Bw.  2964.  Hienach  ist  zu  beurteilen 
godes  dgan  harn  794:  derselbe  fall  wie  soeben. 

d.  godes  lof  hafen  Jul.  693.  godes  condel  beorht  Aethelst.  15. 
godes  enffU  cuman  Hei.  700.  Hier  ist  wider  zwiefache  betonung  mög- 
lich, wie  bei  a. 

2)  Substantiv  mit  einem  genetiv,  zu  dem  ein  adjectiv  gehört. 

a.  twelf  wintra  ttd  Bw.  147.  leöfes  manties  \%c  2080.  Yi'isas 
mannes  Word  Hei.  503.  thes  Kfidon  rikeas  giwand  268.  Ich  habe 
keine  beispiele  angemerkt,  aber  ebenso  erlaubt  wäre  märeas  mannes 
word  usw. 

b.  \iyldo  p(BS  Yiehstan  diman  Jnd.  4 ;  dieses  Schema  liesse  sich 
nicht  anders  betonen. 

3)  Substantiv  mit  einem  adjectiv,  von  dem  ein  casus  abhängt: 
mojfa  mäf^  fah  Bw.  978.  sweord  swäte  fäh  1286.  Fände  man  feond 
inane  fäh,  so  wäre  die  alliteration  von  fak  unwirksam  und  ohne  rück- 
sicht  auf  sie  zu  betonen  teond  mdne  fäh.  Die  Schemata  mdne  fall 
mdgay  täh  mäne  teofid  und  teond  täh  mäne  sind  der  betonung  wegen 
denkbar,  aber  unbeliebt,  vielleicht  unerhört. 

Es  verhält  sich  ebenso,  wenn  zwei  adjective  appositioneil  neben 
einander  stehn,  von  denen  das  eine  einen  casus  regiert:  Htol,  &se  wlanc 
Bw.  1332. 

4)  Substantiv  mit  zwei  adjectiven. 

a.  helag  himilisk  harn  Hei.  440.  hoA  \iarnid  skip  2266.  hluf- 
tar  hren  knrni   2543.     Falsch  wäre  hilay  muri  herro,  richtig  trotz 


ALTS.    XJSD   AUS.  VKXISICUNST  23 

der  alliteratiou  helag  mdri  J^no,  Falsch  ist  auch  mit  prädicativem 
erstem  adj.  grim  tvces  se  hälga  wer  Andr.  1397 ;  grim  gehört  zum  ersten 
halbvers:  heard  onä  lietegrim    wces  se  hälga  tvcer, 

b.  ea?d  siveord  eoto^iisc  Bw.  1558.  26l6.  979.  heard  swyrd 
hilted  2dS7;  daneben  gettjsed  treä  mihiig  Cr.  475.  mä^re  mergefi  ßrid- 
da  Gen.  155.  Also  nach  belieben  Bw.  908  snotor  ceorl  monig  oder  swo- 
tor  ceorl  nuyiiiy. 

c.  Denkbar  wäre  das  Schema  herro  helag  tmri:  es  wäre  nur 
zu  betonen  herro  helag  mdri. 

5)  Substantiv  mit  apposition  oder  eigenname  mit  appellativ,  wo- 
von em  genetiv  oder  ein  adjectiv  abhängt:  Aryhten  Augeäa  waldend 
Jud.  61.  Krist  gödes  sunu  Hei.  4063,  so  und  nicht  anders  zn  betonen. 
Krist  huning  eivig  3060;  fände  man  Krist  ctvig  kuning,  so  wäre  widerum 
die  alliteration  unwirksam  und  ewig  zu  betonen ;  andernfalls  müste  man 
verstehn  „ewiger  Christ,  könig." 

6)  Zwei  Substantive  in  verschiedenem  casus,  deren  eines  einen 
genetiv  regiert:  vfuldor  weroda  dryhtne  Jud.  343.  mdräe  ot%  moldan 
rice  Jud.  344.    godes  willeoti  gumun  Hei. 

7)  Zwei  Substantive  in  verschiedenem  casus,  zu  deren  einem  ein 
attributives  oder  prädicatives  adjectiv  (oder  particip)  construiert  ist: 
eorlum  evdu  scerpen  Bw.  769.  se  rica  on  his  Teste  niiddan  Jud.  68. 
helandi  Krist  an  hand  2206.  wordum  wis  hceleä  Andr.  921.  yfuldor 
to  KTtdan  aldre  Jud.  348. 

8)  Adjectiv  (particip)  mit  einem  abhängigen  casus  oder  in  präpo- 
sitionalverbindung  mit  einem  casus,  der  ein  adjectiv  bei  sich  hat:  a.  ge- 
renöde  readum  gdde  Jud.  339.    b.  an  ttvem  gi^run  ätogan  Hei.  732. 

TU.  Wir  haben  gesehen  dass  der  dichter  des  Heliand  der  cardi- 
nalzahl  nicht  das  volle  recht  des  adjectivischen  begriffswortes  wahrt. 
Die  uubestimten  quantitätsadjective  mmiagj  d  und  das  substan- 
tivisch gebrauchte  neutrum  ßu  geniessen  dasselbe  auch  im  Angelsäch- 
sischen nicht:  sie  können  voranstebn  ohne  die  alliteration  auf  sich  zu 
ziehen. 

1)  Manigu  ddru  gesceaff  Hoeth.  11,  44.  pä  aras  imnig  gold" 
hladen  ßegn  Finnsb.  13.  numag  gest  faran  Hei.  1015.  tho  thes  so 
manag  hethin  man  2335. 

2)  Ecdnc  Yftdeferht  Bw.  1222.  ealles  moncynnes  1955.  etülepa 
wocre  Gen.  1409.  90.  eal  seo  ^ibgedriht  Ex.  214.  eaUe  him  hrimu 
572.  eahie  middangeard  Dan.  503.  ealle  reordberend  Cr.  278.  ealle 
his  yfeägesidas  Jud.  16.  ällan  langan  dag  Hei.  966.  2080.  Aopta 
aüan  Aag  078.    allumu  mankunnie  1274. 4389.   aUa  thina  vrunnia  3378. 


21  Rl£(ilblt 

(^r  al  ^(Uileo  land  2640.    Dies  wort  erscheint  sogai*  ohne  zu  allite- 
rieren vor  dem  verbum :  calle  pä  (jemaniad  Seef.  50. 

3)  Fela  ic  monna  geftoigu  Wids.  10.  fela  ic  hutas  gchad  Bw. 
929.  pces  fela  M  hw  \Mcs  S2)rcec  Geu.  922.  feala  mc  sc  hcelend 
El.  912.     so  fdu  mntro  endi  iiuntaro  Hei.  465. 

Nicht  für  al  euL  aber  für  manag  manig  und  flhi  fela  sind  die 
beweisenden  täUe  selten.  Für  /Sä,  ajfs.  feah  und  lut,  ags.  Igt,  die  der 
analogie  von  auinag  und  filn  folgen  müsten,  tiude  ich  überhaupt 
keine. 

IV.  Das  verbum,  das  innerhalb  desselben  halbvorses  einem 
nomen  vorausteht,  ist  dem  nomeu  ebensowol  als  wenn  es  nachfolgt  im 
ton  untergeordnet.  In  beiden  fällen  kann  es  natürlich  mitieimen,  und 
in  beiden,  ohne  mitzureimen,  eine  hebung  tragen,  die  eben  dann  min- 
der betont  ist  als  die  andere.  Es  kann  aber  auch^  wenn  es  voran  geht, 
in  folge  rhetorischer  betonung  oder  metrischer  convenienz  den  höheren 
ton  und  mithin  die  allitemtion  auf  sich  ziehen,  ohne  dass  an  ihr  das 
nachfolgende  nomen  teil  hat;  in  welchem  grammatischen  Verhältnis  das 
nomeu  zum  verbum  steht,  ist  hiebei  ganz  gleichgiltig.  Der  fall  ist 
indes  selten  und  hauptsächlicli  im  zweiten  halbvers  anzutreten,  wo  die 
vom  gesetz  des  hauptstabcs  auferlegte  beschränkung  diese  freiheit  ent- 
schuldigte. Im  Beowulf  ist  sie  dem  ersten  halbverse  vielleicht  ganz 
fremd.  Von  den  drei  stellen,  w*«  der  text  sie  darbietet,  ist  eine  mehr 
als  verdächtig:  2062  losäd  wigendc.  Von  diesem  particip  ist  jezt  nur 
noch  die  letzte  silbe  zu  erkennen;  *  aber  nach  Grundtvig  liest  die  erste 
der  abschriften  Thorkelius  figendc,  die  andre  cigemle.  Daraus  hätte 
man  nicht  ein  im  gründe  sinnloses  wigendc  machen,  sondern  lifigcnde 
ergänzen  sollen:  der  täter  komt  mit  dem  leben  davon,  da  er  die 
Schlupfwinkel  des  landes  kent,  kann  also  nicht  zur  rechenschaft  gezo- 
gen werden.  Aber  auch  die  beiden  undern  st*illen  sind  unstOöSig:  758 
gemunde  J)ä  sc  gada  \  mceg  Iflgclaces  verbtössl  ^e^eu  das  spater  zu 
erwähnende  gesetz ,  dass  das  attribut  von  seinem  beziehungsworte  durch 
die  cäsm*  nur  getrent  werden  darf,  wenn  beide  alliterieren,  und  man 
muss  modega  für  gada  verlangen;  1537  gefrng  pa  he  caxle  befremdet 
dem  sinne  nach,  weil  es  unzweckmässig  ist  einen,  den  man  niederreis- 
sen  will,  bei  der  achsel  zu  fassen,  und  man  wurde  lieber  fcaxc  lesen, 
im  zweiten  halbvers  steht  das  alliterierende  verb  achtmal  (^1265.  1525. 
1699.  2162.  2511.  2663.  2738)  vor  den  Wörtern  cal  fela  und  ode>-y  die 
hier  nicht  für  voll  zählen,   da  sie   reibst  ohne  zu  reimen  dem  reimen- 

1)  Wie  ich  aus  ilcr  mir  tVcuudlicli.'>t  uiitgctcilteu  euüalLou  vvii  8ic\cj>  ersehe. 


ALTS.   rXD  AOP.  VERSKUNST  2r> 

den  nomen  voransgehii  dürfen.  Es  bleiben  10  fälle  mit  eigennameu 
oder  vollwichtigen  begriffswörtern :  1128  wunode  mid  Fin.  1137  tun- 
dode  wrecca.  1327.  2544  ponne  hnitou  feäan.  1441  gf/rede  Mite  Beo- 
tvidf.  1548  p/et  gehearh  feore.  1872  hruran  him  teäras.  2717  ^eah 
an  enta  geweorc.  2863  scaA  on  unleöfe,  2980  pä  geheah  cynüig.  Im 
Andreas  findet  sich  ein  fall  in  erstem  halbverse:  wes  pii  Andreas  Jiäl 
910;  ans  der  Genesis  habe  ich  zwei  bemerkt:  pä  gemunde  god  1407. 
and  eft  Yrendeit  sd  2209;  zwei  aus  dem  Heliand:  skn^i  tln  te  erda 
hinan  1085.     wel  imu  an  innan  Imgi  4869. 

Unerlaubt  ist  es,  dass  das  nacbfolgende  verb  die  alliteration  allein 
trägt,  z.  b.  Dan.  266  ac  p<ci  ßr  %e(jdc  (Mscr.  fyr  fyrscyde).  Sat.  98 
dracan  etirdigait  Hei.  3904  thes  godes  bames  \\  ward  te  gitrum- 
meamw,  wo  man  nach  statt  vor  ward  abteilen  muss. 

Ganz  wie  zum  nomen  verhält  sich  das  verb  auch  zu  dem  von 
ihm  abhängigen  Infinitiv,  pai-ticip  und  verbum  finitum.  Es  heisst  regel- 
mässig nü  ge  matan  gangan  Bw.  395.  pwf-  la  mag  »ecgan  1700.  2864. 
wüle  ic  äsccgan  Ö44.  gewitan  him  pü  tiran  301.  eaw  hM  secgan  d91, 
welda  is  Üiär  IcUan  kastan  Hei.  1030.  be  hwi  ni  Mtis  thü  than  wer- 
ään  10G5.  fM  bigan  eft  mtison  1075  und  andrerseits  Vidan  weide 
Bw.  1494.  nemnan  h^rde  2023;  ferner  h&  syfulan  geterede  361. 
hmfde  pä  getäilsad  825.  hafad^  pms  gewarden  2026.  im  hahda  jriwi- 
sid  Hei.  469.  thiu  thur  werdad  ählüdid  1071;  endlich  mf/nte  ptet  hfl 
geAdßlde  Bw.  731.  cwted  p<et  hü  hafde  2158.  bad  paet  ge  gewarhtan 
3096.  cwckdmv  pcst  he  vfdre  3181.  ic  wät  pai  hit  \whte  "Wald.  2,  4. 
Knssa  fhat  imu  ni  mahtin  Hei.  2679.  Selten  dagegen  \died  hwarfan 
Bw.  1728.  Yicefde  geworden  Jud.  260.  mcege  upencan  Cr.  990.  meakte 
äsettan  Boeth.  7,  5.  mag  dfre  afsiön  21,  38.  wearä  inlihted  Cr.  43. 
Kfesan  underppded  Guthl.  675.  tragn  gif  him  ncbre  Bw.  1319:  lauter 
beispiele  des  zweiten  halbverses.  Im  Beowulf  wenigstens  würde  man 
vergeblich  eines  im  ersten  suchen.  Anders  zu  beurteilen  als  diese  letz- 
ten beispiele  sind  offenbar  solche  fälle  wie  s^o  gif  pu  dyrre  Bw.  1379. 
yryrce  se  pe  mote  1387.  gä  pcbr  he  wylle  1394.  ^at  so  ik  iu  leriu 
Hei.  1399.  sie  trumida  the  mahia  659:  das  verb  des  adverbialen  oder 
attributiven  Zwischensatzes  ist  dem  des  hauptsatzes  nicht  an  sich  im 
ton  fiberlegen,  wie  es  das  verb  des  objectiv-  oder  subjectivsatzes  ist. 

V.  Stehn  zwei  nomina  neben  einem  verb  in  demselben  halb- 
verse, so  kann  das  verb,  wenn  es  vorangeht,  den  Stabreim  und  auch  wol 
die  erste  hebung  ohne  Stabreim  auf  sich  ziehen  und  das  zweite  nomen 
zu  dem  crst-en  in  enklise  des  tonen  treten.  Folgt  das  verb  nach,  so 
tragt  OS  sich,    ob  das  zwoitf  noraeii  xu  dorn  ersten  in  einem  giTimma- 


26  BIECKR 

tischen  rectionäverhältnis  steht;  in  diesem  falle  tritt  es  in  enklise  and 
das  verb  trägt  die  zweite  hebung.  Besteht  aber  zwischen  dem  einen 
und  andern  nomen  kein  rectionsverhältnis,  so  übernimt  das  zweite 
nomen  die  hebung  und  das  verb  tritt  in  enklise.  Steht  das  verb  zwi- 
schen dem  ersten  und  zweiten  nomen,  so  kann  es  die  hebung  grund- 
sätzlich tragen:  es  wäre  eine  denkbare  rhetorische  betonung,  zu  der 
jedoch  das  metrische  bedürfnis  hier  nicht  veranlassen  kann. 

1)  Das  verb  geht  voran :  hyreä  hlodig  W(pI  Bw.  448.  Ixe/*  on 
hearm  scipes  896.  ay^rcec  wintruni  fröd  1724.  ^wefeä  sdre  wund 
2746.  Yieaxan  yifonna  leg  3115.  ^öhte  sc/e  dreörig  Wand.  25.  hirid 
hittran  Imgi  Hei.  4613.  Whan  thana  herhten  sterron  602.  Ebenso 
richtig  ist  gdiweayf  pä  in  Francna  fcedm  Bw.  1210  und  wäre  gehwedrf 
pä  in  Jiena  fcettm. 

2)  Das  verb  folgt  nach :  %eofon  niht  mvuncon  Bw.  517.  heorht 
hofu  hce^f'na7i  2313;  danach  kann  betont  werden:  godes  yrre  hter  711. 
hröf  äna  gences  999.  gomel  swyrd  getedh  2610.  yifyrm  yrre  cwöm  2669. 
Dagegen  lieisst  es  hrusan  heolster  blwräh  Wd.  23.  naht  nebulo 
bkoarp  Hei.  2911,  und  ist  demgemäss  zu  betonen  lileor  holst  er  onßng 
Bw,  688.  hlod  edrum  dranc  742.  Araca  mörpre  swealt  892.  mod 
prffäo  tvceg  1931.  gode  ic  pänc  seqjt  1997.  howd  rönd  geßng  2609. 
eorder  odrum  gelang  Andr.  138. 

3)  Jireo  wdron  yda  Bw.  548.  yrre  wä^on  hegen  769.  Viele  bei- 
spiele  in  den  gnomen. 

VI.  Das  ad  verb  folgt  wie  das  verb  dem  nomen  nicht  nur  nach; 
sondern  geht  ihm  auch  voraus  ohne  die  hebung  nebst  dem  Stabreime 
auf  sich  zu  ziehen:  es  heisst  ebenso wol /<c^  nie  is  mich  leofre  Bw.  2651. 
so  mikila  is  hie  'hetara  than  ik  Hei.  941  als  ^widost  miele  Üen.  2713. 
Nicht  anders  verhält  es  sich  zu  seines  gleichen:  es  heisst  fid  J^ielfee 
Gen.  705.  n<xiUes  ^wteslu'e  Bw.  3089.  tho  spräkun  im  cft  tegegnes 
Hei.  562  so  gut  wie  oftor  miele  Bw.  1579  und  nUter  eß  gewät  3044. 
Nur  insofern  verlaugt  das  vorangehende  adverb  den  ton,  als  es  dem 
nachfolgenden  adjectiv  oder  adverb  eine  nähere  bestimmung  seines  bogrif- 
fes  hinzufügt  und  so  mit  ihm  in  ein  der  composition  vei'wantes  Ver- 
hältnis tritt:  hoda  hitre  gehugod  tien.  725.  VFtde  gesyne  Bw.  1403. 
2316.  2947.  sör?  orgete  Andr.  753.  sigd  hüdan  füs  Bw.  1966. 
jsbscholt  wfan  grdeg  330.  heärd  her  eumen  376.  teorran  cumene  1819. 
ford  gewitenum  1479.  elles  hweryen  2590.  Es  kommen  jedoch  auch 
viele  tälle  vor,  wo  das  lediglich  steigernde  adverb,  wenn  es  vorangeht, 
durch  rhetoriiclie  betonung  den  reim  auf  sich  zieht:  tfeted  wces  nngv- 
sceöd  miccl  Dan.  2J:s.     ta  prrs  t^iade  glediv  Cr.  220.     and  ^tviäc  höht 


ALIS.  UKJ)   AOS.   VEBSKÜNST  27 

^  Phoen.  317.     samod  eälle  gesceaft  El.  729.     AI  und  ßu  gehn  compo- 

Q  sition  ein:  sc  pe  es^fda  Bw.  869.     hcefdon  ealfela  883.    endi  alstdik 

6  6de8  Hei.  1099.     a2stiZ^Ä;6S  urd^lies  1444.     telamodigra  Bw.  1637.  frod 

tdageomor  2950.  froä  en(2i  füutms  Hei.  570.  tiluwise  inan  624. 
Dennoch  aber  Bw.  1379  felMynnigne  secg:  die  betonung  schwankt  hier 
wie  in  der  composition  mit  dem  präfix  un.  Eine  sehr  auffallende  ton- 
erhebong  des  adverbs  in  einem  fast  präpositionalen  Verhältnis  ist  ^amod 
derdtege  Bw.  1311.  2941 ;  die  erhebung  über  ein  uachiblgendes  Substan- 
tiv ist  an  sich  nicht  unerhört,  wenn  auch  selten:  Mm ßa  «dre  god 
Gen.  872.    giet  sume  siäe  Cr.  318. 

Wie  das  verb  kann  das  adverb,  vorangehend  oder  nachfolgend, 
ein  nomen,  das  zu  einem  andern  in  enklise  des  satztones  steht,  an 
ton  überwiegen:  medme  of  üdpe  päm  fcestan  Andr.  726.  oft  sceal  eorl 
monig  Bw.  3077.  myde  mdrre  (ms.  mycel  nuBre)  spei  Andr.  816.  nu 
möt  ^liumo  sundeano  los  Hei.  1014.  Simon  Petruse  sän  4962 ;  wonach 
also  freän  eaxlum  nmh  Bw.  2853.  fhai  thu  tJiat  helaga  harn  eß 
Hei.  708,  und  bei  reimlos  vorangehendem  ad  verb  tülgo  spo/^n  hugi 
849  betont  werden  kann,  neben  smio  godcundgumo  195.  tulgo  lang- 
sam leger  1217. 

Vn.  Fragen  wir  nach  dem  Verhältnisse  des  adverbs  zum  verb, 
so  erscheint  vor  allem  das  der  präpositionaladverbien  durchgreifend 
geregelt.  Diese  den  verbalbegriff  näher  bestimmenden  partikeln  ziehen 
den  Stabreim  mit  notwendigkeit  auf  sich,  wenn  sie  dem  verb  voraus 
gehn.  Es  heisst  him  hig  stodan  Bw.  3047.  pä  he  him  of  dyde  671. 
pA  com  in  gän  1644.  hdt  pä  up  heran  1920.  trom  ehrest  cwom  2556. 
pe  ichSr  on  starie  2796.  an  was  imu  nnst  godes  Hei.  784.  up  ätedk^ 
On  deäp  Ex.  490.  pe  pü  Mr  to  locäst  1654.  so  hi  üs  to  soUd  Hei. 
3208^  und  danach  ist  zu  betonen  g^man  üt  scufen  Bw.  215.  i¥ord 
öfter  cwceä  315.  Yiolm  üp  aethaer  519.  toU  to  sckgon  1422.  Yiring 
ütan  ymbbearh  1503.  waiet*  üp  purhdräf  1919.  Gen.  284  Ug  stanr 
daä  me  9^/range  geneätas  muss  man  lesen,  ohne  dass  die  alliteration 
von  standaä  zur  Wirkung  komt:  die  erste  hebung  trägt  Ug;  ebenso 
müste  man  Gen.  841  lesen  to  getigdon  gnomgende^  wenn  to  nicht  viel- 
mehr zum  vorhergehenden  verse  gehörte.  Das  nachfolgende  präpositio- 
naladverb  pflegt  dem  verb  die  alliteration  zu  überlassen :  tehä  oder  to 
Bw.  1755.  geong  sona  to  1785.  pe  üs  %eceaä  to  3001.  me  ^eredon 
ymb  Sat.  498.  mihte  Kflitan  purh  Jud.  49.  hriop  up  thanan  Hei.  3365. 
that  thär  mid  aftar  2587.  tveldun  im  hnigan  to  546;  daher  zu  beto- 
nen tho  geng  im  to  the  landes  ward  3156.  Doch  flndet  sich  auch  tiuhid 
up  te  Stade  2632.     ästäh  \\p  on  heofonum  Sat.  5G:3. 


2H  BTBGRR 

Andre  adverbien  aber  gehn  dem  verb  ganz  gewöhnlich  voran, 
ohne  den  Stabreim  in  ansprach  zu  nehmen :  patiofi  M  gelohte  Bw.  463. 
and  fonne  gefenan  3107.  tvr  hi  pm-  gesegon  3038.  him  pä  gegire- 
dandlSl.  swähegiiomodon  d\7^.  hü  \ainp  edw  on  lade  IdSl ,  hwadre 
he  gemunde  1270.  ham  ne  gemmide  1465.  so  ganga  imu  herod  Arif^n 
te  mi  Hei.  3914.  Es  sind  die  ans  pronominalstämmen  hervorgehenden; 
bei  ihnen  ist  es  durch  rhetorische  betonung  bedingte  ausnähme ,  wenn  sie 
die  alliteration  auf  sich  ziehen:  sume  \}j^r  bidon  Bw.  400.  peer  eardo- 
don  3050.  pcbt  ^a'iwn  ivdere  Sat.  722.  ^onne  him  weorSed  Phoen.  364. 
pendelt  hSr  leofäd  Cr.  1575.  ^ider  w&ron  füse  Ex.  196.  that  thü  ina 
Ikifiaiia  maJit  Hei.  2108.  pa  hit  %wa  sceolde  Gr.  233.  ef  hi  so  weldi 
Hei.  163.  hurn  ic  tvctie  im  Gr.  789.  hid  \iw<edre  gleäw  B.  m.  er.  32. 
Nur  die  mit  ä  ^  »  ahd.  eo  zusammengesetzten  ahiv<!er  dghiomr  dghwor 
non  dürften  in  ihrer  bedeutung  zu  viel  emphase  haben,  um  voranste- 
hend auf  den  reim  verzichten  zu  können. 

Dem  verb  ohne  alliteration  vorangehen  können  auch  die  adver- 
bien der  zeit,  ohne  dass  es  indes  der  gewöhnlichere  fall  wäre.  Ich 
habe  aus  dem  Beowulf  nur  folgende  beispiele  angemerkt:  ful  oft  p^et 
geheotcdon  480.  sonu  p<(i  Ofitwide  750.  1497.  pcef  hi  oft  wtmvn  1247. 
symble  hid  gemyndgad  2450.  <cr  hi  par  genegan  3038;  häufig  sind  sie 
im  Holiand:  giu  tvärun  thar  KdalUs  man  566.  that  sie  im  eft  giküddin 
642.  than  langa  ni  giilorfifun  im  1055.  than  williu  iJc  tu  eft  wg^ 
gean  I  tJiat  sän  ni  nwerea  m^oman  1508.  hwo  thü  thana  Mst  äloseas 
1710.  hioo  lango  sJcal  sfandan  noh  4288.  that  thü  so  simlun  duos 
4095;  sie  begegnen  hier  auch  für  das  ortsadverb:  näh  sind  hir  gese- 
tana  hurgi  2820. 

Das  verb  seinerseits  kann  dem  naclifolgeuden  adverb  die  allitera- 
tion überlassen,  nur  nicht  dem  aus  pronominalstamm  entspringenden. 
Im  Beowulf  finde  ich  folgende  beispiele.-  fand  pä  pcer  Inne  118.  peet 
W(BS  migeära  932.  eodon  him  pä  togeänes  1626.  ic  tvtßs  pdbr  inne 
3087.  alegdon  pä  tomiddes  3141.  Häufiger  ist  dieser  fall  in  der  Gene- 
sis: wolde  dearnunga  450.  pä  wdron  tdan  461.  p6  meaht  his  ponne 
rüme  561.  peet  pü  nteaJd  swä  yfide  565.  Ji^t  him  recene  to  864,  und 
im  Heliand:  frägoda  niudliko  210.  tM  sprak  sän  aftar  214.  than 
säJiun  üe  so  wisliko  655.  lesan  subro  tesamne  2570.  bädun  tho  so 
gcrno  2579. 

Vni.  Von  zwei  begriifsworten  beliebiger  art  oder  auch  von  zwei 
pronomen,  die  durch  und,  oder,  sowol  als  auch,  weder  noch, 
je  desto  verbunden  in  einem  halbverse  stehn,  kann  das  erste  ohne 
das  zweite^  nicht  aber  das  zweite  ohne  das  erste  alliterieren:  z.  b.  sid- 


AJ.TS.   UND   A(i8.    VKBSKL'NÜT  20 

dän  ic  hoful  and  rond  Bw.  656.  tdc  and  rice  1179.  Aceges  and  nih- 
tes  2269.  Atigode  and  iaydite  1674.  iofore  and  Wulfe  2993.  gfßon- 
gum  and  ectldum  72.  hü  he  trod  and  göd  279.  fcet  mec  &r  and  sid 
2500.  heorhte  and  leohfe  El.  92.  hätad  and  secgaä  Cr.  279.  erdun 
endi  himües  Hei.  408.  Aago  endi  naJdo  451.  gold  endi  mhrok  674. 
kndreas  endi  Petrus  1153.  ffibomn  hald  endi  sträng  599.  Addun 
endi  quikun  4293.  quikun  endi  dodun  4309.  uppa  endi  nidara  2422. 
giBelian  endi  gih&rian  995.  hwat  is  mi  endi  thi  2025.  teor  odde 
neuh  Bw.  2870.  Wand.  26.  Jul.  335.  that  sie  eß  ubil  efda  göd  3409. 
ja  an  himile  ja  an  erdu  2421.  poitte  HÜdnA  nard  Bw.  858.  ne  niäin 
fk?  Juitul  Hei.  3273.     licäd  \e7ig  swä  wd  Bw.  1854. 

Es  ist  hienach  unzulässig,  wie  man  Bw.  1174,  nm  die  stelle  ver- 
ständlich zu  macheu,  ergänzt  hat:  nean  and  teorran  \  pü  nü  [tiidu] 
JMfast.  Eine  lücke  ist  im  manuscript  nicht  vorhanden  und  der  erforder- 
liche reimstab  ist  durch  nu  geliefert.  Man  wii'd  die  heilung  eher  in 
einer  ändeining  als  in  einer  ergänzung  suchen  dürfen.  Pas  erste  hemistich 
kann  sehr  gut  zum  vorhergehenden  satze  gehören :  sei  gegen  die  Gauten 
freundlich,  der  gaben  gedächtig,  aus  der  nähe  und  aus  der  ferne.  Die 
memung  ist,  der  könig  solle  auch,  wenn  sie  geschieden  seien,  ihnen 
gaben  in  ihre  heimat  senden.  Daran  würde  sich  sehr  angemessen  der 
satz  schliessen  pü  m)d  hafast  =  mhd.  des  g6t  dir  noty  d.  i.  du  hast 
alle  Ursache  dazu. 

Überliefert  ist  ein  Verstoss  Sai  340  hlüde  and  geamre.  Aber  es 
ist  klar  genug,  dass  zwischen  diesem  und  dem  zweiten  hemistich  godes 
atidsacan  etwas  ausgefallen  sein  muss,  denn  es  fehlt  der  satz,  von 
welchem  der  accusativ  andsacan  mit  dem  Infinitiv  hwearfan  regiert 
werden  müste.  Ein  andrer  Verstoss  findet  sich  in  einem  vers  mit  dop- 
pelreim Hei.  19  Lukas  endi  Johannes^  \  sia  wärun  gode  lioba,  weil 
die  mit  dem  bauptstab  reimende  hebung  die  höher  betonte  sein  muss; 
man  lese  sia  loärun  lioba  gode. 

Der  dichter  des  Byrhtnoth  aber  scheint  das  gesetz  nicht  mehr 
anzuerkennen:  80  Aelfere  and  Moeous.     183  .^fnoä  atid  Wtdfmdr. 

IX.  Pronomina  verhalten  sich  zu  begriffswörtern  jeder  art  ganz 
so  wie  es  das  verhalten  der  adverbien  aus  pronominalstamm  erwarten 
lässt:  dr  he  pone  grundwong  Bw.  1496.  ie  pdere  socne  1777.  nS 
pdtr  ndnig  vritena  157.  efne  swä  hwylcum  manna  3057.  pe  t&e  etdle 
941.  p(et  hie  neoddan  1875.  pces  pe  ic  moste  2797.  me  man  stegde 
1175.  ndnig  heora  \}6hte  691.  forpon  nis  cenig  wunder  Cr.  1016. 
suyic  w(es  ^eatc  hira  Andr.  25.  waes  min  tader  Bw.  262.  on  minre 
ideityrf  410.     thai  h/i  so  lerda  Hei.  1832.     siu  was  im  mdowa  2183. 


30  RIBGBB 

that  ina  gehädi  2299.    hwilik  thero  yfäri  2624.    hwe  that  wäri  3715. 
minumu  herran  3195. 

Ausgenommen  sind  nur  pronomina,  deren  wesen  und  bedeatnng 
gerade  darin  besteht,  einen  gegenständ  rhetorisch  hervorzuheben:  sie 
ziehen  voranstehend  den  reim  auf  sich.  Seif  tut  dies ,  so  viel  ich  sehe, 
ohne  ausnähme;  der  von  Heyne  gestattete  fall  selbon  anudlian  Hei.  754 
erledigt  sich  durch  die  Verstellung  weldun  mahtigna  \\  KHs^  sdbon 
äquellian.  Ebenso  die  proklise  bMiti  ja  Uf  ja  licht  4055 ,  indem  man 
abteilt  that  hi  ^U>o  was  \  %umi  drohtines  heäiu  \\  ja  Uf  ja  lioht;  und 
ffir  biäie  bSäea,  ags.  hegen  dürfte  das  gleiche  gelten  wie  für  seif  Das 
minder  emphatische  dÜMr  odet'  dagegen  geht ,  wiewol  nur  in  seltenen  fäl- 
len, auch  reimlos  voraus:  oder  wms  swä  yrynlic  Gen.  467.  öder  earm- 
sceapen  6w.  1351.  than  othra  iudeon  duon  Hei.  1473;  vgl.  1611. 
1634.  2658.  th£m  odrun  skal  man  be  hüithiun  2439.  Andre  prono- 
nüna  dieser  art  sind  dghwä,  tk/htotjeder  cegder,  (eghtvilc  €elc,  üc;  auch 
hier  seltne  fälle  unterbleibender  alliteration :  he  waes  cegder  mtn  mdg  \ 
and  min  hläford  Byrhtn.  224.  and  htm  celce  mäHe  \  men  fullestad 
Geb.  4,  92.  on  pä  ilcan  tid  \  Tubal  Cain  Qen.  1083.  Auch  Gen.  1530 
«Ic  hafad  mdgtolite  j  metodes  and  engla  beweist  Unterordnung  des 
vorangehenden  celc,  da  der  hauptstab  mit  der  höher  betonten  hebung 
reimen  muss. 

Aber  auch  die  übrigen  pronomina  werden  oft  genug ,  wie  die  pro- 
nominalen adverbien,  über  die  nachfolgenden  begriffswörter  durch  den 
reim  emporgehoben ,  in  viel  weiterem  umfang,  als  unser  jetziges  Sprach- 
gefühl die  rhetorische  betonung  zulässt.  Die  neigung  der  jugendlichen 
spräche,  die  sich  hier  kund  gibt,  hat  bereits  Hügel  (Über  Otfrids  vers- 
betonung  s.  7  fgg.)  erkant  und  nachgewiesen.  Wir  finden  die  durch 
solche  betonung  bedingte  alliteration  der  pronomina  auch  in  ersten 
halbversen,  wie  Bw.  2532  nncer  twega.  73G  ^icgean  ofer  p«  niht, 
1395  ^s  dogor  ^ü.  Gen.  741  fordon  wit  him  noldon.  Cr.  1313  eälä 
pdr  Yfe  nü  tnägon,  in  dem  refrain  ^<bs  ofereode  |  {nsses  swä  mteg  in 
des  Sängers  trost^  und,  nicht  so  berechtigt,  in  dem  formelhaften  on 
J^ä^m  dcnge  |  Risses  lifes  Bw.  197.  790.  806,  sowie  Hol.  4602  an  them 
dagun  \  ihegno  lioböst;  aber  sie  erscheint  doch  hier  bei  guten  dichtem 
nur  selten.  Ihr  eigentliches  gebiet  ist  der  zweite  halbvers,  wo  die 
metrische  convenienz  sie  mächtig  fördert. 

1)  loh  kann  mich  nicht  entsohliessen ,  nach  Grein  ,,Deors  Klage''  zu  eitleren. 
B.  m.  wyrd.  42  heisst  es  von  dem  gehängten  bid  him  wearg  (so  EttmüUer  ein- 
leuchtend für  werig  des  mscr.)  noma:  dem  entsprechend  heisst  me  W€B8  äeor  noma 
nicht  anders  als  ,,ich  wurde  teuer  genant."  Dass  e;%  aber  nicht  eine  klage ,  Rondem 
ein  trostgedicht  für  einen  andern  i.st.  lehren  doch  vv.  28—  42  zur  geni\ge. 


ALTS.   UND  AOS.   VBRSKUNST  31 

1)  Pronomen  personale ,  nur  vor  dem  verb :  mtn  costode  Bw.  2084. 
pret  hie  rae  pdgon  563.  pe  pü  me  seaUest  1482.  ftser  neösan  2074. 
md  p^  inotmi  365.  pect  ic  pe  soliie  417.  ic  p^  «ti  J5a  426.  IMon 
pc  wrf  ^  657.  ponne  ht  sylfa  505.  nc)  ic  fram  hfm  woZ(fe  543.  Öic 
f<;K7  mt  habbiad  Hei.  3244.    n?»  ^!  /an  m?  skulun  4421. 

2)  Possessiva:  in?»  ckrende  Bw.  345.  rnwjc  gefrdge  857.  1955. 
Üsse«  rfryA^wes  r5(i  Cr.  1085.  ;i/w*ft  piww6  s-W  Bw.  353.  pinra  ?e5da  1673. 
iiefne  %m  freä  1934.  nis  peet  edwer  siä  2532.  htvand  gl  an  mmumu 
namon  Hei.  1892.     ^Ibon  thes  smc5  rikies  1320.    s/ntiw  wor^itm  1839. 

3)  Demonstrativa :  on  pa  ÄeaZ/c  Bw.  1675.  stcylcc^y  dogwe  1794. 
para  /eorfa  2033.  on  pe?m  (Zö?flfc  Cr.  1097.  1372.  Ibisses  Ufes  Gen.  1120. 
1600.  2450.    pä  he  p«s  woffdd  1126.     «w  theiw?*  dagfc  Hei.  2408. 

4)  Sonstige  pronomina:  sume  icorde  luH  Bw.  2156.  ^umwöSbora 
Cr.  302.  &nig  täccn  Gen.  540.  swylces  gemotes  Jul.  426.  endi  mma 
sp^-ahm  Hei.  5792.  so  that  ni  niaJc  6mg  man  2530.  Der  unbestimte 
artikel:  pfpt  wa*s  ftw  cyning  Bw.  1885. 

Ganz  unmöglich  ist  eine  solche  alliteration ,  wie  sie  Bw.  2093 
überliefert  wird:  yfla  gehwyJces  |  hondleän  forgeald.  Hier  sowie  1541 
ist  vielmehr  mit  zuversiebt  ondlmn  zu  lesen,  was  ich  in  dieser  zscbr. 
3,  414  fg.  nur  unsicher  erkante. 

Wenn  zwei  pronomina  im  selben  hemistich  neben  einander  stehn ,  so 
dass  eines  von  ihnen  notwendig  den  reim  tragen  muss,  so  solte  man 
denken,  dass  für  sie  das  gesetz  anwendung  fände,  das  für  zwei  nomina 
gilt;  und  dem  entsprechend  liest  man  w<bs  gehtoceper  öprum  Bw.  814. 
P^et  n^nig  oder  Cr.  324.  Anra  gelnvä  und  Anra  gehwilc  häufig  und 
nie  anders  betont,  z.  b.  Bw.  732.  784.  ponne  pü  for  unc  bü  K.  d.  S.  87. 
bist  thü  6mg  thero  Hei.  923;  daneben  aber  hh*c  ^elfre  ^timt  Bw.  1115. 
nan  swylc  ne  cwom  Cr.  290.  plsne  Vcan  preat  Cr.  570.  av  gif  hiora 
idnig  Boeth.  28,  75.  fJiat  ik  üser  hcfhero  fader  Hei.  5038.  Wenig- 
stens vor  seif  ilc  und  pronomen  solches  gewichtes  kann  die  tonlosigkeit 
des  personal-  und  demonstrativpronoms  nicht  überraschen. 

X.  Präpositionen,  Conjunctionen  und  Interjectionen 
können  in  erster  hebung  des  ersten  halbverses  mit  alliterieren :  midpf) 
mipste  Cr.  1U09.  ofpäm  MIe  1076.  of  hyra  s^elnm  1185.  ofpäm 
mJitum  1502.  oferpä  6dre  Jul.  75.  Es  wird  sich  später  zeigen,  warum 
es  hier  falsch  wäre  zu  betonen  mid  p\j  inie^/t!  usw.  Nach  solchen 
beweisenden  fallen  darf  man  denn  auch  wol  Bw.  1661  ac  im  gcAde  und 
2400  pe  he  wid  päm  vryrme  sprechen.  Der  tonwert  des  pronomens 
und  Pronominaladverbs  ist  so  gering,  dass  er  von  der  vorangehenden 
Partikel  überwogen  werden  kann. 


32  RIBUEB 

Es  versteht  sich  sonach,  dass  die  partikel  auch  ohne  zu  alliteri- 
reu  in  erster  hebung  des  ersten  halbverses  stehen  kann:  p<U  In  ^ead- 
dan  Bw.  1876.  nc  pacs  midan  Cr.  352.  (Uid  pu  mcaJife  1432.  and 
pone  Sudan  892.  förpäm  ys'orde  Kr.  111.  ofcrpä  utdas  Guthl.  20.  an 
him  gladicut  Bw.  2036.  an  pone  middel  El.  864.  tö  ofigiefamie  Wd. 
d.  Seh.  30.  tö  geneönne  Cr.  920.  tu  päm  nt/hstoH  Guthl.  416.  tinder 
gonian  Rats.  50,  6.  ni  thes  theodanes  Hei.  4964.  an  tivem  ItAJhon 
1 608.  mid  mi  mmod  5607.  Noch  unbekant  mit  den  betonungsgesetzen 
habe  ich  den  beweisenden  fall  tö  bcfleunnc  Bw.  1003  in  dieser  zschr. 
3,  391  mit  der  unzulässigeu  ergänzung  [deäd]  tö  hetleönne,  den 
andern  ptJüt  se  m^ra  2587  mit  der  wenigstens  unschuldigen  [öd]  pat 
heimgesucht.  Gegen  die  betonuug  der  partikel  auf  kosten  eines  nach- 
folgenden pronomens  ist  sodaun  auch  in  Mlen  wie  nd-fne  hc  wres  mara 
1353.  sfßddan  he  <ßfter  Aeade  1589.  gifpcet  geganged  1846.  pendcn 
h6  tviä  Yftdf  3023  natürlich  nichts  einzuwenden. 

Es  ist  endlich  auch  kein  giund  vorhanden,  warum  die  präposi- 
tion,  wenn  ihr  nur  ein  pronomen  folgt,  nicht  in  erster  hebung  allein 
die  alliteration  tiagen  könte :  and  hiö  ponne  »flcr  htm  Cr.  322.  and 
$bfter  pön  Phoen.  238.  nis  nnder  nie  Bäts.  41 ,  86.  that  ud  it  ^ftar 
tu  Hei.  2426.  that  ik  thi  than  ȧar  thiu  2756.  Der  dichter  des 
Heliand  erlaubt  sich  dies  auch  dann ,  wenn  unter  den  unbetont  Toraus- 
gehenden  werten  sich  ein  verbum  befindet:  began  imu  Viftar  thiu  2396. 
that  thü  möst  9Lftar  mi  3074.  he  grötta  n^ftar  thiu  3187.  tJio  geng 
B.ftar  thiu  3196.  he  ni  tiwrßa  imu  thö  aftar  thiu  3209.  Diese  fälle 
finden  sich  ebensowol  in  zweiten  wie  in  ersten  halbversen,  woraus  her- 
vorgeht, dass  nicht  etwa  das  verb  als  erste  hebung  zu  betonen  ist. 

Drei  werke  nehmen  in  bezug  auf  die  betonungsgesetze  eine  beson- 
dere Stellung  ein,  in  der  sich  die  fortschreitende  auflösung  des  alten 
gefüges  der  stabreimdichtuug  ankündigt. 

Bei  dem  Übersetzer  des  Boethius  geschieht  dies  nur  erst  dadurch, 
dass  er  von  freiheiten  der  ]>etoiuiug,  die  auch  andre  nicht  verschmä- 
hen, einen  rückhaltloseren  gebrauch  macht.  So  insbesondere  Ton  der 
erhebung  des  pronoms  und  Pronominaladverbs  über  nachfolgendes 
begriffswort^  nicht  nur  im  zweiten,  sondern  auch  im  ersten  halbverse: 
z.  b.  ponne  he  wüe  29,  72.  ne  ht^ü  sd  steorra  \  gesigan  teile  (mscr. 
sinlos  gestigan^  um  auf  steorra  zu  reimen),  sum  tohopa  25,  bO.  pcet 
sufnes  godes  25^  55.  %ume  hwH^  nü  24,  64.  hü  mme  steorran  28,  32. 
8wä  eäc  sun^  wdnad  28,  34.  geMr  nü  An  spell  25,  1.  and  him  ^onne 
ofliön  2.'),  24;   und  ohne  scheu  auch  in  erster  und  zweiter  hälfte  des- 


ALT8.   UND  A08.   VER?KUN8T  itö 

selben  verses:  ffif  p<p/  nth-e,  \  ^otitie  hio  wch^e  20,  103.  dC  \ii6  hiä 
eallunga  j  on  hyre  selfre  20,  220.  siääan  ]fü  ^onne  \  p^ne  up  aha  fast 
24,  25.  liabban  ^inne  (Ml ,  \  Jfanan  an  cyning  24,  31.  Hieran  schliesst 
sich  sodann  die  erhebung  der  partikel  über  nachfolgendes  pronom :  i^fier 
pis»um  21,  17.  and  tdfter  päm  21,  33,  aber  schon  auch  tlber  nach- 
folgendes begriffswort:  »fter  J)i$sum  woniMe  10,  70.  e&la  nun  dryh- 
ien  4,  53.     20,  1. 

Schlimmer  sündigt  der  dichter  des  Byrhtuoth,  von  dem  wir 
schon  sahen,  dass  er  sechs  mal  auf  325  verse  das  gesetz  des  haupt- 
Stabes  verletzt.  Von  diesen  Verletzungen  sind  drei  zugleich  solche  des 
betonungsgesetzes :  hwcd  pis  folv  ^cgeä  45.  sc  wres  häfen  Yiulfstän 
Ib.  Offa  foi'lieaweu  288,  und  zum  Beweise,  dass  man  nicht  berech- 
tigt ist  sie  durch  emendation  zu  beseitigen,  kommen  vier  in  ersten 
halbversen  hinzu,  drei  nämlich  der  Satzbetonung:  ^Eifere  and  TILaccus 
80.  jJilfnöd  atid  yS' ulfmer  183.  scildhurh  fohrocen  242.  eine  der 
wortbetonung  Jw  tvaes  (w*  NorSbynthron  2G6. 

Der  übei-setzer  der  Psalmen  vereinigt  und  überbietet  die  Sünden 
dieser  beiden.  Er  räumt  ei-stlich  der  partikel,  geschweige  dem  pro- 
nom und  Pronominaladverb,  ungescheut  das  recht  des  begriffswortes 
ein:  wi(?  nnholdum  34,  3,  1.  o/*  Zahidonc  67,  25,  4.  aiul  on  Cam- 
potanea  77,  14,  3.  on  JkH  rkr  78,  6,  1.  nc  hid  god  in  pc  80,  9,  J; 
zweitens  achtet  er  unter  den  begrifts Wörtern  selbst  kein  gesetz,  aus 
dem  die  erhebung  des  einen  und  die  Unterordnung  des  andern  folgen 
müste:  (sfyw  me  pin  agen  god  58,  10,  1.  aml  ic  ((penige  eäc  59,  7,  3. 
forhte  y^eordad  64,  8,  3.  hü  god  is  ^cc  god  72,  1,  1.  losode  nü  pä 
72,  1,  3.  wces  punurradc  siefn  76,  44.  3.  nc  nu  Israel  behealdan 
80,  11,  3;  und  folgerechter  weise  auch  nicht  das  gesetz  der  wortbeto- 
nung  bei  compositen:  heald  nw.  herev^ccpmim  34,  3,  1.  on  minne. 
geänryne  58,  4,  2.  a7id  ge  onfoä  ant^yna  81,  2,  2.  Hier  ist  die  alli- 
teration  in  der  tat  nur  noch  ein  unverstandnes  altes  herkonunen,  das 
in  ganz  äusserlichei'  weise  fortgeschleppt  wird  und  besser  ganz  auf- 
gegeben würde. 

Da  das  alter  des  Boethius  durch  die  regierungszeit  des  könig- 
lichen Übersetzers,  auf  dessen  arbeit  er  beiuht,  rückwärts  wenigstens 
begrenzt  ist,  und  da  das  gedieht  über  Byrhtnoths  unglücklichen  heldeu- 
kampf  im  fiischesten,  unmittelbarsten  eindrucke  des  ereignisses,  also 
im  jähre  993  selbst  verfasst  ist,  so  wissen  wir  damit  auch,  dass  die 
Zerrüttung  der  alten  verskunst  im  10.  Jahrhundert  begann  und  wie  weit 
sie  in  demselben  ohngefähr  gedieh.  Es  kann  nicht  verwundern,  wenn 
neben  dem  auflösungsprocesse  ein  conservatives  bestreben  sich  beobach- 
ten lässt,   wie  denn   die  verse  der  angelsächsischen  chronik  zu   938^ 

ZaiTSCHK.  F.  DaVTSOHB  PHILOI*.    BD.  VII.  3 


84  msexB 

973 ,  975  und  noch  zu  1065  völlig  tadellos  gebaut  sind.  Die  neue  zur 
herschaft  des  endreimes  hinführende  tendenz  komt  dazwischen  in  den 
Versen  zu  1036,  von  denen  nur  wenige  dem  alten  princip  entsprechen, 
aufs  augenfälligste  zum  Vorschein.  Wer  es  unternahm,  die  metra  des 
Boethius  poetisch  widerzugeben,  veiTät  schon  durch  dies  blosse  unter- 
nehmen, dass  ihm  das  rechte  kunstgefühl  abhanden  gekommen  war. 
Denn  der  mit  dem  Stabreim  einmal  unlöslich  verbundene  poetische  stil 
war  durch  die  natur  des  inhaltes  hier  ausgeschlossen.  Er  war  es  nicht 
ffir  den  Verfasser  des  Byrhtnoth,  und  dennoch  ist  ihm  dieser  schon 
halb  entwachsen.  Jedes  bestreben  ihn  festzuhalten  fehlt  bei  dem  Über- 
setzer der  psalraen,  der  nichts  als  ungeschickte  prosa  ohne  Verständnis 
in  den  alten  metrischen  rahmen  zwingt.  Dass  er  im  11.  Jahrhundert 
und  nicht  früher  schrieb,  darüber  wird  man  nach  den  erwägungen,  auf 
welche  die  verskunst  führt,  nicht  im  zweifei  sein^  und  sich  nicht  mit 
Dietrich  (Zschr.  f.  d.  A.  9,  214  fgg.)  durch  den  blossen  umstand,  dass 
er  das  wort  hqpian  nicht  kent,  zu  einer  früheren  datierung  bewegen 
lassen. 

y.    Von  der  cSsnr  und  dem  rersschlusse. 

Die  metrische  pause  in  der  cäsur  und  am  Schlüsse  des  verses  ist 
zunächst  durch  die  syntaktische  pause  bedingt  und  wird  in  unzäh- 
ligen fällen  an  ihr  erkant.  Es  ist  unrichtig,  die  syntaktische  pause 
überhörend  den  vers  vor  oder  hinter  ihr  zu  teilen,  z.  b.  nü  tc  Beoundfi\ 
Pec,  ^cg  betsta  Bw.  946.  mt^äa  gemunde,  \  mcegenstrengo^  sloh  ||  hil^ 
debOle^  2678.  Mbegite  pam pe  Ar  \  his  eine  forleäs  2861.  Es  bleibt 
unrichtig,  auch  wenn  es  um  einer  Verletzung  der  betonungsgesetze  zu 
entgehen  notwendig  erscheint.  Hei.  3069  lesen  wir  hdtan  sculun  thi 
tiriho  harn  ||  mncte  Peter:  obar  themu  stene  skai  man  minan  ^eli 
ivirkean:  hier  scheint  die  teilung  in  der  satzpause  unmöglich,  weil  seit 
nicht  über  das  im  selben  halbverse  vorangehende  st^ne  durch  die  allite- 
ration  darf  erhoben  werden ,  aber  gleich  unmöglich  ist  die  teilung  nach 
stSne.  Es  bleibt  nur  übrig  zu  vermuten,  dass  der  dichter  gesezt  habe 
sancte  Fiter:  |  obar  themu  skal  man  minan  ^eli  wirkean,  indem  er 
aus  dem  eigennamen  den  begrüf  stein  bereits  entnahm,  und  dass  stine 
von  einem  unbedachten  Schreiber  der  deutlichkeit  wegen  und  weil 
geschrieben  steht  et  super  hanc  petram  eingeschoben  worden  sei. 

1)  Hier  ist  nicht  die  teilung  hinter  alöh,  sondern  das  von  Bugge  (s.  diese 
zschr.  4,  210  fg.)  für  möglich  gehaltene  komma  vor  slöh  vom  übel.  Man  mnss  nach 
sloh  und  nach  hildebitie  interpun^ieren :  er  gedachte  seines  rnhmes,  schlug  mit 
ganzer  kraft,  mit  dem  schlachtschwerte. 


ALTS.  UND   AOa.   VBRSKUN8T  85 

Man  darf  jedoch  nicht  überall  eine  satzpause  voraussetzen,  wo 
nach  unserm  jetzigen  herkommen  interpungiert  wurde.  Ein  sehr  kurzer 
faauptsatz,  der  kein  hemistich  ausfßllt  oder  doch  kein  ganzes  in  anspruch 
nimt,  fällt  mit  dem  abhängigen  oder  nebensatz  in  eine  betonungsmasse 
zusammen,  und  es  wird  dann,  ebenso  richtig  wie  häufig ,  erst  inner- 
halb des  letztern  geteilt:  hyrde  ic  pcet  hl  ponc  healsheah  \  Rygde  gese- 
alde  Bw.  2172.  so  quaä  M  tliat  6stana  \  frn  skoldi  sMnan  Hei.  589 ; 
sogar  alsbald  nach  dem  den  satz  eröffnenden  fragewort,  dessen  proklise 
aufgehoben  wird  indem  es  in  hebung  tritt:  h  iie  wät  htoiderWatol 
äse  wlanc  \  eftstäas  teali  Bw.  1:331.  gif  ((*-  vri-ste  hü  \\  wiä  päm  agldb- 
cean  \  eUes  meahte  2519.  Entsprechend  bedingt  die  kürze  des  abhän- 
gigen oder  nebensatzes  die  teiluog  innerhalb  des  hauptsatzes :  ic  pS 
scecd  mine  geheddan  (|  treode,  sioä  toit  furdum  spräcon  Bw.  1706. 
sind  in  'hooum  Ms  \\  Yfundor,  pä  M  toorhte,  \  on  ge^ritum  cpäed  El.  826. 
Natürlich  können  auch  hauptsatz  und  nebensatz,  wenn  beide  vom  knapp- 
sten masse  sind,  den  rahmen  eines  halbverses  gerade  ausfüllen:  ^cegde 
se  pe  cüäe  Bw.  60.  pff  wäst  gif  Mt  is  272.  h^dß  se  pe  wüle  2767. 
Ä^  m€d;e  ef  he  miti  Hei.  224.  qmänn  tluxt  sie  wissin  ga/ro  621.  for 
imu  tho  thar  he  welda  2695.  Der  lezte  dieser  halbverse  würde  sich 
im  bedürfnisfalle  nach  tho  teilen  lassen  und  zwei  für  einen  darstellen: 
unrichtig  aber  teilt  man  hinter  tho  um  das  hemistich  thar  M  Yfdda, 
an  ena  wostunnea  zu  gewinnen;  da  in  dieses  die  wirkliche  syntaktische 
pause  vor  der  apposition  mitten  hinein  Mit.  Ist  ein  satz,  der  keinen 
halbvers  ausfQllt,  zugleich  abhängig  von  einem  andern,  indes  er  einen 
dritten  regiert,  so  wii*d  über  den  punkt  der  teilung  subsidiarisch  die 
art  des  logischen  Verhältnisses  entscheiden.  Der  objectivsatz  ist  z.  b. 
enger  angeknüpft  als  der  consecutivsatz ,  und  man  darf  Hei.  5910  ant" 
lokan  is  gilöbo,  that  hie  tvissa,  that  skolda  eft  an  thit  \ioM  human 
nicht  vor  dem  zweiten ,  sondern  nur  vor  dem  ersten  thai  teilen. 

Noch  eines  punktes  ist  hier  zu  gedenken ,  über  den  man  nicht  im 
unklaren  sein  darf,  wenn  man  fehlerhafte  cäsuren  und  versschlüsse 
vermeiden  will.  Das  logisch  zum  hauptsatz  gehörige  und  zu  ihm  con- 
struierte  adverbiale  oder  pronominale  beziehungswort  des  nebensatzes, 
das  demselben  unmittelbar  vorausgeht,  liegt  nicht  diesseits,  sondern 
jenseits  der  syntaktischen  pause,  die  den  hauptsatz  vom  nebensatze 
trent,  und  gehört  zur  betonungsmasse  nicht  des  ersteren,  sondern  des 
letzteren. 

Nur  hiedurch  konte  es  geschehen ,  dass  das  comparativische  adverb 
er,  ags.  dr,  mit  Unterdrückung  des  ihm  folgenden  relativen  than,  ags. 
pan  pon,  zur  conjunction  wurde  und  man  kürze  halber  pritis  für  prius^ 
{tcam  sagte.    Die  gleiche  erscheinung  liegt  in  dem  ags.  swä  für  swä 

3* 


36 

p€Bt  und  in  unserm  indem,  nachdem  für  in  dem  dctss,  ncuik  dem  das$, 
solang,  sobald  für  solang  als,  sobald  als,  während  umgekehrt  in  unserm 
so  dass  die  parükel  den  ton  auf  sich  gezogen  und  dadurch  sich  erhal- 
ten, das  beziehungsadverb  aber  im  ton  geschwächt  hat:  auch  dies  nur 
folge  der  gleichen  Ursache.  Nur  so  erklärt  sich  auch  die  widerholung 
des  ^  an  der  spitze  des  vergleichungssatzes ,  nachdem  es  im  haupt- 

satze  bereits  vorgekommen:  (hat  M  ni  mosta  er  thit  \ioht  ägeban 

er  than  im  thd  yfiUeo  gistodi  Hei.  470 ;  sowie  die  ganz  ähnliche  wider- 
holung des  demonstrativpronoms :  and  pone  mädäum  byreä  \\ponepe 
pü  mid  rihte  \  rddan  sceoldest  Bw.  2055.    gisähun  thena  is  tera  dgan 

thena  the  h-  Aod  fomam  HeL  2217.    jak  so  sama  thero  miämo  \ 

thero  the  gio  manno  barn  ||  gewu7inun  4409 ;  nur  so ,  dass  werte  und 
ganze  hemistichien  zwischen  das  demonstrativ  und  das  Substantiv,  zu 
dem  es  construiert  ist ,  sich  einschieben  können :  hordwynne  fond  \\  esld 
Tkktsceada  \  opene  stondan^  ||  sc  ße  hymende  \  hiorgas  seceä  Bw.  2270. 

ihab  ward  thär  ifundro  erist  \\  thero  the  hi  thär  an  Gtalüia gitog- 

äi  Hei.  2074.    neriendon  Krid  \  fan  üasarethburg  \\  thena  thie  hier 

quelidtm Judeo  \  liudi  Hei.  5821 ,   und  dass  das  demonstrativ 

neben  al  gebraucht  wird  ohne  nach  dem  festen  gebrauche  zwischen  die- 
ses adjectiv  und  das  Substantiv  gesezt  zu  werden:  allaro  \M,mo  be^- 
sta  I  fhero  the  gio  gihoran  tourdi  835.  5269;  sodann  der  starr  gewor- 
dene gebrauch  des  gen.  plur.  demonstr.,  bei  welchem  die  constructive 
bedingtheit  aus  dem  hauptsatze  ganz  fehlt:  lig  ealle  forswealh  \\  gdbsta 
g(frdst^  I  p&ra  pe  pder  güd  fomam  Bw.  1122.  %dläce  gefeah,  \\  VKegen- 
byräenne  \  p&ra  pe  M  him  TXiid  hcefde  1614;    ferner  die  das  relativ 

unterdrückende  attraction  des  nebensatzes:  hiU  €br  gescod eald- 

hläforde  (Msc.  -es)  \\  päm  pära  mädma  \  mundbora  wtes  2778.     them 
manntm  the  Mr  minniston  sindun  \  thero  nü  undar  thesaru  menegi 
standid  Hei.  4413;  und  endlich  der  Übergang  des  demonstrativs  in  die 
construction  des  nebensatzes :   "pegne  monegum  \\  se  pe  refler  sincgifan 
on  %efan  grcoted  Bw.  1342. 

Nach  der  analogie  dieser  beispiele  ist  also  nicht  nur  Mbegete  päm 
pe  &r  I  his  eine  forleas  j  sondern  auch  ^äbegHe  päm  \pe  dr  his  eine 
forleäs  eine  unzulässige  teilung;  und  es  sind  danach  alle  f&lle  zu  beur- 
teilen, in  welchen  ein  zweifei,  auf  welche  seite  der  metrischen  pause 
das  beziehungswort  des  nebensatzes  gehöre,  überhaupt  aufkommen  kann: 
trägon  ne  gidorstun  \\  er  than  tho  gihoJcnida  \  bartvirüg  gumo  Hei.  4598. 
hwo  hie  (hat  giwirkie  I  than  lang  thie  hie  an  thesaro  i^eroldi  si  2527. 

ni  mugun  iutva  werA;  ndkil  ||  bihcian  werdan ||  than  mir  the 

thiu  burjf  ni  mag  1393.  romodun  vekta  \  bet  ihan  thie  rikeon  man 
3905.    endi  ne  lätad  thes  melmes  wiht  \\  tolgön  an  iutoim  tötun  \  tha- 


ALTS.   Uin>  AGB.   TERSKWBT  37 

ttan  the  nian  in  anttähan  m  will  1946.    f^ode  pancedon  \\P(ß8  pe  him 

ydläde  \  ekäe  mirdon  Bw.  227.   eine  geeodon  \  töpces  pe  eorla  Med 

yefrugnofh  hringiis  dcelan  1967.  so  skal  alloro  erlo  gihwes  \\  werk 
gethihan  \  widar  thiu  the  hi  thius  min  ward  frummid  Hei.  1826.  hwai 
skal  ik  mlnes  dudn  \\  an  thiu  tJw  ik  hebanriki  \  gehalon  moti  3259. 
^cddun  im  ^ink  inanag  \  te  thiu  thcU  sia  it  ni  sagdin  ford  5884. 
wrMicne  wundonrnMum  \  poncpe  him  Wealhpeö  geaf  Bw.  2173.  tvolde 
gtiman  findan  \\  pone  pe  him  on  sweofote  \  mrc  geteode  2294.  mam%a 
(Btigum  Ipära  pe  hit  mid  mundum  bewand  1461.  thes  wisöstan  \  thero 
the  gio  an  tli^a  werold  quämi  Hei.  2787.  Wo  indes  die  relation  nicht 
durch  das  inleclinable  pe,  sondern  durch  den  erforderlichen  casus  des 
demonstratiys  ausgedrückt  und  zu  diesem  das  verb  im  entsprechenden 
numeinis  construiert  wird,   wird  man  keine  attraction  des  beziehungs- 

wortcs  annehmen ,  sondern  teilen  managa  sind  thero  \\  thea  tviUiad 

te  Arohtine  hnigan  1916. 

Es  müssen  übrigens  ausnahmen  zugestanden  werden,  die  dadurch 
entsteh  n,  dass  das  beziehungswoi-t  des  nebensatzes  eine  function  im 
hauptsatze  hat,  durch  deren  ausbleiben  ein  in  ihm  enthaltener  begriff 
verändert  würde.  Lesen  wir  Hei.  4200  gitcet  imu  tho  that  harn  godes 
innan  B^hänia  ||  sehs  nahtun  er  than  thiu  ^amnunga  thär  \\  an  Hieru^ 
sälem  —  —  weräan  skdda,  so  würde  eine  teilung  vor  ir  bis  auf  wei- 
teres die  Vorstellung  hervorrufen ,  dass  Jesus  in  sechs  tagen  nach  Betha- 
nien gegangen  sei:  nur  wenn  man  nach  #r  teilt,  ist  sofort  klar,  dass 
nicht  von  einer  Zeitdauer ,  sondern  von  einem  Zeitpunkte  die  rede  ist 
Ebenso  würde  923  die  teilung  bist  thü  6nig  \  thero  ihe  her  dr  wäri, 
vorübergehend  staunen  über  die  absurde  frage  „bist  du  irgend  einer ^' 
erwecken.  In  andrer  weise  wider  rechtfertigt  sich  die  vom  versmass 
geforderte  teilung  nas  se  fökeyning  \\  jmbesittendra  \  ibnigpdra,  \\pe 
mee  güäumum  |  gritan  dorste  Bw.  2734:  pära  ist  hier  nicht  das  bezie- 
hungswort  des  relativs ,  das  sich  vielmehr  auf  denig  bezieht ,  sondern 
es  gehört  zu  dem  vom  beziehungsbegriff  abhängigen  genetiv;  würde 
aber  vor  pära  geteilt,  so  wäre  es  allerdings  das  beziehungswort  des 
relativs ,  nämlich  eines  jener  constructionslos  dastehenden  pära.  Hier 
ist  also  die  ausnähme  nur  scheinbar. 

Soviel  war  von  der  veranlassung  der  metrischen  pause  durch  die 
syntaktische  zu  sagen.  Wo  nun  versschluss  oder  cäsur  ohne  diese  ver- 
anlassung mitten  im  satz  eintritt,  fragt  es  sich  welches  andre  prindp 
den  zweifei  entscheidet,  ob  ein  wort  dem  vorangehenden  oder  dem 
nachfolgenden  halbvers  angehöre. 

Bezüglich  eines  nomens  entsteht   dieser  zweifei  nur  selten.    Er 
wird  entweder  dadurch  ausgeschlossen,  dass  das  nomen  dem  vorher- 


88 

gehenden  halbverse,  als  tr&ger  der  zweiten  hebung,  zu  seiner  metri- 
schen Yollständigkeit  notwendig  ist,  sollte  es  auch  mit  der  nachfolgen- 
den alliterieren,  wie  Hei  45  fg.  efäo  hwar  thiu  "Gerold  aldar  ||  endon 
skoldi;  oder  dass  es  vom  nachfolgenden  halbvei-se  als  träger  der  allite- 
ration  gefordert  wird ;  oder  dass  es ,  dem  vorhergehenden  zwar  entbehr- 
lich ,  vom  nachfolgenden  durch  das  betonungsgesetz  zurückgewiesen  wird. 
Dies  geschieht  aber  dann  wenn  es  nicht  alliteriert:  es  kann  ohne  zu 
alliterieren  den  halbvers  nicht  beginnen.  Es  bleibt  der  fall  übrig ,  dass 
das  nomen  jedem  der  beiden  halbverse  entbehrlich ,  aber  auch  in  jedem 
zulässig  ist,  im  vorhergehenden  durch  grammatische  Verbindung,  im 
nachfolgenden  durch  alliteration.  Lesen  wir  z.  b.  Hei.  513  tior  endi 
antahtoda  wiwtro  an  iro  ireroldi,  so  ist  die  teilung  nach  ivintro  rich- 
tig, nur  nicht  schön;  aber  die  teilung  vor  wintro,  die  das  eben- 
mass  herstellt,  ist  nicht  minder  denkbar.  Keine  wähl  gestattet  dage- 
gen ein  fall  wie  thes  godes  bames  ward  te  getrummieiine  3903  fg. : 
toord  te  getrummienne  ist  ein  unzulässiger  halbvers,  nur  ward  te 
gefrummienne  erlaubt.  Ebenso  wenig  findet  ein  zweifei  räum  bei  54 
fioindMO  liudiun  farlivoan  rikeo  m^sta.  294  fg.  thes  Vilawcidon  kraft 
hSlag  fan  himile.  416  fg.  ahnuMigna  gad  swido  werdliko.  878  hetan- 
fiki  i$  ginähid  manna  bamun :  es  kann  nur  nach ,  nicht  vor  farlivoan, 
kraft,  gad,  ginähid  geteilt  werden. 

Häufiger  kann  man  zweifeln,  auf  welche  seite  ein  verb  zu  wei- 
sen sei ,  da  dieses  auch  ohne  zu  alliterieren  den  halbvers  beginnen  kann. 
Hier  ergibt  sich  das  princip  fQr  die  teilung  gleichwol  sehr  einfach.  Da 
man  einen  syntaktischen  grund  zum  pausieren  nicht  hat,  so  pausiert 
man  nicht  früher  als  die  erste  hebung  des  nächsten  halbverses  sich 
ankündigt,  sei  es  unmittelbar  vor  ihr,  oder  vor  der  tonlosen  ersten 
Silbe  des  wertes,  das  sie  enthält,  oder  vor  solchen  unbedingt  prokliti- 
schen  Wörtern ,  die  sich  durch  keine  pause  von  ihr  trennen  lassen.  Man 
hat  eben  dann,  aber  auch  sonst  in  keiner  weise,  einen  metrischen 
grund,  der  in  ermangelung  des  syntaktischen  die  pause  rechtfertigt. 
Wolte  man  sagen,  auf  diese  weise  könten  ungebührlich  lange  halbverse 
entstehn ,  so  bürgt  dagegen  allerdings  nur  das  ohr  des  dichters ,  das  ja 
möglicher  weise  seine  Schuldigkeit  nicht  tut;  aber  man  gerät  in  eine 
unkfinstlerische  Willkür,  sobald  man  sich  erlaubt  in  solchem  fall  aufs 
geratewol  das  metrische  gleichgewicht  herzustellen.  Man  hat  also  zu 
teilen:  Aghwtedres  sceal  \\  seearp  seUdtoiga  Bw.  287.  fä  ic  turäum 
weold  I  talce  Deniga  465.  and  an  geagade  heold  \  ginne  rice  466. 
Henum  eailum  tvearä  \\  eeasterbüendtMn  767.  se  ße  manna  wess  \  m^- 
gene  strengest  789.  paä  his  ealdres  was,  \  ende  gegangen  822.  ward 
oder  fand  \\  sade  gebunden  870.    tda  ßcbra  waes  \\  wera  and  wifa  992. 


▲LT8.  UND  AGB.  VBB8KTJN8T  39 

Iteadördesas  yecUd  \\  mearum  a)%d  mädmum  1047.  umj/nnum  wearä  •; 
beXoren  leöfum  1072.  Are  jSbghwyk  sceal  \  ende  gebidan  1386.  iLceg 
(eresta  geseah  \  Acorc  sceado  Gen.  133.  ncorarna  wong  stod\\gdd  and 
gästUc  208.  that  y^erod  oitar  hed  \\  umbi  thana  nlah  fitan  Hei.  103. 
etidi  the  kunifig  setho  giböd  \\  sm^  ho/rdliko  630.  tho  gifragn  ik  that 
fhär  thero  Idisio  quam  \  öder  gangan  4066.  Ob  aber  auch  6n  himü- 
riki  gibid  he  \  hIIuh  tJieodun  3509V  ich  zweifle:  durch  die  inversion 
wird  das  verb  in  eine  art  proklise  zu  dem  nachfolgenden  satzteil 
gebracht,  die  durch  den  vers  nicht  gut  getrent  werden  kann.  Ob  das 
verb  vor  der  metrischen  pause  in  hebung  oder  Senkung  stehe,  darauf 
komt  nichts  an.  Unter  den  gegebenen  beispielen  sind  mehrere,  wo 
man  ihm  die  hebung  nicht  zugestehn  kann;  man  betrachte  zu  ihrer 
Unterstätzung  folgende,  in  welchen  die  metiische  pause  durch  die  syn- 
taktische zweifellos  gegeben  ist:  ^egn  n^tte  beheöld  Bw.  494.  ledht 
edstan  com  569.  Araca  moräre  sweaU  892.  heim  storme  tceol  1131. 
heal  stvege  onfeng  1214.  hond  stvenge  tie  ofleäh  1520.  gode  ie  pdnc 
secge  1997.     g(ßst  yrre  cwom  2073. 

Selten  bei  angelsächsischen  dichtem ,  häufiger  in  dem  wortreichen 
Heliand  findet  sich  ein  ad  verb  in  so  zweifelhafter  läge;  es  gilt  dann 
dieselbe  erwägung  wie  beim  verb.  Also  sivylce  he  jfryäUcost  6wer  ||  teor 
oäde  fieäh  Bw.  2869.  thai  thü  thinan  holdan  skalk  nü  hinan  \  hwer- 
ban  Idtäs  Hei.  482.  listiun  talda  tho  \\  the  nido  man  an  them  aiaha 
492.  that  thü  that  hilaga  bam  eft  \\  te  thesum  landske^  708.  the 
thes  yrihas  thär  \  wardön  skoldun  814.  bi  thSm  \irun  tho  \  Yiudi  toän^ 
dun  904.  Die  sache  wird  nicht  verändert ,  wenn  es  zwei  oder  gar  drei 
adverbien  sind :  giwitun  im  tho  eft  thanan  ||  fon  Hlerusalem  832.  ni 
welda  an  is  hindiski  tho  noh  \  i$  hraft  mihil  840.  ne  wdda  {hero 
iudeono  thuo  leng  \  gdpes  horian  3956.  Das  steigernde  adverb  aber 
wird  man ,  ohne  metrische  notlage ,  seiner  naturgemässen  proklise  über- 
lassen: endi  an  is  hi^gi  thähta  \\  stvido  gemo  te  gode  236,  obgleich  es, 
in  hebung  gestellt,  sich  von  seinem  beziehungsworte  durch  die  satz- 
pause auch  trennen  lässt :  tho  ward  im  is  hugi  sunSo  \\  hUäi  an  is 
hreostun  473.  Ebenso  P(ir  vor  präpositionaladverbien :  man  würde  tei- 
len mid  his  et^gum  \  pdr  on  tclätäde,  obgleich  mid  eägum  ßdhr  on 
wlätade,  wie  Cr.  327  zu  lesen  steht,  oder  hü  eädige  pdr  Jkppe  sittaä 
Sat.  647  nach  J^eer  geteilt  werden  muss,  damit  das  erste  hemistich  dem 
mass  genüge. 

Oberaus  häufig  ist  der  fall,  dass  verbe  und  auch  adverbien  dem 
vorangehenden  von  zwei  halbversen  als  träger  seiner  zweiten  hebung 
notwendig  sind  und  aus  diesem  gründe  schon  nicht  zum  folgenden  gezo- 
gen werden  können :   syääan  Arest  wearä  ||  teäsceafl  tunden  Bw.  6. 


40  RIRÜER 

ßdfn  ea/era  ivres  \  TS^fto'  cenned  12.  ponc  god  stmle  \\  folce  fo  frofrc  13. 
äledon  J)ä  |  Icöfiic  peodcn  34.  scoMe  GrendcJ  pmian  \\  tcorhscoe  tleön 
810.  ponc  pe  (ircfideJ  rer  \\  wuh^  äctvealde  1054.  ^lon  sJcoldun  \\  an 
httoh  sicrtban  Hei.  13.  ]andea  skoldi  \\  \S'tddst  giy^'oldan  44.  muii 
quad  that  sie  ^liumo  herod  \\  an  is  hodsiepi  137.  endi  tJiea  is^ardos 
thär  II  bitcftg  an  thetn  telda  302.  Schon  die  analogie  dieser  fälle  rät 
zu  gleicher  behandlung  derjenigen  ^  wo  verb  oder  adverb  zur  metrischen 
Vollständigkeit  den  halbverses ,  an  dessen  ende  sie  stehn ,  nicht  erforder- 
lich sind.  Es  versteht  sich  aber,  dass  die  gewohnheit  mit  ihnen  den 
halbvers  zu  schliessen  den  dichter  nicht  hindern  kann,  die  metrische 
pause  vor  ihnen  eintreten  zu  lassen,  wenn  sie  die  alliteration  des  fol- 
genden halbverses  liefern  oder  doch  verstärken,  da  die  alliteration 
obenso  gut  wie  die  satzpause  zur  begrfiudung  der  metrischen  pause 
dient.  Ebenso  richtig  wie  häufig  sind  daher  fälle  wie  die  folgenden: 
Mniod  derdage  \\  eodc  eOfia  sum  Bw.  1311.  swä  liine  ft/rndagum  ] 
y^orMe  Ufopna  siniä  1451.  dr  he  ponc  grundwong  \  ongitan  niehfe 
1406.  of  eordsele  |  iV  gescced  2515.  pe  htm  sc  eorddraca  \  lur 
gewofide  2712.  Man  skoldi  \\  Yferdan  an  thesero  wcfoldi  Hei.  124. 
hwo  sea  iro  giXöhon  sktdin  \\  haldaji  thurh  hlutfran  hugi  807.  ifaldan 
dcoldi  II  glo  te  iwan  daga  585.  hwan  er  sea  gisawin  6$tana  |  u;/  St- 
adion 504;  anstössig  ist  aber  die  teilung  fh<it  gi  thesoro  Yferoldes  nü 
ford\\shdun  mit  wesan  1362,  weil  skiUun  nicht  alliteriert.  Ja  die 
alliteration  beweist  bei  diesem  verfahren  sogar  mehr  kraft  als  die  satz- 
pause,  die  vor  der  apposition  stattfindet:  denn  das  verb,  das  prädica- 
tive  nomen  und  das  adverh^  kaim,  wenn  es  mit  der  apposition  allite- 
riert ,  von  dieser  in  ihren  halbvere  herübergezogen  werden :  p^-  pä 
godan  twegen  \\  sMon.  %ulitorgeffedcran  Bw.  11G3.  pä  Jxet  hildebil  J! 
fbrhearn,  Jurogden  mdl  1666.  ic  pis  gid  hi  pe  \\  äwrtec,  Y^intrmn  frod 
1723.  pä  w<ps  ml  rand  manig  \\  ho/en,  lunida  fcesf  1280.  tho  warft 
sän  aflarthiumahtgodes\\gikMid,  is  km/*/  tnikil  Hei.  102.  si46r  ik 
nwsta  ihesa^  frlo  follces  ||  gi'waldan,  thesas  yfidon  rtkeas  550.  that  sie 
thai  berAto  lioht  ||  gimliin,  sinsköni  3637.  so  hwe  so  that  men  forlä- 
tid  II  gemo,  thes  granwn  afhbusni  000.  tho  sinak  eft  fhc  landes  ivard^ 
angegin,  the  godes  sunu  3248.  ak  was  thär  rrerodes  s6  ßu  \\  nnibi, 
erlskepi  4227.  Andrerseits  muss  man  auch  hiebei  eingedenk  sein,  dass 
eine  zuftllige  alliteration,  wo  der  vers  sie  nicht  verlangt,  mit  leichtigkeit 
überhört  wird:  z.  b.  hwcedere  he  his  tolme  forlef  ||  tö  lifwradc  Bw.  000, 

1)  Also  da»  prädicat  jeder  art,  nicht  aber  darum  da8  den  casus  der  appo- 
sition regierende  nomen:  VLcrescüditgal'hetst,  headorinca  Bw.  1106.  ffh  he  (eor* 
mendra  \\  lyt,  Ufgendra  6i  m.  wy.  30  sind  unzulässige  teilungeii. 


ALTS.   UND   AG8.  VERSKTTNST  41 

WO  durch  herüberziehen  des  alliterierenden  verbs  da»  gesetz  des  haupt- 
Stabes  verlezt  würde;  oder  trcwa  sind  so  g6da\\gumono  gelimlikumu 
Hei.  2490,  wo  das  un verhältnismässig  dürftige  hemistich  trewä  sind 
dadurch  entstünde. 

Bei  dem  prouom  wird  die  anwondung  des  grundsatzes  durch 
die  rücksicht  beschränkt ,  die  man  der  proklise  zu  dem  beziehungsworte 
schenken  muss.  Es  wird  keinem  einfallen  zu  teilen  päfr  wces  %tvylcra 
fela  in  pmn  |j  ooräscroffe  Bw.  2231:  es  wäre  auch  unmöglich,  weil 
ewäscrcefe ,  wie  sich  später  zeigen  wird ,  ein  unrichtiges  hemistich  wäre. 
Aber  auch  wo  eine  solche  teilung  aus  metrischen  gründen  zulässig  und 
wo  sie  minder  widerstrebend  ist  als  in  diesem  falle,  wird  man  sie 
ohne  metrische  notlage  besser  nicht  zugestehn ;  man  wird  vielmehr  tei- 
len fces  pü  mundböra  \  niinum  magqpegnum  1480.  etirßälice  \  Mora 
Aghwtßdrum  1632.  fiedh  pe  Mer  \  his  ehldre  gelohte  2481.  pönne 
we  gehiton  \  üssum  hläförde  26:j4.  and  ße  al^se  |  of  pissum  leoäuben- 
dum  Andr.  100.  pM  he  on  gealgan  \  his  gast  onsende  1329;  ne  eart  pü 
pon  leofra  |  ndmegum  lifigendra  R.  d.  S.  52 ;  endlich  auch  "pt/s  dogor  \ 
pu  gejfyld  hafa  Bw.  1396:  denn  proklitisch  wird  sich  der  dem  verb  als 
subject  vorangehende  nominativ  des  Personalpronomens  auch  dann  verhal- 
ten ,  wenn  er  von  dem  verb  getrent  ist.  Dagegen  wird  man ,  wo  keine 
grammatisch  bedingte  proklise  stattfindet,  analog  wie  bei  verb  und 
adverb  teilen  ptet  ic  Anigra  m^  ||  rreana  ne  yf6nde  Bw.  932.  Hwalda 
pec  II  göde  forgylde  955.  pä  se  peoden  mec  \  'pine  life  2131.  pat  ic 
his  lens^  pS  I  efi  gestegde  2157.  hü  pä  tolc  mid  him  \  tähäe  towektan 
2948.  mta  'kiasan  imu  ödrana  \\  niudsamna  namon  Hei.  223.  wd 
skdU  thü  sie  \\  hoUEan,  hSlagliko  327.  endi  trägoda  sie  \  tiritmäiko  815. 
newan  {hat  sia  tiori  te  thiu  ||  thum  liraft  godes  16;  sowie  man  der 
metrischen  Vollständigkeit  des  vorangehenden  halbverses  wegen  teilen 
muss  ne  scecd  pcer  Ayme  sum  \\  iresan  p<es  ic  irene  Bw.  271.  gen  is 
est  cet  pi  \\  lissa  gelong  2149.  hw<et  hü  i^r  on  pS  \\  göde  begeälon  2248. 
peah  pe  hläford  üs  \\pis  ellentoeorc  2642.  Ob  indes  diese  teilung  auch 
dann  immer  das  rechte  trifft,  wenn  durch  sie  das  pronom  nichts  wie 
in  allen  bisher  gegebenen  beispielen,  zum  träger  der  hebung  gemacht 
wird,  oder  ob  das  in  Senkung  bleibende  pronom  nach  der  seite  neigt 
wo  das  verb  ist ,  lasse  ich  dahingestellt ;  mir  erscheint  wenigstens  die 
teilung  vodera  rddend  \  hit  on  riht  geseid  Bw.  1555.  pcst  pä  t^lde- 
cean  \  hp  eft  gemetton  2592.  godfremmendra  j  stvyleum  gifeäe  bid  299. 
unirliee  \  pat  Agan  sceal  Gen.  2250  als  die  natürlichere. 

Jedesfalls  kann  das  pronom,  wie  das  adverb,  von  seinem  bezie- 
hungsworte durch  die  metrische  pause  nur  dann  getrent  werden,  wenn 
es  in  hebung  steht:  ponne  Mm  god  heora  ||  dkta  and  tetwist  Gen.  1207. 


42  RIKGEB 

lefigest  pissa  \\  loorulddreänia  Weäc  1219.  Iteo  wtde  hire  \  ydillan  soMe 
1455.  p(Bt  ic  vionnum  pds  \\  Wetre  tjelreste  1541.  pä  im  vAmc  heora  j 
yfuldorftesUhO  wlite  2190.  Vfyrd  aßer  pissum  \  vrordgemearcum  2355. 
gewU  pCi  nergean  pin  \\  tem'h  toldwege  2509.  pect  wif  htre  \  rrordum 
sdfa  2648.  'hcnpad  to  ptkre  \  Yieän  hyriy  Dan.  38.  gif  ge  loillaä 
minre  \  mihfe  gdyfan  Sat.  251.  trefra  phie  \\  mcecgas  on  mode  Andr. 
461.  ofi  galgan  Ms  |  gast  onsmde  £1.  480.  sind  in  hocum  his  \\  Vfut^ 
dor  pä  Id  is'orhte  826.  hwcet  midan  pd  \\  ginimas  swä  segne  Cr.  694. 
Pißt  pü  nwste  gcsäflig  mincs  \\  Melnces  1461.  hl  him  sylf  hyra  \\  onsgn 
ywdofi  Guthl.  113.  ne  tcene  p<BS  Vduig  \  mlda  cgmies  Phoeu.  546.  ni 
inag  thär  taran  entg  |  thegno  thurh  tluit  ihiustri  Hei.  3386.  was  thär 
ok  bi  sinon  \  ^undion  giheftid  5403. 

Der  dichter  des  Beowulf  jedoch  meidet  mit  feinerem  gefühl  diese 
trennungy  wenn  das  in  hebung  stehende  prouom  —  ein  adverb  in  sol- 
chem falle  komt  bei  ihm  nicht  vor  —  nicht  zugleich  alliteriert.  Er 
trent  daher  niemals  durch  den  versschluss,  weil  das  in  letzter  hebung 
stehende  pronom  nicht  alliterieren  darf.  Er  trent  auch  in  der  cäsur 
nicht  gern  das  voranstehende  pronom:  peei  keö  on  miigne  \  eorl  gelyfdt 
627  ist  das  einzige  sichere  beispiel  dieser  art,  das  ich  mir  bemerkt 
habe;  wes  pü  mundbora  minum  \  magopegnum  1480  ist  vielleicht  ein 
zweites,  aber  eben  so  richtig  liest  man  wes  pü  mundb&ra  \  minum 
mayopegnum;  gif  him  'pyslicu  \  J^earf  gesäide  2637  vielleicht  ein  drit- 
tes, wenn  nicht  pyslic  zu  jenen  pronomen  gehört,  die  unter  allen 
umstanden  adjectiveu  gleich  wiegen.  Dieser  dichter  stellt  vielmehr  ent- 
weder das  pronom  dem  beziehungsworte  nach:  far  pan  hie  magnes 
craft  I  minne  cüdon  418.  pcet  hl  for  mundgripe  \  minum  scolde  965. 
gif  ic  (et  ^earfe  \  ^inre  scolde  1477.  siddan  he  modsefan  \  minne 
cüäe  2012.  to  pces  pe  he  eordselc  \  &nm  wisse  2410 ;  oder  er  unter- 
bricht die  Verbindung  des  vorangehenden  pronoms  mit  dem  beziehungs- 
worte durch  werte  oder  ganze  hemistichien :  minne  gehyrad\\  Anfealdnc 
gepöht  255.  ic  pe  sceai  mine  geldstan  \\  treöde  swä  unt  turäum  sprd- 
con  1706.  p(ßr  wces  ^ivylcra  fela  \\  in  pcbm  e^dscrtefe  |  Bbrgestreöna 
2231.  ponne  min  sceaced  \  11/'  of  lice  2742.  mm  aldUm  \\  lif  and 
leodscipe  2750.  minne  bebohte  \\  trod  teorhlege  2799.  Man  sieht,  er 
zieht  die  erste  dieser  weisen  bei  der  trennung  durch  die  cäsur  vor,  die 
andere  bei  der  trennung  durch  den  versschluss;  auch  ist  im  letztern 
falle  die  erste  nur  bei  zusammengesetzten  Wörtern  oder  bei  attributiven 
und  genetivischen  Wortverbindungen,  in  welchen  das  nachfolgende  wort 
sich  enklitisch  verhält,  anwendbar,  z.  b.  gumc^nnes  \\  gehwone  oferhi- 
gian  Bw.  2765.  wilde  ctdufran  ||  kne  sende  Gen.  1477.  ponne  ic  scm/- 
bogan  ||  minne  iewe  1540.     Es  versteht  sich  von  selbst,   dass  beide 


AIiTS.  UND   AGS.   VEBSKUNST  48 

weisen  auch  den  andern  dichtem  geläufig  sind,  besonders  die  zweite. 
Sie  überwiegt  im  Heliand  so  sehr ,  dass  sie  z.  b.  unter  allen  bei  Schmel- 
1er  verzeichneten  fallen  des  possessivs  min  11  mal  vorkomt,  während 
die  erste  sich  nicht  einmal  angewant  findet. 

Trent  die  metrische  pause  die  attributive  oder  genetivische  Ver- 
bindung eines  nomens  mit  einem  andern  nomen,  so  kann  es  nicht 
ausbleiben,  dass  beide  alliterieren:  denn  dem  zweiten  kann  der  reim 
nicht  fehlen,  weil  es  das  vorderste  nomen  in  einem  halbvers  ist,  dem 
ersten  nicht,  weil  es  sonst  das  vom  betonungsgesetz  geforderte  über- 
gewicht über  das  ihm  folgende  nomen  verlieren  würde.  Die  beispiele  sind 
zahlreich :  p<Bt  he  ^ritiges  \\  manna  mcegeticrceß  Bw.  379.  ic  eom  Bige- 
läces  II  mdg  and  magupcgn  407.  pcet  pas  tJddcan  ||  hlodge  headufolme 
989.  ponne  h£  Urodgäres  \  heorägeneätas  1580.  icpS  j^senda  \  ^egna 
bringe  1829.  hafad  y^islku  \  vford  on  fadme  Ex.  526.  pomie  sio 
reäde  |  rod  ofer  eaUe  Gr.  1102.  and  on  pone  ekdgan  \  Bndwlitan  swä 
some  1123.  bi  fhiti  skal  ik  iu  nü  te  'wärun  \  wordun  gibeodan 
Hei.  1518.  nü  skalt  thü  hia  an  k^gypteo  ||  \and  antlidean  704.  Nur 
dann ,  wenn  dem  ersten  werte  bereits  ein  attribut  oder  ein  genetiv  vor- 
ausgeht und  diesem  lezteren  also  bereits  der  reim  nicht  fehlen  darf,  kann 
das  wort  selber  reimlos  bleiben:  leofes  nwnnes  \  \w  eall  farswealh  Bw. 
2080,  wie  auch  innerhalb  desselben  halbverses  leofes  monnes  lic  vollkom- 
men richtig  wäre.  Entschuldigung  verdient  nü  is  leodum  wSfi  \\  orleg- 
hmle  2910,  weil  die  redensait  me  is  wen  so  gut  wie  ein  unpersönliches 
verb  =  ic  wene  ist ,  in  welchem  der  substantivbegriff  gewissermassen  ver- 
sinkt. Nur  ein  scheinbarer  fehler  ist  was  man  Bäts.  55 ,  3  liest :  \iöf  his 
ägen  \\  hraegl  hondum  up,  denn  es  ist  kein  anstoss  dabei  wenn  man 
teilt  ho f  his  dgen  hrcegl  \\  hondum  up:  weder  wird  die  alliteration  des 
enklitischen  hr<Bgl  vernommen,  noch  ist  hondwn  üp  ein  unzulängliches 
hemistich.  Aber  wirklich  fehlerhaft  und  ein  z<^ichen  gesunkener  kunst 
ist  was  ich  aus  der  Genesis  verzeichnet  habe:  mon  wtjes  to  godes  \\  anJtc- 
nesse  1528;  fehlerhaft  wäre  auch,  wenn  es  glauben  verdiente ,  das  ein- 
zige beispiel  dieser  art  aus  dem  Beowulf  gemunde  pä  se  goda  ;  mdeg 
Higdaces  758:  aber  wer  in  ähnlicher  structur  sonst  inmier  richtig 
sagte  ac  hine  se  modega  \  mdbg  Higeläces  813.  gepenc  nü^  se  mcbra  \ 
maga  Healfdenes  1474.  sona  mi  se  rskdbra  \  maga  Healfdenes  2011. 
sona  htm  se  tröda  \  toeder  Ohtheres  2928,  der  kann  das  eine  mal  nicht 
so  gefehlt  haben^  und  man  darf  mit  Zuversicht  modega  für  goda  emen- 
dieren. 

Die  unbestimten  quantitätsbegriffe,  von  denen  wir  sahen, 
dass  sie  voranstehend  nicht  notwendig  die  alliteration  an  sich  ziehen, 
tun  es  natürlich  auch  vor  der  metrischen  pause  nicht:  and  hine  jmb 


44  RIE0BR 

mönig  \\  ündlic  ^cerinc  687.  ftcbt  fuefre  (Brendel  swä  fela  \  gryra  gefre- 
niede  591.  \}old(lc  dr  ßla\\hmhdgenidt(i  1525.  7i^  fticeg  ^der  fiäa\\ 
freomla  fhulan  1837.  iie  nie  %w{yr  fcla  \\  3uta  on  nnriht  2738.  thoh  sie 
her  ni  willie  farfutandan  fdu  ||  Vferodes  an  thcsaro  wostunni  Uel.  934. 

Dass  die  metrische  pause  zwischen  die  präposition  und  ihren 
casus  fallen  könne,  muss  ich  auch  nach  Bugges  Widerspruch  (diese 
zschr.  4,  194)  wenigstens  für  den  Beowulf  in  zweifei  ziehen.  Ich  mache 
darauf  aufmerksam,  dass  das  einzige  beispiel  135,  das  in  diesem  werke 
sich  zu  finden  scheint,  auch  aus  einem  andern  gründe  anstössig  ist. 
Efl  gefreniede  \\  morSbeala  märe  \  and  no  meam  fore  ||  tdhäe  and  fyrene 
ist  nicht  poetisch  stilisiert:  der  dichter  wird  nicht  leicht  zwei  vollstän- 
dige Sätze  mit  prädicat  und  object  durch  und  verknüpfen,  sondern  ent- 
weder das  neue  prädicat  oder  das  neue  object  in  apposition  zu  dem  des 
ersten  satzes  stellen,  hier  also  efl  gefretpiede  moräbeala  inarc  and  no 
meam  fore,  fckhSe  a^nd  fyrene;  man  vergleiche  wie  dieselbe  apposition 
153.  879.  2480  angebracht  wird.  Hat  die  Genesis  1032  einen  solchen 
fall  oAemest  nt^  fr  am  Augwte  i  and  ädrifest  from  ||  earde  nivnum^  so 
ist  es  nicht  der  einzige  beweis  eines  stumpferen  kunstgefUils ,  das  ihr 
dichter  gegenüber  dem  des  Beowulf  ablegt;  aber  ich  muss  gestehn 
dass  mir  die  widerholung  des  from  in  demselben  verse  den  zweifei 
erweckt,  ob  nicht  der  dichter  beim  zweiten  male  vielmehr  das  so  nahe 
liegende  feor  gebraucht  habe,  vergl.  1038  pec^  pü  trovn  scyle,  \\  treo- 
mägum  fear  \  täh  gemtan.  1053  ttedergeardum  fear.  Noch  weniger 
bedeutet  für  den  Beowulf  ein  beispiel  aus  dem  Boethius;  aber  für  die- 
sen selbst  kann  ich  nicht  einmal  anerkennen  was  wir  24^  9  lesen  feäe- 
rum  laean  \  feor  up  ofer  \\  yfcicnu  irindan.  Hier  steht  nämlich  die 
Präposition  nicht  einmal  in  hebung,  was  doch  durchaus  nötig  wäre,  um 
sie  ihrer  natürlichen  proklise  zu  entnehmen.  Es  ist  kaum  eine  emen- 
dation  zu  nennen,  wenn  man  liest  fear  uppe  \  ofer  yrdcnu  windan. 
Ein  andres  scheinbares  beispiel  findet  sich  im  selben  werke  21,  2  tun- 
die  to  Wpdm  icum  gode,  denn  fundie  »  ßindige  genügt  für  ein  hemi- 
stich ,  und  der  herausgeber  hat  ohne  not  die  präposition  herübergezogen. 
Indessen  würde  es  bei  diesem  dichter  nicht  überraschen,  die  präposi- 
tion ,  die  er  vor  folgendem  nomen  die  alliteration  auf  sich  ziehen  lässt, 
auch  in  hebung  vor  der  metrischen  pause  vorzufinden ,  und  es  begeg- 
net in  der  tat  lange  hetweox  \  \yfte  and  rodere  24,  13.  Andere  bei- 
spiele  gibt  es,  wenn  mir  nichts  entgangen  ist,  weder  hier  noch  sonst; 
es  wäre  denn  in  den  psalmen,  wo  so  ziemlich  alles  möglich  ist. 

Conjunctionen,  die  den  satz  eröffnen,  und  interjectionen 
sind  schon  wegen  der  syntaktischen  pause,  die  ihnen  unmittelbar  vor- 
ausgeht, nicht  in  der  läge,   durch  den  versschluss  oder  die  cäsur  von 


ALTS.   UND   AOS.   VERSKÜNST  45 

den  Sätzen,  die  sie  eröffnen,  getrent  zu  werden,  ausser  etwa  nach  sol- 
chen kurzen  hauptsätzen ,  die  kein  ganzes  hemistich  für  sich  iii  auspruch 
nehmen.  Aber  ich  habe  auch  von  dieser  art  kein  beispiel  bemerkt, 
ebenso  wenig  wie  ein  beispiel  von  und,  oder,  noch  am  Schlüsse  eines 
halbverses.  Man  stelle  sich  vor,  dass  es  in  den  oben  beigebrachten 
beispielen  der  metrischen  pause  nach  fragendem  Pronominaladverb  ic 
ne  'wät  hwider  \  atol  dse  wlanc  Bw.  1331  und  gif  ic  wiste  hü  \\  mä  päm 
agldecean  2519  statt  hwidef*  und  hü  vielmehr  Messe  hwieäer^  \mi  pcet; 
die  abstracto  bedeutung  dieser  partikeln  würde  nicht  so  gut  wie  die 
sinliche  von  htaider  und  hü  der  aufgäbe  die  bebung  zu  tragen  gewach- 
sen sein. 

Zu  einer  schönen  Wirkung  ist,  wie  in  aller  stichischen  poesie, 
erforderlich,  dass  die  metrischen  glieder  mit  den  syntaktischen 
in  freiem  Wechsel  bald  zusammenfallen,  bald  sich  kreuzen.  In  freiem 
Wechsel  also  wird  die  metrische  pause  bald  durch  eine  satzpause,  bald 
mitten  im  satze  durch  den  eintritt  des  Stabreimes  herbeigeführt,  und 
es  würde  unangenehm  auffallen ,  wenn  in  einer  reihe  von  versen  jeder 
versschluss  oder  jede  cäsur  oder  gar  jeder  versschluss  und  jede  cäsur 
mit  einer  satzpause  zusammen  fiele.  Ebenso  müssen  aber  auch  die 
grösseren  satzpausen,  nach  denen  gedanke  und  periode  neu  anhebt,  in 
einem  freien  Wechsel  bald  mit  dem  versschlusse ,  bald  mit  der  cäsur 
zusammen  treffen.  Eine  längere  reihe  von  versen ,  in  welcher  sie  durch- 
weg mit  dem  vei*sschlusse  zusammen  träfen,  würde  den  eindruck  der 
lahmheit,  eine,  in  der  sie  durchweg  mit  der  cäsur  zusammen  träfen, 
den  der  ruhelosigkeit  machen.  Fiele  regelmässig  nach  einer  zahl  verse, 
die  nicht  zu  gross  wäre ,  um  im  ohr  behalten  zu  werden ,  eine  grössere 
satzpause  in  einen  versschluss ,  so  entstünde  strophische  statt  der  sti- 
chischen gliederung.  Notwendig  ist  dieses  zusammenfallen  am  ende 
eines  zum  zusammenhängenden  vertrag  bestimten  abschnittes:  ein  sol- 
cher kann  nicht  mit  einem  halben  verse  schliessen,  der  neue  nicht  mit 
einem  halben  anfangen,  deren  verknüpftmg  durch  den  Stabreim  dem 
ohr  des  hörers  notwendig  verloren  ginge.  Dass  die  in  der  Londner 
handschrift  des  Heiland  bezifferten  abschnitte  so  oft  (19  mal  auf  71)  in 
der  cäsur  aufhören  und  anfangen,  beweist  dass  der  urheber  dieser  ein- 
teilung  das  werk  bereits  als  gegenständ  des  stillen  lesens  betrachtete; 
womit  es  übereinstimt,  dass  der  abschnitt  so  oft  mitten  in  einem  unzer- 
reissbaren  Zusammenhang  der  erzählung  gemacht  wird.  Der  dichter 
selbst  hat  ohne  zweifei  sein  werk  für  den  mündlichen  vertrag  eingeteilt 
und  keinen  dieser  misgriffe  begangen. 

1)  So  st<»ht  wirklich,  aber  ninlos  in  der  han«lHchrift. 


46  RIBGBB 

VI.    Von  der  hebiing. 

Die  hier  in  betracht  kommenden  begriffe  der  quantität  sind  keine 
andern  als  die  in  der  hochdeutschen  verskanst  gelten;  nur  versteht  es 
sich  von  selbst,  dass  in  den  mundarten,  die  bei  der  ersten  lautver- 
schiebung  stehn  geblieben  sind ,  p  Je  und  f  einfache  laute  sind  und  keine 
Position  bewirken. 

Das  feste  gerüst  des  halbverses ,  sein  wesentliches  und  sich  gleich 
bleibendes  element  sind  die  beiden  hebungen ;  die  zufallige ,  willkürliche 
lynkleidung  des  gerüstes  ist  die  Senkung,  die  als  auftact  den  halbvers 
beginnen  und  nach  jeder  hebung  eintreten  kann.  Qanz  ohne  den  gegen- 
satz  der  Senkung,  nur  aus  den  beiden  hebungen,  aus  zwei  silben 
also  kann  der  halbvers  nicht  bestehn,  und  die  seltnen  beispiele.  die 
man  dafür  beibringen  könte,  müssen  aus  Verderbnis  des  textes  erklärt 
werden.  Die  beiden,  die  der  Beowulf  liefert,  tkrgöd  1329.  hreds  bldc 
2488  werden  von  den  herausgebern  mit  recht  durch  naheliegende  ergän- 
zungen  beseitigt;  eine  solche  hat  Grein  auch  zu  pröhfJiedrd  Andr.  1141 
gebilligt,  dagegen  Ex.  118  die  wahrhaft  unvenneidliche  hdr  hcedfstapa] 
unterlassen.  Wedrm  Um  lautet  ein  hemistich  an  einer  unverständlichen^ 
sichtlich  zerrütteten  stelle  Rats.  5,  7;  feor  üp  Boeth.  24,  9  vermeidet 
der  herausgeber  durch  die  üble  teilung  fear  üp  ofet'  \\  toolcnu  windan, 
wofür  ich  mit  leichter  änderung  feor  tippe  vorschlage. 

Unzulässig  sind  aber  auch  hemistichien  wie  földögan  Dan.  528 
(lies  [frome]  folctogan).  spelbodan  Ex.  513  (lies  Ptyrde]  spelbodan 
nach  124).  firenfuU  Boeth.  15,  7  (lies  firena  fall)  und  die  vom  her- 
ausgeber mit  recht  ergänzten  ward  gödes  Hei.  2.  heritogo  765.  cuma 
fhin  1605.  iro  werk  5291:  denn  die  der  kurzen  silbe  nachfolgende 
beugungs  -  oder  bildungssilbe ,  sie  sei  selbst  lang  oder  kurz ,  wird  nicht 
als  Senkung  empfunden ,  sondern  gilt  mit  der  ihr  vorangehenden  kurzen 
einer  langen  gleich.  Mit  andern  werten:  zwei  verschleifte  silben,  wie 
man  sie  in  der  hochdeutschen  verskunst  genant  hat,  gelten  nur  für 
eine.  Ein  fernerer  fall  entsteht  wenn  man  Hei.  1362  richtig  teilt  tJuU 
gi  thesoro  'weroldes  nu  förä  sktdun  \\  mit  wesan;  ich  denke,  man  muss 
mit  wesan ,  %undigero  manno  als  ein  hemistich  lesen ,  wozu  das  zweite 
fehlt.  Nach  der  überlieferten  Schreibung  wäre  ß*a  feörum  Cr.  1693 
der  gleiche  fall  wie  heritogo:  aber  wenn  der  dichter^  wie  man  anneh- 
men darf,  noch  feorhum  ausgesprochen  hat,  ist  nichts  zu  bean- 
standen. 

Eine  minder  betonte  silbe  genügt  um  die  beiden  hebungen  als  solche 
erkennen  zu  lassen,  mag  sie  nun  der  ersten  hebung  vorausgehen,  mag 
sie  der  ersten  oder  der  zweiten  nachfolgen,  und  drei  silben,  worunter 


ALTS.  UND  AGB.  VBRSRÜN8T  47 

nicht  zwei  mit  einander  verschleif  bare  sein  dürfen,  sind  das  mindeste 
zulässige  mass  des  halbverses.  Beispiele  dieses  masses  finden  sich, 
wenn  man  die  mit  contrahierten  formen  gelten  lässt,  nicht  gerade  sel- 
ten; aber  da  der  dichter  henhan  iicähan  freätoan  Wcalhpeowan  fleohan 
feöJian  kann  gesprochen  liaben,  muss  man  solche  wie  Bw.  116.  528. 
629.  820.  1036.  1264.  1883  ausser  acht  lassen.  Auch  hat  in  gdn  386 
und  on  flef  gM  2034.  2054  beweisen  nichts,  weil  die  formen  gangan 
und  gangeS  hier  concurrieren.  Es  bleiben  nach  abzug  aller  dieser  im 
Beowulf  folgende  fälle  übrig:  ßtef^  trom  2525.  hord  tvid  rmd  2673. 
gumc^nnes  (da  das  folgende  gdiivoiw  dem  folgenden  hemistich  unent- 
behrlich ist)  2765.  Iieä  healle  (schwache  nebenform  zu  //m/,  nicht 
plural)  1926.  Einige  weitere,  gegmnn  för  1404.  fidcg  hetsta  947.  1759. 
ßegn  hetstan  1871.  grette  pd  652  gehören  wegen  der  möglichen  aus- 
spräche gegenum  (yetesta  pegen  gretedc  der  metrisch  gleichen  varietät 
mit  verschleiften  silben  an.  Aus  anderen  werken  habe  ich,  alle  con- 
trahierten formen  und  alle  zweifelhaften  lesarten  bei  seite  gelassen ,  fol- 
gende beispiele  angemerkt: 

1.  Die  Senkung  geht  voraus:  (in  v^'iht  is  Rats.  81,  1.  is  nü 
swd  Kl.,  d.  Fr.  24.  Ich  würde  liinzufügen  on  nptveg  Guthl.  1280,  wenn 
mir  nicht  1340  eRrdes  on  npivcg  die  Überlieferung  verdächtig  machte. 
Dieser  fall  wird  wenigstens  bei  compositen  sonst  ganz  vermieden. 

2.  Die  Senkung  folgt  der  ersten  hebung:  holmes  hlceüt  Gen.  1515. 
rincas  pg  1895.  rincas  pch  2031  (das^a,  das  bei  Grein  in  diesen 
beiden  fallen  als  auftact  vorausgeht,  ist  nicht  prouom,  sondern  adverb 
und  gehört  beide  male  als  lezte  hebung  zum  vorhergehenden  vei*se). 
^ära  Idf  2019.  Mer  Cham  1241.  fiem  and  Cham  1551.  Uhus  aml 
Cham  1617.  miriht  dön  Dan.  23.  hnrgc  ivcdrd  (Ms.  sinlos  loeardas) 
740.  Word  indrdf  Sat.  80.  lofsang  död  R.  d.  S.  69.  Jfc  gelic  Cr.  1431. 
J2«  and  nii  Andr.  489.  Ari/htnes  (Ms.  sinlos  dryhten)  üöm  1001.  wca/- 
des  trcoiv  Kr.  17.  vumhcorf  l^eön  Gnom.  87.  gJeomen  gied  167.  wiht 
wtes  nö  Rats.  22,  4. 

3.  Die  Senkung  folgt  der  zweiten  hebung:  min  toedldan  (Ms. 
sinlos  mim)  Gen.  2251.  ^icogemh  2551.  ftcr  Noes  1323.  earc  Nöes 
1423.  Ih  Ooß  Ex.  288.  werhedmas  486.  9blmihüg  Dan.  477.  ^ätdnas 
Sat.  371.  earccrnes  490.  meifh-i  Phoen.  668  in  den  schlussversen, 
deren  zweite  hemistichien  lateinisch  sind,  ntän  ^trdte  Andr.  775. 
vreecmdicgas  {hwearfum^  das  Grein  zu  diesem  hemistich  zieht,  muss 
dem  vorhergehenden  überlassen  werden,  weil  es  nicht  alliteriert)  Guthl. 
234.  oretfa  (man  muss  erst  nach  se  an  teilen,  statt  mit  Grein  dem 
vorhergehenden  vers   durcli    eine  ergänzung  zu  helfen)   372.     Judm 


48  aiBOER 

El.  837.  Ic  tUor  Rats.  41 ,  84.  vfald^ndre  (tvihty  von  Grein  hieher 
gezogen,  verlangt  der  vorhergehende  ver8  um  nicht  gegen  das  gesetz 
des  hauptstabes  zu  fehlen)  41,  87.  Hiofiinga  Boeth.  16,  7.  edc  siädan 
22,  41.  of  Irned  29,  32.  leöht  \yfte  29,  52.  ei^rUcipes  Sal.  11. 
HlMcho  201. 

Beliebt  war,  wie  man  sieht,  keine  dieser  drei  weisen;  der  Heliand 
liefert ,  glaube  ich ,  nicht  ein  sicheres  beispiel.  Ich  habe  notiert  a/  ivur- 
(tun  5817.  San  niorgan  5959,  beides  nur  von  der  Londoner  hand- 
schrift  bezeugt;  den  einen  fall  beseitigt  Heyne  durch  die  ergänzung 
[gijtouräun,  im  andern  hätte  er  getrost  sein  [an]  morgan  setzen  kön- 
nen. Mit  verschleiften  Silben  in  der  Senkung  liest  man  is  engilun  1087. 
nähida  thö  3672  und  vielleicht  mehr.  Häufig  jedoch,  auch  im  Heliand, 
sind  halbverse  mit  nur  einer  Senkung  und  verschleifteu  silbeu 
in  der  einen  hebung,  die  man  offenbar  gefälliger  fand  als  die  im 
strengen  sinne  dreisilbigen,  die  aber  metrisch  den  gleichen  wert  haben. 
Ich  kann  mich  hier  auf  beispiele  aus  dem  Beowulf  und  Heliand  beschrän- 
ken: 1)  on  geärddgum  Bw.  1.  of  teorwegum  37.  gnü)  mndflUe  507. 
on  Aeop  w<ster  509.  min  rünrnfa  1325.  ge  teor  Itdfad  1340.  ic  Itft 
hdfu  2150.  Ais  treumne  2438.  pat  mdgwine  2479.  of  hornbogan 
2437.  of  eordsele  2515.  ymbeode  pd  620.  an  gastseli  Hei.  679. 
an  irddgun  1046.  an  Jiwarf  vreros  4469.  Mit  verschleiften  silben 
auch  im  auftacte  iro  thiodgödc  789.  vianag  gest  faran  1015.  thana 
liudskdäon  1080.  2)  Aeädwic  se&n  =-  seohan  Bw.  1275.  llredd  cynhig 
2430.  ridend  swefei  2457.  f^rhleod  gceled  2460.  %lidmod  küning 
Hei.  703.  inund  hügis  1468.  sinß/*  sehan  1475.  menwerk  manag 
1705.  3)  ^eodcyninga  Bw.  2.  »dicf/ninga  2382.  hebanriki  Hei.  1143. 
godes  60  3456. 

Beide  hebungen  zugleich  lässt  man  indes  auch  bei  zwei-  oder 
mehrsilbigem  auftact  nur  dann  ohne  nachfolgende  Senkung,  wenn 
die  zweite  von  ihnen  aus  einem  einsilbigen  wort  oder  zwei  ver- 
schleiften Silben  besteht;  ausgeschlossen  sind  also  Zusammensetzun- 
gen wie  Beowulf  Von  der  ersteren  art  finde  ich  im  Beowulf,  von  bei- 
spielen  mit  gekürzten  formen  abgesehen,  nur  folgende:  and  on  hM 
dm  1166.  swä  sceal  man  don  1172.  1534.  peak  pe  hd  geong  si 
1832.    swä  sceal  mdg  don  2166;  in  der  Genesis^  swu  wü  him  btl  ta 

1)  p€Bt  is  mtd-edfitj  wie  Thorpc  667  liest,  ist  zweifelhaft,  da  Jnnius  iD  äber- 
einstimmang  mit  west  and  narä  275  suä  and  east  gelesen  bat.  Waldend  iisser  , 
hefde  yrordheöt  2761  ist  ein  bedenklicher  vers,  da  das  nicht  alliterierende  hafde 
eigentlich  zu  dem  ersten  hemistich  gezogen  werden  müste;  und  wanun  hätte  der 
dichter  sich  auf  wordbeöt  gesteift,  da  er  wordgeheot  und  %rofdJbeöUinge  zur  ruh- 
wahl  hatte? 


ALTS.   UND    AGB.  VERSKUNBT  49 

574.  swa  hrr  men  doä  1206.  on  geYreald  dm  1789;  in  andern  wer- 
ken: penden  w(f  ho*  heoä  Az.  89.  ponne  e^U  p-eö  Cr.  965.  ac  hy  tö 
%iä  doä  1568.  siädan  ic  \kp  wcox  Kl.  d.  Fr.  3  (doch  liegt  tip  äweox  zu 
nahe),  sioä  him  sio  etctn  bcäd  El.  378.  ne  synt  pä  word  soä  Boeth. 
2,  18.  swu  swä  \\w<M  dvä  13,  74.  M  pect  yrell  doä  19,  26.  swä 
swä  ea2  deä  20,  207.  peak  hi  ^ymn  don  F.  Icw.  70.  pcet  ic  «r  gedp 
Bäts.  24,  9.  prer  wit  iu  heöä  64,  5.  Mit  verschleifteu  Silben  liessen 
sich  die  beispiele  schon  vorhin  beliebig  häufen.  Es  können  auch  in 
beiden  hebungen  verschleifte  silben  stehn :  sced^y  Mm  VLeorot  (ms.  heort) 
ndnmn  78.  ne  milde  fktxoior  hceleä  190.  hwö  gihodan  hdbad  Hei.  1085, 
aber  verschleifte  silben  nur  in  erster  hebung  scheinen  nicht  leicht  vor- 
zukommen, wo  keiner  von  beiden  hebungen  eine  Senkung  folgt;  obgleich 
man  ebensogut  and  pch-  eode  In  und  par  tvcßs  y^m-a  wdp  sagen  könte 
wie  and  pdr  in  eodfe  Audr.  1003.  Guthl.  978  und  pwr  wces  jvop  Vfera 
Andr.  1556.  Dass  der  nominativ  und  accusativ  HygeUic  so  wenig  wie 
Beotcxdf  als  träger  beider  hebungen  erscheint  ist  natürlich;  aber  wainim 
nicht  wera  wop  so  gut  wie  snotor  hceleä?  Wer  darauf  achtet  wird  wol 
beispiele  finden,  ich  habe  es  versäumt.  Ich  habe  oben  das  hemistich 
stoä  he  nü  git  deä  Bw.  1058.  1134  nicht  angeführt,  weil  man  auch 
gita  sprechen  kann:  es  ist  aus  eben  diesem  gründe  hier  anzuführen. 

Sehr  häufig  sind  hemistichien  mit  oder  ohne  auftact,  in  welchen 
der  zweiten,  aber  nicht  der  ersten  hebung  eine  Senkung 
folgt.  In  diesem  falle  muss  jedoch  die  erste  hebung  notwendig 
alliterieren:  reimlos  daif  sie  nur  bei  nachfolgender  Senkung  bleiben; 
und  es  gilt  hiebei  gleich,  ob  die  erste  hebung  von  einer  silbe  oder  von 
zwei  verschleiften  silben  getragen  wird.  Man  kann  nämlich  eine 
hebung,  der  keine  senkiiiig  folgt,  nur  dadurch,  dass  mau  sie  etwas 
höher  als  die  folgende  hebung  betont,  bemerklich  machen;^  der  Stab- 
reim aber  darf  der  höher  betonten  hebung  niemals  fehlen,  und  eine 
höhere  betonung  der  reimlosen  ersten  hebung  auf  kosten  der  reimenden 
zweiten  würde  eine  alliteration  am  unrechten  platz  voraussetzen.  Der 
dichter  des  Byrhtnoth  betont  richtig,  aber  er  alliteriert  falsch  wenn  er 
sagt  hwcef  pis  folc  ^geä  45  und  hc  ivces  on  Nöräbymbron  266;  der 
des  Heliand  wäre  mit  dem  halbvers  an  hwdrf  Vfcros  4469  im  gleicheu 
falle,  wenn  nicht,  wie  schon  bemerkt,  der  anlaut  /*  in  hicarf  ivs  ihn 
stumm  wäre.  Es  wäre  falsch  zu  betonen  cow  h/t  wxgan  Bw.  391.  and 
gd  Mm  midon  393.  mixend  VLygdäce  452.  ptet  Me  oft  yydron  1247: 
es  muss  heissen  pcet  Me  oft  wreron,  onsend  HygcMce,  aml  ge  him  sinn 

1)  Vergl.  die  aasf&hmiig  dieses  gruiidsatzen  bei  Hftgol  Über  Otfrids  Vcra- 
betonuiig  s.  3  fgg. 

ZVITflCBlt.    F.  T)R17TBCHE    VHIL0T.001R.     VII.  RD.  ^ 


50  RIBOEK 

clon,  eow  het  secgan.  Richtig  ist  and  pone  gehfingan  3009,  falsch 
wäre  and  pöne  hringan;  richtig  and  hine  bäidon  Gen.  780,  falsch  wäre 
and  liine  \icedon;  öferhigian  Bw.  2766  ist  ein  unmöglicher  halbvers, 
f67'  ^cotenum  1026  nicht  minder.  Gen.  475  htm  fö  "Wcnron  \  yaitodu. 
gepingäo  ist  schon  darum  verdächtig,  weil  sonst  witian  mit  dem  ein- 
fachen dativ  der  person  verbunden  wird;  in  zwei  andern  föUen,  die 
Grein  gelten  liess:  Jmm  6drum  \  [w  wr  *>*  cndon  357  und  pa  onette 
kbrahames  mdg  2533  vermute  ich  erste  halbverse ,  zu  denen  der  zweite 
fehlt.  Eine  kurze  consonantisch  auslautende  Stammsilbe,  mit  welcher 
das  wort  schliesst,  kann  natürlich  auch  vor  vocalischem  anlaut  der 
zweiten  hebung,  also  ohne  dass  durch  deren  anlaut  position  für  sie 
entsteht,  die  erste  hebung  tragen:  hwcedre  him  god  Me  ßw.  2874. 
biütan  god  eno  Hei.  2323.  an,  eoridfolc  4143.  Eine  mit  kurzem 
vocal  auslautende  Stammsilbe  wurde  hiezu  nicht  fähig  sein,  so  wenig 
wie  den  halbvers  als  zweite  hebung  zu  schliessen;  die  häufigen  fälle, 
wo  me  pe  ive  ge  hc  pii  ja  nii  auf  diese  art  vorkommen ,  beweisen  die 
länge  ihrer  vocale.  Sie  ist  bei  den  pronominal  formen  auf  e  durch  das 
verstummte  auslautende  r  ^^  got.  s  hinlänglich  begründet  und  durch 
die  quantitätsbezeichnung  der  angelsächsischen  handschriflen  zum  über- 
fluss  bestätigt. 

Aus  den  bisherigen  beispielen  geht  bereits  hervor ,  dass  und  unter 
welchen  umständen  der  nebenton  eines  zusammengesetzten  wer- 
tes, dessen  hauptton  die  erste  hebung  bildet,  in  zweiter  hebung 
stehn  darf.  Entweder  muss  der  nebenton  auf  einer  kürze  mit  nachfol- 
gender verschleifter  silbe  liegen,  oder  das  wort  muss^  sei  es  nach  der 
ersten,  sei  es  nach  der  zweiten  hebung,  eine  Senkung  liefern.  Gekürzte 
formen  wie  liffreä  Cr.  15.  brohpreä  Gen.  1813.  ääreo  (dat.)  Kl.  d. 
Fr.  28  zählen  nicht ;  sonst  findet  sich  eine  ausnähme ,  wenn  ich  nichts 
übersehe,*  nur  im  ersten  gespräch  zwischen  Salomo  und  Saturn  167  and 
P(Bt  folmtreow;  Hei.  8  htco  sia  sJcoldin  is  gi^odskip  wäre  eine  zweite, 
wenn  sie  nicht  nur  an  der  gekürzten  form  hinge,  die  man  unbedenk- 
lich durch  die  volle  gibodsJcipi  ersetzen  daif.  Auch  winetndg  Hercbeald 
mereunf  meoduheäl  mcegencrceft  werden  als  träger  beider  hebungen  ver- 
mieden; während  metepegOy  mit  verschleifbaren  silben  in  beiden  teilen, 
so  berechtigt  ist  wie  die  sehr  gewöhnlichen  gddwine  riinmta  rdähora 
Ohthere  und  wie  middangedrd  Bw.  1771.  tirgensfredm  2128.  h/Vrfc- 
sceorp  2155.  Ongenpeöw  2486;  hondscöle  1963.  mandryhter^  1978. 
Hro^dre  1990.     Ingäde  2064;  flet^ittmde  2022;  tdelhendc  2081. 


1)  Von  dem  unverständlichen  se  tts  i8  se  inon«(7<F(/ Guthl.  482,  in  eiaeni  verse 
dem  die  alliteration  feblt,  wii'd  man  keinen  gebrauch  machen. 


ALTS.   UND   AGS.   VEHSKÜNST  51 

Es  können  aber  auch  tieftonige  bildungs-  und  beugungssil- 
ben,  d.  h.  solche,  die  entweder  auf  eine  hochtonige  lange  oder  auf  zwei 
verschleifte  Silben  folgen,  die  zweite  hebung  tragen,  wenn  ihnen  eine 
Senkung  nachfolgt:  mhl  Wylftngum  Bw.  461.  on  tandtbiga  Gen.  1452. 
an  tasttintiea  Hei.  1053.  wces  sperre  (ms.  fälschlich  öpere)  Gen.  1694. 
pä  seUstan  Bw.  416.  pone  yldestan  363.  sS  yldesta  Gen.  1241.  theinu 
Yii^röston  Hei.  2046.  thes  vrmsfon  2787.  to  healddnne  Bw.  1731.  wid 
hettendum  3004.  te  giifioUdnne  Hei.  5533.  $6  ganwda  5023.  In  allen 
diesen  fällen  —  es  sind  lauter  erste  halbverse  —  wird  die  tieftonige 
Silbe  als  trägerin  der  zweiten  hebung  dadurch  erwiesen,  dass  im  andern 
fall  ein  einsilbiges  wort  oder  zwei  verschleifte  silben  ohne  alliteration 
und  ohne  nachfolgende  Senkung  die  erste  hebung  tragen  müsten.  Wollte 
man  aber  das  gesetz,  durch  welches  dies  verboten  wird,  nicht  gelten 
lassen,  so  liefert  eine  grosse  anzahl  zweiter  halbverse,  in  welchen  die 
erste  hebung  jederzeit  alliterieren  muss,  die  gleiche  erscheinung,  wobei 
denn  jeder  zweifei  über  die  betonung  ausgeschlossen  ist:  mid  Hrun- 
Hngc  Bw.  1659.  hine  yrringa  2964.  an  hengimiea  Hei.  5169.  pä 
S^Ust^n  Bw.  3122.  that  wirsista  Hei.  2058.  fe  heröston  2884.  wiäar 
hettedndun  (hettiandeon)  2281.  2810.  Hier  nun  beweisen  nicht  nur 
die  fälle,  in  welchen  dem  die  zwei  hebungen  tragenden  woiiie 
nur  ein  einsilbiges  oder  aus  zwei  verschleiften  silben  bestehendes  im 
auftact  vorausgeht,  sondern  ebenso  wol  die  mit  zwei-  und  mehr- 
silbigem auftact:  fo  gefrommnne  Bw.  174.  pära  pe  M  cinöste  206. 
od  pat  sefuninga  644.  ic  nie  mid  Vb^ntinge  1490.  P(et  ic  m^  tknig^ie 
1772.  $€  pe  waldendes  2292.  mid  hie  gaeddingnm  2949.  ne  si  that 
he  mi  an  is  dnindi  Hei.  121.  fha^  hie  tXses  Yfald^indes  186.  fJio 
giwet  im  6k  mid  is  hhoiska  356.  gisähtm  thär  maJUigna  394.  thoh 
ni  gidar  ik  tht  so  heldgnn  2121.  that  he  wodiendi  2276.  thär  hi? 
liggiandi  3346.  sohta  is  gadtdingos  3173.  thea  toärun  imu  triutvistan 
3518.  the  sie  tho  vrisöstun  4469;  und  nach  dieser  analogie  wird  man 
denn  auch  in  ersten  halbvei-sen,  wo  die  erste  hebung  nicht  alliterieren 
muss  und  eine  andre  betonung  daher  denkbar  wäre,  vorziehen  ac  on 
mergenne  Bw.  565.  p(et  him  irenna  2683.  öd  pcet  ^emninga  1640. 
P(Bt  hig  Sdäelhtges  1596.  him  se  yldesta  258.  wtes  päm  yldestan  2435. 
P<et  pä  liäende  221.  od  pe  ntj^ende  649.  ne  paes  wealdendes  2857. 
to  geeyädnne  257.  to  gepolidnne  1419.  to  getremnuinne  2644.  an 
that  ärundi  Hei.  1890.  thtw  thia  v^'igdndos  5545.  mid  is  henginnia 
5435.  bi  theru  menniski  4751.  an  so  maJitiges  5612.  so  thik  te 
Hfüdidnne  5348. 

Die  tieftonige  silbe  ohne  folgende  Senkung  als  zweite  hebung  gel- 
ten zu  lassen  geht  durchaus  nicht  an:   so  richtig  to  betleoMnne,   so 

4* 


52  BUGBB 

falsch  wäre  td  befleanne  Bw.  1003;  so  wenig  mid  niäunty  wie  man 
JucL  287  liest,  so  wenig  kann  auch  mid  nidäüm  für  ein  hemistich  gel- 
ten; se  pone  gamdan  Bw.  2421  kdnte  unmöglich  s^pone  gonddn  betont 
werden,  denn  sd  ße  him  healutod,  hürü  se  moterd  wäre  nicht  besser 
als  ae  pe  him  healwd  909.  hürü  se  snotrd  3120;  und  nichts  wird 
auch  dann  geändert ,  wenn  im  tiefton  selbst  zwei  verschleifte  Silben 
stehn:  die  betonung  se  wtes  Yfrecdna  898.  so  gihunddnan  HeL  5124. 
5263.  ni  thes  theaddnes  4964  würde  widerum  die  Senkung  vermissen 
lassen,  an  welcher  gemessen  der  tiefton  erst  die  kraft  erlangt,  die 
zweite  hebung  zu  tragen.  Hier  liegt  ein  tiefgreifender  unterschied  von 
der  hochdeutschen  yerskunst,  wie  sie  sich«  seit  dem  9.  Jahrhundert  im 
anschluss  an  den  akatalektischen  iambischen  dimeter  der  lateinischen 
reimdichtung  gestaltet  hat:  erst  dieses  vorbild  und  die  liebe  not,  die 
er  mit  ihm  hatte ,  führte  Otfried  dazu ,  tieftonige  schlusssilben  die  lezte 
hebung  tragen  zu  hissen. 

Alle  kritisch  nicht  zu  beanstandenden  stellen,  die  in  alliterieren- 
der dichtung  hiezu  aufzufordern  scheinen,  beweisen  entweder,  dass  der 
dichter  die  quantität  gewisser  silben  anders  beurteilte  als  wir ,  oder  dass 
er  sich  an  das  gesetz  des  hauptstabes  nicht  band. 

Ich  verweise  auf  die  hier  einschlagenden  stellen,  die  schon  im 
zweiten  capitel  beigebracht  worden  sind  und  auf  deren  keine  ich  zurück- 
kommen will.  Ich  gebe  dafür  eine  anzahl  f&Ue  aus  zweiten  halbver- 
sen ,  die  mir  dort  nicht  der  mühe  wert  schien  anzuführen ,  weil  sie  sich 
alle  sehr  leicht  erled^en:  p€h'  he  tcegrdn  Guthl.  353.  htoylc  totes 
ttegra  720,  beide  foimen  als  comparativ  gemeint:  man  lese  also  ohne 
Synkope  ttegröra  und  tagröran;  for  e(hvere  679.  in  üssera  725,  bei- 
des nur  nachlässige  Schreibung  für  eötverre  dat.  sing.  fem.  und  fkserra 
gen.  plur.;  sume  in  trrd  548  wider  für  ÜSfirra;  forc  &fstüm  684,  lies 
»festum;  and  his  J^egnüm  £1.  487,  wo  Orein  bereits  das  für  den  satz 
unentbehrliche  hine  als  zweite  hebung  ergänzt  hat.  Ebenso  einfach  ist 
es  sodann  mit  folgenden  ersten  halbversen  bewant:  an  fjyhte  Andr.  866; 
Qrein  [faranj  an  tlyhtc,  was  der  dichter  hier  gar  nicht  umgehn  konte. 
n6  yfUgina  Jul.  515,  lies  ifUigena;  ebenso  El.  289.  334.  äwygedne 
Jul.  817,  ein  unverständliches  wort,  mit  dem  man  sich  vergeblich  quält: 
lies  mit  Thorpe  äwyrgedne,  wid  hetendüm  El.  18 ,  schlechte  Schrei- 
bung für  hettindum.  an  hyrgcnum  Phoen.  512  desgleichen  fär  hyrgcn- 
num.  and  tagerrd  Panth.  29 ,  auf  ttegrara  zurückzuführen ;  desgleichen 
se  tbftcra  Bäts.  54,  12  auf  tdflara.  ne  eigena  40,  11,  wo  Grein  das 
nicht  zu  entbehrende  ha  fad  hinzugefugt  hat.  an  teow6rum  Menol.  211 : 
man  ergänze  eac,  nach  118.  hire  eldrena  Boeth.  13,  28  kann  ebenso 
gut  eldema  lauten,    geyfurdene  \  yfyrda,  pä  hcad\\pä  feawere  |  tdges 


ALTS.   UND  AGB.   VEBSKÜN8T  53 

raiHUi  Sal.  332  fg. ,  zwei  fälle,  die  lediglieh  auf  falscher,  die  syntak- 
tische pause  misachtender  teilung  beruhen:  teilt  man  richtig,  so  ist 
pä  heoä  pl  teowere  |  tceges  räpcts  ein  zulässiger  vers ,  während  zu  dem 
oi-sten  halbvers  geM'urdene  Yryrda  der  zweite  fehlt,  on  ifistene  Ps,  62, 
2,  1  und  so  immer  in  diesem  werke  für  die  richtigen  formen  mit  nn. 

Liest  man  Sat.  670.  Andr.  195  als  ersten  halbvers  of  heofonum, 
ohne  dass  sich  gerade  die  ergänzung  aufdrängt,  so  wird  man  so  ver- 
einzelte &lle  immerhin  auf  textverderbnis  zurückfuhren.  Anders  liegt 
es  im  Boethius  mit  den  zweiten  halbversen  Ms  ügenum  7,  47.  hire 
Agencs  13,  30.  hi  lieora  kgene  (acc.  fem.  sg.)  13,  48.  finum  Agenum 
20,  23:  dieser  dichter  wird  das  n  nach  falscher  analogie  von  tvSsten 
desei-tum  und  pinen  serva  in  der  flexion  verdoppelt  haben.  So  darf 
man  auch  wol  in  seinem  hemistich  to  metanne  21,  42  ein  wie  sühin 
im  präsens  schwach  gebildetes  mettan  neben  nietan  erkennen.  Schwe- 
rer ist  es  einen  grund  der  production  bei  gegrundSne  Byrhtn.  109  zu 
ersinnen;  aber  aus  den  halbversen  ful  eyrtSnu  Rats.  26,  6.  pone  s»n- 
(jitlan  Geb.  5,  8.  and  hine  ^ingdlc  Boeth.  7,  50  hat  man  den  auf- 
schluss  über  die  quantität  dunkler  Wörter  lediglich  zu  verzeichnen. 

Wichtiger  ist  die  belehrung,  die  der  tiefton  in  zweiter  hebung 
über  die  quantität  gewisser  bildungssilben  ei-teilt.  Es  ist  üblich  in 
angelsächsischen  texten  das  zeichen  der  länge  nur  bei  stammvocalen  zu 
setzen,  womit  man  von  der  Voraussetzung  ausgeht  und  sie  nährt,  dass 
die  vocale  der  bildung  und  beugung  in  dieser  mundart  entweder  durch- 
weg gekürzt  seien  oder  doch  in  der  quantität  unbestimbar  schwankten. 
Die  folgenden  beispiele  werden  zeigen  wiefern  uns  die  dichter  hierin 
ganz  bestirnt  unterrichten;^  sie  würden  ohne  die  production  der  die 
zweite  hebung  tragenden  bildungsvocale  ebenso  viele  metrische  fehler 
darstellen. 

1.  Mid  hocerum  Dan.  164.  swne  hoceraa  Wy.  71.  ptes  pe  üs 
Iconurcis  Phoen.  424.  and  hoceras  Andr.  607.  nü  ic  com  \indere  \ 
and  %mng6re  Rats.  28,  7  fg. 

2.  T6  tnmndde  Guthl.  729.  pcer  h^  e^rfeäu  Cr.  1172.  wid 
evü'fedum  Menol.  224.  Guthl.  428.  528.  nis  me  eBrßde  1038.  his 
e^rfoäo  Sat.  127.    habbaä  tolgöOa  Cr.  390. 

3.  Hp  pces  läreöwes  Cr.  458. 

4.  p{et  his  »iMriga  Gen.  2029.  atül  his  suhtrian  1775.  P(Bt 
hio  öliges  Boeth.  13,  22.    pcet  hio  on  tenige  20,  163.    Auch  im  Alts. 

1)  Ich  will  nicht  verBäamcn  darauf  hinzuweisen»  dass  Schubert  De  Anglos. 
alle  metr.  p.  14.  39  sq.  dass  richtige  in  dieser  8ache  bereits  erkant  hat:  es  ist  das 
wichtigste  Ton  dem  wenigen,  das  ich  mir  aus  seiner  schrift  anzueignen  vermag. 


54  BIBOKB 

versagt   man   der  adjectivendung   ig  das   längezeichen  und  vrird  hier 
eines  andern  belehrt:  tliat  sie  so  Ükurftiges  Hei.  2304. 

5.  B(ßd  Mm  tuUümes  Gen.  2025.  Hier  ist  indes  die  länge  der 
scheinbaren  ableitungssilbe  unverständlich ,  wenn  mau  nicht  die  entstel- 
lung  aus  ful'dmn^  die  Grimm  2,  150  als  frage  aufwirft,  bejaht.  Häu- 
figere beispiele  geben  die  psalmen:  anttiUiifne  34,  2,  3.  pu  gettiUtima 
64,  3,  2.    getultmia  69,  1,  3. 

6.  Ic  edw  vrislge  Bw.  292.  3103.  pä  pä  A&mige  Dan.  372.  pä 
pec  hUtsige  381.  dr  pon  endige  Phoen.  83.  gepitigige  Jul.  198.  717. 
gelaestnige  649.  ge  manetigait  Andr.  747.  Das  wäre  alts.  tvisdju,  dd- 
moje  domogea  usw.:  die  flexion  auf  qjan,  die  zu  der  bildung  auf  ö  im 
praesens  noch  die  auf  /  hinzufügt,  hat  im  Angelsächsischen  das  prae- 
sens auf  m  ganz  verdrängt ;  aber  sie  wii*d  durch  umlaut  zu  igean,  wie 
log  flamma  zu  Ug,  Mwi  foeuum  zu  Mg;  die  vermittelnde  form  egean 
hat  sich  verloren,  sowie  auch  leg  und  heg  gegen  lig  und  Mg  zurück- 
tritt. Sowie  nun  neben  der  vollen  form  des  Infinitivs  in  ynibvficigean 
Ex.  65.  geopenigean  El.  1102  eine  compendiöser  geschriebene  auftritt 
und  weit  vorwiegt,  z.  b.  geseeäivUin  Gen.  1581.  hat  sldian  2783. 
getaisicm  Cr.  144.  320.  and  him  Ifoncian  Guthl.  468.  heAeäglian  1226, 
so  liest  man  auch  im  verbum  finitum  öfter  als  die  formen  mit  ige 
solche  mit  i:  pat  we  tmidiad  Bw.  1819.  swä  ic  pd  "Wtsie  Gen.  563- 
par  ge  siäien  Ex.  272.  pä  pec  yfuräiad  Dan.  367.  386.  pe  ge  wäfiad 
Cr.  89.  and  i¥uldriad  401.  atid  ttdwkid  448.  pe  m  iydriad  1683. 
ndfre  bromad  Phoen.  38.  him  tolgiad  591.  pus  reordiaä  532.  pä 
pec  hreodwiad  Guthl.  258.  ac  hi  Wissiact  468.  äbundrien  1150.  p<et 
ricsie  El.  774.    geopenie  792. 

7.  Ahredtodde  Bw.  2Glii.  and  getratwdde  96.  stvä  tixode  144. 
ic  him  jfenöde  j60.  swä  healdöde  2177.  swä  begnornödon  3179.  pä 
reorddde  Gen.  1253.  and  ^gndde  1365.  geMetsdde  1505.  pä  Viyt- 
tdde  1598.  and  wripdde  1702.  ne  ^eäwode  G06.  pä  tandöde  1436. 
and  swä  gyddöde  2106.  pä  reorddde  2673.  gettgpöde  2752.  geyfeor- 
pöde  Ex.  86.  he  sjfearcäde  Sat.  78.  ge^öivöde  548.  666.  pider  pA 
tundddest  Cr.  1671.  gegearwdde  Grsett.  100.  geSiScodon  Andr.  44. 
and  tcestnödon  49.  ge^ta(M6de  162.  ämearcöde  751.  getäcnöde  I5i6. 
Neben  diesen  formen  auf  ä  und  6  bringen  indes  die  handschriften  auch 
geschwächte  auf  e  in  der  gleichen  metrischen  Stellung ;  der  geschwächte 
bindevocal  kann  aber  nicht  lang  sein,  und  es  scheint  also  hier  wenig- 
stens die  zweite  hebung  auf  kurzer  bildungssilbe  mit  nachfolgender  ver- 
schleifker  beugungssilbe  zu  ruhen.  Aber  es  fehlt  jeder  grund  die  dich- 
ter in  diesen  fällen  für  die  Schreibung  verantwortlich  zu  machen;  man 
darf  und  muss  die  fehlerhaften  hemistichien  geteormedon  Gen.  2686. 


ALTS.   UND  Aas.   VERSKUNST  55 

ffctinibrctk  Ex.  391.  hü  pc  ^ivcfncde  Dan.  131.  Jxet  gyddedmi  728. 
sioa  gnornc(lo7i  Sat.  260.  (je^röioedon  El.  855.  p(d  hie  weoräedeti 
1222.  gcinicledn  Rats.  21,  20.  foräon  mc  glhvedon  27,  13  nach  der 
uualogie  der  zahlreichen  fülle  mit  a  und  o  emendieren.  Die  älteren 
dichter  werden  die  Schwächung  des  bindevocals  überhaupt  nicht  gekaut, 
wenigstens  nicht  anerkant  haben,  und  man  sollte  sie  auch  in  den 
ersten  halbversen  und  geheotedon  Bw.  536.  and  betimbredon  3160,  wo 
sie  bei  der  möglichkeit,  die  partikel  als  erste  hebung  zu  betrachten, 
metrisch  nicht  unerträglich  ist,  dennoch  nicht  dulden. 

8.  Endlich  ergibt  sich  auch  ein  altsächsischer  Aexiousvocal  als 
lang,  den  man  für  kurz  anzusehen  pflegt:  iro  %elh6ro  Hei.  877. 

Man  hat  schon  bemerken  können,  dass  dieses  gesetz  den  beweis 
für  die  länge  einiger  stammvocale  lieferl.  Die  hemistichien  forpon  nie 
gliwedon  Rats.  27,  13.  ge^afodc  Gen.  2233.  geprowade  Jul.  448. 
geprmvode  Sat.  548.  666.  El.  859.  and  wnpade  Gen.  1702  haben  um* 
eine  hebung  statt  zweien,  es  sei  denn  dass  man  gliwmn  päfian  pro- 
ioian  tvrtdian  annehme. 

Fremde  Wörter  können  eine  störmig  der  metrischen  gesetze 
nicht  herbeiführen;  wo  eines  nicht  im  stände  sein  sollte  sich  ihnen  zu 
fügen,  wäre  der  dichter  genötigt  auf  seinen  gebrauch  zu  verzichten. 
Dass  ihr  accent  verrückt,  ihre  quantität  verändert  wird  hat  zunächst 
mit  der  verskunst  nichts  zu  tun,  aber  aus  dem  verse  wird  erkant  wie- 
fern es  geschehen  ist  oder  vielleicht  dem  verse  zu  gefallen  gerade  hier 
geschieht  Die  alliteration  des  fremden  wertes  zeigt,  welche  seiner  Sil- 
ben als  die  höchstbetonte  angenommen  wird,  die  Verwendung  einer  fol- 
genden tieftonigen  silbe  gibt  über  die  quantität  dieser  sowie  der  höchst- 
betonten auskunft.  Der  dichter  des  Heliand  lässt  Johannes  nach  deut- 
scher art  überall  auf  j'  (oder  g)  alliterieren  und  verwendet  die  zweite 
silbe  in  zweiter  hebung:  thär  Johannes  965.  bitUan  that  man  ina 
ioMnnes  2775;  ebenso  te  Bethdnia  951.  nü  skaÜ  thü  ina  an  Mgyp- 
teo  704  und  der  dichter  der  Genesis  and  Gotnörrc  1997;  sie  sprachen 
also  Johannes  und  Gomorre,  sonst  müsten  sie  den  tiefton  auf  die  dritte 
silbe  legen  und  könten  diesen  werten  nicht  zwei  hebungen  zu  tragen 
geben.  Der  dichter  des  Menologiums  reimt  der  lateinischen  betonung 
gemäss  hwaet  pd  ofostolas  122 ,  produciert  aber  das  o  der  dritten  silbe, 
da  er,  wenn  diese  kurz  wäre^  in  der  vierten  nicht  die  erforderliche 
Senkung,  sondern  nur  eine  mit  der  dritten  verschleifte  silbe  hätte;  und 
ebenso  verfährt  der  dichter  der  Höllenfahrt  in  dem  verse  Esätas  \  and 
üachdrias  46.  In  gleicher  weise  ergibt  sich  die  production  der  tieftonigen 
silbe  ans  folgenden  hemistichien:  and  orcneas  Bw.  112.  in  iüd£um 
Hf.  99.    103.   128.   131.     mid  Jüdeum  F.  ap.  35.     Andr.  1410.     and 


56  BIBGBB 

mid  Casgre  Wids.  76.  m  eäscras  Sf.  82.  päm  eäsere  El.  70.  212. 
odptßt  hie  on  Soddman  Gen.  2401.  inBdhlefite  Cr.  453.  ii^  orgäi^n 
Phoen.  136.  on  eircüle  Menol.  07.  and  mart^a  Andr.  878.  in  mj/U" 
stemm  Guthl.  387.  pe  man  Scräphin  EL  755.  sc  pe  in  üäeäret  913. 
nis  ze/ferus  Rats.  41,  68.  of  Seiddia  Boeth.  1,  2.  weldun  im  tc 
^maus  Hei.  5960;  und  die  production  der  hochbetonteu  silbe  aus  die- 
sen: fore  %ac6rdum  F.  ap.  71.  and  iäcobe  Andr.  755.  Iiirc  mägister 
Boeth.  13,  20.  Ob  man  nicht  wenigstens  da,  wo  das  fremde  wort 
unflectiert,  also  grammatisch  unaugeeiguet  bleibt,  die  lateinische  quan- 
tität  und  betonung  beibehalten  und  das  wort  wie  ein  einheimisches 
compositum  mit  zweisilbigem  ersten,  einsilbigem  zweiten  teile  behan- 
delt ,  also  6rga7i6n  Heraphin  Ndmret  Zcfferiis  Sciddid  gesprochen  habe  ? 
Schwerlich ;  man  müste  dann  das  fremde  wort  als  compositum  empfun- 
den haben,  und  wie  wäre  man  dazu  gekommen?  Man  muss  im  gegen- 
teil  auch  das  fremde  zusammengesetzte  woi-t  in  der  regel  als  einfaches 
empfunden  haben,  weil  man  es  eben  nicht  verstand. 

Die  Genesis  bietet  eine  anzahl  fälle,  wo  zweisilbige  fremde  Wör- 
ter auf  jeder  ilirer  silben  eine  hebung  zu  tragen,  also  das  gesetz  zu 
verletzen  scheinen.  Am  häufigsten  geschieht  es  bei  dem  nominativ 
und  casus  obliquus  des  namens  Sara:  wid  Harrdn  2241.  to  üarrdn 
2265.  2727.  pmt  him  Sami  2340.  pat  mi^  Harrdn  2714  usw.;  diese 
fälle  erledigen  sich  durch  die  dreisilbige  indeclinable  form  Sarrdi,  die 
wenigstens  einmal  2742  die  handschrift  bewahrt  hat.  Andere  durch 
die  möglichkeit  ein  flexi visches  e  anzuhängen:  on  Charrdn  1736.  p(et 
hie  to  Betidem  1876.  of  Senmir  1963.  Es  bleibt  ein  wirklich  anstös- 
siger  vers  1504  nergend  üsser  \  pä  M  N(>e.  Hier  muss  man  ^nergend 
durch  das  synonyme  heaidend  (vergl  Gen.  172.  2161.  2315)  ersetzen, 
worauf  he  den  hauptstab  übernimt. 

VII.    Von  der  Senkung. 

Dass  in  der  hebung  je  nur  eine  silbe  stehn  kann  liegt  in  der 
natur  der  saohe.  Man  kann  zwar  mehrere  silben  liinter  einander  mit 
gleicher  tonstärke  ausrufen,  aber  das  ist  dann  kein  rhythmisches  spra- 
chen. Wir  haben  gesehen  dass  auch  wenn  zwei  hebungen  oluie  zwi- 
schenliegende Senkung  auf  einander  treffen,  sie  nicht  gleich  gehoben 
sind,  sondern  die  erste  sich  nm*  durch  ein  übergewicht  über  die  andere 
bemerklich  machen  kann.  Die  herschaft  über  eine  vorausgehende  oder 
nachfolgende  Senkung  aber  kann  die  ihi*  zunächst  stehende  gehobene 
silbe  nie  mit  einer  andern  teilen,  die  durcli  sie  selbst  von  der  Senkung 
getrent  ist.     Das  ohr  kann  die  Senkung  an  einer  vorausgegangenen 


ALTS.   UND  AOS.   VEBSKUNST  57 

sowol  wio  an  einer  nachfolgenden  gehobenen  silbe  messen,  aber  immer  nm* 
an  einer  unmittelbar  benachbarten.  Folgen  zwei  hebungen  unmittelbar 
auf  einander,  so  messen  zwar  beide  einander^  aber  für  die  voraus- 
gegangene Senkung  komt  nur  die  ei*ste,  für  die  nachfolgende  Senkung 
nur  die  zweite  der  gehobenen  silben  als  mass  zur  geltung;  und  von 
einer  auf  zwei  silben  ruhenden  hebung  kann  im  eigentlichen  sinne  nie- 
mals die  rede  sein.  Man  sagt  zwar,  dass  die  hebung  auch  von  zwei 
verschleiften  silben  getragen  werde :  aber  die  zweite  derselben  ist  gerade 
das  äusserste  gegenteil  einer  gehobenen  silbe,  ein  völlig  tonloser  nach- 
schls^,  der  nur  den  für  die  hebung  erforderlichen  zweiten  zeitteil  her- 
beibringt. 

Die  Senkung  dagegen  ist  nicht  durch  die  natur  der  saclie  je  auf 
eine  silbe  beschränkt  Es  komt  nur  auf  die  kraft  des  Vortrages  an,  so 
kann  die  gehobene  silbe  eine  reihe  von  silben  übertönen.  Diese  silben 
werden  unter  einander  notwendig  ungleich  gesenkt  sem,  eine  wird  von 
der  andern  an  ki'aft  überwogen ,  die  tonstärke  einer  jeden  an  der  benach- 
barten gemessen  werden :  sonst  würden  sie  geplappert  und  nicht  gespro- 
chen; alle  aber  können  dabei  sehr  gut  im  Verhältnis  zur  benachbarten 
hebung  als  Senkung  empfunden  werden. 

Eine  auf  das  princip  der  Zeitmessung  gegi-ündete  verskunst  ist 
natürlich  genötigt,  für  die  Senkung  wie  für  die  hebung  eine  bestimte 
anzahl  zeitteile  festzusetzen;  und  die  der  Griechen  und  Homer  gewährt 
der  Senkung  des  iambischen  rhythmus  nur  einen  zeitteil,  also  auch  nur 
eine  silbe.  Aber  die  germanische  verskunst  verfiel  auf  diese  beschrän- 
kong  zuerst  als  sie  im  9.  Jahrhundert  bei  den  Franken  sich  befliss, 
den  iambischen  dimeter  der  lateinischen  hymnen  nachzubilden.  Sie 
konte  ihrer  nachbildung  den  regelmässigen  Wechsel  zwischen  hebung 
and  Senkung  nicht  geben,  weil  sie  sonst  zu  viele  Wörter  und  Wortver- 
bindungen vom  vers  hätte  ausschliessen  müssen,  aber  sie  konte  wenig- 
stens und  muste  der  Senkung,  wenn  sie  eintrat,  dasselbe  mass  setzen, 
das  in  dem  vorbilde  für  sie  galt.  In  der  stabreimdichtung  nach  alter 
art  war  ihr  ein  ganz  anderes ,  von  dem  syntaktischen  tonwert  der  werte 
entnommenes  mass  gesezt,  das  sie  nach  belieben  ausfüllen  mochte 
oder  nicht 

Eine  gesonderte  betrachtung  verlangt  der  auftact  und  die  auf*  eine 
hebung  folgende  Senkung. 

Im  auftact  darf,  wie  sich  aus  den  betonungsgesetzeu  ergibt,  nie- 
mals ein  nomen  stehen:  es  würde  nicht  nur  die  erste  hebung  für  sich 
in  anspruch  nehmen,  sondei-n  auch  reimen  müssen.  Eine  sehr  auffal- 
lende freiheit  gestattet  sich  allerdings  hier  der  dichter  des  Heliand  um 
die  seligpreisungen  der  bergpredigt  unterzubringen:  säiige  shid  6h  (he 


58  RIEGKR 

sie  Mr  trumono  gilüsüd  1308.  salige  sind  ok  them  hir  mildi  wiMit 
1312.  saJlgc  sind  olc  widar  thesaro  managon  tkiodu  1314;  abor  die 
gewissenhaftigkeit,  mit  der  er  sonst  das  gesetz  beobachtet,  wird  dadurch 
nur  um  so  bemerklicher.  Das  gleiche  wie  vom  nomen  gilt  vou  jenen 
adverbialen  begrifFsworten  und  emphatischen  pronomen^  die  vor  dem 
nomen  oder  vor  dem  verb  den  reim  auf  sich  ziehen;  erlaubt  sind  dage- 
gen alle  übrigen  adverbien  und  pronome,  alles  was  partikel  heisst 
einschliesslich  der  präfixe,  endlich  das  verb.  Das  verb  auch  mit  samt 
dem  nachfolgenden  Infinitiv:  ic  m<eg  wesan  god  swä  he  Gen.  283; 
auch  zwei  verba  finita,  deren  zweites  vom  ersten  abhängt:  qtmäun  thaf 
sia  te  im  hahdiin  gijvendit  Jingi  Hei.  692.  saga  üs  undar  hwiUhumn 
he  si  thesaro  kunneo  äfödit  605.  Aber  nicht  das  verb  mit  samt  dem 
nachfolgenden  particip,  da  dieses  als  nomen  gilt;  auch  nicht  das  verb 
mit  einem  nachfolgenden  werte,  das  zu  ihm  in  enklise  des  tones  steht 
und  es  dadurch  in  die  hebung  empor  drängt:  also  nicht  das  verb  mit 
nachfolgendem  adverb  (tJw  geng  im  to  tl^e  landes  ward  Hei.  3156); 
und  nicht  zwei  durch  eine  copulative  oder  disjunctive  partikel  ver- 
einigte verba. 

Einige  so  eben  gegebene  beispiele  haben  bereits  gezeigt,  bis  zu 
welchem  umfange  der  auftact  innerhalb  der  ihm  gesetzten  schranken 
anschwellen  kann.  Es  ist  sache  des  kunstgefühles  hierin  das  rechte 
mass  zu  halten,  und  der  dichter  des  Heliand  macht  von  der  freiheit, 
werte  im  auftact  anzuhäufen,  einen  gebrauch,  der  wenig  kunstgefQhl 
verrät ;  aber  grundsätzlich  sind  seine  verse  von  den  massvollen  des  Beo- 
wulf  nicht  verschieden  und  können  weder  der  gesetzwidrigkeit  noch 
eigentlich  der  neueiiing  in  der  verskmist  geziehen  werden.^  Unter  den 
Angelsachsen  komt  ihm  am  nächsten  in  dieser  neigung  der  dichter  der 
Genesis,  oder  vielmehr,  nach  Sie vers,  der  Verfasser  des  eingeschobenen 
Stückes  235  —  851:  ne  'meahte  he  cet  his  hige  ßndan  266.  hwg  sceal 
ic  refter  his  ligldo  pcowian  282.  pä  ne  willad  nie  (et  päm  ^irido 
geswican  284.  pä  het  he  nie  on  pisne  sid  fdran  499.  swä  he  üs  ne 
mceg  tmige  %ynne  gestcelan  391.  ponne  moton  wt  hie  üs  to  giongrum 
habban  407.  Aber  auch  Cyuewulf  gestattet  sich  gelegentlich,  wenn 
nicht  8 ,  doch  6  und  7  silben :  mld  Py  ic  pe  wolde  ewealm  äfyrran 
Cr.  1426.  siddan  he  hcefde  his  gast  onsended  Kr.  49.  gestodon  him 
<ei  his  lices  hedfdum  63.  ndfre  ge  mec  of  pissum  "wordum  onyvenda/t 
Guthl.  347;    sodann  der  Gnomiker   (vielleicht  wider  Cynewulf)  forpon 

1)  Nur  iniiss  er  sich  aushalten,  das»  er  von  sämtlichen  quad,  quaä  he,  qua- 
äun  sie  ein  für  alle  mal  freigesprochen  werde.  Seine  hörer  bekamen  sie  nicht  xu 
hören,  und  wir  würden  sie  nicht  lesen,  wenn  das  9.  Jahrhundert  den  gebrauch  der 
g&nsefüsschen  gekant  hätte. 


ALTS.   UND  A08.   YEESKUNST  59 

ße  he  US  (ßt  trynute  geteöde  5.  M.  üsic  wile  pära  \eana  genmiian  6 ; 
und  ähnliches  auch  sonst,  z.  b.  in  der  seelenrede  des  Cod.  Exon.  ponne 
iie  biä  mlbnig  tö  p<es  \ytel  \iä  96.  pces  pe  ic  pe  on  pyssum  liynäum 
1/odt  155.  Vor  allen  freilich  behält  der  dichter  des  Heliand  den  preis 
mit  10  Silben:  endi  frägödun  ef  he  wärt  thoit  hatm  godes  911.  so  gt 
sie  ni  thurbun  mid  enigu  tehu  kopon  1848.  that  it  ni  tnahta  te  dni- 
gäru  trumu  wiräan  2412.  In  diesem  letzten  beispiele  wird  zwar  te 
vor  vocalischem  anlaut  nicht  zu  hören  sein,  wie  überhaupt  mancher 
fdül  durch  synalöphe  sich  mildert:  m  sl  that  he  mi  an  is  Skründi  121. 
iethiu  ne  thurhun  gi  umbi  iuwa  giy^ädi  sorgm  1686« 

Im  Beowulf  ist,  wie  überall,  die  anschwelluug  des  auftactes  mehr 
im  zweiten  als  im  ersten  halbvers  zu  hause;  aber  sie  geht  im  ersten 
nicht  über  4 ,  im  zweiten  nicht  über  5  Silben  hinaus  und  erreicht  diese 
grenzen  nicht  gerade  häufig:  p(Bt  h^  hcefde  iXLodmicel  1107.  gehwearf 
pä  in  Francna  tceäm  1210.  se  pe  cefter  micgifan  1342.  nusg  ponne 
on  pdm  golde  ongitan  1484.  peähpe  ht  his  hrodor  heam  2619.  ptes 
pe  hire  s6  YfiUa  gdömp  616.  pcet  he  nit  ongemi  sied  681.  pcet  hie 
cbr  to  tela  mides  694.  to  p<es  pi  he  winreced  714.  swä  h$  ndfre 
man  lyhä  1048.  gehwylc  hiora  his  terhäe  treöwde  1166.  pära  pe  hit 
nUd  mundum  bewdnd  1461.  pära  pe  he  htm  mid  htafde  1625.  ne 
Porße  him  pä  leän  odwitan  2995. 

Den  Senkungen  nach  der  ersten  und  zweiten  hebung  ist 
zunächst  nichts  von  dem  versagt ,  was  dem  auftact  erlaubt  ist.  Es 
konmien  aber  bei  ihnen  hinzu  erstens  die  übrigen  Silben  der  werte, 
deren  hochtonige  silbe  in  hebung  steht ,  also  auch  die  zweiten  teile  von 
compositen  und  die  bildungs  -  und  beugungssilben ,  die ,  wenn  der  dich- 
ter wolte,  die  zweite  hebung  nebst  der  ihr  folgenden  Senkung  besetzen 
könten:  tyrenpearfe  ongedt  Bw.  14.  y^ordldäre  forgedf  16.  Hcedelan- 
dum  in  19.  gesette  mfehreäig  94.  teond  fndncynnes  164.  ndmigne  ic 
under  %%oegle  1197.  sor%  is  nii  to  wecganne  473.  godtoUligun  gumun 
HeL  421.  nidhugdig  tiund  1056.  siu  mosta  aftar  iru  magaShedi  507. 
wi/*  Yfakogeandi  384^  tagararo  trumono  1100.  tisködun  im  an  them 
ndda  1156;  sodann  das  nomen  und  die  dem  nomen  an  gewicht  zunächst- 
kommenden adverbien  und  pronome,  sofern  ihnen  in  der  hebung  ein 
wort  gleiches  ranges  und  gewichtes  vorausgeht,  zu  dem  sie  in  enklise 
treten  können.  Es  verschlägt  hiebei  nichts,  wie  viele  silben  daneben 
von  dem  werte,  dessen  hochbetonte  silbe  die  hebung  trägt,  in  die  Sen- 
kung fallen,  noch  ob  Stammsilben  darunter  sind:  Hkp  tö päm  sdlmihte- 
gan  gode  Gen.  544.  up  te  theni  t^mahtigon  gode  Hei.  903.  Es  gehn 
auch  Partikeln  und  pronome  noch  in  den  kauf,  mögen  sie  vor  oder 
nach  dem  in  der  Senkung  befindlichen  nomen  stehn:   Yfendan  wMum 


ßO  RIEOEB 

and  bleotn  Kr.  22.  bctron  im  fdr  'heorivas  on  eaxlum  32.  heofatui 
rice  mid  YAuttnwi  säwlum  Gen.  397.  tira  heam  on  ßissum  ttBstum 
clomme  408.  neäldkte  niht  seo  pystre  Jud.  34.  so  fest  bist  thü  so  felis 
thc  hardo  Hei.  3060.  ni  gcdpö  thü  far  thinun  gefH>n  te  swido  1563. 
Aber  es  darf  nicht  ein  compositum ,  wenigstens  nicht  ein  dreisilbiges 
mit  nebenton  sein;  es  dürfen  nicht  zwei  nomina  oder  an  gewicht  zu- 
nächstkommende  werte  sein,  ebenso  wenig  ein  solches  wort  neben 
einem  verb,  da  alsdann  das  eine  vom  anderen  durch  dessen  enklise 
in  die  hebung  gedrängt  oder  seiner  eigenen  anlehnung  beraubt  würde. 
Anstössig  wäre  daher  die  betonung  enget  in  ßone  o/n  innan  beewom 
Dan.  238  y  richtig  aber  ist  enget  in  pone  ofn  Innan  bectcom.  Anstössig 
ist  wif  sceal  wid  wer  wdbre  gehealdan:  \  oft  hy  mon  wommum  hdihd 
Onom.  101 :  der  zweite  hier  sinlose  halbvers,  der  in  einer  andern  spruch- 
reihe On.  65  widerkehrt,  ist  zu  tilgen  und  der  vers  nach  tver  zu  tei- 
len.  Ahnlich  verhält  es  sich  mit  Gnom.  165  fda  sceop  tneotud  Jtaes  pe 
tym  getoeard:  man  teile  nach  meotud,  der  zweite  halb  vers  Ml  siddan 
swä  tord  wesan  steht  vereinzelt.  Anstössig  ist  sälig  bist  thü  Simon, 
sunu  Jonases  Hei.  3063,  wenn  man,  wie  es  sich  gebührt ,  salig  als 
erste  hebung  betont;  der  dichter  verfährt  aber  offenbar  wie  in  jenen 
Versen  der  bergpredigt  und  behandelt  die  werte  salig  bist  thu  als  anf- 
tact.  Zwei  copulativ  oder  disjunctiv  verbundene  verba  wurden  schon 
im  auftact  als  unerlaubt  erkant. 

Das  adverb  kann  übrigens  in  der  Senkung ,  was  dem  nomen  unmög- 
lich wäre ,  auf  ein  in  hebung  stehendes  verb  folgen :  ifihhätan  y^yrccan 
geornc  Jud.  8  ist  so  richtig  wie  hören  ceßer  hencum  gdome  18. 

Zwischen  beiden  Senkungen  bringt  schon  der  poetische  stil  einen 
unterschied  hervor,  der  von  grosser  metrischer  bedeutung  ist.  Die 
erste  Senkung  ist  nämlich  vorzugsweise  der  sitz  der  pronome  und  Par- 
tikeln, die  zweite  der  nomina  und  verba,  von  welchen  letztem  nur 
diejenigen y  die  mit  dem  Infinitiv  oder  partidp  construiert  werden,  in 
der  ersten  Senkung  öfter  begegnen:  ^egnas  sindon  ge^wcere  Bw.  1230. 
ge^ett  Juefde  he  hie  swä  ge^Uglice  Gen.  252.  swä  ifyfdic  wtßs  his 
yaaestm  on  heofonum  255.  Ayran  sceolde  he  his  dreämas  on  heofo- 
num  257.  gram  weard  him  st  goda  on  his  mode  302.  ^ittan  täte 
ic  hinc  wid  titi  Bylfne  438.  so  luttiJc  wäri  {hat  the  sun  litMliun 
Hei.  2830.  hluttro  habäs  thu  an  thfnofi  herron  gilc^on,  \  }mgi- 
skefli  sind  thtne  stenc  giltka  3068.  hf^an  shulun  thl  firiho  bam 
3069.  Im  ganzen  Beowulf  finden  sich  nur  folgende  hemistichien  mit 
pronom  oder  partikel  in  zweiter  Senkung:  weada  ic  not  hwylc  274. 
gumena  ndt  hwylc  2233.  eode  eorla  sum  1312.  gewdtpä  iwelfa  sum 
2401.     metod  manna  gehwtßs  2b21.    Breca  ndefre  git  583.     büton  ^ 


ALTB.  UKD   AGB.  VBRBKÜVBT  61 

nii  pa  657.  raäe  öfter  pon  724.  tSrdon  torit  ponon  1632.  tShd  oder 
to  1755.  Geät  ungemetes  wel  1792.  brtlo  edlles  wd  2163.  tremmaä 
gf  n\i  2800,  wenn  man  so  richtig  für  gena  emendiert.  Aber  auch  der 
dichter  des  Heliaud  verhält  sich  ähnlich;  in  seinen  ersten  1000  Ver- 
sen kommen  nicht  mehr  als  folgende  fälle  vor:  ^utwb  qt4dntun  m  113. 
hedäflar  (hin  196;  dftar  thiu  ausserdem  243.  512.  630.  633.  715.  800. 
995.  qtmmi  te  them  \indsla  gihto^  347.  iro  mod  morgan  hwem  (?) 
693.  Ju!  Aopta  sie  Aago  gehwüikes  954.  garo  gtimano  s6  hwem  957. 
so  mikilu  is  h^  betara  ihan  ik  941.  ^i  was  iro  thuo  nohthan  46. 
listiun  tdlda  tho  492.  üsa  zldiro  6sfar  hinan  571.  giYfitun  im  fho  eft 
tJianan  832.  manag  sdmnoda  thär  950.  Andrerseits  macht  es  einige 
möhe,  nomina  oder  andere  verba  als  die  oben  angegebene  art  in  erster 
Senkung  zusammen  zu  suchen:  ttseder  aäeluni  onton  Bw.  911.  unibor 
wesendum  &r  1187.  Imn  ptBS  grim  lean  becdfn  Gen.  46.  paito^  mih- 
ttges  godes  mdd  onwdcen  403.  tli^  fddo  nian  an  them  nläha  Hei.  493. 
{et  totum  S(üt  treän  Scildinga  Bw.  1166.  Seccan  söMc  ic  and  Becean 
Wids.  115.  hig  standaä  m^  %\range  geneätas  Oen.  284.  thea  man  sto- 
dun  gdrowa  Hei.  675;  begriffsvollere  adverbien  habe  ich  mir  gar  nicht 
angemerkt,  obwol  sich  hie  und  da  eines  finden  mnss:  gearo  sona  wtes 
Bw.  121.  ^anon  efl  gewät  123.  monig  oft  gestet  171  sind  zweifelhaft, 
da  das  adverb  so  gut  wie  das  verb  betont  werden  kann.  Nomina  in 
zweiter  Senkung  haben  die  bisherigen  beispiele  schon  in  menge  ergeben; 
auch  verba  sind  häufig  genug:  wintet*  yäe  hde&c  Bw.  1132.  hrä  icide 
spreng  1569.  Yf€eter  üp  purhdräf  1623.  treode  stoä  wit  furäum  sprS- 
con  1707.  that  irerod  ödar  IM  Hei.  103.  ttuxt  ger  fürdor  skr(^d  449. 
thm  "WPros  dftar  gemfun  658. 

Diese  verteilmig  des  sprachstoffes  unter  die  beiden  Senkungen 
bewirkt  nun ,  dass  die  zweite  derselben  auch  bei  den  dichtem ,  die  sonst 
dazu  neigen,  vor  grosser  anschwellung  sicher  ist,  und  es  ist  damit 
dem  vers  ein  wirkungsvoller  abschluss  gesichert.  Die  erste  Senkung 
bleibt  dagegen  der  anschwellung  preisgegeben.  Im  Beowulf  ist  ihr 
hier  wie  im  aufbact  ein  enges  mass  gesetzt:  häufig  sind  drei  silben, 
selten  vier  und  fanf ,  wobei  man  auch  die  mögliche  synaloephe  in  rech- 
nung  bringen  muss:  wene  ic  pat  Ju^  mid  gode  1184.  pdra  pe  ic  on 
tcldan  1196.  ndnigne  ic  under  moegle  1197.  ^iSäan  h(?  under  tiegne 
1204.  gesiUvon  pä  cefter  Vftetere  1425.  oßloh  pa  at  pdre  ^dBCce  1665. 
\kyrde  ic  past  he  pone  healsbeäh  2172;  mehr  silben  werden  sich  schwer- 
lich irgendwo  finden.  Sechs  erlaubt  sich  der  dichter  der  Genesis:  wor- 
hte  man  hit  him  to  ifitc  318.  ptet  heofonrtce  nü  tce  hU  habban  ne 
woton  404  y  andre  beispiele  sind  unter  den  früher  gegebenen ;  aber  auch 
ein  anderer  geht  so  weit :  eA/%  hiä  sP  pe  in  his  ftße  gepihi  Gnom.  37, 


63  RIBGBB 

und  der  dichter  des  Widsith  weiter:  mid  Itidtot^dngum  k  wces  and 
mid  Iteonum  80 ;  am  weitesten  auch  hier  wider  der  dichter  des  Heliand : 
mligdran  undar  (kern  gi^ea  611.  thie  jungäron  the  hr  imu  hoibda  be 
is  godi  gikorane  3038.  grimmes  than  lanyo  the  ho  moata  is  luguäi 
neotan  3498 ,  immerhin  um  zwei  oder  drei  silben  unter  dem  masse  sei- 
nes längsten  auftactes  zurückbleibend. 

Wie  der  angeschwellte  auftact  den  zweiten  halbvers,  so  hat  die 
angeschwellte  erste  Senkung  den  ersten  halbvers  vorzugsweise  zum 
gebiet. 

Die  verschiedene  benutzuug  der  freiheit,  den  auftact  und  die  bei- 
den Senkungen  anzuschwellen ,  ergibt  für  den  halbvers  und  um  so  mehr 
fQr  den  vers  die  mannigfaltigsten  combinationen ,  deren  jichtige  auswahl 
Sache  des  kunstgefühles  ist,  auf  deren  glücklicher  abwechselung  die 
äussere  formschönheit  der  dichtung  beruht.  Halbverse,  in  welchen  an 
den  drei  stellen  zugleich  die  anschwellung  das  mass  erreichte,  das  sich 
der  dichter  für  jede  einzelne  derselben  gestattet,  gibt  es  nicht;  sogar 
der  dichter  des  Beowulf  würde  damit  einen  halbvers  von  15  silben 
erzielen,  die  der  Genesis  und  des  Heliand  völlig  unfassbare  metrische 
ungeheuer.  Auch  eine  massige,  aber  ziemlich  gleichmässige  anschwel- 
lung an  den  drei  stellen  wirkt  nicht  schön:  he  hcefä  nü  gemearcod 
änne  middangeard  Gen.  395.  nü  is  it  iu  ginäJtid  thurh  thes  nenan- 
don  hrafl  Hei.  1144.  thoh  siu  ina  kudliko  antkenman  m  mohti  5922; 
ganz  anders  wenn  die  zweite  Senkung  nur  einfach  gefüllt  wird :  no  py  ter 
he  pone  headorinc  Bw.  2466.  Eine  ungeftllige  Wirkung  entsteht  nicht 
minder,  wenn  der  auftact  und  die  zweite  Senkung,  nicht  aber  die  erste 
angeschwellt  ist:  und  pone  hehstan  Yieofones  tvealdend  Gen.  260.  pret 
w^^  htm  an  päm  lande  lad  gefremedon  392.  Juefst  pe  mä  Aryhten 
Apme  geworhtne  507.  betan  heora  Yiearran  heaimctvide  625 :  das  sin- 
lose  hearran  (nebst  dem  davon  bedingten  his  im  zweiten  halbvers) 
solte  man  aber  auswerfen,  worauf  die  erste  hebung  auf  hetan  fiele. 
pä  wearä  yrre  Bnmod  cyning  Dan.  224.  weldon  thi  mid  ^tenan  star- 
kan  avoerpan  Hei.  3991.  sohia  imu  (hat  hoha  himüo  nJci  5977.  Die  Ver- 
einigung eines  erweiterten  und  eines  kurzen  halbverses  beleidigt  nicht, 
wenn,  wie  so  oft  im  Heliand,  der  kurze  der  erste  ist:  mncte  Päet-,  [ 
obar  themu  skcd  man  mtnan  ^i  tvirkean  3070 ;  wol  aber  im  entgegen- 
gesetzten falle:  he  is  i,na  cyning  pe  us  eorre  geweard,  \  ice  dryhten 
Sat.  261.  (hat  sia  thia  hafttm  fpum  thuru  thena  hdlagan  dag  \  hangon 
ni  liettm  Hei.  5692.  Mit  recht  beliebt  dagegen  sind  zwei  metrische 
haupttypen,  die  dadurch  entstehn,  dass  man  entweder  beide  Senkun- 
gen ohne  den  auftact,  oder  den  auftact,  aber  keine  der  Senkungen 
anschwellt,  beide  als  erster  und  zweiter  halbvers  oftmals  und   oft  in 


aLTi$.    und  ACS.   VEBSKUN8T  63 

mehrmaliger  widerlioluug  hinter  einander  combiniert:  wr^eüicne  ifw«- 
donnaätim  {ßone  pe  hhn  yftalhpeo  geafByf.  2173.  landes  and  locenra 
hedga  \  ne  porfte  hm  pä  \eän  oüwäan  2995.  tlian  sdhuii  sie  so  wis- 
liho  ■  vndar  thana  "wolknes  shion  \\  üp  ie  themti  höhon  himile,  \  hwo 
ßmu  fheä  hinton  strrrou,  \\  nnfkcndun  sif*  thiu  liuinhal  yodes,  \  thiu 
warnn  fJmrh  Kristan  h/trod  \\  yiwar/d  to  thcsero  w^o/rfi,  und  ei'st  jezt 
eine  neue  combination :  fhea  yferos  dftar  (/engun  Hei.  055  fgg.  Vergl. 
2822  fgg.  2986  fgg.  3494  fgg.  4;;94  fgg.  und  neben  den  leicht  zu  fin- 
denden beispielen  in  der  Genesis  und  Judith  Cr.  1382  fgg.    1423  fgg. 

Es  versteht  sich  dass  die  geschwellten  Senkungen,  einschliesslich 
des  auftactes,  ihre  nebentune  haben,  luid  sehr  oft  —  man  sehe  nur 
die  obigen  beispiele  durch  —  lässt  sich  der  erweiterte  halbvers  ohne 
weiteres  in  zwei  gewöhnliche  halbverse  zerlegen,  in  welclien  jene  neben- 
töne hebmigeu  geworden  sind.  Tn  diesem  falle  kann  man  ebenso  gut 
von  vier  hebuugen  des  erweiterten  halbverses  sprechen ,  von  denen  zwei 
den  andern  übergeordnet  sind;  aber  im  sinne  der  otfriedischen  metrik 
kann  mun  es  auch  dann  nicht,  und  die  vier  hebuugen  bleiben  immer 
etwas  zufillliges. 

Geht  man  von  vier  silbeu,  zweien  in  hebung  und  zweien  in  Sen- 
kung, als  dem  mittleren  grundschema  des  halbverses  aus,  so  ergibt 
die  Verdoppelung  dieses  Schemas  die  silbenzahl,  die  Snorri  Sturluson 
als  die  mittlere  für  den  dr6ttkva?dr  hättr  angibt.  Die  Südgermanen 
haben  auf  demselben  wege  wie  die  Nordleute  ein  ei-weitertes  metrum 
gefunden,  aber  sie  haben  es  nicht  systematisiert  und  auch,  so  viel  wir 
sehen,  nicht  strophisch  verwant.  Zum  dröttkvjedr  hättr  wie  zum  liö- 
dahättr  findet  sich  hier  nur  das  unverarbeitete  element.  Das  erweiterte 
metnim  wenigstens  spielt  in  beiden  litteraturen^  der  angelsächsischen 
wie  der  altsächsischen,  ganz  dieselbe  rolle;  bleibt  es  im  nordischen 
sinn  unverarbeitet,  so  wird  es  wenigstens  mit  sinn  verwertet.  Mögen 
viele  dieser  vei-se,  die  ganz  vereinzelt  unter  den  gewöhnlichen  kurzen 
vorkommen,  mögen  die  erweiterten  halbverse,  die  mit  kurzen,  mitun- 
ter sehr  unschön,  verbunden  werden,  ganz  den  eindruck  des  zußllligen 
machen,  so  kann  man  dies  doch  nicht  von  den  grössern  und  kleinern 
massen  sagen,  in  denen  sie  von  mehrern  dichtem  vereinigt  werden. 
Hier  bringen  sie  einen  volleren,  erregteren  ton  in  die  darstelluug,  der 
von  erheblicher  Wirkung  sein  kann.  Mit  der  deutlichsten  absieht  hat 
sich  der  dichter  der  Judith  dieses  kunstmittels  bedient.  Da  aber  schon 
Cynewulf  und,  wenn  auch  sparsam,  der  dichter  desBeowulf  es  gebrau- 
chen, so  kann  es  nicht  von  den  Altsachsen  gelernt  sein,  auch  wenn 
ein  teil  der  Genesis  wirklich  nach  dem  verlornen  alttestamentlicheu 
teile  dos  Heliand  bearbeitet  ist.    Das  erweiterte  metrum  ist  also  schon 


64  RIEOSB,    ALTS.  UND  AG8.  VEBSKÜNST 

vor  der  auswandeiiing  der  nordalbingisohen  Angeln  und  Sachsen ,  als 
Sänger  wie  Widsith  zwischen  ihnen  und  den  übrigen  deutschen  stam- 
men hin  und  her  gingen  und  dort  wie  hier  verstanden  wurden,  in  sol- 
cher weise  gebraucht  worden,  wie  wir  es  aus  den  denkmälern  des 
8.  und  9.  Jahrhunderts  kennen  lernen.  Auch  es  gehört  zu  der  ererb- 
ten verskunst,  die  der  dichter  des  Heliand  mit  dem  des  Beowulf  so 
völlig  gemein  hatte ,  obwol  beide  von  ihr  einen  so  verschiedenen 
gebrauch  machten.  Ihre  gesetze  Hessen  ihn  zu,  und  gegen  diese  gesetze 
sündigte  keiner  von  beiden.  Das  beweist  zur  genüge,  dass  auch 
der  Altsachse  noch  aus  einem  rauschenden  ström  epischen  gesanges 
schöpfte;  wenn  nicht  schon  die  falle  und  Sicherheit  seines  stiles  davon 
künde  gäbe.  

S.  1,  z.  12  V.  o.  lies  8.  280  statt  s.  253.  Ich  berichtige  dieses  versehon,  das 
jeder  leser  leicht  selbst  berichtigen  könte,  uin  den  Kchcin  zu  vermeiden,  als  wolle 
ich  Amelnngs  fruchtbare  Untersuchung  über  die  doppelte  Senkung  in  der  niittel- 
deut sehen  poesie  des  12.  Jahrhunderts  mit  seiner  mir  un^eniessbaren  altsachsischen 
verHlehre  in  einen  topf  werfen.  Auch  von  meinem  Standpunkte  aus  stellt  sich  ein 
Zusammenhang  zwischen  jener  mitteldeutschen  eigcnhcit  und  der  alten  vcrskunnt 
dar:  er  besteht  einfach  darin,  dass  man  in  Nieder-  und  Mitteldeutschland  mit  dem 
Vierhebungsschema  nicht  sofort  auch  das  gcsetz  der  einsilbigen  scnkung  annahm, 
das  dem  alten  hemistich  von  zwei  hebungen  fremd  gewesen  war. 

DARMSTADT,   IM   SEPTEMBER   1875.  M.    R1E(}ER. 


ZU  GOTTFRIEDS  TRISTAN. 

12449  (313,  11.)  Ps;  vmoürdft  im  nmiier  ba^  cntsofjet  ist  von 
Bechstein  gänzlich  misverstanden.  Der  sinn  ist:  es  könte  ihm  nicht 
besser  verheimlicht  werden.  Entsagen  iii  dieser  bedeutung  findet  sich 
z.  b.  Gregor  839.  e^  ist  algemeines  subject.  Es  ist  leicht  ans  dem 
zusammenhange  zu  ergänzen ,  was  dem  könige  verheimlicht  werden  soll, 
nämlich,  dass  Isolde  das  magcttuom  genommen  sei. 

15798.  (396,  40.)  und  ersüfte  ü^er  aide.  —  Bechstein  tt^cr  aJäe 
„ohne  daran  zu  denken,  unbewusf  So  auch  das  mhd.  wb.  Doch 
weiss  ich  nicht,  weshalb  man  hier  von  der  gewöhnlichen  bedeutung 
„über  die  massen,  sehr"  (vgl.  Lanz.  1862  fiin  mint  in  uz  der  rJite) 
abgehen  sollte. 

QÖTTINOEN.  R.  SPRENGER. 


65 


ZWEE  KAUFLEÜTE. 

KINK     ERZÄHLlTNri     VON     RIIPRKCHT     VON     WIRZBURO. 
KRITISCH    REARJiElTKT    VON    MORIZ   HAUPT. 

Ich  tuon  rebt  als  die  toreu, 

die  da  bringent  z*6ren 

swa;  iu  kumet  in  den  muot; 

e;  si  übel  oder  guot, 
5    si  laut;  her  ü;  suallen 

und  ü;  dem  munde  vallen 

als  man  sis  gebeten  habe: 

sus  tuon  ich  torehter  knabe, 

wan  ich  mit  krankem  sinne 
10    einer  rede  beginne 

diu  mir  ist  ze  swsere. 

ich  wil  sagen  ein  ma^re; 

ich  fürhte  e;  muge  niht  volkomen, 

Sit  ich  michs  hau  an  geuomeu: 
15     wan  ich  bin  guoter  witze  liol 

und  aller  tumpheite  vol. 

dar  uuibe  bitte  ich  alle, 

swem  e;  missevalle 

der  hoere  les«Mi  diz  büecheliu, 
20    da;  si  mir  gnafdic  w<^llen  sin 

und  min  getilite  iht  schelten, 

wan  ich  eutuon  e;  selten. 

got  mir  sine  helfe  sende 


25     da;  ich  da;  nia;re  volende. 
e;  lit  in  Franken  riche 

ein  stat,  diu  ist  vil  riche, 

diu  ist  Virdüu  genant 

und  von  koufliuten  wol  bekant. 
30    dar  inne  an  alle  schände, 

die  tiursten  von  dem  lande, 

sä;en  zwene  koufman. 

ir  ietwedere  began 

den  andern  sere  minnen 


ZE1T8CHU.    F.    DEUT8CUK    PUILOLOOIE.     l:lJ     VII. 


66  ZWEI   KAUFLEUTE 

35    mit  stetes  herzen  sinnen, 
e;  het  diu  staete  friuntschaft 
an  in  genzliche  kratl. 
ditz  triben  si  vil  manegen  tac. 
ir  ieglicher  ringe  wac 

40    durch  den  andern  län  enwäge 
Itp  guot  ere  unde  mäge. 
doch  was  der  eine  richer  vil 
und  vaste  über  des  andern  zil 
gestigen  von  dem  gotes  gebot: 

45    er  was  geheimen  (Hlot. 

der  ander  was  im  undertun 
reht  als  er  wajr  sin  eigen  man 
und  diente  im  an  alle  schäm: 
geheimen  was  er  Gillam; 

50    einen  sun  het  er,  hies;  Bertram. 
Gilot  het  ein  tohter. 
durch  liebe  nemohter 
keine  stunde  nie  gelän, 
ern  müeste  zuo  Gillame  gän, 

55    mit  im  sitzen  unde  stan, 
beide  tuen  unde  län: 
sus  twanc  in  der  liebe  gart, 
sin  tohter  hie;  frou  Irmengart. 
sie  hete  schceue  unde  jugent, 

60    vernünftekeit  unde  tugent. 
ouch  was  der  herre  Bertr<am 
ze  aller  bösheite  lam 
und  z'aller  frumkeite  snel. 
des  wart  sin  lop  breit  unde  hei; 

65    sin  heil  da;  was  niht  sinwel. 
nu  begunden  die  zwen  alten 
der  stat  vaste  walten: 
in  mohte  nieman  wider  gesin. 
her  tiilot  hete  manegen  sin 

70    wie  er  umbe  gienge, 
Gillam  an  eren  vienge 
mit  also  ganzer  friuntschaft 
da;  der  stsetekeite  haft 
nimmer  mere  würde  erlöst. 

75    er  dähte  e;  waere  ein  ganzer  tr5st 


KBIT.   BEARB.    V.   M.   HAUPT  67 

der  stat  algemeine, 

wau  zweiunge  deheine 

möhten  der  stat  üf  gestSn 

ob  si  zesamen  wolten  gen 
80    mit  friuntltcher  staete. 

mit  manecvalter  rsete 

truoc  er  e;  fruo  und  spsete. 
dd  er  ditz  lange  het  verholn 

und  sinem  wibe  vor  verstoln, 
85     eins  nahtes  er  sich  bewac, 

dö  er  b!  ir  ze  betto  lac, 

da;  er  ir  niht  verdagete. 

sinen  muot  er  ir  sagete; 

er  sprach  'liebiu  frouwe  mtn, 
90    mir  ist  komen  in  den  sin 

da;  icli  dem  jungen  Berhtram, 

sun  miues  friundes  Gillam, 

Irmengart  wil  ze  wibe  geben: 

s5  mugen  wir  mit  fröuden  leben 
95    und  der  stat  aller  walten.' 

si  sprach  'herre,  tuo  gehalten 

dise  rede,    wa;  sol  di;  stn? 

war  tuost  du,  hene,  dtnen  sin? 

du  soltst  die  rede  bän  verhorn: 
100    si  ist  mir  inneclicheu  zorn; 

du  hast  si  mS  dan  halp  verlorn/ 
Gilot  ir  antwurte  dd; 

er  sprach  *frowe,  wie  tuost  du  s6? 

du  solt  dise  rede  län 
105    und  mich  ein  wSnc  da  bt  verstau: 

dir  ist  din  muot  verirret. 

ich  wei;  wol  wa;  dir  wirret. 

gräven  unde  herzogen 

(da;  ist  war  und  niht  gelogen) 
110    unser  tohter  wolten  nemen, 

ob  mich  mochte  des  gezemen 

da;  ich  si  in  wolte  geben. 

da  wider  wil  ich  immer  streben, 

wände  mir  in  minem  herzen 
115    wüehse  vil  gr6;er  smerzen 

swen  man  mir  min  liebe;  kint 


68  2WSI  KAÜFLEUTK 


wurde  smsehen  als  ein  riut, 

da;  si  uiht  edel  wa^re. 

vernim  du  miniu  msere: 
120    min  tohter  sol  nemen  man 

der  ir  wol  si  geu6;san/ 

si  sprach  'sv.a;  du  wilt  da;  si  getan/ 
zehant  dö  si  der  rede  verjach 

der  herrc  minneclicheu  sprach 
125     'saelic  sistu,  liebe;  wip, 

wan  du  mit  allem  dinen  lip 

mir  alle  zit  bist  undertäu. 

da.  von  muo;  ich  dich  immer  hän 

liep  bi;  au  mtues  todes  zil: 
130     wan  diuer  zuht  der  ist  sd  vil. 

wir  sulen  niht  lauger  beiten, 

wir  sulen  uns  bereiten 

da;  wir  dem  dinge  kumen  zuo: 

ich  wil;  enden  morgen  fruo/ 
135     'vil  lieber  berre,  da;  tuo.' 

zehant  kam  des  tages  lieht. 

der  herre  sich  sämde  uieht, 

er  gienc  hin  ze  Giilam. 

er  sprach  *wä  ist  Bertram? 
140     eines  diuges  sol  in  zemen, 

er  sol  min  tohter  z'%  nemen: 

wan  mir  uieman,  wi;;e  krist^ 

lieber  z'einem  eidam  ist.' 

Giilam  sprach  'herre,  lät  stän. 
145    wes  spottet  ir  mich  armen  man? 

ich  bin  iur  diener  ie  gewesen. 

ir  sult  mich  bi  iu  län  genesen. 

tuet  ir  da;,  sd  tuot  ir  wol: 

da;  gediene  ich  euch  swä  ich  sol.* 
150    des  antwurte  im  du  Gilot 

'e;  ist  min  ernest  äne  spot. 

war  teete  ich  die  sinne  min 

sd  ich  wolte  spotten  din? 

e;  mac  nieman  erwendeu« 
155    nach  dinem  sune  solt  du  senden/ 

si  gelobten;  beide  mit  henden. 
dö  da;  der  junge  veruam, 


KRIT.  BBARB.   Y.  M.  HAITPT  69 

tU  schiere  er  zuo  sim  vater  kam. 

dar  nach  kam  ouch  frou  Irmengart. 
160    dem  knappen  si  gesworen  wart 

zeim  Glichen  wibe. 

vil  nähen  sinem  übe 

drukte  er  die  sclicenen  m^^ 

als  mir  da;  m^ere  wart  gesagt, 
165    diu  magct  sere  weinte. 

da  mite  si  bescheinte 

ir  kiusche  und  ir  wipliche  zuht. 

e;  diuhte  ouch  noch  ein  ungenuht 

swä  man  e;  vernseme 
170    ob  ein  wip  uiht  erka^me 

dd  man  si  gsebe  einem  man 

den  si  mit  vollen  ougen  an 

nie  gesach  ze  einem  male. 

Bertrame  wart  an  alle  twäle 
175    geboten  ein  sulhiu  höchztt 

da;  weder  vordes  noch  stt 

kein  sö  schoeniu  m§  geschach, 

ob  e;  iht  wser  als  man  mir  yerjach: 

da  wider  ich  wort  nie  gesprach. 
180        nu  begunde  diu  sunne  sigen 

und  der  äbentsteme  stigen 

nach  der  alten  gwonheit. 

ob  mir  ist  geseit  diu  wärheit, 

die  beide  dö  ein  bette  enphienc. 
185    ein  vil  liep  da  ergienc 

und  ein  minneclicher  umbevanc. 

da;  mich  nu  ncetet  min  gedanc 

sö  gar  verre,  deist  mir  zorn: 

wan  leider  e;  ist  gar  verlorn. 
190    da  mite  si  der  rede  gedagt. 

der  knappe  und  diu  vil  schcene  magt 

versüenet  wurden  an  der  stunt. 

er  kustes  m§  dan  tüsentstunt 

an  ir  rosenroten  munt. 
195        diu  naht  mit  freuden  ende  nam. 

diu  frouwe  und  min  her  Bertram 

ze  banden  sich  geviengen; 

in  einen  sal  si  giengen: 


70  ZWEI   KAUFLBÜTE 


da  was  vou  freuden  michel  schal; 
200    der  tamb&r  gen  der  videln  hal: 

da  wären  onch  floiten  vil 

und  aller  hande  selten  spil 

und  schcBner  fiouwen  euch  genuoc. 

dar  nach  mau  tischlacheu  truoc. 
205    die  taveln  wurden  dö  bereit 

und  der  estertch  bespreit 

mit  bluomen  und  mit  grüenem  gras. 

swa;  h§rschaft  fif  dem  palas  wa;, 

die  heteu  wa;;er  alle  genomeu. 
210    dar  nach  sach  man  schiere  komen 

truhsse^en  unde  schenken. 

die  getorsten  des  niht  wenken, 

si  gäben  ganze  Wirtschaft 

und  alles  des  die  fiberkraft 
215    des  man  da  haben  solte. 

der  wirt  niht  sparen  wolte. 

in  deheine  slahte  siu  guot. 

er  hete  ein  gerehteu  muot. 

der  beste  ouch  nach  dem  besten  tuet. 
220        dö  diu  höchzit  ergienc, 

der  jungelinc  ze  huse  vienc 

mit  im  sin  vil  schoeue'4  wip. 

diu  was  im  lieber  dan  der  lip; 

also  was  er  ir  hin  wider 
225    weder  e  noch  sider 

nie  ZUG  deheinen  stunden 

zwei  so  geliebiu  wurden  fuuden 

sd  disiu  beidiu  wären. 

alle;  kriegen  si  verbären: 
230     wa?  si  wolt  da;  wolte  ouch  er, 

da;  im  geviel  da;  was  ir  ger. 

sus  muosten  si  mit  ü'öuden  leben. 

in  hete  got  den  wünsch  gegeben 

und  uf  erden  hie  ein  paradis. 
235    nie  kein  meister  wart  sd  wis 

der  envollen  möhte  getihten 

und  ze  rehte  berihten 

ir  zweier  liebe  slo;;es  baut: 

da;  ist  mir  yollecliche  erkant: 


KRIT.   BEABB.   V.   M.  HAUPT  71 

240    e;  moht  nie  werden  zetrant. 

das^  ich  nu  sage  da;  ist  war. 

der  herre  me  dan  zehen  j&r 

het  alle  wege  mit  rate 

sin  hüs  fruo  unde  späte. 
245    des  volgte  im  frou  Irmengart 

in  aller  wiplicher  art. 

kein  herze  groe^er  staetekeit 

gewan  noch  ganzer  frumekeit, 

wan  si  was  der  saelden  stam. 
250    der  herre  min  her  Bertram 

mit  koufe  merte  sin  guot: 

wan  swer  zem  dinge  niht  entuot 

und  alzit  da  von  nemen  wil, 

des  muo;  wesen  harte  vil 
255     e;n  werde  schiere  vertan. 

der  herre  bereiten  sich  began 

üf  den  järmarkt  ze  Provis. 

er  was  kundic  unde  w!s 

üf  aller  hande  koufmanschaft. 
260    des  het  er  euch  die  Überkraft; 

zendäl  würze  siden  scharlät 

und  aller  bände  riebe  wät 

fiiorte  er  uf  den  järmarkt  hin. 

dar  an  nam  er  rtchen  gwin. 
265    urloup  nam  er  zer  froawen  sin. 

dd  er  zer  frouwen  urloup  genam, 

vil  sere  ir  herze  des  erkam, 

wan  ir  sagte  ir  swserer  muot, 

als  er  mir  ofte  selben  tuet, 
270    da;  er  ze  lange  weite  sin. 

vil  hei;e  weinte  de;  frouwelin. 

ir  herrn  si  nä  zuo  ir  gevienc: 

manec  küssen  d5  von  in  ergienc. 

si  sprach  *mln  vil  lieber  man, 
275    wem  wilt  du  mich  armen  län, 

Sit  du  von  mir  wilt  scheiden? 

nun  herze  mit  manegen  leiden 

ist  vil  starke  überladen; 

e;  muo;  in  grd;en  sorgen  baden. 
280    mir  ist  al  min  fröude  verspart 


72  ZWRl   KAUir.KrTR 

bi;j  iia;j  geschiht  din  widervart/ 
dem  lievreii  Avurdeii  d'ougen  r6t. 
alH  im  diu  grö^^e  liebe  gebot, 
er  sprach  'vil  miuiieclicbe;^  wip, 

285    war  umbe  quelst  du  dtnen  lip 
und  s\va*rest  mir  min  gemüete? 
der  liebe  got  dich  mir  behüete. 
du  solt  deheinen  zwivel  hftu 
ich  81  dir  inmier  undertan. 

290    ich  kume  her  wider  iu  kurzer  zit, 
ob  mir  got  gesuntheit  gtt. 
din  leit  bi  minem  herzen  ITt..* 

von  danno  schiet  der  herre  wert, 
wol  zehen  tflsent  marke  wert 

295    fuort  er  ze  Provis  in  die  stat. 
zuo  dem  besten  wiite  bat 
er  sich  wisen  drdte, 
der  mit  vollem  rate 
ein  gast  halten  künde. 

3()ö    gefuort  wart  er  zer  stunde 
ze  einem  wirte  riehen, 
der  schAne  und  hübschlicheu 
den  vil  jungen  gast  enpfienc. 
vil  znhtecliclie  er  gen  im  gienc 

305    und  hie;  in  gote  wilkomen  sin. 

er  sprach  'got  löne  iu,  herre  min. 
ir  sult  mir  lihen  ein  gaden 
da  ich  an  aller  slahte  schaden 
min  guot  müg  inne  gehalten 

31t»    und  des  aleine  walten.' 

der  wirt  tet  nach  siner  bete: 
da;  schoenste  gaden  da;  er  hete 
da;  wart  im  schiere  dil  bereit 
und  al  sin  guot  dar  in  geleit. 

315    des  wart  her  Bertram  gemeit. 
d6  di;  alle;  wart  get&n, 
man  hie;  den  gast  ze  tische  gän 
in  eine  kemenäten  wit, 
diu  was  alumbe  in  alle  sit 

320    gesazt  vul  rieber  koufman. 
d6  da;  e;;en  wart  getan. 


KRIT.   BEARB.    V.    M.    HAUPT 

der  ^virt  die  geste  hie?  gedagen 

und  bat  iv  iegliclien  sagen 

von  sinem  wibe  ein  miere, 
325     wie  si  geniuot  wjere 

und  wie  si  lebete  in  ir  hm. 

der  erste  sprach  'j^O  susä  süs. 

diu  min  ist  ein  uiisa^lic  wip. 

si  ist  ein  tivel  und  niht  ein  lip; 
330    und  s(e:^en  fif  der  swellen  min 

al  die  tivel  die  in  der  helle  sin, 

ir  getorste  keiner  zuo  ir  komen/ 

der  ander  sprach  *wir  hSn  veniomen 

vil  wol  da:^  du  uns  kündest. 
335    ich  waeu  da;  du  dich  sündest 

an  diner  hüsfrouwen  guot. 

diu  min  mir  niht  h1s6  tuot. 

si  ist  froelich  unde  frum. 

zehant  so  ich  von  ir  kum 
340    ir  ebenkristen  erbarmt  si  sich, 

da;  dem  süe;en  gote  ist  lobelich. 

des  ziuhe  ich  zwei  goucheltn.' 

der  dritte  sprach  'da;  mac  wol  sin. 

diu  min  ist  be;;er  denne  guot; 
345     si  hat  euch  einen  ^tseten  muot; 

da  bt  s5  kan  si  einen  list 

der  obe  disen  beiden  ist, 

vil  dicke  si  getrinket 

da;  ir  diu  zunge  hinket. 
350    alsus  min  wip  besorgen  kan 

m!n  hüs  und  alle;  da;  ich  hän/ 

der  wehselnuere  se  vil  getriben. 

ir  keiner  was  ald&  beliben, 

er  sluoc  stm  wibe  an  ie  etwa;: 
355    ir  selber  ^ren  truogens  ha;. 

der  junge  gast  her  Bertram 

di;  alle;  in  stn  herze  nam 

und  lobte  got  sSre 

der  vil  gr6;en  6re 
360    die  er  im  hete  getan. 

der  wirt  in  guetüchen  an 

sprach y  'wie  tuot  ir,  herre,  sd 


78 


74  ZWKI  KAVFLBUTE 


ila:^  ir  uns  uiht  macheut  vro 

mit  etlichem  m<erelin 
3()5     von  iuwer  liehen  wirtiu?' 

der  jungelinc  sprach  'da;^  sol  sin. 
ich  hän  da  heime  ein  rcine;^  wip 

der  vil  minnecliclier  lip 

mich  dicke  fro  machet. 
Uli)    min  herze  gen  ir  lachet 

swen  si  sehent  min  ougen  an. 

keime  wibe  nie  kein  man 

lieber  wart  dan  ich  ir  bin. 

si  hat  wiplichen  sin, 
Mb     kiusche  und  reine  gemüete: 

mä;e  und  rohtiu  güete 

volgent  miner  trouwen  mite, 

zuht  und  witzc  und  rehter  site: 

da  bi  ziuhet  si  sich  schöne. 
H8()    alles  lobes  ist  si  ein  kröne, 

die  si  ze  rehte  sol  tragen. 

niht  me  kan  ich  iu  gesagen 

von  miner  fiouwen  ruome. 

si  ist  aller  trouwen  bluome 
:<85     und  mines  herzen  ostertac. 

ze  ir  sich  niht  geliehen  mac. 

si  ist  aller  wibe  lop, 

ir  wirde  Hinget  allen  op, 

aller  tugende  sint  gen  ir  grop.' 
:ilK>        der  wirt  sprach  'ich  sihe  iuch  toben, 

da^  ir  iuwer  wip  so  ho  weit  loben/ 

mein  ich'  sprach  der  jungelinc. 

*  si  kan  alliu  guotiu  dinc 

herihten  unde  erkennen. 
:m.iö     swie  vil  tugende  icli  uejme, 

dannoch  ist  ir  vil  mer  an  ir.' 

der  wiit  sprach  Mm  volgent  mir 

und  rüemet  si  niht  so  serc: 

04  nimet  iu  anders  iuwer  ere, 
100    so  ir  wallet  driin  besitzen. 

ir  enphleget  niht  guoter  witze. 

mit  iu  icl)  des  wette, 

ich  ge  mit  ir  ze  bette 


KBIT.  BSABB.  V.  M.  HAUPT  75 

in  einem  halben  järe, 
405    ob  ir  getürret  zwäre, 

umb  ^le;  da;  ich  leisten  kan, 

ob  ich  des  urloup  von  iu  hän^ 

und  ob  iuch  niht  betraget 

da;  ir  da  gegen  wäget 
410    genzlichen  al  iuwer  habe, 

ob  ir  verlieset,  da;  ir  drabe 

get  mit  bl6;er  hende. 

da  gen  ich  verpfende 

alle;  da;  ich  guotes  hän. 
415    so  muo;  euch  da;  dar  nach  gän. 

swer  verliust  der  sol  bescheiden 

dem  andern  bi  geswornem  eide 

des  guotes  des  er  S  pfiac 

und  da;  er  die  wile  gewinnen  mac, 
420    mit  also  vester  staetekeit, 

ob  e;  ir  eime  würde  leit, 

da;  er  des  niht  möht  abe  gän/ 

diu  gelübde  ward  aldä  getan: 

ir  deheiner  wolt  des  abe  gän. 
425     der  wirt  den  gast  hie;  da  bestän 

und  boten  senden  hin  hein 

der  sagte  da;  er  wsere  enein 

worden  da;  er  wolte  vam 

g§n  Venedic  und  da;  niht  sparn, 
430    und  da;  er  seite  der  wirttn 

da;  si  da;  gesinde  sin 

mit  ganzer  ere  hielte, 

wan  er  si  nie  geschielte 

ü;  sines  herzen  arke. 
435    da;  brach  ir  fröude  starke 

dö  ir  di;  msere  wart  geseit. 

ir  herze  wart  von  jämer  breit 

und  ir  fröuden  bruch  gemeret. 

ir  wangen  wurden  gar  berdret 
440    mit  ir  lichten  ougen  regen. 

si  sprach  ^der  wäre  gotes  sogen 

alle  ztt  mir  in  behfiete. 

wie  tuet  sin  mänlich  gäete 

da;  er  mir  legt  niht  tröstes  anV 


7(5  ZWEI    KArFLEUTE 


145     adi  min  herzelieber  mau, 

sol  ich  dich  selion  immer  me? 

mir  ist  nach  diner  kfinfte  we: 

des  muo:;  ich  im  vcrziheu  mich.' 

diu  fiouwe  doch  getroste  sich 
450    und  hielt  ir  hfis  vil  lobelich. 

als  ir  da  vor  habt  vemomen 

der  wirt  was  ze  Virdün  kernen, 

der  vil  stolze  her  Hogier. 

er  was  kundic  uiide  fier 
455     und  heiborgt  gegen  der  frouwen  tür, 

da:j  si  dar  in  noch  da  fi\r 

getete  nimmer  keinen  ganc 

ern  t'ete  ir  einen  gegenswanc 

da:;  si  im  ie  muoste  nfgeu. 
460    da  von  begunde  im  vaste  stigen 

sin  muot,  wan  er  was  harte  vrö. 

er  dähte  *ich  füege  e:{  immer  s6 

da;  mir  wirt  guot  unde  wip. 

ich  wil  zieren  minen  lip, 
465    da;  ich  möge  si  beide  erwerben: 

wan  ich  muo;  vil  gar  verderben 

ob  da;  niht  geschehen  mac' 

beide  naht  unde  tac 

begunde  er  vaste  ringen 
470    mit  gedanken  wie  er  bringen 

sin  gewerbe  möhte  z'ende. 

er  begunde  der  frouwen  senden 

kleinotes  vil  und  manegen  gruo;. 

diu  frouwe  e;  under  ir  fuo; 
475    trat  nider  wider  die  erde 

mit  vil  grö;em  uuwerde 

und  hie;  im  dar  zuo  mit  ernste  sagen 

si  wolte  e;  ir  friunden  klagen 

so  da;  er  würde  wol  zerslagen. 
480        dö  di;  dinc  alsus  ergienc 

da;  dirre  gewis  niht  vernenc, 

er  begunde  zem  gesinde  gän 

und  in  vil  riebe  gäbe  län, 

da;  si  niht  verga;;en  sin, 
485    swft  so  ge8ae;e  ir  frouwelin. 


KRIT.    BEARB.    V.    M.   HAUPT  77 

sin  wort  si  da  sprÄchen  wol 

g§n  ir:  'da^j  diene  ich  swie  ich  sol; 

und  DiUgeut  ir  mir;;  volenden, 

ich  wil  iu  da^  verpfenden 
490    da;  ich  iu  gibe  grö:;eu  solt^ 

da;  ir  mir  immer  mer  sit  holt/ 

dö  di;  also  wart  getan, 

da;  gesiade  den  koufmau 

begunde  harte  sere  loben. 
495    si  spracli  ^kinder,  ir  weit  toben. 

weit  ir  verkoufen  disen  man, 

so  suochet  ander  koufman: 

ze  koufen  in  stSt  niht  min  muot. 

ich  wil  nemen  niht  für  guot 
500    iuwer  klafTen  habet  zesamen, 

od  ich  schicke  da;  ir  benamen 

werdent  alle  wol  zetroschen.' 

zehaut  warn  si  gar  verloschen 

und  begunden  die  rede  lenken 
505    und  da;  houbet  uider  senken 

als  in  gesniutzet  waere. 

si  lie;en  disiu  msere 

und  geswigen  des  zehant: 

alsus  waii;  ir  gewerp  zertrant. 
510     d5  her  Hogier  disiu  maere 

vernam,  diu  wären  im  gar  swjere, 

und  wart  aller  fröuden  laere. 
dö  dirre  gewerp  alsus  ergienc 

da;  er  nihtes  niht  vervienc^ 
515    er  erdähte  einen  niuwen  list. 

er  dähte  'ich  muo;  in  kurzer  frist 

doch  disem  dinge  z'ende  komen, 

e;  ge  ze  schaden  oder  ze  fromen.' 

eins  morgens  do  er  zer  kirchen  g^enc 
520    der  frouwen  dierne  er  gevienc 

diu  ir  aller  liebest  e  was. 

er  sprach  *kein  meister  nie  gelas 

sulheu  kumber  den  ich  da  hän. 

ich  bin  für  war  ein  toter  man 
525    ob  mir  niht  wirt  diu  frouwe  din.* 

diu  dierne  hie;  AmeÜn. 


78  ZWEI   KAÜFLBüTK 

er  sprach  'wiltu  verdienen  guot?' 

si  sprach  'dar  zuo  stet  wol  min  miiot/ 

d5  schoup  er  ir  zer  selben  stunt 

530    in  ir  buosem  wol  ein  pfunt 
und  b6t  ir  vil  grö^e  miete, 
er  spmch  ^tuo  an  bieten 
diner  frouwen  luiner  habe 
da;  si  neme  swie  vils  welle  drabe. 

535    ich  wil  g^n  ir  niht  wesen  karc; 
ich  wil  ir  geben  hundert  marc 
ob  si  welle  tuon  den  willen  min.* 
'da;  tuon  ich'  sprach  fron  Ameltn, 
wan  si  was  der  miete  geil, 

540    'alles  gelückes  heil 

mtie;e  iu  werden  undertän. 
ich  wil  ze  miner  frouwen  gan 
und  ir  tuon  dise  rede  kunt.* 
si  sprach  Huo  zuo  dtnen  munt 

545    und  gedenke  des  nimmer  me, 
od  ich  schaffe  da;  dir  wirt  we. 
ich  hän  guotes  haiiie  vil: 
min  ere  ich  niht  verkoufen  wil.' 
df)  in  aber  da;  niht  vervienc, 

550    zehant  her  Hogier  zuo  gienc, 
zwei  hundert  marke  er  ii*  bot. 
des  ahte  si  niht  umbe  ein  brot. 
da;  m§rt6  im  sere  sin  n6t. 
stn  zil  da;  nähet  starke. 

555    ze  jungest  tüsent  marke 

begunde  er  der  frouwen  bieten, 

da;  er  sich  müeste  nieten 

ir  minne  wan  eine  naht. 

Amelin  sprach  'wes  habt  ir  gedähtV 

ö6()    weit  ir  verdienen  niht  da;  guot, 
m!m  herren  ir  vil  übele  tuot: 
wan  er  vil  manic  lant  ervert, 
da;  im  nimmer  wirt  beschert 
da;  er  sulich  guot  gewinne. 

565    liebiu  frouwe,  dich  versinue 
und  samne  d!n  gemüete  ba;, 
da;  du  niht  gewinnst  mins  herren  ha;.' 


KRIT.    HEARB.    V.    M.    HAVPT  7^ 

des  autwurt  ir  frou  Innengart 

(nie  frouwen  lip  getriuwer  wart), 
57(.»    si  sprach  Mu  solt  der  rede  gedageii. 

icli  wil  e/,  miuen  friunden  klagen, 

von  den  du  wirst  gar  sere  geslag(ni.' 
si  sprach  'tuot  weder  ir  weit. 

ich  wend^j  niht  mit  dem  da/,  man  sclielt 
575     von  einer  halben  honen. 

da  von  wiit  man  in  Ionen 

da:^  iur  laster  deste  breiter  wirt 

swenne  iu  kumet  iuwer  wirt 

swen  man  die  rede  im  für  geleit 
i)H{)    er  sprach  ir  soldet  sin  bereit 

ze  tnon  da:^  wajr  sin  wille. 

ir  möht  ev^  lieber  stille 

tuon  deune  ey,  werde  offenl)ar 

unde  ir  al  den  liuten  gar 
585     werdet  zeinom  schalle 

als  do  mit  dem  balle 

tribent  kint  kintlichen  spot.' 

si  sprach  'da:;  verbiete  got 

da^  ich  iht  /e  schänden  werde: 
iyW    wan  mir  üf  der  erde 

künde  leider  niht  geschehen 

ob  man  mich  soltt*  in  laster  sehen 

und  in  houbethaiter  sunde; 

wan  mich  des  swcyela  unde 
5i»5     (luidten  in  der  helle  gründe.' 
do  disiu  rede  ein  ende  nanu 

si  sprach  'ach  lieber  Bertram, 

Wicr  dir  disiu  rede  kunt, 

so  kceniest  du  in  kurzer  stunt 
CUM»    her  wider  heim  ze  lande.' 

diu  frouwe  tri  vor  schände 

ze  einer  ir  muomen  gienc. 

ze  reden  si  alsus  gevienc 

und  jach  si  wolt:^  ir  vater  klagen. 
ü05    si  sprach  'des  solt  du  gedagen. 

und  liefest  du  den  riehen  solt, 

dir  wurde  nimmer  mcre  holt 

min  herze  noch  kein  Munt  diu. 


liO  ZWBI   KALFLBUTP. 

e;  möhte  ein  richiu  keiserln 

610    wol  tuou  mit  ganzer  ere. 
so  er  nu  von  dir  kßre, 
sd  lä;  du  dinen  Bchilrliz  nider: 
du  bist  aber  danne  wider 
diu  selbe  diu  du  ie  wsere.* 

015    diu  rede  diu  was  ir  swaere, 
und  k§rte  dannen  alzehant 
da  si  vater  und  muoter  vant. 
si  sprach  'vater  guoter 
unde  ouch  liebiu  muoter, 

620    vernemet  rehte,  ich  wil  iu  sagen 
und  wil  iu  minen  kumber  klagen; 
den  helfet  mir  mit  triuwen  tragen/ 

dö  diz  ir  vater  gar  vernam, 
er  sprach,  'ach  lieber  Bertram, 

625    und  wser  min  tohter  Irmengart 
wol  gesunt  uf  dirre  vart, 
da:;  si  da;  guot  gewänne 
e  denne  e;  ir  entrünue. 
vernim,  liebiu  tohter  min, 

630    du  lä  dtn  fragen  furba;  stn 
und  tuo  swes  man  bitte  dich, 
oder  du  verliusest  mich, 
wirt  da;  guot  alsus  verlorn, 
ich  schaffe  dir  vil  großen  zorn, 

635     ob  uns  got  Beitram  sendet: 
benamen  du  wirst  geblendet/ 
der  frouwen  jämer  wart  vil  gr6?, 
da;  wa;;r  ir  u;  den  ougen  schö;: 
des  twanc  si  ir  kiuschlichiu  schäm. 

640    zehant  gienc  si  ze  hern  Gillam 
unde  zuo  ir  lieben  swiger. 
zuo  den  zwein  gesa;  si  nider; 
ir  herzen  nÖt  die  klagtes  in. 
der  sweher  sprach  'tohter  vernin: 

645    da;  dir  geraten  ist  da;  tuo. 

da  wil  ich  dir  ouch  helfen  zuo 


dlm  rocke  wehset  manic  slac, 
ob  du  da;  guot  niht  erwirbest: 


KRIT.    BBARB.   V.   M.   HAUPT  81 

650    zehant  benamen  du  stirbest, 

kumt  mir  her  heim  Bertram/ 

ir  fröude  diu  was  worden  lam: 

dar  zuo  wuobs  ir  michel  schäm 

dö  si  dise  rede  het  erhört. 
G55    ir  herze  fröuden  wart  zestört 

und  YoUeclich  zefüeret. 

ir  herze  wart  berüeret 

mit  der  senden  jämersträle. 

si  gedähte  'ich  wil  zemäle 
660    dise  betalle  versuochen 

wes  ir  wille  welle  geruochen 

da;  si  offenlichen  niht 

mite  welln  ze  dirrc  geschiht/ 

schiere  si  e;  verante, 
665    ir  Munde  si  besaute 

in  eine  schoene  kemenäten. 

si  begundeu  alle  ritten, 

beide  wip  unde  man, 

als  si  beten  vor  getan 
670    (da;  ich  iu  sage  da;  ist  war), 

so  da;  nie  umbe  ein  här 

der  rät  wart  verkerct. 

da  von  so  wart  geseret 

ir  herze  unz  üf  den  grimmen  tdt. 
675     si  lie;  si  in  gr5;er  nöt^ 

beide  frouweu  unde  man. 

die  giengen  zehant  von  dan. 

diu  frouwe  weinende  sa;: 

ir  diuc  in  manegen  wec  si  ma; 
680    und  gedähte  wie  si  über  würde 

houbetschande  und  Bünden  bürde 

und  wie  si  vienge  ir  dinc  an 

da;  si  an  ir  lieben  man 

ir  triuwe  staßte  möhte  hän. 
685        si  sprach  dicke  'erbarme  dich, 

ach  süe;er  got,  über  mich, 

und  ouch  Maria,  reiniu  maget: 

min  kumber  der  st  iu  geklaget 

und  ouch  min  grö;er  ungemach.* 
690    got  an  ir  gr6;e  triuwe  sach 

ZKTTSCHR.   V.  DBUTSCHIi  PHII.OL.    HD.  VII.  6 


82  ZWEI   KAUFLBUTE 


und  gap  ir  einen  guoten  rät, 

wan  er  nimmer  den  verlät 

der  sich  mit  staete  laet  an  in. 

si  sprach  ze  juncfroun  Amelin 
695     *du  hast  geraten  mir  für  war 

dicke  stille  und  oftenbär 

da?  ich  verdiene  ditze  guot. 

nu  sage  du  mir,  stet  so  dtn  muot 

da;  dich  geruochet  gezemen 
700    da;  du  hundert  marke  wellest  nemen, 

und  ligst  bi  im  ein  einege  naht?' 

des  het  si  sich  gar  schiere  bedäht 

und  sprach  'ich  naeme  e;  halp  für  guot' 

da;  erfröutc  ir  den  muot. 
705    hem  Hogier  si  gemante 

da;  er  da;  guot  ir  sante, 

s5  woltes  leisten  sine  bete, 

und  da;  er  heimlich  da;  tete 

und  dar  ksenie  tougenlich. 
710    s6  diu  naht  erhüebe  sich 

s6  solte  er  bi  dem  tore  s!n; 

d6  warte  sin  frou  Amelin 

und  lie;e  in  zuo  ir  güetlich  in. 
des  wart  her  Hogier  harte  frö. 
715    froun  Irmengarten  sante  er  dd 

tüsent  marke  als  er  ir  gehie;. 

dar  nach  ouch  er  niht  enlie; 

er  kam  ouch  ze  rehter  zit. 

nu  het  frou  Irmeugart  ouch  sit 
720    ir  gewant  der  meide  an  geleit 

und  sich  in  da;  ir  gekleit 

und  saztes  an  ir  bette  h5. 

des  wart  frou  Amelin  frö. 

diu  frouwe  was  zer  porten  komen: 
725    vil  schiere  het  si  dö  vernomen 

da;  komen  was  der  koufman. 

vil  Ilse  wart  er  !n  gelän 

und  von  ir  schöne  enpfangen. 

er  wände  e;  waere  ergangen 
730    vil  gar  aldä  sin  wille. 

si  bat  in  werben  stille: 


KBIT.  BSABB,  V.   M.   HAUPT  83 

ze  tuone  was  er  dö  bereit. 

er  schoup  der  frouwen  in  ir  kleit 

alda  zuo  der  selben  stunt 
735    m§re  denne  zehen  pfunt. 

des  dankte  si  im  s§re; 

si  bat  da;  got  stn  ere 

bestaeten  müeste  an  ende. 

si  nam  in  b!  der  hende 
740    und  sprach  'ir  sult  niht  lenger  st§n, 

mit  mir  ze  miner  frouwen  g6u 

an  ir  vil  schoenc  bettestat.' 

her  Hogier  dö  vil  Ilse  trat, 

wan  si  es  in  mit  fli;e  bat. 
745        an  lieht  ditz  alle;  wart  getan: 

des  wart  betrogen  dirre  man. 

frou  Amelfn  in  schöne  enphienc. 

zno  ir  an  da;  bette  er  gienc. 

ein  kleine;  hemde  sldin 
750    und  einen  mantel  herm!n 

diu  frouwe  an  ir  Übe  truoc: 

si  was  doch  kampfbsere  genuoc. 

euch  truoc  diu  frouwe  ein  senftenier 

und  euch  ein  sulch  hurtbuklier, 
755    da;  si  den  sie  alsä  ervaht. 

vil  schiere  bete  er  sich  bedftht, 

den  mantl  er  balde  von  ir  brach, 

dem  hemde  de;  selbe  dö  geschach. 

diu  frouwe  im  da;  niht  vertruoc, 
760    mit  einem  küssen  si  in  sluoc 

da;  er  den  sie  nä  het  verlorn. 

da;  begunde  im  wecken  sinen  zorn, 

wan  er  was  ein  sarjant. 

diu  buckel  wart  von  im  zertrant; 
765     mit  nide  hurte  er  si  an, 

wan  er  was  ein  frevel  man, 

und  begunde  vil  küsse  zem 

diu  firouwe  sich  begunde  wem, 

und  sö  er  einen  het  getan 
770    sö  muoste  er  zwön  d&  gegen  hän. 

ditz  triben  si  vil  lange  zit. 

der  frowen  beleip  doch  der  strft, 

0* 


M-l^ 


84  ZWBI   KAÜFLfitTS 


da;  er  des  siges  ir  verjach. 

ein  sulich  kämpf  vou  in  geschach 
775    des  ich  vil  gerne  pfls&ge 

ob  ich  bt  liebe  Isege. 

sulch  kämpf  brichet  aim  noch  bein; 

man  yellt  euch  da  fif  keinen  stein 

der  ieman  breche  den  gebel. 
780    herren  Hogiere  ein  nebel 

was  gemachet  vor  den  engen; 

da;  ist  gar  äne  lougen. 

her  Hogier  und  freu  Amele 

mit  michelme  gamele 
785    die  naht  vertriben  bi;  an  den  tac: 

ich  wsene  er  sit  nie  ba;  gelac. 

dar  nach  der  morgensterne  äf  dranc. 

freu  Irmengart  tet  einen  ganc 

vil  wunderlichen  dräte 
790    zuo  ir  kemenäte. 

si  sprach  'wol  üf,  herr,  ir  sult  varn, 

ob  ir  den  Itp  wol  weit  bewarn/ 

^frou  Amelin,  da;  sol  sin/ 

er  sprach  ^vil  liebiu  froawe  mtn, 
795    ir  sult  mir  ein  kleinöt  geben, 

da;  ich  die  wile  ich  muo;  leben 

gedenke  an  iuwern  werden  lip.' 

4ch  hau  sin  niht*  sd  sprach  da;  wtp. 

dd  zöch  er  ü;  der  taschen  sin 
800    ein  vil  wol  snident  me;;erl!n 

und  sneit  ein  vingr  ir  ü;  der  haut 

des  wart  ir  fröude  gar  zertrant. 

er  kSrte  wider  in  sin  laut, 
dö  er  wider  heim  kam, 
805    er  sprach  'herre  Bertram, 

min  ist  alle;  da;  ir  hänt/ 

er  sprach  'diso  rede  länt, 

wan  e;  benamen  niht  enist.' 

er  sprach  4uch  hilft  niht  iuwer  list^ 
810    da;  ich  e;  lä;e  scheiden: 

wan  ich  wil  niht  beiden, 

ich  wil  haben  äne  tant 

swa;  ir  hie  und  da  heime  hftnt.* 


XRIT.   BEABB.   V.   M    HAUPT  85 

dö  wart  sin  fröude  gar  zertrant. 
815    trüreu  in  stn  herze  er  bant, 

wan  er  erschrac  gar  sfire. 

er  gedähte  an  sine  ere. 

'wie  hat  dirre  s6  ganzen  bräht? 

er  hat  fQr  war  ein  lügen  erdäht, 
820    da;  er  mir  gwiune  an  min  guot. 

min  frowe  hat  wol  so  stseten  mnot 

da;  si  gewenket  niht  enhät/ 

er  sprach  'swie  e;  mir  noch  gät, 

ich  wil  e;  au  ein  scheiden  län, 
825    wan  ich  benamen  gewunnen  hän/ 

her  Hogier  sprach  'des  bin  ich  vrd.*^ 

si  beide  mit  ein  ander  dö 

ze  Virdün  schiere  wären  komen: 

da  solte  werden  gar  vernomen 


830 


her  Hogier  was  gar  versnnnen: 
er  sprach  'gebiet  ein  höchztt: 
da  sulen  enden  wii*  den  strft 
da  e;  iawer  friunde  sehen  alle. 

835    swem  da  der  sie  danne  gevalle, 
der  frönwe  sich  der  mstrej 
er  sprach  'ob  ich  des  enbaere, 
bescheiden  ich  niht  enwaere/ 
dö  min  frouwe  Irmengart 

840    ir  mannes  kunft  inne  wart, 

vil  balde  engegen  im  sie  gienc. 
mit  ganzen  fröuden  sin  umbvienc 
und  hie;  in  willekomen  sin. 
si  sprach  'vil  lieber  herre  min, 

845    dtn  kunft  mir  fröude  bringet; 
der  fröuden  liet  mir  singet 
mtn  herze  wan  e;  ist  gar  vrö.* 
der  herre  dankte  ir  des  dö; 
ein  sdft  da;  wort  understie;, 

850    da;  er  in  kfime  reden  lie;: 
vil  s6re  des  diu  frouwe  erkam. 
der  vil  trdrege  herre  Bertram 
ein  grö;e  höchzit  gebot, 
er  gedfthte  'ich  wil  nu  mta  bröt 


86  ZWEI  KAUFLBUTE 


855    mit  vollen  geben  den  friunden  min: 
wan  8ol  e;  al  diss  mannes  sin, 
sd  enwirt  es  mir  niht  mer; 
hat  aber  gelücke  zuo  mir  ker, 
da;  mir  gevellet  sin  guot, 

860    sd  hän  ich  sin  unde  muot 

da;  ich;  dan  aber  gerne  tuen/ 
dd  wart  bereitet  manic  huon 
und  anders  da;  man  solte  haben, 
diu  sorge  began  sin  herze  schaben. 

865    des  wart  diu  frouwe  wol  gewar. 
mit  zühten  gienc  si  zuo  im  dar 
und  sprach  'vU  lieber  herre, 
nu  sage  mir  wa;  dir  werre, 
als  rehte  liep  als  ich  dir  si: 

870    wan  alle  zit  ich  dir  bi 
wil  in  rehten  triuwen  sin.' 
er  sprach  *vil  liebe;  fröuwelln, 
min  herze  treit  die  jämersuht. 
diner  wiplichen  zuht 

875    getar  ichz  gesagen  niht: 

din  ouge  e;  doch  gar  schiere  siht.' 
si  sprach  Wil  herzelieber  man, 
du  gedenke  da;  ich  undertan 
dir  von  kinde  g<\wesen  bin 

880    und  da;  ich  den  willen  din 
ze  aller  zit  erfüllet  hän. 
dar  umbe  s6  seit  du  mich  län 
¥d;;en  den  kumber  din. 
vil  minneclicher  herre  min, 

885    ich  gibe  dir  Ithte  einen  rät 

der  fürba;  dich  niht  trüreu  lät, 
und  dir  din  dinc  ze  guote  ergät.* 

nu  dd  er  ir  die  wärheit 
genzlichen  hete  geseit, 

890    si  sprach  ^nu  gehabe  dich  wol. 
din  herze  niht  me  trfiren  sol. 
in  kan  gehelfen  niht  sin  list: 
sin  guot  alle;  unser  ist' 
der  herre  wart  der  msere  vr6. 

895    mit  grÖ;en  firöuden  hielt  er  dd 


mm     ^'  W'   w 


KBIT.   B£ARB.  V.   M.   HAUPT  87 

die  höchzit.  dö  mau  ga:;  genuoc 

uud  man  die  tische  dannen  truoc, 

her  Hogier  bat  si  dö  gedagen 

und  began  diu  msere  in  allen  sagen 
900    wes  si  geladen  wseren  dar. 

si  wurden  alle  missevar, 

da;  man  si  glich  den  töten  sach. 

her  Hogier  hübschlichen  sprach 

'der  dinge  ich  alle;  hie  bewer.' 
905    ü;  siner  taschen  dö  zöch  er 

der  dierne  vinger  unde  sprach 

da  e;  vil  manic  man  gesach 

^disen  vinger  ich  ir  abe  sneit 

dö  ich  ab  ir  bette  schreit: 
910    da;  sol  min  Wortzeichen  sin.' 

si  spräclien  zuo  dem  frouwelin 

wa;  si  wolt  da  gegen  sagen. 

si  sprach  4ch  muo;  m!n  laster  klagen. 

doch  sö  rietent  ir  mir;  alle.* 
915    dar  nach  mit  fr  enden  schalle 

lie;  si  ir  bede  hende  schouwen: 

die  warn  zemäle  unverhouwen. 

da;  was  hern  Hogiere  zorn, 

wan  er  muoste  hän  verlorn 
920    alle;  da;  er  ie  gewan. 

dar  nach  kam  Ameltn  gegän 

und  klagte  ir  grö;e;  ungemach. 

her  Bertram  mit  zühten  sprach 

'her  Hogier,  ir  sult  weren  mich.' 
925    er  sprach  'entriwen,  da;  tuen  ich. 

nemet  alle;  da;  ich  hän 

und  lät  mich  stn  iur  armxnan.* 

dar  nach  gap  er  im  Amelhi 

z'einer  glichen  wirtin 
930    mit  hundert  maiken  die  si  gwan 

da;  er  ze  hubesche  wart  ir  man. 

da;  ander  wolte  er  selber  hän. 
ditz  maere  dar  umb  ist  gesagt 

da;  beide  wtp  unde  magt 
935    da  bi  nemen  bilde 

da;  si  ir  muot  wilde 


88  ZWEI   KAUFLBUTE 

zemeu  mit  kiuschlichen  siten; 
sd  muo;  man  in  heiles  biteu 
und  bllbt  ir  lop  unversniten. 

040        getihtet  bat  di:;  inaere 
Ruopreht  ein  Wirzburgaere 
und  hat  e;  bräbt  bi;  an  da;  oil. 
nu  biten  wir  des  vater  wort 
und  die  süe^en  magt  Marien 

045    da;  si  uns  geruochen  frien 
vor  werltlichen  schänden 
und  allen  hellebandeu 
mit  ir  genüden  banden. 


Die  handschrift^  Von  zwciu  kaufman.  2.  zuo  oren  11.  zuo, 
meist  für  ze.  17.  bit  ich  euch  21.  nicht  24.  etwa  unde  leite  mine 
hende.  Detm  ohne  zivcifcl  ist  eine  zeih  ausgefallen  und  diese  einlei^ 
tiing  sehloss  mit  drcifadicm  reinie,  27.  vol  36.  stetig  37.  genc- 
liche  40.  andern  ist  von  Grimm  hinzugesetzt.  in  wage  48.  alle; 
52.  enmocht  er  54.  er  must  62.  63.  zuo  aller  60.  here  g.  het  man- 
gen  begin  naeh  73  an  in  gentzlich  knift:  s.  37.  77.  zvfeixmge  Benecke: 
zwo  iunge  81.  LacJunami  zu  WaWicr  30,  11  vermutet  t»te.  aber 
der  begriff  der  Überlegung  ist  der  angemessenere,  in  einem  Hede  in 
Mones  Anzeiger  1836  s.  171  steif t  iiuch  valscher  sinne  ra»te,  im  reime 
auf  baete  ui%d  taete.  allerdings  ist  dieses  lied  schlecht  gereimt  und  in 
später  zeit  gediditet^  wenn  auch  vielleicht  früher  cds  zu  anfange  des 
fünfzdmten  Jahrhunderts,  der  daticus  rute  mag  sielt  aus  dem  mis- 
verstandenen  geiietivus  pluralis  iu  der  rcden.^a)i  der  riete  volgen  gehil^ 

1)  Diese  erzählung  steht  anf  fol.  75*"'  -81^  einer  Gothacr  papierhandschrift 
des  15.  Jahrhunderts  (churt  A.  ur.  216.  C'ypriau  ]i.  80.  CCXVI),  welche  zwischen 
dem  landrechte  nnd  Wirzburgcr  diploroen  von  l'ol.  74  bis  fol.  111  eine  anzahl  deut- 
scher gedichte  enthält.  Die  haudschrift  ist  bcsclirioben  von  Jacobs  in  ..Beschrei- 
bnng  der  deutschen  gedichte  des  mittelalters .  welche  handschriftlich  in  der  herzog- 
lichen bibliothek  zu  Gotha  aufbewahrt  werden"  (Besonders  abgedruckt  aus  dem 
4.  heft  der  Beiträge  zur  älteren  litteratur  von  F.  .lacobs  und  F.  A.  Ukert)  Leip- 
zig 1837  s.  70  —  76.  Diese  erzähl impr  ward  zuerst  herausgegeben  von  den  brfidern 
Grimm,  mit  anmerkungen  und  crläutorungon,  in  ihren  Altdeutschen  Wäldern  (1813) 
1,  35  —  71,  dann  widerum  duri^li  F.  H.  von  tlov  Haj,'en  in  ..Gesanitabenteucr" 
(1850)   nr.  LXVIU.    3.    351  —  382,    mit   einer    litterar^eschichtlichen    einleitnng 

8.  Lxxxm— cxn. 


KRIT.   BEABB.   Y.  M.  HAUPT  80 

det  haheii;  dass  Ituprecht  ihn  nicht  gebraucht  haben  könne  wird  sich 
schioerlich  erweisen  lassen.      82.  e?  fehlt.      87.  nichts 

117.  wierde  20.  nemen  einen  man  35.  sicherlich  vil  38.  hi- 
nen  40.  gezemen  41.  zur  e  4.5.  min  50.  da  52.  wa  58.  schier 
zuo  sinen  GO.  knappe  61.  ze  einen  63.  schone  67.  vnd  auch  ir 
wiplich  71.  dar  77.  keiner  so  schone  nie  gesach  88.  da^  ist 
94.  an  iren 

200.  der  tamburen  1.  flautern  18.  het  einen  27.  liebe  47.  de- 
hein  48.  nach  53.  allezit  55.  e;  56.  beriten  57.  prufis.  aii^h  in 
Wolframs  Wilh.  437,  11  heisst  Provins  in  der  Cham2>agne  Provis. 
61.  würz  sydin  vn  seh.  Enenkel  im  Filrstenbudie  s,  95  Meg.  d6 
kämen  die  kramaer  zehant  und  gäben  im  stdin  gewant,  wilrze  undo 
zendäl  brähten  sie  im  über  al.  63.  liches  69.  selber  72.  jrn  73.  der- 
gieng      80.  allew      82.  die  äugen      99.  ein  gaste 

304.  zuchticlichen  7.  verlihen  8.  do  10.  da;  14.  vnd  also 
sin  19.  alles  20.  gesetzet  27.  in  Heinrich  Wittenweilers  Binge^ 
U.  35*  steht  so  sau  so  sau  so.  den  ausruf  süsä  liaben  BurkhaH  von 
Hohcnfels  MS,  1,  87  ^  bruder  Wernher  3IS.  2,  164^  ein  lied  MSH. 
3,  2S9\  31.  alle  40.  vber  ir  52.  si  53.  deheiner  55.  selbens 
64.  mere  schin  71.  swenne  sie  sehen  mine  86.  zuo  ir  ich  nicht 
88.  allen  tugenden  ob  89.  aller  wib  tugend  sint  gen  ir  grob  ausge- 
strichen.     95.  vnd  vil      96.  vnd  dennoch      97.  nun 

401.  Witzen  6,  geleisten  20.  vnd  also  veste  21.  werde  27.  in 
ein  28.  wolte  balde  varn  38.  irre  40.  irem  48.  nun  51.  verdun 
54.  vnd  gever  56.  nach  der  für  58.  er  70.  gedencken  74.  78.  iren 
79.  gar  wol  80.  dergienk  90.  ew  darumb  gib  95.  ich  wolt  toben 
96.  Älbcrt  im  h.  Ulrich  43  ich  konde  sie  geloben  vil,  wan  da;  ich  ir 
uiht  verkoufen  wil.  Wolfr.  Parz.  86,  5  min  frowe  mac  wa?nen  da;  du 
tobst,  Sit  du  mich  also  verlobst,  dune  mäht  min  doch  verkoufen  niht, 
wan  etswer  wandel  an  mir  siht. 

501.  oder  —  bi  namen  13.  dergienk  22.  me  23.  do  31.  miet- 
ten  46.  oder  58.  dann  74.  went;  78.  wann  80.  solt  84.  allen 
den      85.  wert      87.  triben  kindlichen,  s.  Frühl.  s.  281.      90.  94.  wenn 

6U2.  iiTC  4.  irm  8  deliein  10.  tuen  fehlt,  11.  nun  12.  din 
schlo;  16.  von  dann  35.  ob  vns  her  heim  got  40.  zuo  her  41.  irre 
43.  jrs  47.  etwa  sd  ich  aller  beste  mac  49.  erwürbest  54.  diz  r.  h. 
derhort  61.  wa;  63.  mit  wollen  64.  de;  72.  verberet  74.  bi; 
81.  haubt  schänden  82.  vink  83.  irem  94.  jungfraw  97.  dizz 
groze  guot 


IN)  ZWEI  KAUl^LEUTB  KRIT.  BBARB.   V.    M.  HAX7VT 

703.  halbs  9.  dann  12.  süi  daun  tVaw  22.  satzt  sich  28.  in 
38.  must  besteten  51.  irem  52.  kaufbere.  Farz.  515,  4  kampfbseriu 
lide  treit  ein  wip  die  mau  vindet  so.  53.  senfte  wer.  Wolfr.  Willi. 
231,  24  da  der  lendenierstric  cnvant,  etlichiu  liet  ein  senftenier,  der 
noch  ein  sölhe^  gjebe  mier,  da?  naini  ich  für  ein  vederspil.  54.  hurt 
bukler  55.  also  dervaht  57.  im  58.  da?  65.  hurtet  67.  küssen 
74.  kauf  von  im  77.  kauf  80.  her  hogier  82.  an  allen  laugen 
90.  irre      97.  gedenken 

800.  sniden  16.  derschrak  19.  einen  lugen  gedaht  20.  ange- 
winne min  24.  kein  26.  da?  29.  vil  gar  30.  diva  weder  haßte 
gewunnen  32.  gebietet  34.  35.  do  19.  seuftze  51.  dew  frawe  des 
56.  als  dises  63.  man  do  solt  64.  begond  68.  88.  90.  nun  97.  von 
danen      99.  begund  —  alle 

900.  war  vmb  si  l.  alle  gar  m.  4.  dere  dink  7.  do  9.. ab 
minem  b.  10.  mir  worzeichen  12.  gen  21.  gan  25.  mit  ruwen 
27.  ewern    41.  wurzburgere    43.  nun  —  uaters    45.  geruoche    48.  ire 


In  M.  Haupts  nachlass  fanden  sich  vorarbeiten  zu  kritischen 
ausgaben  mehrerer  mhd.  gedichte:  Salman  und  Morolt,  Helmbrecht, 
Wiener  Heerfahrt,  Amis,  Zwei  Gesellen  (von  der  Hagen,  Gesammt- 
abenteuer  nr.  55).  Das  vorliegende  gedieht  von  zwei  kaufleuten,  des- 
sen bearbeitung  druckfertig  und  druckwert  schien,  ist  dem  willen  der 
erben  gemäss  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlicht. 

ÜKEIFSAVALÜ.  W.   WILMANN5*. 


B.   KÖHLEB,  ZUM  LBSBINaTBXTB  91 

EINE   TEXTBERICHTIGÜNG  ZU  LESSINGS  SCHEIFTEN. 

In  Leasings  nachgelassenen  beitragen  zu  einem  deutschen  glossa- 
rium  (Lessings  Leben,  nebst  seinem  noch  übrigen  litterarischen  Nach- 
lasse. Herausgegeben  von  K.  G.  Lessing.  III,  142  fgg.  =  Lachmanns 
Lessing  XI,  617  fgg.  =  von  Maltzahns  Lessing  XI,  2,  258  fgg.)  findet 
sich  bei  zwei  Wörtern  „Ourintz'^  als  gewährsmann  genant: 

(S.  145,  Lachmann  s.  619,  Maltzahn  s.  259)  Ammeln^  Kinder  war- 
ten.   Gurintz. 

(S.  150,  Lachmann  s.  622,  Maltzahn  s.  262)  Eichen,  messen. 
„Eine  Eiche  ist  ein  gewisz  Maas  flüssiger  Dinge,  gleich  einem 
Eymer."    Gurintz. 

Es  muss  aber  statt  „Gurintz"  gelesen  werden  „Gueintz,"  d.  i.  der 
bekante  grammatiker  Christian  Gueintz  (geb.  1592,  f  1650),  auf  des- 
sen 1645  zu  Halle  erschienene  „Deutsche  Eechtschreibung^^  ^  Lessings 
obige  citate  sich  beziehen.  Die  betreffenden  stellen  in  der  „Deutschen 
Bechtschreibung*'  lauten,  wie  folgt: 

(S.  29)  Ammeln  ein  Zeitwert  so  alt  Deutsch  ist,  und  so  viel 
bedeutet ,  als  kinder  warten  und  auf  ziehen :  daher  kommet  der 
deutsche  nähme  Ameley.    Avent. 

(S.  55)  Eichen  ist  das  Zeitwert,  so  viel  als  messen  oder  ahmen; 
eine  eiche  ist  ein  gewis  mas  flüssiger  dinge  gleich  einem  eymer. 

WEIMAR,  SEPTEMBER  1875.  REINHOLD   KÖHLER. 

1)  Das  seltene  buch  liegt  mir  durch  die  gute  des  herrn  oberbibliothekars 
dr.  Otto  von  Heinemann  in  einem  der  herzoglichen  bibliothek  zn  W^olfenbüttel  gehö- 
rigen exemplar  vor,  vielleicht  also  in  dem  von  Lessing  benutzten.  Der  vollstän- 
dige titel  des  buches  ist: 

Die  I  Deutsche  |  Rechtschreibung  |  Auf  sonderbares  gut  befinden  |  Durch 
den  I  Ordnenden  I  verfasset,  |  Von  der  Fruchtbringenden  Geselschaft  |  über- 
sehen ,  und  zur  nachricht  an  den  |  tag  gegeben.  |  Gedruckt  zu  Halle  in  Sach- 
sen bey  I  Christof  Salfelden^  |  Im  Jahre  1645.    8^ 

Der  Ordnende  hiess  Gueintz  als  mitglied  der  Fruchtbringenden  Gesellschaft  Mit 
nennung  seines  wirklichen  namens  wurde  die  „Deutsche  Rechtschreibung"  1666 
„zum  andern  male  an  den  tag  gegeben  von  des  Verfassers  söhne."  Diese  ausgäbe 
besitzt  die  Wolfenbütteler  bibliothek  nicht.  Man  vgl.  über  Gueintz  und  seine 
„deutsche  Sprachlehre"  und  „deutsche  rechtschreibung"  £.  C.  Reichards  Versuch 
einer  Historie  der  deutschen  Sprachkunst,  Hamburg  1747,  s.  83—98. 


92  8PRBNGBR 

KRn^rSClIE  BEMERKUNGEN   ZU  MITTELHOCHDEUT- 
SCHEN   GEDICHTEN. 

In  Ulrichs  von  Zatzikhoven  Lanzelet  scheint  mir  nach 
Bächtolds  bemerkun^en  noch  folgendes  zu  bessern:  y.  77  schreib  si  liet 
ir  diiic  so  vollehnüit.  vgl.  7815,  16;  hinter  624  setze  punkt;  hinter  625 
kolon;  621  sehr,  deiz,  statt  daz,  c^;  830  do  muostens  an  ein  andere 
van;  1035  tilge  cime;  1040  schreib  nu  tuo;  1869  mit  W.  nach  wwn- 
den  unde  mägmi;  2207  des  Ubes  für  des  Ieben$ies;  3021  streich  der; 
3063  streich  in;  3875  schreib  die  an  in  sint  von  erbe  Tcomcn ;  4019  ad 
für  oder;  4548  widenvilnnen  ist  compositum;  6550  schreib  a&  für  afeö; 
6786  tilge  dö;  7789  schreib  Si€er  also;  8024,  25  tcan  vil  munic  guot 
JcneJit  dar  in  durch  äventiure  reit;  8419  die  teile  des  landes  sotten 
pldegen;  8483  tilge  und,  vgl.  8515:  8831  schreib  weder  guot  noch  den 
lip.  vgl.  9025;  8867  ist  doch  wol  ivtssag7n,  weil  es  die  bessere  hdschr. 
W  bietet,  vorzuziehn, 

8075  —  78  ist  Hahns  text  unverständlich,  es  ist  nach  anleitung 
von  W  zu  schreiben: 

er  fuoi'te  mgande 

von  Destregäls  sim  lande 

äht  hundert  ee  stiure 

mit  isnin  kovertiure. 

Der  sinn  ist  klar:  „er  brachte  von  Destregäls,  seinem  lande,  achthun- 
dert beiden  zur  Unterstützung/'  Dass  stiure  nicht  bloss  beisteuer  an 
geld,  sondern  auch  Unterstützung  mit  Streitkräften  bedeutet,  beweist 
Konr.  v.  Würzburg,  Trojanerkr.  30834  ee  hdfericl^er  stiure  begunde  er 
s7ite  riiter  manen.  isnin  für  tsnifien  kann  nicht  auffaUen.  Dass  die 
adjectiva  auf  -la  gern  unflectiert  gebraucht  werden ,  belegt  mit  beispie- 
len  Hahn  z.  Tundalus  56,  26;  auch  bei  Ulrich  findet  sich  9104:  9nit 
sidin  koveriiuren. 

OÖTTINOEN.  R.  SPRENGER. 

Lanzelet  926  lautet  in  der  hs.  minfie  ist  ein  vorder  wngemucites 
go*mn  (in  der  Pfälzischen  hs.  von  1427  vordere).  Dazu  bemerkt  der 
herausgeber  Hahn  zwar  s.  229:  „ein  mir  ganz  unverständlicher  vers'*; 
aber  in  einem  Insbrucker  glossar  aus  dem  11. — 1 2.  Jahrhundert  (Mones 
anzeiger  1838.  7,  589**),  und  gleichlautend  in  den  Florentiner  Glossen 
des  13.  Jahrhunderts  (Haupts  ztschr.  15,  359.  1513  — 15)  finden  sich 
die  glossen:  genitor  uatir,  genitrix  mutir,  parem  uordir.  Ebenso  in 
einem  Wiener  glossar  des   12.  Jahrhunderts    (Hof&nann,   Sumerlaten. 


.-  •• 


KRIT.   BBMERK.  ZU  MHD.   GKDD.  $)8 

Wien  1834.  47,  13):  parens  fordet'.  Desgleichen  in  den  Schlettstädter 
glossen  des  12.  Jahrhunderts  (Haupts  ztschr.  5,  354.  29).  Auch  in  der 
St.  Galler  hs.  ur.  299  des  10.  jh.  (Hattemer  1,  303*"):  parens  fordiro. 
Daraus  folgt,  dass  neben  der  üblicheren  pluralischen  Verwendung  vo^- 
deren,  in  der  bedeutung  „voreitern,  vorfahren,"  auch  der  Singular  vor- 
der, in  der  bedeutung  parens,  also  doch  wol  ebenso  wie  das  glossierte 
lateinische  wort,  für  beiderlei  geschlecht,  mithin  in  der  bedeutung 
„vater"  oder  „mutter"  gebraucht  werden  konte.  Dies  wird  bestätigt 
durch  den  prosaischen  Wiener  Physiologus  des  12.  Jahrhunderts  (cod. 
theol.  DCLIII,  bei  Hoffuiann,  Fundgruben,  Breslau  1830.  1,  35),  wo 
CS  unter  Perdix ,  rephuon  heisst :  Phisiologus  selUt ,  da^  diu  perdi-x  uil 
uncliustich  si.  siu  nimit  einer  ander  x)erdice  ir  eier  unt  hruotet  siu. 
So  diu  iungen  uz  beginnent  gan,  unt  der  crren  muoter  stimme  geho- 
retvt,  so  uerlazent  si  die  unrehtcn,  unt  uolgent  der  rehten  muoter; 
so  habet  diu  ander  ir  arbeite  ulof^i.  Also  tete  der  unchustige  tiufal^ 
do  er  dem  almahtigen  gote  die  gescaß  woUe  neman,  die  got  zuo  sin 
selbes  pilidc  gescaffen  hete;  do  besueich  er  sumeliehe,  die  geistliehes 
gewizzines  nie  ne  heten,  ufU  bruote  sie  mit  manigen  acJiusten.  do  aue 
die  missetanin  gotes  lere  gelwrtan,  do  clierten  si  sich  widei'c  zuo  ir 
rehten  uorderen,  ze  gote;  unt  zuo  der  Imligen  christheitej  unt  umr- 
den  da  ewichlichen  gemimwt;  uon  diu  haJ)et  der  tiufal  sin  &r  un 
arbeite  nerlorn.  Auch  Notker  hatte  den  Psalnienvers  48,  20  (bei  Hat- 
temer 2,  173'):  introibit  t^que  in  jyrogeniem  patrum  suorufn  über- 
setzt durch:  er  gät  hina  in  die  aitun  slcJita  sinero  forderon. 

Da  nun  bei  Ulrich  von  Zatzikhoven  veraltete,  vulgäre  oder  min- 
der übliche  ausdrücke  nicht  eben  selten  vorkommen,  wird  die  hand- 
schriftliche Überlieferung  wol  um  so  weniger  einer  änderung  bedürfen, 
sondern  der  vers  wiid  zu  übersetzen  sein:  Die  liebe  ist  eine  mutter  des 
mismutes  für  die  männer. 

Übrigens  ist  ja  bekant,  dass  zu  einem  weiblichen  subjecte  nicht 
notwendig  auch  ein  weibliches  substantivisches  prädicat  treten  muss. 
Ulrich  selber  sagt  im  Lanzelet  8034  fg. :  da^  diu  vremde  tnaget  wcere 
nht€Bre  über  die  hilbsclmt,  und  der  herausgeber  Hahn  bemerkt  dazu, 
dass  die  änderung  der  Wiener  hs.  rihterin  unnötig  sei^  da  prädicate 
wie  riUxere,  tneister,  vHunt,  geverte  u.  dgl.  unbedenklich  neben  ein 
weibliches  subject  treten.  Das  entschiedene  femininum  muoter  scheint 
in  der  hier  erforderten  übertragenen  bedeutung  origo,  causa,  von  wel- 
cher Grimm,  gramm.  4,  723  gehandelt  hat,  erst  gegen  ende  des 
13.  Jahrhunderts  allmählich  in  aufnähme  zu  kommen.  So  sagt  bruder 
Berthold  in  der  predigt  von  vier  stricken  (ed.  Pfeiffer,  Wien  1862. 
1,  481):  wan  müe^ekeit  ist  aller  sänden  muoter,  und  Konrad  von  Würz- 


d4  BPRSNOBB.  OBTRBHTB 

bürg  im  Trojanischen  kriege  (ed.  Ad.  v.  Keller,  Stuttg,  1858)  v.  21031 
nennt  die  vrouwe  V^nus  „  ein  mtioter  aller  minne/^  und  die  von  Achill 
heissgeliebte  Deidamia  v.  15654  ein  muoter  siner  not  und  y.  15666  ein 
muoter  des  hildes  und  des  lebetagen  den  er  dur  $i  hegunde  tragen; 
nämlich  da^  er  sich  mplidh  sclwuwen  lie$,  dass  er  frauenkleidung  ange- 
legt hatte. 

HALI^E.  J.  ZACHER. 


GETREHTE. 

Im  mhd.  wb.  III,  796  und  bei  Lexer  I,  947  findet  sich  verzeich- 
net: getreJite,  st.  n.  besitztum.  Müller  verweist  dabei  auf  gäregede, 
Lexer  stellt  das  wort  als  collectivum  zu  fraht.  Es  ist  nur  belegt  aus 
H.  V.  Krolewiz,  vater  unser  3539.  Die  stelle  lautet  im  zusammen- 
hange: wir  nesülen  ouch  niemans  niht  gern,  des  wir  zu  reJUe  suien 
enperen,  sines  guotes,  ^nes  knehteSy  siner  diemen^  sines  getrehtes, 
noch  alles  des  niht^  der  er  hat,  dan  als  ez  an  sinem  willen  stät.  Das 
beigegebene  Wörterbuch  erklärt  zweifelhaft:  jygetrehtey  fahrende  habe?" 
Die  nähere  betrachtung  der  stelle  ergibt  aber  sofort,  dass  weder  diese 
noch  Müllers  ähnliche  erklärung  richtig  sein  kann,  da  wir  den  begriff 
besitztum  hier  schon  zweimal  ausgedrückt  haben  durch  guot  und  den 
satz  aUes  des,  der  er  hat.  Wir  haben  eine  paraphrase  des  zehnten 
gebotes  vor  uns  (cf.  v.  3494).  Dieses  lautet  nach  dem  texte  der  vul- 
gata  Exod.  c.  XX,  17:  non  concupisces  domum  proximi  tui;  nee  desi- 
derabis  uxorein  eju^,  non  servurn^  non  ancülam,  non  hovem,  non 
asinunty  nee  omnia,  quac  iUius  sunt  Auch  die  reihenfolge  in  der 
aufzählung  der  einzelnen  guter  ist  genau  eingehalten,  getrehte  fasst  die 
werte  hos  und  asinus  zusammen,  kann  also  nur  die  beides  zusammen- 
fassende bedeutung  tier  haben. 

Dazu  passt  eine  zweite  stelle,  in  der  sich  das  wort  findet.  In 
Albers  Tundalus  (bei  Hahn ,  Gedichte  des  XII.  und  XIII.  jahrh.)  53,  7 
heisst  es:  da:}  hcese  geträhte,  da^  also  wirt  von  in,  da^  hat  houbet  fiu- 
rtn.  In  der  lateinischen  vorläge  des  gedichts:  Yisio  Tnugdali  ed.  Oscar 
Schade  11,  27  lautet  die  entsprechende  stelle:  habebant  vero  ipse  que 
pariebantur  bestie  capita  ardencia  ferrea.  Auch  hier  ergibt  sich  also 
geträhte  deutlich  als  ein  collectivum  in  der  bedeutung  „tier.'^  Die  in 
meiner  dissertatiou  über  Albers  Tundalus  s.  26  versuchte  erklärung  des 
wertes  ist  demnach  aufzugeben. 

OÖTTINQEN.  tt.   SPRENGER. 


^.--iT      «1 


HEINRICH   RÜCKERT. 

Am  11.  September  1875  starb  in  Breslau  Hbinbich  RCckbrt,  professor  d^ 
deutschen  spräche  und  litteratur  an  der  hiesigen  Universität,  nach  dreissigjährigem 
reichgesegneten  wirken  als  Schriftsteller  und  akademischer  Ichrer,  gleich  hoch  geach- 
tet als  vei*treter  der  Wissenschaft  wie  als  trefflicher  mensch. 

Über  sein  äusseres  leben  hat  er  selbst  in  das  albuni  der  philosophischen 
facultät  unserer  hochschule  folgendes  eingeschrieben:  „Karl  Albrecht  Heinrich 
Eückert,  geb.  zu  Koburg  am  14.  februar  1823,  erhielt  seine  wissenschaftliche  Vor- 
bildung auf  den  gelehrten  schulen  zu  Koburg  und  Erlangen  bis  zum  herbst  1840. 
Von  da  ab  bis  in  den  herbst  1844  studierte  derselbe  zu  Erlangen,  Bonn  und  Ber- 
lin, auf  welcher  letzteren  Universität  er  auch  nach  Verteidigung  seiner  dissertation 
„de  Ebonis  archiep.  Remensis  vita"  die  philosophische  doctorwürde  1844  erhielt. 
Im  sommer  1845  habilitirte  er  sicli  zu  Jena  mittelst  einer  öffentlich  verteidigten 
dissertation  „de  commercio  reguni  Francorum  cum  imperatoribus  Orientis.*'  Er  las 
von  da  ab  geschichtliche  und  archäologisch  -  germanistische  collegia,  wurde  im  jähre 
1848  zum  ausserordentlichen  professor  in  der  philosophischen  facultät  crnant  und 
kam  Ostern  1852  als  ausserordentlicher  professor  ft\r  das  fach  der  deutschen  alter- 
tnmskunde  nach  Breslau.    Geschrieben  am  5.  novcmber  1853.*' 

Nachzutragen  habe  ich  nur,  dass  er  sich  am  2.  September  1850  mit  fräulcin 
Marie  Stein  verheiratete,  im  jähre  1866  ordentliches  mitglied  der  wissenschaftlichen 
Prüfungskommission  für  Schlesien  und  Posen  wurde  und  ostern  1867  eine  ordent- 
liche Professur  erhielt. 

Sclion  bei  seiner  übcrsicdeloug  nach  Breslau  klagte  Rückert  über  ein  unter- 
leibsleideu,  das  er  in  den  ersten  jähren  seines  hiesigen  aufenthaltes  namentlieh 
durch  köperliche  anstrengungcn  zu  übeiwinden  versuchte,  das  aber  allmählich  in 
bedauernswerter  weise  zunahm  und  ihm  manche  böse  stunde  bereitete,  ja  ihm  end- 
lich zeitweise  jede  wissenscliaftlicho  tätigkeit  unmöglich  machte.  Mehrfacher  län- 
gerer Urlaub  gab  dem  körper  wol  neue  kraft,  war  aber  nicht  im  stände  das  übol 
zu  heben.  So  wurde  er  genötigt  sich  nach  und  nach  aus  allem  verkehr  zurück  zu 
ziehen  und  sich  endlich  auf  den  Umgang  mit  seinen  schülem  und  den  wenigen 
freunden  zu  beschränken,  die  nun  um  so  iieissiger  zu  dem  meist  an  das  zimmer 
gefesselten  verehrten  manne  kamen,  je  weniger  es  diesem  verstattet  war  gleiches 
mit  gleichem  zu  vergelten. 

Im  frühling  1874  suchte  er,  um  den  folgen  eines  für  ihn  recht  schlimmen 
winters  vorzubeugen,  erholung  in  der  Schweiz,  und  hier,  in  Weissbad  bei  Appen- 
7ell,  wurde  ihm  seine  geliebte  gattin  und  unermüdlich  treue  pflegerin  nach  fast 
24 jähriger  glücklicher  ehe  am  10.  juni  durch  einen  plötzlichen  tod  entrissen.  Die- 
ser Verlust  hat  seine  lobenskraft  gebrochen.  Wol  kehrte  er  im  herbste  äusserllch 
ziemlich  frisch  zu  uns  zurück,  übernahm  auch  sein  lehramt  wider  und  gab  sieh 
mühe  durch  anhaltende  strenge  arbeit  seinen  schmerz  zu  überwinden,  aber  sein 
körper  wurde  leider  zusehends  hinfälliger. 

Den  sommer  dieses  Jahres  brachte  er  im  schlesischen  bade  Landeck  zu;  der 
unaufhörliche  regen  wirkte  aber  so  ungünstig  auf  ihn ,  dass  er  bereits  am  4.  Sep- 
tember wider  in  Breslau  war.    Hier  wurde  er  am  11.  nach  nur  zweitägigem  kran- 


kenlaf^er  durch  einen  ifanftcn  Uh[  too  t^inen  leiiicn  erlöst.  Kr  hintcrii&st  nnr  ein 
kind.  eine  ;seliujäbri|^e  tociiUr. 

R&ckert  war  eine  reicli&n^elegtc  natnr.  Seine  rege  teilnähme  an  allem  mis 
ihn  berührte,  itein  sicherer  blick  im  In^obachtcn.  sein  wnnderbar  gläcklicbes  gedächt- 
nifl  ond  sein  nie  ruhender  fleiüs  hatten  ihn  ansgerni<tet  mit  einer  fast  unendlichen 
ffille  grfindlichen  widsenn,  die  selbst  seine  cnj^n  freunde  oft  überraschte.  Kaum 
gab  es  ein  gebiet,  auf  dem  er  i«ich  nicht  wenigstens  voräbergehend  bemegt  hätte. 
Mit  ganzer  hingebnng  aber  lebte  er  seiner  eigentlichen  berofswiiiiienschaft ,  anfangs 
mehr  zur  gcschiehtliehen  forschnng  hingeneigt,  später  ausschliesslich  mit  dentscher 
altertnmsknode  im  weitesten  sinne  des  Wortes  beschäftigt,  und  nach  beiden  rich- 
tnngeu  hin  hat  er  aosgezeichnetes  geleistet. 

Unter  seinen  historischen  werken  nimt.  ohne  den  wert  der  übrigen  schma- 
lem ZQ  wollen,  die  „cultnrgeschichte  des  deuti^hen  Volkes.  1853.  54.'*  unstreitig 
die  erste  stelle  ein.  Der  m&chtigc  zum  teil  schwer  zugängliche  und  spröde  stoflT 
ist  hier  mit  solcher  gründlichkeit  durchforscht  und  so  gescliickt  verarbeitet,  dass 
die  grosse  teilnähme,  welche  das  buch  bei  seinem  erscheinen  gefunden  hat,  wol 
erklärlich  wird.  Btickcrt  hat  sich  lange  mit  einer  fortsetzung  der  arbeit  getragen, 
and  wir  können  es  nur  beklagen,  dass  es  dazu  nie  gekommen  ist;  denn  er  war 
dazu  berufen  wie  wenige  andere,  und  aus  fast  allen  seinen  schriftcn,  ganz  beson- 
dere auch  aus  den  vielen  kleinen  abhandlungen  und  reconsionen,  geht  klar  hervor, 
dass  (tulturgeschichto  das  feld  ist,  welches  er  am  liebsten  bebaut  bat. 

Die  ältere  deutsche  litteratnr  ist  von  Eückert  durch  eine  reihe  wertvoller 
ausgaben  bereichert  worden.  Schon  in  seinem  „Leben  des  heiligen  Ludwig"  zeigte 
er  sich  als  tüchtiger  kenner  unseri^r  spräche,  in  weit  höherem  grade  aber  noch  in 
seinen  ansgabon  des  ».WälAcIion  gastes"  und  des  „Marieulebens."  Im  letzten 
lebensjahre  arbeit4}to  er  zugleich  an  einer  ausgäbe  des  Moliand  und  an  einer  umfas- 
senden geschichtc  der  neuhochdeutschen  Schriftsprache.  Die  erstere  ist  vollendet 
worden*  die  andere  nur  bi»  zum  ende  des  zweiten  bandes  gediehen,  und  im  nach- 
lasse haben  sich  leider  nicht  genug  vorarbeiten  gefunden,  um  etwa  einer  anderen 
band  den  abschluss  des  vielversjircchcndcn  werkes  anvertrauen  zu  können. 

Eine  dritte  seite  seiner  tätigkeit  darf  hier  um  so  weniger  übergangen  wer- 
den, als  er  sie  von  jeher  mit  besonderer  Vorliebe  bis  zuletzt  gepflegt  hat.  Es  sind 
dies,  abgesehen  von  seinen  vielen  anzeigen  neu  erschienener  Schriften,  die  fast 
unzähligen  kleinen  abhandlungen  über  die  verschiedenartigsten  gegenstände  und 
areignlsse,  für  welche  er  die  teilnähme  weiterer  kreise  anregen  wollte.  Sie  sind 
freilich  zum  grösten  teile  nur  flüchtige  erxeugnisse  des  augenblicks  und  als  solche 
auch  längst  abgetan;  aber  er  hat  im  gründe  doch  mit  ihnen  seinen  zweck  erreicht 
und  auf  vieles  die  aufmerksamkeit  gelenkt,  was  sonst  wol  unbeachtet  geblieben 
wäre,  loh  habe  am  endo  dieser  seilen  eine  Zusammenstellung  der  Schriften  Bückerts 
zu  geben  versucht,  selbstverständlich  aber  von  den  kleinen  aufsätzen  nur  das  ange- 
ftlhrt,  was  auch  jetzt  vielleicht  noch  teilnähme  erwecken  kann;  bei  weitem  das 
meiste  ist  weggeblieben. 

Als  akademischer  lehrer  gehörte  Bückert  nicht  unter  die,  welche  durch  glän- 
zende Vortragsweise  ihre  suhörer  zn  fesseln  verstehen.  Er  sprach  zwar  immer  frei 
und  gewant  und  hatte  alles  was  er  gab  sorgsam  durchdacht;  aber  er  fühlte  sich 
auf  dem  kathoder  selten  oder  nie  recht  heimisch.  Um  so  anziehender  aber  war  er 
in  der  Unterhaltung,  und  die  stattliche  reihe  der  tüchtigen  schÜler,  welche  durch 
ihn  herangebildet  sind  und  die  ihres  geliebten  lehrers  immer  in  herzlicher  dank- 
harkeit  gedenken  werden,  hat  daa  beste  von  ihm  nicht  im  hörsale,  sondern  in  sei- 


41 


BBIKB.  RÜCKBRT  97 

nem  zimmer  empfangen.  Hier  verstand  cj  zu  lehren  nud  anzuregen  wie  kaum  ein 
anderer,  und  seinen  schnlem  und  seinen  freunden  werden  die  stunden  unvcrgcsslich 
bleiben,  die  sie  im  gesprächc  mit  ihm  haben  zubringen  dürfen. 

In  ansehung  seines  Charakters  war  Rückert  einer  der  edelsten  menschen  von 
allen,  die  mir  begegnet  sind.  Ich  habe  über  22  jähre  mit  ihm  in  ununterbroche- 
nem persönlichen  verkehr  gestanden  und  ihn  nie  anders  erfunden  als  treu  und  wahr, 
mild  in  der  beurteilung  anderer  und  immer  bereit  zu  helfen,  wo  ers  irgend  ver- 
mochte. Die  Wissenschaft  hat  viel  mit  ihm  verloren,  seine  freunde  sicher  am  mei- 
sten.   Ehre  seinem  andenken! 


Hchriften. 

1.    Selbständig   erschienene. 

1844.  De  Eboniiü  archiepiscopi  Remensis  vita.  —    Diss.   inaug.   —    Berolini  die 

5.  m.  Aug.    (44  selten.) 

1845.  De  commercio  regum  Francorum   cum  imperatoribus  orientis  usque  ad  mor- 

tem Justiniani  (565  p.  Chr.  n.).  —    Jenae  d.  3.  m.  Maji.    (24  s.) 

1850.  Annalen    der  deutschen  geschichte.     Abriss  der   deutschen   entwickelungs- 

geschichte  in  chronologischer  darstellung.  —  Leipzig.  T.  0.  Weigel.  — 
3  bde.  —  A.  u.  d.  t. :  Das  deutsche  volk  dargestellt  in  Vergangenheit 
und  gegenwart  zur  begründung  der  zukunft.    Thle  1-3. 

1851.  Dos  leben  des  heiligen  Ludwig,   landgrafen  von  Thüringen,    gemahls   der 

heiligen  Elisabeth.  Nach  der  lat.  .Urschrift  übers,  v.  Friedr.  Ködiz  von 
Salfeld,  zum  ersten  mal  heraung.  m.  sprachl.  und  histor.  erläuterungen.  — 
Leipzig,  T.  0.  Weigel. 

1852.  Der  wälsche  gast  des  Thomasin  von  Zirclaria.    Zum  ersten  male  hcrausg. 

m.  sjirachl.  und  geschichtl.   anmcrkuugen.   -       Als  i\0.  band  der  biblio- 
thek  der  gesamten  deutschen  national -littcratur.  —    Qucdliub.  n.  Leipz., 
G.  Basse. 
1853     Bruder  Philipj/s  des  csirtbäusers  Marienleben.    Zum  ersten  male  herausg.  — 
Als  34.  bd.  der  Basseschen  bibliothek. 
Geschichte  des  mittelalters.  —    Stuttgart,  Franckh. 

1854.    Geschichte  der  neuzeit.  Daselbst. 

Die  beiden  letztgenanten  schriftou  auch  u.  d.  t. 
Neue  cncyclopjidie  der  Wissenschaften  und  künste.     Bd.  7  nr.  1  '*•  *•  —  Auch 
als  Allgemeine  Weltgeschichte  von  A.  Flcgler  und  H.  Rückert.  —    Stuttg. 
1801.    Franckh. 

1853.  54.    Culturgeschichte  des  deutschen  Volkes  in  der  zeit  des  Überganges  aus 

dem  heidenthum  in  das  christenthum.   -   Leipz.,  T.  0.  Woigol.  —  2  bde. 
1856.  57.    Lehrbuch    der   Weltgeschichte   in   orgiiuischer   darstellung.    —     Leipzig, 

T.  0.  Weigel.  —    2  bde. 
1858.    Lohengrin.    Zum  ersten  male  kritisch  herausgegeben  und  mit  annierkuiigen 

versehen.  —    36.  bd.  der  Basseschen  bibliothek. 

1861.  Deutsche  geschichte.  —  Zweite  umgearbeitete  aufläge.  —  Leipz.,  T.  0.  Wei- 
gel. —    Vgl  oben  1850. 

1872.  König  Rother.  Herausg.  v.  H.  R.  —  Als  1.  bd.  von:  Deutsche  dichtungen 
des  mittelalters.  Mit  wort-  und  Sacherklärungen.  Hrsg.  v.  K.  Bartscli.  — 
Leipz.,  Brockhaus. 

SBITBOHR.   F.  DBUTSCUK    villLUJ.OUlK.     VII.  HD.  7 


JW  PR.    PKKIFFEH 

IftTfi.     Oefirliicht^»  «Icr  ntnhoclhlontäclioii  Krlirift3]»raoho.     -    Lei]«.,  T.  O.  Wei^l.  — 
Bd.^  1.  2. 

Hcliand.  —     Als  4.  bJ.  der  «lentsclien  dichtüngcn  des  mittolulters. 

2.    Abhandlniigcii   iu   Zeitschriften. 
Die  mit  *  bezeichneten  sind  ohne  nainen  des  Verfassers  erschienen. 

Blätter  fflr  litterarische  Unterhaltung.  —  Für  keine  Zeitschrift  hat  Rückert  fleissi- 
ger  gearbeitet  als  für  diese;  doch  scheint  nur  ein  einziger  aufsatz  noch  er^Yäh- 
nenswert  zu  sein :  *  Der  litterarische  nachlass  Friedrich  Ruck(-rts.    18GG  nr.  50. 

Ffirstenbilder,  Schlcsische,  des  inittelalters.  Hcrausg.  von  Hermann  Luchs.  — 
Breslau  18011,  Trcweudt.  —  Der  minuesänger  Heinrich  von  Breslau.  Nr.  10 
s.  32. 

Germania  herausg.  v.  Franz  Pfeiffer  und  Karl  Bartsch.  —  Die  gotischen  absoluten 

nominativ-  und  accusativconstructionen.    XI,  415.   —  Fragmente  einer  neuen 

handsichrift  von  Wolframs  Willehalm.  XIV,  271.  —  Zwei  geistliche  gcdichte 
aus  Schlesien.    XIX,  75. 

Grenzboten.  —    Leipzig,  Herbig. 

*  Walther  von  der  Vogel  weide  als  mittelalterlicher  und  modemer  dichter.  1865, 
IV,  928.  —  •Bayrische  landes-  und  Volkskunde.  1867,  I,  130.  —  *Ein 
schwäbischer  diplomat  am  hofe  der  königin  Elisabeth  von  England  IbiKy.  1867, 
II,  3.  —  *Der  gegenwärtige  stand  der  runenkunde.  1868,  III,  81.  —  *Ein 
fastnachtsscherz.  Friedrich  Ferdinand  graf  von  Benst  von  Ebeling.  1870,  I, 
407.  —  *Der  norden  und  Süden  in  Deutschland.  1870,  II,  417.  —  *Von 
der  ostdeutschen  grenzwacht  (Oberschlesien)  1872,  II,  502.  —  Das  deutsche 
publicum  und  die  altnordische  litteratur.  1872,  III.  —  *  Neues  über  Friedrich 
Rückert.  1873,  I,  242.  —  Deutsche  ehrlichkeit  nud  deutsche  ehrliche  arbeit. 
1875,  III,  476.  -     Das  Glatzer  land.    1875,  III,  481. 

Minerva  von  Friedrich  Bran.  —    Jena. 

•Bückblick  auf  die  thätigkeit  der  deutschen  nationalversamlung  von  der  mitte 
des  September  1848  bis  ostem  1849.  1848  dezbr.  I.  II.  1849  jan.  I  bis 
apr.  II.  —  *Der  preussische  Verfassungskampf  vom  28.  mai  1849.  1849  juli.  — 
•Der  engere  bundesstaat  und  das  interim.  1849  sept.  —  •Die  gegenwärtige 
bedeutung  der  deutschen  alterthumskunde.  1850  oct.  II.  novbr.  I.  —  *Friedr. 
Karl  Ferd.   von  Müffling,    sonst   Weiss  genant.     1851  juli  II.     aug.  I.   — 

*  Memoiren   des   generals  Ludw.   freiherm   von  Wolzogen.     1851  aug.  II.   — 

*  Bussland  und  die  gegenwart.    1851  sept.  IL 

Museum,  Deutsches,  von  Roh.  Prutz. 

•Der  gegenwärtige  zustand  des  Unterrichts  im  deutschen  und  sein  verhältniss 
zur  allgemeinen  bildung.  1805  nr.  24.  25.  —  Zum  andenken  an  E.  W.  Weber. 
1865,  45.  —  Die  ältere  deutsche  litteratur  und  das  heutige  publikum.  1865, 
48.  —    •Luthers  deutsche  Schriften.    1867,  28. 

Plutarch,  Der  neue,  herausg.  von  R.  Gottschall.  —    Leipz.,  Brockhaus. 
Martin  Luther.    I,  1—78.    (1874). 

Taschenbuch,  Historisches,  herausg.  von  Fr.  v.  Raumer. 

Deutsches  nationalbewustsein  und  stammesgefülil  im  mittelalter.  4.  folge, 
2.  Jahrg.  (1861)  s.  337.  —  Die  politische  anläge  und  thätigkeit  der  verschie- 
denen deutschen  stamme.    4.  folge,  6.  jahrg.  (1865)  s.  153. 


HEINB.   RÜCKBBT 


99 


Vierteljahrs -Schrift,  Deutsche. 

Die   deutsche  Schriftsprache  der   gegcnwart  und  die  dialekte.     1864 ,  III,    1 

8.  90.  —    Die  bedeutung  der  altdeutschen  littcratur  und  die  versuche  zu  ihrer 

widerbelehung.     1866,  II  s.  174. 
Zeit,  Unsere.    Herausg.  von  R.  Gottschall.  —    Neue  folge. 

Elsass  und  Lothringen.    Ein  geschichtlicher  und  culturgeschichtlicher  überblick. 

VII,  1  (1871)  s.  1  —  33.     145  —  174.  —    G.  G.  GerWnus.    VII,  2  s.  1—25. 

Zeitschrift  f&r  deutsche  philologie. 

Zur  Charakteristik  der  deutschen   mundarten  in  Schlesien.    I,  199.    IV,  322. 
V,  125.  —    Bericht  über  neuere  deutsche  mundartliche  litteratur.    III,  161. 

Zeitschrift  des  Vereins  für  geschichte  und  alterthum  Schlesiens.    Herausgegeben  von 
C.  Grünhagen.  —    Breslau,  Max  &  Comp. 
Entwurf  einer  systematischen  darstellung  der  schlesischen  deutschen  mundai*t. 
Vn,  8.1.    Vm,  1.  235.    IX,  27.  311.    XI,  96.  328. 

BRESLAU.  FBIBDB.   PFBIFFEB. 


BERICHT    ÜBER    DIE    SITZUNGEN    DER   DEUTSCH  -  ROMANISCHEN 
ABTEILUNG    DER  XXX.    PHILOLOGEN  VERSA  MLUNG    Zu   ROSTOCK. 


Die  abteiluug,  welche  ihre  Sitzungen  im  hörsaal  nr.  8  des  universitätsgebäu- 
des  hielt,  zählte  43  mitglieder,  nämlich  die  herren: 

Hofr.  prof.  dr.  Bartsch -Heidelberg. 

O.-l.  dr.  Bech- Zeitz. 

Prof.  dr.  Bechst  ein -Rostock. 


Doc.  dr.  B egem an n -Berlin. 

Dr.  Böddicker-Stettin. 

Dir.  Baucrmeister-Ribnitz. 

Doc.  dr.  Edzardi-Anclam. 

G. -1.  dr.  E gg er t- Schwerin. 

Cand.  Fritzsche -Rostock. 

Dir.  Giseke -Schwerin. 

O.-l.  dr.  Gerberding-Berlin. 

Prof.  dr.  Imelmann-Berlin. 

Dir.  dr.  Keck- Husum. 

Dir.  Krause- Rostock. 

O.-L  dr.  Latendorf- Schwerin. 

Prof.  dr.  L au n -Oldenburg. 

Doc.  g. -I.  dr.  Lindner -Rostock. 

O.-l.  dr.  Lübben- Oldenburg. 

O.-l.  dr.  Lücking- Berlin. 

Prof.  dr.  Mahn -Steglitz  b/Berlin. 

O.-l.  dr.  Meyer- Cottbus. 


Stud.  Neu  mann -Heidelberg. 

O.-L  dr.  Pfundheller- Stettin. 

R. -1.  Piper- Altena. 

G.  hofr.  bgmstr.  Pöble- Schwerin. 

O.-l.  dr.  Rauch -Berlin, 

Dr.  Rosiger -Altena. 

Prof.  dr.  Sachs -Brandenburg  a/lT. 

R.-l.  dr.  Schildt-Schwerin. 

Dr.  Schirmer- Altona. 

G.-l.  dr.  Schmolling- Stettin. 

R.-L  Schneider- Segeberg. 

Rect.  dr.  Seitz-Mame. 

G.-l.  Starck- Schwerin. 

Doc.  dr.  Stimm ing-Kiel. 

Dr.  Thfimen- Stralsund. 

Dr.  Theobald- Hamburg. 

Doc.  dr.  Vogt-Greifswald. 

Bibl.-s.  Walther -Hamburg. 

O.-l.  Wem  er- Schwerin. 

Cand.  Westphal- Schwerin. 

Stud.  Wie gand -Rostock. 


B.-l.  dr.  Nerger-Rostock. 

In  der  ersten  sitzung  (am  28.  scpt.  1  uhr  nachm.)  begrüsste  herr  prof.  dr. 
Bechstein  als  Präsident  die  abteilung  and  gedachte  ehrend  zunächst  der  im  letz- 
ten Jahre  durch  den  Tod  von  uns  geschiedenen  fachgenossen,  des  dr.  Hildebrandt 

1* 


100  NBRGBK 

in  Halle  and  des  prof.  dr.  Rücke  rt  in  Breslau.  Dann  erw&hntc  er  dreier  erfreu- 
licher ergebnisse  des  yorjahros:  des  widcrerstchcns  der  Frommann*schen  Zeitschrift 
für  erforschung  der  deutschen  mundarten,  der  bildung  eines  Vereins  für  nieder- 
deutsche Sprachforschung  und  der  förderung  des  mnd.  Wörterbuchs  durch  die  hohe 
reichsregierung.  Es  wird  fortan  ausser  der  bisherigen  beihülfe  von  150  thalem 
für  jedes  heft  von  der  reichs  - hauptkasse  auch  das  gchalt  des  herm  dr.  Lübben 
auf  drei  jähre  gezahlt,  wonach  diesem  ein  dreijähriger  Urlaub  vom  1.  april  d.  j.  ab 
in  Oldenbur«,^  bewilligt  ist.  —  Nach  diesem  berichte  wurde  hcrr  prof.  Bartsch 
zum  vicepräsidenten  erwählt,  und  zu  Schriftführern  doc.  dr.  Lindner-Rostock  und 
referent  ernant. 

Die  zweite  Sitzung  fand  am  29.  septbr.  niorg.  8  uhr  statt  und  begann  mit 
einem  vortrage  des  hemi  dr.  Lübben- Oldenburg:  ,,Zur  Charakteristik  der 
mittelniederdeutschen  litteratur."  Im  Jahre  1294  sei  von  Albrecht  v.  Bar- 
dewik  das  älteste  Lübecker  recht  verfasst  worden  und  von  demselben  1298  die 
ftltesto  Lübecker  chronik  begonnen.  Dies  bezeichne  uns  einerseits  den  eigentlichen 
anfangspunkt  der  mnd.  litteratur.  Vor  jener  zeit  fänden  sich  nur  einzelne  mnd. 
Urkunden,  sonst  herschc  als  spräche  des  schriftlichen  Verkehrs  das  latein^  welches 
auch  bis  1400  neben  dem  Mnd.  iu  Urkunden  hergehe.  Es  klaffe  somit  zwischen 
dem  Mnd.  und  dem  Altniederd.  eine  für  die  Sprachforschung  sehr  empfindliche 
lücke.  Andrerseits  wiesen  auch  jene  werke  A.  v.  Bardewiks  charakteristisch  auf 
diejenigen  gebiete  hin,  auf  denen  das  Mnd.  seine  bedeutendsten  leistungen  aufzei- 
gen könne,  nämlich  prosa-darstellung  des  rechts  und  der  geschichte.  Die  poesie 
sei  im  Mnd. ,  verglichen  mit  dem  Mhd. ,  wenig  gepflegt.  So  fehlt  die  weltliche  lynk, 
gänzlich  —  die  Niederdeutschen  dichteten  in  mhd.  spräche  —  und  die  geistliche  lyrik 
ist  eintönig.  In  der  epischen  gattuug  finden  wir  wenig  originales;  doch  hat  gerade 
die  nachbildung  des  niederländischen  Ueinaert,  der  Reiueke  Yos ,  das  gefeiertste  werk 
seines  Zeitalters,  die  ehre  des  Mnd.  gerettet,  ein  werk,  dessen  Wirkung,  zum  guten 
teile  aut  der  naiven  spräche  beruhend,  im  reflectieronden  Hochdeutsch  nicht  habe 
erreicht  werden  können.  Im  drama  steht  das  Mnd.  mit  einem  Theophiius,  Sünden- 
fall, Redentiner  spiel.  Verlornen  söhn,  Soester  Daniel  u.  dgl.  dem  Mhd.  nicht  nach, 
vielleicht  voran.  Die  nmd.  prosa  erscheint  ausgebildeter  als  die  mhd.,  und  sie 
zeigt  sich  gleich  hol  ihrem  ersten  auftreten  in  hoher  ausbildung  auch  der  formalen 
Seite.  Die  ältCAton  rechtsstatuten  geben  ein  vollständiges  sybtem  des  civil-  und 
criminalrecLtos;  daneben  finden  siih  documcuto  hoher  politik,  wie  friedensschlüsse, 
gcsantschaftsberichte  u.  dgl.  You  der  reichen  kirchl. -theol.  littei-atur  werden  als 
besontlcrs  wichtig  der  „Seclcntrost  von  1407"  und  das  „Lübecker  Passional  von 
1471"  hervorgehoben.  Die  uiedicin  bietet  zahlreiche  arznei-  und  kräuterbücher. 
Die  Chroniken  haben  mehr  sprachlichen  als  geschichtlichen  wert.  Die  glanzperiode 
des  Mnd.  setzt  der  herr  vortragende  mit  der  des  hansabnndes  gleichzeitig,  also 
von  1300  —  1500;  die  zeit  von  löOO — IGOO  erscheine  dagegen  als  zeit  des  rückgan- 
ges,  und  mit  1600  könne  man  das  Neuniederdeutsche  beginnen  lassen,  das  von  tag 
zu  tag  an  reinheit  verliere. 

An  diesen  höchst  interessanten  vertrag  schloss  sich,  abgesehen  von  einem 
kurzen  hinweis  des  herm  Präsidenten  auf  Berthold  von  HoUe,  eine  diseussion 
nicht  an. 

Es  folgte  der  vertrag  des  herm  prof.  Sachs  über  das  thema:  „Wie  hat 
falsche  gelehrsamkeit  und  volksweisheit  die  spräche  beeinflusst." 
Der  herr  vortragende  hatte  es  sich  zur  aufgäbe  gemacht,  zu  zeigen,  wie  bald  die 
Bueht,  bei  halb  wisserei  mit  gelehrsamkeit  xu  prunken,   die  ergötzlichsten  verwech- 


«■ 


OBRM.   A'BRS.   ZU   ROSTOCK  101 

selongeu  und  Verwirrungen  namentlich  fremder  nameu  vcranlasde,  bald  das  bestre- 
ben, den  fremden  klang  bekantem  heimischem  anzupassen,  seltsame  verunstaltaii- 
gen  der  fremdwörter  herbeiführe,  bald  religiöses  bedenken  die  angeeigneten  oder 
einheimischen  Wörter  umforme,  bald  vermeinte  Sprachregelung  die  rechtschreibung 
und  grammatik  vcrschlimbessere ,  bald  der  volkswitz  mit  den  wortformen  sein  spiel 
treibe.  Mit  einer  überreichen  fülle  von  beispielen  aus  den  verschiedensten  wissen- 
schaftlichen disciplinen,  aus  den  verschiedensten  sprachen,  aus  den  verschiedensten 
Zeiten  wurde  die»  des  weiteren  belegt.  Redner  wünschte  durch  den  vertrag  zu  wei- 
terer Untersuchung  des  reichhaltigen  gegenständes  anzuregen.  -  An  den  vertrag 
knüpfte  sich  eine  kurze  debatte.  Herr  dr.  Theobald  wante  nämlich  gegen  die 
anffassung  dieser  erschcinung  als  einer  „corruption"  ein,  dass  das  streben  und  die 
kraft,  fremde  Wörter  mittels  umdeutung  sich  anzueignen,  ein  zeichen  des  lebens 
einer  spräche  sei ,  und  vindicierte  dies  besonders  der  niederländischen  und  deutschen 
spräche  etwa  der  modernen  französischen  gegenüber.  Herr  prof.  Sachs  hielt  daran 
fest,  dass  doch  in  der  umdeutung  immer  ein  moment  der  corruption  liege.  Die 
äusserung  dr.  Theobalds  Über  das  Französische  wurde  von  herrn  dr.  Lücking 
zum  gegenstände  einer  weiteren  discussion  gemacht,  die  leider  abgebrochen  werden 
muste,  da  die  zeit  der  allgemeinen  sitzung  herangekommen  war. 

An  dieser  nahmen  die  meisten  mitglieder  der  abteüung  teil,  um  dem  inhalts- 
reichen vortrage  des  herrn  prof.  Bartsch,  „vom  germanischen  geist  in  den 
romanischen  sprachen*'  zuzuhören.  In  demselben  wurde  durch  vergleichung 
der  älteren  romanischen  sprachen  mit  dem  Ahd.  und  Mhd.  nachgewiesen,  wie 
namentlich  in  der  Wortbildung  und  auch  in  s}'ntaktischen  beziehungen  der  latei- 
nische Stoff  jener  sprachen  vom  germanischeu  sprachgeiste  umgeformt  worden  sei. 

In  der  dritten  sitzung,  die  am  30.  septbr.  morg.  8  uhr  begann,  hielt 
herr  prof.  Mahn  seinen  vertrag  „über  die  keltischen  sprachen  und  ihren 
einfluss  auf  die  deutsche,  englische,  französische  und  die  Übrigen 
romanischen  sprachen.''  Daraus,  dass  die  Kelten  vor  den  Germanen  und 
andern  eroberern  ins  mittlere  and  westliche  Europa  eingewandert  seien,  und  aus 
ihrer  bei  ihrer  Überwältigung  bereits  erstiegenen  höheren  culturstufe  sei  es  leicht 
begreiflich,  dass  aus  ihren  sprachen  viele  Wörter  in  die  der  nachdringenden  Völker 
aufgenommen  worden,  und  zwar  in  erster  linie  orts-  und  flussnamen,  aber  nicht 
minder  auch  benennungen  von  dingen,  welche  jene  Völker  von  den  Kelten  übernah- 
men, von  kulturgewächsen  und  geraten.  Zahlreiche  Wörter  wurden  nachgewiesen, 
die  aus  dem  »onstigen  bestände  der  sprachen,  in  denen  sie  sich  finden,  unerklärt 
bleiben  [z.  b.  apfel ,  bimel,  deren  erklärung  sich  aber  aus  dem  keltischen  Wortschätze 
leicht  ergibt;  dieselben  seien  deshalb  als  lehn  Wörter  aus  dem  Keltischen  anzu- 
sehen. —  Herr  dr.  Lücking  beanstandete  die  richtigkeit  des  beweis  Verfahrens, 
da  das  fehlen  der  zugehörigen  wurzeln  in  den  bezüglichen  sprachen  ja  ein  zufal- 
liges sein  könne.  Herr  prof.  Mahn  bemerkte  dagegen,  dass  sein  verfahren  überall 
da  die  gröste  Wahrscheinlichkeit  für  sich  habe,  wo  die  Kelten  örtlich  und  zeitlich 
Vorgänger  der  nunmehrigen  Inhaber  jener  unerklärbaren  Wörter  seien. 

Die  durch  die  allgemeine  sitzung  um  9  uhr  unterbrochenen  arbeiten  der 
abteilung  wurden  um  11  uhr  wieder  aufgenommen.  Herr  prof.  Bartsch  gab  einen 
nekrolog  von  prof.  H.  Rück  er  t.  Er  berichtete  über  das  leben  und  den  bildungs- 
gang  des  am  11.  septbr.  d.  j.  in  Breslau  verstorbenen,  ging  auf  seine  hauptschrif- 
ten  näher  ein  und  gab  eine  Charakteristik  seiner  germanistischen  tätigkeit  Am 
Schlüsse  hob  er  die  liebenswürdige  persönlichkeit  des  dahingeschiedenen  hervor ,  auf 


102  XERGEB 

den  er  den  iSopbokleischen  vers  anwaute:  ,,  Nicht  mitzabassen .  mitznliebeii  bin 
ich  da.** 

Da  in  der  hauptsitzung  Tübingen  zum  orte  der  nächsten  philologeuver- 
samlang  bestirnt  war,  so  wählte  die  abttnlung  die  herren  prof.  dr.  A.  v.  Keller 
zu  ihrem  Präsidenten  nnd  prof.  dr.  L.  Holland  zmn  vicepräsidontcn  für  das 
nächste  jähr. 

Daranf  berichtete  herr  dr. Theobald  „über  den  14.  Taal-en  Letterkun- 
dig Co  ng  res/'  der  am  24.-26.  aug.  in  Maastricht  getagt  hatte.  Dieser  con- 
gress  hat  es  sich  zur  aufgäbe  gemacht,  niederländisches  wesen  in  Nord-  nnd  Süd- 
niederland (Holland  und  Belgien)  dnrch  fc>rderung  alles  volkstümlichen  in  littcra- 
tnr,  geschichte  und  kunst  zu  stützen  und  zu  stärken.  Von  den  drei  scctionen  des 
congresses  war  besonders  die  erste,  welche  spräche  nnd  litteratnr  zu  ihrem  gegen- 
stände hat,  für  uns  wichtig,  weil  ihi'e  bestrobungen  mit  denen  des  niederdeutschen 
Sprachforschungsvereins  sich  nahe  berühren,  und  weil  auch  die  Niederländer  bei 
aller  abneigung  gegen  politische  Vereinigung  mit  dem  deutschen  reiche  sich  dessen 
wol  bewust  sind,  mit  den  Niederdeutschen  in  enger  Stammes-  und  sprachvenvaut- 
Bchaft  zu  stehen. 

In  der  vierten  Sitzung  am  1.  octbr.  morg.  8  uhr  hielt  zuerst  herr  dr. 
Begemann  einen  vertrag  „über  das  Annolied."  Der  fiedncr  gibt  eine  über- 
sieht der  bisherigen  meinungen  über  die  abfassungszeit  des  Annoliedos  und  sein 
Verhältnis  zur  kaiserchronik.  Er  gedenkt,  Lachmanns  ansieht  mit  modificationen 
wider  aufzunehmen.  Ist  unser  Annolied,  wie  nicht  zu  bezweifehi,  das  werk  eines 
(kölnischen)  geistlichen,  so  rückt  der  so  häufig  widerkehrende  name  „sente  Anno'* 
unser  lied  in  die  zeit  nach  der  kanonisation  Annos  (1183),  da  der  kirchliche  Sprach- 
gebrauch das  Sanctus  unmittelbar  vor  dem  namen  nur  bei  kirchlich  aiierkanten 
heiligen  duldete.  (Die  vita  braucht  höchstens  Sanctus  vir  Anno.)  Hingegen  führt 
die  bezeichnung  Siegbergs  als  grab  Annos  (dar  uffc  steit  iiu  sin  fjraf')  auf 
eine  zeit  vor  der  hebung  der  gebeine,  und  auf  solche  zeit  deuten  auch  manche 
altertümlichen  Wendungen  und  formen.  Diesen  Widerspruch  vriW  redner  dadurch 
lösen,  da  SS  er  unser  Annolied  für  Umarbeitung  eines  älteren  gedichtes  erklärt,  auf 
welches  auch  die  Kaiserchronik,  die  sich  ja  im  eingange  auf  eine  ältere  chronik 
beruft,  zurückgehe.  Ein  kürzeres  Aunolied  habe  auch  Bonaventum  Vulcanius  in 
seiner  schrift:  De  litteris  et  lingua  Qetarum  sive  Gothorum  angeführt.  Der  redner 
scheidet  nun  die  teile  des  Annoliedes  aus.  die  der  compilator  dem  ursprünglichen 
texte  zugefügt.  Darnach  verbleiben  v.  20  bis  92  (vielleicht  bis  lli>)  nnd  575  bis 
zu  ende  als  einheitliche  gestalt  des  alten  Annoliedes. 

Nach  diesem  vortrage,  an  den  sich  eine  discussion  nicht  anschlohs,  stellten 
herr  dr.  Theobald  und  herr  prof.  Sachs  den  antrag,  an  den  herm  dr.  Han- 
sen, bibliothekar  in  Antwerpen,  ein  hervorragendes  mitglied  des  gestern  bespro- 
chenen congresses  eine  Zuschrift  zu  richten,  also  lautend:  ,,Die  deutsch -romani- 
sche abteilung  der  30.  versamlung  deut.<«cher  philologen  und  schnlmänner  spricht 
Ihnen  und  Ihren  freunden  ihre  lebendige  Sympathie  aus  für  Ihr  auf  anbahnung 
näherer  beziehungen  zwischen  der  niederländischen  und  der  volkstümlich  nieder- 
deutschen litteratnr  gerichtetes  streben  und  gibt  sich  der  hoffiiung  hin,  dass  es 
gelingen  werde,  die  nahe  verwantschaft  der  sprachen  durch  eine  übereinstimmende 
Schreibweise  klarer  als  bisher  ins  licht  zu  stellen.'*  Der  antrag  fand  eine  allge- 
meine billigung,  nachdem  ausdrücklich  betont  war,  dass  die  zuschiift  keinerlei 
politischen  beigeschmack  habe.  Herr  prof.  Bechstein  übernahm  die  Übermittelung 
der  Zuschrift. 


GEHMAN.   VERS.  ZU  ROSTOCK  103 

Den  bericlit,  wclchmi  äodann  der  Schreiber  dieser  zeilen  über  den  verein 
für  niederdeutsche  sprachforschniig  erstattete,  darf  er  hier  Übergehen,  da 
diese  zeitscV.rifi  ja  so  eben  einen  solchen  bericht  gebracht  hat.  Anmerkungsweise 
mbgQ  gestattet  sein  anzugeben,  dass  am  1.  octbr.  die  mitgliederzahl  bis  auf  122 
gcstiegou  war.  An  den  bericht  schloss  heir  prof.  Bech stein  die  frage,  wie  der 
verein  sich  zu  Frommanns  Zeitschrift  stelle?  Diese  frage  wurde  dahin  beant- 
wortet, dass  die  ziele  beider  eben  nur  teilweise  zusammenträfen;  wo  dies  aber  der 
fall  sei,  da  geschehe  es  auf  einem  gebiete,  auf  dem  schleunige,  vielseitige  und 
gründliche  arbeit  not  tue. 

Der  letzte  Vortrag  der  diesmaligen  versamlung  war  der  des  herm  dr.  Theo- 
bald  betreffs  „Vereinbarung  über  phonetische  Schreibweise  für  diä- 
te ktfor  sc  hung."  Die  Wichtigkeit  einer  solchen  sei  allgemein  anerkant,  das 
bedürfhis  überall  gefühlt.  Eedner  gab  die  hauptei-forderuisse  einer  solchen  Schreib- 
weise an,  wies  auf  die  bisher  gemachten  versuche  hin  und  machte  auch  einige 
bezügliche  vorschlage.  Eine  lebhafte  discussion  entspann  sich,  die  das  allseitige 
Interesse  bekundete ,  und  die  dazu  führte ,  dass  eine  commission ,  bestehend  aus  den 
herren  dr.  Theobald,  prof.  Sachs,  dr.  Begemann  und  dr.  Nerger,  nieder- 
gesetzt und  derselben  der  auftrag  orteilt  wurde,  sich  mit  auctoritäten  der  phonetik 
und  der  dialektforschung  ins  vernehmen  zu  setzen  und  nach  dem  beirate  derselben 
der  deutsch  -  romanischen  abteilung  in  nächster  versamlung  bestirnte  vorschlage  zu 
machen.     (Die  commission  hat  ihre  arbeiten  inzwischen  schon  in  angriff  genommen). 

Um  10  uhr  ^mrde  vom  Vorsitzenden  mit  einem  kurzen  überblick  über  die 
diesjährigen  arbeiten  der  abteilung  die  sitzung  geschlossen. 

ROSTOCK,   NOV.   1875.  K.  NEBGBB. 


Vulfila  oder  die  gotische  bibel.  Mit  dem  entsprechenden  griechi- 
schen text  und  mit  kritischem  und  erklärendem  commentar  nebst 
dem  kalendcr,  der  Skeireius  und  den  gotischen  Urkunden  heraus- 
gegeben von  Ernst  Bernhardt,  dr.  phil.,  Oberlehrer  am  gymnasium 
zu  £rfurt.  —  A.  u.  d.  t.  Germanistische  handbibliothek  herausgege- 
ben von  Julius  Zaeher*  III.  Halle,  verlag  der  buchhandlung  des  Waisen- 
hauses.   1875.    I^XXII  und  654  Seiten.    8.    n.  13  mk.  50  pf. 

Nachdem  Uppströni  die  uns  erhaltenen  gotischen  handschriften  diplomatisch 
genau  hatte  abdrucken  lassen  und  so  aller  zweifei  hinsichtlich  des  überlieferten 
textes  gehoben  war,  fehlte  es  noch  an  einer  eingehenden  unterBuchung  Über  das 
Verhältnis  der  ultllauischen  bibelübersetzung  zu  den  griechischen  handsdiriften  des 
neuen  testaments  und  den  aus  dem  original  geflossenen  lateinischen  Versionen. 
Denn  dass  Vulfila  nach  dem  griechischen  übersetzt  habe,  war  längst  allgemein 
anerkant  und  ebenso  auch,  dass  der  uns  vorliegende  gotische  text  bald  grössere, 
bald  geringere  einflüsse  lateinischer  vorlagen  erfahren  habe:  sind  ja  doch  die  frü- 
heren herausgeber  der  gedachten  frage  nie  ganz  aus  dem  wege  gegangen.  So 
bemerkt  schon  Mareshall  in  seinen  der  editio  princeps  des  Yulfila  beigegebenen 
observationes  die  häufige  Übereinstimmung  des  got.  evangelientextes  mit  dem  Ale- 
xandrinns  und  dem  codex  des  Beza  (D);  Zahn  vergleicht  bereits  neben  den  g^e- 
ehischen  auch  die  lateinischen  handschriften,  darunter  auch  den  Brixianus,  über 
dessen  Verhältnis  zum  cod.  Argenteus  er  mit  Griesbach  eine  gelehrte  controverse 
führte  (vgL  die  ausgäbe  von  Zahn,  histor.  krit.  einlcitung  p.  34ff.);  und  auch  die 
Altenbui^er  sowie  Mass  mann  haben  die  Sachlage  genaner  erörtert  und  in  ihren 


104  OBRlMi 

coiniueiitarei)  häutig  auf  «lie  griechischen  und  lateiuischcn  haudtjchrifteii  rücksicht 
genommen.  Von  den  hcrausgebcrn  dcd  neuen  testameuts  hat  die  gotische  version. 
obgleich  ihre  Wichtigkeit  für  die  bibelkritik  längst  betont  war  (vgl.  Zahn  a.  a.  o.  s.  36) 
erst  Tischendorf  durchgängig  verglichen;  freilich  nnr,  da  er  der  spräche  mikundig 
war,  auf  Lobes  latc'nische  Übersetzung  sich  stützend,  wodurch  manche  irrtümer  mit 
untergelaufen  sind.  Aber  auch  hierdurch  wurde  die  Stellung  der  gotischen  version 
innerhalb  der  verschiedenen  handschriftenklassen  noch  nicht  fixiert:  Tischendorf  wüste 
nichts  weiter  darüber  zu  nagen,  als  dass  unser  text,  was  bereits  Lobe  und  Mass- 
mann bckant  war,  nach  der  vorhieronymianischcn  bibclübersetzung,  der  sogenanten 
Itala,  an  vielen  stellen  geändert  sei.  Das  verdienst ,  den  wirklichen  Sachverhalt 
klar  und  unzweifelhaft  nachgewiesen  zu  haben,  gebührt  dem  herausgeber  der  uns 
vorliegenden  neuen  Vulfilaausgabe ,  welcher  bereits  vor  11  jähren  als  das  resultat 
eingehendster  Studien  das  ^rste  heft  seiner  „kritischen  Untersuchungen  über  die 
gotische  bibclübersetzung"  herausgab  (Mciningeu  1BG4),  welchem  später  i^Elberfeld 
18G8)  noch  ein  zweites  folgte  (vgl.  dazu  den  artikel  desselben  Verfassers*,  die  goti- 
schen handschriften  der  episteln ,  Zcitschr.  f.  deutsche  phil.  V,  18G  — 192). 

Das  ergebnis  von  Bernhardts  forschungen  war,  dass  der  gotische  text  der 
cvangelien  nicht,  wie  Lobe  vermutet  hatte,  dem  codex  des  Beza  (D)  am  näch- 
sten stehe,  sondern  der  handschrift  A,  dem  jetzt  im  British  Museum  befindlichen 
Alexandrinus,  dass  er  also  wie  diese  zwischen  den  wichtigsten  handschriften  der 
alexandrinisch  -  italischen  und  der  asiatischen  klasse  eine  mittelstell ung  einnehme, 
jedoch  mit  grösserer  hinneigung  zu  der  erstercn ,  da  in  den  fällen ,  wo  A  mit  der 
gotischen  version  nicht  übereinstimt ,  diese  mit  italischen  handschriften  zusammen- 
geht. Dieses  italische  Clement  sei  nur  zum  kleinsten  teile  durch  spätere  änderung 
hineingetragen,  obwol  es  unzweifelhaft  sei,  dass  man  den  cod.  llrix'anus  als  die 
quelle  zahlreicher  interpolationen  des  gotischen  textes  zu  betrachten  habe.  Hin- 
sichtlich der  episteln  ergab  die  Untersuchung,  daws  die  gotische  version  der  ita- 
lischen handschriftenklasse  am  nächsten  stehe,  dabei  jedoch  eine  bedeutende  hin- 
neigung zur  Milgata  verrate.  Diese  resnltate  haben  durch  die  weiteren  Unter- 
suchungen Bernhardts  nur  insoweit  eine  änderung  erfahren,  als  derselbe  jetzt  zu 
der  Vermutung  berechtigt  zu  sein  glaubt,  dass  b<?reits  Vulfila,  namentlich  bei  den 
episteln,  eine  lateinische  Übersetzung  mit  zu  rate  zog.  di<»  italische  farbung  der 
gotischen  version  zum  teil  al>o  schi)n  durch  diesen  umstand  verursacht  ist.  wäh- 
rend er  früher  nur  annahm .  da>s  die  von  dem  gutischen  bischt>f  benutzten  griechi- 
schen handschriften  mit  der  alexandrinisch -italischen  resp.  italischen  klasse  in  naher 
verwantschaft  gestanden  hätten. 

Auf  diesen  vorarbeiten  fussi-nd  hat  Cä  nun  Bernhardt  versucht,  in  seiner  auf 
Zachers  anregung  unternommenen  und  jetzt  glikklicli  vollendeten  ausgäbe,  so  weit 
dies  möglich  war.  den  der  gotischen  Übersetzung  zu  gründe  liegenden  griechischen 
text  zu  reconsti'uieren  und  so  einen  langgehegten  wünsch  der  kritiker  des  neuen 
testameuts  zu  erfdllen;  und  zwar  verfuhr  Bernhardt  hierbei  so,  dass  er  aus  den 
älteren  griechischen  uucialhaudschriften  die  Icsail.  welche  mit  der  gotischen  version 
übereinstimto ,  in  seinen  text  aufnahm,  selbst  dann,  wenn  diese  Icsart  nur  von 
wenigen,  oder  auch  nur  von  einer  dieser  handschriften  geboten  war,  mithin  si)ä- 
tere  änderung  nach  dem  lateinischen  vermutet  werden  konte.  Teilte  dagegen  der 
gotische  text  nur  «lie  lesarten  jüngerer  griechischer  handschriften,  der  lateinischen 
Versionen  oder  der  citate  der  kirchenväter ,  so  wurde  im  griechischen  texte  die  les- 
art  derjenigen  uncialbandschriftcn ,  mit  welchen  die  ultilaniäclie  Übersetzung  gewöhn- 
lich übereinstimt.   beibelmlten.   da  hier  die  annähme   höclust  wahrscheinlich  war. 


r»* 


ÜBEB  VULFILA  BD.  BBBNHARDT  105 

das8  die  congruenz  nur  späterer  äDdernng  oder  dem  zufall  zuzuschreiben  sei.  In 
den  anmerkungen  sind  jedoch  diese  Übereinstimmungen  stets  angegeben,  nament- 
lich ist  jedesmal,  wenn  die  änderung  des  gotischen  teztei^  nach  der  Itala  zweifellos 
oder  wahrscheinlich  war,  die  lesart  derselben  mitgeteilt.  Man  ist  also  durch  den 
griechischen  text  und  die  anmerkungen  in  den  stand  gesetzt,  sich  an  jeder  stelle 
Über  die  der  gotischen  Übersetzung  zu  gi'undc  liegende  lesart  zu  informieren:  ein 
umstand,  von  dem  nicht  allein  der  bibelkritiker  vorteil  ziehen  wird,  sondern  in 
ebenso  reichem  masse  der  Germanist.  Sind  doch  durch  diese  fi-ucht  beharrlichsten 
fleisses  Untersuchungen  über  die  gotische  syntaz,  wenn  auch  nicht  zuerst  ermög- 
licht, so  doch  wesentlich  erleichtert  worden;  erst  jetzt  ist  man  im  stände  über  die 
geschicklichkeit  und  Selbständigkeit  des  gotischen  Übersetzers  ein  genau  zutreffen- 
des urteil  sich  zu  bilden.  Manche  stellen ,  die  bisher  faUch  oder  ungenügend  erklärt 
waren,  erhalten  jetzt  auf  die  einfachste  weise  licht:  so  wird  die  bereits  von  Gabe- 
lentz-Löbe  (cod.  arg.  p.  18)  mit  recht  angegrüfene  Uppströmsche  erklärung  der 
glosse  L.  9,  34  durch  aufdeckung  des  zu  gründe  liegenden  lateinischen  textes  bin- 
f&llig;  das  rätselhafte  fizei  1.  Tim.  2,  6  A  erweist  sich  als  rest  einer  interpola- 
tion  usw. 

Was  die  äussere  einrichtung  der  neuen  ausgäbe  betrifft,  so  enthält  dieselbe 
den  gotischen  text,  nach  den  UppstrÖmschen  lesungen  emendiert,  (die  evangelien 
nach  der  Ordnung,  die  sie  ursprünglich  im  cod.  argenteus  hatten,  mit  angäbe  der 
sectioneneinteilung  und  der  parallelstellen);  unmittelbar  darunter  den  griechischen 
text  und  darauf  die  anmerkungen;  diese  sind  durch  einen  horizontalen  strich  in  zwei 
abteilungen  geschieden,  von  denen  die  erste  die  Varianten  der  verschiedenen  goti- 
schen handschriften ,  sowie  die  abweichungcn  des  von  Bernhardt  gegebenen  textes 
von  der  handschriftlichen  Überlieferung  und  den  früheren  herausgebem  (gewöhnlich 
nur  seit  Gabelentz-Löbe)  angibt^  während  die  zweite  hauptsächlich  dazu  bestirnt 
ist,  das  Verhältnis  der  gotischen  Übersetzung  zu  den  griechischen  und  lateinischen 
handschriften  klarzulegen;  und  zwar  sind  die  lesarten  der  griechischen  Codices, 
soweit  sie  für  den  gotischen  text  in  betracht  kommen,  vollständig  angegeben  zu 
Mt.  V,  Jh.  y.  VI,  L.  1,  Mc.  I,  während  dieselben  in  den  übrigen  capiteln  der  evan- 
gelien nur  dann  citiert  worden ,  wenn  der  got.  text  von  A  oder  in  dem  teile  des 
Matthäus,  wo  A  nicht  vorhanden  ist,  von  K  ^/  abweicht,  jedoch  auch  hier  mit  der 
einschränkung ,  dass  nur  die  wichtigsten  quellen  (Sin  BCDL)  angeführt  werden. 
In  den  episteln,  wo  die  anzahl  der  handschriften  geringer  ist,  sind  die  abweichun- 
gcn dagegen  vollständig  verzeichnet. 

In  dieser  genau  durchgefühi'teu  nachweisung  der  dem  gotischen  texte  an  jeder 
einzelnen  stelle  zu  gründe  liegenden  lesart  besteht,  wie  oben  bereits  angedeutet, 
der  hauptwert  der  neuen  ausgäbe:  eine  höchst  schätzenswerte  zutat  sind  jedoch 
auch  die  zahlreichen  sprachlichen  und  grammatischen  bemerkungen,  die  eingehen- 
des Studium  der  gotischen  lautgesetze  und  sorgßlltige  beobachtung  des  Sprach- 
gebrauches verraten  (vgl.  z.  b.  die  noten  zu  R.  11,  33  und  2.  Co.  1,  16).  Häufig 
ist  auch,  des  knapp  zugemessen eu  raumes  wegen,  zu  weiterer  belehr ung  auf  die 
werke  anerkanter  autoritäten  verwiesen ,  hauptsächlich  natürlich  auf  Grimms  gram- 
matik  und  Leo  Meyers  reichhaltiges  buch  über  die  gotische  spräche;  hier  und  da 
ist  auch  auf  kleinere  monographien  rücksicht  genommen  und  überhaupt  die  gesamte 
einschlägige  litteratur  sorgfältig  benutzt.  Sehr  dankenswert  ist  es  endlich,  dass 
der  herr  herausgeber  auch  das  sachliche  Verständnis  durch  zahlreiche  noten  zu  för- 
dern sich  bestrebt  hat,  namentlich  in  den  episteln,  wo  dem  nicht  theologisch  gebil- 
deten der  oft  recht  unverständlichen  spräche  wegen  dergleichen  helfende  fingerzeige 


"au-    -.->#  NbT      ^««BMi. .     «^hhWiHr  mafmmr    .'■»w--         er'fc*«^!^^ 


106  GERING 

sehr  nötig  uiid  dicnlicli  sind.  Es  ist  zu  bewundern  ^  mit  welcher  geschicklichkeit 
dieser  reiche  inhalt  in  so  enge  form  zusammengepresst  ist. 

Fragen  wir  nun»  welche  gestalt  der  got.  tcxt^  in  der  neuen  ausgäbe  erhal- 
ten hat.  so  ist  zunächst  hervorzuheben,  dass  der  herr  heraus^ebcr  conscquenter  als 
06  bisher  geschehen  ist,  eine  einlieitlichc  Schreibweise  durch zufiihren  sich  bestrebt 
hat.  Bekantlich  finden  in  den  gotischen  handschrifteu  in  der  bezoichnuug  verschie- 
dener laute  Schwankungen  statt,  so  steht  c  häufig  für  ei  und  umgekehrt  ei  für  e, 
/  für  ei  und  e,  au  für  i*,  n  fiir  an  und  o  usw.  Hier  i.st  von  Bernhardt  (dem  Mass- 
mann darin  meistenteils  schon  vorangegangen  war,'^)  mit  recht  überall  der  vocal, 
den  die  gi'ammatik  fordert,  hergestellt  worden;^  nur  in  dem  vocativ  der  it-decli- 
nation,  wo  häufiger  au  als  u  begegnet,  ist  der  Schreibung  der  luandschriften  gefolgt; 
auch  hier  hätte  wol  unbedenklich  das  ursprüngliche  'U  durchgängig  eingeführt  wer- 
den können ,  da  die  Schreibung  -au  unzweifelhaft  nur  auf  undeutlicher  aussj)rache 
beruht.  ainomeJiun  ist  auf  die  autorität  Leo  Meyors  (got.  spr.  p.  475)  hin  beibe- 
halten worden,  und  'imschen  lanhmuni  \xii([  lauhinoui  ontscheidung  nicht  gewagt. — 
Die  ebenfalls  häufig  schwankende  Schreibung  der  consonauti^chen  laute  hnt  der  herr 
heransgeber  nicht  so  streng  normalisiert.  Hier  kamen  namentlich  vier  lalle  in 
betracht:  die  verschiedenartige  widergabo  des  nasals  vor  7t,  //.  q;  das  zwischen  / 
und  nachfolgendem  vocal  bald  eingefügte ,  bald  verdrängte  J ;  der  Wechsel  zwischen 
media  und  aspirata  (d  und  J) ,  h  und  /') ;  und  die  bald  eintretende ,  bald  unterblei- 
bende assimilation  des  auslautenden  h  an  den  nachfolgenden  consonantunlaut.  Im 
allgemeinen  hat  der  herr  herausgeber  hier  die  regel  beobachtet,  falls  nur  eine 
handschrift  vorlag,  der  Schreibart  derselben  zu  folgen  (nur  das  im  I<uc.  häufig  vor- 
kommende ng  ist  mit  recht  stets  in  yg  verändert);  boten  sich  jedoch  in  folge  des 
Vorhandenseins  zweier  handschrifteu  verschiedene  Schreibweisen  dar,  so  wurde  die 
einfachere  oder  gewöhnlichere  gewält,  also  die  lesart  mit  einfachem  g  (gk,  gg)^ 
ohne  J,^  mit  aspirata,  mit  nicht  assimiliertem  h  vorgezogen. 

Offenbare  Schreibfehler  sind  natürlich  überall  berichtigt,  wie  dies  auch  in 
den  älteren  ausgaben  bereits  geschehen  war.  Bernhardt  hat  jedoch  häufig  auch 
an  solchen  stellen  Schreibfehler  angenommen ,  wo  die  früheren  herausgeber  die  les- 
art der  handschrift  zu  verteidigen  suchen:  so  schreibt  er  J.  li),  32  da  aeinamnuiy 
wo  der  cod.  arg.  gewiss  fehlerhaft  seina  bietet;  L.  14,  32  aippait  für  das  sonst 
unerhörte  eipciu;  15,  27  nfetiaip  für  afsnaip;  If),  21)  at  statt  af;  Mc.  1,  10  iisluka- 
)uins  für  iisluknnns;  15,  28  qipando  für  qipnno;  15,  44  pana  für  pan;  Eph.  1,  18 
Jivileika  für  hvileika;  2.  Tim.  1,  5  LuHidJuiy  Airncikai  für  Laindja,  Aiaieika. 
Col.  3,  15  vermutet  Bernhardt  für  das  i<rignjaipa  der  handschrift,  statt  dessen  Upp- 
ström  Ktigiijai  pf(Hf  Hevne  scignjai  pan  in  sehreiben,  scignjai  ana,  «sodass  svi^- 

1)  In  der  iittchfolgendon  bcsprcchung  der  Bernhardtschen  tcMoonbtituieruug  if>i 
gewöhnlich  nur  auf  diejenigen  stellen  rück»icht  genommen,  die  von  dem  Ueyncscheu 
texte  abweichen,  da  dessen  ausgäbe  die  verbrcitetste  ist  und  sich  meist  streng  an  Upp- 
ström  anächlie?8t. 

2)  Doch  steht  bei  Massmann  L.  9.  27  noch  das  falsche  cUiKpaii  für  daapn^  weil  der 
herausgeber  irrtümlicher  weise  annahm,  da.«»8  kamtjan  auch  mit  dem  dativ  coustruiert  wer- 
den könne,  obgleich  bereits  Grimm  (gr.  IV,  Gl 2)  dagegen  sich  ausgesprochen  hatte. 

3)  Nur  auf  verschen  beruht  es  wol,  da.ss  2.  Co.  8,  9  ijabiys  neben  gahcig»  stehen 
geblieben  ist. 

4)  Nur  I.Tim.  6,  11  isi  —  wol  nur  aus  versehen  —  die  lesart  der  handsühritl  B 
frijapca  in  den  text  aufgenommen. 


CBBB  Y  ULFILA   ED.  BERNHARDT  107 

jaip  für  svifftijai  verschrieben  und  na  ausgefallen  oder  erloschen  wäre.  L.  14,  31, 
wo  nach  Heyne  und  Leo  Meyer  statt  des  handschriftlichen  vigä  \\  na  >  vigana  zu 
lesen,  also  ein  nominativ  vigans  anzusetzen  wäre,  nimt  Berhardt  einen  doppelten 
Schreibfehler  an:  nämlich  das  compendium  für  n  sei  aus  versehen  über  das  a  statt 
über  das  g  gesetzt  und  dann  die  silbe  na  irrtümlich  in  der  zweiten  zeile  noch  ein- 
mal geschrieben  worden:  es  sei  also  die  form  vigna  (dativ  eines  neutrums  vign) 
herzustellen.  Wenn  für  diese  conjoctur,  so  ansprechend  sie  ist,  ein  zwingender 
beweis  kaum  wird  erbracht  werden  können,  so  erscheint  mir  dagegen  die  von  Bern- 
liardt  vorgeschlagene  änderung  von  gaunopa  (2.  Co.  7,  7)  in  gaunopu  um  so  siche- 
rer als  richtig.  Es  sprechen  hierfür  sowol  das  üvarana  der  handschrift,  als  auch 
die  von  Bernhardt  angezogenen  formen  aiüijodtis,  watodtis. 

Zuweilen  ist  auch  Bernhardt  gegen  Uppström  und  Heyne  zu  den  von  den 
älteren  gelehrten  aufgestellten  conjecturen  zurückgekehrt,  namentlich  wenn  sie 
durch  vergleichung  mit  dem  griechischen  original  bestätigt  wurden;  so  liest  er  mit 
Gabelentz-Löbe  Mt.  7,  23.  24  unsibja  .  sa  hvazioh  statt  des  handschriftlichen, 
von  Uppström,  Heyne  und  Leo  Meyer  beibehaltenen  unsibjana  .  hvazuh;  Jh.  11,  18 
Jairusaulymim  st.  Jairusatdymiam;  16,  9  patd  st.  pata  patei;  L.  7,  30  ana  st. 
and;  19,  20  galagidana  st.  galagida  ina;  Mc.  2,  12  gasehmim  st.  gasehviin; 
2.  Co.  12, 16  siai  st.  sai;  Eph.  2,  3  hatizis  st.  hatüe;  3, 18  gavaurtai  st.  gavaurh- 
tai;  Col.  3,  25  vüjahalpei  st.  vÜjahalpein  (worin  Uppström  eine  nominativform 
nach  analogie  des  ahd.  managin  erblicken  wolte);  2.  Tim.  1,  18  mais  vor  vaila 
anstatt  hinter  ßu;  Esdr.  2,  16  sunjus  st.  sunaus,  Aizaiketins  st.  Aizatkeiinis ; 
mit  Massmann  Mt.  27,  56  Josezis  st.  Josez,  27,  64  aufto  st.  des  sonst  nie  vor- 
kommenden ufto;  L.  5,  4  gaandida  st.  gananpida;  5,  6  manageins  st.  managein; 
5,  11  afletandans  st  afleipandans;  17,  9  pu  st.  ptiS;  Mc.  6,  11  nih  st.  ni;  R.  9,  3 
tishidja  (was  schon  Grimm  verlangte)  st.  ushida;  Col.  3,  12  bleipeins  st.  bleipein; 
1.  Th.  4,  17  mip  im  st.  mip  imma;  Tit.  1.  6  ungafairinods  st.  ungafainnonds ;  mit 
Schulze  J.  17,  3  sunjana  st.  des  unerklärlichen  sunja.  Mitunter  ist  er  auch  Upp- 
ström gegen  Heyne  gefolgt:  Bernhardt  schreibt  wie  jener  J.  15,  5  sa  bairip  für 
sva  bairip f   da  es  ohne  zweifei  nur  ein  zufall  ist,   dass  die  griech.  handschrift  M 


1)  Diese  form  bat  zu  den  wunderlichsten  erklärungeu  Veranlassung  gegeben. 
UppstrÖnis  Übersetzung :  ad  movendum  (etim)  profeeto  ist  wol  durch  Gabelentz  •  Lobe  (cod. 
arg.  p.  18)  definitiv  abgetan;  auch  für  die  einfalle  Massmanns  {da  velgan  ina)  und 
Holtzmanns  (der  gr.  1 ,  4  in  >m  ein  fragewort  findet)  wird  kaum  noch  jemand  eine  lauzc 
brechen  wollen.  Eine  vierte  erklärung,  die  ebenso  unhaltbar  ist,  scheint  jedoch  noch 
immer  nicht  zur  ruhe  kommen  zu  wollen:  wenigstens  hat  Jolly  (gesch.  des  inf. 
p.  154  fgg.)  nicht  übel  lust,  seiner  theorie  zu  liebe  die  alte  erklärung  von  vigamm  als 
dativus  infinitivi  wider  aufzunehmen.  Aber  abgesehen  davon,  dass  sich  im  got.  eben- 
sowenig wie  im  altnord.  (das  hier  wie  so  oft  mit  jenem  übereinstimt)  sonst  eine  spur 
von  einem  flectierten  inf.  sich  vorfindet,  —  wie  sollte  wol  Vulflla,  der  sonst  mit  pein- 
licher gcnauigkeit  dem  griech.  text  sich  anschliesst,  dazu  gekommen  sein,  hier  ohne 
allen  grund  von  demselben  abzuweichen?  Glaubt  man  etwa,  dass  während  allen  ger- 
manischen sprachen  für  den  begriff  „ArtV^^*  mehrere  substantiva  zur  Verfügung  standen, 
die  schlachtfrohen  Goten  allein  kein  einziges  gehabt  hätten?  —  Wenn  die  linguistik 
ihren  wolerworbenen  ruf  wahren  will,  so  darf  sie  es  nie  versäumen,  bevor  sie  ihre 
erklärungen  gibt,  auf  die  in  der  einzelsprachc  obwaltenden  factischen  Verhältnisse  rück- 
sicht  zu  nehmen. 


lOK  r.E&iNG 

ebenfalls  oitah*  für  f/vrog  gewährt;  L.  6,  1  bifuuuitulans  für  hfUiuandauJi ,  um  deu 
unmöglichen  anlaut  bn  zu  entfernen ;  Mc.  3,  7  Gaiilaia  st.  Giäilaian. 

Seltener  hat  Bernhardt  die  lesart  der  hand Schriften  den  früheren  heraus- 
gebern  gegenüber  beibehalten:  so  wird  —  und  hier  kann  ich  nicht  zustimmen  — 
Mc.  G,  22  die  conjectur  Heynes  dauhir  für  dauhtar  wider  aufgegeben;  es  wäre  das 
der  einzige  unzweifelhafte  accus,  absolutus ,  der  im  gotischen  begegnet ,  denn  Mt.  6,  2 
hält  Bernhardt  selbst  die  abhängigkeit  des  accus,  von  ritt  für  möglich.  Ungerecht- 
fertigt erscheint  es  mir  auch,  dass  Bernhardt  Neh.  6,  l*!  die  einleuchtende  conjec- 
tur Lobes  ßlalmdedun  für  prafstidedun ,  die  auch  Massmann  und  Heyne  aufgenom- 
men haben ,  verwirft.  Dass  die  formen  gastopanan ,  R.  4 ,  14 ,  und  gaaitianaidai. 
1.  Th.  2,  17,  welche  Uppström  und  Heyne  in  gaatopan  und  (fcutinaidai  ändern,  während 
Beiiihardt  mit  Gabelentz-Löbe,  Massmann  und  Leo  Meyer  die  handschriftliche 
lesung  vei-teidigt,  ein  recht  auf  beibehaltung  haben,  möchte  ich  gleichfalls  bezwei- 
feln. Die  Schreibung  Kaurinpaiitm  wäre  wol  ebenf;ills  überall  mit  Kaurinpiutn  zu 
vertauschen  gewesen,  man  vergl.  die  note  zu  Col.  4,  13.  Ob  1.  Co.  7,  16  (janasjU 
beizubehalten  oder  mit  Heyne  in  ymiasjaU  zu  ändern  ist,  wird,  da  sich  eine  völ- 
lig entsprechende  stelle  nicht  findet,  schwer  zu  entscheiden  sein.  Für  die  schützung 
der  lesart  praizbytaireia ,  1.  Tim,  A,  14  >  wo  alle  herausgeber  jf  au^atret lu  schrei- 
ben, hat  Bernhardt  dagegen  stichhaltige  gründe  beigebracht. 

Vielfache  änderungen  hat  der  seit  Gabelentz-Löbe  gangbare  text  dadurch 
erfahren,  dass  Bernhardt  durch  die  bereits  in  seinen  „kritischen  Untersuchungen" 
ausführlich  dargelegten,  gewichtigen  gründe  veranlasst ,  in  den  epistcln  dem  Ambro- 
sianus A  deu  Vorzug  gegeben  hat.  So  lesen  wir  jetzt  1.  Co.  15,  49  hairainMt  st. 
fiva  bairaima,  das  durch  keine  griechische  handschrift  belegt  ist;  16,  1,  dem  got 
gebrauch  entsprechend,  Galatie  für  Galatiais;  2.  Co.  1,  8  st.  skamaidedeima  das 
dem  sinne  besser  entsprechende  afsi^aggvidai  veseiina;  1,  19  merjada  st.  raüamer- 
jada,  worin  Bernhardt  mit  recht  eine  willkürliche  ausschmücknng  erkent;  2,  10 
zweimal  fragaf  st.  fragiba  (gr.  xf/(<f)iauta);  2,  14  ßairh  u/M  in  allaim  atadim  st. 
in  allaim  stadim  ßairh  uns^  da  alle  griech.  und  lat.  hss.  die  erstere  lesart  bestä- 
tigen;  2,  16  ns  daußau  st.  daupaus,  das  als  spätere  änderung  erwiesen  wird;  3,3 
.<rikiiußai  st.  srihunß  (gr.  tftn'fi*üvufrot);  4,  1  vairßam  st.  vairßaima  (gr.  fyxn- 
xoi\ufr)'f  4,  4  gußs  st.  gnßs  Hvgaaaihvanins,  wo  sich  der  spätere  zusatz  schon 
durch  die  falsche  form  kentlich  macht;  .'>,  16  ni  kunnum  st.  ni  hinnum  ina,  da 
die  letztere  lesart  nur  durch  Hierou.  gestützt  wird:  5,  20  bidjaiulam  st.  bidjam 
(letzteres  nachweislich  spätere  änderung),  6,  3  ni  ainhun  st.  ni  ainhun  ßannu,  da 
der  zusatz  in  keiner  quelle  sich  findet;  7,  3  mißgasviUan  st.  gasviltan  (gr.  awa- 
no.7«r*ri');  8,  lO  taujan  ,.  vüjan  st.  der  umgekehrten  folge,  die  durch  keine 
griech.  oder  lat.  hs.  belegt  ist;  9,  14  in  ufantssaiiS  st.  in  ufarasaau  (gr.  J*«  ti/v 
vntifßidlovauv  x''tQ*^')'y  12,  9  siitkein  st.  slukcim  (gr.  uaüividt);  IS ,  1  iß  reis  sve 
st.  iß  veis  (gr.  ^utlg  de  ag);  13,  13  fraiijins  st.  fraujins  unsaris  (letzteres  zusatz 
nach  lat.  quelle);  Gal.  6,  17  stakifis  lesais  st.  stakins  franjins  unsaris  lesuis  Xri- 
Staus  y  da  die  lesart  von  B  auf  späterer  Interpolation  beruht;  Eph.  1,  5  in  inu  st. 
in  imnia  (gr.  th  aiiov))  1,  22  uUa  st.  all  (gr.  ;r«jT«);  2,  2  fairhvaus  st.  aivis, 
da  nur  das  erstere  dem  gr.  xoajuoi  entspricht;  2,  4  ßuaiei  st.  in  ßizaiei  (gr.  ijv); 
3,  10  fUnfaifu)  st.  mamtgfdlßo  (gr.  7rolv7toixt).oq)\  Phil.  3,  12  afargagga  st.  ik 
afargagga,  da  letzteres  in  den  quellen  keine  bestätigung  findet;  3,  13  m  Mnih  st. 
ni  ßan  (gr.  oVnto):  3,  19  ßizeei  st.  ßize  (gr.  wr);  Col.  1,  16  himinam  st.  himitui 
(gr.  ov(}(tvoTg) :  1 ,  24  nu  st.  saei  nu  (letzteres  änderung  nach  dem  lat.) ;  4,  13  Lau- 
deikia  st.  Laudeikaia  (gr.  Auodixitf,  Javßixtdi);  4,  14  jah  Demos,  das  die  Turiner 


ÜBER  VULFILA  BD.  BSRMHABDT  109 

blätter  des  cod.  A  und   alle  quellen  bieten,   während  es  in  B  fehlt:    1.  Tim.  5,  4 
andanem  st.  god  jah  andanem  (letzteres  spätere  interpolation). 

An  allen  diesen  stellen  war  die  snperiorität  des  cod.  A  dnrch  vergleichung 
der  quellen  unwiderleglich  zu  beweisen,  natürlich  ist  iu  folge  dessen  auch  da,  wo 
ein  solcher  beweis  nicht  erbracht  werden  konte.  die  lesart  von  A  vorgezogen,  falls 
nicht  B  augenscheinlich  das  richtige  bot.  Daher  schreibt  Bernhardt  2.  Co  1,  16. 
2,  13  Makaidonja  für  Makidonja,  7,  5  Makaidonjai  für  Mdkidonjai;  3,  3  svar- 
tiza  ^rsvaiiizJa,  eine  form,  die  im  gotischen  kein  genau  entsprechendes  an&logon 
hat;  3,  9  andbahtja  für  andbahti  (hier  gehn  auch  die  griech.  hss.  auseinander); 
4,  4  liulhadehis  für  liuhadein;  6,  11  unumtioda  für  usrufnnoda;  7,  8  unie  gasau 
hva  für  gasailvoa  auk;  7,  10  gatulgida  für  ga/tuLgidai;  1,  14  Teitaun  für  Teitau 
(erster es  offenbar  die  dem  griech.  nachgebildete  form);  9,  2  usvcigida  für  gavagida; 
12,  15  laßaleiko  für  gabaurjahu ;  12,  21  aglaitja  für  aglaitein;  13,  6  ßatei  kufir 
neiß  ei  für  ei  kunneiß  ßatei;  Gal.  5,  17  taujiß  für  taujaiß;  6,  1  andsaihvafids  für 
atsaihvands;  6,  7  pata  für  ßatuh;  Eph.  1, 10  jah  ßo  für  jah;  3,  16  insvinßjan  für 
gasmnßnan;  3,  21  immuh  für  imma;  4,  28  iß  für  ak;  Phil.  4,  4  nunu  für  nuHU 
nu;  Col.  3,  5  vinna  für  vimwn ;  2.  Tim.  4,  3  sußjandana  für  sußjandans. 

Der  fall,  dass  sich  in  B  das  ursprünglichere  erhalten  hat,  ist  seltener,  doch 
liest  Bernhardt  mit  dieser  hs.  2.  Co.  5,  12  hairtin  st.  in  hairtin;  8,  18  in  aivag- 
gdjon  st.  in  aivaggeljons  (wo  die  früheren  herausgeber,  obgleich  nur  die  erstere 
lesart  durch  die  quellen  bestätigt  wird,  wunderbarer  weise  dem  cod.  A  den  Vorzug 
gegeben  haben);  £ph.  2,  11  siynle  st.  sivüe  vesußy  wo  Heyne,  obgleich  das  vesufi 
Zusatz  nach  dem  lat.  ist,  dem  cod.  A  gefolgt  ist;  femer  ist  Eph.  3,  12  freijhala, 
das  Heyne  ebenfalls  iu  den  text  aufgenommen  hat,  als  später  eingedrungene  glosse 
in  klammem  eingeschlossen ;  endlich  wird  auch  2.  Tim.  1 ,  9  das  zweite  ims  als 
müssiger  zusatz  bezeichnet. 

Die  früheren  herausgeber  haben  an  manchen  stellen  selbständige  ergän- 
Zungen  vorgenommen,  jedoch  hat  Bernhardt  eine  anzahl  derselben  auf  grund  sei- 
ner vergleichung  der  quellen  als  falsch  erwiesen :  so  ist  Jh.  14 ,  3  von  Massmann 
und  Heyne  jah  vor  manvja  mit  unrecht  eingeschoben ,  da  das  xai  auch  im  Alexan- 
drinus  fehlt;  ebenso  überflüssig  ist  das  von  denselben  gelehrten  2.  Co.  11,  27  ein- 
gefügte m  vor  agJom,  sowie  das  von  Heyne  Eph.  1,  6  aufgenommene  izvara  hinter 
gaimiiul,  da  die  entsprechenden  Wörter  auch  in  der  mehrzahl  der  griech.  hss. 
nicht  vorhanden  sind.  Auch  das  von  Massmann  und  Heyne  Phil.  1 ,  29  eingescho- 
bene uhte  ist  wider  zu  streichen ,  weil ,  wie  aus  der  interpunction  des  cod.  B  nach- 
gewiesen wird,  der  gotische  Übersetzer  mit  einigen  alten  auslegera  fram  gußa  mit 
fragiban  ist  verband;  ebenso  1.  Th.  2,  11  das  hvaiva ,  da  Yulfila  nach  Bernhardt 
durch  weglassung  des  griech.  m^t  das  anakoluth  hat  beseitigen  wollen.  Ob  das  sve, 
welches  Massmann  und  Heyne  1.  Co.  9»  26  vor  du  invisamina ,  dem  griech.  üq  ent- 
sprechend einfügen,  mit  recht  wider  gestrichen  ist,  will  ich  dahingestellt  sein  las- 
sen; ungerechtfei-tigt  scheint  mir  aber  die  Verbannung  des  auk  1.  Co.  10,  1,  wo  der 
Übersetzer  durchaus  keine  veranlassung  hatte,  das  griech.  y^Q  nnausgedrückt  zu 
lassen.  Dagegen  hätte  das  joA,  welches  mit  Alassmann  Mc.  1,  19  vor  gahraiueiß 
eingesetzt  ist,  ohne  schaden  fortbleiben  können,  da  cod.  D  die  got.  lesart  teilt 
und  asyndeta  bei  Vulfila  auch  sonst  ziemlich  häufig  vorkommen  (vgl.  meine  abhand- 
lung  in  dieser  zeitschr.  V,  p.  400). 

Wo  der  griech.  text  dies  forderte^  sind  natürlich,  auch  gegen  Uppström  und 
Heyne,  ergänzuugen  vorgenommen,  so  fügt  Bernhardt  Mc.  14,  70  mit  Ma«smann 
Galeilaim  is  jah  vor  razda  mit  recht  wider  ein;  ebenso  1.  Th.  5,  12.  13  jah  tdlz^ 


110  GB&nro 

jandans  izvis  ei  (MassmanD  nur  jah  tidzjßnds  iivarans)  vor  sreraifi.  In  den 
grösseren  ergänzungeu  der  früheren  herausgeber  sind  zam  teil,  jedoch  nie  ohne 
triftige  gründe,  änderungen  gemacht:  statt  garunsaif  Mt.  11,  16.  das  seit  Ilirc 
alle  herausgeber  beibehielten,  schreibt  Bernhardt,  dem  ityoQai^g  der  wichtigsten 
griech.  hss.  entsprechend,  garunnm,  und  ebendaselbst  st.  anpar  anjkiramma,  wie 
Uppström,  Massmann  und  Heyne  wollen,  anpar  anparana,  da  vopjan  gewohnlich 
den  accasativ  regiert  (ich  würde  jedoch  mit  rücksicht  auf  das  genus  von  harn 
anpar  anpar  vorziehn).  Grösser  sind  die  abweichnngen  in  der  im  cod.  fast 
ganz  erloschenen  stelle  2.  Th.  2,2,  wo  alle  herausgeber  mit  wenig  änderungen 
dem  yon  Castiglione  aufgestellten  text  gefolgt  sind.  Hier  liest  Bernhardt  statt  ahin, 
dem  griech.  imd  roO  vo6^  entsprechend,  fram  ahin;  st.  drohnan  gadrohfian,  da, 
wie  schon  Gabelentz- Lobe  bemerkten,  das  simplex  nie  vorkomt;  statt  vanrda  saupa 
(nach  1.  Co.  15,  2);  st.  patei  instand-ai  (Ifassmann  patei  atgaggai)  sve  patci  atsijat 
{(og  8t t  Marrixtv).  Um  diese  letzte  änderung  zu  begründen,  bemerkt  Bernhardt, 
dass  instandan  in  der  bedeutung  „bevorstehen**  nicht  nachweisbar  sei.  Dies  ist 
jedoch  ebensowenig  bei  atviaan  der  fall:  es  bedeutet,  wie  das  ahd.  azunesan 
(Tat.  76,  2)  dasein  und  übersetzt  wol  nctQitcfTfjvtti  und  (ntarffvcu,  aber  nicht  (varij^ 
vtu.  Für  das  letztere  verbum  ist  dagegen  atgaggan  belegt  (2.  Tim.  3,  1),  sodass 
die  von  Massmann  vorgeschlagene  lesuDg  jedesfalls  den  Vorzug  verdient. 

Offenkundige  glosseme  sind,  wie  dies  bereits  von  den  früheren  herausgebern 
geschehen  war,  in  eckige  klammem  eingeschlossen;  zu  bemerken  ist  hier  nur,  dass 
1.  Co.  15,  6  nicht  taihun  tevjam  (nach  Massmann  und  Heyne),  sondern  mit  Gabe- 
lentz-Löbe  fimf  hundam  als  glosse  bezeichnet  ist,  da  der  letztere  ausdruck  einer 
erklärung  nicht  bedurft  hätte. 

Von  sonstigen  textbesserungen  ist  zu  erwähnen ,  dass  Mt.  8 ,  14  das  jah  vor 
gasahv  vor  in  heitom  gerückt  ist,  wodurch  eine  grössere  Übereinstimmung  mit  dem 
griech.  text  erzielt  und  das  nach  dem  particip  abundierende  jah  entfernt  wird. 
Ich  will  die  möglichkeit,  ja  Wahrscheinlichkeit  dieser  conjectur  nicht  leugnen, 
bemerke  jedoch ,  dass  der  ausdruck  ligan  in  heitom  auch  Mc.  1 ,  30  belegt  ist  und 
dass  jah  oder  'üh  nach  dem  particip  auch  sonst  häufig  genug  vorkommen  (vgl. 
meine  abhandlung  in  dieser  zeitschr.  Y,  s.  401  note).  L.  18,  11  wird  das  invinda 
der  hs.,  wofür  die  früheren  herausgeber  falsch  invindans  schrieben,  in  invindai 
gebessert  R.  7,  2  schreibt  Bernhardt,  dem  vorgange  Massmanns  folgend,  mit 
recht  ufvaira  (Cnav^Qog),  nicht  uf  vaira,  wie  die  übrigen  herausgeber,  da  in  die- 
sem falle,  wie  er  richtig  bemerkt,  der  artikel  nicht  hätte  fehlen  dürfen.  Dagegen 
trent  er  Gal.  2,  6  ana  insohun,  was  die  bisherigen  herausgeber  sämtlich  als  ein 
wort  auffassten ,  mit  hinweisung  auf  2.  Co.  8 ,  7.  Von  eingreifenderen  conjecturen, 
auch  wenn  sie  nahe  lagen,  hat  sich  Bernhardt  mit  recht  femgehalten,  so  erscheint 
Mt.  5,  23  noch  immer  das  unerklärliche  aibry  das  Jacob  Grimm  in  ttbr  ändern 
wolte,  und  Mt.  6,  5  ist  plapjo,  wofür  Gabelentz-Löbe  platjo  vermuteten,  ebenfalls 
beibehalten:  dergleichen  ämc^  Uyofxtva  müssen  natürlich  mit  besonderer  Sorgfalt 
gewahrt  werden. 

Auch  die  Skeireins  hat  in  der  neuen  ausgäbe  eine  sehr  sorgßUtige  behand* 
lung  und  mannigfache  besserung  erfahren.  Nach  einer  einleitung,  die  über  die 
handschrift,   die  ausgaben,    inhalt  und  zweck  der  schrift,   den  Verfasser*  und  den 

1)  Nach  Bernhardt  ist  die  Skeireins  keine  Übersetzung,  sondern  ein  gotisches 
originalwcrk ,    bei  dessen  abfassung  jedoch  griechische  commentare  (von  Theodorus  und 


ÜBER  VULFILA  ED.  BERNHARDT  111 

zustand  des  textes  in  ausführlicher  weise  sich  verbreitet,  folgt  ein  kritisch  cmen- 
dierter  text  mit  wortgetreuer  lateinischer  üoersetzung  und  reichhaltigen  anmerkun- 
gen ,  die  ober  das  verliältnis  der  neuen  eniendatio  zu  der  handschrift  und  den  frü- 
heren ausgaben  die  nötige  auskunft  geben  und  das  Verständnis  des  Werkes  erleich- 
tern sollen.  In  der  constituirung  des  textes  ist  Bernhardt  sehr  oft  Vollmer  gefolgt, 
der  einigemal  unzweifelhaft  das  rechte  getrotfen,^  leider  jedoch  die  gelungoneu  con- 
jecturen  unter  einer  au^ahl  höchst  gewagter  und  unnötiger  änderungen  so  ver- 
steckt hat.  dass  man  bisher  auf  sein  schriftchen  wenig  rücksicht  genommen  zu 
haben  scheint.  Auch  Lobe  und  Massmnnu  sind  in  gebührender  weise  herangezogen, 
und,  wo  die  besserungen  dieser  Vorgänger  nicht  zu  genügen  schienen,  ist  selb- 
ständige hilfe  nicht  geapart:  im  ganzen  finden  sich  einige  40  abwcichungcn  von 
dem  Uppstrimischen  texte,  welche  in  der  erwähnten  cinleitung  und  in  den  noten 
sorgfaltig  begründet  werden.  Interessant  ist  es,  dass  Bernhardt  eine  hauptursache 
der  vielen  fehler,  die  den  überlieferten  text  verunstalten,  darin  crkant  zu  haben 
glaubt^  dass  der  abschrcibcr,  wenn  seine  vorläge  hintereinander  eine  reihe  gleich 
endender  formen  darbot  ^  gedankenlos  auch  nahestehende  Wörter  gleicher  ai-t  mit 
dieser  eudung  versah:  hierdurch  fänden  dann  die  participia,  welche  so  häufig  in 
auffallendster  weise  geradezu  für  das  verbum  finitum  zu  stehn  scheinen,  ihre  erklä- 
iTing.  Die  herstellung  eines  lesbaren  textes  ist  Bernhardt  unzweifelhaft  gelungen, 
auch  kann  man  im  ganzen  mit  den  von  ihm  vorgenommenen  änderungen  wol  zufrie- 
den sein:  sinncntsprechend  sind  sie  alle:  dass  der  ursprüngliche  Wortlaut  gefunden 
sei,  ist  freilich  nicht  überall  mit  gleicher  Sicherheit  zu  erweisen.  Zweifelhaft 
erachoiut  es  mir  z.  b.,  ob  der  ofTcubar  arg  verdorbenen  stelle  III  ^'f  an  welcher 
schon  mancher  seine  kräfte  versucht  hat,  dadurch  allein  aufgeholfen  ist,  dass  man 
das  zweite  vitoßf  wie  Bernhardt  tut,  durch  hraincin  ersetzt.  Namentlich  ist  es 
wol  unter  allen  umständen  geboten,  Vollmers  Vorschlag,  welcher  pizo  unfaurvei- 
sono  schreiben  will,  anzunehmen,  denn  unfaurreis  ist  offenbar  der  gegensatz  zu 
dem  in  der  von  Bernhardt  citierten  stelle  aus  Ammonius  vorkommenden  kxov- 
atogr  und  bei  den  vielen  auslassungen ,  die  unser  text  nachweislich  erlitten  hat, 
dürfte  es  nicht  zu  kühn  sein,  ein  diesem  griechischen  ausdruck  genau  entsprechen- 
des wort  bei  dem  zweiten  wissndede  zu  ergänzen.  —  Dagegen  halte  ich  IV*  eine 
ändcrung  überhaupt  nicht  für  nötig,  da  sich  das  anakoluth  auf  eine,  wie  mir 
scheint,  ungezwungene  weise  erklären  lässt  (vgl.  meine  abhandlung  in  dieser  Zeit- 
schrift V,  s.  312). 

Unserer  ausgäbe  ist,  wie  den  früheren  bänden  der  germanistischen  hand- 
bibliothek,  auch  eine  eiulcitung  vorausgeschickt,  welche  üb<^r  alles,  was  zur  ein- 
führung  in  das  gotische  bibelwork  notwendig  ist,  erschöpfende  auskunft  gibt.  Sie 
behandelt  zunächst  das  leben  Vulfilas^  und  seine  litterarische  tätigkeit,^  seine  spräche 

Cyrillus)  vielfach  benutzt  worden  sind.     Die  entstehung  derselben  fiele  sonach  frühestens 
in  die  mitte  des  5.  Jahrhunderts. 

1)  Für  Vollmers  conjcctur  siojaba  st.  jabai  (I  bc),  die  Bernhardt  aufgenommen 
hat,  habe  ich  mich  bereits  in  dieser  zeitschr.  V,  p.  405  erklärt. 

2)  Vgl.  abd.  HuforawUwgity  fortnito  (Grafl'I,  1098).  Die  Übersetzung  des  tdifau- 
rareü  durch  imprudeua  ist  also  schw^crlich  richtig. 

3)  Sehr  dankenswert  ist  es,  dass  hier  nicht  nur  der  bericht  des  Philostorgius 
in  wörtlicher  Übersetzung  mitgeteilt  wird  ,  sondern  auch  die  einschlägigen  stellen  aus 
dem  von  Waitz  edierten  werke  dos  Auxentius  im  Urtext  wider  abgedruckt  sind. 

4)  Hier  kommt  T>eriihardt  zu  dem   interessanten    ergebnis,    dass  erst  naoh   dem 


112  OBBIK& 

nnd  aasdrncksweiso .  sowie  das  vorhältnis  seiner  Übersetzung  zu  dem  original;  dann 
folgt  die  beschreibung  der  uns  erhaltenen  handscbriftcn  und  ihre  geschichto.  Beson- 
ders genau  wird  über  die  Veränderungen  gesprochen ,  welche  der  got.  text  von  Vnl- 
fila  bis  zur  entstehung  unserer  liandschriften  erlitten  hat,  woran  sich  dann  die 
darlcgung  und  rechtfertigung  des  von  Berhardt  beobachteten  kritischen  Verfahrens 
anschlicsst.  Schliesslich  werden  die  früheren  ausgaben  aufgezählt  nnd  Über  die 
einrichtung  der  neuen  das  nötige  mitgeteilt. 

Schon  oben  hat  sich  mehrfach  gelegenheit  geboten,  abweichende  ansichten 
zur  geltung  zu  bringen;  einzelnes,  was  dort  noch  nicht  zur  besprechung  gelangt 
ist,  möge  hier  zum  schlnss  noch  seine  stelle  finden.  —  Zu  Mt.  11,  2  (insandjands 
&t  sipofijam  seinaim)  sagt  der  herr  herausgeber:  „Nach  alter,  freilich  sprachwidri- 
ger Interpretation  sendet  Johannes  um  seiner  jünger  willen,  d.  h.  zu  ihrer  aufklä- 
rung;  diese  auffassung  scheint  den  gotischen  Übersetzer  zur  wähl  des  bi  (statt 
fiairh)  bestimt  zu  haben. '*  Diese  erklärung  ist  wol  unrichtig:  Vulfila  hat  den 
gricch.  text  {n(fA\ptts  dtä  roh'  fitcd-riTCiv  tcvroC)  durchaus  nicht  misverstanden;  der 
analoge  gebrauch  der  präposition  hi  findet  sich  auch  im  ahd.  (Graif  III,  10)  und 

mhd.,  z.  b.  Erec  1808: 

er  santim  schanez  gvot 

bi  Hinem  boten  in  sin  hüs^ 

(vgl.  mhd.  wb.  I,  118*).  Dieselbe  Verbindung  ist  auch  im  mnd.  belegt  (Schiller- 
Lübben,  I,  327^)  und  findet  sich  noch  im  nhd.  (d.  wb.  I,  1351).  Nach  beispielen  aus 
dem  alts.  und  ags.  habe  ich  mich  vergebens  umgesehen,  doch  das  beigebrachte 
wird  genügen,  den  gotischen  gebrauch  als  einen  echt  germanischen  zu  erweisen 
und  Vulfila  von  dem  Vorwurf  falscher  Übersetzung  zu  reinigen.  —  Zu  Jh.  5 ,  46 
wird  erwähnt,  dass  im  got.  das  object  oft  vom  griech.  abweichend  vorangestellt 
wird.  Es  findet  jedoch  zuweilen  auch  der  umgekehrte  fall  statt,  z.  b.  Mt.  5,  25. 
6,  24.  1.  Co.  8,  13.  -  Zu  L.  5,  7  ist  auf  Köhler  (Bartsch,  german.  Studien  I,  83) 
verwiesen.  Dass  ich  die  erklärung  Köhlers^  für  falsch  halte,  habe  ich  bereits  in 
dieser  zeitschr.  V,  395  hervorgehoben  nnd  muss  auch  jetzt  noch  bei  dieser  ansieht 
beharren.  —  Die  Uppströmsche  Icsung  naiv  (Mc.  6,  19)  scheint  mir  trotz  der  von 
Leo  Meyer  aas  dem  Slavischen  beigebrachten  parallele  noch  immer  nicht  über 
allem  zweifei  erhaben  zu  sein,  und  der  verschlag  von  Gabelentz-Löbe^  saiwar  zn 
lesen,  verdient  nach  wie  vor  beachtnng.    Zu  einer  gewisheit  werden  wir  freilich 

tode  Vulfllas  die  Übersetzung  der  blbel  zu  ende  geführt  worden  sei.  Namentlich  rüh- 
ren die  uns  Überlieferten  bruchstücke  aus  Esdra  und  Nehemia  nicht  von  Vulfila  her. 

1)  Derselbe  verkent  den  altertümlichen  charakter  der  got.  spräche  und  beurteilt 
sie  zu  sehr  vom  Standpunkt  des  neuhochdeutschen  aus.  Dass  dem  Goten  manche  con- 
struction  geläufig  war,  die  uns  nicht  mehr  möglich  ist,  wird  immer  noch  nicht  genug 
anerkant  und  manches  mit  unrecht  als  Gräcismus  verschrieen,  was  ganz  gewiss  gut 
gotisch  ist.  Eine  sehr  richtige  ansieht  findet  sich  in  einer  kleinen  raonographie  Wil- 
helm üppströros  (gotiska  bidrag  med  sarskild  hänsyn  tili  de  ambrosianska  urkuoderna, 
Uppsala  1868),  die  ich  daher  hier  mitsuteilen  mir  erlaube.  Uppström  sagt  (p.  5): 
I  tin  öfveriättninff  hat  XJyUoB  med  tynnerli^  noggramnhet  oeh  trohet  ätergifvit  urtexten; 
kärvid  har  /um  framfk  99mr€  öfvertääare  haß  fird$Un  att  öfv»r$ätta  frän  ett  Ufwmde 
tpräk,  iom  /Sr  kan&m  %jtiif  var  sä  att  9äga  ett  andra  moderemäl,  Dch  tili  ett  epräk,  hvare 
beekaffenhet  just  mSßiggjorde  och  nästan  fordraäe  Ukformighet  i  ätergi/vandet  af  den  gre* 
kiska  ord/syden. 


ÜBEB  VÜLFILA  BD.  BBBNHARDT  113 

schwerlich  jemals  kommen,  wenn  uns  nicht  einmal  ein  günstiges  geschick  die  ein- 
zige stelle,  wo  hix^tv  im  n.  t.  noch  einmal  sich  findet,  L.  11,  53,  in  got.  Ghcr- 
sctzong  zuführen  sollte.  Bekantlich  steht  in  der  handschrift  naisvor,  8,  o  und  r 
sind  nach  Uppström  von  dem  Schreiber  getilgt.  Der  herr  herausgeber  versucht  eine 
crklärung  des  Schreibfehlers  und  nimt  an ,  dass  ursprünglich  vaisvor  (wie  Massmann 
lesen  will)  h&tte  geschrieben  werden  sollen.  Der  schreiber  h&tte  statt  dessen  aus 
verschen  naisvor  geschrieben  und,  als  er  den  fehler  bemerkte,  für  tHiist?or  ein  syno- 
nymen, nämlich  naiv,  substituiert.  Ich  muss  gestehen,  dass  mir  diese  erklärung 
höchst  unwahrscheinlich  vorkomt  Bei  der  hohen  achtung,  die  die  ulUlanischc 
Übersetzung  doch  zweifellos  genoss,  hätte  ein  schreiber  sich  kaum  eine  solche  ände- 
rung  seiner  vorläge  erlaubt;  überdies  war  es  ja  in  jedem  falle  leichter,  einen  buch- 
staben  (das  falsche  n)  zu  ändern,  als  drei  auszuradieren.  —  In  der  noto  zu 
Eph.  6,  9  {saina  fraujä)  bemerkt  der  herr  herausgeber:  „Massmann  vermutete  ohne 
grund  8a  8ama ,  vgl.  Mc.  10,  8.  L.  17,  34."  Die  Vermutung  Massmanns  ist  jedoch 
keineswegs  ganz  grundlos;  die  beiden  angeführten  stellen  dürften  schwerlich  bewei- 
send sein,  da  dort  das  5a»)a,  dem  griech.  ci;  entsprechend ,  dem  substantivum  folgt 
Geht  8afna  demselben  voraus  (dies  geschieht  stets,  wenn  es  griech.  d  avtdg  wider- 
gibt), 80  hat  es  immer  den  artikel  bei  sich,  vgl.  Schulze,  got.  glossar  p.  290. 
Unsere  stelle  wäre  die  einzige  ausnähme  von  dieser  regel,  denn  R.  10,  2,  wo 
die  früheren  ausgaben  nur  8awa  frauja  lasen,  ist  nach  Uppström  sa  am  rande 
hinzugeschrieben.  —  Bei  der  vergleichung  der  hss.  ist  nur  selten  etwas  über- 
sehen, ich  trage  nach,  dass  Mt.  10,  42  die  hs.  D,  was  schon  Mareshall  bemerkte, 
xIfvxQoO  v6«jog  liest;  27,  65  hat  D*,  was  ebenfalls  Mareshall  bereits  constatiert 
hat,  (f^vlaxag  (abcfff*  cu8iode8)\  Jh.  7,  33  bieten  DEG*^  /luxqöv  xq^vov.  —  Zu 
Skeir.  U**  ist  irrtümlich  angegeben,  dass  die  handschrift  ahvieifw  lese;  sie  hat  die 
richtige  starke  form  ahmein.  —  Seite  583,  z.  5  v.  u.  muss  es  für  ags.  wol  alts. 
heissen. 

Ich  habe  es  für  nötig  gehalten,  über  die  neue  ausgäbe  etwas  ausführlicher 
zu  berichten,  um  den  wert  derselben  gegenüber  den  früheren  allseitig  ins  licht  zu 
stellen.  Die  kleinen  ausstellungen ,  die  ich  geglaubt  habe  machen  zu  müssen,  kön- 
nen das  gesamturteil  nicht  erschüttern,  dass  der  Bemhardtschc  Vulfila  eine  ganz 
vortreffliche  leistung  ist,  die  von  dem  fleisse  und  Scharfsinne  des  lierm  heraus- 
gobcrs  das  rühmlichste  zeugnis  ablegt.  Massmann  hat  in  der  vorrede  zu  seiner 
ausgäbe  mit  etwas  zu  grossem  selbstbewustsein  geäussert,  dass  dieselbe  dem  theo- 
logen  unentbehrlich  sein  werde.  Wenn  bei  menschlichen  dingen  überhaupt  von 
nnentbehrlichkeit  die  rede  sein  kann  ,  so  würde  Bernhardts  Yulfila  mit  mehr  bercch- 
tignng  ansprach  darauf  erheben  dürfen;  wenigstens  ist  es  gewiss,  dass  dem  kriti- 
ker  des  neuen  testaments  und  dem  deutschen  Sprachforscher  durch  die  neue  aus- 
gäbe ein  notwendiges  hilfsmittel  endlich  zu  teil  geworden  ist.  Mit  bedauern  ver- 
misst  man  nur  das  registor,  das  den  wert  der  beiden  ersten  bände  der  germanisti- 
schen handbibliothek  so  wesentlich  erhöht.  Um  jedoch  nicht  mit  einem  desidera- 
tnm  zu  schliesson,  will  ich  noch  rühmend  hervorheben,  da.is  die  ausstattnng  des 
buches  eine  ganz  vorzügliche  ist  und  die  anerkante  tüchtigkeit  der  hiesigen  waisen- 
hausbnchdruckcrci  wider  in  erfreulichster  weise  betätigt. 

HALLS,    JULI    1875.  HUGO   GERING. 


ZRITSCIIK.   F.    DKUT8CHB   PinLOLOGIR.      UD.  Vll. 


■^Trf  nj 


114  RIBÜEK 

Der  Hüliaiid  and   die   angelsächsische   Genesis.     Von  Edaard  Sierws« 

Halle ,  bei  Lippert  1875.    49  s.    1  m.  50  pf. 

In  dieser  arbeit  bcgrüssen  wir  schon  jetzt  eine  fnicht  der  eindringenden 
beschäftigung  mit  dem  Heliand,  zu  der  der  Verfasser  dnrch  seine  bald  zu  erwar- 
tende ausgäbe  desselben  veranlasst  war.  Mancher  wird  dieses  columbusei  mit  Ver- 
wunderung stehn  sehen.  Dass  die  stilverwantschaft  der  angelsächsischen  mit  der 
altsächsischen  poesie  nirgend  so  stark  wie  in  einem  teile  der  Genesis  hervortritt, 
konte  bei  etwas  sorgfaltigem  lesen  schon  des  Versbaues  wegen  nicht  unbemerkt  blei- 
ben; ebenso  wenig  dass  mindestens  v.  246 — 337  nicht  in  ihrem  ursprünglichen 
zusammenhange  stehn,  da  sie  ausführlich  und  ohne  alle  rückbeziehung  den  stürz 
der  bösen  engel,  der  schon  vorher  behandelt  ist,  nochmals  erzählen.  Holtzmanu  hatte 
sich  (Germ.  1 ,  474.  11 ,  224)  ein  paar  mal  verheissen ,  den  beweis  f&hren  zu  wol- 
len, dass  der  Heliand  aus  dem  Angel^llchsischen  umgeschrieben  sei.  Ob  hiebei  der 
vergleichung  zwischen  Heliand  und  Genesis  eine  rolle  zugedacht  war?  ob  wol  gar 
mit  hilfe  der  Versus  de  poeta  der  Heliand  als  ein  teil  der  arbeit  des  wirklichen 
Gädmon  solle  erwiesen  werden?  In  seiner  Altd.  grammatik,  wo  Holtzmann  die 
Anglosaxonismen  des  Cottoniauus  auf  die  herkunft  des  gedichtes  smiückführt,  scheint 
er  im  übrigen  die  forschung  andern  überkssen  zu  wollen  und  beschränkt  sich  auf 
die  Weissagung,  es  werde  sich  immer  deutlicher  herausstellen,  dass  der  Heliand 
ein  angelsächsisches  gedieht  sei  (s.  172).  Nun  hat  Sievers  mit  erschöpfender  genanig- 
keit  den  beweis  geliefert,  dass  die  verse  235 — 851  der  Genesis  im  wortvorrat,  in 
der  ausdrucksweise  und  den  redowendungen  mit  dem  Heliand  mehr  gemein  haben 
als  so  ziemlich  die  ganze  übrige  ags.  litteratur,  dass  sie  insbesondere  hinsichtlich 
der  in  christlicher  zeit  neu  und  auf  beiden  gebieten  selbständig  entwickelten  epi- 
schen formein  sich  mehr  auf  die  seite  des  Heliand,  als  auf  die  der  übrigen  ags. 
dichtung  stellen.  Das  wichtigste  hiervon  legt  er  in  seiner  abhandlung  übersicht- 
lich vor,  vollständig  ergibt  es  sich  aus  den  unter  den  tcxtabdrnck  gesetzten  ver- 
gleichungen.  Ich  verzichte  darauf,  proben  dieser  Übereinstimmung  hervor  zu  heben, 
weil  der  eindruck  nur  durch  die  vereinigte  masse  hervorgebracht  wird.  Aber  ich 
wüste  nicht  wie  man  der  alternative,  die  der  Verfasser  stellt,  ausweichen  könte: 
entweder  ist  der  Heliand  nach  einem  ags.  Vorbild  gearbeitet  oder  B  (v.  235  —  851 
der  Crenesis)  nach  einem  altsächsischen.  Im  ersteren  falle  nun  hätte  man  sich  das 
Vorbild  als  eine  vollkommene  Singularität  in  der  ags.  litteratur  vorzustellen,  der 
im  gegensatze  zu  allen  übrigen  denkmälern  dieser  mundart  lauter  solche  merkmale 
zugekommen  wären,  die  man  sonst  für  unterscheidende  züge  altsächsischer  dichter- 
sprache  halten  muss.  Das  liefe  denn  auf  eine  völlig  grillenhafte  hypothese  hinaus, 
während  sich  alles  einfach  und  natürlich  zurecht  legt,  sobald  man  in  ß  ein  stück 
angelsächsischer  bearbeitung  eines  altsächsischen  gedichts  erkent,  das  man  alle 
Ursache  hat  dem  dichter  des  Heliand  zuzuschreiben.  Der  bearbeiter  aber  war  schwer- 
lich der  dichter  der  Genesis,  der  seine  aufgäbe  in  so  ganz  verschiedenem,  soviel 
trockneren  geschmack  und  mit  so  viel  dürftigerem  sinn  erfasste;  der  mindestens 
nicht  unterlassen  haben  würde,  seine  lieblingsausdrücke,  z.  b.  das  bei  ihm  häufige, 
in  B  unerhörte  wort  freä  für  gott,  darin  anzubringen.  Dieser  dichter  fand  viel- 
mehr, wie  Sievers  meint,  von  der  bearbeitung  ein  bruchstück  vor,  das  er  seinem 
werk  einverleibte,  nicht  ohne  einzelnes  einer  zweiten  Umarbeitung  zu  unterziehen, 
wodurch  der  kritik  vollends  die  möglichkeit  geraubt  wird,  mit  einiger  Sicherheit 
noch  den  ursprünglich  deutschen  kern  herauszuschälen.  Bei  diesem  hergang  bleibt 
mir  nur  eines  fragwürdig :  wenn  der  dichter  sich  durch  die  cinfügung  eines  älteren 
brnchRtückcs   arboit   sj^aren    wolt^j   —   denn   aus   Wertschätzung  seiner   poetischen 


«k   •'  r'v     ■  ■  ■       j"»" 


ÜBBB  8IXVBB8 ,  HELIAND  U.  AG8.   0ENB8I8  115 

vorztkge  wird  er  es  nicht  aofgenommen  haben  —  warum  begründete  er  gleichwol 
die  schöpfong  der  weit  und  des  menschen  durch  eine  eigene  weitl&uftige  darstel- 
lung  der  engelrebellion  und  ihrer  folgen,  da  er  doch  eine  solche  in  dem  bruch- 
stücke  als  episode  nach  der  Schöpfungsgeschichte  vorfand  und  so  ohne  weiteres 
hatte  benutzen  können?  Vielleicht  ist  es  also  wahrscheinlicher,  dass  erst  ein 
Schreiber  das  bruchstück  eingefßgt  hat,  dem  in  diesem  falle  der  entsprechende, 
natürlich  sehr  viel  kürzere  teil  der  Genesis  hätte  weichen  müssen.  Abermalige 
Überarbeitung  mit  einfüguug  einiger  dem  Genesisdichter  eignen  ausdrücke  konto 
sich  auch  dieser  Schreiber  erlauben. 

Der  Verfasser  ist  nun  aber  nicht  der  meinung,  dass  das  bruchstück  aus  dem 
verloren  gegangenen  ersten  oder  alttestamenÜichen  teile  zum  Heliand  herrühre. 
Er  glaubt  überhaupt  nicht  an  die  Verarbeitung  beider  testamente  zu  einem  fortlau- 
fenden ganzen,  wie  die  praefatio  und  die  versus  de  poeta  sie  berichten;  und  er 
bemerkt  im  verhalten  des  bruchstückes  zu  seinen  quellen  —  ausser  dem  unvermeid- 
lichen Isidor  weist  er  als  solche  des  Avitus  gedieht  de  origine  mundi  nach  —  eine 
grössere  freiheit  als  sie  im  Heliand  herscht,  zu  der  der  dichter  sich  nur  habe  fort 
entwickeln,  von  der  er  nicht  zu  einem  engherzigem  verhalten  habe  zurückkommen 
können.  Es  handelt  sich  hier  hauptsächlich  um  das  bedeutungsvolle  vom  dichter 
erfundene  motiv,  dass  der  als  schlänge  verkleidete  teufel  sich  der  Eva  für  einen 
boten  gottes  ausgibt  und  der  sündenfall  dadurch  auf  eine  täuschung  zurückgeführt 
wird ,  der  die  ersten  eitern  in  guter  meinung  unterlagen.  Indes  was  gab  die  evan- 
gelische geschichte  viel  anlass  zur  erfindung  von  motiven?  und  wo  sie  ihn  gab, 
bei  der  Verleugnung  Petri,  bei  der  flucht  der  jünger,  hat  der  dichter  ihm  beherzt 
nachgegeben,  wie  der  Verfasser  selbst  bemerkt:  in  der  gleidien  absieht  nachgegeben, 
wie  es  dort  bei  dem  sünden&ll  geschieht,  die  beiden  seiner  erzählung  in  den  äugen 
eines  heldenhaft  denkenden  geschlechtes  moralisch  zu  retten.  Auch  sehe  ich  nicht 
ein,  warum  derjenige,  der  den  plan  eines  so  umfassenden  werkes  wie  der  Heliand 
ist  fassen  und  ausführen  koute,  dem  gedanken  und  der  ausführung  eines  werkes 
über  den  ganzen  erlösungsratschluss,  vom  sündenfall  an,  nicht  gewachsen  sein 
konte.  Aber  es  gibt  einen  andern  grund,  warum  man  nicht  wol  annehmen  kann, 
dass  der  dichter  des  Heliand  vor  diesem  bereits  einen  ersten  alttestamentlichen  teil 
gedichtet  habe.  Es  ist  deijenige ,  den  Wackemagel  in  dieser  Zeitschrift  1 ,  293  vor- 
gebracht hat:  die  weise ,  wie  der  dichter  v.  SS  fgg.  von  der  Schöpfung  der  weit  und 
den  weltaltem  spricht,  ohne  irgend  eine  anknüpfende  hindeutung  auf  ein  deutsches 
werk,  worin  davon  schon  gehandelt  worden;  es  ist  die  weise,  füge  ich  hinzu,  wie 
er  sein  werk,  statt  mit  einer  epischen  recapitulation ,  ganz  ab  ovo  mit  angaben 
über  die  litterarische  abfassung  der  geschichte  Jesu  anhebt.  Wackemagel  glaubte 
daher  aus  der  praefatio  nur  das  als  sicher  entnehmen  zu  dürfen,  dass  ihrem  Ver- 
fasser in  demselben  bände  mit  dem  Heliand  eine  alttestamentliche  dichtuug  in  säcli- 
sischer  mundart  vorgelegen  habe,^  deren  ursprang  er,   dem  augenschein  folgend, 

1)  Dies  halte  ich  auch  dann  für  sicher,  wenn  Schulte  (diese  ztschr.  IV,  49  fgg.) 
recht  haben  solte,  dass  die  praefatio  ein  machwerk  des  16.  Jahrhunderts  sei.  Ich 
benutze  übrigens  diese  gelegenheit,  um  auf  einen,  so  viel  ich  sehe,  bis  jetst  nicht 
beachteten  untersehied  zwischen  der  erzählung  von  dem  im  träum  berufenen  altsäch- 
sischen  dichter  und  dem  berichte  Bedas  über  Oadmon  aufmerksam  zu  machen.  Der 
letztere  wurde  aufgefordert,  von  der  schopftmg  zu  singen,  der  Altsachse  dagegen,  wie 
die  praefatio  sagt,  ut  »aerae  legii  pra$oepta  ad  eanUUnmn  propriae  linguae  eoapfaref; 
übereinstimmend  damit  die  erzählung  in  versen:    incipe  divinas   reeitare  ex  ordine  leget. 

8* 


'*  —   n«    f^ft^äk^mmm-    .^^ih4mii  «MMMk-      n*4r>i  »^■ru-a««*r*i  »     -.liv 


116  BnaxR,  tvBSL  bibvxbs,  hblluid  u.  aos.  asHssid 

ohne  weiteres  auf  denselben  dichter  und  den  anftrag  desselben  herschers  zorftck- 
ffthrte,  von  deren  beziehung  zu  dem  Heliand  ihm  eine  nachricht  zugekommen  war. 
Nor  unter  der  Voraussetzung,  dass  diese  alttestamentliche  dichtung  nicht  dem  Ver- 
fasser des  Heliand  y  sondern  einem  andern,  älteren  dichter  angehörte,  glaubteer  in 
den  im  jähre  814  aufgezeichneten  vorsen,  die  unter  der  auffallenden  Überschrift 
De  poeta  dem  Wessobrunner  gebet  vorausgehn,  den  ins  hochdeutsche  mangelhaft 
umgeschriebenen  anfang  derselben  zu  erkennen.  Wenn  daher  unser  Verfasser  s.  5 
sich  folgendermassen  auslfisst:  „Der  abstand  zwischen  dem  Heliand  und  dem  Wes- 
sobrunner gebet  ist  zu  augenfällig  für  jeden,  der  sich  in  spräche  und  ausdrucks- 
weise des  ersteren  eingelesen  hat;  auch  scheinen  mir  die  chronologischen  Schwie- 
rigkeiten nicht  hinreichend  erwogen  zu  sein,"  so  wird  durch  diese  bemerknng 
Wackemagel  nicht  getroffen.  Vom  Standpunkte  des  Verfassers  aber  erblicke  ich 
keine  Ursache,  sich  der  auch  von  MüUenhoff  und  Schercr  bekanten  Überzeugung  zu 
verschliessen,  dass  jene  verse  den  anfang  eines  altsäobsischen  gedichtes  gebildet 
haben,  das  schon  vor  abfassung  des  Heliand  den  stürz  der  bösen  engel,  die 
Schöpfung,  den  sündenfall  und  vielleicht  noch  mehr  urafasste.  Befremdlich  bei  dem 
alter  dieses  werkes  ist  der  fehlerhafte  vers  do  dar  fUwiht  ni  was  |  enteo  ni  wen- 
teo,  in  welchem  der  hauptstab  in  die  letzte  hebung  fallt:  aber  ihm  hat  Grein 
Genn.  10,  310  die  freilich  von  Wackemagel  zurückgewiesene  besserung  gebracht 
Der  Schreiber ,  der  wie  auch  MüUenhoff  anerkent  nicht  aus  dem  ged&chtnis ,  son- 
dern nach  einer  vorläge  schrieb,  hatte  iuuuM  vor  sich,  eine  Schreibung,  die  nicht 
unberechtigter  war  als  iomnhtf  wenn  doch  einmal  eatoiht  entstellt  wurde;  wie  denn 
der  Schreiber  des  Cottonianus  im  Heliand  öfter  tu  für  io  setzt,  ohne  doch  an  ju 
^  jam,  ölim  denken  zu  können.  Die  wenigen  verse  geben  den  fühlbaren  eindruck 
eines  altertümlich  strengen  stils,  mit  dem  sich  keine  Verwilderung  der  verskunst 
vertrftgt. 

Ich  stimme  also,  wenn  auch  mittelst  eines  andern  gedankenganges,  dem 
Verfasser  auch  darin  bei,  dass  man  keinen  grund  habe,  bei  dem  in  die  Genesis 
eingefügten  bruchstück  an  die  alttestamentliche  dichtung  der  praefatio  und  der 
versus  zu  denken,  nicht  obgleich,  sondern  weil  mau  allen  grund  hat,  dabei  an 
den  dichter  des  Heliand  zu  denken. 

DABMSTAJDT,  IM  8BPTKMBBB  1875.  M.  BUIGBR. 


K.  k»  HahnB  althochdeutsche  Grammatik  nebst  einigen  Lesestücken 
und  einem  Glossar.  Herausgegeben  von  Adalbert  Jeltteles«  Vierte 
wesentlich  veränderte  und  vermehrte  Auflage.  Prag,  Tempsky.  1875. 
XVI,  152  s.    8«.    n.  m.  3,00. 

Es  ist  anzuerkennen,  dass  der  herausgeber  mit  grosser  Sorgfalt  die  neueren 
forschungen  und  specialuntorsuchungen  auf  dorn  gebiete  der  ahd.  grammatik  für  die 

Damit  kann  nichts  anderes  gemeint  toin  als  die  Zehen  geböte.  Diese  abweichang 
Bchliesst,  wie  mir  scheint,  die  litterarische  abhängigkeit  der  eriäblung  von  Beda  aas 
und  nötigt  an  eine  wirkliche,  auf  sächsischem  boden  gewachsene  sage  su  glauben. 
Mag  diese  unter  dem  einfluss  der  sage  von  Gädmon  entstanden  sein,  so  muss  sie  sich 
doch  nn  einen  altsächsischen  säiiger  und  an  ein  damals  bekantes  gedieht,  eine  versifi- 
cation  der  Zehen  geböte,  geheftet  haben.  Was  dann  die  versus  über  das  nachmals 
gciieferto  nmfassendc  werk  desselben  dichters  berichten  braucht  nur  aus  dem  inhalt  des 
codex,  der  auch  dem  verfasfter  iler  praefatio  vorlag,  geschlossen  zu  sein. 


"     •-     1 


SSIUBB,   ÜBKR  HAHN-JEITTEL£8  AHB.  ORAMH.  117 

neuo  auttgabe  der  Halinschen  graiiiniatik  verwertet  hat;  dies  ist  besonders  der  laut- 
lehre  zvl  gute  gekommen,  die  deshalb  in  wesentlich  veränderter  und  verbesserter 
gcstalt  erscheint,  während  manches  unnütze,  z.  b.  die  ganze  erste  seite  der  frühe- 
ren auflagen,  die  einige  aUgemelne  bemerkuugen  über  den  vocalismus  enthielt, 
weggelassen  ist.  So  ist  bebpielsweise  das  e  der  redaplicierten  verba  für  ia  (geng 
für  ffiang)  in  der  neuen  aufläge  zuerst  richtig  als  altertümliche  lauterscheinung 
bezeichnet,  da  es  noch  in  der  dritten  aufläge  falschlich  für  eine  provinzielle  Ver- 
dichtung des  ia  erklärt  wurde.  Dazugekommen  ist  z.  b.  die  diphthongisierung  des 
e  m  ea,  ia  und  anderes.  Auch  die  darstellung  des  consonantismus  ist  viel  besser 
als  in  den  früheren  auflagen.  Nur  scheint  mir  hier  der  herausgeber  die  arbeiten 
Pauls  und  Braunes  über  die  lautverschiebung  nicht  hinreichend  verwertet  zu  haben. 
Sonst  würde  er  z.  b.  inlautendes  got.  h  nicht  für  reine  media,  der  ahd.  p  entspre- 
chen uiüste,  erklärt  haben.  Sehr  angemessen  ist  es  femer,  dass  an  vielen  stellen 
nachweisungeu  der  ein  schläglichen  grammatischen  litteratur  gegeben  sind,  die  sich 
bisweilen  zu  formlichen  Zusammenstellungen  aller  über  einen  gegenständ  erschiene- 
nen scliriften  erweitem;  so  s.  7.  13.  17.  Dadurch  gewint  das  buch  unstreitig  für 
den  fachmann  an  wert,  da  er  bei  jedem  punkte,  mit  dessen  litteratur  er  weniger 
vertraut  ist,  sich  rasch  über  die  verschiedenen  aufgestellten  ansichten  und  die  vor- 
Itaudene  litteratur  orientieren  kann.  Überhaupt  glaube  ich,  dass  das  buch  mehr 
wert  hat  für  den  schon  etwas  weiter  fortgeschrittenen,  der  seine  kentnisse  aus  dem- 
selben in  manchen  dingen  wird  erweitem  können ,  als  für  den  anf&nger.  Letzterem 
mochte  ich  nicht  empfehlen,  mit  der  Hahn -Jeittelesschen  grammatik  seine  althoch- 
deutschen Studien  zu  beginnen.  Einerseits  nämlich  muss  die  fülle  beigebrachter 
Seltenheiten  verwirrend  auf  ihn  wirken.  Was  kann  es  ihm  z.  b.  nützen,  wenn  er 
sich  die  notiz  einprägt ,  in  ganz  seltenen  fällen  sei  ü  eine  Verdichtung  von  uo,  oder 
ausnahmsweise  stehe  ai  unorganisch  für  a,  oder  dass  in  baierschen  quellen  der 
Schreibfehler  ao  für  oa  vorkomme?  Andrerseits  aber  ist  die  ganze  anordnung  der 
lautlehre  dieselbe  geblieben,  wie  in  den  früheren  auflagen;  diese  war  aber  schon 
von  hause  aus  verfehlt.  Das  wird  jedem  anfönger,  wenn  er  es  versucht,  nach  vor- 
liegender grammatik  sich  ein  bild  z.  b.  des  ahd.  vocalismus  zu  machen,  schmerz- 
lich fühlbar  werden.  £s  liegt  dies  daran,  dass  die  darstellung  es  versucht,  stati- 
stisch zu  sein.  Das  ist  aber  bei  einer  spräche,  die  sich  nicht,  wie  etwa  das  latei- 
nische oder  mittelhochdeutsche ,  in  einer  klassischen  allgemeingiltigen  Schriftsprache 
gesetzt  hat,  sondem  sich  fortwährend  im  flusse  befindet  und  noch  dazu  die  ver- 
schiedenartigsten dialektischen  schattierangen  nebeneinander  enthält,  absolut  unmög- 
lich. Daher  dienen  denn  die  statistischen  f&cher  nur  dazu,  das  historische  einzu- 
legen, wobei  natürlich  oft  eine  sprachlich  später  eingetretene  erscheinung  früher 
behandelt  wird  und  umgekehrt.  So  ist  z.  b.  der  sprachliche  gang  doch  der,  dass 
ai  durch  e»  zu  e  geworden  ist.  Wir  erfahren  aber  bereits  auf  s.  2 ,  dass  i  Verdich- 
tung von  ai  und  erst  auf  s.  3 ,  dass  ei  Verdichtung  von  ai  ist.  Die  einzig  richtige 
methode  für  die  lautlehre  hat  bereits  Paul  angegeben  in  der  recension  der  altsäch- 
sischen und  altniederfränkischen  grammatik  von  Heyne  Germania  XIX,  s.  220.  Man 
muss  ausgehen  von  der  älteren  Spracheinheit ,  aus  der  sich  die  jüngere  spräche  ent- 
wickelt hat;  es  wäre  dies  für  das  ahd.  strenggenommen  das  urgermanische;  doch 
würde  es  vollkommen  genügt  haben,  wenn  das  gotische  zu  grande  gelegt  worden 
wäre.  Also  mit  einer  statistischen  Zusammenstellung  der  gotischen  laute  muste  die 
ahd.  lautlehre  b<^nn6n  und  dann  von  jedem  einzelnen  nachgewiesen  werden,  was 
ihm  im  Ahd.  nach  zeitlicher  und  örtlicher  entwiekelung  entspricht.  Annähernd 
folgt  dieser  methode  das  Franersche  buch,  welches  deshalb  für  den,  der  noch  nichts 


118  SBILKB»  ÜBBB  HABK -ZSITTBLSS  AHD.  GRAJfM. 

vom  Ahd.  versteht,  auch  ssweckmässiger  ist  Machen  wir  uns  den  unterschied  der 
methodeu  an  einem  beispielo  klar.  —  Bei  Hahn-Jeitteles  erfahrt  der  anfanger  anf 
s.  2:  0  ist  1)  alte  form  fOr  t40  =»  got.  6,  2)  Verdichtung  von  au,  ou,  Mittelstufe 
zwischen  au  und  6  ist  ao.  Nachdem  dann  mehrere  andere  vocale  und  diphthonge 
behandelt  sind,  erfährt  derselbe  s.  3  unten,  dass  om  jüngere  form  fQr  au  sei,  dass 
die  mittelstufe  zwischen  diesem  au,  au  und  dem  vocal  6  die  lautgruppe  ao  sei, 
aber  so,  dass  in  den  denkmälem,  wo  sich  diese  mittelstufe  finde,  au  fnr  ou 
gebraucht  werde.  Ausnahmsweise  finde  sich  ao  auch  geradezu  f&r  au  und  als 
Schreibfehler  f&r  oa.  Weiter  wird  er  s.  5  belehrt:  iia,  uo  ist  gleich  got  ö,  was  in 
Uteren  quellen  auch  erhalten  ist.  Lautfärbung  dafür  ist  oa,  —  Aus  dieser  art 
der  darstellung  wird  schwerlich  ein  anfänger  sich  zurechtfinden  können.  Besitzt  er 
den  festen  willen  zu  lernen,  so  wird  er  sich  die  Genesis  aller  dieser  vocale  und 
diphthonge  durch  aufstellung  eines  Stammbaumes  klar  zu  machen  suchen.  Aber 
weit  lieber  wird  er  sich  zu  anderen  hilfsmitteln  wenden.  Wenigstens  kenne  ich 
manchen,  der  am  Frauer  gelernt  hat,  nachdem  er  sich  vergebens  bemftht  hatte, 
dem  Hahn-Jeitteles  und  seinen  verschlungenen  pfaden  nachzukommen.  Wie  licht- 
voll und  leichtfasslich  ist  gegen  diesen  statistisch -hi8torisch6n  Wirrwarr  die  rein 
historische  darstellung! 

Got.  au  erscheint  zunächst  auch  im  Ahd.  als  au^  dann  wandelt  sich  dies 
ahd.  au  teils  zu  ao,  teils  zu  ou.    Weiter  wird  aus  ao  d,  dagegen  bleibt  ou  stehen. 

au 

/\ 

eu>     ou 

1 

0 

Die  Umwandlung  zu  oo,  d  tritt  ein  vor  den  lingualen  und  vor  A  r  n,  nur  in 
quellen,  die  zmu  Niederdeutschen  neigen,  auch  vor  anderen  consonanten,  z.  b. 
im  Hildebrandslied  taoc  für  touc. 

Gotischem  ö  entspricht  in  den  ältesten  ahd.  quellen  gleichfalls  ö;  dies  wird 
dann  in  oa  gebrochen,  welches  sich  weiter  in  ua,  dann  in  %u>  wandelt,  und  endlich 
zu  ue  sich  abschwächt.  Nun  kann  man  noch  hinzusetzen,  dass  dieses  tte  in  wenig 
fällen  zu  ü  contrahiert  worden  ist;  nötig  ist  dies  aber  durchaus  nicht 

In  dieser  weise  müste  in  einer  ahd.  grammatik  überall  vom  Gotischen,  als 
dem  ältesten  in  litteraturdenkraälem  vorliegenden  deutschen  Sprachstande ,  ausgegan- 
gen werden.  Das  wird  dem  anfönger  klarheit  und  licht  verleihen ,  während  er  jetzt 
in  dem  bunten  gewimmel  der  vocale  und  ihrer  Spielarten  Übersicht  und  mut  ver- 
lieren muss. 

Allerdings  wäre  die  grammatik,  wenn  sie  von  Jeitteles  nach  dieser  methode 
bearbeitet  wäre,  nicht  mehr  die  alte  Hahnsche  geblieben^  sondern  eine  ganz  neue 
geworden.  Aber  besser  ein  neues  kleid  weben ,  als  fortwährend  flicken  auf  ein  altes 
setzen!  Ich  muss  mich  hierin  vollständig  dem  urteile  von  Sievers  anschlicssen, 
der  in  der  Jenaer  Litteraturzeitung  1875,  art.  462  ähnliches  ausgesprochen  hat. 

HALLB.  F.   8EILBB. 


Lehrbuch  der  Poetik  für  höhere  lehranstalten,  von  dr.  €hr.  Frd«  Alb« 
Sehnster^  director  der  realschule  I.  o.  zu  Hannover.  Clausthal,  vorlag 
der  Grosseschen  buchliandlung.    1874.    Xu,  83  s.    8«.    l  m.  50 pf. 

Jedem  von  uns   schulmännem  geht  das    herz  auf,   wenn  wir  den  namen 
K.  A.  J.  Hoffinanns  hören,   des  für  Wissenschaft  und  schule  zu  früh  verstorbenen. 


'-• 


TiilKLK,    ÜllKB   bCUUSTKa,    P0£T1K  110 

sei  cü  dass  wir  iliü  deutscbcu  grauiiiuitikou  dos  vcroAvigtcii  odur  »üinc  lu^ik  oder 
rlietorik  in  die  iiaiid  iiehnicu  oder  uns  der  ticfgchaltvolleu  sehulrodeu  criuiicrn, 
in  düDcn  das  edle  herz  Hoflmanns  sich  so  waiin  offenbart.  Und  wer  wüste 
nicht,  welch  guten  klang  derselbe  uniue  als  Honierforscher  hatV  Nach  Holiiuanus 
todc  nun  hat  herr  director  Schuster  in  Hannover  es  übernommen,  die  neuen  auf- 
lagen der  Hoitinannschen  lohrbüchcr  zu  besorgen.  Es  herscht  wol  nur  eine  moi- 
uuug  in  der  lehrerweit,  wie  tretflich  er  sein  wort  eingelöst  hat,  das  er  in  der  vor- 
rede zur  dritten  aufläge  der  rhctorik  verpfändete,  jode  wesentliche  Umgestaltung 
der  iloifmannsclieu  bücher  zu  vermeiden ,  aber  ihnen  doch  diejenige  vei-voUkomnung 
zu  teil  werden  zu  lassen,  welche  auf  grund  wissenschaftlicher  crkentuis  und  prak- 
tischer crfahrung  wünschenswert  oder  erforderlich  zu  sein  scheint.  Schuster  gieng 
aber  noch  weiter.  Da  bereits  im  vorwoi'te  der  ersten  aufläge  seiner  rhetorik  (vom 
jähre  1851))  Hoffmann  versprochen  hatte,  diesem  schulbuche  eine  kui'ze  poetik  fol- 
gen XU  lassen,  aber  ein  zu  früher  tod  ihn  verhindert  hat,  sein  vorhaben  auszufüh- 
ren ,  so  hat  nun  sein  geistiger  erbe  (wenn  es  erlaubt  ist,  diesen  ausdruck  zu  gebrau- 
chen) das  erfüllt,  was  der  verstorbene  versprach,  dadurch  dass  er  dieses  Schulbuch, 
dessen  anzeige  uns  obliegt,  erscheinen  Hess.  Schuster  hat  die  grundsätze,  welche 
Hoffniann  bei  der  abfassnng  seiner  lehrbücher  leiteten ,  zu  den  seinigen  gemacht  — 
es  sind  nach  der  vorrede  s.  V.  „  beschränkung  auf  das  wesentliche  und  stetige  berück- 
sichtii^ung  des  praktischen  bedürfnisscs  des  Schulunterrichtes,  gedrängte  form  der 
darstellung  und  übersichtliche  Zusammenstellung  des  lehrstoffes ''  — ,  und  so  ist  ca 
ihm  gelungen;  ein  den  trefflichen  Hoifmannschen  Schriften  homogenes  werkchen, 
gleichsam  einen  abschlnss  der  reihe  der  Hoifmannschen  Schulbücher,  herzustellen. 
Mit  den  werten  „den  trefflichen  Hoffmann  sehen  sehriften  homogen"  haben  wir 
schon  unser  gesamturteil  über  die  Schustcrsche  poetik  ausgesprochen  —  sie  ist  ein 
buch,  das  in  jeder  hinsieht  die  Hoffmannschen  lehrbücher  würdig  und  obenbi'urtig 
fortsetzt. 

In  der  voiTede  gedenkt  der  Verfasser  der  frage,  ob  es  überhaupt  ratsam  sei, 
poetik  in  der  schule  zu  lehren.  Mit  recht  lässt  er  sich  nicht  in  eine  eingehende 
crörterung  der  frage  ein,  sondern  verweist  auf  Laas  „Der  deutsche  Unterricht  auf 
höhereu  lehranstalten ,"  cp.  XYI  (s.  297—332),  mit  dem  er  den  wünsch  teilt,  dass 
der  Unterricht  im  Deutschen  auf  den  höheren  lehranstalten  noch  eine  erhöhtere 
geltung  erlange.  Doch  wird  zugleich  mit  paedagogischem  tacto  hinzugefügt,  dass 
ein  etwaiger  Unterricht  in  der  poetik  nicht  systematisch  sein  dürfe,  sondern  nur 
aphoristisch  und  gelegentlich  bei  der  lectüre  classischer  dichtwerke.  Damit  aber 
das  gesagte  nicht  in  den  wind  gesprochen  werde,  bedürfe  es  einer  Zusammenfas- 
sung des  „gelegentlich  erörterten,''  um  mit  Aristoteles  zu  reden,  erst  id-iaiv, 
dann  X^yi^f,  und  diese  Zusammenstellung  soll  das  vorliegende  lehrbuch  geben.  Es 
soll  also  in  den  bänden  der  schülor  sein.  Damit  ist  aber  ausgesprochen, 
welche  granzen  der  im  buche  gegebene  stoff  haben ,  und  vrie  er  verarbeitet  sein 
muss:  dem  Verständnisse  der  schülor  angemessen,  ohne  eingehendere  kentnisse 
vorauszusetzen;  ferner  in  allen  fragen  nur  das  sicher  erkanto  nnd  allgemein  zuge- 
standene gebend.  Legen  wir  an  das  bücldein  diesen  massstab,  so  fällt  unser  urteil 
über  dasselbe  unbedingt  lobend  aus.  Der  schülor  wird  es  nicht  leicht  vergeblich 
aufschlagen,  wenn  er  sich  über  etwas  rats  erholen  will,  er  wird  vielmehr  in  allen 
wichtigen  fragen  einen  bei  aller  compendiösen  kürze  doch  genügenden  aufschluss 
finden.  Und  dann  ist  das  gebotene  fast  durchwog  zuverlässig.  Schuster  fusst  auf 
den  neuesten  forschungen,  und  ein  Yischcr,  der  altmeistor  der  ästhetik  jetzt,  Car- 
ricre  und  W.  Wackemagel,  der  feinsiimigc  denker  und  dichter  zugleich,  sind  ihm 


120  THISLB 

überall  stützen  gcwchcn.    Weniger  als  er  es  verdient ,  ist  Gottschall  benutzt  —  and 
hiermit  hängt  gewiss  ein  mangol  zusaiumeu,  an  dem  Sehasters  buch  leidet,  näm- 
lich der  zeitgenossischen  litteratur  (wenn  wir  diese  als  nachgoutliische  zeit  zasam- 
menfassen)  nicht  voll  gerecht  geworden  za  sein.    Dem  gegenüber  hebe  ich  als  ver- 
zag unseres  Werkes  hervor,   dass  es  sich  bemüht,   die  schüler  wenn  irgend  tanlich 
za  den  (luellen  zu  leiten,   aus  denen  die  betrachtnng  schöpft:   die  anslchten  des 
Stagiriten,   sowol  in  seiner  poetik  als  aach  in  der  rhetorik,   dann  Horazens  in  der 
ars  poetica  (um  diesen  gewohnlichen  titel  zu  gebniachen),  ferner  liossings^  Gootlies 
und  Schillers  (namentlich  in  ihren  briefwechseln)    sind  den  schülem  durch   aus- 
gedruckte citate  zugänglich  gemacht  worden.    Nur  liättcn  wir  gewünscht,  dass  die 
stellen  aus  Aristoteles  übersetzt  worden  wären  —   denn  wenn  auch  ix^ifere  schüler 
(sehr  fraglich  schon  bei  realprimanem)   auch  noch  stellen  aus  Horaz,   die  aus  dem 
zusammenhange  herausgerissen  sind,  verstehen  werden,  so  ist  von  ihnen  doch  nicht 
zu  verlangen,  dass  sie  überall  in  den  oft  dunkeln  sinn  Aristotelischer  Weisheit  ein- 
dringen können.    Und  die  primaner  der  realschulcn?!    Man  wende  nicht  ein,   dass 
hier  der  lehrer  nachhelfen  müsse,  denn  seiner  ganzen  aiüage  nach,  und  wie  wir  es 
schon  oben  betonten,  liegt  der  Schwerpunkt  des  gebrauches,   den  der  schüler  von 
dem  buche  zu  machen- hat,  im  hause.    Und  sollte  der  lehrer  überhaupt  eintreten, 
dann  war  es  andererseits  nicht  nötig,  die  stellen  auszudrucken  —  kaum  das  zah- 
lendtat  war  nötig,    da  meist  nur  ganz  bekante  stellen  herangezogen  sind,  welche 
der  lehrer  des  Deutschen  in  prima,   von  dem  man  wol  billig  ein  „sinu  gestare" 
der  Aristotelischen  poetik  erwarten  darf,  wie  den  katcchismus  kennen  wird.    Erklärt 
sie  doch  ein  Lessing  in  der  Hamburgischen  draniaturgie  als  ein  werk ,  das  er  „  für 
ebenso  unfehlbar  halte  als  die  elemente  des  Euklid  nur  immer  seien."     Lessing 
selbst  scheint  mir  etwas  zu  kurz  weggekommen  zu  sein.     Auch  können   wir  es 
wegen  der  gymnasialprimaner  nicht  für  praktisch  halten^  dass  die  englisclie  littera- 
tur, namentlich  Shakespeares  stücke  englisch  citicii;  werden  —  denn  wenn  auch  jeder 
das  „nicrchant  of  Yenice"  (s.  61)  oder  „midsuuimeniights  dreani"  (s.  78)  versteht, 
80  ist  es  doch  schon  ganz  anders  mit  dem  zweiten  citate  auf  s.  78  „As  you  likc  it** 
Hinsichtlich  der  masse  des  Stoffes  wie  der  art,  wie  er  disponiert  ist,  befinden  wir 
uns  mit  dem  Verfasser  im  grossen  und  ganzen  im  einverständnis ,  namentlich  heben 
wir   die  Vorbemerkungen  lobend  hervor,   welche  in  knapper  form,   aber  doch  in 
genügender  fülle  sowol  die  kunst  im  allgemeinen  behandeln  als  auch  die  nötigen 
aosthetischen  vorbegriffe  lehren.    Mit  recht  ist  dagegen  von  einer  besondern  Vers- 
lehre^ welche  in  extenso  gehalten  stets  ermüdet,  abstand  genommen,  und  das  nötigste 
nur  bei  den  einzelnen  dichtuugsarten  selbst  erwälint.  Der  stoff  ist  naturgemäss  nach 
den  drei  grundformen  der  poesie,  epos  (roman,  novelle  und  fabel  mit  eingeschlos- 
sen),   lyrik  und  drama  behandelt.     An  der  einteilung  innerlialb  der  einzolueu 
dichtgattungen,   namentlich  innerhalb  des  epos,  wollen  wir  hier  nicht  mäkeln  — 
es  handelt  sich  da  um  grundlegende  fragen,   und  jeder  ausdrückliche  Widerspruch 
müste  billiger  weise  auch  begründet  werden ,  dazu  aber  würde  der  räum  einer  anzeige 
bei  weitem  nicht  ausreichen.    Denselben  beifall,  den  wir  der  anläge  des  werkes  im 
ganzen  zollen,   können  wir  auch  der  ausführung  unbedenklich  zugestehen.    Kürze 
mit  deutlichkeit  zu  vereinigen  ist  eine  kunst,   und  namentlich  will  sie  in  emem 
compendiuin,  das  für  die  schule  bestirnt  ist,  geübt  sein.    Es  ist  unserem  Verfasser 
jedoch  gelungen,  seine  regeln  in  musterhafter  kürze  abzufassen,  ohne  dabei  dun- 
kel zu  werden  oder  der  spräche  irgendwie  gewalt  anzutun.    Lichtvolle  klarheit  zeich- 
net seine  dcfinitionen  mc  seine  erklärungen  aus  —  man  vergleiche  nur  die  Para- 
graphen 28 — 34!  meistens  sind  sie  bis  ins  einzelne  durchgefeilt,  so  dass  mau  diese 


ÜBER  8CHU8TBB,  POBTIK  121 

oder  jene  stelle  als  musterbeispicl  auswendig  lernen  lassen  niöclite.  Die  darstel- 
lung  ist  dabei  durch  eingestreute  fragen  belebt ,  welche  sich  vortrefflich  als  tbemata 
för  aufsatze  oder  vortrage  der  schfiler  eignen ,  namentlich  beim  drama  —  so  §  15,  3; 
27,  5.  8—11;  31;  34;  35,  2. 

Der  druck  ist  im  ganzen  correct,  druckfehler  in  störender  anzalil  haben  wir 
nur  im  texte  der  griechischen  stellen  bemerkt  (z.  b.  s.  6  z.  12  v.  o.;  s.  11  z.  13 
und  14  Y.  0. ;  s.  16  z.  18  v.  o. ;  s.  59  z.  10  v.  o.  usw.).  Blosse  versehen  sind  wol 
folgende:  §  8,  5  muss  es  im  citate  „rhetorik»^'  nicht  „ Stilistik'*  heissen;  §1,1 
anm.  solte  nicht  ,,ahd. 'S  sondern  nur  „altdeutsch"  stehen,  da  „singen"  keine  ahd. 
form  ist,  ebenso  gleich  darauf  „tichten,"  welches  erst  mhd.  ist  (bei  Otfried  <Zi/»^oM). 
Im  12.  Paragraph,  2,  1  anm.  wäre  es  symmetrischer  gewesen,  die  portugiesische 
form  08  Lustiidas  zu  schreiben ,  da  die  lat. ,  franz.  und  Italien,  titel  in  fremdsprach- 
licher form  daboistehn  —  am  liebsten  hätten  wir  jedoch,  unseren  obigen  Worten 
fiber  englische  titel  gemäss,  sie  alle  verdeutscht  gesehen.  Für  entschieden  falsch 
halte  ich  die  erklärung  von  „ classicität "  §4»  7  anm.  Das  wort  „classicus"  — 
cf.  Pauly  realencyclopädie  s.  v.  classisch  —  ist  sehr  alt,  denn  es  bezeichnet  vor- 
zugsweise die  bürger,  welche  zur  ersten  Servianischen  classe  gehörten,  daher  schon 
die  bürger  der  zweiten  classe  „infra  dassem"  heissen.  Diese  notiz  ist  zwar  erst 
bei  Gellius  (Noci  Att.  cd.  M.  Hertz  VI,  13)  zu  finden,  Gollius  aber  beruft  sich 
auf  die  auctorität  Catos.  Cicero  (quaost  acad.  II,  23  [philosophi]  qui  mihi  cum 
illis  collati  quintae  classis,  d.  h.  sehr  untergeordnet  videntur)  und  Festus  (s.  v. 
classici:  classici  testes  dicebantur,  qui  signandis  tostamentis  adhibebantur,  also  zuver- 
lässige und  treiniche  leute)  lassen  erkennen,  dass  schon  die  Römer  selbst  diesen 
ursprünglich  politischen  begriff  bereits  auf  andere  Verhältnisse  übertrugen ;  und  end- 
lich nach  dem  wideranfleben  der  Wissenschaften  nanto  man  „classisch''  im  engeren 
sinne  die  Schriftsteller  in  der  blüteperiode  der  römischen  litteratur,  später  end- 
lich alle  griechischen  und  römischen  Schriftsteller,  da  man  sich 
gewöhnte,  Griechen  und  Römer  als  classische  Völker  zu  bezeichnen. 

Zwar  sind  dies  nur  einzelheiton ,  aber  es  wird  den  Verfasser  sicherlich  nicht 
verstimmen,  dass  wir  sie  erwähnen,  denn  in  Schulbüchern  ist  die  peinlichste  Sorg- 
falt von  nöten.  Andererseits  möge  er  es  als  unseren  wünsch  betrachten,  dass  sein 
treffliches  Schulbuch  in  künftigen  auflagen  von  diesen  kleinen  unfortigkeiten  frei 
werde.  Unter  diesem  gosichtspunkte  schUessen  wir  hier  noch  einzige  bemerkun- 
gen  an,  welche  teils  den  ausdruck  betreffen,  teils  vorschlage  zu  einzelnen  änderun- 
gen  sein  sollen,  welche  wir  den  Verfasser  bei  der  nächsten  aufläge  zu  berücksich- 
tigen bitten,  soweit  sie  ihm  genehm  scheinen;  warmes  interesse  für  sein  buch  hat 
sie  uns  eingegeben.    Wir  folgen  dabei  den  einzelnen  paragraphen  der  reihe  nach. 

§  10,  1,  c  finden  wir  es  etwas  zu  kühn,  so  schlechthin  zu  behaupten^  dass 
die  sage  von  der  blindheit  epischer  s&nger  andeuten  wolle,  dass  das  „ich"  des 
dichters  und  die  gegenwart  verschwänden.  Das  ist  zu  construiorend  —  die  sage 
„will"  gar  nichts.  Und  solche  allgemeine  und  nicht  zu  erweisende  behauptungen 
müssen  unerbittlich  aus  jedem  schulbuche  herausgovriesen  werden.  ^  —  §  11,  2  anm. 
zu  d.  war  es  zweifelnd  auszusprechen,  dass  der  name  "OfAtiQos  Yon  AftoO  und  i^^ 
herkomme;  der  schüler  muss  bei  dieser  bestimthelt  der  behauptung  in  den  wahn  ver- 
fallen, als  ob  dies  eine  allgemein  anerkante  Wahrheit  sei.    Glaubwürdiger  erscheint 

1)  86  tmgmt  um  du  bUndm,  da^  Stfrü  hüm^  wan-e,  Tit  24,  255  (8812).  ^ 
Ygl.  Wilh. Grimm,  deutsche  heldensage  8.  377.  (2a.  384);  Jac.  Grimm,  kleinere  Schrif- 
ten 1,  200  fgg.     5,  170.  Z. 


122  THIBLB,    ÜBER  SCHUSTfiB,    POETIK 

mir  und  gewiss  ansi>recheii(ler  ist  die  crklärmig  vuu  Georg  Curtiiis  (Lectionscatilug 
von  Kiel,  sommer  1855:  De  nomine  Homeri),  nach  der  nfiiiQoi  die  „vereinigten 
Sänger'*  bedeutet,  welche  sich  als  ^'(mo;  Inwvvfjtog  oiuen  "Ofjitjitog  bildeten.  Sclauiicns 
erklärung  steht  schon  der  grammatische  grund  entgegen,  „weil  eine  solche  wurt- 
form  nur  passive  bedeutnng  haben  kann "  —  cf.  Bergk ,  Griech.  litteraturgcsch.  I, 
s.  446  anm.  11.  —  §  23  anm.  a)  mnste  vor  die  erklärung  von  ^liytTttv  ein  „viel- 
leicht" eingeschaltet  werden,  da  es  noch  andere  deutungon  des  wertes  gibt,  z.  b. 
ßergk,  Griech.  litteraturgesch«  in  Ersch  und  Gruber,  allg.  encyclop.  s.  I  teil  81 
8.339  anm.y  welcher  elcgos  »»  xdktifiog  },rohr,  flöte'*  setzt  und  es  einem  armeui- 
schen  worte  eUgu  vergleicht  —  danach  wäre  elegie  ein  gesang  znr  flöte.'  — 
§25,  2,  4  würde  das  historische  Verhältnis  klarer  geworden  sein,  wenn  der  vcrEas- 
ser  geschrieben  hätte:  .  .  .  „das  den  Italienern  angehörige  und  bald  auch, 
namentlich  aber  in  neuer  zeit  durch  die  bemühiingon  der  romantischou  dichter- 
schule  in  die  deutsche  littcratur  eingeführte  sonctt"  —  In  §  30  hat  der  Verfasser 
in  anerkennenswerter  weise  versucht,  <len  schweren  bcgriif  der  ti-agischen  katharsis 
zu  erläutern ,  freilich  nicht  erschöpfend.  Im  Interesse  des  ausdnickcs  bemerken  wir 
noch,  dass  in  der  anmerkung,  am  cndci  hinter  „wobei  er  freilich''  —  der  deutlich- 
keit  wegen  noch  etwa  folgende  worte  wünschenswert  wären:  „da  er  der  Aristoteli- 
schen deflnition  von  tugend  als  der  mitte  zwischen  einem  zu  viel  und  zu  wenig 
folgte."  —  Warum  fehlt  §  33  der  technische  ausdiuck  „amphibolie"?  —  §  39,  4 
sind  die  worte  „in  dem  komischen  chore  (den  parabasen)"  leicht  miszu verstehen, 
als  ob  die  komischen  chore  auch  „parabasen"  genant  würden,  während  letztere 
doch  nur  eine  ganz  bestirnte  chorpartie  waren,  in  welcher  der  dichter  sich  gradezu 
an  die  Zuschauer  wante,  zuerst  wol  in  eigener  porson  mitspielend,  später  durch  den 
nmnd  des  chorfithrers.  Über  den  Ursprung  der  parabase  lässt  uns  bekantlich  die 
Überlieferung  etwas  im  stich,  doch  komt  der  namc  wol  von  nKQaßffvai  ig  zo  O^iu- 
TQov  her  —  cf.  schol.  z.  Aristoph.  rittorn  v.  505.  —  Die  Zeitbestimmung  bei  Aristo- 
phanes  (§40.  3.  anm.)  „um  427"  ist  nicht  glücklich  gewählt,  da  dieses  jähr  den 
aufangspuukt  der  Aristophanischen  bühnentätigkeit  bezeichnet,  dem  aber  fast  ein 
halbes  Jahrhundert  dichterischer  tätigkeit  folgte.  Es  war  also,  wenn  auch  mit 
recht  bei  der  Unsicherheit  der  Überlieferung  die  erwähnuug  des  cndjalires  vermie- 
den blieb,  doch  zu  schreiben  „seit  427  bis  tief  in  das  4.  jahrh.  v.  Chi*,  für  die 
attische  bühne  tätig." 

Was  die  erklärung  einzelner  begriffe  angeht,  so  sind  wir  mit  dem  veifasKcr 
fast  durchwog  einverstanden,  nur  §22,  1,  boi  derheroide,  ist  die  angäbe,  „daher 
auch  heldonbrief  genannt,"  mangelhaft,  well  mau  in  guter  zeit  darunter  nur  briefe 
von  frauen  verstand.  Bernhardy,  röm.  littgesch. **  s.  545:  „die  form  einer  weib- 
lichen correspondenz  in  herzeussachen  und  Widerwärtigkeiten  der  liebe."  Soweit 
„Herolden"  von  mäuncm  fingiert  wurden,  sind  sie  parodische  erwidcrungen  auf 
die  briefe  der  unglücklich on  frauen  und  stammen  aus  späterer  zeit. 

Die  beispiele  sind  meistenteils  gut  gewählt,  doch  nicht  überall  in  ausreichen- 
der anzahl,  besonders  ist  die  littcratur  der  lozteu  fünfzig  jähre  wol  etwas  zu  spär- 
lich bedacht  worden.    Die  neuere  zeit  ist  zu  schlecht  weggekommen. 

Schliesslich  noch  eine  bitte.  Bei  nicht  wenigen  citaten  nämlich  ersuchen  wir 
den  hcrrn  Verfasser,  den  ort  anzugeben,  woher  er  sie  entnommen  hat:  stellen  wie 
§  7,  2  fallen  wol  auch  jedem  primaner  ein ,   aber  wo  bei  Vergil  die  §  7,  5  anm. 

1)  Vgl.  Froehdo  in  Kuhns  scitschr.  f.  vergl.  sprachf.  22,  545.  Z. 


LOBBSN,  0BBB  BODIQBB,  ZUMFTBOIiLEN  123 

aDgefÜhrte  stelle,  wo  das  Herdersche  wort,  das  §21,  2  aDiu.  angezogen  wird,  end- 
lich wo  das  §24,  1.  d.  erwähnte  bonmot  Napoleons  zu  finden  sei,  möchte  wol 
nicht  jeder  sofort  wissen  und  auch  nicht  so  leicht  ermitteln  können. 

Doch  betrifft  dies  alles  ja  nnr  einzelheiten,  die  den  wert  des  wirklich  guten 
buches  nicht  beeinträchtigen,  und  wir  sprechen  es  zum  Schlüsse  noch  einmal  aus, 
dass  wir  alle  diese  bemerkungen  nur  deshalb  hingesezt  haben,  damit,  durch  sie  ange- 
regt, der  herr  Verfasser  bei  einer  neuen  aufläge  des  buches  auch  solchen  gering- 
fugigen  mangeln  seine  au£merksamkeit  und  bessernde  band  zuwende. 

WBSBL,  IM  OCT.    1875.  B,  THIBLB. 


Die  ältesten  Hamburgischen  Zunftrollen  und  Brüderschaftsstatuten, 
gesammelt  und  mit  einem  Glossar  versehen  von  Dr.  Otto  Bfldlger. 
Hamburg,  Gräfe  1874.  XXXUI,  350  s.  M.  6,00.  —  Altere  Hamburgische 
und  Hansestädtische  Handwerksg-esellendocnmente.  Nachtrag 
zu  den  ältesten  Hamburger  Zunftrollen,  von  Dr.  (Hto  Bfldiger. 
Hamburg  1875,  Gräfe.  VUI,  66  s.  (Separatabdruck  aus  der  Zeitschr.  f.  Hamb. 
Gesch.  B.  6.)    M.  1,50. 

Nicht  bloss  für  den  culturhistoriker  von  fach  sind  die  zunfbrollen  des  mittel- 
alters  von  grosser  bedeutung,  sondern  auch  für  den  liebhaber  und  freund  der  cul- 
turgeschichte  sind  sie  von  nicht  geringem  Interesse.  Man  verweilt  ^eme,  wenn 
man  von  dem  lesen  der  ewigen  grossen  und  kleinen  fehden  ermüdet  ist,  die  uns 
die  geschichte  des  M.-A.  in  erschreckender  zahl  bietet,  bei  der  betrachtnng  des 
lumdwerks-  und  arbeitslebens ,  das  gerade  we^en  des  gegensatzes  zu  dem  jetzigen 
so  anziehend  ist.  Während  jetzt  die  ungebundenheit,  die  freiheit  auf  diesem  felde 
herscht,  und  wer  heute  ein  schweineschlächter  ist,  morgen  ein  barbier  werden  kann 
und  übermorgen  ein  krämer,  war  früher  die  gebundenheit  so  gross,  dass  selbst  innerhalb 
eines  und  desselben  gewerbes  die  kleinen  Verschiedenheiten  gesondert  wurden  und 
von  verschiedenen  personen  betrieben  worden  musten.  Diese  ängstliche  und  genaue 
abgrenzung  der  einen  zunft  gegen  die  andere,  die  bestimmungen  über  die  enorder- 
nisse  zur  au&ahme  in  eine  zunft,  über  die  zahl  der  meister,  die  in  einem  gewerbe 
sich  in  einer  Stadt  setzen  durften,  über  die  zahl  der  gesellen  und  lehrlinge,  die 
ein  jeder  meister  zu  halten  berechtigt  war,  über  die  arbeitszeit,  über  Verheiratun- 
gen, über  ihre  Zusammenkünfte  und  festlichkeiten  (amptskosten),  über  ein  ehrliches 
begriibnis  und  was  sich  noch  weiter  anführen  liesse,  alles  das  lesen  wir  in  den 
handwerkerstatuten  imd  vergleichen  es  unwillkürlich  mit  den  jetzigen  zuständen 
innerhalb  der  handwerkerweit,  die  freilich  vielfach  besser  erscheinen,  aber  jedes- 
falls  des  reizes  entbehren,  mit  dem  die  geschlossenheit  der  alten  zünfte  für  den 
femer  und  draussen  stehenden  ausgestattet  iat. 

Herr  dr.  Büdiger  hat  sich  deshalb  den  dank  des  geschichtsforsohers  und 
geschichtefreundes  verdient,  dass  er  die  Hamburgischen  zunftrollen  herausgegeben 
hat  Die  samlung  umfasst  die  zeit  vom  anfange  des  14.  bis  zum  anfange  des 
17.  Jahrhunderts  und  enthält  nicht  bloss  die  eigentlichen  settingen  der  ämter,  son- 
dern auch  andere  bestimmungen,  die  das  gewerbe  betreffen.  Die  Ordnung  ist,  nach 
dem  vorgange  Wehrmanns  in  den  Lübecker  zunftrollen ,  mit  recht  alphabetisdi  und 
nicht  chronologisch,  was  den  vorteil  darbietet,  dass  man  alles,  was  zu  demselben 
gewerbe  gehört,  auf  einem  flecke  übersichtlich  beisammen  hat.  So  enthält  nr.  48, 
um  ein  beispiel  zu  wählen,  alles  das,  was  das  schmiedeamt  betrifft.  1)  Concession 
eines  Schmiedes  von  1359  (lai)  2)  du  is  de  setti/nge  der  smede  von  1375.  3)  Aus- 
einandersetzung des  amts  und  der  brüderschaft  der  schmiede  zwischen  1375  und 
1485.  4)  Bestmimung  über  die  meistersöhne  1485.  5)  Stücke  aus  der  Ordnung  der 
schmiede  von  1560.  6)  Ausgleich  z?nschen  dem  schmiede-  und  dem  krämeramte 
1491.  7)  Vergleich  des  amts  der  schmiede  mit  den  eisenkramem  1598.  —  Das  ver- 
dienst des  herausgebers  besteht  einmal  in  der  herausgäbe  überhaupt,  dann  aber 
auch  in  der  art,  wie  er  das  material  sammelte.  Dieses  lag  nicht  etwa  fertig  vor 
im  Hamburger  Stadtarchiv,  wenn  letzteres  auch  die  meisten  nunmiem  geliefert  hat 


I 


124  lObbsn,  übkb  RODIOKB,  ZUNFTBOLLBM  I 

trotz  des  branden  von  1842,  nonderu  der  lieraasf^eber  hat  es  bei  älterleateu  und  ans 
den  handwcrkerladen  zasaroiiicngesuckt,  was  bei  dem  inistrauen  und  der  lieimlich- 
keitskr&merei ,  die  in  den  handwerkerkreisen  gegen  gelehrte  forscluingcn  zu  herseben 
pflegt,  keine  leichte  sache  ist.  Auch  darin  pflichten  wir  dem  herausgebcr  bei,  dass 
er  die  rollen,  obwol  sie  vielfach  dasselbe  enthalten,  dennoch  unverkürzt  gegeben 
hat ;  CS  finden  sich  doch  immer  nach  ort  und  zeit  kleine  Verschiedenheiten ,  die  dem 
forscher  interessant  sein  können.  Das  glossar  ist  sorgsam  und  verstandig  gearbei- 
tet; dass  noch  viele  fragezeichen  bei  einzelnen  Wörtern  stehen,  ist  leicht  erklärlich. 
Denn  gerade  die  technischen  ausdrücke  bieten  oft  unüberwindliche  Schwierigkeiten, 
teils  weil  ganze  gewerbe  nicht  mehr  betrieben  werden  (z.  b.  das  gewerbe  der  arm- 
bosterer,  der  platcnslcger  u.  a),  teils  woU  die  teehnik  eine  ganz  andere  geworden 
ist.  Hier  inuss  man  aufklarung  von  der  zeit  erwarten;  violleicht  dass  ein  glück- 
licher fund  in  den  handwerkorlaäen  anderer  stftdte  einen  erwünschten  aufschluss  gibt 

Zu  einigen  Wörtern  erlaube  ich  mir  bemerkungen  zu  machen,  „emnamen, 
annehmen,  bestimmen.  ?<*  Das  fragezeichen  kann  getilgt  werden.  Es  heisst  „anneh- 
men," im  sinne  von  „über  sich  nehmen,  versprechen."  Die  stelle  7,  13  lautet: 
weUick  man  schuldich  toere  in  deme  amwete  detne  anderen  imde  toülecor(de)  des 
ene  tyd  vor  den  wercmesteren,  toanne  lie  dat  bereden  (bezahlen)  wcHde,  unde  en 
betalede  he  des  nicht,  aise  Jie  dat  annauiede,  dat  scai  he  wedden  usw.  Auch  zu 
bescheten  kann  das  fragezeichen  fehlen,  ene  artnborst  bescheten,  heisst  in  der  tat 
nichts  anders  als  „  einschiessen ,"  durch  schiessen  (zum  gebrauch)  erproben,  den  »» 
dan,  sondern,  s.  Mnd.Wb.  1,  479;  (ladinqe,  als  „gattung,  art"  ist  zu  streichen;  es 
heisst  nd.  nur,  (wie  es  auch  im  Gl.  weiter  heisst)  „was  einem  gef&llt";  erst  im 
neuern  Nd.,  wie  bei  Neocorus,  komt  es  in  der  hochd.  bedeutung  „gattung"  vor.  — 
umwe  Iwf  gan  bezeichnet  nicht  den  eintritt  der  priestor  in  die  kirche,  son- 
dern „eine  procession  halten,"  s.  Mnd.  Wb.  11,  310^;  hof  ist  in  diesem  aus- 
druck  gleichbedeutend  mit  kirchhof;  daher  in  lateinischen  Urkunden  cimeterUwi 
circnire.  gelt  byUggcu  ist  wol  nie  „belegen  (zinstragend),"  sondern  nur  „bei 
Seite  legen  (deponieren)."  huxJiovet  ist  sicherlich  oxhoft  (hukes  hovet;  engl. 
liogsliead),  laiUvcring  „der  aufs  land  ziehet,  um  das  handwerk  zu  üben."  Die 
bedeutung  ist  zu  enge  gefasst;  lantvering  ist  überhaupt  ein  landdurchzieher, 
landstreicher,  hausirer.  —  liste  ist  das  trottoir.  —  mapei  «»  lat.  maptUaj 
planeta,  messliakel.  —  musterd  ist  schwerlich  „senffarbig,''  sondern  „gemu- 
stert" In  dorn  namen  eines  zeuges  miMterdcvilie ,  mtuUennlUges  (so  heisst  es 
gewöhnlich:  und  vielleicht  ist  auch  s.  285  musterd  toügen  statt  musterd  ntügen 
zu  lesen,  wenn  nicht,  was  ja  möglich  ist,  eine  vertauschung  zwischen  to  und 
ui  eingetreten)  mag  es  vielleicht  etwas  anderes  bedeuten,  aber  gewiss  nicht 
,, senffarbig,"  denn  in  den  ziemlich  zahlreichen  stellen,  die  mir  zu  gebot  stehen, 
ist  es  immer  ein  blauer  stoff.  —  palle  ist  kein  priesterliches  oder  bischöfliches 
gewand,  sondern  eine  altardecke.  —  tömcn  ist  nicht  „lärm  machen,"  sondern 
entweder  „  (einen  vorübergehenden)  anlialten,"  oder  „zürnen -^  schelten.*'—  Indem 
michtrage  s.  15:  solte  affd/rögcn  „abtragen"  heissen?  und  nicht  wie  gewöhnlidi: 
„abtrocknen."?  een  jeder  soll  sine  darcn,  so  oft  he  enen  stock  komes  affdrögen 
wül,  „rein  fegen.''  —  S.  23  will  der  herausgebcr  (so  jetnandt  angedruncken  in  »ol- 
cker  thosamen  kumpst  befunden  toorde,  de  v/ngcnochte,  Uneinigkeit,  hader  edder 
ufdttst  anrichtede,  desulvige  sduUl  usw.)  statt  ungenodite  unpevocJUe  (unfog)  lesen; 
die  hs.  ist  ganz  richtig:  ungenogede,  ungenochte,  injucttnättcut ,  ist  kein  seltenes 
wort  fi)r  „Unruhe,  belästigung,''  dagegen  ungeoocfUe  ist  mir  bis  jetzt  noch  nicht 
begegnet.  —  S.  30  hardewicJ^t  kleit  ist  höchst  wahrscheinlich  ein  kleid,  dessen 
Stoff  aus  Harderwyk  ist.  Bekantlich  werden  die  stoffe  (noch  bis  auf  den  heutigen 
tag)  häufig  nach  dem  fabrikationsorte  benant. 

Mit  diesen  wenigen  bemerkungen  will  ich  das  werk,  das  eine  wertvolle  berei- 
cbemng  der  fachlitteratur  ist^  allen  empfohlen  haben,  die  sich  für  culturgeschicht« 
und  speciell  für  Zunftwesen  interessieren. 

OLDENBimO,  IM  DEC.  1876.  A.  LÜBBSN. 


H*Ue,  Buchdrucker«!  des  WaUonli*ttM>> 


^n 


DIE  DEUTSCHEN  AUF  DEN  KREUZZÜGEN. 

SIN    KATALOG    BEB    WICHTiaSTEN    DEUTSCHEN    KREXTZF AHBER ,     WELCHE     NACH- 
WEISLICH     8ICHEB       ODER      WAHBSCHEINLICH      NACH      DEM      HEILIOBN      LANDE 

GEZOGEN    SIND. 

ERSTER    THEIL. 
1096  —  1190. 

Es  gibt  wol  keine  liistorisclie  erscheinuug,  welche  die  Signatur 
ihrer  zeit  so  klar  und  deutlich  an  sich  trägt,  wie  die  kreuzzüge  des 
mittelalters.  Viele  hunderte  von  jähren  vorher  waren  fromme  pilger 
mit  Stab  und  tasche  nach  dem  heiligen  grabe  gewallt,  um  dort  siche- 
rer als  in  Rom,  San  Jago  und  Loretto  die  Vergebung  schwerer  schuld 
zu  erlangen,^  bis  auf  einmal  von  Clermont  der  ruf  zu  einer  allgemei- 
nen heerfahrt  gegen  die  Saracenen  des  Orients  in  alle  länder  der  Chri- 
stenheit ausgieng  und  jene  rückläufige  völkerbewegung  nach  osten  ein- 
leitete, welche  zwei  Jahrhunderte  lang  Europa  in  fieberhafter  aufregung 
erhielt  und  an  unzähligen  stellen  die  alten  Verhältnisse  verschob  und 
umgestaltete.  Keine  dankbarere  aufgäbe  möchte  es  daher  auf  dem 
gebiet  der  culturgeschichte  geben,  als  einen  gründlichen  nachweis  zu 
fßhren,  welche  reihen  von  folgen  jene  mächtigen  bewegungskreise  für 
Occident  und  Orient  zurückgelassen  haben,  und  wie  die  spätere  geschichte 
der  wichtigsten  culturformen  auf  jene  zeit  zurückgi'eift ,  aber  kein  mensch 
ist  bis  jetzt  im  stände  bei  der  beispiellosen  breite  des  materials  und  dem 
kläglichen  mangel  zugänglicher  orientalischer  berichte^  auch  nur  annä- 
hernd jene  aufgäbe  in  befriedigender  weise  zu  lösen.  Es  kann  daher  nur 
das  bestreben  des  historikers  sein,  durcli  möglichst  erachöpfende  und 
eingehende  behandlung  einzelne  wichtigere  punkte  klar  zu  stellen  und 
dem  forscher  auf  angrenzenden  gebieten  dadurch  fingerzeige  für  manche 
sonst  nur  mühsam  entdeckbare  beziehungen  zu  geben. 

r 

1)  R.  Röhricht,  die  Pilgerfahrten  vor  den  kreuzzfigen;  in  Raumers  historischem 
taschenbnch  1875,  herausgegeben  von  Riehl. 

lEITSCHR.    F.    DBUTSCHR   PHILOLOGIE.     BD.    VII.  9 


12<>  11.  mOHBICBt 

Man  hat  mit  einem  gewissen  rechte  die  kreozfahrten  eine  fran- 
zösische erfindong  genant,  weil  die  Franzosen  zuerst  jene  kriegszüge 
gegen  die  muselmänner  Syriens  unternahmen  und  am  meisten  förderten, 
aber  wenn  man  die  stattlichen  heerhaufen  der  deutschen  kreuzfahrer 
fiberschaut,  welche  namentlich  am  zweiten  und  dritten  kreuzzuge  sich 
beteiligten,  wird  man  die  klagen  der  Chronisten  begreifen,  dass  durch 
jene  unglücklichen  kriege  Schwaben  und  Franken  fast  alle  seine  streit- 
baren männer  verloren ,  und  so  mag  denn  das  folgende  register  als 
leichenstein  oder  ehrentafel  jener  deutschen  beiden  dienen,  welche  Aircht- 
los  und  treu  als  „milites  Christi'^  kämpften  oder  starben. 

Die  germanistische  Wissenschaft  wird  jedenfalls  mit  nutzen  und 
Interesse  unseni  katalog  entgegennehmen,  da  die  kritik  und  Interpreta- 
tion vieler  gedichte,  wie  speciell  an  dem  von  des  landgrafen  Ludwigs 
kreuzfahrt  und  Wilhelm  von  Oesterreich  weiter  unten  sich  zeigen  wird, 
auf  unsere  eingehenden  nachweise  zurückgehen  muss.  Schwierig  ist 
es,  genau  abzugrenzen,  welche  ki*euzfahrer  aus  Belgien  und  Lothringen 
noch  füglich  als  Deutsche  aufgezählt  werden  sollen.  Da  aus  beiden  län- 
dern  die  meisten  unter  französischem  banner  nach  dem  heiligen  lande 
ziehen,  obwol  sie  zum  deutschen  reiche  äusserlich  gehören,  und  von 
Seiten  französischer  und  belgischer  historiker  die  darauf  bezüglichen 
nachweise  gegeben  sind ,  so  scheint  eine  beschränkung  auf  die  rein  deut- 
schen kreuzpilger  gerechtfertigt  Für  den  dritten  kreuzzug  hatte  bereits 
Riezler  zu  seiner  trefflichen  arbeit  über  die  kreuzfahrt  des  kaisers  Frie- 
drich I  (in  den  Deutschen  forschungen  1870,  heft  1)  ein  kreuzfahrer- 
register  gegeben,  so  dass  der  Verfasser  vieles  einfach  von  dort  herüber 
nehmen  konte ,  allein  nicht  nur  die  grössere  Vollständigkeit ,  sondern 
auch  die  speciellere  berücksichtigang  der  beiden  oben  genanten  gedichte 
werden  vorliegende  arbeit  als  berechtigt  erscheinen  lassen.  Dass  über- 
all die  gewünschte  klarheit  und  Sicherheit  gewonnen  werden  könne,  dürfte 
billigerweise  niemand  erwarten ;  jedenfalls  wird  aber  der  einsichtige  leser 
die  Überzeugung  gewinnen ,  dass  mühe  und  arbeit  genug  darauf  ver- 
want  wurde,  die  masse  des  materials  zu  bewältigen  und  geordnet  in 
den  dienst  historisch  -  philologischer  forschung  zu  stellen.  Die  fort- 
setzung  des  vorliegenden  katalogs  wird  rasch  folgen.  Der  Verfasser  bit- 
tet aber  dringend  die  herren  germanisten  durch  eventuelle  nachtrage 
und  Verbesserungen  seine  arbeit  fördern  zu  helfen,  deren  eigentliches 
ziel  eine  vollständige  „Geschichte  der  Deutschen  im  Morgenlande ^* 
(1096  — 1309)  ist.  Daher  wird  der  Verfasser  für  freundliche  Unter- 
stützung jederzeit  dankbar  sein;  dem  historiker  entgehen  manche  punkte 
und  einzelheiten ,  welche  dem  germanisten  nahe  liegen. 


DIB  DBUTSCHBN  AUF  DEN  KBBUZZÜGKK  1^7 

A.    Erster  kreuzzug.^ 

1096  —  1101. 

Adalbero,  der  söhn  des  grafeu  Konrad  von  Lützelnburg,  archidiaco- 
nus  der  kathedrale  von  Metz  und  vertrauter  Heinrichs  III.,  fiel  vor 
Antiochien  (Alb.  Aquensis  III,  46), 

Adalbero,  ein  pilger  aus  Österreich,  starb  auf  dem  ersten  kreuzzuge 
(Fontes  rerum  Austr.  II.  abteilung^  8,  s.  19). 

Amiens,  Peter  von,  der  Urheber  des  ersten  kreuzzugs;  über  ihn  vgl. 
Compte - rendus  de  la  commission  d*histoire,  Bruxelles  II,  251,  28  fg.; 
Florent  Minor,  bei  Böhmer,  Fontes  IV,  618  fg.;  Peyr^,  Histoire  de 
la  premiere  croisade  I,  47  note  und  besondei-s  Faulet,  ßecherches 
sur  Pierre  THeremite  Bruxelles  1854. 

1)  De  Smet  in  den  Nouveaux  memoires  de  racademie  de  Bruxelles,  tome32, 
Robert  de  Jerusalem  a  la  premiere  oroisade  p.  6 — 8  neiit  als  teilnehmer  des  ersten 
kreuzzugs  1;  Der  junge  Robert,  sein  bruder  Philipp,  Vicomte  von  Ypem,  seine 
Schwester  Gertrud,  wittwc  des  grafen  von  Löwen,  später  gemahliu  des  grafen  Die- 
trich von  Flandern  und  Elsass,  ferner  sein  neffe  Karl  von  Dänemark,  welcher  spä- 
ter graf  von  Flandern  wurde.  Ausserdem  sind  zu  nennen :  die  grafen  Fulco  von 
Guinea  und  Arnoul  II  von  Ardres,  Vasallen  von  Flandern,  Udelrard  von  Witsant, 
Gisbert  und  Balduin  von  Gent,  söhne  des  grafen  von  Alost,  Hugo  von  St.  Paul  und 
sein  söhn  Enguerrand,  Gery  von  Flandern,  Raoul  von  Alost,  der  castellan  des  gra- 
fen Wilhelm  von  St  Omer,^  Gottfried,  castellan  von  Cassel  mit  seinem  söhne  Raoul, 
Johann  von  Arras,  Walter  von  Douai,  Balduin  und  Albert  von  Bailleul,  Hellin 
von  Wavrin ,  Walter  von  Bergues ,  Folcran ,  castellan  von  Bergues ,  Ingelram  von 
Lilres,  Themar  von  Bourbourg,  Hugo  von  Rouhais,  Adelred  von  Wameton,  Her- 
mann von  Aire,  Robert  von  B^thune,  Eustache  von  Törouanne,  Robert  von  Lignes, 
Anselm  von  Ribemont,  Waleran  von  Andrehera  ^  Gilbodon  von  Fletereu,  Bouchard 
von  Comines,  Gerhard  und  Roger  von  Lille,  Eustach  Werner  oder  Grenier,  Wil- 
helm von  Werwicq ,  Wilhelm  Morant  von  Hondschoote ,  Wilhelm  von  Messine ,  wel- 
cher später  Patriarch  von  Jerusalem  wurde ,  Raoul  von  Lederseele,  Sohier  und  Wine- 
mar  von  Gent,  Steppon,  ihr  Schwiegervater,  Walter  und  Hugo  von  St.  Omer,  bru- 
der Wilhelms,  Walter  von  Nevele,  Johann  von  Haveskerke,  Valnier  von  Ouden- 
burg,  Gratian  von  Eedoo,  Sohier  von  Ghistele,  Hermann  von  Somergem,  Erem- 
bold,  castellan  von  Brügge,  Walter  von  Sottegem ,  Arnoul,  castellan  von  Audenaarde, 
Stephan  von  Boulers,  Rasse  von  Gavre,  Francon  von  Herscle,  Albon  von  Rodcn- 
burg,  Reingot  von  Meulcbeke,  Aluis  vonFurncs,  Salomon  vonMaldegem,  Lambert 
von  Crombeke,  Servais  Van  Praot,  Dietrich  von  Dixmude,  Sohier  von  Courtray ^ 
Joseran  von  Knesselaerc,  Arnoul  und  Conen  von  Eyne,  Adelard  Van  der  Straten, 
Wilhelm  von  Langhe,  Daniel  von  Termonde,  Antonius  von  Cadzand,  Richard,  der 
Pilger ;  (cd.  Hippeau),  Balduin  Lebes  oder  Cauderon. 

1)  Kreuzfahrerkatalup^c  geben  auch  Peyr^,  La  premiere  croisado  II,  504  —  520; 
Michaud  ed.  Br^hoUes  I,  513  —  517. 

2)  Vgl.  Biblioth&quc  de  Tvcole  des  chartcs  1875,  p.  91  —  117. 

9* 


12Ö  B.  BÖHBICHT 

Arkel,  ein  ritter  von,  zog  mit  Robert  von  Flandern  nach  dem  heili- 
gen lande,  wo  er  starb.    (Dirks  in  „De  vrije  Fries"  11,  147). 

Arquenne,  Francon  d\  aus  Brabant  Walion,  zieht  mit  seinen  beiden 
söhnen  anter  Gottfried  nach  dem  heiligen  lande;  letztere  starben 
daselbst,  während  er  glücklich  heimkehrte.  (Compte  - rendus  de  la 
commission  dlüstoire,  Bruxelles  1845  X,  s.  267  fgg.). 

Ascha,  Heinrich  and  Gottfried  von,  (ein  belgischer,  nicht  ein  schwä- 
bischer ritter),  befehligte  das  ftlnfte  treffen  beim  grossen  aasfall  aus 
Antiochien  gegen  Kerbuga  (Wilh.  Tyr.  VI,  17;  Stalin,  Wirtemb. 
Gesch.  n ,  35) ;  Beyer,  Mittelrhein.  Urkandenbach  11,  s.  CCIX  note  1 
lässt  ihn  mit  unrecht  aus  Esch  a/Sauer  herstammen.  Vgl.  Alb.  Aquens. 
V,  4. 

Bleidenstatt  (bei  Wiesbaden),  frater  Gisleberti  de,  urkundet  1096  als 
kreuzfahrer.    (Will,  Monum,  Blidenst.  32). 

Bogen,  Graf  Friedrich  I.  von,  starb  und  ward  1101  begraben  in  Jeru- 
salem. (Archiv  für  Österreich.  Geschichtsquellen  XXI,  s.  372). 

Botnia  Felke,  ein  Friese,  zog  mit  Peter  von  Amiens  nach  Gonstan- 
tinopel  und  kehrte  erst  1106  aus  dem  heiligen  lande  heim;  neben 
ihm  werden  noch  genant :  van  Borsselen  aus  Seeland ,  Dirk ,  der  söhn 
des  herm  von  Brederode,  Hartmann  Epe  und  Fortemann  Tjepke, 
welche  vor  Nicaea  blieben,  Galama  Ige,  Hermana  übbo,  welcher  in 
Antiochien  zurfickblieb,  Hesseis  söhn,  Lundigaman  Jarig,  Gottfried 
Boorda  und  Sixt  Eamminga.    (Dirks  s.  147  fgg.) 

Boto  Graf,  cognomento  fortis  germanus  Ebonis,  kehrte  nach  der  erobe- 
rung  Akkäs  glücklich  heinx.  (Ghron.  Ursperg.  ed.  Argentor.  p.  CGLYI). 

Bouillon,  Herzog  Gottfried  von,  stellt  als  kreuzfahrer  1096  eine 
Urkunde  aus,  welche  die  meisten  seiner  begleiter  mitunterzeichnen 
(Annales  d'arch^ologie  Anvers  1849  p.  96;  vgl.  die  bestätigung  der- 
selben durch  könig  Heinrich  bei  Wauters  I,  602);  über  ihn  handeln 
alle  quellen.  Zur  Vervollständigung  vgl.  Ghron.  AfQigh.  bei  Pertz 
IX,  415;  Ghron.  Hub.  bei  Pertz  VIII,  615;  Laur.  Gest.  ep.  Vird. 
bei  Pertz  X,  498;  Gislebert  492-501;  Henaux,  Histoire  du  pays  de 
Li&ge  I^  p.  552;  Messager  beige  1851,  p.  272;  Hody,  Tombeaux  de 
Godefroy  de  B.  Bruxelles  1855;  Ozeray,  Histoire  de  la  ville  et  du 
duch£  de  Bouillon,  Bruxelles  1864;  S^ances  et  travaux  de  Taca- 
d^mie  des  sciences.  Novemb.  1873  p.  663  fgg.  Beyer,  De  Vita 
Godofredi  Bullionensis ,  Marburger  doctordissertation  1874  und  Böh- 
richt ,  Quellenbeiträge  zur  Geschichte  der  Ereuzzüge  (Programm  der 
Louisenstädtischen  Realschule).  Berlin  1875  note  1.  Eine  gründliche 
biographie  von  unserem  beiden  ist  bis  jetzt  noch  nicht  erschienen. 


DIB  DBUTSCHKN  AUF  DEM  KBBÜZZOOEN  129 

Boulogne,  Graf  Eustach  vou,  der  bruder  Gottfrieds  von  Bouillou, 
zieht  mit  diesem  nach  dem  heiligen  lande  und  kehrt  1102  wider 
heim.  (Wauters,  Table  chronologique  II,  117). 

Bremen.  Aus  Bremen  sollen  viele  bürger  am  ersten  kreuzzuge  teil 
genommen  haben.  Die  alte  Rennersche  chronik  gibt  folgende  namen: 
Lüder  von  Verden,  Gerhard  von  der  Weyhe,  Lüder  von  Bücken, 
femer  Johann  Juckhals  und  dessen  söhn  Gerd,  Gerd  Frese,  Detward 
KingwerdeSy  Albert  Hilberdingk^  Hermann  von  Haren,  Hinrich Bruse- 
have.  Albert  by  der  Waage,  Johann  Weltmann,  Berend  Nackedövel, 
Gerd  van  den  Have ,  Hinrich  van  der  Ty  verbruggen  und  Sievert  Wil- 
ders; Gerd  Frese  und  Albert  by  der  Waage  starben  auf  der  fahrt, 
während  die  übrigen  alle  1111  glücklich  heimkehrten  (vgl.  Duntze, 
Geschichte  Bremens  I,  270).  Interessant  ist  die  falsche  Urkunde 
Heinrichs,  welche  die  Bremenser  wegen  ihres  eifers  für  die  sache 
der  kreuzzuge  (15.  mal  1111)  lobt  und  belohnt  (Bremer  ürkunden- 
bnch  8.  30 — 31)  und  die  aus  oben  genanter  quelle  geflossene  erzäh- 
lung  von  der  teilnähme  der  Bremer  bürger  am  ersten  kreuzzuge,  wie 
sie  an  der  nördlichen  wand  der  oberen  rathaushalle  zu  Bremen  in 
versen  zu  lesen  ist.  (Denkmale  der  Kunst  und  Geschichte  der  freien 
Handelsstadt  Bremen,  Bremen  1862.  Erste  Abtheiluug,  zweite  Lie- 
ferung s.  31). 

Chur,  bischof  Norbert  von,  soll  am  ersten  kreuzzuge  teilgenommen 
haben,    (v.  Hormayr,  Gold.  Chronik  34). 

Cleve,  Dietrich  von,  wird  ^schlich  als  teilnehmer  am  ersten  kreuz- 
zuge genant  von  der  Chronica  comitum  Cliviae  bei  Seibeiiz,  Quellen 
zur  westphälischen  Geschichte  II,  s.  159. 

ConstanZy  Abt  Gerhard  aus,  nahm  in  Kom  das  kreuz  und  zog  in 
begleituug  von  vielen  mönchcn  aus  Schaffhausen  dem  hauptheere  der 
kreuzfahrer  1100  nach  (Bertoldi  Chronic.  1100;  Gretser,  de  cruce  I, 
c.  75),  wird  dann  „custos  sancti  sepulchri/'  als  welcher  er  „crucem  domi- 
nicamsemper  lateri  regis  (Balduini)  contiguus  praeferebaf'  (Ekkeh.  bei 
Pertz  VIII,  736)  und  häufig  in  Urkunden  erscheint  z.b.  1110  (Wilh. 
Tyr.  XI,  25),  1123  (Wilh.  Tyr.  XI,  25;  vgl.  c.  13)  und  1130  (Chron. 
Danduli  bei  Muratori  XII,  p.  275  fg.).  Alb.  Aquens.  VII,  66  macht  ihn 
sogar  zum  bischofe;  vgl.  Mone,  Quellensamlung  zur  badischen  Gesch.  I, 
8.  80  und  E.  Key  (Du  Cange),  Les  familles  d*outre-mer  839. 

Dassel,  Graf  Keinhold  I  von,  urkundct  1097  als  kreuzfahrer  (Schaten, 
AnnaL  Paderb.  I,  445);  er  ist  heimgekehrt. 

Dommedard,  Walter  de,  kämpft  im  fünften  treffen  bei  dem  grossen 
ausfalle  des  kreuzheeres  aus  Antiochien  gegen  Kerbuga.  (Wilh.  Tyr. 
VI,  c.  17). 


IdO  B.  k6hbicht 

Falkenberg,  Hugo  von,  vom  Niederrhein,  ein  vertrauter  Gottfrieds 
und  Balduins  I,  empfängt  Tiberias  als  leben  (Alb.  Aquens.  VII,  36, 
45 ;  vgl.  Du  Gange ,  Les  familles  d'outre  mer  443). 

Flandern,  Robert  I  Graf  von,  urkundet  1096  als  kreuzfahrer  (Archi- 
ves  de  Rheims  lA,  249;  Wauters,  Table  chronologique  I,  699); 
über  ihn:  Robert  de  Jerusalem  ä  la  premi^re  croisade  in  den  Nou- 
veaux  m^moires  de  Facad^mie  de  Bruxelles,  band  32 ;  Eervyn  de  Let- 
tenhove ,  Historie  de  Flandre  1 ,  305  fgg.  und  Recueil  des  m^moires 
de  Gand  1854.    Robert  kehrte  1102  heim.    (Wauters  II,  8). 

Gislebert,  canonicus  von  St.  Marien  in  Aachen,  begleitet  Gottfried 
als  vertrauter  nach  dem  heiligen  lande.    (Alb.  Aquens.  VI,  36). 

Gottschalk,  fahrer  eines  schwarmes  von  kreuzfahreru ,  vielleicht  bru- 
der  des  grafen  Liutold?  (Berth.  Zwifalt.  Chron.  Pertz  X,  121).  Über 
ihn  die  meisten  quellen. 

Habenichts^  Walter  von,  der  fährer  eines  zuges  von  kreuzfahreru, 
welcher  dem  ritterheere  des  herzogs  Gottfried  voranzieht  und  elend 
umkomt,  wird  von  der  Chronica  comitum  Cliviae  bei  Seibertz,  Quel- 
len zur  westphälischen  Geschichte  II,  p;  159  als  Walter  Alemaniae 
sive  Sueviae  dux  genant. 

Hamersbach  (bei  Bergheim  a/Niederrhein);  Reinhard  von,  kämpft  im 
fünften  treffen  beim  grossen  ausfalle  gegen  Eerbuga  und  fällt  bei 
Teil -bischer  (Alb.  Aquens.  IV,  49.  V,  4). 

Haderwerk  landet  mit  vielen  niederrheinischen  pilgern  am  3.  juli  1102 
im  heiligen  lande.    (Alb.  Aquens.  IV,  p.  11;  vgl.  Dirks  152). 

Hemmendorf  (bei  Rottweil),  Hugo  von,  starb  auf  der  heimkehr  (vom 
ersten  kreuzzuge?).    (Berth.  Zwifalt.  Chron.  bei  Pertz  X,  121). 

Jaersma  Wilko,  ein  Friese  und  Waffenträger  des  ritters  Lyauckama, 
soll  das  itinerar  und  tagebuch  des  letzteren  niedergeschrieben  haben. 
(Occo  Scharlens.  Chron.  1106  p.  91). 

Ilsenburg  (bei  Wernigerode),  abt  Otto  von,  starb  17.  calend.  januar. 
1100  auf  der  kreuzfahrt.  (Annal.  Ros.  bei  Pertz  XVI,  102;  vgl. 
Leibnitz,  Scriptores  rerum  Brunsv.  III,  685). 

Lantold,  ein  ministerial  des  bischofs  Ulrich  von  Eichstädt,  hat  wahr- 
scheinlich am  ersten  kreuzzuge  teilgenommen.  (Mon.  boica  XII,  32 
nr.  25). 

Lein  in  gen,  graf  Emicho  von,  aus  dem  Nahegau,  berüchtigt  durch 
die  von  ihm  in  mittelrheinischen  Städten  angestifteten  Judenschläch- 
tereien. (Beyer ,  Mittelrhein.  Urkundenbuch  H ,  s.  CCXHI ;  Stalin  11, 
35;  vgl.  die  meisten  quellen). 


r  '*      .*     '  *■ '  -■••■»  -'   —  T^Mfcr.-üfa^  .Th^Jaii  fu^s     A-i^Km  . 


DIE  DBUT8CHBN  AüP  DBN  KRBUZZÜ6EN  131 

Lothringen,  herzog  Dietrich  I  von,  wurde  1096  wegen  kraukheit  sei- 
nes kreuzgelühdes  entbunden.  (Begin,  Histoire  des  ducs  de  la  Lor- 
raine I,  p.  26). 

Ludwig,  archidiaconus  von  TuU,  fiel  vor  Antiochien.  (Alb.  Aquens. 
III,  53). 

Lüttich,  bischof  Friedrich  von,  gieng  um  1100  nach  dem  heiligen 
lande.    (Vita  Priderici  bei  Pertz  XII,  s.  504). 

Lüttich,  Lambert  von,  (Poöme  sur  la  conquete  de  J^msal.  ed.  Hip- 
peau  X  V.  3530). 

Lyauckama,  Eelke  und  Sikke,  zwei  neffen  aus  Friesland,  zeichnen 
sich  auf  dem  ersten  kreuzzuge  aus.  Eelke  soll  3000  ritter  befehligt 
haben  und  zum  commandaut<^a  von  Nicaea  ernant  worden  sein;  vor 
Jerusalem  schwer  verwundet,  empfängt  er  durch  Gottfried  später  den 
ritterschlag  und  kehrt  mit  seinen  übrigen  landsleuten  1106  heim, 
während  Sikke  bereits  vor  Nicaea  blieb.    (Dirks  151). 

Lyn  den,  van,  ein  ritter  aus  Geldern,  schliesst  sich  den  friesischen 
kreuzfahrern  an.  (Dirks  147;  vgl.  Butkens,  Annales  g^nealogique 
de  Lynde.   Anvers  1625). 

Me  eil  ein,  Franco  und  Sigmar,  zeichnen  sich  bei  der  belagenmg  von 
Antiochien  aus.  (Alb.  Aquens.  IV,  35);  Franco  fallt  vor  Arsüf.  (Alb. 
Aquens.  VII,  3). 

Oesterreichische  ritter,  und  zwar  Adelram  von  Perg,  Hademar 
von  Kuffarn,  Ulrich  von  Wolffenstein,  überbringen  nach  der  erobe- 
rung  Jerusalems  dorthin  im  auftrage  des  markgrafen  Leopolds  des 
Schönen  von  östen*eich  reiche  geldgeschenke.  (Keiblinger,  Geschichte 
von  Melk  I,  s.  215). 

Okkinga  Tzaling,  ein  edler  Friese,  zog  mit  Homma  Homminga  1099 
nach  Syrien  und  kehrte  erst  am  13.  december  1106  heim,  nachdem 
er  sich  in  allen  kämpfen  Balduins  I  ausgezeichnet.  (Wiarda,  Ostfrie- 
sische Mannigfaltigkeiten  1786  16.  stück  s.  126;  Dirks  s.  151). 

Ortolf,  der  bruder  des  pfalzgrafen  Kapoto,  der  Stifter  von  Hohenwart, 
soll  mit  seiner  Schwester  Wiltrude  am  ersten  kreuzzuge  teilgenom- 
men haben.    (Hund,  Metropol.  Sal.  II,  s.  393). 

Regensburg,  graf  Heinrich  II  von,  zog  mit  dem  erzbischof  Thiemo  von 
Salzburg ,  dem  bischof  Ulrich  von  Passau  und  der  mutter  des  mark- 
grafen Leopold  III  von  Oesterreich  nach  dem  heiligen  lande ;  er  starb 
zu  Jerusalem  um  1102  (von  Meiller,  Babenberger  Regesten  s.  11, 
nr.  208,  uote  88;  vgl.  Abhandlungen  der  Münchener  Akademie  1855, 
8.  381;  von  Meiller,  Salzburger  Regesten  413,  nr.  3  fg.). 

Regensburg,  hauptmann  Diethmar  von,  zog  1097  nach  dem  heiligen 
lande.     (Aventin.  ed.  Mogunt.  1580  p.  358  A). 


182  B.  BÖHBICHT 

Begensburg,  pilger  aus,  landen  kurz  vor  der  erobemng  von  Ma'ar- 
rat  an-N'um&n  mit  vielen  kreuzfahrem  aus  rheinischen  städten  (im 
ganzen  1500  mann)  im  august  im  St.  Simeonshafen  bei  Antiochien, 
kommen  aber  durch  hunger,  seuche  und  elend  um.  (Alb.  Aquens.  Y,  23). 

Behm,  Anton  von,  aus  Augsburg,  soll  1096  mit  dem  kreuzheere  an 
der  spitze  vieler  mitbürger  ausgezogen  sein;  sein  sechszehn  fuss  lan- 
ger Speer,  sein  bildnis  und  Wappenschild  werden  in  Augsburg  noch 
heut  gezeigt,  (von  Seida,  Oeschichte  Augsburgs  I,  96). 

Beinhardsbrunn,  abt  Gislebert  von,  starb  am  1.  october  1101  in 
Jerusalem.    (Vita  öebhardi  bei  Pertz  XI,  p.  41). 

Beinhold,  der  söhn  der  edelfrau  Eunehild^  empf&ngt  in  einer  verdäch- 
tigen Urkunde  vom  10.  november  1097  vom  kloster  Holmarshausen 
an  der  Diemel  36  mark  als  reisegeld  f&r  seine  kreuzfahrt.  (Ficker, 
die  Beichskanzler  III C,  s.  88,  nr.  80). 

Riettenburg  (Riedenberg  i/Mittelfranken),  Heinrich  von,  zog  mit  Gott- 
fried von  Bouillon  nach  dem  heiligen  lande.  (Aventin  ed.  Mogunt. 
1580  p.  358  A). 

Rohes,  Arnulf  von,  aus  Belgien,  wird  „ Cancellarius  ecclesiae  Hiero- 
solymitanae."  (Alb.  Aquens.  VI,  39;  vgl.  Du -Gange  (E.  Rey),  Les 
familles  d'outre-mer  634). 

Salm  oder  Eirchberg,  graf  Hermann  oder  Hartmann  TL  (aus  dem 
Nahegau  oder  Schwaben  ?) ,  starb  auf  dem  ersten  kreuzzuge  vor  Nicaea. 
(Beyer,  Mittelrhein,  ürkundenbuch  II,  s.  CCXIII  und  Stalin,  Wirtemb. 
Geschichte  II,  35 ;  Bernold  bei  Pertz  VII,  466).  Alb.  Aquensis  11,  30, 
welchem  wir  diese  nachricht  verdanken,  schreibt  Hartmann. 

Salzburg,  erzbischof  Thiemo  von,  starb  am  28.  septbr.  1101  auf  dem 
kreuzzuge.  (Vita  Altmanni  bei  Pertz  VII,  s.  239 ;  Passio  Thiemon.  bei 
Pertz  XI,  s.  58;  vgl.  von  Meiller,  Regesten  der  Salzburger  Erz- 
bischöfe s.  412,  nr.  2) ;  er  war  mit  dem  herzog  Weif  ausgezogen. 

Scheyren  (bei  Pfaffenhofen),  graf  Otto  II  von,  bruder  des  grafen  Eck- 
hart, soll  auf  dem  zuge  mit  dem  herzöge  Weif  1101  gestorben  sein. 
(Aventin.  Annal.  Boj.  VII,  1  nr.  2;  Münchener  Neue  hi.stor.  Abhandl. 
1791,  s.  173  und  181),  während  er  nach  andern  erst  zwischen  1119 
und  1122,  sein  bruder  Otto  III  erst  um  1127  nach  dem  heiligen 
lande  gezogen  sein  soll.  (Historische  Abhandlungen  der  Münchener 
Academie  1865,  s.  260  und  261;  vgl.  v.  Hormayr,  Goldene  Chro- 
nik 34). 

Schwangau,  Törring,  Preysing,  Hiltebold  und  Eonrad  von ,  sollen  um 
die  zeit  des  ersten  kreuzzugs  das  heilige  land  besucht  haben,  (v.  Hor- 
mayr, Goldene  Chronik  34). 


DIX  DBÜT8CHBH  AUF  DSN  KBBUZZOOBR  188 

Siger,  abt  aus  Gent,  starb  1108  auf  der  heimkehr  vom  heiligen  lande 
zu  Bhodus.  (van  der  Putte,  Annal;  St.  Petri  Blandin.  Gent  1842, 
8.  13). 

Sperberseck  (im  Würtemb.  Donaukieise),  Bertolfus  junior  de,  brachte 
vom  ersten  kreuzzuge  eine  menge  reliquien  heim.  (Orü.  Zwifalt. 
Chron.  bei  Pertz  X,  s.  86  und  89). 

Strassburg,  bischof  Otto  von,  der  bruder  des  herzogs  Friedrich  I  von 
Schwaben,  starb  1100  3  Non.  Aug.  nach  seiner  heimkehr  aus  dem 
heiligen  lande.    (Gallia  christiana  Y,  796). 

Stutzenlinge  (im  Würtemb.  Jaxtkreise),  Otto  von,  wird  nach  zwei- 
maliger pUgerfahrt  nach  dem  heiligen  grabe,  bald  nach  dem  ersten 
kreuzzage  mönch  und  woltäter  des  klosters  Zwifalten.  (Berth.  Chron. 
Zwifalt.  bei  Pertz  X,  116). 

Tüll,  Raynald  von,  der  söhn  des  grafen  Friedrich  von,  vetter  des 
bischofs  Heinrich  von  Lüttich,  zeichnet  sich  auf  dem  ersten  kreuz- 
zuge aus.  (Laurent.  Gesta  ep.  Yirdun.  bei  Pertz  X,  p.  494,  Ordericus 
Vital.  III,  485,  555  und  viele  andre  quellen). 

Trier,  eine  nonne  aus,  zieht  mit  dem  beere  der  kreuzfahrer  um  1097 
nach  dem  heiligen  lande.    (Alb.  Aquens.  II,  37). 

Wanges,  Wilhelm  von,  ein  niederrheinischer  pilger ,  wird  beiderbela- 
gerung  von  Tyrus  gefangen.    (Alb.  Aquens.  XII,  cap.  5). 

Weif  IV,  herzog,  starb  am  8.  oder  9.  novbr.  1102  auf  Cypem;  seine 
gebeine  wurden  nach  dem  kloster  Weingarten  gebracht  (Chron. 
Ekkeh.  bei  Pertz  VIII ,  220 ;  vgl.  Stalin ,  Wii-temb.  Geschichte  II,  254). 

Wicker,  ein  niederrheinischer  ritter,  urkundet  nach  1104  als  kreuz- 
fahrer. (Lersch ,  Niederrhein.  Jahrbuch  1843,  s.  90  fg. ;  vgl.  von  Lede- 
bur.  Allgemein.  Archiv  für  Geschichtskunde  des  preuss.  Staates  n, 
s.  150). 

Wickher,  aus  der  Utrechter  diöcese,  fällt  „in  prima  expeditione  Dei^^; 
über  seinem  grabe  erbauen  die  Christen  eine  kirche.  (Caesar.  Heisterb. 
Dialog.  XI,  cap.  23). 

Wickher,  Alemanus,  soll  nach  Albericus  (1098)  mit  Letard  de  Duris 
zuerst  die  mauern  Jerusalems  erstiegen  haben,  er  zeichnet  sich  vor 
Chaifä  und  Arsüf  aus,  soll  einen  Türken  wie  jener  Schwabe  unter 
dem  kaiser  Friedrich  I  im  kämpfe  regelrecht  halbiert  und  einen  löwen 
mit  blossen  bänden  erwürgt  haben;  er  starb  in  Joppe  am  fieber. 
(Alb.  Aquens.  VII,  1,  24,  70).  Ihn  nent  auch  neben  Friedrich  die 
Eaiserchronik  (ed.  Massmann  vers  16715). 

Winemar,  ein  pirat,  landet  mit  schiffen  aus  Antwerpen,  Tyla,  Fries- 
land und  Flandern  im  hafen  von  Laodicaea ,  erobert  diese  Stadt ,  wird 
aber  gefangen  und  durch  GottfHed  befreit.    (Alb.  Aquens.  VI,  55). 


134  B.   BÖHRIOHT 

Wiorich^  der  mondschenk  Gottfrieds,  zeichnet  sich  bei  der  belagerung 
von  Ghaifä  aus.    (Alb.  Aquens.  VII,  24). 

Wittern  (amGeulbach  am  Niederrhein),  Adelard  von,  und  sein  schwe- 
stersohn  Pfiscellus ,  nahmen  am  ersten  kreuzzage  teil.  (Alb.  Aquens. 
in,  27;  V,  22;  vgl.  Niederrhein.  Jahrb.  ed.  Lersch  1843,  s.  90). 

Wolfger,  ein  edler  aus  Österreich,  leiht  1100  vom  abte  von  Göttweig 
30  mark  für  die  fahrt  nach  dem  heiligen  lande.  (Fontes  rerum  Austr. 
II.  abteilung,  8,  p.  14). 

B.    Zwischen  dem  ersten  und  zweiten  kreuzzoge. 

1101  —  1147. 

Liutfried,  ein  mönch  aus  dem  kloster  Zwifalten  „media  aetate  de 
medio  Babilonis  fugit "  (wann  ?)  Bertholdi  Zwif.  Chron.  bei  Pertz  X, 
p.  105. 

Burchard  schenkt  dem  kloster  Zwifalten  einen  mansus  und  stirbt  (bald 
nach  dem  ersten  kreuzzuge)  auf  dem  wege  nach  Jerusalem.  (Ber- 
tholdi Chron.  Zwifalt.  bei  Pertz  X,  p.  105). 

Friesen,  und  zwar  Eelke  und  Epe  Lyauckama,  ferner  Gottfried  Boorda, 
Herama  Watze  und  Botnia  gehen  im  juni  1109  über  Venedig,  wo 
Boorda  krank  zurückbleibt,  und  Greta  nach  Jaffa,  wo  am  tage  der 
landung  Eelke  Lyauck.  stirbt;  er  wird  in  Jerusalem  beigesetzt.  Bot- 
nia und  Epe  Lyauck.  kehren  nach  Venedig  zm-ück,  wo  sie  hören, 
dass  Herama  und  Boorda  heimgekehrt  seien,  worauf  auch  sie  ihre 
Bückkehr  antreten.    (Dirks  143  fgg.). 

Jaarsma  Wilko,  ein  Friese,  zog  um  1109  nach  dem  heiligen  lande. 
(Dirks  155). 

Adalbert  „Hierosolymitanus,"  aus  Österreich,  pilgerte  1110  nach  dem 
heiligen  lande.    (Fontes  rerum  Austr.  II,  bd.  8,  s.  59). 

Hundsheim,  Hermann  von,  ein  österreichischer  pilger,  zog  1110  nach 
dem  heiligen  lande.    (Fontes  rerum  Austr.  II,  bd.  8,  s.  51). 

Kermund,  „ducis  camerarius,"  urkundet  1110  als  pilger.  (ürkunden- 
buch  ob  der  Enns  I,  215). 

Verdun,  bischof  Bichard  von,  pilgerte  1114.  (Laur.  Gest.  ep.  Virdan. 
bei  Pertz  X,  s.  504). 

Gorvey,  abt  Erkenbert  von,  pilgerte  mit  vielen  Sachsen  1117  nach 
dem  heiligen  lande.  (Erhard,  Beg.  Guestph.  I,  nr.  1430;  p.  61 
nr.  CCLXXVIII;  Annal.  Saxo  1117);  ihm  hat  der  mönch  Ekkehard 
sein  Chronicon  gewidmet.  (Chron.  Ekkeh.  Pertz  VI,  praef.  s.  10). 
Wahrscheinlich  schloss  er  sich  dem  kreuzzuge  der  Kölner  an,  wel- 


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DIE  DEUTSCHEN  AUF  DEM  KBEUZZCGEN  135 

eher  am  15.  mai  1117  abgieng,    von  dem  aber  die  meisten  schon 
nach  6  monaten  wider  heimkehrten.    (Can.  Leod.  bei  Pertz  XII,  416). 

Flandern,  Karl  von,  neffe  dös  grafen  Robert  II  von  Flandern,  geht 
1117  oder  1118  mit  den  nordischen  pilgern  nach  dem  heiligen  lande. 
(Walt.  Vita  Karoli  bei  Pertz  X,  540);  die  syrischen  magnaten  ver- 
suchen es  [vergeblich  1123  während  der  gefangenschaft  Balduins  II, 
ihn  zur  annähme  der  kröne  zu  bewegen.  (Passio  Karol.  bei  Pertz  XII, 
8.  568). 

Donauwörth,  abt  Dietrich  aus,  pilgert  1118.  (Oefele,  Scriptores 
rerum  boicarum  I,  334). 

Friesen,  und  zwar  werden  Watze  Herman,  Homme  Homminga,  Hes- 
sel  Hermana,  Goffe  Roorda,  Watze  van  Ockinga  und  Sikke  Eamminga 
speciell  genant ,  pilgern  1119  über  Venedig  und  dienen  unter  Balduin ; 
Watze  Hermana  und  Homme  sollen  1120  in  einer  Schlacht  gegen  die 
Muslimen  gefallen  sein,  während  Ockinga  und  Eamminga  mit  Bal- 
duin gefangen  worden  wären ,  und  Roorda  mit  Hermana  schwere  y-er- 
wundungen  davongetragen  hätten.  Indess  scheint  diese  ganze  nach- 
richt  unrichtig,  da  1120  Waffenstillstand  war.  (Dirks  153  fg.;  vgl. 
Wilken  H,  465). 

Bznata,  ein  böhmischer  fürst ^  brach  im  märz  1123  nach  Jerusalem 
auf  und  starb  nach  der  heimkehr  am  16.  october  1122.  (Chron.  Cosm. 
bei  Pertz  IX,  s.  125). 

Hermann  und  Lutobor,  zwei  böhmische  edlen,  traten  am  1.  februar 
1124  die  pilgerfahrt  nach  Palästina  an.    (Chron.  Cosm.  bei  Pertz  IX, 

s.  127). 

Hedwig,  eine  nonne  aus  dem  St.  Agneskloster  in  Schaffhausen,  pilgert 
nach  Jerusalem  und  kehrt  112&  mit  vielen  reliquien  wider  heim. 
(Kirchhofer  N.  G.  3,  7). 

Wettin,  graf  Dedo  von,  pilgert  1126  „episcoponim  consilio  et  judicio," 
weil  er  seine  gemahlin  Bertha  Verstössen^  nach  Syrien.  (Genealog. 
Wettin.  bei  Pertz  XXIU,  s.  228). 

Prag,  bischof  Meinhardt  von,  geht  1130  nach  Jerusalem.  (Annal. 
Grad,  bei  Pertz  XVII,  649;  vgl.  Berth.  Zwif  Chron.  bei  Pertz  X, 
s.  103). 

üdalricus,  ein  pilger  aus  Österreich,  zog  1130  nach  dem  heiligen 
lande.    (Fontes  rerum  Austr.  II ,  bd.  8 ,  s.  33). 

Bertholdt  junior,  frater  Liutfridi,  bringt  aus  dem  nachlasse  des  zu 
Nazareth  verstorbenen  abtes  Gerhard  von  Schaffhausen  stücke  des 
heiligen  kreuzes  heim.    (Berth.  Chron.  Zwif.  s.  108). 


136  E.  BÖHBICHT 

Joscelinas  yillicas  pilgert  um  1188.  (Gesta  abbat  Trnd.  cont  III. 
bei  Pertz  X,  384). 

Bogen,  Graf  Friedrich  U  von,  starb  ^86  in  Palästina.  (Archiv  für 
Österreich.  Geschichtsquellen  XXI,  s.  373). 

Otto,  aus  Österreich,  urkundet  f&r  G6ttweig  um  1137  als  pilger. 
(Fontes  rerum  Anstr.  II,  bd.  8,  s.  32  und  91). 

Olmütz,  bischof  Heinrich  von,  pilgerte  1137  und  1143.  (Annal.  Grad, 
bei  Pertz  XYII,  s.  650;  Gerlaci  Ghron.  Boem.  ed.  Yindob.  s.  162; 
Erben,  Beg.  Bohemiae  s.  106). 

Holland,  graf  Dietrich  VI  von^  zog  1139  über  Born  nach  Jerusalem. 
(Dirks  156;  Wilhelm  von  Tyrus  XV,  6). 

Windberg,  Werner  von,  pilgerte  1140  nach  Jerusalem.  (Mon.  boica 
VI,  8.  89). 

Amalrich,  propst  von  Gottesgnaden  bei  Kalbe,  pilgert  nach  dem  hei- 
ligen lande  und  wird  um  1140  bischof  von  Sidon.  (Fundai  moni 
Gratiae  Dei  bei  Pertz  XX,  p.  688 ;  Du  Gange  805). 

Lothringen,  herzog  Simon  I  von,  soll,  nachdem  er  im  dienste  des 
königs  Fulko  2  jähre  lang  die  festungen  Jaffa  und  Tripolis  comman- 
dirt,  1141  auf  der  heimreise  gestorben  sein  (??).  Calmet,  Histoire 
de  Lorraine  ed.  2,  tome  II,  s.  408. 

Verdun,  bischof  Albero  11  von,  tritt  1143  seine  pilgerfahrt  nach  dem 
heiligen  grabe  an,  wird  aber  in  Bom  durch  den  papst  seines  gelüb- 
des  entbunden  und  heimgeschickt.  (Laur.  Gesta  ep.  Virdun.  bei  Pertz 
X,  s.  515;  d'Achery,  Spicileg.  II,  256;  Gallia  Christ,  ed.  Piolin  XHI, 
s.  1203). 

Blisso,  ein  mann  aus  Köln,  pilgert  1145.  (Ennen  und  Eckertz,  Quel- 
len zur  Geschichte  der  Stadt  Köln  1 ,  522), 

„Iringisburch'*  (Irnsing  in  Nieder -Bayern  ?),  des  Otto  von  I.  söhn  pil- 
gert 1145.    (Mon.  boica  VI,  110). 

C.    Zweiter  kreuzzug. 

1147  —  1149. 

Adelram,  bruder  Walchuns  von  Wachlant  in  Tirol,    urkundet  1147 

als  kreuzfahrer  für  Admont.    (Wichner,  Geschichte  des  Cistercienser- 

klosters  Admont  s.  217,  nr.  18). 
Arnold,  der  kanzler  Konrads,  zog  mit  diesem  aus.    (Otto  Fris.  385). 
Arnold,  graf  (von  Greifenstein?)  urkundet  1147  als  kreuzfahrer.  (Hor- 

mayr,  die  Bayern  p.  44). 
Arschot,  graf  von,  fahrt  die  kölnischen  und  flandrischen  seepilger  auf 

der  fahrt  nach  Lissabon.    (Annal.  S.  Disibod.  bei  Pertz  XVII,  s.  27  f.; 

vgl.  Stubbs,  Itinerarium  p.  GXLIV— CLXXXII). 


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DIB  DEUTSCHEN  AUF  DEN  KBBUZZÜOXN  137 

Baden,  markgraf  Hermann  II  yon^  nahm  am  zweiten  kreuzzuge  teil. 
(Wilhelm  Tyr.  XVII,  1  nent  ihn  markgrafen  von  Verona;  vgl.  Schöpf- 
lin,  Histor.  Badens.  I,  293). 

Basel,  bischof  Ortlieb  von,  zeichnete  sich  auf  dem  zweiten  kreuzzuge 
aus,  wofür  ihn  Konrad  III  bei  seiner  rückkehr  reichlich  belohnte. 
(Böhmer  Acta  imperii  nr.  2280 ;  vgl.  Ochs ,  Geschichte  von  Basel  I, 
252;  Otto  Prising.  385). 

Baumburg  (Oberbayern),  Warmund  von,  urkundet  1147  als  kreuzfah- 
rer.    (Mon.  boica  III,  540). 

Berg,  graf  Adolf  IV  von,  zog  mit  seinem  söhne  Adolf  V  mit  Eonrad 
nach  Syrien ;  letzterer  fiel  bei  der  belagerung  von  Damaskus ,  während 
Adolf  IV  glücklich  wider  heimkehrte.    (Annal.  Colon,  maiümi  761). 

Biburg,  Eonrad  von,  zog  mit  dem  grafen  Gebhard  II  von  Sulzbach 
nach  Syrien  und  kehrte  glücklich  heim.  (Moritz  in  den  Abhandlungen 
der  Münchener  Akademie  1833  s.  184). 

Bilstein,  graf  Konrad  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für  Admont 
(von  Muchar,  Gesch.  von  Steierm.  III,  347). 

B(^hmen,  herzog  Wladislaus  von,  nahm  durch  den  abt  Bernhard  bewo- 
gen 1147  das  kreuz  und  kehrte  glücklich  wider  heim.  (Vincent. 
Prag,  bei  Pertz  XVII,  663). 

Bogen,  graf  Friedrich  IV  von,  starb  1149  in  Jerusalem.  (Archiv  für 
Österreich.  Geschichtsquellen  XXI,  s.  374;  vgl.  Neue  histor.  Abhand- 
lungen der  Münchener  Akademie  1781,  II,  s.  448  und  461,  1791 
8.  98  — 101;  Verhandlungen  des  historischen  Vereins  fQr  Niederbayem, 
XVm  s.  128  —  130). 

Bogen-Natternburg,  graf  Hartwig  von,  zog  mit  seinem  vetter,  dem 
grafen  Friedrich  von  Bogen,  nach  Syrien  und  kehrte  glücklich 
heim.  (Schreiber,  Otto  der  Erlauchte  s.  108;  Verhandlungen  des 
historischen  Vereins  für  Niederbayern  XVIII,  s.  128  — 130). 

Bracht  (bei  Arnsberg) ,  Wemeri  de  B.  filii  übergeben  1148  dem  bischof 
Bernhard  von  Münster  vor  antritt  der  kreuzfahrt  ihre  besitzungen. 
(Erhard,  Cod.  diplom.  Guestphal.  I,  p.  38,  nr.  CÜLIX). 

Brandenberg,  Hermann  von,  (Mon.  boica  VII,  369),  starb  auf  der 
kreuzfahrt. 

Bnzenberg,  Rudolf  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für  Admont. 
(von  Muchar  UI,  347). 

Bisibodenberg,  abt  Cuno  von,  nahm  mit  den  Kölnern  und  Flande* 
rem  seinen  weg  über  Lissabon  nach  Syrien.  (Ann.  S.  Disibodenb.  bei 
Pertz  XVII ,  s.  27  fg.). 


138  B.   RÖHUCHT 

Dunkenstein,  Heinrich  von,  ministerial  des  markgrafeu  Ottokar  YIl 
von  Steiermark,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  f&r  das  kloster  Nein, 
(von  Muchar,  Geschichte  von  Steiermark  IV,  402;  vgl.  Diplom.  Sty- 
riae  11,  10  —  11). 

Ebersteiü  (Mittelfranken),  graf  Bertholdt  III  von,  kehrt  ende  1148  von 
der  kreuzfahrt  zurück  und  gründet  das  kloster  Herreualb  (in  folge 
eines  gelübdes).  (Krieg  von  Hochfelden,  Geschichte  der  Grafen  von 
Eberstein  s.  15). 

Eichstädt,  biscbof  Gebhard  II,  starb  17.  märz  1149;  er  hatte  am 
zweiten  kreuzzuge  teilgenommen.  (Lefiflad,  Regesten  der  Bischöfe 
von  Eichstädt  s.  23;  vgl.  Sax,  Geschichte  von  Eichstädt  s.  62). 

Falkenstein  (am  Inu),  Herrant  senior  von,  „avus  comitis  Sibotensis 
(Sigebots  I)  et  sui  fratris  Herrandi'*  urkundet  1147  als  kreuzfahrer. 
(Mon.  boica  XH,  45). 

Flandern,  graf  Dietrich  von,  urkundet  1146  als  pilger.  (Wauters, 
Table  chronol.  II,  265).  Er  ging,  wie  seine  grabschriffc  in  Gravelin- 
gen  (t  1168)  berichtet  (Annal.  Camerac.  bei  Pertz  XVI,  536),  vier- 
mal nach  dem  heiligen  lande  und  brachte  von  da  das  heilige  blut 
nach  Brügge.  (Genealog,  comit.  Flandrens,  bei  Pertz  IX,  p.  326). 
Das  erste  mal  zog  er  zur  see  1147  nach  Syrien  (Annal.  Magdeb.  bei 
Pertz  XVI,  p.  189),  kam  1150  von  der  zweiten  fahrt  heim  (Sigberti 
Cont.  Aquicinct.  406),  gieng  1157  zum  dritten  male  nach  Jeru- 
salem, wo  seine  gemahlin  Sibylla  1159  im  Lazaruskloster  blieb 
(Sigb.  Cont.  Aquic  409 ;  Sigb.  p.  397)  und  1 1 63  zum  vierten  male 
(Sigb.  Cont.  Aquic.  410;  vgl.  Wauters  II,  448). 

Freisingen,  bischof  Otto  von,  zog  mit  kaiser  Konrad  nach  Syrien. 
(Wüh.  Tyr.  XVH,  1). 

Frankenhausen,  graf  Heinrich  von,  urkundet  um  1150  als  kreuzfah- 
rer.   (Hormayr  s.  45). 

Fridericus  junior  advocatus  (Ratisbon.?)  urkundet  1147  als  kreuzfah- 
rer.   (Mon.  boica  XH,  47). 

Friedrich,    cognomine  Moure,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer.     (Mon. 

boica  III ,  84). 
St.  Oeorg,  Bupert  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  f&r  Admont 

(Wichner  215,  nr.  14). 

Gieche-Plassenburg,  graf  Poppe  I  von,  urkundet  1147  für  Admont 
als  kreuzfahrer  (Wichner  s.  100)  und  stirbt  auf  dem  kreuzzuge. 
(Archiv  für  Österreich.  Geschichtsquellen  V,  s.  259). 

Giseler,  ein  ministerial  von  Admont,  urkundet  1147  für  dieses  kloster 
als  kreuzfahrer.    (Wichner  s.  101). 


W^' 


DIB  DBÜTSOHBN  AU9  DEN  K&EÜZZÜGEN  l39 

Gleiss,  Siegfried  von,  urkundet  als.kreuzfahrer  für  Admont.  (Wich- 
ner  s.  174). 

Görz,  graf  Engelbert  II  von,  zog  1147  nach  dem  heiligen  lande. 
(Antonini,  11  Priuli  Orientale  p.  157;  von  Czoernig,  Das  Land  Görz, 
Wien  1873,  I,  8.  497). 

Harde  (S.  0.  von  München),  Gosbert  von,  ministerial  „Friderici  advo- 
cati,^'  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für  Ober  -  Altaich.  (Mon.  boica 
Xn,  45). 

Heinrich,  der  söhn  Heinrichs  von  Brunnen.    (Mon.  boica  VI,  108). 

Hennenbach,  Erchenbert  von,  starb  wahrscheinlich  1148  währenddes 
kreuzzuges  (Moritz  184);  er  war  ministerial  des  gi*afen  von  Sulzbach. 

Heunberg  (Oesterr.  ob  d.  Enns),  graf  Wilhelm  von,  hat  wahrschein- 
lich am  zweiten  kreuzzuge  teilgenommen  und  ist  bald  nach  seiner 
rückkehr  gestorben.  (Archiv  für  Österreich.  Geschichtsquellen  XIX, 
s.  74). 

Holzhausen,  Ulrich  von,  aus  Tirol,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer 
für  Admont.    (Wichner  s.  101). 

Illersdorf,  Bertholdt  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für  Eloster- 
neuburg.  (Fischer,  Geschichte  des  Stiftes  Elosterneuburg.  Wien 
1813  n,  s.  50). 

Ismannig  (bei  München),  Starkfried  von,  urkundet  1147  als  kreuzfah- 
rer.   (Mon.  boica  IX,  398). 

Jurik,  der  marschall  des  herzogs  Wladislaus  von  Böhmen,  starb  auf 
dem  zweiten  kreuzzuge.    (Vincent.  Prägens.  663). 

Kärnthen,  markgraf  Bernhard  von,  vogt  von  St.  Paul,  ist  nach  einer 
Urkunde  vom  13.  febr.  1147  bei  Konrad  (Archiv  für  die  vaterlän- 
dische Geschichte  Eärnthens  1866  X,  s.  6  fg.),  urkundet  zuletzt  am 
20.  april  1147  (ibid.  s.  92).  Er  fiel  in  einem  kämpfe  mit  den  Türken 
(10.  Januar  oder  25.  märz  1148);  vgl.  Annal.  Reichersp.  bei  Pertz 
XVII,  s.  462.  Er  hinterliess  sein  erbe  Ottokar  VII.  (Caesar.  Annal. 
I,  648;  vgl  Archiv  für  österr.  Geschichtsquellen  V,  s.  249;  Otto 
Prising.  373). 

Kärnthen,  Heinrich  von,  auch  graf  Sunnenburg  genant,  starb  1148 
auf  dem  zweiten  kreuzzuge.  (Weiss,  Eärnthens  Adel  s.  137,  vgl.  d. 
Urkunde  am  23.  mai  1149  in  Mon.  boica  IE,  109;  XXXI  A,  408). 

Kanzler,  der,  des  herzogs  Wladislaus,  fällt  auf  dem  zweiten  kreuzzuge 
in  muslimische  gefangenschaft.  (Vincent.  Prag.  663). 

Köln,  propst  Arnold  von,  kanzler  Konrads  HI,  zog  mit  dem  kaiser. 
(Jafifö,  Mon.  Corbeiens.  nr.  223,  p.  342;  nr.  96,  p.  170). 

Ladislaus,  könig  von  Böhmen,  nimt  1147  das  kreuz,  bleibt  aber  zu 
hause.    (Otto  Frising.  373;  Erben  Reg.  Bohem.  I,  p.  143). 


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140  B.  b5hbicht 

Lippe,  Hermann  von  der,  soll  am  zweiten  kreuzzuge  teilgenommen 
haben  und  glücklich  heimgekehrt  sein.  (Zeitschrift  fär  westphäL 
Gesch.  1871  (IX)  2.  teil  s.  115). 

Lothringen,  herzog  Mathieu  von,  soll  nach  einigen  am  zweiten  kreuz- 
zuge teilgenonmien  haben ,  aber  Calmet ,  Histoire  de  la  Lorraine  II, 
p.  409  bestreitet  dies. 

Ludwig,  ein  ministerial  von  Briien,  urkundet  um  1150  als  pilger. 
(Hormayr  s.  45). 

Lungau-Dornberg,  graf  Wolfram  von,  urkundet  1147  als  kreuzfiah- 
rer.  (Juvavia  I,  556;  vgl.  von  Meiller,  Salzburg.  Regesten  57,  nr.  6). 

Lyndon,  Wilhelm  von^  ein  verwanter  des  gi*afeu  von  Aspremont,  zog 
1147  nach  dem  heiligen  lande.  (Galmet,  Histoire  de  la  Lorraine  lU, 
p.  LXXVII). 

Malentin,  Walter  de,  urkundet  um  1150  als  kreuzfahrer.  (Hormayr 
s.  45). 

Marlinghofen,  Egilolf  von,  ministerial  des  grafen  von  Lechsgemünd, 
urkundet  1147  als  kreuzfahrer.    (Mon.  boica  IH,  84). 

Marburg,  graf  Bernhard  von,  urkundet  1147  ffir  Admont  als  kreuz- 
fahrer.   (von  Muchar  III,  347). 

Matrei,  graf  Eonrad  von,  urkundet  um  1150  als  kreuzfahrer.  (Hor- 
mayr s.  45). 

Meissau^  Albero  von,  urkundet  als  kreuzfahrer  1147.  (Fischer,  Elo- 
sterneuburg  II,  s.  51). 

Memmingen,  aus^  zweihundert  mann,  unter  denen  auch  Johannes 
Thain,  ein  enkel  des  starken  Rehm,  nehmen  an  dem  zweiten  kreuz- 
zuge teil,    (von  Hormayr,  Goldne  Chronik  42). 

Metz,  bischof  Stephan  von,  nahm  am  zweiten  kreuzzuge  teil  (Wilh. 
Tyr.  XVU,  1);  er  schloss  sich  dem  könig  Ludwig  an.  (Otto  Frising. 
bei  Pertz  XX,  375). 

Nürnberg,  burggraf  Gottfried  von,  nahm  wahrscheinlich  an  dem  zwei- 
ten kreuzzuge  teil.  (Riedel  in  den  Abhandlungen  der  Berliner  Aca- 
demie  1854,  s.  53). 

Oldislebeu  (bei  Frankenhausen),  der  abt  von,  zog  mit  dem  grafen 
Bernhard  von  Plötzkau  nach  dem  heiligen  lande  und  starb  „man 
submersus"  am  14.  märz  1148.  (Annal.  Pegav.  bei  Pertz  XVI,  p.  250; 
vgl.  Jaff<£,  Monum.  Corb.  p.  244). 

Olmütz,  bischof  Heinrich  von,  der  bmder  des  herzogs  Wladislaus  von 
Böhmen,  zog  mit  diesem  1147  nach  dem  heiligen  lande.  (Vincent 
Prag,  bei  Pertz  XVII,  663). 

Osterhofen,  abt  Trumar  von,  zog  mit  bischof  Beginbert  nach  Syrien. 
(Niederbayr.  Archiv  IV,  heft  3 ,  s.  63) ;  er  ist  heimgekehrt. 


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DIB  DBUT8CHBM  AUF  DEM  KREUZZOGBN  141 

Pas  sau,  bischof  Begiubert  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  (Mon. 
boica  XXVIII,  2,  227)  und  starb  am  10.  november  1148  an  der 
griechischen  grenze.  (Vita  Altm.  bei  Pertz  XII ,  243 ;  Annal.  Beich. 
bei  Pertz  XVII,  464;  Hormayr,  d.  Bayern  im  Morgenl.  s.  44). 

Peilstein,  graf  Konrad  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer.  (Wich- 
ner  s.  103). 

Petersbrunn  („Pettenbrunn"  in  Oberbayern),  Gottschalk  von,  urkun- 
det als  kreuzfahrer.    (Mon.  boica  IX,  p.  404). 

Piber,  Poppe  von,  urkundet  als  kreuzfahrer.    (Wichner  s.  182). 
Plötzkau,   graf  Bernhard  von,   der   letzte  seines  Stammes,   starb  am 

26.  october   1147   auf  dem  zweiten   kreuzzuge.     (Ghron.  Sampetrin. 

1147;  vgl.  Heinemanu,  Albrecht  der  Bär  s.  372,  note  93). 

Brunnen,    Henricus    de,    urkundet    als    kreuzfahrer.      (Mon.    boica 

IX,  403). 
Randerath  (bei  Köln),  Goswin  von,  nahm  am  zweiten  kreuzzuge  teil. 

(Lacomblet,  Niederrhein.  Urkundenbuch  I,  s.  248,  nr.  261). 

Begensburg,  bischof  Heinrich  von,  nimt  1147  das  kreuz.  (Otto  Fri- 
sing  373;  vgl.  Jaff^,  Mon.  Corbeiens.  nr.  217  fg.) 

Begensburg,  domvogt  Friedrich  II  von,  starb  am  11.  april  1148  in 
Jerusalem.  (Mon.  boica  XII,  45;  Moritz  in  den  Abhandlungen  der 
München.  Akademie  1833,  s.  169;  vgl.  Wichner  s.  101  fg.  und  Ver- 
handlungen des  historischen  Vereins  für  Nieder bayern  XVIII,  heft  1, 
s.  128  fg.;  Meiller,  Babenb.  Begest.  p.  40,  note  40;  vgl.  p.  33,  note  16). 

Bieger sburg,  Hartuid  von,  urkundet  1147  als  pilger.  (Wichner  s.  216). 

Biwin,  der  Stifter  des  klosters  Eberbach,  gieng  1147  mit  kaiser  Kon- 
rad nach  Syrien,  ward  in  Nicaea  krank  und  kehrte  zurück,  worauf 
er  nach  Jerusalem  pilgerte.  (Wegele,  Monum.  Eberac.  Noerdling.  1863 
8.  17). 

Salzburg,  ein  ministerial  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für 
Admont.    (Wichner  s.  101). 

Schaunburg,  graf  Heinrich  von,  nahm  1147  zum  zweiten  male  das 
kreuz.    (Stülz  in  den  Wiener  Denkschriften  1862,  s.  149,  234  nr.  38). 

Schwaben,  herzog  Friedrich  III  von,  der  spätere  kaiser  Friedrich  I, 
neffe  Conrads  III,  nahm  Weihnachten  1146  zum  schmerze  seines 
Vaters ,  welcher  auch  bald  darauf  starb ,  das  kreuz  und  zeichnete  sich 
auf  dem  zuge  aus.  (Chron.  Ursperg.  bei  Pertz  XXIII,  p.  344;  Gau- 
fridi  Vita  S.  Bemardi  VI,  c.  4;  Stalin,  Wirtemb.  Geschichte  II,  73; 
Wilh.  Tyr.  XVII,  1). 

Sieghart,  ein  söhn  Mutos,  gieng  1147  nach  Syrien;  für  sein  Seelen- 
heil urkundet  sein  vater.    (Wichner  215  nr.  13). 

fBlTSCHB.   F.  DSITTBOHB  PHILOL.   BD.  VH.  10 


142  R.  BÖHBICHT 

SpitigneuSy  der  söhn  des  herzogs  Borivogus  11,  nahm  1147  das  kreuz. 
(Vincent.  Prag,  bei  Pertz  XVH,  663). 

Steiermark,  markgraf  Ottokar  VII  von,  urkundet  1147  als  kreuzfah- 
rer  für  das  kloster  Steiergarten ,  dessen  möncbe  er  dadurch  verpflich- 
tet, ein  jähr  lang  für  die  zeit  seiner  kreuzfahrt  für  ihn  zu  beten. 
(Ludewig,  Reliquiae  IV,  196  —  198;  vgl.  Wilh.  Tyr.  XVII,  1). 

Sulz,  During  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für  Admout  (Wich- 
ner  s.  216,  nr.  15). 

Sulzbach,  graf  Gebhardü  von,  nahm  1147  das  kreuz  und  wurde  vom 
kaiser  Eonrad  nach  der  rückkehr  aus  dem  heiligen  lande  zur  beloh- 
nung  für  wichtige  dienste  in  den  markgrafenstand  erhoben.  (Moritz  in 
den  histor.  Abhandlungen  der  Münchener  Akademie  1833,  s.  181—185). 
unter  einer  Regensburger  Urkunde  Gebhards  vom  jähre  1147  unter- 
zeichnen viele  kreuzfahrer  und  als  seine  ministerialen  Konrad  v.  Bi- 
burg,  Erchenbert  v.  Hennenbach  (siehe  beide  oben),  Walchun  von 
Griesbach,  Werner  von  Memmingen,  Bertholdt  de  Scamm,  welche 
letztere  ebenfalls  ihn  nach  dem  heiligen  lande  mögen  begleitet  haben. 
(Meichelbeck ,  Histor.  Prising.  IB,  s.  549).  Sax,  Geschichte  von  Eich- 
städt  s.  62  lässt  mit  dem  grafen  von  Sulzbach  auch  die  herren  von 
Hirschberg,  Töging,  Greding  und  Fribertshofen  mitziehen,  ohne  seine 
quellen  anzugeben. 

Tannaeren,  £zzo  de,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer.  (Mon.  boica 
XIV,  p.  116). 

Thüringen,  landgraf  Ludwig  der  Eiserne  von,  nahm  am  zweiten  kreuz- 
zuge  teil  (Annal.  Erphord.  bei  Pertz  XVI,  20)  und  starb  am  5  non. 
octobr.  1149,  also  bald  nach  seiner  rückkehr. 

Toul,  bischof  Heinrich  von,  zog  mit  dem  könig  von  Frankreich  nach 
dem  heUigen  lande.  (WUh.  Tyr.  XVII,  l;  Otto  Frising.  bei  Pertz 
XX,  p.  375). 

Trient,  bischof  Altmann  von,  starb  bald  nach  seiner  rückkehr  von 
der  kreuzfahrt  am  27.  märz  1149.  (Gar.  Biblioteca  Trentina  (Alberti 
Annales  1860)  p.  16). 

Truhsen,  graf  Bernhard  II  von,  starb  auf  dem  zuge.  (Wichner,  Ge- 
schichte von  Admont  s.  103). 

Ulrich,  der  gründer  des  Cistercienserklosters  Wilhering  in  Steiermark, 
starb  vor  1150  auf  der  fahrt  nach  Syrien.  (Stülz,  Geschichte  des 
Cistercienserklosters  Wilhering  s.  2). 

Yeltmochingen,  Rudiger  von,  urkundet  als  pilger.  (Mon.  boica  IX, 
s.  404). 

Vohburg,  der  jüngere  markgraf  von,  starb  wahrscheinlich  auf  dem 
kreuzzuge.    (Moritz  s.  184). 


DIE  DBÜTSCHEN  AUF  DEN  KBBUZZÜOEN  143 

Weif  VI,  herzog,  nahm  am  23.  april  1147  das  kreuz;  ihm  folgen 
Bernhard  von  Weilheim  und  Ulrich  von  Sandau.  (Mon.  boica  VII, 
346  und  348;  Hormayr,  Goldne  Chronik  s.  42;  Wilh.  Tyr.  XVII,  1; 
Otto  Frising.  375 ;  Chron.  ürsperg.  bei  Pertz  XXIII,  s.  344). 

Werner,  der  söhn  eines  minlsterialen  Gerwich  von  Weinsberg.  (Mon. 
boica  VI,  89). 

Wertheim  (bei  Speier),  graf  Wolfram  von,  stiftete  sofort  nach  seiner 
glücklichen  heimkehr  vom  zweiten  kreuzzuge  das  kloster  Brombach 
bei  Wertheim.    (Aschbach ,  Gesch.  der  Grafen  von  Wertheim  I,  s.  50). 

Wildon,  Sicher  von,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  für  Admont. 
(Wichner  s.  216,  nr.  16). 

Witteisbach,  pfalzgraf  Otto  von,  herzog  von  Bayern,  urkundet  1147 
als  kreuzfahrer  für  das  kloster  Ebersberg.  (Oefele,  Script,  rerum 
Boicarum  II,  32;  vgl.  Abhandlungen  der  Münchener  Academie  1849, 
s.  18  und  21). 

Wolfrathshausen,  graf  Heinrich  von,  urkundet  um  1150  als  kreuz- 
fahrer.   (Hoimayr  s.  45). 

Zeitz,  bischof  Udo  von,  starb  auf  der  lieimkehr  vom  zweiten  kreuz- 
zuge durch  Schiffbruch.    (Annal.  Pegav.  258 j.* 

D.    Zwischen  dem  zweiten  und  dritten  kreuzzuge. 

1149  —  1189. 

Luden   (Lauterbach    oder  Laudenau?),   Dietmar   von,    pilgerte  1150. 

(Stumpf,  Acta  Moguntina  s.  147,  nr.  146;  Zeitschrift  für  das  würtem- 

berg.  Franken  VIII,  s.  92). 
Ettendorf  (in  Tirol),  Heinrich  von,  urkundet  als  pilger  um  1150  für 

das  kloster  Admont.     (Wichner,    Geschichte    des   Klosters   Admont 

s.  144), 
Haynesberg,   Ulrich  von,    zog  1151  nach  Syrien.     (Sax,   Geschichte 

von  Eichstädt  s.  ii'2). 

Melk,  abt  Ercliinfried  von,  zog  das  erste  mal  1152  nach  Palästina  und 
kehrte  in  demselben  jähre  wider  heim.  (Annal.  Mellic.  bei  Pertz  IX, 
s.  504),  und  ein  zweites  mal  1161,  starb  aber  am  17.  mai  1163  auf 
dieser  reise.  (Keiblinger,  Geschichte  von  Melk  1,  s.  279  fg.,  wo  auch 

1)  Eine  reihe  testamentarischer  urkuiiden  bayrischer  ])ilger  aus  der  /.eit  um 
lloO  steht  in  den  Mon.  Boic.  III,  31  —  52;  vgl.  Hormayr  s.  44  fg.,  ohne  dass  jedooli 
sich  mit  sicherhoit  schliesseu  lässt,  dass  sie  vor  dem  zweiten  kreuzzuge  von  den 
urkundeiiden  als  kreuzfahrern  ausgestellt  sind ,  wcnn^leicli  die  Vermutung  dazu  nahe 
liegt.  Andere,  aber  chronologisch  nicht  bestinibare  Vermächtnisse  von  pilgern  siehe 
in  Fontes  rerum  Austr.  II,  4,  p.  274  fg..  314,  324,  396  usw. 

10* 


144  K.  RÖHRICHT 

mehrere  andere  pilger  aus  Melk  geoant  sind,  deren  pilgerfahrt  chro* 
nologisch  nicht  bestimbar  ist). 

Groznata,  graf  von,  überbringt  dem  patriarchen  von  Jerusalem  1153 
die  geschenke,  welche  der  bischof  Heinrich  von  Olmütz  testamenta- 
risch jenem  vermacht  hatte.    (Vincent.  Prag,  bei  Pertz  XVII,  s.  6G4). 

Kärnthen,  graf  Bernhard  von,  nimt  1154  das  kreuz.  (Archiv  für 
Österreich.  Geschichtsquellen  VIII,  s.  341). 

Henneberg,  graf  Berthold  I  von,  stirbt  1157  in  Jei-usalem.  (Werther, 
Geschichte  von  Suhl  I,  Stammtafel). 

Brandenburg,  markgraf  Älbrecht  der  Bär  von,  trat  1158  nach  dem 
anfaug  des  febiniar  (von  Regensburg  aus)  mit  seiner  gemahlin  Eleo- 
nore seine  wallfahrt  nach  Palästina  an,  ist  aber  schon  am  17.  novem- 
ber  desselben  jahres  bei  kaiser  Friedrich  auf  den  roncalischen  felderu; 
seine  gemahlin  starb  schon  am  7.  juli  1160  an  den  folgen  der  beschwer- 
devollen reise,  (v.  Heinemanu,  Markgraf  Albrecht  der  Bär  p.  208  f., 
277). 

Halberstadt,  bischof  Ulrich  von,  pilgert  mit  dem  markgrafen  Albrecht 
von  Brandenburg  1158.  (Ann.  Palid.  bei  Pertz  XVI,  s.  90;  Chrou. 
mont.  sereni  bei  Pertz  XXIII,  s.  151  fg.). 

Siegfried,  mmisterial  des  grafen  Egbert  von  Puten,  urkundet  iiaeli 
1158  als  pilger.  (Archiv  für  Österreich.  Geschichtsquellen  XXIV, 
s.  39). 

Folcravan,  priester  aus  Brest  bei  Dixmunde,  urkundet  1161  als  pil- 
ger. (Wauters,  Table  chronol.  II,  435;  van  de  Putte,  Annal.  SL 
Petri  Blandin.  s.  132). 

Isendike  (bei  Brügge),  Lambert  von,  urkundet  11C2  als  pilger.  (van 
de  Putte  133). 

HoUain,  Odo  de,  urkundet  1163  als  pilger.  (Wauters,  Table  chro- 
nolog.  U,  440). 

Uta,  die  gemahlin  Ulrichs  III  von  Tarasp,  starb  um  1163  auf  einer 
wallfahrt  nach  dem  heiligen  lande;  neben  ihrem  grabe  errichtet  U. 
eine  clause.    (Zeitschr.  des  Ferdinandeums,  1870,  heft  16,  s.  21). 

Magdeburg,  erzbischof  Wichmann  von,  zog  1164  nach  dem  heiligen 
lande.    (Chron.  mont.  Sereni  bei  Pertz  XXIU,  s.  152). 

Radulfus,  filius  Fordinae ,  urkundet  1164  als  pilger.  (Van  de  Putte  147). 

Steiermark,  markgraf  Ottokar  von,  starb  am  31.  december  1164 
zu  Fünfkirchen  auf  seiner  fahrt  nach  Palästina.  (Mon.  Beichersp.  bei 
Pertz  XVII,  s.  471;  Meiller,  Salzburger  Regesten  110);  ebenso  star- 
ben von  seiner  begleitung  die  grafen  Siegfried  von  Liebenau,  Geb- 
hard  von  Burghausen,  Leutholdt  von  Piain.  (Pez>  Scriptt.  austr.  I, 
345;  II,  189).    Sonst  werden  noch  als  mitpilger  erwähnt:   lieginher 


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DIE  DEUTSCHEN  AUF  DEN  RBBUZZÜGEN  145 

von  Tovernich  und  Heinrich  von  Trosmatädorf  (Wiclmer,  Geschichte 
des  Klosters  von  Admont  148  fg.);  v.  Muchar,  Geschichte  von  Steier- 
mark III,  347  nent  noch:  den  patriarcheu  von  Aquileja,  den  bischof 
Eberhard  von  Bamberg,  den  herzog  Heinrich  von  Kärnthen. 

Weif,  herzog,  zog  mit  dem  pfalzgrafen  Friedrich  1167  nach  dem  hei- 
ligen lande.  (Hess,  Anon.  Weing.  s.  44;  Urstis.  I,  559,  ad  ann.  1168). 

Begensburg,  burggraf  Heinrich  III  von,  zog  1167  mit  dem  herzog 
Weif  von  Baiem  nach  Jerusalem.  (Abhandlungen  der  Müncheuer 
Akademie  1855,  s.  389  fg.;  vgl.  Wiener  Jahrbücher  XL,  beilage,  s.  123). 

Eurem  (bei  Leyden?  Burmania),  Douwe  von,  zog  1167  nach  Syrien, 
wird  vom  könig  Balduin  IV  zum  ritter  geschlagen  und  kehrt  erst 
1180  wider  heim.    (Dirks  s.  162). 

Walter  Toira's  gattin  urkundet  1169  als  pilgerin.  (Van  de  Putte  150). 

Steier,  Wezilo  von,  urkundet  als  pilger  um  1170.  (Urkundenbuch  des 
Landes  ob  d.  Enns  I,  s.  179). 

Verdun,  bischof  Richard  von,  pilgerte  1171  (mit  ihm  der  graf  von 
Sancerre  und  viele  andere).    (Glouet,  Histoire  de  Verdun  zu  1171). 

Heinrich  der  Löwe,  herzog,  brach  von  Regensburg,  wo  er  am  2.  febr. 
1173  eintraf,  nach  dem  heiligen  lande  auf;  liier  schlössen  sich  wahr- 
scheinlich die  seine  dort  ausgestellte  Urkunde  mit  unterzeichnenden 
graf  Bertholdt  von  Andechs,  Otto  major  pfalzgraf  von  Witteisbach, 
Heinrich  von  Staufen,  Eberhard  von  Prichendorf  an.  (Scheid,  Orig. 
Guelf.  in,  515).  Ausserdem  begleitet  ihn  graf  Siegfried  von  Blan- 
kenburg,  markgraf  Otto  von  Steiennark,  markgi'af  Friedrich  von  Sud- 
bach, graf  Siboto  von  Falkenstein  und  der  bischof  Arnold  von  Lübeck, 
welcher  am  l.august  1172  in  Tyrus  starb,  wahrscheinlich  auch  graf 
Hoyer  HI  von  Mansfeld  (Spangenberg,  Mansf.  Chronik  281),  so  wie 
der  SlavenfOrst  Pribislav  (Meckl.  Jahrbücher  XIX,  s.  342—356),  und 
die  äbte  Heinrich  von  Braunschweig  und  Bertholdt  von  Lüneburg. 
Unter  einer  Urkunde  Heinrichs,  welche  er  zu  Jerusalem  ausstellt,  unter- 
schreiben als  begleiter  und  zeugen:  die  grafen  Guzelin  von  Schwerin, 
Siboto  von  Scartfeld,  Helger  von  Hohenstein,  Rudolf  von  Woltinge- 
rode,  Bernhard  von  Ratzeburg,  der  schenk  Jordan  und  sein  bruder 
Jusarius.  (Scheid,  Orig.  Guelf.  III,  516;  Mecklenb.  Urkundenbuch 
I,  102).  Heinrich  kehrte  ende  december  1172  wieder  heim,  indess 
lässt  Wedekind  (Noten  III,  s.  183)  ihn  erst  im  januar  1173  heim- 
kehren. (Philippsou,  Heinrich  der  Löwe  1,  121;  Prutz,  Heinrich 
der  Löwe  266  —  275;  vgl.  Buchinger,  Abhandlung,  der  Müuch.Aca- 
demie  1849,  V,  Abtheil.  3,  s.  54). 

Werner,  ein  ritter,  pilgert  nach  dem  am  17.  november  1175  erfolgten 
tode  des  grafen  Konrad  von  Wettin  für  dessen  Seelenheil  nach  Syrien. 


146  B.  RÖUBICHT 

(Chron.  mont.  sereni  bei  Pertz  XXIU,  s.  156);  Kourad  selbst  hatte, 
da  er  in  einem  turnier  tödlich  verwundet  wurde,  sterbend  das  kreuz 
genommen  und  dadurch  das  recht  eines  ehrlichen  begräbnisses  erlangt. 
(Chron.  mont.  sereni  s.  155). 

Brandenberg,  Hermann  von,  geht  1175  nach  dem  heiligen  lande. 
(Mon.  boica  VII,  360  fgg.). 

Flandern  und  Elsass,  graf  Philipp  von,  urkundet  1177  als  pilger. 
(Wauters,  Table  chronologique  II,  570  fg.;  vgl.  überhaupt  über  ihn 
die  arbeit  in  den  Nouveaux  mömoires  de  Tacademie  de  Bruxelles, 
band  XXI  und  die  sage  über  sein  wappen  im  Chron.  Flandr.  ed.  de 
Smet.  s.  287). 

Gurk,  bischof  Roman  von ,  urkundet  als  pilger  am  21.julill78.  (Archiv 
für  Österreich.  Qeschichtsquellen  XI,  s.  316);  er  starb  1179  „ob  iter 
Jerosolimitanum  infirmatus."    (Chron.  Gurc.  bei  Pertz  XXIII,  s.  10). 

Kindesmörderin,  eine,  wurde  1179  zur  strafe  auf  7  jähre  nach  dem 
heiligen  lande  geschickt.    (Wauters,  Table  chronol.  II,  590). 

Steiermark,  markgraf  Ottokar  von,  urkundet  1180  als  pilger, 
(ürkundenbuch  des  Landes  ob  der  Enns  I,  187  fg.),  hat  aber  sein 
gelübde  wegen  langwieriger  krankheit  nicht  erfüllen  können. 

Buchsee  (Schweiz),  Kuno  von,  gründete  1180  nach  seiner  glücklichen 
heimkehr  von  einer  dritten  pilgerfahrt  nach  Jerusalem  das  spital  in 
Buchsee.  (v.  Mohr,  die  Regesten  der  Archive  in  der  schweizerischen 
Eidgenossenschaft  I,  abteilung  8,  s.  112,  note  l). 

Dachau,  graf  Konrad  von,  brachte  um  1180  von  einer  kreuzfahrt  reli- 
quien  mit.    (Hormayr,  die  Bayern  im  Morgenlande  s.  51  fg.). 

Beichlingen,  graf  Reinbot  von,  ein  begleiter  Heinrichs  des  Löwen, 
starb  am  5.  mai  1183  in  Syrien.  (Chron.  Sampetrin.  ad  1182; 
Schannat  II,  19). 

0  esterreich,  Herzog  Leopold  V  (VI)  von,  brach  mit  dem  abt  Ulrich  IH 
von  Göttweig  im  Januar  oder  februar  1182  nach  dem  heiligen  lande 
auf  und  landete  schon  wieder  Weihnachten  desselben  Jahres  auf  der 
rückkehr  in  Apulien;  abt  Ulrich  starb  in  Palästina,  (v.  Meiller, 
Babenberg.  Regesten  236,  note  262;  Contin.  Admunt.  bei  Pertz  IX, 
s.  586;  Keiblinger,  Geschichte  des  Cistercienserklosters  Melk  I,  309). 

Wertheim,  graf  Poppe  von,  urkundet  1183  als  pilger.  (Lacomblet, 
Niederrhein,  ürkundenbuch  I,  s.  349,  nr.  489). 

Brabant  und  Lothringen,  herzog  Gottfried  III  von,  zog  1188  nach 
Jei-usalem  und  kehrte  wider  glücklich  heim.  (Gesta  abbat.  Trud. 
cont.  III,  s.  389;  Wauters,  Table  chronol.  II,  627;  Revue  historique 
de  Bruxelles  1859,  s.  481). 


DIE  DBÜT8CHBN  AUF  DEN  KBEUZZOOEN  147 

01m ütz,  bischof  Heinrich  von,  pilgerte  11S4  nach  dem  heiligen  laude. 
(Chron.  Gerlaci  ed.  Vindob.  ad  annum). 

£•    Dritter  kreuzzug. 

1189  —  1191. 

Aachen,  ein  bürger  aus.    (Annal.  Colon,  max.  797). 

Abenberg  (bei  Eegensburg),  graf  Friedrich  I  von,  empfilngt  in  Bran- 
diz  die  schwertleite.  (Ansb.  16,  20,  49;  vgl.  v.  Meiller,  Regesten 
der  Salzburg.  Erzbischöfe  s.  413;  Gedicht  vers  1196,  1723).^ 

Admont^  abt  Eisenreich  von,  starb  am  10.  aug.  1189  zwischen  Nissa 
und  Sofia.  (Ansb.  16,  27,  47;  vgl.  Contin.  Admunt.  und  Garst.  586, 
594;  ftir  ihn  urkundet  im  mal  1189  Friedrich  I  bei  Stumpf,  die 
Reichskanzler  III C,  s.  240  fg.  nr.  176). 

Albek  (Kärnthen),  Poppo  von,  urkundet  1187  oder  1188  als  pilger. 
(Archiv  für  Österreich.  Geschichtsquellen  VI,  s.  305  nr.  7). 

Altenburg,  burggraf  Albrecht  von,  zog  nach  dem  gedichte  (vers  978, 
1687,  4445)  mit  dem  kaiser  nach  Syrien,  aber  ein  burggraf  von 
Altenburg  gleichen  namens  ist  vor  1212  nicht  nachweisbar,  da 
Albrecht  I  (1212  —  1228),  Albrecbt  II  (1228  —  1270),  Albrecht  III 
(1270  —  1280),  Albrecht  IV  (1280-1329)  erst  im  13.  Jahrhundert 
auftreten.  (Erbstein,  Numismat.  Bnichstücke  nr.  3 ;  von  Braun,  Gesch. 
der  Burggrafen  von  Altenburg,  Stammtafel  s.  20).  Albrecht  I  erscheint 
seit  1214  öfter  in  der  Umgebung  Friedrichs  II  (TT.  Bröh.  I,  300; 
vgl.  360,  481  fg.,  524),  und  mit  ihm  die  grafen  von  Beichlingen  und 
Eäfernburg. 

Angesizze  (Anzing  bei  München?),  Hartwig  von,  urkundet  1189  als 
pilger  (Mon.  boica  IV,  85)  und  ist  wahrscheinlich  heimgekehrt. 

An  weil  er  (Anweiler  in  der  Pfalz),  Marquardt  von,  kehrt  heim.  (Ans- 
bert 46,  49;  Arnold  Lub.  172;  Ficker,  Reichshofbeamte  27). 

Arnsberg  (bei  Eichstädt),  Hadubrand  und  Gottfried  von.  (Ansbert  17; 
Lefflad,  Regesten  der  Eichstädter  Bischöfe  s.  37). 

Arnshaug,  ein  ritter  von^  wird  als  kreuzfahrer  im  gedieht  (vers  5589) 
genant.  Nach  Ed.  Schmid ,  die  Lobdaburg  bei  Jena  s.  26  fgg.  teilte 
sich  die  linie  Leuchtenberg  erst  1252  in  die  von  Elsterberg  (—1394 
bestehend)  und  Arnshaug  (—  1289  bestehend);  somit  kann  unser  rit- 
ter nur  Otto  von  Arnshaug  (bei  Jena)  sein,  welcher  in  Urkunden  von 
1271  — 1289  erscheint  (Zeitschrift  des  Harzer  Geschichts- Vereins 
1872,  s.  16  u.  17;  Wegele,  Friedrich  der  Freidige  s.  134). 

1)  Der  kürze  halber  will  ich  das  gedieht  von  der  kreuzfahrt  des  landgrafen 
Lndwig  80  eitleren. 


148  B.  BÖHUCHT 

Arnstadt,  Albert  von,  zieht  mit  dem  landgrafen  von  Thüringen  (6ed. 
vers  2276  —  2319)  nach  Syrien.  Wahrscheinlich  ist  er  zu  identifi- 
cieren  mit  A.  von  Arnstadt ,  dem  bmder  Hermanns  und  söhne  Berin- 
gers von  A.  (um  1186);  ein  zweiter  Albert  von  A.  erscheint  erst  in 
Urkunden  von  1268—1282.  (Hesse,  Arnstadts  Vorzeit  s.  42;  vgl. 
Mencken  I,  626). 

Arn  stein,  Walter  und  Albrecht  von ,  aus  Thüringen,  werden  im  gedieht 
von  des  landgrafen  Ludwigs  kreuzfahrt  ed.  Hagen  988,  1692,  2260 
und  4339,  4443  als  teilnehmer  an  dem  dritten  kreuzzuge  genant.  Ein 
W.  von  A.  unterschreibt  1162  (Cod.  Anh.  I,  302)  1192  (Picker,  Acta 
nr.  181  fg.),  urkundet  1194  (Leuckfeld,  Antiquitt  Praem.  s.  116), 
ist  zeuge  1196  (Harzer  Geschichtsverein,  Zeitschr.  I  s.  283),  1223 
mit  seinem  bruder  (Cod.  Anh.  II,  56)  1226  (Hennes,  ürkundenb. 
des  deutschen  Ordens  I,  77)  und  wird  1234  als  kaiserlicher  legat  in 
Italien  erwähnt  neben  A.  de  Arnstein  (H.  Br^h.  IV,  486  und  489); 
vgl.  Magdeb.  Geschichtsblätter  VI,  44fgg.,  466  fgg.;  Moser  H,  30. 

Aspremont  (bei  Commercy),  Gaubert,  f  1192  in  Syrien  (Itinerar.  93), 
nach  Ansbert  (16,  28,  54)  in  Adrianopel;  er  zog  mit  bischof  Peter 
von  Toul  (Benoit,  Histoire  de  Toul  s.  425). 

Aue,  Hartmann  von,  soll  1189  in  Syrien  an  den  kämpfen  gegen 
Saladin  teilgenommen  haben.  (L.  Schmid ,  Hartmann  von  Aue  s.  53 
bis  69). 

Avesnes,  Jacob  von,  war  der  anfuhrer  der  Friesen  (Annales  Bein- 
hardsb.  54,  Siegb.  contiu.  Aquicinct.  425  fgg.;  Badnlf.  de  Diceto  662; 
Kiaut,  Haym.  Monach.  ed.  1866,  s.  LXXII  fg.);  er  nimt  1188  das  kreuz 
zu  Gisors  (Chron.  St.  Den.  366),  landet  1189  (Gisleb.  529,  Alberic. 
1190)  und  stirbt  im  sept.  1191  bei  Arsuf  (Bened.  Peterb.  II,  150; 
vgl  Itin.  65,  94,  275  —  277;  Gedicht  3576  fgg.  u.  oft). 

Baden,  markgi*af  Hermann  IV  von.  (Ansbert  16,  25;  Annal.  Marbac. 
164  fg.;  Epistola  de  morte  Friderici;  Gedicht  1166,  1748  und  oft; 
V.  Hormayr,  Werke  HI,  s.  279). 

Basel,  bischof  Heinrich  von,  stirbt  in  Syrien  (vgl.  A.  15,  25;  Annal. 
Marbac.  164  fg.)  Nach  Ochs,  Geschichte  von  Basel  I,  270  urkundet 
er  noch  1190.    (Vgl.  Gedicht  1181). 

Beichlingen,  graf  Friedrich  von,  aus  Thüringen,  soll  nach  dem  gedieht 
(vers  1000,  1706,  3435,  4460)  am  dritten  kreuzzuge  teilgenommen 
haben.  (Zeitschr.  fBr  thüring.  Geschichte  VIII,  s.  177  —  242  über  das 
ganze  geschlecht).  Übrigens  erscheint  ein  Graf  Friedrich  von  Beich* 
lingen  öfters  in  Urkunden  Friedrichs  I. 

Bentheim  (Geldern),  graf  Otto  E  von,  bruder  des  grafen  Florens 
von  Hollandy  führte  im  kämpfe  vom  4.  october  1189  die  reserve  und 


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DIB  DBUT8CHBN  AUF  DBN  KBBÜZZÜGEN  149 

kehrte  zurück.  (Ansbert  16;  Dirks  s.  172;  Annal.  Egm.  bei  Pertz 
XVI,  470;  Arn.  Lub.  177;  Rad.  de  Diceto  648;  Gedicht  1214,  1752  u.  o.) 

Berg,  Friedrich  von,  untervogt  von  Melk,  starb  nach  den  Annal.  Mel- 
lic.  505  in  Antiochien  1191,  doch  schwankt  das  genauere  datum 
(15.  juIi  oder  13.  august);  (vgl.  Eeiblinger,  Geschichte  von  Melk  I, 
299;  Ansbert  16  fg.,  26,  42,  49,  56,  60). 

Berg,  graf  Engelbert  von,  starb  am  29.  juni  1189  zu  Kubin  am  lin- 
ken Donauufer.  (Ansb.  16,  20;  Annal.  Colon,  max.  797;  vgl.  Lacom- 
blet,  Niederrhein,  ürkundenbnch  I,  362). 

Bergelin  (in  Thöringen),  Friedrich  von  (Ghron.  ürsperg.  ad  ann.  1187; 
Gedicht  vers  1199,  1724,  4298);  nicht  mit  dem  grafen  Friedrich  von 
Bergheim  zu  verwechseln;  vgl.  Münch.  Sitzungsberichte  1865, 11,  165. 

Besannen  (Bisanz),  erzbischof  Theodorich  II  von,  starb  vor  'Akkä. 
(Ann.  Marbac.  164  fg.;  Bened.  Peterb.  n,  96;  Haym.  mon.  ed. Biant 
8.  LXni,  LXV,  27,  38). 

Biberstein,  Günther  von,  wird  im  Gedicht  6597  als  gewährsmann  der 
geschichte  der  kämpfe  um  'Akkä  angeführt,  ist  aber  erst  von  1237 
bis  1253  urkundlich  nachzuweisen  (Posern -Elett,  Kreuzfahrer  aus 
dem  Meissener  Lande,  im  Archiv  für  königl.  Sachs.  Geschichte  1866, 
band  4,  s.  45  —  56);  somit  wird  er  wol  erst  mit  Friedrich  U  nach 
Syrien  gezogen  sein. 

Blankenburg,  ein  graf  von,  wird  vers  1766  als  kreuzfahrer  genant. 
Ob  graf  Siegfried,  der  1224  bei  Friedrich  U  urkundlich  nachweisbar 
ist?  (H.  Bröh.  11,  809),  oder  graf  Heinrich,  welcher  1186  eine  Hal- 
berstädter Urkunde  unterschreibt  ?  (Zeitschr.  des  Harzer  Geschichts- 
vereins I,  278). 

Blankenstein,  Hartmann  von,  soU  nach  dem  gedieht  vers  1101  am 
dritten  kreuzzuge  teilgenommen  haben.  Sein  name  ist  urkundlich 
nicht  nachweisbar;  Stalin  II,  534  erwähnt  ein  schwäbisches  geschlecht 
bei  Tapfen,  v.  Meiller,  Babenberg.  Regesten  95,  58  einen  Ortulf  de  B. 
um  1206. 

Bocksberg,  Krafb  von,  urkundet  1192  am  6.  juni  als  kreuzfahrer. 
(Wirtemb.  ürkundenbuch  II,  s.  279). 

Böhmen,  herzog  Friedrich  von,  hatte  1188  das  kreuz  genommen, 
starb  aber  schon  am  25.  märz  1189.  (Dudik,  Mährische  Geschichte 
IV,  s.  90). 

Bogen,  ein  graf  von,  soll  nach  dem  gedieh te  vers  5051  am  dritten 
kreuzzuge  teilgenommen  haben  —  wol  nur  eine  Verwechselung  mit 
graf  Albrecht  III  von  Bogen,  der  1197  nach  Syrien  gieng. 

Bolanden,  graf  Werner  TL  von,  vogt  von  Worms,  kehrte  glücklich 
vom  kreuzzuge  wieder  heim.    (Kölhier,   Geschichte  der  Herrschaft 


150  B.   BÖHaiCHT 

Kirchheim -Boland,   Wiesbaden  1854,  s.  19;    G.  Lehmann,  Urkund- 
liche Geschichte  der  Pfalz  IV,  s.  44). 

Brabant,  herzog  Heinrich  von,  hatte  in  Löwen  das  kreuz  genommen, 
legte  es  aber  wider  ab,  sein  söhn  Albert  jedoch  nahm  das  kreuz. 
(Gislebert  579).  Heinrich  zog  erst  1196  nach  dem  heiligen  lande. 
(Chron.  Andr.  bei  Bouq.  XVIII,  571).  Er  unterschreibt  1190  am 
21.  September  eine  Urkunde  des  königs  Heinrich  VI  zu  Wimpfen. 
(Stumpf  nie,  249  fg.). 

Bremen,  erzbischof  Hartwig  II  von,  wird  von  Ansbert  17  fälschlich 
als  teilnehmer  des  dritten  kreuzzuges  genant,  während  er  1197  erst 
nach  dem  heiligen  lande  aufbrach  (vgl.  Ehmck  in  den  Brem.  Jahr- 
büchern 1872,  s.  35  fgg.  und  Röhricht  in  Sybels  Zeitschr.  1875,  heft  3, 
s.  27  note). 

Bremen,  bfirger  aus,  gründen  vor  'Akkä  ein  hospital.  (Narratio  de 
primordiis  ordin.  Teuton.  in  den  Script,  rerum  Prussic.  I,  220;  vgL 
Ehmck  in  den  Brem.  Jahrbüchern  U,  s.  156  fgg.) 

Brixen,  bischof  Heinrich  vou^  ist  am  29.  april  1189  beim  kaiser  in 
Donauwörth,  und  wahrscheinlich  mit  ihm  nach  Syrien  gezogen.  (Sin- 
nacher,  Beiträge  zur  Geschichte  der  bischöfe  von  Brixen  III,  s.  621). 

Burgund,  pfalzgraf  Otto  von,  soll  nach  Beussner,  Epistel.  Turcicae 
s.  17  nach  Syrien  gegangen  sein,  aber  dagegen  spricht,  dass  er  am 
25.  märz  1190  urkundet  (Lacomblet  I,  336);  somit  liegt  eine  Ver- 
wechslung mit  dem  herzog  Hugo  III  von  Burgund  vor,  in  dessen 
gefolge  auch  der  bischof  Manasse  von  Langres  mitzog  (Mignard, 
Histoire  de  Bourgogne  s.  90  fg.).  Letzterer  segelte  mit  Philipp  von 
Flandern  aus  nach  Genua  (24.  aug.  1 1 90  nach  Otobon.  bei  P.  XVIH, 
8.  104)  und  starb  1192  zu  Askalon.  (Sigb.  Cont.  Aquic.  430;  Bened. 
Peterb.  II,  150). 

Burkhardt,  kämmerer  des  berzogs  Friedrich  von  Schwaben,  leitet  das 
deutsche  hospital  vor  *Akkä.    (Scriptt.  rerum  Prassic.  I,  221). 

Käfernburg  (Thüringen),  graf  Günther  von,  wird  als  kreuzfahrer 
erwähnt.  (Ged.  v.  998,  1720,  3128—33;  vgl.  v.  Falckenstein ,  Thü- 
ringische Gbronica  HB,  s.  837  fgg.';  Magdeb.  Geschichtsblätter  V, 
8.  29  fgg.;  Annal.  Keinh.  ed.  Wegele  s.  81). 

Cambray,  der  erzbischof  Roger  von,  stirbt  1191  vor  *Akkä  nach 
Sigb.  contin.  Aquicinct.  bei  Pertz  VI,  426  (während  Ansbert  ihn 
fälschlich  daheim  bleiben  lässt;  vgl  Gislebert  579  bei  Pertz  XXI, 
s.  527,  573  und  579;  Gesta  episc.  Camerac.  bei  Pertz  VII,  510). 

Kalden,  reichsmarschall  Heinrich  von,  oder  Pappenheim  aus  Ober- 
schwaben (A.  33),  ist  heimgekehrt  (Döderlein,  Histor.  Nachrichten  von 
dem  malten  Hause  der  Marschallen  von  Calentin  Schwabachl739.  2  thle.) 


DIB  DEUTSCHEN  AUF  DBK  KBEUZZÜGBN  151 

Karl,  ein  nachkomme  Wolholds  von  Ried,  m-kimdet  als  pilger.    (Mon. 

boica  IX,  s.  475). 
Khuyk,  graf  Heinrich  von.    (Ansb.  16). 

Kirch  her  g  (in  Thüringen),  graf  Friedrich  von,  soll  am  dritten  kreuz- 
zuge  teilgenommen  haben  (Ged.  vers  1099);  er  war  seit  1190  dom- 
herr,  seit  1209  bischof  von  Halberstadt  und  söhn  des  grafen  Frie- 
drich I  von  K.  (Avemanu,  VoUständ.  Beschreib,  des  Reichsgrafen- 
gcschlechts  v.  Kirchberg,  Frankf.  1747  II,  s.  111;  vgl.  Hageii;  Min- 
nesinger IV,  8.  55). 

Cleve  (Ciawien),  graf  von,  bnider  des  bischof s  Radulf  von  Lüttich; 
Ansb.  8.  43;  er  bleibt  bis  1192  im  heiligen  lande.  (Chron.  Syth.  bei 
Bouq.  XVIII ,  8.  598). 

Köln,  bürger  aus,  fahren  zur  see  nach  dem  heiligen  lande.  (Annal. 
Colon,  max.  796). 

Königsburg  (bei  Ensisheim  oder  Schlettstadt?)  Bertholdt  von,  unter- 
handelt mit  Isaak.  (Ansb.  17,  46,  49;  über  ihn  vgl.  Scheifer  -  Boi- 
chorst,  Friedrichs  letzter  Streit  s.  216;  Töche,  Heinrich  VI  Index 
s.  713;  Ficker,  Forschungen  zur  Reichs-  und  Rechtsgesch.  H,  193). 

Kourad,  pries ter  des  capitels  von  St.  Adalbert  in  Aachen,  ist  1190 
als  pilger  mitgezogen.     (Wauters,  Table  chronolog.  II,  693). 

Konrad,  caplan  des  herzogs  Friedrich  von  Schwaben,  leitet  das  deut- 
sche hospital  vor  'Akkä.    (Scriptt.  remm  Pruss.  I,  221). 

Kuenring,  Hademar  II  von,  unterschreibt  als  mitpilger  eine  Urkunde 
des  herzogs  Leopold  von  Oesterreich  am  25.  aug.  1190.  (Friess,  Die 
Herren  von  Kuenring,  Wien  1874,  s.  38). 

Kuik,  Heinrich  von,  urkuudet  als  pilger  1191.  (Hermannus,  Chartes 
van  Ravestein  I,  55). 

Kyburg  (bei  Winterthur),  graf  Ulrich  von.   (Ansbert  16). 

Dassel  (N.  0.  von  Corvey),  giaf  Ludolf  II  von,  urkundet  1188  als 
kreuzfahrer.  (Erhard,  Codex  diplom.  Guestphal.  II,  p.  199,  nr.  436; 
vgl.  Zeitschrift  für  hessische  Geschichte,  Supplem.  5,  48  fg.,  nr.  82; 
Zeitschr,  für  westphäl.  Geschichte  VIII,  (1845)  p.  87,  95,  125). 

Dietmar,  von,  marschall  des  herzogs  Friedlich  von  Schwaben.  (Ans- 
bert 40;  vgl.  V.  Meiller,  Babenberg.  Regesten  84,  nr.  19). 

Dietz,  graf  Heinrich  von,  begab  sich  am  26.  mal  1188  als  gesanter 
des  kaisers  zu  Saladin  (Ann.  Colon,  max.  794);  ausser  ihm  zog  nach 
der  histor.  peregrin.  504  ein  jüngerer  graf  gleichen  namens  als  gesan- 
ter nach  Constantinopel;  (vgl.  Ansb.  14,  16;  Gisleb.  579). 

Dillingen,  graf  Adalbert  von,  bruder  des  grafen  Ulrich  von  Kyburg 
(Ansb.  16)  (mit  seinem  bruder  Mangold  IV  von  Dillingen?). 


«4* 


152  B.  BÖHBICHT 

Doberilik  (Kärnthen),  Reginlier  von,  ist  wahrscheinlich  mit  kaiser 
Friedrich  I  nach  Syrien  gezogen.  (Weiss,  Kärnthens  Adel,  Wien 
1869,  s.  55). 

Döben  (bei  Grimma),  burggraf  Heinrich  von,  soll  nach  dem  gedichte 
1190  in  Syrien  gewesen  »<ein  (5586  —  605  mid  oft),  hat  jedoch,  wie 
aus  seiner  Unterschrift  unter  einer  Urkunde  Friedrich  II  vom  10.  juni 
1229  hervorgeht  (Br^hoUes  III,  s.  153),  erst  an  dessen  zuge  teilge- 
nommen.   (Posern  -  Elett  s.  53). 

Dornberg,  grafen  Konrad  und  Friedrich,  zwei  brflder.  (Ansb.  16,  44; 
Annal,  Marbac.  164-,  Meiller,  Babenberg.  Regesten  54,  nr.  14;  Chron. 
Ursperg.  1187;  Gedicht  1202,  1208,  1714,  6393,  6400). 

Douay,  presbyter  und  decan  Elbert  aus,  ermahnt  die  forsten  vor'Akkä 
1190  zum  kämpfe.    (Siegb.  contin.  Aquic.  VI,  426). 

Duras  (Duracz),  graf  Kuno  von,  aus  Brabant,  hat  wahrscheinlich  sein 
gelübde  nicht  erfallt.    (Ansbert  17;  Gislebert  579). 

Ebeleben,  Albert  von,  bei  Arnstadt,  soll  am  dritten  kreuzzuge  teil- 
genommen haben  (vers  4098),  doch  reichen  die  urkundlichen  nach- 
weise seines  namens  nicht  über  1234  zurück.  (Guden  IV,  877;  Hen- 
nes,  Urkundenbuch  des  deutsch.  Ordens  I,  103;  II,  52).  Ambekan- 
testen ist  Alb.  v.  Ebel.y  welcher  1287  das  nonnenkloster  Marcsuffra 
bei  Arnstadt  gründete  (Gerber  in:  Thüringen  und  der  Harz  III,  s.  259 
bis  263;  Thuringia  sacra  s.  590  — 599;  Apfelstedt,  Heimathskunde 
für  Schwarzburg -Sondershausen  I,  s.  124  fg.);  letzterer  ist  vielleicht 
identisch  mit  Alb.  v.  Ebel.,  welcher  1242  unterschreibt.  (MühlhÄu- 
ser  Urkundenbuch  nr.  96). 

Eberhard,  ein  kleriker,  fuhrt  eine  gesantschaft  an  könig  Bela  aus. 
(Ansb.  46). 

Edermanning  (bei  Simbach),  Leopold  von,  ministerial  des  klosters 
Nieder- A Itaich,  wurde  von  den  Muslimen  gefangen.  (Mon.  boica 
XI,  57). 

Falkenberg  (im  bayrischen  Nordgau),  Gottfried  von,  reichsmiuisterial, 
ist  höchst  wahrscheinlich  nach  Syrien  gegangen.  (Mon.  boica  XIV, 
427). 

Falkenstein,  graf  Kuno  von,  und  Neuburg.    (Ansbert  16). 

Flandern,  graf  Philipp  von,  urkundet  1190  als  pilger  (Wauters, 
Table  chronol.  II,  684),  zog  mit  den  königcn  von  England  und  Frank- 
reich zur  see  nach  Syrien  (Röhricht  in  Sybels  Zeitschrift  1875,  heft3, 
s.  56  fgg.)  und  starb  am  1.  juni  1191  vor  ^Akkä.  (Ansb.  Annal. 
Aquic.  505;  Rog.  Hoved.  IH,  111:  vgl.  Nouveaux  M^moires  de  Taca- 
d^mie  deBruxelles,  tome  XXI,  s.  1  —  38).  Philipp  urkundet  noch  bei 
Heinrich  VI  am  21.  sept.  1190  in  Wimpfen.    (Stumpf  III C,  s.  249  fg.). 


i>IE  DEUTSCHEN  AUP  DEN  KBEUZZÜOEK  1&3 

Freiberg,  vogt  Dietrich  von,  soll  1190  in  Syrien  gewesen  sein  (Ge- 
dicht V.  5590);  er  ist  erst  um  1223  urkundlich  zu  erweisen.  (Posern- 
Klett  s.  54). 

Crambach  (Oberbayern)  „Peringeus''  (peregrinus?).     (Ansbert  17). 

Gars,  Ruodyrin  von,  ein  ministeriale  des  herzogs  Leopold,  starb  auf 
dem  zuge.    (A.  77). 

Geldern,  graf  Günther  von.  (Vgl.  Bentheiin  und  Gedicht  970,  1146, 
1685,  4440). 

St.  Georg,  Bupert  von,  urkundet  1189  als  kreuzfahrer  für  Admont 
(von  Mucbar,  Geschichte  Steiermarks  III,  347;  IV,  540). 

Gleichen,  graf  Lambert  II  von,  nimt  1189  in  Mainz  das  kreuz.  (Archiv 
für  Geschichte,  Diplomatik  und  Genealogie,  Stuttgart  1847,  heft  3, 
s.  313  fgg.). 

Gottfried,  ritter,  wiid  als  gesanter  nach  Constantinopel  geschickt. 
(Ansbert  35). 

Grumbach,  Adalbert  von,  aus  Thüringen,  starb  auf  dem  kreuzzuge. 
(Annal.  Beinh.  ed.  Wegele  44  und  52). 

Grunnebach,  Heinrich  von,  aus  dem  bairischen  Franken.  (Ans- 
bert 17). 

Gutenberg-St.  Dionys  (in  Krain),  Leutholdt  II  von,  urkundet  am 
11.  mal  1188  „profecturns  Jerosolimam''  zuWeiz.  (v.  Meiller,  Salzb. 
Regesten  s.  456,  nr.  31). 

Habsburg,  graf  Albrecht  III  von,  zog  1189  mit  dem  kaiser  nach 
Syrien.  (Wurstisen,  Basler  Chronik  II,  cap.  16;  Tschamser,  Chronik 
von  Thann  s.  11);  er  ist  heimgekehrt. 

Hagen,  Heinrich  von,  aus  Franken.    (Ansbert  17). 

Hagenau  (Hanau?),  Ainwik  von,  stirbt  am  21.  märz  1190  zu  Ibrisi 
am  meerbusen  von  Saros  in  Bumelien.    (Tageno  513). 

Hall,  ein  ritter  von,  fiel  bei  einem  Überfall  in  Serbien.  (Bpist.  Die- 
poldi  509). 

Hallermund,  graf  Wilbrand  und  Ludolf  U  von;  ersterer  starb  wahr- 
scheinlich den  21.  aug.  1189  in  Antiochien  (Magdeb.  Geschichtsblät- 
ter V,  25;  Wilbrand  in  Laurents,  Quattuor  peregiin.  c.  34,  s.  173; 
Zeitschr.  für  Geschichte  Niedersachsens  1863,  §  7  s.  167  — 172  und 
1872  und  1873  ibid.),  während  letzterer  1191  auf  der  heimkehr  starb 
und  in  Loccum  beerdigt  wurde;  mit  ihm  starb  der  mannsstamm  aus. 
Eine  Urkunde  derselben  über  60  mark  dailehn  vom  bischof  Adelog 
von  Hildesheim  (1189)  vgl.  im  Chron.  Hildesh.  bei  Pertz  VHI,  857. 
In  Hodenberg,  Calenbeig.  Urkundenbuch  III,  24  bestätigt  bischof 
Thietmar  von  Minden  eine  von  Lutolf  dem  kloster  Loccum  gemachte 
Schenkung. 


154  K.   RÖHBICHT 

Hausen  (bei  Mannheim?),  Friedrich  von,  föUt  am  G.  raai  1190  gegen 
die  Seldschukken  und  wird  bei  Philomelimn  begraben.  (Ansb.  Gl ; 
Annal.  Colon,  max.  799;  Historia  peregrin.  519;  Haupt,  Lieder  usw. 
von  Hartmann  von  Aue ,  s.  XVH;  MüUenhoff  in  Haupts  Zeitschr.  XIV, 
s.  133  —  144;  Stalin,  Wirtemb.  Geschichte  II,  768;  Haupt,  Minne- 
sangs Frühling  237  und  249). 

Heldrungen,  Heinrich  von,  (Thüringer),  wird  als  kreuzfahrer  genant 
vom  gedichte  vers  992,  1673  fgg.,  40G5,  44G2;  er  erscheint  in  einer 
Urkunde  von  1190.  (Zeitschrift  für  thüring.  Gesch.  V,  s.  239;  vgl. 
Sagittarius,  Gesch.  der  Grafsch.  Heldrungen  VI,  s.  302). 

Helfen  stein,  grafen  Ludwig  und  Gottfried,  zwei  brüder,  von  denen 
letzterer  auf  der  falirt  in  Palästina  starb.    (Stalin  II,  390). 

Heilinus,  der  truchsess  des  herzogs  Philipp  von  Flandern,  starb  vor 
*Akkä.    (Siegb.  contin.  Aquic.  VI,  425  fg.). 

Henneberg,  graf  Poppe  VI  von,  nahm  in  Mainz  das  kreuz  und 
starb  am  14.  septbr.  1190  zuMarkab  (Margatuni).  (Annal.  Beinh.  44 
und  49;  Hagen,  Minnesinger  IV,  62.  Ged.  v.  1712,  3122;  Schultes, 
Geschichte  von  Henneberg  I,  50  und  62;  Bechsteiu,  Otto  von  Boten- 
lauben s.  14.  Wegele,  Graf  Otto  von  Henneberg -Botenlauben  s.  4 
und  note  7;  Gedicht  174,  2044  u.  ö.) 

Herwik,  der  marschall  des  herzogs  Ottocar  von  Böhmen,  urkundet 
1189  als  pilger.    (von  Muchar  IV,  539). 

Hiltenburg  (bei  Würzburg),  Adalbert  von,  nahm  in  Mainz  das  kreuz 
und  starb  vor  *Akkä;  er  ward  mit  dem  herzog  Friedrich  in  Ein  grab 
gesenkt.     (Ansbert  17;  Annal.  Eeinh.  44  u.  54). 

Himmerod,  Walter  von,  ein  Cistercienser ,  wohnte  der  belagerung  von 
*Akkä  bei.  (Caes.  Heisterbac.  Dialog.  X,  cap.  12,  ed.  Strange  II  8.226). 
Hirschberg  (bei  Ansbach),  Hermann  von.    (Ansbert  17). 

Hochstaden,  graf  Dietrich  von,  trat  zwei  jähre  nach  ablegung  seines 
gelübdes  die  kreuzfahrt  an ,  blieb  aber  in  Italien  bei  Heinrich  VI  und 
kehrte  mit  ihm  heim  (Gislebert  s.  556)  und  unterschreibt  am  21.octo- 
ber  1191  eine  Urkunde  des  königs  Heinrich  VI  zu  Pisa.  (Stumpf, 
Reichskanzler  III C,  p.  202;  vgl.  Toeche,  Heinrich  223). 

Hohenlohe-Braunek,  Graf  Albrecht  von,  nahm  am  dritten  kreuz- 
zuge  teil  (von  Stillfried,  Die  Burggrafen  von  Nürnberg  50,  note  12; 
Haas,  der  Kaugau,  Erlangen  1853,  s.  186);  er  ist  heimgekehrt.  (Vgl. 
Stalin  II,  541,  550;  Arch.  für  Hess.  Gesch.  i,  452  fgg). 

Holland,  Graf  Florens  III,  hatte  bereits  1184  das  kreuz  genommen, 
zog  mit  seinem  bruder  und  söhne  Wilhelm  nach  Syrien  und  starb  am 
1.  august  1190  zu  Antiochien.     (Ansb.  15,  26,  41,  43;  Annal.  Colon. 


DIB  DSVT80HBV  AUF  DBN  KBBDZZÜOBN  155 

max.  880;  Annal.  Egmund.  bei  Pertz  XVI,  s.  470;  Dirks  170  u.  175; 
Gedicht  1213,  1751,  2046,  4294). 

Holzhausen,  Ulrich  v.,  urkundet  1189  als  pilger.  (v. Muchar  IV,  543). 

Horbach  (bei  Landau),  Konrad  von  (Ansb.  17);  er  ist,  wie  die  Urkun- 
den bei  Meiller,  Salzburg.  Kegesten  200,  134;  212,  182  usw.  bewei- 
sen, wider  heimgekehrt. 

Hörn,  Albert  von  (Horneck?),  ministerial  des  herzogs  Leopold  von 
Osterreich,  starb  auf  dem  zuge.    (Ansbert  77). 

Hornberg  (bei  Straubing),  ritter  Arnold  von,  kämpft  siegreich  in  einem 
gefecht  gegen  die  Griechen.    (Ansb.  17,  43). 

Horstmar,  Bernhard  von,  erwirbt  sich  in  den  kämpfen  vor  'Akkä 
selbst  die  bewnnderung  Saladins  (Gesta  episcop.  TrajecL  bei  Pertz 
XXIII,  p.  414)  und  kämpfk  nachher  unter  Richards  Banner  (vgl.  Ficker, 
Bernhard  von  Horstmar  s.  3). 

Johannsdorf  (bei  Mosburg),  Albrecht  von,  Minnesänger.  (Ansb.  17; 
Haupt,  Minnesangs  Frühling  267). 

Jülich,  der  graf  von,  hat  sein  gelübde  nicht  erfüllt    (Ansbert  17). 

Lar  (Lohra  in  Thüringen),  graf  Berengar  von,  soll  nach  Ansbert  17 
sein  gelübde  nicht  erfüllt  haben. 

Leiningen,  graf  Friedrich  von,  zog  mit  dem  landgrafen  Ludwig  nach 
Syrien.  (Gedicht  1707,  3134,  4461.  Hagen  M.  S.  IV,  60;  Germa- 
nia I,  254.  G.  Lehmann,  Pfalz  HI,  21  fgg.).  Friedrich  ist  ofk  seit 
1214  in  der  Umgebung  Friedrichs  U  nachweisbar.  (H.  Br^h.  I,  314, 
384,  392,  417  fgg.). 

Leuchtenberg  oder  Luggenberg?  („Luikinbach"),  graf  üiepold  von, 
aus  Baiern.    (Ansb.  17). 

Liebenau  (bei  Gratz),  giaf  Siegfried  H  von,  starb  auf  dem  dritten 
kreuzzuge.  (Ansbert  16;  v.  Meiller,  Salzburger  Begesten  474,  nr.  108; 
vgl  Archiv  ftlr  kärnthische  Geschichte  X,  s.  1 10 ;  Pez ,  Thesaur.  anec- 
dot.  IC,  col.  165;  HIC,  col  794). 

Limburg,  herzog  Heinrich  III  von,  hatte  mit  seinen  söhnen  Heinrich 
und  Walram  das  kreuz  genommen  (Gislebert  556);  er  selbst  kämpft 
mit  Bichard  vor  Arsuf ,  doch  ist  die  teilnähme  seiner  söhne  am  kreuz- 
zuge nicht  sicher.  (Ernst,  Histoire  de  Limburg  IH,  169  —  173; 
Chron.  Syth.  598  note). 

Lochhausen  (bei  München),  Gotthold  von,  hat  wahrscheinlich  am 
dritten  kreuzzuge  teilgenommen.    (Mon.  boica  VI,  146). 

Looz  (Loon),  graf  Gerhard  von,  soll  sein  gelübde  nach  Gislebert  erst 
nach  fünf  Jahren  erfüllt  haben  (vgl.  Ansbert  17.),  allein  er  ist  nach- 
weislich 1191  vor  'Akkä  gestorben.  (Caesar.  Heisterb.  Dial.  ed, 
Strange  II,  Addenda  s.  45). 


156  B.   BÖHBICHT 

Lübeck,  bürger  von,  errichteD  ein  spital  vor  'Akk&.  (Scriptt.  ramm 
Pruss.  I,  220). 

Lüttich,  bischof  Baduif  von,  der  bruder  des  herzogs  von  Zähringen, 
nahm  in  Mainz  das  krenz  (Ansbert  15,  25,  39,  43;  Annal.  Reinh.  44; 
Chron.  Claroevall  88;  Lamb.  parv.  bei  Pertz  XVI,  649);  er  starb  auf 
der  heimkehr  zu  Herdem  bei  Freiburg  im  Breisgau  an  gift  (Qest 
abbat  Trudon.  bei  Pertz  X,  390;  Gislebert  s.  573;  Annal.  Marbac 
165;  vgl.  Freiburger  Diöcesan  -  Archiv  bd.  VII,  s.  107  —  133;  Gedicht 
1177,  7232  fgg.). 

Lützeihart,  Ulrich  von,  kämpft  mit  auszeichnung  bei  PhUomelium. 

(Historia  peregrin  519). 
Lyndon,  Florens  von,  urkundet  1190  als  pilgcr  (Calmet,  Histoire  de 

la  Lorraine  III,  s.  LXXVIII)  und  ist  heimgekehrt. 

Machlant,   Walchun  von,   zog  1189  nach  Syrien,    (von  Huchar  IV, 

543). 
Mähren,   markgraf  Otto  von,  nahm  das  kreuz  1188,  Hess  sich  aber 

seines  gelfibdes  ledig  sprechen  und  schickte  an  seiner  statt  seinen 

vetter,  den  prinzeu  Diepold,  nach  Syrien,  welcher  dort  starb.  (Dudik, 

Mährische  Geschichte  IV ,  s.  88  und  94). 

Magdeburg,  burggr.  Burchard  IV  u.  Gebhard  von ,  (Ansb.  16);  ersterer 
starb  in  Antiochien  und  wurde  auch  dort  beerdigt.  (Vgl.  Böhmer,  Acta 
imperii  s.  152;  Wilbrand  von  Oldenburg  in  Laurent,  Quatt.  peregrin. 
s.  173  und  Magdeburger  Geschichtsblättcr  VI,  s.  43  fgg.;  Zeitschrift 
des  Harz -Vereins  V,  1872  s.  2;  Gedicht  4589  —  98  und  sehr  oft). 
Neben  B.  wird  auch  graf  Eonrad  als  teilnehmer  vers  4446  genant. 

Mainz,  Werner  aus,  canonicus  an  St.  Victor,  wird  als  gesanter  nach 
Constantinopel  geschickt.    (Ansbert  s.  35). 

Maltitz,  Ulrich  von,  vers  5592  als  kreuzfahrer  erwähnt.  Die  frühe- 
sten urkuudlichen  belege  für  diesen  namen  beginnen  erst  mit  dem 
jähre  1224  (Beyer,  Alt  -  Celle  304 ;  Br6hollesII,  802);  am  zahlreich- 
sten sind  sie  fQr  die  Jahre  1278  —  1294  (vgl.  Wegele  399,  461; 
Tittmann  IT,  257;  vgl.  Posern -Klett  s.  54).  Wahrscheinlich  ist  er 
erst  1228  nach  Syrien  gegangen. 

Mant  (?),  der  bruder  des  grafen  von,  schliesst  sich  in  Serbien  dem 
beere  an.    (Ansbert  16). 

Märten e,  Doeke  Doekes,  bastard  des  Friesen  Hessel  van  Martena, 
diente  unter  dem  kaiser  Friedrich  in  Klein -Asien,  wo  er  wahrschein- 
lich gestorben  ist.    (Dirks  s.  177). 

Massing  (Baiem),  Poto  von,  fiel  am  16.  märz  1190  in  Griechenland. 
(Ansbert  17,  54;  vgl.  Mon.  boica  III,  362). 


DIB  DBUT8CHBN  AUF  DEN  KBBUZZÜOBK  157 

Medling,  vogt  Heinrich  von,  ministerial  des  herzogs  Leopold,  starb 
auf  dem  znge.  (Ansb.  77 ;  vgl.  Zeitschr.  för  thüring.  Geschichte  V, 
8.  210  fg.). 

Medlitz,  Ludwig  von,  ein  geborener  Thüringer,  aber  in  M.^  einer 
burg  in  der  AUodherschaftEarlsberg,  kreis  Olmütz,  ansässig,  erscheint 
seit  1275  bis  nach  1283  urkuncUich.  (Wolny,  die  Markgrafschaft 
Mähren  Y,  s.  486;  Boczeck,  Cod.  diplom.  Morav.  lY,  nr.  215  s.  283). 
Dieser  Medlitz  ist  der  gewährsmann  unsere  dichters-,  er  hat  wol  am 
zuge  1228  teilgenommen. 

Meissen,  markgraf  Dietrich  von,  erscheint  in  einer  Urkunde  des  königs 
Philipp  August  (juli  1191)  zu  'Akkä,  durch  dessen  Vermittlung  Phi- 
lipp mehrere  deutsche  ritter  in  sold  nimt.  (Delisle,  Gatalogue  des 
gestes  de  Philippe  s.  650;  vgL  nr.  341.  Im  Gedicht  heisst  er  der 
Meissner  148). 

Meissen,  bischof  Martin  von,  nimt  in  Mainz  das  kreuz,  urkundet  1188 
als  kreuzfahrer.  (Meissener  Urkundenbuch  s.  62  fg.,  nr.  61)  und  stirbt 
im  juni  1190  zu  Antiochien.  (Ansb.  15,  26  fg.;  Annal.  Beinh.  44 
und  49;  Annal.  Marb.  164;  Gedicht  1181,  2896,  5407,  6131). 

Melre,  Albrecht  von,  heisst  vers  971 — 976  ein  thüringischer  kreuz- 
fahrer; somit  ist  jener  ort  nicht  mit  dem  hessischen  Merlan,  son- 
dern mit  dem  heutigen  Gross -Mähler  bei  Yolkenrode  zu  identificie- 
ren,  nach  dem  ein  gewisser  Albrecht  sich  nent  in  Urkunden  von  1274 
(Zeitschr.  für  thüring.  Geschichte  VI ,  s.  330 ;  vgl.  342  —  844)  und 
1286  (Mühlhäuser  Urkundenbuch  nr.  327). 

Her,  Heinrich  vom,  wird  nach  dem  gedieht  vers  5709 — 15  vor^Akkft 
schwer  verwundet.  Mer  heisst  ein  flussbett  bei  Mainz  (Scriba ,  Rege- 
sten der  Provinz  Starkenburg  nr.  348) ,  Mahris  oder  Marus  heisst  ein 
sächsisches  geschlecht,  von  dem  Heinrich  und  Arnold,  zwei  brüder, 
1268  urkundlich  nachweisbar  sind  (Beyer,  Alt -Zelle  s.  831),  endlich 
heisst  Mer  ein  böhmisches  „praedium  in  Theutonia^'  (Chron.  Gerlaci 
ed.  Yindob.  in  Font  rer.  Austr.  s.  145),  aber  ein  Heinrich  de  Mer 
ist  nicht  sicher  nachzuweisen.  Solte  er  vielleicht  in  dem  H.  de  Mere 
zu  finden  sein,  der  1262  eine  Urkunde  für  das  deutsche  ordenshaus 
in  St  Trond  unterschreibt?    (Hennes  H,  145). 

Mer  an,  herzog  Bertholdt  von  M.  und  Dalmatien,  zeichnet  sich  als 
heerführer  aus  und  kehrt  glücklich  heim.  (Ansb,  26,  33  fg.,  60, 
62;  Magn.  Reichersperg.  517;  Annal.  Marb.  164;  Gedicht  1162, 
1754  und  oft). 

Metz,  bürger  aus,  schliessen  sich  in  Branditza  dem  beere  an.  (Ans- 
bert 16,  20). 

XSITBCHB.  F.   DBUT8CHB  PHILOLOOIE.      BD.  VIl.  11 


158  B.  BÖHBXCHU 

Mödling  (Mähren),  Heinrich  von,  ein  ministerial  des  herzogs  Leopold, 

stirbt  auf  dem  zage.    (Ansbert  77). 
Morlemetz,   Qottschalk  von,   aus  dem  Hennegau,  tritt,  nachdem  er 

das  krenz  genonmien,  in  den  hospitaliterorden.    (Gislebert  579). 
Mosebarg,   Eonrad  von,   (bei  Schmalkalden),    zog  nach  dem  gedieht 

(vers  1701,  2082)  mit  dem  landgrafen  nach  dem  heiligen  lande.    Er 

erscheint  oft  seit  1213  in  der  begleitang  des  kaisers  Friedrich  E; 

(vgl.  H.  Br6h.  I,  245,  367,  708). 
Münster,  bischof  Hermann  U,   hatte  in  Mainz  das  kreuz  genonmien, 

wild   als   kaiserlicher  gesanter  in   Gonstantinopel  gefangen    gesetzt 

und  kehrt  1192  heim.     (Ansb.  14 — 16  und  oft;   Annal.  Beinh.  44; 

Ann.  Marbac.  164;    Annal.  Colon,  max.  797;    vgl.  Erhard,   Codex 

diplom.  Questph.  II,  205  —  207,  211,  223;    Zeitschrift  für  westphäl. 

Geschichte  XXV,  s.  1  —  89 ;  besonders  s,  18  note). 

Nassau,  graf  Bupert  von  und  sein  verwanter  Walram,  wird  mit  dem 
bischof  von  Münster  als  gesanter  in  Constantinopel  festgehalten  und 
stirbt  vor  'Akkä.  (Ansbert  14,  16,  26,  31,  50;  Annal.  Marbac.  1604; 
Cent.  Zwetl.  544;  Arn.  Lub.  172;  Gisleb.  579;  vgl.  Toeche  164). 

Neuburg  (im  Breisgau),  graf  Bertholdt  von,  ein  verwanter  des  her- 
zogs  Bertholdt  von  Zähringen ,  daher  mit  diesem  verwechselt ,  zog  mit 
Friedrich  nach  Syrien.  (A.  16  und  25;  vgl.  Stalin  H,  297.  Bened. 
11,  148  nennt  ihn  Berth.  von  Zähringen). 

Neuen  bürg.  Markward  von,  kämmerer  des  kaisers,  wird  als  gesanter 
nach  Constantinopel  vorausgeschickt.  (Ansbert  14,  21,  31,  46,  49,  55). 

Neuenburg  (Schweiz),  Ulrich  von,  zog  mit  dem  graf  B.  von  Neuburg 
und  starb  1191  auf  dem  kreuzzuge.  (von  Wattenwyl  von  Diesbach, 
Geschichte  der  Stadt  und  Landschaft  Bern  I,  219). 

Neuss,  ein  bürger  aus,  pilgert  mit  seiner  tochter  Hildegunda  nach 
Syrien  und  stirbt  in  Tyrus;  der  diener  verlässt  sie  dort,  worauf  deut- 
sche pilger  sie  mit  in  die  heimat  zurücknehmen.  Zum  dritten  kreuz- 
zuge gehörig?    (Caes.  Heisterbac.  DiaL  mirac.  ed.  Strange  I,  40). 

„Niederl"  (Niederleiten?)  graf  Siegfried  von,  aus  Österreich,  ist  heim- 
gekehrt.   (Ansb.  76). 

Nürnberg,  burggraf  Konrad  III ,  zieht  mit  Friedrich,  grafen  von  Aben- 
berg, nach  Syrien.    (Haas,  Der  Bangau  s.  186). 

Nürtingen  (bei  Tübingen),  Eonrad  von,  urkundet  1189  als  pUger  für 
das  St.  Dionyskloster  in  Scheftlarn.    (Mon.  boica  YIII,  446). 

Österreich,  herzog  Leopold  VI  (VII)  von,  geht  mit  seinem  bruder 
Heinrich  lU,  herzog  von  Meidlitz  (Thöring.  Zeitschr.  V,  s.  211)  zur 
see  nach  dem  heiligen  lande.    (Ansb.  14,  15  und  oft  und  alle  fibri- 


DB  DSUT8CHBM  AUV  DXN  KBEUZZÜGBN  15^ 

gen  quellen).  Er  war  nach  dem  15.  august  1190  von  Wien  auf- 
gebrochen.   (Meiller ,  Babenberg.  Regesten  s.  68  nr.  49). 

Ottingen  (bei  Augsburg),  graf  Konrad  von.    (Ansbert  16). 

Oldenburg,  graf  Heinrich  von,  aus  Sachsen.    (Arn.  Lub.  177). 

Oldenburg,  graf  Christian  11  von,  zieht  mit  kaiser  Friedrich  nach 
Syrien  (Ansb.  16;  Annal.  Stadens.  352),  kämpft  vor  'Akkä  (Arnold. 
Lub.  172)  und  wird  auf  der  heimkehr  ermordet.  (Hamelmann,  Olden- 
burg. Chronik  II,  s.  117). 

Ortenburg  (Tirol),  graf  Otto  II  von,  urkundet  1192  (?)  als  pilger. 
(Archiv  fär  östeiTeich.  Geschichte  XII,  s.  66). 

Osede  (bei  Osnabrück),  Widukind  von,  zog  mit  nach  Syrien.  (Erhard, 
Cod.  diplom.  Guestphal.  11,  nr.  2212). 

Osnabrück,  bischof  Arnold  von,  stirbt  (Ansb.  15,  25)  am  15.  decbr. 
1191  zu  'Akk&  (Erhard,  Cod.  diplom.  Guestphal.  11,  79  nr.  2271; 
Moser,  Osnabr.  Geschichte  II,  55);  er  hatte  von  Waldeck  aus  die 
dort  sich  sammelnden  kreuzfahrer  dem  kaiserlichen  beere  zugeführt. 
(Eleinsorge,  Westf&l.  Kirchengesch.  n.  teil,  bd.  6,  p.  86;  vgl  Gedicht 
1194,  6130,  7226  —  31,  wo  er  identisch  ist  mit  Conrad  von  Oxeburg 
1043). 

Osnabrück;  propst  Leufried  von,  hat  wahrscheinlich  den  kreuzzug  mit- 
gemacht,   (vgl.  Erhard,  Codex  diplom.  Guestphal.  11  ^  203  und  204). 

Passau,  bischof  Diepold  von,  starb  am  3.  novbr.  1190  vor  ^Akkä. 
(Annal.  M^rbac.  164  fg.).  Tageno  neut  den  3.  novbr.,  Ansbert  74 
den  13.  november  als  todestag;  (vgl.  Gedicht  1182,  wo  er  Albrecht 
genant  wird). 

Passauer  domherren:  Burchard  v.  Chambe,  Ulrich,  propst  von  Ardag- 
ger  (Österreich.  Arch.  XLVI,  427),  Mehinhalm  v.  P.,  pfarrer,  Mark- 
ward, propst  von  St.  Andrea  (an  d.  Traisen),  starb  am  12.  sept.  1190 
(Osterr.  Arch.  XIX;  403);  Budiger  von  Aheim;  Eonrad  prior;  Tageno, 
dekan,  starb  vor  Tripolis,  wo  er  begraben  wurde.  —  Diese  dom- 
herren starben  vor  bischof  Diepold.    (Chron.  magni  presbyi  517). 

Passau,  ein  bürger  aus,  namens  Heinrich  v.  Stein,  urkundet  1189  als 
pilger.    (Mon.  boica  IV,  89). 

Peilstein,  graf  Konrad  II  von,  geht  mit  Leopold  zur  see  nach'Akkä. 
(Filz,  Geschichte  von  Michaelbeuren  I,  162  fg.). 

Pfirt  (im  Sundgau),  graf  Ludwig  von  (Ansb.  17),  urkundet  im  april 
1189  als  pilger  (Castan,  Origine  de  la  conmiune  de  Besannen  165) 
und  zog  mit  herzog  Leopold  zur  see  nach  'Akkä.  (Annal.  Marbac. 
164;  Tschamser,  Chronik  von  Thann  s.  11). 

Pfraundorf,  Hadubrand  von,  zieht  mit  dem  kaiser  Friedrich  I  nach 
Syrien  (Falkenstein,    Diplom,  et   antiquitt.  Eyst.  s.  38;    vgl.  Sax, 

11* 


160  B.  BÖHBICUT 

Oeschichte  von  Eichstädt  s.  57);  ob  derselbe  wie  Hadubraud  von  Aru- 
berg  bei  Eichstädt? 

Piain  (österr.),  graf  Leutoldt  II,  starb  am  17.  joni  1189  oder  1190 
(vor  *Akk&?).  (Filz,  Geschichte  von  Michaelbeuren  I,  228).  Walir- 
scheinlich  war  auch  sein  bruder  Heinrich  I  mit  ihm  ausgezogen ;  (vgl. 
Oedicht  1018  —  35  und  oft);  dort  werden  auch  Otto  und  Konrad 
sowie  Maria  als  teilnehmer  genant. 

Poppenburg  (bei  Hildesheim),  graf  Adalbert  von^  aus  Sachsen.  (Ar- 
nold. Lub.  177.     Gedicht  984,  1689,  4453). 

Pruckbachy  Adalbert  von,  aus  Baiem.    (Ansbert  17). 

Puchberg,  Hugo  von,  ein  ministerial  des  herzogs  Leopold,  starb  auf 
der  kreuzfahrt.    (Ansbert  s.  77). 

St.  Quentin,  Hugo  von,  bricht  im  april  1189  mit  dem  bischof  Theo- 
derich von  Besanfon  nach  dem  heiligen  lande  auf.  (Gastan,  Orig. 
de  la  conmiune  de  Besan9on  165). 

Babenswalde,  Bertholdt  graf  von,  wird  als  kreuzfahrer  1190  genant 
vom  Gedicht  v.  1757.  Das  geschlecht  nante  sich  nach  dem  Städt- 
chen Wie  oder  Wihe  (daher  unser  B.  jedenfalls  identisch  ist  mit  dem 
vers  1005  und  6392  genanten  B.  von  Wie).  (Bein,  Thuring.  sacra  I, 
86  fg.,  note  45;  Wolff,  Chronik  von  Pforta  H,  166).  Ein  Bertholdt 
von  Babenswalde  ist  jedoch  urkundlich  erst  spät,  1265,  1267  und 
1276  nachweisbar.    (Bein  I,  153;  H,  160,  171). 

Radun  (=  Eattau),  einer  der  brüder  von,  ministerial  des  herzogs 
Leopold,  starb  auf  dem  zuge.    (Ansbert  77). 

Bamsenbach  („Bamsperch^^  bei  Efilb  in  Tyrol),  Otto  von,  ist  glück- 
lich wider  heimgekehrt.    (Ansbert  17). 

Begensburg,  bischof  Eonrad  III  von,  ist  wider  heimgekehrt  (Ansb. 
15,  25  u.  oft;  Magnus  Beichersb.  517;  Annal.  Marbac.  164;  Gedicht 
1182,  2483). 

Begensburg,  ein  bürger  aus.    (Ansb.  40). 

Beifenberg  (Oberfiranken),  Beinhold  von,  starb  in  Adrianopel.  (Ans- 
bert 54).  Nach  Biezler  ist  wahrscheinlich  auch  sein  bruder  Eberhard 
mit  gezogen,  der  1189  ein  gut  an  das  kloster  Langheim  verkauft. 
(Lang,  Beg.  boica  I,  345;  vgl.  Bavaria  H,  497). 

Rein  mar,  der  alte.    (Vgl.  Biezler,  beilage  I,  nr.  7). 

Bheda  (bei  Minden),  vogt  Widukind  von.  (Am.  Lub.  167;  Eindlin- 
ger,  Mflnstersche  beitrage  U^  263  fg.;  Gedicht  980,  1690,  2094, 
4435). 

Ried,  Earl  von,  aus  Bayern,  urkundet  1189  als  pilger.  (Mon.  boica 
IX,  475). 

Biedenberg  (Franken),  Eberhard  und  Beinhold  von.    (Ansbert  17). 


DIB  DBÜT8CHB1I   AUF  DBN  KBBÜZZOOBM  161 

Bieneck,  graf  Gerhard  von,  starb  vor  'Akkft,  (Archiv  für  ünterfran- 
ken  XIX,  heft  3  s.  79  und  90;  vgl.  X,  heft  3  s.  1  —  137). 

Bodenkirch,  Hermann  von,  zieht  1189  oder  1190  nach  dem  heili- 
gen lande.  (Ennen  und  Eckertz,  Quellen  zur  Oeschichte  der  Stadt 
Kölnl,  599). 

Boten  bürg,  graf  Bernhard  I  von,  Stifter  der  hohenbergischen  familie 
der  HohenzoUern ,  ist  mit  dem  kaiser  nach  Syrien  gezogen.  (L.  Schmid, 
Hartmann  von  Aue,  Tübing.  1875  s.  57  fg.  und  dessen  Geschichte 
der  Grafen  von  Zollern  -  Hohenberg  II,  s.  6  fg.). 

Bukkersbergy  Hartnidvon,  urkundet  als  kreuzfahrer  für  Admont  1189. 
(v.  Muchar  IE,  347  und  IV,  540). 

Bulanty  Theoderich  von,  wird  vor'Akkä  sterbenskrank,  zieht  aber  auf 
die  künde  von  einer  niederlage  des  christenheeres  in  den  kämpf,  ver- 
hilit  den  Christen  zum  siege  und  stirbt  am  dritten  tage  darauf. 
(Caesar.  Heisterb.  Dial  X,  cap.  12;  vgl.  XI,  cap.  291). 

Saarbrücken,  graf  Heinrich  von.    (Ansb.  16). 

Salm  (bei  Trier),  der  graf  von,  stiess  mit  dem  bischof  Peter  von  Toul, 
mit  welchem  er  ausgezogen  war  (Benoit,  Histoire  de  Toul  425),  bei 
Brandiz  zum  kaiserlichen  beere.    (A.  16  und  48). 

Sayn  (bei  Coblenz),  graf  Heinrich  von.    (Ansb.  16  und  27). 

Schauenburg-Holstein,  graf  Adolf  HI,  zog  mit  dem  landheere, 
kehrte  aber  schon  im  juni  1190  direct  von  Tjrus  heim.  (Ansb.  16; 
vgl.  darüber  sehr  ausführlich  Nordalbing.  Studien  Y,  248). 

Schwaben,  herzog  Friedrich  von,  zeichnet  sich  in  allen  gefechten  aus, 
übemimt  den  Oberbefehl  nach  des  kaisers  tode  und  stirbt  an  der  pest 
vor  'Akkä.    Über  ihn  sprechen  alle  quellen. 

Schwarzenberg  (Schwaben),  Konrad  von.  (Ansbert  17).  Ist  er 
vielleicht  identisch  mit  dem  auf  dem  vierten  kreuzzuge  genanten 
Konrad  v.  Schwarzenberg?  (Guntherus  Alemann.  ed.  Biant  s.  32 
und  82). 

Schwarzburg  (Thüringen),  graf  Günther  und  Heinrich  von,  sollen  am 
dritten  kreuzzuge  teilgenommen  haben  (Gedicht  v.  1761,  2086^  3126 
und  1001,  1764,  2086,  3126).  Wahrscheinlich  liegt  hier  eine  Ver- 
wechselung mit  dem  zage  von  1197  vor,  an  dem  der  graf  von  Käfem- 
burg  mit  seinen  beiden  söhnen,  den  grafen  Günther  und  Heinrich  von 
Schwarzburg  (so  wie  dem  grafen  von  Beichlingen)  teilnahmen.  (Toeche, 
Heinrich  VI  s.  390).  Doch  ist  graf  H.  v.  Schw.  auch  nachweisbar 
1215  zu  Andernach  bei  Friedrich  H,  wo  viele  edle  das  kreuz  nah- 
men.   (H.  Brdh.  I,  384). 

Sepperothe,  Budolf  von ,  burggraf  von  Groningen ,  starb  auf  der  kreuz- 
fahrt.    (Dirks  169). 


162  B.  BÖHBICHT 

Siegebrand,  meister,  aus  einer  der  nordischen  städte,  begründet  das 
deutsche  hospital  vor  'Akkä.    (Scriptores  rerum  Pmss.  I,  121). 

Siegfried,  ein  ministerial  des  elsässischen  grafen  Albert  von  Dags- 
burg,  nimt  auf  dem  reichstage  zu  Strassburg  zuerst  das  kreuz. 
(Annal.  Marbac.  163;  vgl.  Toeche  91). 

Simbach  (bei  Landau,  am  Inn  oder  in  Mittelfranken),  Heinrich  von. 

(Ansbert  17). 
Sininghem,  Johannes  von,  hat  am  dritten  kreuzzuge  teilgenommen. 

(Wauters,  Table  chronol.  HI,  s.  28). 

Slivingen,  Dietrich  von,  geht  mit  dem  kaiser  Friedrich  I  nach  dem 
heiligen  lande.    (Mon.  boica  IX,  s.  475). 

Spanheim,  die  grafen  Heinrich  und  Simon  von,  brüder,  von  denen 
der  letztere  in  Adrianopel  starb.    (Ansb.  16,  48,  54). 

Speier,  bischof  Otto  von,  hat  (nach  Ansbert  17)  sein  gelübde  nicht 
erfüllt  (vgl.  Remling,  Geschichte  der  Bischöfe  von  Speier  I,  s.  414  — 
416);  denn  er  unterschreibt  1190  am  21.  septbr.  eine  Urkunde  des 
königs  Heinrich  VI  zu  Wimpfen.  (Stumpf,  Reichskanzler  UI C, 
B.  249  fg.). 

Spelten,  graf  Walter  von,  wird  im  gedieht  sehr  häufig  erwähnt  als 
templergrossmeister,  er  ist  aber  sonst  nicht  nachzuweisen.  Spelten 
heisst  eine  Einöde  in  Baiern  (Rudolphs  Leiicon),  während  Ursprung, 
Topograph.  Lexicon  des  königreichs  Baiem  s.  563  eine  solche  gegend 
nicht  kent;  ähnliche  Ortsnamen  sind  Speth  (bei  Achalm,  Stalin  II,  597), 
Spedel  in  hessischen  und  deutschen  Ordensurkunden,  aber  nirgends  ist 
ein  geschlecht  oder  eine  person  mit  unserem  vornamen  darnach  benant. 
Wilcke,  Geschichte  der  Tempelherren  I,  145  lässt  unseren  Walter 
wirklich  als  grossmeister  der  templer  nach  Girards  tode  (4.  oct.  1188) 
fungieren,  wodurch  allerdings  die  sonst  empfindliche  locke  zwischen 
Girard  und  dem  erst  1191  erwählten  Robert  de  Sabl^  ausgefüllt  wird 
(Du  Gange,  Los  familles  d'outre-mer  879  —  882;  L'estoire  - d'Eracles 
s.  ISO),  doch  ist  seine  geschichtliche  existenz  höchst  problematisch; 
(vgl.  Riezler  s.  121). 

Steiermark,  heimzog  Ottocar  VI  von,  urkundet  1188  oder  anfang  1189 
mit  vielen  kreuzfahrem  als  pilger  (v.  Meiller,  Babenberg.  Regesten 
s.  67  nr.  47) ^  jedoch  hinderte  üin  an  der  ausf&hrung  seines  gelflbdes 
die  krankheit,  welcher  er  am  9.  mai  1192  erlag  (v.  Meiller,  Salz- 
burger Regesten  s.  156  nr.  73). 

Steinach  (am  Neckar),  Bligger  E  von,  soll  an  dem  dritten  kreuzzuge 
teilgenommen  haben.  (Archiv  für  hessische  Geschichte  X,  s.  63;  vgl. 
Hagen,  Miimesänger  IV  s.  258  fgg.). 


DDE  DBUT8CHSN  ATTF  DBN  KBBUZZÜOEN  168 

Steinfurt  (bei  Münster),  Budolf  von,  erscheint  urkundlich  1189  zu 
Paderborn ,  von  wo  aus  er  mit  einer  grossen  zahl  kreuzfahrer  zum 
beere  Friedrichs  aufbricht.    (Erhard  II,  203  fg.). 

Strassburgy  bischof  Heinrich  von,  predigte  auf  dem  reichstage  zu 
Strassburg  (anfang  decbr.  1188)  das  kreuz,  nahm  es  auch  zu  Mainz 
auf  der  „Curia  Christi,"  wird  aber  sonst  nicht  mehr  als  kreuzfahrer 
erwähnt.  (Annal.  Marb.  164;  Annal.  Beinh.  44;  vgl.  Toeche,  Hein- 
rich VI  s.  91). 

Sülz  (Steiermark),  Düring  von,  urkundet  als  kreuzfahrer  f&r  das  klo- 
ster  Admont  (von  Muchar,  Oeschichte  von  Steiermark  IE,  347). 

Sunnebrunnen,  Härtung  von^  ministerial  von  Fulda,  zieht  mit  kai- 
ser  Friedrich  I  nach  Syrien  (Dronke,  Cod.  dipl.  Fuldens.  nr.  833). 

Swiggershausen,  Bertholdt  von,  urkundet  1189  als  pilger.  (Henne- 
berg, ürkundenbuch  H,  7  nr.  24). 

Tarantaise,  erzbischof  Haymo  von,  stiess  in  Branditza  zum  beere  des 
kaisers.    (Ansb.  15,  17  fgg.,  26,  26,  39;  Chron.  Ursperg.  1187). 

Teklenburg,  graf  Simon  I,  soll  nach  Ansbert  17  mit  herzog  Leopold 
zur  See  nach  Syrien  gezogen  sein,  aber  Fr.  Müller,  Geschichte  der 
Grafen  von  Teklenburg,  Osnabr.  1842  s.  66  fg.,  stellt  dies  in  abrede. 

Thüringen,  landgraf  Ludwig  von,  nahm  in  Mainz  das  kreuz  und  lan- 
dete im  September  1189  vor  ^Akkä.  (Ansb.  s.  17j  Ann.  Beinh.  44; 
Arnold.  Lub.  177.  Sagen  über  seine  kreuzfahrt  bei  Bechstein,  Thü- 
ring.  Sagen  III,  50  fg.  Er  urkundet  1188  als  pilger  bei  Stumpf, 
Acta  Moguntina  s.  109  nr.  107). 

Tisbach  (Tainsberg ?) ,  Hugo  von,  fiel  am  3.  februar  1190  in  einem 
kämpfe  mit  den  Griechen.    (Ansbert  48). 

Tollenstein,  graf  Gebhard  von,  kehrte  glücklich  wider  heim  (Ansb.  16; 
vgl.  Meiller,  Salzburg.  Begesten  192  nr.  102);  er  unterschreibt  eine 
Urkunde  Heinrichs  VI.  am  1.  märz  zu  Pisa.  (Stumpf,  Beichskanzler 
IIIC,  8.  257). 

Tramne,  Wittig  von,  soll  nach  dem  gedichte  vom  landgrafen  Ludwig 
teilnehmer  am  dritten  kreuzzuge  gewesen  sein  (vers  4456 — 59);  nach- 
weise seiner  person  sind  nicht  zu  erbringen  (ob  =  Tammo?  1218, 
Beyer,  Alt -Zelle  530). 

Trasigny  bei  Namur^  Otto  von,  nahm  in  Mens  das  kreuz.  (Gislebert 
567). 

Trübenbach,  abt  üdaschalk  von,  ist  mit  dem  kaiser  nach  Syrien 
gezogen.    (Yon  Muchar,  Geschichte  von  Steiermark  IV,  540). 

Truhsen  (Tirol),  Otto  von,  urkundet  1187  als  pilger  (Archiv  fflr  Ge- 
schichte EärnthensX,  s.  111);  doch  erscheint  (sein  Bruder  Otto  H?) 


164  B.  BÖHBIOHT 

ein  ritter  gleichen  namens  in  Urkunden  von  1190  und  1191.  (t.  Heu- 
ler, Salzb.  Beg.  s.  153  nr.  58  und  s.  155  nr.  68). 

Tu II,  bischof  Peter  I  von,  traf  beim  kreuzheere  in  der  Bulgarei  ein 
und  starb  auf  dem  zuge.  (Aegid.  Aur.  bist  Leod.  bei  Bouq.  XViil, 
S.640;  AnnaLMarb.  164;  Itin.  Bicardi  I,  93;  Ansb.  15,  16,  18,  28). 

Turgowe,  der  biderwe  von,  wird  in  dem  gedichte  vom  landgrafen 
vers  5588  und  6132  als  kreuzfahrer  erwähnt;  ein  Friedrich  von 
Torgau  unterschreibt  mit  seinem  söhne  Widego  1215.  (Beyer,  Alt- 
Zelle  s.  527).  Ausser  ihm  werden  noch  erwähnt  ein  Bodo  de  Tur- 
gowe  1262  als  ministerial  des  markgrafBu  von  Meissen  (Tittmann, 
Heinrich  der  Erlauchte  I,  252),  1274  (Wegele,  Friedrich  der  Prei- 
dige  s.  391),  1289  (Meissener  Urkundenbuch  s.  226  nr.  196),  Peter 
de  Turgowe  1275  (Meissener  Urkundenbuch  nr.  180),  und  Theode- 
rich mit  seinem  söhne  Friedrich  1273 — 1291  (Biedel,  Cod.  diplom. 
Brandenb.nA,  s.  120). 

Ungarn,  kreuzfahrer  aus,  schliessen  sich  anfangs  dem  kaiserlichen 
beere  an,  bis  am  19.  nov.  1189  sechs  ungarische  edelleute  sich  tren- 
neuy  so  dass  nur  drei  zurückbleiben.    (Ansb.  25,  39). 

Utrecht,  Wilhelm,  canonicus  von,  landet  1187  in 'Akkä  sofort  nach 
dessen  eroberung  durch  Saladin,  vrird  durch  den  muslimischen  gou- 
vemeur  nach  dem  damals  noch  den  Christen  gehörigen  Jerusalem 
geleitet.    (Caes.  Heisterbac.  Dialog.  lY,  c.  15  ed.  Strange  I,  185  fgg.). 

Telburg,  graf  Otto,  zieht  1189  nach  Syrien.  (Oemeiner,  Begensb. 
Chronik  I,  279). 

Veringen,  graf  Heinrich  von,  aus  Schwaben.    (Ansb.  16). 

Vohburg,  markgraf  Bertholdt  von,  aus  Baiem  (A.  16,  25),  ist  heim- 
gekehrt   (Annal.  Marb.  164;  v.  Meiller,  Salzb.  Begesten  157  nr.  79). 

Wadelbach  (Wadenberg  bei  Elberfeld?),  Lutger  von.    (Ansb.  16). 

Waldeck,  Widukind  von,  urkundet  am  5.  april  1188  als  pilger  (Er- 
hard U,  nr.  2235)  in  gesellschaft  mit  Budolf  von  Steinfurt;  er  heisst 
bei  Ansb.  16  Schwalmseck  (Schwalenberg).  Er  starb  vor  'Akkä, 
ward  aber  in  dem  von  ihm  gestifteten  kloster  Marienfeld  begraben, 
wo  sein  denkmal  noch  heute  zu  sehen  ist.  (Zeitschrift  ffir  westphäL 
Gesch.  1871,  Abtheil.  2,  s.  167;  Schaten,  Annal.  Paderbr.  I,  863; 
Preuss  und  Falkmann,  Lippische  Begesten  I,  s.  109 — 112). 

Waidenburg,  graf  Burchard  von  und  der  junge  graf  Hoyervon,  aus 
Sachsen,  von  denen  nach  Wilbrand  ed.  Laurent  s.  173  der  letztere  in 
Antiochien  begraben  liegt.  (Ansb.  16).  Er  ist  wahrscheinlich  iden- 
tisch mit  dem  im  gedichte  genanten  grafen  von  Mansfeld  1251  — 
1255. 

Waldstein  (Steiermark),  Liutold  von.    (Ansb.  16). 


DO  DBÜTBOHIN  AÜV  JÜMS  KBEÜZZÜOXN  165 

Walter,  Oozzonis  filios  aus  Passau,  zog  nach  STrien  1189.  (Mon. 
boica  rV,  44). 

Weichselbach  (in  Eärnthen)^  Adalbert  von.    (Ansb.  16). 

Werd  (Donauwerth),  Mangold  lY  von,  soll,  wie  Biezler  erklärt,  nach 
einer  Donauwörtber  tradition  dem  beere  Friedrichs  I  sich  angeschlos- 
sen haben,  was  jedoch  nach  Steichele  (Das  Bisthum  Augsburg,  s.  701) 
unrichtig  ist 

Werner,  ein  ritter,  ftllt  in  dem  gefecht  vom  3.  mai  1190.  (Ansb.  61). 

Wertheim,  graf  Poppo  von,  soll  unter  Leopold  vor  *Akk&  mit  gek&mpft 
haben.  (Steiner,  Geschichte  des  Bachgaus  I,  330;  vgl.  Wertheimer 
ürkundenbuch  nr.  XIX).  Er  unterschreibt  jedoch  am  21.  sept  1190 
zu  Wimpfen  eine  Urkunde  des  königs  Heinrich,  ist  also  wahrschein- 
lich nicht  in  Syrien  gewesen.  (Stumpf,  Beichskanzler  niG,  s.  249  fg. 
Im  Gedicht  heisst  er  Hugo  1753,  2051,  4297). 

Wied,  graf  Dietrich  von.    (Ansb.  16,  48). 

Wien,  bürger  Wergand  von,  urkundet  alspilger  für  das  kloster  Form- 
bach.   (Vgl.  Biezler). 

Wiesenbach,  Gottfried  von,  unterhandelt  im  auftrage  Friedrichs  mit 
dem  Sultan  von  Iconium.  (Ansb.  51;  Annal.  Colon,  maz.  794,  796, 
799). 

Wildon,  Bicher  von,  urkundet  1188  als  kreuzfahrer  ffir  Admont. 
(v.  Muchar  HI,  s.  347). 

Wilhelm,  der  bruder  des  grafen  Balduin  von  Hunaut,  pilgert  im 
februar  1190.    (Wauters,  Table  chronolog.  H,  684). 

Wilhelm,  bruder,  kämmerer  im  kloster  Heisterbach  bei  Bonn.  (Cae- 
sar. Heisterb.  Dialog,  ed.  Strange  I,  s.  185). 

Winkel  (in  Eämthen  oder  Steiermark),  Ortlieb  von,  ministerial  des 
herzogs  Leopold ,  soll  nach  Ansb.  77  auf  dem  zuge  gestorben  sein, 
allein  er  ist  heimgekehrt  (vgL  Meiller  136  nr.  199),  da  er  1226  in 
Urkunden  wider  erscheint 

Wörnhiess  („Wurmz'^),  Bertholdt  von,  ein  ministerial  des  herzogs 
Leopold,  starb  auf  dem  zuge.    (Ansb.  77). 

WoUoltersdorf,  Conrad  de,  starb  1190  auf  der  kreuzfahri  (Mon. 
boica  IX,  665). 

Worms,  ritter  Hngo  von,  zeichnet  sich  bei  der  belagerung  vonDimo- 
tika  in  Griechenland  aus.    (Ansb.  40). 

Wflrzburg,  bischof  Gottfried  von,  nimt  in  Mainz  das  kreuz  und  stirbt 
am  8.  juli  1190  in  Antiochien.  (Ansb.  12,  14,  16,  26  fg.,  48,  73; 
Annal.  Beinh.  44,  49;  Annal.  Marbac.  164  fg.;  Chron.  magni  presb. 
616;  vgl.  dagegen  Colon,  max.  799,  welche  ihn  ffllschlich  in  Grie- 
chenland sterben  lassen;  vgl.  Gedicht  1174,  2479). 


1^  B.  BÖHBICHT 

Zara»  der  erzbischof  von,  verlftsst  in  Thracien  das  beer  und  kebrt 
zurück.    (Ansb.  15 ,  39 ;  vgl.  Biezler  s.  52  note  5). 

Zähringen,  herzog  Bertholdt  Y  von,  soll  nach  Albericus  mit  Frie- 
drich nach  Syrien  gezogen,  aber  noch  in  demselben  jähre  (1189)  von 
Antiochien  wider  heimgekehrt  sein  (vgl  Guillimann,  Habsb.  Y,  cap.  4), 
während  Stalin,  (Wirtemb.  Geschichte  n,  297)  dies  bestreitet. 

Zemliub  (Zemling),  Albero  von,  ministerial  des  herzogs  Leopold,  ist 
nicht  heimgekehrt.  (A.  77;  von  Meiller,  Babenb.  Begesten  s.  64 
nr.  34). 

F.    Exenrs.    Ble  Bentsehen  auf  dem  ersten  und  zweiten  krenz- 

znge,  naeh  der  Zimmer  sehen  ehronik« 

Yorliegendes  register  war  bereits  vollständig  abgeschlossen,  als 
dem  Verfasser  zufällig  eine  quelle  fQr  den  ersten  und  zweiten  kreuz- 
zug  in  die  band  fiel,  welche  noch  nirgends  als  solche  genant  oder 
bekant  war,  aber,  da  sie  auf  älteren  und  wahrscheinlich  nicht  mehr 
vorhandenen  berichten  von  augenzeugen  beruhet,  im  höchsten  grade 
interessant  ist  und  viel  neues  enthält.  Die  zeit  reichte  nicht  mehr 
hin,  um  das  folgende  register  kritisch  zu  beleuchten,  daher  möge  der 
geneigte  leser  sich  vorläufig  mit  nachfolgendem  begnügen. 

In  der  Zimmerschen  chronik  ed.  Barack  (Bibliothek  des  literar. 
Yereins  91—94,  4  bde.)  I,  s.  79  erzählt  der  Verfasser,  er  habe  in 
einem  alten  buchOy  welches  in  dem  Schwarzwaldkloster  Alpirsbach  lag, 
eine  gescbichte  des  ersten  kreuzzugs  gefunden  und  sagt  dann  s.  79: 
„Aber  nachdem  die  iez  ernempten  historici  vnd  andere  mer  nit  Hoch- 
teutschen,  sonder  Francosen  oder  Niderlender  gewesen,  haben  sie  aller- 
maist  der  herrschaften  irs  landts,  die  ains  tails  mitgezogen,  sonderlich 
gedacht,  dieselben  mit  iren  namen  und  geschieh ten  ganz  fieissig  ange- 
zaigt,  aber  des  hohen  teutschen  adls,  der  doch  nit  weniger  leib  und 
leben  gewaget,  darzu  vil  loblicher  adelicher  thaten  begangen,  haben 
sie  nit  anders,  dann  nu  in  der  gemain  und  mit  denen  kürzesten  wer- 
ten meidung  gethon.  Darumb  ist  zu  wissen,  dass  in  dem  closter  zu 
Alpersbach  auf  dem  Schwarzwaldt  ain  alt  geschriben  buoch,  dessglei- 
chen  ain  grosser  gewirkter  aufschlag  gewesen,  welche  baide  von  lan- 
gen unverdechtlichen  jarn  von  der  freiherrschaft  Zimbem  dahin  gekom- 
men und  gegeben  worden.  Der  Inhalt  des  ganzen  buchs  ist  ain  beschri- 
bung  des  hörzugs,  und  gfitlich  zu  glauben,  dass  sollichs  von  der  frei- 
herren  von  Zimbem  ainem,  deren  drei,  nämlich  herr  Friderich,  herr 
Oonradt  und  herr  Albrecht,  gebrueder,  darbei  gewesen,  beschriben  und 
aufgezaichnet  seye  worden.  Oleicherweis  sein  grosse  figuren  scbeiben- 
wis  in  das  gemelt  tuoch  gewürkt,   mit  lateinischen  werten,  welcher 


DIE  DBUT80BBN  AUF  DEK  KBBCZZÜOBK  167 

inhalt  sich  mit  dem  buch  vergleicht/^  Hierauf  zählt  er  als  teilnehmer 
des  ersten  kreuzzugs  aus  seiner  quelle  folgende  Deutsche  auf  (s.  80): 
der  bischof  Conradt  von  Chur ,  der  bischof  Otto  von  Strassburg,  erz- 
bischof  Thiemo  von  Salzburg,  herzog  Ekkehard  von  Bayern,  ein  söhn 
des  grafen  Otto  von  Scheiren,  herzog  Walter  von  Teck;  femer:  graf 
Heinrich  von  Schwarzenburg ,  pfalzgraf  Hugo  von  Tttbingen ,  graf  Budolf 
und  graf  Huldreich  von  Sarwerden,  graf  Hartmann  von  Dillingen  und 
Kyburg,  graf  Thiemo  von  Eschenloch ,  graf  Heinrich  von  Helfenstain, 
graf  Adelprecht  von  Eirchberg,  graf  Heinrich  von  Heiligenberg ,  ein 
graf  vom  Panen,  herr  Arnold  freiherr  von  Busnang,  ein  fireiherr  von 
Fridow ,  herr  Rudolf  freiherr  von  Brandis ,  ein  freiherr  von  Westerburg, 
graf  Berthold  von  Neifen,  herr  Albrecht  freiherr  von  Stoffeln,  ein  graf 
von  Salm,  ein  graf  von  Viernenberg,  ein  herr  von  Bolanden,  ein  graf 
Emicho  von  Leiningen ,  ein  graf  von  Böttelen  und  ein  graf  von  Zwei- 
brncken,  die  freiherrn  Friedrich,  Conrad  und  Albrecht  von  Zimbern;  femer 
s.  8ö :  Budolf  freiherr  von  Brandis ,  ein  ritter  von  Ems  und  einer  von 
Fridingen;  letztere  werden  bei  Nicäa  schwer  verwundet  Ausserdem 
nent  der  Chronist  s.  85  ebenfalls  aus  alten  Chroniken  noch  als  teilneh- 
mer am  ersten  kreuzzuge  den  pfalzgrafen  Adelbero  von  Witteisbach, 
graf  Ortolf  von  Thaur,  von  denen  letzterer  auf  der  heimreise  gestor- 
ben ist;  sein  leichnam  ward  in  Hohenwart  beigesetzt.  Der  freiherr  von 
Zimbern  (s.  88)  zieht  1106  zum  zweiten  male  nach  Syrien,  nimt  an  der 
belagemng  'Akkäs  durch  Balduin  und  die  Oenuesen  teil,  wird  hierbei 
schwer  verwundet,  aber  in  Caesarea  durch  einen  deutschen  ritter  von 
Hom  bis  zu  seiner  genesung  gepflegt.  Er  diente  unter  kOnig  Balduin 
noch  mehrere  jähre,  bis  er  starb  (s.  89). 

Weiter  nent  die  Zimmersche  chronik  I,  s.  111  als  teilnehmer  am 
zweiten  kreuzzug:  Otto  von  Preiaingen ,  bischof  Heinrich  von  Regens- 
burg, bischof  Reginbert  von  Passau,  herzog  Friedrich  von  Schwaben, 
herzog  Heinrich  von  Baiern  und  Weif,  herzog  Jabuslaus  von  Beheim, 
herzog  Bernhard  von  Kärnthen,  herzog  von  Lothringen,  markgraf 
Leopold  von  Oesterreich,  graf  von  Flandern,  ein  graf  von  Friesland 
und  markgraf  Ottokar  von  Steyer.  Wie  aus  den  letztgenanten  oben 
ausführlich  historisch  belegten  und  commentierten  namen  hervorgeht, 
ist  auch  auf  die  glaubwürdigkeit  der  zum  ersten  kreuzzuge  neu  genan- 
ten namen  ein  günstiger  rückschluss  erlaubt  Leider  gibt  der  Chronist 
keine  namen  von  teilnehmern  am  dritten  kreuzzuge,  wahrscheinlich, 
weü  seine  quelle  nicht  bis  auf  jene  zeit  reichte. 

Die  reste  der  Alpirsbacher  bibliotbek  in  Stuttgart  enthalten,  wie 
herr  oberstudienrat  dr.  Heyd  dem  Verfasser  gütigst  mitteilte ,  keine  spur 
jener  alten  quelle. 


168  B.   RÖHBICHT 

0«    Exenrs.    Die  kreuzfiihrer  des  dritten  krenzznges   In   des 
Johannes  ron  Wftrzbnrg  gedlehte  Wilhelm  ron  Österreich. 

Einen  interessanten  beitrag  zur  geschichte  dei  kämpfe  um  ^Akkä 
mnste  nach  den  proben,  welche  herr  prof.  dr.  Begel  in  der  Zeitschrift 
ffir  thüringische  Geschichte  YII,  s.  421  —  436  gegeben  hat,  auch  das 
gedieht:  Wilhelm  von  Oesterreich  von  Johannes  von  Würzburg  enthal- 
ten (vgl.  Haupts  Zeitschrift  I,  s.  214  —  227).  Der  Verfasser  wante  sich 
deshalb  an  herm  prof.  dr.  Begel,  welcher  eine  kritische  ausgäbe  dieses 
gedichtes  vorbereitet,  und  ersuchte  ihn  um  gefällige  mitteilung  aller 
namen  von  kreuzfahrern ,  worauf  dieser  denn  mit  dankenswerter  libera- 
lität  nachfolgendes  register  zusammenstellte ,  welches  hiermit  zum  ersten 
male  vollständig  erscheint  Natürlich  ist  eine  kritische  controle  bei 
der  verhältnismässigen  Unsicherheit  und  Unzulänglichkeit  der  historischen 
hilfsmittel  äusserst  schwierig,  in  vielen  fällen  sogar  unmöglich,  doch 
lässt  sich  ohne  mühe  häufig  genug  feststellen ,  dass  der  Verfasser  jenes 
gedichtes,  das  ohne  zweifei  auf  schriftlichen  quellen  und  mündlicher 
Überlieferung  beruht ,  sehr  oft  die  einzelnen  kreuzzüge  mit  einander  ver- 
wechselt, und  der  vorangehende  kreuzfahrerkatalog  wird  das  mass  abge- 
ben können ,  nach  dem  man  die  historische  Wahrheit  dieses  neuen  regi- 
sters  misst.  Der  germanist  wird  wie  der  historiker  gleiches  Interesse 
und  gleichen  gewinn  daraus  ziehen;  letzterer  wird  besonders  die  ein- 
zelnen heerhaufen  in  ihrer  Zusammensetzung  nicht  ohne  Interesse 
betrachten. 

Der  dichter  zählt  im  ganzen  acht  heeresabteilungen  auf,  welche 
vor  'Akkft  kämpfen. 

Die  erste  fährt  der  herzog  Leopold  von  Österreich  (v.  16511  fgg. 
u.  oft),  dessen  bannerträger  der  alte  „Bilichdorfaere'^  ist  (v.  16556  fgg.), 
neben  welchem  auch  der  junge  „Bilhtorfaere"  (v.  18518  und  18524) 
erwähnt  wird.  Als  ministerialen  Leopolds  werden  ausserdem  noch 
erwähnt:  der  von  Chunringen  v.  18512  (vgl.  oben),  der  von  Tel- 
lisbrunnen,  der  getriuwe  alte  v.  18528  und  der  tugendhafte  schrt- 
baere  v.  18536.    Ausser  diesen  kämpfen  noch  unter  Leopold: 

der  herzog  Bechtolt  von  „Niemann   (Namen),^'   d.  h.  Meran, 

V.  16565  fgg., 
der  erzbischof  von  „Trantasi,^^   d.  h.  Tarantaise  (siehe  oben), 

V.  16569, 
der  fürst  von  „Blas!'*   (der  gefurstete  abt  von  St.  Blasien?), 

V.  16570, 
die  bischöfe  von  „Monster/^  d.  h.  Münster  (siehe  oben),  v.  16571, 
von  Leon  (??),  v.  16572, 


DIB  DBUTBCHBH  AUF  SBM  KBBUZZOGBM  169 

von  „Batania^^  oder  „B^tanie/^   d.  h.  Besanfon  (siehe  oben), 

V.  16674, 
dann  „der  baier  herre"  v.  16576,  „der  herzöge"  v.  16587, 
„Marx,  der  künc  von  Ungern"  v.  16590,  18067, ^ 
„die  zwei  werden  gräven  von  Hünburg  und  Tirol'  v.  16598. 

Die  zweite  schaar  der  kreuzfahrer  steht  unter  dem  befehl  des 
herzogs  Friedrich  von  Schwaben;  die  reichsfahne  (weiss  mit  schwar- 
zem kreuz!)  trägt  der  „gräve  Tolre  von  Rötenburc,"  v.  16647, 
17549,  17671,  18019,  dessen  geschlecht  man  „von  Höhenberc"  nent, 
und  dessen  erbe  der  graf  Albrecht  von  Heierloch  ist  (v.  16654  fgg.; 
vgl.  Stalin  II,  400;  Haupt  I,  221).  Ausserdem  werden  als  mitkämpfer 
genant : 

der  bischof  Heinrich  von  Gonstanz,'  v.  16669,  17720, 

der  bischof  von  Basel  (siehe  oben),  v.  16670,  17721, 

der  abt  Bertholdt  von  St.  Gallen,*  v.  16673,  17726, 

der  bischof  von  Chur,*  v.  16676, 

der  bischof  von  Speier  (siehe  oben),  v.  17721, 

der  markgraf  von  Baden  (siehe  oben),  v.  16678,  17720, 

der  markgraf  von  Tübingen,*  v.  16680,  17727, 

der  graf  von  Kalw,'  v.  16682,  17732, 

der  graf  von  Neifen,®  v.  16683, 

1)  Vgl.  oben:  Ungarn;  name  und  factum  gehören  natürlich  in  das  gebiet 
der  dichtung. 

2)  Einen  grafen  (Wilhelm)  von  Heunberg  kann  ich  nur  als  teilnehmer  am 
zweiten  kreuzzuge  nachweisen  (Archiv  fOr  österreichische  Geschichtsquellen  XDC, 
8.  74)  und  einen  grafen  (Albrecht  III)  Ton  Tirol  nur  als  kreuzfahrer  von  1218  (Zeit- 
schrift des  Ferdinandeums  1869,  s.  d8fgg.)>  ebenso  gehört  der  herzog  von  Baiem 
nicht  hierher,  da  ohne  zweifei  eine  Verwechselung  mit  herzog  Ludwig  I  hier  vor- 
liegt, welcher  im  frOhjahr  1221  nach  Damiette  segelte  (Böhricht,  Beitrage  zur 
(beschichte  der  Ereuzztkge  I,  s.  9). 

3)  Vgl.  Neugart,  £piscop.  Constant.  I  B,  s.  108  fg. 

4)  Von  1167—1199  war  Ulrich  abt  von  St  Gallen,  Bertholdt  I  fungierte 
von  1244—- 1272  (Meyer  von  Enonau  in  den  St.  Gallener  Mittheilungen ,  1869  Neue 
Folge  I,  s.  130  fg.). 

5)  Der  bischof  von  Chur  war  von  1182—1201  (?)  Heinrich;  über  ihn  ist 
nichts  weiter  bekant  (Mohr,  Archiv  für  die  Geschichte  von  Graubündten  ü,  54  fg.). 

6)  Wahrscheinlich  liegt  hier  eine  Verwechslung  mit  dem  pfalzgrafen  Budolf 
vor,  welcher  1215  mit  Friedrich  II  das  kreuz  nahm.  (Schmid,  Die  Vfahgrsien  von 
Tübingen  s.  122). 

7)  Die  damaligen  grafen  von  Kalw  hiessen  Conrad  und  Albert  (Stfilin  IT,  388), 
wahrscheinlich  ist  hier  der  letztere  gemeint,  welcher  1224  als  pilger  urkundet 
fWirtemb.  Urkundenb.  III,  s.  148). 

8)  Die  Neifen  nahmen  erst  am  kreuzzuge  Friedrichs  11  teil  (Böhricht,  Bei- 
trage I,  s.  19). 


170  B.  BÖHIUCHT 

der  graf  von  Oettingen  (siehe  oben),  y.  16688,  17732, 

ein  „Dilingaere'^   (siehe  oben),   oder  wie  eine  andere  handschrift 

liest  „Halbsburgere"  (siehe  oben),  v.  16689, 
der  bischof  von  Wirzburg  (siehe  oben),  v.  16704,  17686,  dessen 

banner  einer  von  „Hohenberc"  trägt,  v.  16738;  ihm  folgen 
die  von  „Brunecke"  und  „Hohenlöch"  (oben),   v.  16747,  17783, 
die  von  Wert  heim  und  Bieneck,^  v.  16748.    Dann  folgt 
der  bischof  von  Bamberg,*  v.  16749, 
der  landgraf  von  Thüringen  (oben),  v.  16751, 
der  graf  von  Henneberg  (vgl.  oben),  v.  16758,  17782, 
der  gefürstete  abt  Conrad  von  Fulda, ^  v.  16765,  17695, 
and  als  dessen  ministerialen :  der  graf  von  Ziegenhain,^  v.  16770 
und  von  „Wilnouwe,"*  v.  16771, 
die  herren  von  Liebsberg*  und  Runkel,  v.  16772.' 
von  Valkenstein  (siehe  oben)  und  „Hanouwe,"®  v.  16773  fg., 

17811. 

Die  dritte  schaar  der  kreuzfahrer  vor  'Akkä  führt  der  „reiche 
milde  könig  Bichart  von  Engellant,  zuo  dem  vil  Tiatschen  was 
gewant,  wan  Engellender  wellent  sin  alle  Tiutsch"  (v.  16790—  16792). 

1)  Von  Bienecks  erscheinen  seit  1190  Johannes  (Beyer,  Mittelrhein.  Urkun- 
denb.  II,  149,  289)  und  Gottfried  (Beyer  II,  149),  seit  1213  Gerhard  und  Ludwig 
(Scriba,  Hessisches  Urkundenb.  R.  1230,  1242;  Stark.  302;  H.  Breholles  I,  380,  384; 
in,  430;  Zeitschr.  ftir  Unterfranken  XXII.  8.243;  vgl.  oben). 

2)  Vielleicht  hat  der  dichter  den  bischof  Egbert  hier  im  sinne,  der  aber  erst 
1218  am  krenzzuge  teil  nahm.  (Annal.  Marb.  174;  Annal.  Rudb.  780). 

3)  Abt  Conrad  ist  nicht  1189  mitgezogen,  wie  seine  Urkundenunterschriften 
1189  und  1191  in  Dentscblaud  beweisen  (Ficker,  Acta  imperii  s.  162— 164  nr.  176  fg. ; 
vgl.  Schannat,  Trad.  Fuld.  s.  118  nr.  20;  Begel  in  der  Zeitschr.  für  thüring.  Gesch. 
VII,  8.  435  fg.),  er  hat  aber  vielleicht  1195  das  kreuz  genommen  (Toeche,  Hein- 
rich VI ,  s.  390). 

4)  Von  Ziegenhainem  sind  nachweisbar  1196  Heinrich  (Wenk,  Urkundenb. 
129),  Ludwig  1207—1223  (Hennes  I,  s.  8;  Bröholles  I,  314,  386,  551;  U,  295; 
m,  394). 

5)  Ein  graf  Gebhard  v.Wcilnau- Nassau  zieht  1218  ins  heilige  land.  (Seibertz, 
Quell,  für  westf.  Gesch.  II,  189). 

6)  Liebsberge  sind  nicht  vor  dem  13.  Jahrhundert  nachweisbar. 

7). Siegfried  v.  B.  ist  nachzuweisen  1191  —  1209  (Beyer  II,  158  fg.,  283), 
auch  1227  bei  Friedrich  II  (Br^hoUes  ÜI,  11 ;  vgl.  Scriba  Ob.  378,  Bhein.  1211). 
Ein  Siegfried  von  Runkel  gieng  nach  Damiette;  vgl.  unten  s.  voce,  unter  1217 
bis  1221. 

8)  Vgl.  oben  Hagen  au  und  Über  die  Hanauer  grafen  die  Zeitschr.  für  hess. 
Landeskunde  1871,  s.  114—262  und  Breholles  HI,  232. 


DIB  DEUTSOHXir  AÜV  DSM  ICIUBÜZZÜOBN  171 

Sein  banner  trägt  der  herzog  von  „Ast/'^  v.  16831,    und  unter  ihm 
kämpfen 

der  könig  von  Dänemark,  v.  16810, 
„      „        „    Schweden  und  Norwegen,*  v.  16813, 
„   markgraf  von  Brandenburg  (Waldemar ! !),  v.  16838,  17704, 
„   der  herzog  von  Sachsen,*  v.  16854,  17705, 

die  werten  Braunschweiger  herzöge  von  Lüneburg  und  „Tan- 
dernas (Tanderas,  Candemas)/**  v.  16857  —  16859. 

Die  vierte  schaar  hat  zum  anfBhrer  den  herzog  Johannes  von 
Brabant  (vgl.  oben),  v.  16781,  17792;  ihm  schliessen  sich  an: 

der  graf  von  Flandern  (siehe  oben),  v.  16874, 
„     „     Wildekin  von  Holland  (siehe  oben),  v.  16876, 
„     „     von  „Hangau"  und  Geldern  (siehe  oben),  v.  16879, 
„      „     von  Lützelnburg,  v.  16881, 

die  grafen  von  Jülich,  v.  16896, 

der  graf  von  der  Mark,  v.  16899,  17805, 
„      „       „    Berg  (vgl.  oben),  v.  16900,  17809, 
„     „       „    Cleve  (vgl.  oben),  v.  16901,  17805, 
„     „       „    Saarbrücken,  den  die  Kölner  kreuzfahrer  sich  zum 
feldhauptmann  gewählt  (vgl.  oben  und  unter  1217  fgg.),  v.  16907, 

der  landgraf  von  Hessen,  v.  16903, 
„    graf  von  Leiningen  (vgl.  oben),  v.  16909,  17808, 
„     „       „    Zweibrücken,*  v.  16910, 

die  grafen  von  Sponheim,*  v.  16912,  17807, 

der  graf  von  Sayn  (siehe  oben),  v.  16913,  17808, 
„     „       „    Eatzenellenbogen,^  v.  16913, 
„     „       „    Nassau  (vgl.  oben),  v.  16916,  17810, 

die  herren  von  Isenburg,^  v.  16930, 

1)  Ob  ein  fürst  aus  Usk  (Röhricht  in  Sybels  Zeitschr.  1875,  heft  3,  bd.  34 
0. 17)  oder  Graf  de  Hoste,  der  Richard  begleitete  (Chron.  Sjth.  bei  Bouq.  XVIII, 
8.  598)  oder  Joh.  von  Lascy,  der  Connetable  von  Chester  (Bened.  Feterb.  II,  184; 
Mon.  Angl.  V,  558}? 

2)  Vgl.  Riant,  Pölerinages  des  Scandinaves  s.  273. 

3)  Offenbar  eine  verwechsliing  mit  dem  herzog  Heinrich  von  Sachsen ,  der 
1196  anizog  (Chron.  Andr.  571). 

4t)  Ob  Gandersheim?    Vgl.  Mhd.  wb.  s.  t. 

5)  Graf  Heinrich  von  Zweibrüeken  1191—1197.    (Beyer  11,  158  fg.,  201). 

6)  Vgl.  nnten  s.  voce,  nnter  1217—21. 

7)  Graf  Bertholdt  I  nahm  erst  1202  das  kreuz  (V?^enk ,  Hess.  Landeigesch.  I, 
8.  2bb)i  vgl.  auch  unseren  Catalog  ad  1204  und  1217* 

8)  Vgl.  Catalog  ad  ann.  1217. 


172  H.  BÖtfUCHT 

die  herren  von  Wal  deck  (vgl.  oben),  v.  16930,  17811. 

Die  fünfte  heeresabteilung  fährt  könig  Philipp  von  Frank- 
reich; bei  ihm  sind 

der  junge  könig  von  Aragonien,  v.  16963,  18063, 
und  der  von  Katalonien,^  v.  16964, 
der  bischof  von  Metz,*  v.  16966, 

„        „  „    Cambray  (vgl.  oben),  v.  16967, 

„        „  „    Paris,*  V.  16967, 

„         „  „     Bis  (Cis),*  V.  16968, 

„        „  „     Tolet,*  V.  16969, 

„        „  „    Orense,«  v.  16969, 

„        „  „    Orlöans,^  v.  16970, 

„        „  „    Lüttich  (vgl.  oben),  v.  16971, 

„    graf  von  der  Bretagne,®  v.  16989, 

„      „      „    „Namer,"*  V.  16994, 

„      „      „    Bar,"  V.  16996, 

„      „      „     St.  Pol,"  V.  16997, 

„      „      „    Saphie,**  v.  17000, 

1)  Vgl.  Wilken,  Geschichte  der  KreozzUge  VII,  295  fgg. 

2)  Der  bischof  Theoderich  zog  mit  15  klerikem  und  32  bürgern  1194  ab. 
(Gallia  chr.XlU,  754). 

3)  Bischof  Peter  von  Paris  zog  1218  nach  Damietto,  wo  er  starb.  (GaUia 
christiana  VII  s.  90) ;  sein  testament  steht  bei  Br^qaiguy  V,  s.  92. 

4)  Adalbert  von  Biez  starb  1189 ,  ihm  folgte  Bertrand  1190  (vgl.  Gallia  christ. 
ed.  Piolin  I,  400). 

5)  Folcravan  v.  Toulouse  ist  1189  nicht  ausg^ogen,  wol  aber  1213  gegen 
die  Albigenser.    (Gall.  ehr.  XIII,  23  fg.). 

6)  Heinrich  v.  Orenge  ist  weder  1189  noch  1197  mitgezogen.  (Gallia  Christ. 
Vni,  1456  fg.). 

7)  Arnulf  von  Orleans  hat  nicht  teilgenommen  am  dritten  kreuzzuge.  (Gal- 
lia Christ  ed.  Piol.  I,  775). 

8)  Vgl.  Röhricht  in  Sybeb  Zeitschrift  XXIV,  s.  51. 

9)  Ob  =  Peter  von  Nevers?    (Chron.  St.  Denys  bei  Bouq.  XVII,  s.  366). 

10)  Graf  Heinrich  von  Bar  le  Duc  hatte  1188  das  krenz  genommen  (Gisleb. 
579)  und  starb  am  19.  oder  20.  nov.  1190  vor  'Akkä.    (Bened.  Peterb.  II,  147). 

11)  Graf  Hugo  IV  von  St.  Pol  gieng  mit  könig  Philipp  1190  nach  Syrien, 
(restoire  147). 

12)  Graf  Hambert  von  Savoyen,  an  den  man  hier  zonftchst  denken  möchte,  ist 
wol  1190  nicht  nach  Syrien  gezogen  (vgl.  Toeche  s.  94),  oder  ist  Andreas  deSavigny 
gemeint?  (Chron.  Syth.  598).  £in  graf  (Thonuw)  von  Savoyen  wird  als  teilneh- 
mer  am  vierten  kreuzzuge  erwähnt  in  dem  bei  Bouquet  XVIII  hinten  mitgeteil- 
ten kataloge  der  kreuzfahrer  von  1202. 


/  7*  •*•  # 


DIB  BSUTSOHEX  AUF  DSN  KBBVZZÜOKH  178 

der  graf  von  Montbeillard,*  v.  17001, 
„      „      „    Schamunt,*  v.  17001. 

jf      jy    OSbert  von  Artaiz  (Aspremont  oben),  welcher  das 
banner  des  königs  trägt,  v.  17006,  17919. 

In  der  sechsten  schaar  unter  dem  befehl  des  herzogs  von 
Burgund  (siehe  oben),  v.  17044  fg.,  17033,  17941,  18061  kämpfen 
die  grafen  von  der  Champagne,  Gaubert  und  Thiebalt,'  v.  17046  fg., 
der  graf  von  Glermont,  welcher  das  banner  trägt ,^  v.  17060, 
„      „      yy    Chalons,*  v.  17076, 
„      „    Walter  von  Avesnes,*  v.  17080  fg. 

Die  siebente  schaar  führt  der  könig  von  Gypern,^  v.  17093, 
17929;  ihm  schliessen  sich  an: 

der  herzog  von  „Li per,"  v.  17094  und 
„        „        „     „Kakumberlant,*'  v.  17095, 
ferner  die  Lombarden  und  Toskaner,  letztere  unter  dem  markgra- 

fen  von  Montferrat,®  v.  17103, 
viele  herren  aus  Sicilien,  v.  17106,  und 
von  „Therlabür,    von  Kalftver"   (Terra  di  Lavoro,   Calabrien) 

V.  17107  fg., 
als  bannerträger  wird   der    Marcgräve   von   Ferrer    (Pferrer, 

Monpferrer,  Montpferrer)  genant,^  v.  17129. 

1)  Vielleicht  Walter  von  Montbeillard  (L'estoire  208)  oder  Odo  v.  Montb. 
(Röhricht,  Beiträge  I,  48)? 

2)  Graf  Wilhelm  von  Chaumont  ist  hier  gemeint.    (Albericas  1187  und  1190). 

3)  Graf  Theobald  von  Chartres ,  der  söhn  des  grafen  Heinrich  von  der  Cham- 
pagne, landet  1190  vor  *Akk&,    (Albericns  1190,  L*estoire  194). 

4)  Graf  Radnlf  hatte  1188  das  kreuz  genommen  und  starb  1190  vor  'Akk&. 
(Gislebert  555;  Chron.  8t.  Den.  866;  Chron.  Syth.  875;  Alber.  1190). 

5)  Er  gieng  1190  über  Genua  nach  Syrien.  (Otobon.  beiPertzXYIII,  8.104; 
Itin.  Bic.  92). 

6)  Über  ihn  vgl.  oben  und  L^estoire  826;  Annal.  Ck>lon.  max.  882. 

7)  Hier  liegt  eine  verwechslang  vor;  der  damalige  ,,kaiser"  Isaak  von 
Cypem  kam  als  gefangener  Richards  nach  Syrien  (Röhricht  in  Sybels  Zeitschr.  1875 
bd.  84,  heft  8,  s.  61  fgg.)t  somit  kann  nur  der  junge  könig  Hugo  von  Cypem  gemeint 
sein,  welcher  aber  erst  mit  Andreas  von  Ungarn  1217  nach  Syrien  kam. 

8)  Höchst  wahrscheinlich  ist  hier  der  markgraf  Bonifaz  von  Montf.  gemeint, 
der  am  vierten  kreuzzuge  teil  nahm.  (Riant ,  Revue  des  questions  historiqaes  1875 
s.  104  fgg.,  doch  vgl.  Röhricht,  Beitr.  I,  174  note  64). 

9)  Es  ist  hierbei  weder  an  den  elsassischen  grafen  von  Pflrt  (siehe  oben), 
noch  an  den  englischen  grafen  de  Ferrariis  zu  denken,  der  am  21.  octbr.  1190  vor 
'Akkä  starb  (Epistel.  Cant.  329;  vgl.  Bened.  H,  148;  Itinerar.  Ricardi  74,  93,  135 

SEIT8CHB.    r.   DXUTSCHS  PKILOLOGIS.     BD.   V2I.  12 


174  WOiSTE,  BBITBlOX  AUS  DEM  NIBDB&DBUTSCHKK 

Die  achte  schaar  fCLbrt  könig  Ouido  yon  Jerusalem,  v.  17139, 
17148  fg.,  18024,  18067.    Bei  ihm  befinden  sich: 

„der  prinze  von  der  morlgen  (moraygen),'**  v.  17155, 
der  prinz  von  „ült,"*  v,  17156, 
der  könig  „der  riuzzen,"  v.  17159, 
„der  frte  Berlin  von  Bnlgarie,"  v.  17164, 
und  als  bannerträger   „der   gräve  fr!   von  Mintissal  (Mon- 
tisag),"  V.  17166. 

und  261),  vielleicht  meint  der  dichter  den  Verteidiger  und  besitzer  von  Tyrus  Con- 
rad V.  Montf errat,  der  auch  im  christenheere  vor  *Akka  k&mpfte.  (Ein  graf  Guido 
y.  Montfort  wird  erwähnt  vom  Chron.  Syth.  598). 

1)  Ob  prinz  von  Morea,  oder  der  „Mohren"  (Tarcopulen) ? 

2)  Ob  «»  Ubia,  der  residenz  des  priesterkönigs  Johannes  (Albericas  1122)? 

(Schlafs  folgt.) 


BEITRÄGE  AUS  DEM  NIEDERDEUTSCHEN. 

Ater  lang. 

Bei  Ludolf  v.  S.  c.  4  steht:  aUe  de  jegene,  de  me  in  den  koggen 
aver  lant  afoget,  de  m<xck  me  cdtomale  in  den  galleiden  (welche  by 
aver  lanh  d.  h.  am  ufer  hinfahren)  hescheddiken  sen.  Ein  temporales 
über  lanc  findet  sich  im  mhd. ,  ein  over  lang  (vor  langer  zeit)  im  mnd., 
vgl.  Liliencr.  Eist.  L.  2,  166,  3;  ähnlich  over  langen  iaren,  Herv.  RB.  18. 
Aber  auch  ein  locales  over  lang  gibt  es  im  mnd.,  z.  b.  bei  Staph.  l^ 
126:  schq[>e  —  de  varen  averlang  (in  grösserer  entfemung)  de  Schmnge 
vorby.  Ludolfs  stelle  fordert  nach  dem  beschedeliken  (genau,  deutlich) 
sefi  eine  entsprechende  gegensätzliche  bestimmung  für  afoget,  was 
aver  lanc  (aus  der  ferne,  also  undeutlich)  sein  wird.  Aver  lant  (über 
land)  wäre  ein  müssiger  zusatz.  Lanc  oder  lang  ist  auch  sonst  wol  in 
lant  verderbt  worden,  so  Chron.  d.  nda.  si  Braunschw.  1 ,  363**. 
364^*;  so  wahrscheinlich  auch  in  vorla/n£h  (Selb.  Urk.  213)  f&r  altndd. 
f urlang,  Z.  d.  borg.  GV.  6,  24  und  Registr.  Sarr.,  wofür  später  vor- 
ling  gesagt  wurde.  Furlang  ist  ags.  furhlang^  furchenlänge  des  alten 
normalmorgens ,  der  600  Aiss  lang  und  wahrscheinlich  60  fuss  breit  wai*; 
daher  engl,  furlotig  =  unserem  „feldweges'^  (nmd.  ackermass  veittoeges, 
Lub.  Chron.  1,  480). 

ISERLOHN.  F.   WOESTE. 

(Wird  fortgesetzt) 


175 


EIN   FEHLER  LAOHMANNS 

IN  SEINER  KRITIK  UND  ERKLÄRUNG  VON  HARTMANNES  IWEIN. 

,,Die  nachweit,  die  unser  mühselig 
gewonnenes  schon  fertig  überliefert 
empfängt,  wird,  weil  sie  unsere  dürf- 
tigkeit  nicht  begreift,  nnsem  fleiss  and 
unsere  geistige  anstrengung  nicht  genug 
ehren."  Lachmann ,  Iwein  s.  V 

Unfehlbarkeit  hat  Lachmaun  nie  beansprucht.  Vor  solcher  albern- 
heit  wahrte  ihn  sein  klarer  verstand,  seine  lautere  Wahrhaftigkeit^  seine 
selbstlose  gerechtigkeit.  Gleichwol  hätte  er  auf  dem  ähnlichen  anspruch 
viel  höheres  und  viel  besser  begründetes  anrocht  gehabt ,  als  manch 
einer,  der  von  sich  wähnt,  dass  er  dem  alten  meister  mindestens 
gleich  stehe  y  oder  gar  ihn  Gbertreffe  und  ihn  frisch  weg  hofmeistern 
könne.  Denn  mit  der  natürlichen  begabung  eines  treffenden  blickes 
und  eines  durchdiingenden  schaifsinnes  verband  Lachmann  die  strengste 
gewissenhaftigkeit  und  die  sorgsamste  vorsieht.  Nicht  glänzen  und 
blenden  wollte  er,  sondern  nur  die  schlichte  Wahrheit  erforschen,  und 
die  erforschte  prunklos  mitteilen ,  die  durch  gewissenhafte  prüfung 
gewonnene  eigene  Überzeugung  auch  anderen  vorlegen,  damit  auch  sie 
prüfen  und  zu  eigener  Überzeugung  gedeihen  sollten.  Nicht  um  den 
beifall  der  menge  buhlte  er,  sondern  die  Zustimmung  der  besten  zu 
gewinnen,  das  war  sein  bestreben  und  sein  lohn.  Daher  liess  er  nur 
das  drucken,  wovon  er  sich  selbst  genaue  rechenschaft  zu  geben  ver- 
mochte, und  daher  sind  ihm  auch  verhältnismässig  selten  fehler  ent- 
schlüpft. Dainim  ist  es  aber  auch  nicht  eben  leicht,  wirkliche  fehler 
in  seinen  arbeiten  aufzufinden,  und  noch  weniger  leicht  sie  wirklich  zu 
verbessern.  Fast  stets  aber  sind  sie  so  beschaffen,  dass  sich  etwas 
daraus  lernen  lässt,  und  nicht  selten  so,  dass  ein  vorlauter  tadler  sich 
sogar  freuen  könte,  wenn  er  im  stände  gewesen  wäre,  derartige  fehler 
zu  machen. 

Zu  diesen  betrachtungen  bin  ich  fast  unwilkürlich  geführt  worden 
durch  eine  stelle  in  Lachmanns  ausgäbe  von  Hartmannes  Iwein,  in 
welcher  ich  ein  wirkliches  kritisches  versehen  Lachmanus  gefunden  zu 
haben  glaube,  und  durch  die  selbstzufriedene  art,  wie  man  ihn  hier 
und  anderwärts  geschulmeistert  hat,  und  seine  wirklichen  oder  ver- 
meinten fehler  endgiltig  verbessert  zu  haben  wähnt,  da  mans  nun  doch 
in  grammatik,  metiik,  kritik  usw.  so  herlich  weit  gebracht  habe,  dass 
man  endlich  über  seine  halb  unwissende,  halb  eigensinnige  beschränkt- 

12* 


176  J.   ZACHBK 

heit  und  schruUenhaftigkeit  weit  hinausgehen  könne  und  müsse,  ja  das 
jüngere  heranwachsende  und  lernende  geschlecht  sogar  ausdrücklich 
warnen  müsse  vor  so  übel  verfehlten  leistungen,  wie  seine  ausgäbe  des 
Iwein  und  des  Nibelungenliedes. 

Da  schien  es  mir  denn  doch  nicht  überflüssig,  an  diesem  einen 
kleinen  beispiele  eingehender  zu  zeigen,  worin  und  weshalb  Lachmann 
an  dieser  stelle  fehlgegriffen  hat ,  wie  also  ein  wirklicher  kritischer  fehl- 
griff  Lachmanns  beschaffen  ist,  und  wie  meines  bedünkens  sein  kriti- 
sches versehen  an  dieser  stelle  zu  verbessern  sei.  Dem  urteile  der 
unbefangenen  sachkundigen  forscher  aber  gebe  ich  anheim,  zu  prüfen, 
ob  es  mir  gelungen  sei  das  richtige  zu  treffen. 

Der  Sachverhalt  ist  folgender: 
Zu  anfange  seines  Iwein  erzählt  Hartmann,  könig  Artus  habe  zu 
pfingsten  viele  gaste  zu  einem  feste  auf  sein  schloss  zu  Earidol  gela- 
den, und  eben  so  wie  seine  gemahlin,  die  königin,  sich  beflissen  für 
ihre  Unterhaltung  aufs  beste  zu  sorgen.  Da  habe  denn  nach  tische  sich 
jeder  gast  diejenige  art  von  ergetzung  gewählt,  die  ihm  selbst  am 
besten  behagte.  Dies  schildert  Hartmann  in  den  versen  59  —  76  fol- 
gendermassen: 

Artus  und  diu  künegin 
60    ir  ietwederg  under  in 

sich  üf  ir  aller  willen  vleiz, 

dö  man  des  pfingestages  enbeiz^ 

mänlich  im  die  vreude  nam 

der  in  dÖ  aller  beste  gezam. 
65     diso  sprächen  wider  diu  w%p, 

dise  hanecten  den  Up, 

di^e  tanzten,  dise  sungen, 

dise  liefen  j  dise  Sprüngen^ 

dise  schuzeen  zuo  dem  zu, 
70    dise  horten  seitspil, 

dise  von  seneder  arbeit^ 

dise  von  grözer  manheit. 

Qawein  ahte  üf  wäfen: 

Keit  legt  sich  stufen 
75    üf  den  sal  under  in: 

ze  gemache  an  ire  stuont  sin  sin. 

So  lauten  die  verse  in  Lachmanns  zweiter  ausgäbe  vom  jähre  1843 
(und  in  der  dritten ,  nach  seinem  tode  von  Haupt  besorgten ,  vom  jähre 
1868).    Zu  den   versen  69 — 72  aber  bemerkt  Lachmann  in  den  bei- 


<#>>   ^ 


BIN  FBHLBB  IK  LACHMAHN8  IWSINKBITIK  177 

gegebenen  kritischen  anmerkungen :  „69.  70  bc,  fehlen  A:  70  vor  69 
Bdad.  71.  dise  A:  dise  redten  {retten  bc,  redeten  D)  BDabcd. 
Dieser  den  vers  zerstörende  zusatz  (denn  retefi  :  stete^i  oder  retc  :  ze 
stete  mag  Ottokar  30^.  166*  anstehen,  nicht  Hartmann)  war  notwen- 
dig, nachdem  69.  70  die  von  mir  hergestellte  natürliche  anordnung  der 
verschiedenen  beschäftignngen  zerstört  war  und  hier  also  nicht  mehr 
horten  konte  verstanden  werden,  seilender  A.  72.  vongrozir  Aa,  von 
Bbd,  sagten  vofh  e." 

Demnach  fehlen  die  beiden  verse  69  und  70  gänzlich  in  der  band- 
Schrift  A,  oder  grade  in  derjenigen,  von  welcher  Lachmann  (ohne  ihre 
mängel  und  fehler  zu  verkennen)  urteilte,  dass  sie  mit  keiner  der 
übrigen  näher  verwant  sei,  erkenbar  absichtliche  änderungen  niemals 
mit  einer  der  anderen  teile,  und  mithin  der  ursprünglichen  quelle, 
Hartmanns  eigener  niderschrift,  noch  am  nächsten  stehe.  Dagegen  ste- 
hen diese  beiden  verse  in  allen  sechs  übrigen  von  ihm  benuzten  hand- 
schriften;  jedoch  nur  in  zwei  papierhandschriften  von  untergeordneter 
verlässigkeit ,  b  und  c,  in  der  von  ihm  beliebten  reihenfolge,  während 
die  vier  übrigen  handschriften  sie  in  der  umgekehrten  Ordnung  (70.  69) 
darbieten.  Betreffs  dieser  beiden ,  in  der  verlässigsten  überliefeining  ( A) 
gänzlich  fehlenden  verse,  ist  also  Lachmann  von  der  im  allgemeinen 
etwas  besser  beglaubigten  Überlieferung  (BD ad)  abgewichen,  und  hat 
ihnen  eine  reihenfolge  gegeben,  welche  mit  der  im  allgemeinen  minder 
beglaubigten  Überlieferung  (bc)  übereinstimt.  —  Im  verse  71  dagegen 
folgt  er  widerum  der  an  sich  zuverlässigsten  handschrift  A,  welche  den 
vers  ohne  verbum  darbietet  (dise  von  seneder  arhelt),  obgleich  sie  hier- 
mit ganz  allein  steht,  während  alle  übrigen  sechs  handschriften  ihm 
ein  verbum  geben  (dise  redten  von  seneder  arheit),  —  Über  die  gründe 
seines  Verfahrens  und  seines  verschiedenen  Verhaltens  gegen  die  hand- 
schriftliche Überlieferung  in  den  verschiedenen  verson  hat  er  in  der 
oben  mitgeteilten  anmerkung  nicht  verabsäumt  rechenschaft  zu  geben, 
und  wir  werden  gelegenheit  und  Veranlassimg  haben,  diese  gründe  zu 
erwägen  und  zu  prüfen. 

Zunächst  wird  man  nun  nach  dem  von  Hartmann  bearbeiteten 
französischen  texte  des  Grestiens  von  Troies  greifen,  um  zu  erkunden, 
ob  aus  ihm  sich  vielleicht  ein  sicherer  anhält  für  die  beurteilung  die- 
ser Hartmannschen  verse  gewinnen  lasse.  Doli;  findet  sich  (in  der  aus- 
gäbe von  Holland,  Hannover  1862  s.  2  fg.)  die  entsprechende  stelle  in 
folgender  fassung: 

Apres  nmngier  parfni  ces  sdles 
cü  ehevalier  ^cUropelercnt 
10    la,  ou  danies  les  apderent 


178  J.  ZACHBB 

ou  dammeles  ou  pucdes; 

K  un  recontdent  noveles, 

li  autre  parlaient  cTamors, 

des  angaisses  et  des  dolors 
15    et  des  grane  hienSj  qv^orenl  sovant 

li  decipU  de  son  covant, 

qui  lors  estoit  molt  dolz  et  huens; 

mes  or  ia  molt  po  des  suens, 

qu^a  hien  pres  Tont  ja  tuü  lessiee; 
20    s^an  est  amors  moU  ahessiee; 

car  ü,  qui  soloient  amer, 

se  fßisoiewt  cortois  damer 

et  preu  et  large  et  enorable; 

or  est  amors  tomee  a  fable, 
25    por  ce  que  cü,  qui  rien  n^en  satUent, 

dient  y  qu^ü  aiment,  mes  ü  mantenty 

et  cü  fable  et  manconge  an  font^ 

qui  s'an  vantent  et  droit  n'i  ont. 

Mes  or  parlons  de  eee,  qui  furent, 
30    si  leissons  ceZj  qui  ancor  durent! 

Hieraus  ist  zu  ersehen;  dass  Grestiens  die  ergetzungen  der  ritter 
lediglich  darauf  beschränkt,  dass  sie  sich  nach  tische  mit  den  damen 
unterhalten,  und  zwar  fast  ausschliesslich  über  liebesangelegenheiten; 
woran  er  weiter  die  klage  knüpft,  dass  die  zeit  sich  in  dieser  bezie- 
hung  leider  arg  verschlechtert  habe,  dass  echte,  begeisternde  und  erhe* 
bende  liebe  gar  selten  geworden  sei.  Hartmann  hat  also  seine  vorläge 
hier  ganz  frei  behandelt.  Den  klagenden  zusatz  Grestiens  hat  er  vor* 
weg  genommen,  und  hat  ihm  in  seinen  versen  48  —  58  eine  wesent- 
lich andere,  und  zwar  eine  eben  so  anmutige  als  geistreiche  Wendung 
gegeben.  Die  ergetzungen  der  gaste  dagegen  hat  er  vermannigfaltigt, 
und  hat  auch  hierbei  widerum  seine  sinnige  und  kunstverständige  mei- 
sterschaft  bewiesen,  wie  weiter  unten  sich  klar  herausstellen  wird. 

Demnach  sind  wir  hier  lediglich  auf  Hartmann  selbst  angemesen, 
und  müssen  aus  eigenem  urteile  eine  entscheidung  über  die  teils  lücken- 
hafte, teils  schwankende  handschriftliche  Überlieferung  schöpfen. 

Nach  Lachmann  und  Benecke  hat  dr.  Fedor  Bech  den  Iwein 
Hartmanns  mit  erklärenden  anmerkungen  herausgegeben,^   sich  dabei 

1)  Hartmann  von  Aue.  Herausgegeben  von  Fedor  Becb.  Dritter  teil.  Iwein. 
Leipzig  1869.  —    Nur  an  diese  erste  ausgäbe  Bechs  kann  ich  mich  halten,  weil 


E»  FBHLBB  IN  LACHMANNS   IWBINKRITEE  179 

also  auch  fiber  diese  stelle  anssprechea  müsseD.  Den  text  dieser  verse 
bietet  er  ganz  nach  Lacbmanns  ausgäbe,  in  den  anmerkungen  jedoch 
sagt  er:  „71  von  seneder  arbeit ,  von  der  pein  (not)  des  senens,  d.  h.  des 
sich  härmenSy  des  schmachtens,  vorzugsweise  von  der  liebesqual,  dem 
Inhalte  der  minnelieder.  (V.  69  —  72  geben  den  von  Lachmann  umge- 
stalteten text ,  nach  der  Überlieferung  aber  stand  v.  70  vor  v.  69 ;  dar- 
nach würden  die  beiden  letzten  zeilen  —  71  und  72  —  sich  so  auf- 
fassen lassen:  die  einen  [taten  diess,  handelten  so]  aus  innerem  liebes- 
weh, die  anderen  aus  grossem  tatendrang;  diese  trieb  ihre  herzenspein, 
jene  ihr  grosser  mannesmut.)"  —  Es  ligt  in  dieser  bemerkung,  wie 
sich  unten  herausstellen  wird,  eine  ahnung  des  richtigen,  aber,  wie 
schon  aus  der  beigegebenen  noch  unvollkommenen  Übersetzung  und 
erklärung  hervorgeht,  eben  nur  erst  eine  ahnung.  Um  so  mehr  aber 
gereicht  es  dem  dr.  Bech  zur  ehre,  dass  er  es  vorgezogen  hat,  vorläu- 
fig noch  dem  grossen  meister  sich  unterzuordnen,  und  seine  eigene 
veimutung  zunächst  nur  mit  bescheidener  Schüchternheit  anzudeuten, 
so  lange  sie  noch  nicht  von  einer  blossen  ahnung  zu  einer  klaren  und 
bewusten  erkentnis  sich  erhoben  und  geläutert  hatte. 

Neuerdings  hat  professor  H.  Paul  eine  lange  kritik  über  Lach- 
manns Iweinausgabe  drucken  lassen,  unter  dem  titel:  „Über  das  gegen- 
seitige Verhältnis  der  band  Schriften  von  Hartmanns  Iwein."  ^  Ehe  er 
sich  zum  einzelnen  wendet,  verkündigt  er  vorweg  seinen  allgemeinen 
Urteilspruch  nicht  nur  über  diese  ausgäbe,  sondern  über  Lachmanns 
kritisches  verfahren  überhaupt  Der  leser  vernehme  die  wesentlichen 
bauptsätze  aus  diesem  urteilspruche : 

(S.  288.)  „So  fruchtbar  und  woltätig  auch  die  ausgäbe  [des 
Iwein]  zunächst  gewirkt  hat,  und  soviel  sie  dazu  beigetragen  hat, 
die  deutsche  philologie  aus  einer  liebhaberei  zur  strengen  Wis- 
senschaft zu  machen,  so  (s.  289)  würde  doch,  wollten  wir  die  prü- 
fung  versäumen  und  allen  ihren  aufstellungen  auf  immerdar  blindlings 
folgen,  der  anfangs  heilsame  einfluss  sich  in  das  gegenteil  verkehren, 
viel  mehr  durch  unsere,  als  durch  Lachmanns  schuld.  Und  das  ist 
leider  bereits  geschehen,  so  dass  jetzt  viel  weniger  die  belebende  anre- 
gung  zu  empfinden  ist  als  die  lästige  f  es  sei,  die  der  freien  entwicke- 
lung  unserer  Wissenschaft  auferlegt  wird.'* 

nur  diese  mir  zur  yerfügung  steht.  Ich  weiss  also  nicht  ob  er  in  der  oder  den 
späteren  ausgaben  hier  etwas  ge&ndert  hat. 

1)  Beiträge  zur  gcschichte  der  deutschen  spräche  und  litteratur  herausg.  von 
Herrn.  Paul  und  Wilh.  Braune.    Bd.  1.    HaUe  1874.    S.  288—401. 


180  J.  SAOHKB 

„Ich  stimme  mit  Pfeiffer  darin  überein,  dass  Lachmann  „in  kei- 
ner seiner  ausgaben  der  Willkür  und  gewalttätigkeit  so  sehr  hat 
die  Zügel  sehiessen  lassen ,  als  gerade  im  Iwein/^  Freilich  muss 
man  dabei  noch  einen  unterschied  machen  zwischen  der  ersten  und 
zweiten  ausgäbe,  welche  letztere,  von  einzelheiten  abgesehen,  mir 
eine  entschiedene  Verschlechterung  der  ersten  scheint,  indem 
hier  auf  einem  allerdings  schon  in  der  ersten  angebahnten  wege  weiter 
gegangen  wurde.  Die  gründe  zu  dieser  verirrung  des  grossen  kri- 
tikers  sind  mehrfacher  art/* 

„Einmal  hatte  sich  Lachmann  ein  bestirntes  System  von  metri- 
schen regeln  gebildet,  wonach  er  alles  construierte  mit 
hintansetzung  jeder  anderen  rücksicht  Das  bestehen  sol- 
cher regeln  wäre  aber  zuvor  zu  erweisen  gewesen,  ehe  man 
nach  ihnen  die  texte  gestaltete.  Es  bedurfte  dazu  einer  allseitigen 
benutzung  des  vorhandenen  materials ,  während  Lachmann  eine  verhält- 
nissmässig  kleine  anzahl  von  gedichten  nach  willkürlicher  auswahl 
zu  gründe  legte.  Es  musten  ferner  erst  die  texte  der  werke  ^  von  denen 
eine  gute  und  reichliche  Überlieferung  vorlag,  nach  den  sonst  fftr  die 
textkritik  gültigen  grundsätzen  hergestellt  sein,  ehe  man  aus  ihnen 
metrische  regeln  abstrahieren  konte.  Erst  auf  solcher  grundlage 
gestützte  regeln  konten  zu  änderungen  an  mangelhaft  ^  etwa  nur  in  einer 
handschrifk  überlieferten  texten  berechtigen  und  zur  entscheidung  über 
den  wert  verschiedener  handschriften  beitragen,  wenn  darüber  sonst 
noch  nicht  entschieden  war.  Statt  dessen  werden  die  noch  nicht 
auf  solche  weise  gesicherten  regeln  höher  gestellt  als  die 
ersten  und  notwendigsten ^gesetze  jeder  philologischen  me- 
thode,  mit  deren  auflösung  überhaupt  eine  methodische  krltlk 
unmöglich  wird.  Es  hilft  nichts,  dass  eine  regel  in  den  meisten 
f&llen  anwendbar  ist.  Widerspricht  ihr  auch  nur  an  einer  stelle  die 
wol  beglaubigte  und  kritisch  gesichtete  Überlieferung,  so  haben  wir 
daraus  nichts  anderes  zu  schliessen,  als  dass  die  (s.  290)  vorausgesezte 
regel  keine  geltung  hat  ** 

„Ein  zweiter  grund,  weshalb  Lachmann  fehlgriff,  war  die  ihm 
anhaftende  verliebe  für  alles  schwierige  und  abstruse,  welche  ihn 
geneigt  machte  hinter  jedem  unsinn  einen  versteckten  oder 
verderbten  sinn  zu  suchen,  ein  verfahren,  worin  auch  heutzutage 
leider  von  mancher  seite  die  einzig  richtige  methode  gesehen  wird.  Die- 
ser hang  und  das  bestreben  nach  durchführung  seiner  regeln 
übten  auf  Lachmann  den  wesentlichsten  einfluss  bei  tler  beurtei- 
lung  des  wertes  der  verschiedenen  handschriften.'^ 


Va  FBHLBB  DI  LlOBlULNNg  IWSIÜKBITIK  181 

„Endlich  aber  hat  er  es  versäumt,  eine  eingehende  Unter- 
suchung über  das  gegenseitige  Verhältnis  der  handschriften 
anzustellen,  was  als  notwendige  Vorbedingung  für  die  herausgäbe  eines 
in  zahlreichen  handschriften  erhaltenen  werkes  angesehen  werden  muss. 
Vielmehr  entscheidet  er  sich  von  TOm  herein  für  den  Vorzug 
einer  einzelnen  haudschrift,  deren  autorität  er  fast  so  hoch  und 
öfter  höher  schätzt  als  die  aller  übrigen  zusammengenommen.  Es 
war  dies  verfahren  überhaupt  seine  art.  Am  deutlichsten  zeigt 
sich  das  in  seiner  ausgäbe  der  Nibelungen^'  .... 

In  seiner  rede  zur  eröfihung  der  philologenversamlung  in  Göttin« 
gen,  am  29.  September  1852,  anderthalb  jähre  nach  Lachmanns  tode, 
mithin  sicherlich  nicht  etwa  mehr  zu  gnnsten  des  noch  lebenden ,  sagte 
K.  Fr.  Hermann:  „Was  die  emendation  der  alten  texte  betrifft,  so  ist 
für  diese  durch  Lachmanns  methode  geradezu  ein  neuer  tag  angebrochen, 
und  bei  aller  anerkennung  der  genialität  der  älteren  pathologen  und 
therapeuten  auf  diesem  gebiete,  kann  doch  eigentlich  jezt  erst  mit 
bewuster  klarheit  von  einer  kritischen  diag;nose  die  rede  sein, 
ohne  welche  alles  heilungsverfahren  mechanisch  wird  oder 
im  finstern  tappf  E.  Fr.  Hermann  genoss  zwar,  und  geniesst  noch 
bei  den  altklassischen  philologen  ein  ganz  leidliches  ansehen ,  aber  von 
diesen  dingen  mag  er  doch  wol  nichts  rechtes  verstanden  haben.  Oder 
vielleicht  auch  wird  in  der  altklassischen  philologie  die  kritik  ganz 
anders  gehandhabt  als  in  der  deutschen,  so  dass  Lachmann  zwar  in 
der  kritik  griechischer  und  lateinischer  texte  erträgliches  geleistet, 
dagegen  in  der  kritik  deutscher  sich  um  so  übler  verirrt  hat.  E.  Fr. 
Hermann  braucht  auch  so  absonderliche  ausdrücke:  er  redet  von  einer 
eigentümlichen  methode  Lachmanns,  mit  deren  hilfe  jezt  erst,  und 
zwar  mit  bewuster  klarheit  eine  kritische  diagnose  gemacht 
werden  könne !  Aber  professor  Paul  versteht  das  alles  sehr  viel  besser, 
und  spricht  sich  eben  deshalb  auch  viel  einfacher ,  bestimter  und  klarer 
aus.  Ein  „grosser  kritiker''  ist  Lachmann  zwar,  das  erlaubt  ihm 
Paul  8.  289 ,  und  die  erste  Iweinausgabe  hat  „  viel  dazu  beigetragen, 
die  deutsche  philologie  zur  strengen  Wissenschaft  zu  machen,*^  das 
erlaubt  Paul  gleichfalls  s.  288:  aber  der  grosse  kritiker  Lachmann  hat 
sich  erstens  „ein  System  unerwiesener  metrischer  regeln  gebildet,  wo- 
nach er  alles  construiert  mit  hintansetzung  jeder  anderen  rücksicht 
(s.  289)''  und  damit  „die  ersten  und  notwendigsten  gesetze  der  philo- 
logischen methode''  durchbricht  und  „methodische  kritik  unmöglich" 
macht  (8.289);  derselbe  grosse  kritiker  wird  zweitens  in  „beurtei- 
lung  des  wertes  der  handschriften  wesentlich  beeinflusst"   durch  seine 


182  J.   ZACHBB 

,, Vorliebe  far  alles  schwierige  und  abstruse  (8.290)*^;  und  drittens 
^ verabsäumt'^  derselbe  grosse  kritiker  „eine  eingehende  Untersuchung 
über  das  gegenseitige  Verhältnis  der  handschriften  anzustellen,  viel- 
mehr entscheidet  er  sich  von  vorn  herein  für  den  Vorzug  einer  einzel- 
nen handschrift  (s.  290)/'  Diese  drei  wesentlichen  grundtugenden ,  welche 
nach  Pauls  eigensten  werten  für  Laehmanns  kritisches  verfahren  so  sehr 
massgebend  gewesen  sein  sollen ,  wird  der  geneigte  leser  zwar  mit  dem 
„grossen  kritiker''  und  der  „strengen  wissenschaift"  vielleicht  eben  so 
wenig  zusammenreimen  können,  ^s  ich;  aber  das  ligt  wol  nur  an 
unser  beider  schlechten  logik,  die  wahrscheinlich  eben  so  schlecht  ist 
wie  Lachmanns  metrik.  Denn  professor  Paul  sagt  es  ja ,  sagt  es  buch- 
stäblich, und  sagt  es  alles  ernstes,  also  wird  es  wol  auch  so  sein 
müssen. 

Der  arme  Lachmann!  er  lebte  wirklich  des  guten  glaubens,  dass 
er  objective  kritik  nicht  bloss  üben  wolle,  sondern  wirklich  übe,  dass 
er  sich  möglichst  eng  an  die  tatsächlich  gegebene  handschriftliche  Über- 
lieferung anschliesse,  diese  sorgsamst  nach  möglichst  objectiven  und 
zuverlässigen  kriterien  pnife ,  und  nur  das  in  seine  kritischen  texte  auf- 
nehme, dessen  berechtigung  er  auch  wissenschaftlich  begründen  und 
verantworten  könne!  Welch  schwerer  Irrtum,  da  er  doch  schon  1826 
bei  dem  erscheinen  seiner  ersten  Nibelungenausgabe  so  übel  auf  dem 
holzwege  war,  und,  verlockt  durch  die  Irrlichter  seiner  Schrullen,  immer 
tiefer  in  den  sumpf  geriet,  bis  zu  der  „verirrung"  seiner  zweiten  Iwein- 
ausgabe ! 

und  wir  armen  jungen  leute,  die  wir  grade  in  dem  Zeiträume, 
wo  er  seine  zweiten  auflagen  der  Nibelunge  und  des  Iwein  ausarbei- 
tete, es  als  ein  unschätzbares  glück  priesen,  dass  wir  durch  eine  reihe 
von  Jahren  uns  seiner  mündlichen  Unterweisung  und  seines  persönlichen 
Umganges  erfreuen  durften,  dass  wir  von  ihm  in  der  freundlichsten, 
klarsten  und  einleuchtendsten  weise  belehrt  wurden,  wie  man  arbeiten 
solle ,  dass  wir  nicht  bloss  beschränkt  waren  auf  seine  fertigen  gedruck- 
ten werke,  sondern  auch  in  seiner  Werkstatt  selbst  ihm  lauschen,  und 
einen  blick  in  die  langjährigen,  umfassenden,  mühsamen  vorarbeiten 
werfen  durften,  aus  denen  seine  schöpfiingen  wie  langsam  ausgereifte 
fruchte  emporwuchsen!  Wie  horchten  wir  seinen  lehren  und  Weisun- 
gen! Wie  haben  wir  sie  seitdem  bewahrt  in  einem  feinen  treuen  her- 
zen! Wir  lebten  ja  ebenfalls  des  guten  glaubens,  dass  der  verehrte 
meister  die  richtige  methode  objectiver  kritik  zuerst  gefunden ,  geübt  und 
gelehrt  habe,  und  dass  er  noch  rüstig  auf  demselben  richtigen  wege 
fortschreite,  und  hatten  ja  leider  nicht  die  entfernteste  ahnung  davon, 
wie  sehr  er  damals  schon  sieh  verirrt  und  verschlechtert  hatte  I    Nun 


•  « 


EIN  FBHLEB  IN  LACHMANNS  IWBINKBITIK  183 

erst  offenbart  uns  professor  Paul,  wie  übel  wir  genarrt  worden  sind, 
und  dass  wir,  gleich  dem  bahne  auf  der  diele,  noch  immer  auf  den 
betörenden  kreidestrich  starren ,  den  der  meister  uns  über  den  Schnabel 
gezogen  hat,  und  nimmer  gewagt  haben  aufzuspringen  und  der  eige- 
nen beine  und  flügel  zu  gebrauchen.  Wie  beschämend  für  uns,  dass 
wir  nicht  nur  in  der  Jugend  solche  toren  gewesen ,  sondern  auch  durch 
Jahrzehnte  bis  ins  alter  geblieben  sind,  und  wie  bedauerlich,  dass  wir 
das  erst  jetzt  erfahren!  Indes,  weise  belehrung  komt  auch  ffir  ein 
ergrauendes  haupt  nicht  zu  spät! 

Den  verwerfenden  urteilspruch  über  Lachmanns  Iweinkritik  und 
über  sein  gesamtes  kritisches  verfahren  hätten  wir  nun  mit  geziemen- 
dem staunen  vernommen.  Aber  es  wird  doch  wol  erlaubt  sein,  dass 
wir  in  aller  bescheidenheit  versuchen  ihn  ein  klein  wenig  auf  seine 
Stichhaltigkeit  zu  prüfen  an  den  paar  mislichen  versen,  die  uns  grade 
hier  beschäftigen.  Über  diese  verse  belehrt  uns  professor  Faul  (s.  360 
fg.):  „69.  70  stehen  in  dieser  reihenfolge  nur  in  den  beiden  verwanten 
handschriften  bc;  sie  sind  wider  mit  der  ersten  ausgäbe  in  umgekehr- 
ter reihenfolge  zu  stellen  nach  BDadrf,  (A  fehlt). ^  71  dise  A  :=  dise 
retten  BDabcdrfL^;^  wir  haben  hier  nur  eine  der  häufigen  auslassun- 
gen  in  A,  die  nur  durch  die  unrechtmässige  aufnähme  der  Umstellung 
Yon  bc  einen  sinn  erhält;  Lachmanns  behauptung,  dass  retten  ein  zusatz 
sei,  welcher  notwendig  gewesen,  nachdem  die  von  ihm  hergestellte  natür- 
liche anordnung  zerstört  gewesen  wäre,  widerlegt  sich  schon  dadurch, 
dass  es  auch  in  bc  steht,  die  doch  seine  anordnung  haben.  72  von 
grojser  Aaf  =  van  Bbd  (sagten  von  er)  :  grozer  und  sagten  scheinen 
zur  Verlängerung  des  verses  hinzugefagt." 

Die  verse  69.  70  sollen  also  wider  in  die  Ordnung  70.  69  umge- 
stellt werden.  Als  grund  dafSr  wird  von  Faul  die  stärker  beglaubigte 
handschriftliche  Überlieferung  angegeben;  denn  so,  und  nicht  anders, 
wird  jeder  philologe  seine  formel  „nach  BDadrf"  verstehen  und  ver- 
stehen müssen.  Diesen  grund  kann  man  sich  ja  auch  gefallen  lassen^ 
denn  an  sich  ist  er  ja  nicht  unrichtig.'    Nur  freilich  ist  er  nicht  der 

1)  r  und  f  bezeichnen  eine  Bostocker  und  eine  Dresdner  papierbandschrift, 
deren  dasein  Lachmann  gekant,  die  er  aber  nicht  bennzt  hat. 

2)  L>  bezeichnet  Lachmanns  erste  Iweinaosgabe.  Der  gleichheitsstrich  (->:^) 
bedeutet,  dass  die  hinter  ihm  stehende  form  nach  Panls  nrteil  in  den  kritiseh 
berichtigten  text  gesetzt  werden  soll. 

3)  Die  stärker,  d.  h.  zahlreicher  beglaubigte  handschriftliche  ftberlieferong 
spricht  allerdings  f&r  die  umgestellte  reihenfolge  (also  für  die  Ordnung  70.  69;  denn 
es  stehen  sechs  zeugen  (BDadrf)  gegen  zwei  (bo).  Für  den  kritiker  ist  aber  nicht 
die  zahl  der  zeugen,  sondern  die  glaubwürdigkeit  derselben  von  entscheiden- 


184  j. 

entscheidende,  oder  gar  der  allein  entscheidende.  Sondern  der 
wirklich  entscheidende  grund  liegt  ganz  wo  anders,  wie  sich 
unten  klar  herausstellen  wird. 

In  y.  71  soll  nach  professor  Pauls  Versicherung  retteti  die  echte, 
durch  alle  handschriften  verbürgte  lesart  sein,  und  nur  der  Schreiber 
von  A  soll  mit  seiner  gewohnten  nachlässigkeit  dies  verbum  ausgelas- 
sen haben.  In  v.  72  dagegen  „scheint*^  ihm  das  adj.  gro^  „zur  Ver- 
längerung des  verses  hinzugefBgt.*'  Daraus  folgt ,  dass  nach  seinem 
urteile  dieses  grd^  nur  einigen  nachlässigen  Schreibern  (Aaf),  aber 
nicht  dem  dichter  angehört,  und  dass  es  folglich  auch  nicht  in  den 
kritisch  berichtigten  text  aufgenommen  werden  darf.  Im  kritisch 
berichtigten  texte  werden  mithin  diese  beiden  verse  nach  Pauls  ent- 
scheidung  zu  lauten  haben: 

dise  retten  von  seneder  arbeit, 
dise  von  tnanheit 

Meint  denn  aber  professor  Paul  wirklich  im  ernste,  dass  der  auch  in 
der  anmut  und  Sauberkeit  seines  Versbaues  so  ausgezeichnete  Hartmann 
ein  so  jämmerliches  pfuschwerk  zu  wege  gebracht  haben  könne,  wie 
die  verse: 

dise  ritten  von  seneder  drbSit, 
dise  von  mdnhdt! 

der  bedeatoDg.  Fflr  ihn  handelt  es  sich  also  nicht  um  die  stärker,  d.  h.  zahl- 
reicher, sondern  um  die  besser,  d.  h.  vertrauenswürdiger  beglaubigte  handschrift- 
liche Überlieferung.  Diese  zu  ermitteln  gibt  professor  Paul  s.  359  fQr  die  Iwein- 
kritik  folgende  schöne  Vorschrift:  „Jede  einseitige  bevorzugung  einer  einzelnen 
handschrift  ist  zu  verwerfen.  Auch  die  Übereinstimmung  von  zweien  gegen  die  der 
übrigen  hat  keinen  wert;  denn  entweder  beruht  sie  auf  einem  verwantschaftsverhält* 
nis  der  beiden,  oder  auf  zufälligem  zusammentreffen  in  einer  änderung,  welches 
für  zwei  anzunehmen  eine  viel  geringere  Schwierigkeit  ist  als  für  alle  übrigen/* 
Diesem  recepte  wird  niemand  das  lob  höchster  einfachheit  versagen  können;  schade 
nur,  dass  es  nicht  probat  ist,  wie  sich  u.  a.  bei  erörterung  von  v.  71  sonnenklar 
und  evident  herausstellen  wird.  Hier  wäre  übrigens  seine  anwendung  schon  des- 
halb bedenklich,  weil  uns  ja  die  aussage  eines  hauptzeugen  (A)  ganzlich  fehlt,  da 
dieser  von  den  vier  auf  einander  folgenden  mit  dine  beginnenden  verspaaren  grade 
das  hier  in  rede  stehende  vorletzte  übersehen  und  übersprungen  hat.  Aber  zugege- 
ben, dass  hier  in  BDadrf  wirklich  die  am  besten  beglaubigte  handschriftliche 
Überlieferung  vorliege  (und  aus  inneren  gründen  wird  man  das  gar  wol  zugeben 
dürfen),  so  wäre  damit  zwar  die  erste  stufe  der  kritik,  die  recensio,  erstiegen  und 
erledigt,  aber  die  zweite,  die  emendatio,  stünde  immer  noch  in  frage;  oder,  mit 
anderen  werten,  so  wäre  damit  doch  immer  nur  erst  die  gefeinigte  handaehrift« 
liehe  Überlieferung  gewonnen,  und  es  folgte  daraus  allein  noch  gar 
nicht  ohne  weiteres,  dass  dieselbe  versfolge  nun  auch  notwendig  in  den  kri- 
tisch berichtigten  tezt  aufgenommen  werden  raüste. 


m0t   ««»         *.^^»*—     '•*■■.»     "-  •     ■    . 


BIN  FBHtSR  IN  LACHMANNS  IWBINKBITIK  185 

Meint  professor  Paul  wirklich  im  ernste,  dass  der  mass volle,  feinsin- 
nige Hai-tmann  einen  so  ungeschlachten  riesen  und  einen  so  verhütte- 
ten zvferg  zu  einem  paare  zusammengejocht  habe?  Hat  denn  profes- 
sor Paul  gar  keinen  sinn  fQr  ebenmass  und  wohllaut?  Oder  sind  wir 
vielleicht  nur  so  unwissend ,  dass  wir  diese  herlichen  verse  nicht  rich- 
tig scandieren  können,  und  in  folge  solcher  Unwissenheit  durch  unge- 
schicktes lesen  ihre  klassische  Schönheit  verderben? 

In  seiner  Zurückweisung  der  Lachmannschen  kritik  verschweigt 
professor  Paul  aber  auch  etwas,  und  zwar  etwas  überaus  wichtiges, 
grade  die  hauptsache.  Er  verschweigt  nämlich  den  eigentlichen  und 
wahren  grund^  durch  welchen  Lachmann  bewogen  worden  ist,  die 
verbalform  redten  in  v.  71  gänzlich  zu  streichen.  Lachmaim  selbst  hat 
in  seiner  anmerkung  diesen  grund  ausdrücklich  angegeben,  freilich  in 
seiner  knappen  art,  aber  f&r  den  kenner  doch  völlig  verständlich,  aus- 
reichend, überzeugend  und  beweisend.  Aus  Lachmanns  formelhaft  zu- 
sammengedrängtem ausdrucke  in  ausführliche  und  hoffentlich  für  jeder- 
mann einleuchtende  darlegung  übersetzt  würde  diese  begründung  etwa 
folgendermassen  lauten: 

Von  Hartmann  sind  über  25000  verse  auf  uns  gekommen.  Diese 
zahl  von  versen  ist  beträchtlich  genug,  dass  man  aus  ihnen,  wenn  man 
sie  richtig  studiert,  die  eigentümlichkeiten  von  Hartmanns  Sprach- 
gebrauch und  Versbau  ausreichend  und  sicher  erkennen  kann^  und 
dadurch  in  den  stand  gesetzt  wird,  fast  überall  genau  und  bestimt 
beurteilen  zu  können,  wie  Hartmann  sich  ausgedrückt  haben  könne  oder 
nicht  haben  könne,  oder  mit  anderen  werten,  was  seinem  sprachge- 
brauche und  versbaue  gemäss  oder  nicht  gemäss  ist  Nun  geht  v«  71 
auf  einen  stumpfen  reim  aus ,  und  verlangt  folglich ,  eben  so  me  der 
mit  ihm  durch  den  gleichen  stumpfen  reim  gebundene  v.  72,  notwen- 
dig vier  hebungen.  Bei  der  von  BDabcd  gebotenen  lesart  lassen  sich 
diese  vier  hebungen  jedoch  nur  dann  gewinnen,  wenn  man  die  verbal- 
form redten  nicht  als  metrisch  zweisilbig,  sondern  als  metrisch  einsil- 
big aufifasst  und  liest,  wenn  man  ihr  also  statt  doppelter  dentale, 
die  sie  etymologisch  hat  und  haben  muss  (redten,  retten^  zusammen- 
gezogen aus  redeten)^  nur  eine  einzige  gäbe  (reten)^  weil  nur  unter 
dieser  bedingung  die  verschleifimg  in  eine  metrische  silbe  (riten) 
möglich  wäre,  so  dass  dann  der  vers  lauten  würde:  ^ 

dise  reten  von  sineder  drbüt. 

Das  ist  aber  eine  arge  sprachliche  und  metrische  rohheit,  die  sich 
zwar  der  späte,  und  im  versbau  vielfach  nachlässige  und  incorrecte 
österreichische  dichter  Ottokar  erlaubt ,  wie  durch  seine  stumpfen,  d.h. 


186  J.    ZACHBK 

metrisch  einsilbigen  reime  reten  :  steten  y  rite  :  ze  stete  (30*".  166*) 
bezeugt  wird,  der  ähnliches  jedoch  bei  Hartmann  nicht  vorkomt,  für 
seinen  Sprachgebrauch  und  versbau  unmöglich  ist.  ^  Lachmann  hatte  Hart- 
manns Sprachgebrauch  und  versbau  so  genau,  und  bis  in  die  kleinsten 
einzelheiten  studiert,  und  kritisch  studiert  (wovon  seine  anmerkungen 
zum  Iwein  fast  in  jeder  zeile  vollgilüges  zeugnis  geben)  dass  er  diese 
behauptung  mit  der  zweifellosesten  Sicherheit  aufstellen  konte  und  durfte. 
Wer  die  richtigkeit  seiner  angäbe  bezweifelt,  dem  bleibt  eben  nichts 
weiter  übrig ,  als  dass  er  sämtliche  verse  Hartmanns  selber  darauf  hin 
durchstudiere;  tut  er  das  mit  gleicher  sachkentnis,  gleicher  Sorgfalt 
und  genauigkeit,  und  gleicher  gewissenhaftigkeit ,  so  wird  er  auch  ganz 
zu  demselben  ergebnisse  gelangen.  Ist  aber  ein  also  gebauter  vers  bei 
Hartmann  völlig  unmöglich ,  und  ist  zugleich  jedes  andere  wort  in  die- 
sem verse,  ausser  redten,  ganz  imentbehrlich ,  so  folgt  mit  unbedingter 
logischer  notwendigkeit ,  dass  dieses  r^d^en  dem  dichter  selbst  nicht 
angehören  kann,  sondern  ein  ungehöriger  zusatz  der  Schreiber 
sein  muss,  und  es  ist  fQr  die  kritik  ganz  gleichgiltig,  in  wie  viel 
handschriften ,  in  einer,  in  zweien,  oder  in  mehreren  es  sich  vorfindet; 
denn  selbst  wenn  es  in  allen  stünde,  der  kritiker  müste  es  dennoch 
als  einen  fehlerhaften ,  dem  dichter  nicht  angehörenden  zusatz  erkennen 
und  streichen. 

Ist  diese  beweisfQhrung  etwa  so  gar  unerheblich,  dass  sie  keiner 
anffihrung,  etwa  so  schwach,  dass  sie  keiner  Widerlegung  bedürfte? 

Sehen  wir  genauer  zu,  so  gewahren  wir  aber  ferner  noch,  dass 
Professor  Paul  für  seine  beibehaltung  der  verbalform  redten  in  vers  71 
zwei  gründe  angegeben  hat.  Der  eine  grund,  und  wie  es  auf  den 
ersten  blick  scheinen  könte  der  haupt-  oder  gar  der  einzige  giiind  ist 
entnommen  aus  der  Übereinstimmung  sämtlicher  handschriften 
(BDabcdrf)  gegenüber  der  einzigen  handschrift  A,  deren  Schreiber 
hier  mit  einer  seiner  „häufigen  auslassungen^^  gesündigt  haben  solL 
Aber  der  andere  grund  steckt  in  dem  urteile,  dass  diese  auslassung 
„nur  durch  die  unrechtmässige  aufnähme  der  Umstellung  von  bc  einen 
sinn'*  erhalten  würde.  Und  dies  ist,  wenn  wir  den  Wortlaut  seiner 
anmerkung  genau  prüfen  und  erwägen,  Pauls  eigentlicher  und 
wirklicher  hauptgrund.  Er  vermisst  einen  sinn  in  den  versen  71 
und  72  (wie  sie  von  A  dargeboten  werden),  und  um  diesen  sinn  zu 

1)  Hier  hat  sich  Lachmann  mit  gntem  fuge  darauf  beschränkt,  diese  art 
einer  etwaigen  scheinbaren  rechtfortigung  des  überladenen  verses  als  für  Hart- 
mans versbau  unmöglich  zu  beweisen.  Weiter  unten  wird  sich  zeigen,  dass 
er  auch  noch  von  einer  anderen  art  an  einem  anderen  orte  die  gleiche  Unmög- 
lichkeit bewiesen  hat. 


-»-':, 


EIN  FEHLBB  IN  LACHMAMHS  I-WEINKBITIK  187 

beschaffen  bedarf  er  eines  verbnms.  Das  wird  ihm  nun  in  der  form 
redien  handschriftlich  stark  bezeugt  dargeboten,  und  da  es  zugleich 
for  den  sinn  von  vers  72  ausreicht,  kann  er  in  vers  72  das  nur  durch 
er  bezeugte  verbum  sagten  entbehren.  Er  befindet  sich  also  genau  in 
derselben  mislichen  Verlegenheit  wie  Lachmann,  der  ebenfalls  in  vers  71 
und  72  einen  genügenden  sinn  vermisste,  und  zur  erzielung  dieses  sin* 
nes  eines  verbums  bedurfte.  Da  ist  es  denn  höchst  belehrend  y  das  ver- 
fahren dieser  beiden  kritiker  zu  vergleichen.  Lachmann,  ein  bedäch- 
tiger kritiker  altes  Schlages,  war  ein  viel  zu  gediegener  philologe,  viel 
zu  gründlich  herangebildet  in  der  strengen  schule  altklassischer  Philo- 
logie, als  dass  er  es  hätte  über  sich  gewinnen  können,  dem  feinsinnigen 
dichter  und  verskünstler  Hartmann  einen  so  fehlerhaft  oder  doch  min- 
destens so  ungeschickt  gebauten  vers  zuzumuten ,  den  harthörige  unacht- 
same Schreiber  ihm  aufgebürdet  hatten,  und  suchte  sich  deshalb  in 
anderer,  die  feine,  saubere  versform  des  dichters  nicht  verletzender 
weise  zu  helfen.  Professor  Paul  dagegen,  als  ein  genialer  kritiker 
kühn  vorwärtsstürmender  gegenwart,  weiss  sich  über  dergleichen  phi- 
liströse und  pedantische  scrupel  altfränkischer  beschränktheit  mit  erha- 
bener leichtigkeit  hinwegzusetzen. 

Widerholt  hatte  ich  in  Lachmanns  Iweinausgabe  diese  verse  nebst 
Lachmanns  dazu  gehörigen  anmerkungen  gelesen  ohne  anstoss  zu  neh- 
men, weil  ich  eben  nicht  veranlassung  hatte,  grade  bei  diesen  versen 
zu  verweilen  und  sie  genau  zu  erwägen.  Da  geschah  es  vor  geraumer 
zeit,  lange  bevor  professor  Pauls  aufsatz  in  den  „Beiträgen"  erschien 
und  bevor  ich  Bechs  anmerkungen  gesehen  hatte,  dass  ich  den  Iwein 
von  den  studierenden  in  meinem  privatissimum  erklären  liess.  Den 
Zuhörern  lag  ob,  sich  gründlich  vorzubereiten,  und  namentlich  auch 
Beneckes  und  Lachmanns  anmerkungen  so  achtsam  zu  studieren,  dass 
sie  nicht  nur  in  ihr  Verständnis  eindrängen,  sondern  auch  rechenschaft 
geben  könten  über  ihre  berechtigung  uod  ihre  richtigkeit.  Daraus 
erwuchs  zugleich  für  mich  selbst  die  notwendigkeit,  jede  einzelheit 
genauer  zu  erwägen.  Diesmal  gelang  es  keinem  der  zehn  zuhörer  aus 
eigener  kraft  ein  urteil  über  die  berechtigung  oder  nichtberechtigung 
von  Lachmanns  Umstellung  der  verse  69.  70  zu  gewinnen.  Mir  aber 
entsprang  aus  der  eigenen  genauen  prüfung  die  meines  bedünkens  rich- 
tige erkentnis  des  Sachverhaltes  und  die  möglichkeit,  meine  zuhörer  zu 
derselben  anzuleiten.  Einige  jähre  später,  als  wider  einmal  der  Iwein 
im  privatissimum  studiert  wurde,  gelangte  von  widerum  zehn  zuhörem 
doch  einer  zu  einer  so  starken  ahnung  des  richtigen ,  dass  er  das  wahre 
nahezu  erreichte. 


186  J.   SACBXB 

Die  Bache  liegt  meines  erachtens  so  überaus  einfach  ^  dass  man 
sich  fast  wundem  moss,  dass  selbst  ein  so  scharf  und  fein  blickender 
forscher  wie  Windisch  das  richtige  nicht  alsbald  klar  und  bestirnt  erkant 
hat.^  Ja  ich  glaube  wol  kaum  zu  irren,  wenn  ich  vermute,  dass  Lach- 
mann selbst  eben  dadurch,  dass  das  richtige  so  handgreiflich  unmittel- 
bar an  der  Oberfläche  ligt,  verlockt  worden  ist,  die  erkl&rung  einer 
auf  den  ersten  blick  scheinbar  schwierigen  stelle  in  gr(^sserer  tiefe  zu 
suchen,  dass  er  sich  dadurch  den  harmonischen  überblick  gestört  hat 
und  in  folge  dessen  zu  dem  von  ihm  ergriflfenen  auskunftsmittel  gedrängt 
worden  ist.  Man  braucht  die  ganze  stelle  eben  nur  richtig  zu  lesen, 
und  sofort  wird  nicht  nur  alles  klar,  sondern  es  tritt  zugleich  auch 
Hartmanns  kunst  mit  ihrer  sauberen  Zierlichkeit  und  gefälligen  eben- 
mässigkeit  zu  tage.  Damit  man  sie  aber  richtig  lese,  will  ich  das 
gruppenweise  zusammengehörige  durch  die  druckeinrichtung  kentlich 
machen,  so  dass  es  gleichsam  in  den  harmonisch  abgestuften  linien 
eines  architektonischen  Ornamentes  vor  äugen  trete. 

Dö  man  des  pfingestages  enbeiz, 
mänlich  im  die  vreude  nam 
der  in  dö  aller  beste  gezam. 

65    Dise  sprächen  wider  diu  mp, 
dise  banecten  den  Up, 
dise  tanzten,  dise  sungen^ 

dise  liefen,  dise  sprung'en, 
dise  hörten  seitspü, 
70  dise  schuzzen  zuo  dem  zil: 

dise  von  seneder  arbeit, 
dise  von  grözer  manheit. 

Qftwein  ahte  flf  wäfen; 
Keit  legt  sich  släfen 
75    üf  den  sal  under  in: 

ze  gemache  an  öre  stuont  sin  sin. 

Überschaut  man  diese  typographische  anordnung,  so  lehrt  der 
augenschein  sofort,  dass  Hartmann,  hier  gänzlich  abweichend  von  sei- 
nem vorbilde  Grestiens,  die  gesamte  pfingstgesellschaft,  entsprechend 
der  an  den  deutschen  forsten-  und  edelhöfen  damals  herschenden  zwie- 
fachen Strömung,  in  zwei  häUten  geteilt,  zwei  männer  aber  besonders 
herausgehoben  und  von  der  ganzen  übrigen  menge  getrent  hat.    Die- 

1)  üntersnchongeii  Über  den  unprnng  des  relativpronomens  in  den  indogerm. 
spraohen.    In  Ge.  CnrtiiiB  Stadien  s.  griech.  n.  lat.  gramm.    Leipiig  1869.    2,  883. 


BIN  9BHLBB  IN  LACBXANNS  IWSINKBmK  189 

jenige  hälfte,  welche  der  neuen  höfischen  aus  Frankreich  gekommenen 
mode  huldigt,  was  Hartmann  durch  den  höfischen  modischen  ausdruck 
senediu  arbeit  bezeichnet,   unterhält  sich  mit  den  damen,   plaudernd, 
tanzend,  singend,  dem  saitenspiel  lauschend;  die  andere  hälfte  dagegen, 
welche  grösseres  gefallen  findet  an  der  alteinheimischen  pflege  des  waf- 
fenhandwerkes ,  was  Hartmann  durch  grdsm  ma/nheit  ausdrückt,   sucht 
ihr  vergnügen  in  leibesübungen ,   im  laufen,  springen  und  schiessen. 
Qanz  unyerkenbar  absichtlich  sind  in  den  drei  verspaaren  65  —  70  die 
Vergnügungen  dieser  beiden  h&lfben  einander  stichisch  gegenübergestellt, 
und  ausserdem  noch  je  zwei  gegenüberstehende  und  durch  den  reim 
gebundene  verse  einander  ganz  synmietrisch  gebaut,  so  dass  die  je  zwei 
verse  der  beiden  äusseren  paare,  65.  66  und  69.  70  je  ein  pronomen, 
ein  verbum,   ein  Substantiv,   dagegen  die  beiden  verse  des  mittleren 
paares  67.  68  je  zwei  pronomina  und  zwei  verba  haben.    Dahinter 
folgt  dann 9  in  dem  verspaare  71.  72,  die  angäbe  der  gründe  für  die 
sonderung  in  zwei  hälften,   beidemal  angezeigt  durch  die  prftposition 
von,   welche  damals  ganz   gewöhnlich  zur  bezeichnung  des   grundes 
gebraucht  wurde,  während  wir  in  unserem  heutigen  deutsch  dafür  die 
Präposition  aus  verwenden,  und  also  sagen  müsten:  aus  neigung  zum 
höfischen  minnedienste;   aus  verliebe  für  das  waflenhandwerk.     und 
auch   diese   zwei  verse   des   paares   71.   72   sind  streng  symmetrisch 
gebaut,  je  ein  pronomen,  eine  präposition,   ein  Substantiv  und  ein 
participisJes   oder  adjectivisches  beiwort  enthaltend.     Nun  wird  aber 
auch  vollkommen  klai-,  dass  und  warum  die  beiden  verse  71.  72  ein 
verbum  gar  nicht  haben  können;  denn  das  verbum  eines  jeden  würde 
ja  die  summe  der  vier  verba  der  vorangegangenen  entsprechenden 
drei  verse  enthalten  müssen;  also:  dise  sprächen ^  swngeuy  tätigten ,  hor- 
ten von  (=  aus,  wegen)  seneder  arbeit;  dise  banecten,  liefen,  Sprün- 
gen, schuzeen  von  (=aus,  wegen)  gro^  manheit    Auch  im  jetzigen 
neuhochdeutsch  würden  wir  diese  beiden  zeilen  ohne  verbum  wider- 
geben können :  die  eine  hälfte  aus  neigung  zum  minnedienste ,  die  zweite 
aus  verliebe   für  das  waffenhaudwerk.    Mit  einem  verbum  würden  wir 
vollständiger,  aber  auch  prosaischer  etwa  sagen  müssen:  die  eine  hälfte 
tat  was  sie  tat  aus  neigung  zum  minnedienste,  die  andere  aus  verliebe 
für  das  waffenhaudwerk. 

Auch  in  den  folgenden  vier  versen  73  —  76 ,  und  auch  hierin 
abweichend  von  Crestiens,  hat  Hartmann  widerum  seine  meisterschaft 
bewährt,  indem  er  die  beiden  ritter  Qawein  und  Eei!  aus  der  gesam- 
ten übrigen  gesellschaft  heraushebt,  und  von  vom  herein  mit  wenigen 
charakteristischen  zügen  die  eigentümliche  ausnahmestellung  andeutet, 
die  sie  am  hofe  des  königes  Artus  einnehmen.  •—  Oawein  steht  in  der 

EOnOBM.  9.  DBUTSOHS  PHILOLOOIB.     BD.   TU.  13 


190  i.  SACHtt 

allgemeinen  anerkenniing  bereits  auf  so  hoher  stofst  dass  es  ihm  kaum 
noch  vergnügen  gewähren  kann,  zugleich  mit  nnd  unter  den  übrigen 
in  $eneder  arbeit  nm  die  gunst  der  damen  zu  werben.  Andrerseits  ist 
er  in  allen  ritterlichen  künsten  allen  übrigen  so  gewaltig  überlegen, 
dass  seine  teilnähme  an  den  leibes-  und  waffenübungen  das  vergnügen 
der  andern  nur  vermindert  und  gestört  haben  würde ,  weil  er  doch  über- 
all Sieger ,  und  so  sehr  sieger  geblieben  sein  würde ,  dass  sogar  die  vor- 
züglichsten leistungen  aller  übrigen  dagegen  in  schatten  getreten  wären. 
Solchergestalt  von  der  teilnähme  an  den  allgemeinen  Vergnügungen  mit 
gutem  fbge  sich  ausschliessend,  findet  er  seine  Unterhaltung  in  dem, 
was  ihn  als  beiden  zumeist  anziehen  muste ,  in  der  achtsamen  betrach- 
tung  von  Waffen^  deren  die  zusammengeströmten  gaste  ja  viele  und 
mancherlei  mitgebracht  haben  musten,  und  darunter  auch  solche,  die 
seiner  aufmerksamkeit  gar  wol  würdig  erscheinen  konten.  —  Eeit 
dagegen,  der  zuhüdse,  der  ungezogene  gesell,  mag  sich  gar  nicht 
bemühen,  weder  um  die  gunst  der  damen,  noch  um  das  lob  der  ritter; 
seine  trägheit  und  bequemlichkeit  geht  so  weit,  dass  er  sich  im  saale 
selbst,  unter  den  dort  sich  unterhaltenden  damen  und  rittern,  zum 
schlafen  hinstreckt 

Die  auffassung  der  verse  71.  72,  wie  ich  sie  hier  gegeben  habe, 
ist  sprachlich  zulässig,  und  steht  auch  im  einklange  mit  der  anschau- 
ungsweise  der  damaligen  höfischen  litteratur.  —  Wenn  Rudolf  von  Ems 
in  Barlaam  12,  40  fgg.  sagt: 

Dd  vant  er  ligende  einen  man, 
dem  was  wol  herjseriuwe  hunt, 
in  häte  ein  tier  so  s^re  verwunt, 
dojB  im  was  daa  gän  verseit 
von  der  wunden  arbeit 

so  kann  der  sinn  der  letzten  beiden  Zeilen  nur  der  sein:  dem  klagen- 
den von  einem  tiere  schwer  verwundeten  manne,  den  Barachias  liegen 
fand,  war  das  gehen  unmöglich  gemacht,  weil  er  (oder:  in  folge  des- 
sen dass  er)  durch  die  wunde  arbeit  litt,  d.  h.  weil  die  wunde  ihn 
schmerzte  und  hinderte.  Dem  analog  ist  es  sprachlich  zulässig ,  unsere 
stelle  im  Iwein  so  aufzufassen:  die  ritter  sprächen  wider  diu  toip,  unter- 
hielten sich  mit  den  damen  usw.  von  seneder  arbeit,  weil  sie  (oder:  in 
folge  dessen,  dass  sie)  senede  arbeit  litten,  oder,  wieNithart  11,  32  sich 
ausdrückt:  weil  ihnen  sende  arebeite  vil  wS  taten.  Wolte  man  jedoch 
senede  arbeit  durch  „pein  des  sehnens,  liebessehnsucht,  liebesqual, 
liebeskummer *'  u.  dgl.  übersetzen,  so  würde  man  die  sache  viel  zu 
erasthaft  nehmen.    Es  ist  nichts  weiter  als  ein  damals  allgemein  üblicher 


r» 


Sni  PISHLBB  IK  ULCH1UKK8  IWBINKBITIK  191 

modeansdruck,  der  schon  durch  das  sehr  häufige  vorkommen  des  ver- 
bums sefien  in  mancherlei  Verbindungen  verrät,  dass  er  so  tief  ernst 
und  gewichtig  nicht  gemeint  war ,  sondern  sich  nur  auf  den  seit  einigen 
Jahrzehnten  modisch  gewordenen  ritterlichen  und  höfischen  minnedienst 
beziehen  solte.  Solche  senedcere  gab  es  damals  überall,  und  zu  wel- 
cher torheit  und  abgeschmacktheit  ihre  senediu  arbeit  sogar  steigen 
konte ,  ist  ja  aus  dem  beispiele  Ulrichs  von  Lichtenstein  sattsam  bekant. 
Gottfried  von  Strassburg  empfiehlt  dergleichen  senecUeren  zur  linderung 
ihrer  not  geeignete  immiw^  und  namentlich  beschäfdgung  mit  senUchen 
mceren ,  mit  liebesromanen.    Trist.  86  fgg. : 

durch  daz  ist  giwt,  stoer  herzekkbge 
und  senede  not  ze  herzen  trage, 
daz  er  mit  allem  ruoche 
dem  libe  unmuoze  suoche. 


ein  sendtchez  mcere 
daz  trtbe  ein  senedcere 
mit  herzen  und  mit  munde 
und  senfte  so  die  stunde. 

Ganz  dem  ähnlich  lässt  hier  Hartmanu  von  den  senedceren  die  gesell- 
schaft  der  damen  suchen,  um  bei  und  mit  diesen  in  gespräch,  tanz, 
gesang  und  saitenspiel  sich  zu  erquicken  und  ihr  liebesleid  zu  verges- 
sen. —  Diese  Verwendung  der  präposition  von^  zur  bezeichnung  des 
grundes  oder  der  Ursache  (wofiir  das  neuhochdeutsche  die  präpositionen 
„vor,"  oder  „aus,  durch,  wegen"  gebraucht)  war,  um  auch  diesen 
nach  weis  nicht  zu  verabsäumen,  dem  Hartmanu  sehr  geläufig.  Zur 
veranschaulichung  dessen  mögen  einige  wenige  beispiele  aus  dem  Iwein 
selbst  genügen. 

done  wart  vmn  her  Iwein 

vordes  nie  älsd  vro. 

von  grozen  vreuden  kuster  dö 

siner  juncvrouwen  munt 

hende  und  äugen  tüsentstunt.     7974  fgg. 

ir  höfscheü  unde  ir  gikete 

heswarten  ir  gemüete, 

daz  $i  von  grozer  riuwe 

und  durch  ir  reine  triuwe 

vil  sere  weinen  began.    3387  fgg. 

13* 


Id2  J.  ZAOHKB 

"her  Iwein,  niene  verdenket  michy 
daz  ichz  von  unstete  tuOj 
daz  ich  iuwer  dlsus  vruo 
gnade  gevangen  hon.    2300  fgg. 

Und  endlich,  dass  mahheit  nicht  bloss  die  tapferkeit  bedeutet,  die 
jemand  durch  taten  irgendwann  und  irgendwo  bewiesen  hat,  sondern, 
ähnlich  dem  neuhochdeutschen  „mannhaftigkeit,^^  auch  eine  angeborene 
Charaktereigenschaft  bezeichnen  kann,  bedarf  kaum  der  erwähnung.  So 
schreibt  Wolfram  dem  jungen  Parsdval  (174,  25)  ausdrücklich  an  gebor- 
niu  manheit  zu,  welche  gleich  bei  seinem  ersten  versuche  im  ritter- 
lichen Waffenhandwerke  sich  geltend  machte,  und  in  demselben  sinne 
braucht  es  auch  Hartmann  selbst  im  Iwein  4087  fgg. 

Ich  weiz  ir  ztvene,  und  ouch  niht  me, 

an  den  so  voUeclichen  sti 

diu  tugent  und  diu  manheit, 

die  sich  sd  starke  arbeit 

durch  mich  armen  namen  an. 

Demnach  ist  es  zulässig  v.  72  von  großer  manheit  so  aufzufassen:  weil 
(oder:  in  folge  dessen  dass)  die  (angebome)  Charaktereigenschaft  der 
mannhaftigkeit  bei  ihnen  stark  überwog ,  fühlten  sie  sich  wenig  geneigt 
ihre  ergetzung  im  höfisch -minniglichen  verkehr  mit  den  damen  zu 
suchen,  sondern  gaben  dem  vergnügen  der  leibes-  und  waffenübungen 
den  Vorzug. 

In  den  versen62  — 64  ist  die  allgemeine  angäbe  vorausgesant: 
mänlich  im  die  vreude  nam  der  in  dd  aller  beste  gezam,  nach 
tische  wählte  sich  jeder  diejenige  ergetzung,  welche  ihm  am  meisten 
gemäss  war,  am  meisten  zusagte.  In  den  folgenden  versen  65 — 76 
wird  dieselbe  angäbe  in  detaillierter  ausfllhrung  widerholt,  mit 
genauestem  anschlusse  an  die  allgemeine  fassung,  in  paralleler  und 
symmetrischer  vier&cher  gliederung.    Es  entsprechen  also 

1)  dem  mäfdich  „jeder*'  des  allgemeinen  satzes  die  vier  gUeder: 
ab)  die  beiden  hälften  der  gaste,  c)  Oawein,  d)  Eeit; 

2)  der  vreude  „ergetzung**  des  allgemeinen  satzes  die  vier  glie- 
dert a)  gespräch  mit  den  damen,  tanzen,  singen,  saitenspiel,  b)  leibes- 
übung,  laufen,  springen,  schiessen;  c)  beschauen  der  waffen;  d)  schlafen; 

3)  dem  gezam  „passte,  zusagte**  des  allgemeinen  satzes  die 
begründungen ,  wiefern  oder  warum  die  ergetzungen  den  betreffenden 
gezteme,  gemäss,  zusagend,  waren,  und  zwar:  wegen  überwiegender 
neigung  a)  zum  höfischen  minnedienste ,  b)  zu  ritterlichen  Übungen, 
d)  zur  bequerolichkeit  und  trägheit.    Nur  hier  allein  fehlt  das  begrün- 


BOT  FBHLBE  IN  LAGHMASNS  IWBDIKBITIK  193 

dende  dritte  glied  c;  aber  grade  Gawein,  und  er  alleii),  konte  eines 
solchen  gar  wol  entbehren,  da  ans  seiner  Sonderstellung,  als  unbestrit- 
ten erster  alle  anderen  fiberragender  held  unter  den  rittern  am  hofe 
des  königett  Artus ,  schon  von  selbst  folgte,  dass  und  warum  diese  und 
nur  diese  ergetzung  ihm  zusagend  und  geipäss  sein  konte. 

Wenn  Hartmann  eine  solche  harmonisch  gegliederte  parallele 
gegenfiberstellung  wirklich  beabsichtigt  hat  —  und  das  dünkt  mich 
nach  dem  bisher  erörterten  doch  wol  kaum  zweifelhaft  —  so  hat  er 
freilich  auch  andererseits  eigentlich  selbst  verschuldet,  dass  sie  fiber- 
sehen werden  konte,  indem  er  sich  für  die  verschiedenen  entgegen- 
gesetzten glieder  nur  auf  ein  und  dasselbe  demonstrativpronomen  dirre 
(pl.  dise)  beschränkt  hat,  statt  die  gegensätze  durch  die  Verwendung 
verschiedener  pronomina  auch  schon  äusserlich  und  formal  sprachlich 
als  solche  kentlich  zu  machen,  wie  er  es  an  einigen  anderen  stellen 
des  Iwein  getan  hat:  v.  4625  ea  rief  dirre  und  rief  der,  hamasck 
unde  ros  her!  oder,  von  zwei  kämpfenden  gegnern  redend:  v.  1036 
sprtBcheich  . ..  wie  dirre  sluoe,  wie  jener  stach  (vgl.  Qrimm,  gramm. 
4,  447  fg.).  Ähnlicherweise  hätte  er  hier,  wenn  er  sich  mit  zweifel- 
loser bestimtheit  ausdrücken  weite,  sagen  können:  dise  sprä<^ien  wider 
diu  wip,  jene  hcmecten  den  lip,  dise  tanjsten,  dise  sungen^  jene 
liefen^  jene  Sprüngen  usw.  Weil  er  nun  eine  solche  bestirnte  Unter- 
scheidung durch  verschiedene  pronomina  unterlassen  hat,  lag  die  gefahr 
einer  misverständlichen  auffassung  allerdings  so  nahe,  dass  sie  kaum 
vermieden  werden  konte ;  und  schon  sehr  frfih ,  schon  wenige  Jahrzehnte^ 
oder  vielleicht  gar  nur  wenige  jähre  nach  der  abfassung  des  gedichtes, 
muss  die  irrige  auffassung  aufgekommen  und  gangbar  geworden  sein. 
Denn  nur  allein  der  Schreiber  der  handschrift  A  hat  sich  noch  frei  von 
ihr  erhalten,  während  bereits  die  alte,  noch  aus  dem  13.  Jahrhundert 
stammende  Giessener  handschrift  B  ihr  verMlen  ist,  und  alle  übrigen 
von  Lachmann  benuzten  handschriften  mit  B  denselben  fehler  teilen. 
Dies  ist  einer  von  den  f&Uen,  und  ein  recht  schlagender,  auf  denen 
Lachmanns  wolbegrfindetes  urteil  beruht:  „die  älteste  handschrift  A  ist 
mit  keiner  der  andern  näher  verwant:  Veränderungen  die  erken- 
bar  absichtlich  sind,  hat  sie  niemals  gemein  mit  einer  ande- 
ren.*' üud  er  verfuhr  nur  nach  den  bewährten  grundsätzen  einer  rich- 
tigen, bewusten,  methodischen  kritik,  wenn  er  sie  aus  diesem  durchaus 
triftigen  gründe  vor  allen  anderen  bevorzugte,  und  unter  der  von  ihm 
selbst  angegebenen  vorsichtigen  beschränkung  ihr  folgte.  —  Wenn 
aber  jene  kaum  vermeidliche  irrige  auffassung  schon  im  13.  jahrhunr 
derte  entsprungen  und  allgemein  gangbar  geworden  ist,  was  wunder 
dann,  dass  sie  bis  auf  diesen  tag  fortbestanden  hat^  und  dass  selbst 


194  J.  SACHSE 

Lachmann  ihr  nicht  entgangen  ist.  Scheint  doch  si^ar  auch  professor 
Paul  nicht  die  leiseste  ahnong  davon  gehaht  zu  haben,  dass  in  dieser 
anffassang,  und  nur  in  dieser,  der  fehler  liege. 

Der  absieht  des  dichters  gemäss  solte  also  die  gliedemng  folgen- 
dermassen  aofgefasst  werden:  die  einen  unterhielten  sich  mit  den 
damen,  die  anderen  trieben  leibesfibungen,  die  einen  tanzten  oder 
sangen,  die  anderen  liefen  oder  sprangen,  die  einen  lauschten  dem 
saitenspiel,  die  anderen  schössen  nach  dem  ziele:  die  einen  aus 
neigung  zum  höfischen  minnedienste ,  die  anderen  aus  Vorliebe  für 
ritterliche  leibes-  und  waffenübung.  Dann  ist  an  sich  Uar,  dass 
die  beiden  lezten  zeilen  eines  verbums  nicht  bedfirfen,  dass  sie  ohne  ein 
solches  völlig  und  richtig  verstanden  werden,  und  dass  eine  Unklarheit, 
härte,  oder  gar  fehlerhafkigkeit  der  grammatischen  construction  nicht 
vorhanden  ist.  Ward  dagegen  die  harmonische  gegenüberstellung  auch 
nur  der  ersten  glieder  einmal  übersehen  und  verkant,  und  hatte  man 
einmal  begonnen  zu  übersetzen:  einige  unterhielten  sich  mit  den 
damen,  andere  trieben  leibesübungen ,  wider  andere  tanzten,  wider 
andere  sangen,  so  muste  man  auch  in  derselben  weise  fortfahren, 
muste  also  sämtliche  folgende  dise  des  grundtextes  durch  wider 
andere  übersetzen,  und  dann  freilich  fehlte  jedem  der  beiden  verse 
71.  72  das  ihm  nun  unentbehrliche  verbum.  Als  ein  Schreiber 
schon  des  13.  Jahrhunderts  auf  diese  irrige  aufifassung  geraten  war  und 
nun  bei  vers  71.  72  das  nötige  verbum  vermiste,  half  er  sich  sehr  ein- 
fach dadurch,  dass  er  dem  71.  verse  ein  solches  f&r  beide  verse  aus- 
reichendes verbum  nach  eigenem  gutdünken  einf&gte.  Das  von  ihm 
gewählte  verbum  redeten  lag  ja  nahe  genug ,  und  war  auch  dem  sinne 
nach  nicht  eben  unangemessen,  denn  von  liebesangelegenheiten  und 
kühnen  taten  kann  man  ja  zur  Unterhaltung  gar  wol  erzählen,  und  hat 
es  in  den  höfischen  kreisen  auch  oft  genug  getan.  Daher  behielten  die 
späteren  schreiber  dies  verbum  bei ,  ja  einer  derselben  gieng  sogar  noch 
weiter,  und  f&gte  auch  dem  72.  verse  noch  ein  besonderes  synonymes 
verbum  sagten  ein.  Verwunderlich  ist  das  ganz  und  gar  nicht,  denn 
sorgsame  achtsamkeit  auf  treue  bewahrung  der  reinheit  des  versmasses 
darf  man  von  Schreibern  jener  zeit  eben  nicht  erwarten. 

Auch  Lachmann  teilte  hier  diejenige  auffassung  der  pronomina 
(di$e)j  aus  welcher  die  textgestaltung  der  handschriften  BDabcd  her- 
vorgegangen ist,  und  folglich  fehlte  auch  ihm  ein  verbum  für  die  bei- 
den verse  71  und  72.  Aber  in  der  beschaffung  dieses  verbums  erwies 
er  sich  als  echter  kritiker.  Der  echte  kritiker  schliesst  sich  zwar 
möglichst  enge  an  diejenige  textüberlieferung,  welche  er  als  die  am 
besten  überlieferte  und  glaubwürdigste  ermittelt  hat ,  aber  er  steht  doch 


/• 


Va  FEHLBB  Df  lAOHUANKS  IWSINKBITIK  195 

mit  bewnstem  eigenem  urteile  über  den  handschriften ,  auch  über  den 
besten;  denn  er  hat  sich  nach  bestem  vermögen  auch  in  den  stand 
gesetzt,  ihre  wirklichen  fehler  als  solche  zu  erkennen;  und  von  der- 
gleichen fehlem  sind  selbst  die  vorzüglichsten  handschriften  nicht  gänz- 
lich frei.  Und  dass  hier  in  der  Überlieferung  von  BDabcd  ein  feh- 
ler vorliegt,  das  eben  hatte  Lachmann  erkant.  Denn  nach  dieser  fas- 
sung  müste  der  vers  entweder  gemessen  werden: 

dise  redten  von  seneder  arbeit 

das  aber  ergäbe  einen  vers  von  fünf  hebungen,  und  einen  solchen  wird 
doch  wol  auch  professor  Paul  dem  Hartmann  nicht  zumuten  wollen. 
Oder  er  müste  gemessen  werden: 

dise  reten  van  seneder  drheit 

das  aber  ergäbe  eine  metrische  rohheit,  von  welcher  (wie  oben  bereits 
gezeigt  wurde)  Lachmann  nachgewiesen  hat,  dass  sie  zwar  bei  dem 
späten  und  nachlässigen  Österreicher  Ottokar  vorkommen  kann,  aber 
dem  sauberen  verskünstler  Hartmann  nicht  aufgebürdet  werden  darf. 
Oder  endlich  müste  er  gemessen  werden: 

dise  retten  van  sSneder  drheit 

das  aber  ergäbe  einen  vers  mit  überladener  erster  hebung  und  Senkung, 
und  dies  wäre  nach  Lachmanns  urteile  ebenfalls  unzulässig.  Professor 
Paul  behauptet  freilich  s.  362^  in  seiner  bemerkung  zu  vers  310,  dies 
sei  nur  „eine  metrische  voraassetzung/^  welche  also  wol  auch  unter 
die  s.  289  von  ihm  so  heftig  angefeindeten  angeblich  wilkürlichen  und 
noch  nicht  gesicherten  metrischen  regeln  gehören  würde.  Allein  als 
beurteiler  von  Lachmanns  Iweinkritik  muss  er  doch  wol  wissen,  dass 
die  Sache  sich  ganz  anders,  dass  sie  sich  folgendermassen  verhält: 

Von  sämtlichen  über  2&000  versen  Hartmanns  ist  meines  wissens 
nur  ein  einziger  so  überliefert,  dass  emstlicber  die  frage  aufgeworfen 
werden  kann,  ob  er  unter  die  kategorie  der  verse  mit  überladener 
erster  hebung  und  Senkung  zu  rechnen  sei  oder  nicht,  nämlich  Iwein 
309 ,  welcher  in  den  handschriften  lautet 

die  hieben  mich  mllekamen  sin. 

Denn  von  vers  230  des  Gregor  muss  gänzlich  abgesehen  werden,  weil 
seine  Überlieferung  so  zerrüttet,  zerfahren  und  verderbt  ist,  dass  sich 
ans  ihr  das  echte  nicht  mit  Sicherheit  gewinnen,  und  sich  folglich 
auch  kein  metrischer  schluss  auf  ihn  bauen  lässt.  Es  konunen  nun 
zwar  dergleichen  verse  mit  derart  überladenem  anfange  allerdings  schon 


Id6  j.  B^CHn 

einigemal  bei  OtMed  vor,  und  begegnen  auch  hie  und  da  in  mittel- 
hochdeatficher  zeit,  aber  doch  nur  in  wenigen  gedichten,  und  selbst  in 
diesen  nicht  häufig.  Sie  waren  also  durchaus  nicht  aUgeniein  üblich, 
sondern  sind  nur  eine  wenig  beliebte  freiheit,  welche  nur  einzelne 
dichter  sich  erlaubten,  und  welche  man  eben  deshalb  einem  so  sau- 
beren verskünstler . wie  Hartmann  erst  dann,  und  nur  dann  zugestehen 
dfirfte  und  mflste,  wenn  sie  in  entscheidenden  sicher  beweisen- 
den stellen  sich  tatsächlich  bei  ihm  vorfänden.  Prüft  man  daraufhin 
die  einzige  zu  einer  solchen  Voraussetzung  anscheinend  berechtigende 
stelle,  Iwein  309,  so  findet  man,  dass  die  Überlieferung  lautet: 

dcbr  nach  was  vü  utUanc 
WM  daf  dort  her  vür  spranc 
305    des  vnirtes  samnunge, 
scheene  unde  junge 
junkherren  unde  hnehte, 
gedeidet  nach  ir  rehte: 
die  hiezen  mich  tvittekofnen  sin. 

Ein  gewönlicher  kritiker  alltägliches  Schlages  würde  hier  gar  nichts 
anstössiges  oder  aufiälliges  sehen,  denn  der  plural  hiezen  stimt  ja  ganz 
wol  zu  den  unmittelbar  vorhergehenden  pluralen  junkherren  unde  kndUe, 
und  die  überschüssige  silbe  in  vers  309  würde  einem  solchen  auch 
wenig  sorge  machen,  da  ihm  ja  die  wähl  bliebe  zu  lesen 

die  hiezen  mich  wükomen  ^n 
oder  die  hiezn  mich  wülekomen  stn 

oder  die  hiez6n  mich  wülekomen  s^n. 

Das  war  aber  eben  eine  von  jenen  hervorragenden  tugenden  Lachmanns,  die 
ihn  zum  grossen  kritiker  befthigte,  dass  er  Unebenheiten,  schwächen, 
mängel  und  Schwierigkeiten  sah,  wo  andere  leute  gar  nichts  gewahrten 
und  achüos  vorübergiengen ,  und  dass  er  sich  nicht  damit  begnügte  sie 
bloss  zu  sehen,  sondern  sich  auch  aufs  emstlichste  und  redlichste 
bemühte,  sie  durch  strenge,  gewissenhafte  forschung  und  auf- 
bietung  eines  ungewönlichen  Scharfsinnes  nach  bester  möglichkeit  zu 
heben.  So  hatte  er  erforscht,  dass  Hartmann  niemals  wükomen  sagt, 
sondern  stets  wiUekomenj  und  damit  kam  die  möglichkeit,  zu  lesen: 

die  hiezen  mich  untkomen  stn 

in  wegfalL  Desgleichen  hatte  genaue  ergründung  der  spräche  und  des 
Versbaues  Hartmanns  ihm  die  sichere  kentnis  und  Überzeugung  ver- 
schafft, dass  auch  die  beiden  anderen  angegebenen  weisen  den  vers  zu 


••  ".  •• 


■DT  FXHLEB  IN  LACHMAinfS  IWELNIUIITIK  197 

lesen  dem  sonstigen  sprach  -  und  versgebrauche  Hariananns  nicht  gerecht 
seien.  Deshalb  griff  er  als  echter  kritiker  nun,  auf  gnmd  also 
gewonnener  erkentnis  zu  dem  allein  gerechtfertigten  aoskunftsmittel, 
d.  h.  er  schrieb  diu  hieß  statt  die  hiejsen,  stellte  also  mit  leichtester 
änderung  der  Überlieferung  die  correcte  giammatische  construction 
wider  her :  diu  samemmge  . . .  diu  hiee ,  und  zugleich  auch  den  cor- 
recten  vers 

diu  hiesf  mich  unUekamen  stn. 

Er  verfuhr  dabei  allerdings  gegen  das  übereinstimmende  zeugnis  sämt- 
licher handschriften.  Allein  der  genau  ermittelte  sprach-  und  vers- 
gebrauch  des  dichters  ist  massgebend  für  die  beurteilung  der  über- 
Ueferung,  zumal  in  einem  falle  wie  hier,  wo  es  so  nahe  lag,  ja  faat 
unvermeidlich  war ,  dass  die  Schreiber  darauf  verfallen  musten ,  das  ver- 
bum  mit  den  unmittelbar  vorhergehenden  pluralischen  Substantiven 
(funkJierren  unde  knehte)  in  Übereinstimmung  zu  bringen,  statt  es  in 
Übereinstimmung  mit  dem  entfernteren  singularischen  wirklichen  sub- 
jecte  zu  belassen.  Eine  emendation  wie  diese,  welche  mit  leisester, 
kaum  merklicher  änderung  der  Überlieferung  zugleich  satz-  und  Vers- 
bau correct  macht  und  mit  der  sonstigen  art  des  dichters  in  genaueste 
fibereinstinmiung  bringt,  wird  kein  echter  kritiker  von  der  band  wei- 
sen; und  wer  sinn  und  begabung  für  echte  kritik  hat,  wird,  weit  ent- 
fernt eine  solche  emendation  zu  tadeln ,  vielmehr  ihre  meisterhafte  ein- 
fachheit  und  feinheit  bewundem.  Ein  ganz  vereinzelter  vers  aber,  der 
durch  eine  so  gar  nicht  gewaltsame  und  so  buchst  einfache  emendation 
seine  incorrectheit  verliert,  hört  damit  zugleich  auch  auf,  ein  beweis- 
kräftiger zeuge  zu  sein  für  diese  incorrectheit,  zumal  bei  einem  dich- 
ter, der  grade  durch  sauberste  correctheit  sich  auszeichnet 

Wenn  nun  in  vers  71  zwar  die  handschriften  BDabcd  einen  in 
gleicher  weise  incorrect  gebauten  vers  darbieten ,  den  man  geneigt  sein 
könte  zu  messen: 

dise  retten  van  seneder  drbSit 

aber  grade  der  älteste  und  zuverlässigste  zeuge,  die  handschrifb  A, 
dieser  incorrectheit  sein  zustimmendes  zeugnis  versagt,  und  einen  tadel- 
los correct  gebauten  vers  gewährt : 

dise  von  sSneder  arbeit 

so  ligt  doch  auf  flacher  band,  dass  es  ein  schwerer  kritischer  fehler 
sein  würde,  grade  den  für  den  correct  gebauten  vers  eintretenden  haupt- 
zeugen zu  verwerfen,  und  statt  dessen  mit  den  minder  glaubwürdigen 


198  J.  ZAOHBB 

nebenzeugen  dem  dichter  eine  incorrectheit  aufzabürden^  für  deren  vor- 
kommen bei  ihm  ein  zwingender  und  entscheidender  beweis  nicht 
erbracht  werden  konte. 

Keinesweges  aber  war  es  eine  willkürliche  anbewiesene  metrische 
regel,  die  hier  für  Lachmann  massgebend  gewesen  ist,  sondern  eine 
sorgsam  ermittelte,  kritisch  gesicherte,  mid  von  Lachmann  selbst  in 
seiner  anmerkung  zu  vers  309  aufgezeigte  und  erwiesene  tatsache: 
eben  die  tatsache,  dass  das  wirkliche  vorkommen  derartig  incorrect 
gebauter  verse  bei  Hartmann  nicht  mit  einer  für  den  echten  kritiker 
ausreichenden  Sicherheit  bewiesen  werden  kann. 

Aus  all  diesem  folgt:  unter  welchem  gesichtspunkte  auch  man 
den  vers  71  betrachten  möge,  stets  führt  strenge  kritische  Untersuchung 
zu  dem  ergebnisse,  dass  Lachmanns  kritisches  verfahren  durchaus 
gerechtfertigt  erscheint ,  wenn  er ,  in  Übereinstimmung  mit  dem  ältesten 
und  glaubwürdigsten  hauptzeugen  A,  die  von  den  nebenzeugen  BDabcd 
dargebotene  verbalform  redten  als  einen  absichtiich  gemachten  zusatz 
erklärt,  und  deshalb  verworfen  und  gestrichen  hat. 

Bei  seiner  auffassung  der  vorangehenden  verse  66  —  70  konte 
Lachmann  fQr  vers  71.  72  eines  verbums  freilich  nicht  entbehren.  Da 
er  nun  das  von  BDabcd  dargebotene  verbum  redten  aus  kritischen 
gründen  hatte  verwerfen  und  streichen  müssen,  gewann  er  ein  anderes 
verbum  dadurch,  dass  er  die  beiden  nächstvorhergehenden  verse  69.  70 
umstellte.  Zu  dieser  Umstellung  griff  er  aber  nicht  deshalb,  weil  sie 
schon  in  den  handschrifben  bc  sich  voi-findet,  denn  die  glaubwürdigkeit 
dieser  beiden  jungen  zeugen  ist  wegen  ihrer  beschränkten  Zuverlässig- 
keit schon  an  sich  nur  eine  bedingte ,  und  wird  um  so  mislicher,  wenn, 
wie  hier,  andere  handschrifben  ganz  entgegengesetzte  angaben  darbie- 
ten. Sondern  als  echter  kritiker  suchte  und  fand  er  mit  eigenem  urteile 
dasjenige  auskunftsmittel ,  welches  mit  möglichst  enger  anlehnung  an 
die  glaubwürdigste  handschriftliche  Überlieferung  dem  wahrgenommenen 
mangel  oder  fehler  abhilft  und  allen  sonstigen  anforderungen  entspricht. 
So  gewann  er  für  die  beiden  verse  71.  72  einen  sinn,  welcher  dem 
durch  die  handschrifben  BDabcd  dargebotenen  ziemlich  gleich  ist.  Denn 
der  sinn  der  beiden  verse  würde  nunmehr  sein:  wider  andere  hörten 
auf  erzählungen  von  liebeshändeln  und  noch  andere  endlich  auf  solche 
von  ritterlichen  taten  und  abenteuern.  Dass  eine  emendation  Lachmanns 
nicht  gegen  den  Sprachgebrauch  Verstösse,  lässt  sich  von  vornherein 
erwarten.  Die  formel  hcsren  von  war  freilich  damals  noch  meist  beglei- 
tet von  einem  Infinitiv  sagen  oder  singen,  wie  z.  b.  gleich  in  der  ersten 
Strophe  des  Nibelungenliedes:    van  huener  recken  striten  muget  ir  nu 


EIN  FEHLBB  IN  LACHMANN8  IWBIKKBITIK  199 

tvunder  hosren  sagen,  indes  begegnet  sie  ab  und  zu  doch  auch  ohne 
solchen  infinitiv,  wie  z.  b.  Parz.  287,  19: 

nu  hcerei  ouch  von  jenen  beiden^ 
umb  ir  komn  und  unib  ir  scheiden, 

and  deshalb  dnrfte  der  kritiker  sich  wol  erlauben^  sie  auch  dem  Hart- 
mann  zuzumuten. 

Demnach  ist,  unter  Voraussetzung  der  von  Lachmann  eingehal- 
tenen auffassung  der  verse  65  —  72,  gegen  seine  Umstellung  der  verse 
69.  70  ein  gegründeter  tadel  nicht  zu  erheben,  im  gegenteile  ist  sie 
dann  nur  zu  loben ,  als  das  einfachste  und  zweckmässigste  was  der  kri- 
tiker überhaupt  tun  konte. 

Noch  möge,  um  nichts  zu  übergehen,  kurz  erwogen  werden,  ob 
etwa  noch  zwei  andere  umstände  für  die  gewönliche  auffassung  der 
verse  71.  72  sprechen  könten. 

Erstens  sagt  Grestiens  in  den  oben  s.  178  ausgehobenen  versen 
des  französischen  textes,  welche  von  den  ergetzungen  der  damen  und 
ritter  nach  tische  handeln,  ausdrücklich 

Li  un  recontoient  naveles, 
U  autre  parUnent  cFamors, 

und  es  könte  ja  wol  die  Vermutung  zulässig  scheinen,  dass  Hartmann 
in  seinen  versen  71.  72  den  Inhalt  jener  beiden  verse  des  Grestiens  habe 
widergeben  wollen. 

Zweitens  könte  der  fortgang  der  erzählung  Hartmanns,  vers  77  fgg., 
wol  auch  so  aufgefasst  werden ,  als  solle  er  sich  unmittelbar  an  den  in 
jenem  sinne  (dise  horten  von  manheit)  gemeinten  und  aufgefassten 
vers  72  anlehnen,  gleichsam  nur  dessen  weitere  ausführung  und  natür- 
liche fortsetzung  sein.  Denn  Hartmann  berichtet  weiter,  dass  inner- 
halb des  Saales,  neben  dem  schlafenden  Eeii,  vier  ritter  sassen,  Dodi- 
nes,  Qawein,  Segremors,  Iwein,  denen  Kalogreant  ein  von  ihm  bestem- 
denes  abenteuer  erzählte ,  woraus  sich  dann  der  weitere  verlauf  der  gan- 
zen übrigen  geschichte  entwickelt 

Liest  man  jedoch  mit  einiger  aufinerksamkeit  Hartmanns  verse 
und  daneben  den  französischen  grundtext,  so  erkent  man  bald  und 
sicher,  dass  beides  nicht  der  fall  sein  kann.  Dann  stellt  sich  nämlich 
ganz  klar  heraus ,  dass  Hartmanns  verse  65  —  76  nichts  weiter  sind  als 
eine  ausmalung  der  verse  62—64,  gleichsam  ein  zierliches  miniatur- 
gemälde,  ganz  und  gar  von  Hartmanns  eigener  erfindung,  wel- 


200  j. 

ches  er,  wie  schon  oben  s.  178  bemerkt  wurde,  unbekümmert  um  den 
französischen  text  und  unabhängig  von  demselben,  eingeschaltet  hat. 
und  ferner  stellt  sich  eben  so  klar  heraus ,  dass  Hartmann  mit  vers  77 
widerum  zu  dem  französischen  texte  seiner  vorläge  zurückkehrt,  und 
zwar  zu  derjenigen  stelle  desselben,  wo  es,  fast  25  verse  hinter  den 
mit  V.  30  schliessenden  auf  die  ergetzungen  bezüglichen  zeilen,  und 
ohne  unmittelbaren  Zusammenhang  mit  denselben  heisst: 

53.    Ä  Puis  de  la  chanbre  defars 
fu  JDidonez  et  Sagremars 
et  Kex  et  mes  sire  Gauvains 
et  si  i  fu  mes  sire  Yvains 
et  avaec  ax  Qualogrenanz, 
uns  Chevaliers  n%oU  avenatie, 
qui  lor  a  comancie  un  conie, 
tum  de  s^annoTy  mes  de  sa  honte. 

Und  so  genau  ist  Hartmann  in  vers  77  und  den  nächstfolgenden  die- 
sem texte  seiner  französischen  vorläge  gefolgt,  dass  er  darüber  sein 
eigenes  unmittelbar  vorher  eingeschobenes  miniaturbild  ganz  vergessen 
hat,  wie  recht  augenscheinlich  daraus  zu  ersehen  ist,  dass  er  so  eben 
erst,  in  vers  73  seines  eingeschalteten  miniaturbildes  den  Gawein  aus* 
drücklich  von  allen  übrigen  gasten  und  genossen  abgesondert  und  ihm 
das  dhten  üf  wäfen  als  seine  vereinsamte  ergetzung  überwiesen  hatte, 
während  er  ihn  jetzt,  unmittelbar  darauf,  und  ohne  jede  vermittelnde 
motivierung,  ja  überhaupt  ohne  jeden  Zusammenhang  mit  dem  oben 
zuvor  eingeschalteten  miniaturbild  eben,  neben  drei  anderen  rittem  und 
dem  schlafenden  Eeit  sitzen,  und  dem  erzählenden  Ealogreant  zuhö- 
ren lässt 

Die  vorstehende  eingehende  Untersuchung  und  prüfung  hat  zu  fol- 
genden ergebnissen  geführt: 

Lachmanns  beurteilung  des  kritischen  wertes  der  Iweinhandschrif- 
ten ,  und  namentlich  der  handschrift  A ,  hat  sich  durchaus  als  richtig 
und  probehaltig  erwiesen. 

Lachmanns  metrik,  so  weit  sie  hier  in  frage  kam  und  kommen 
konte ,  hat  sich  gleicherweise  als  richtig  und  probehaltig  erwiesen.  Was 
als  willkürliche,  unbewiesene  regel  verdächtigt  worden  war,  hat  sich 
als  sorgsam  ermittelte  und  kritisch  gesicherte  tatsache  heraus- 
gestellt 

Lachmanns  ausmerzung  der  verbalform  redten  in  vers  71  hat  sich 
ebenfalls  als  richtig  und  probehaltig  erwiesen.    Es  hat  sich  dies  redten 


BIN  9BHLBB  IN  LAOHXiJIKS  IWBIIIKBITIK  201 

als  eine  sehr  alte  absichtliche  ändernng  herausgestellt,  von  welcher  nur 
allein  die  handschrift  A  noch  frei  geblieben  ist. 

Ist  meine  aufifassung  richtig,  dass  die  verse  65  —  72  eine  har- 
monisch gegliederte  folge  von  gegensätzen  bilden ,  und  nach  der  bewus- 
ten  absieht  des  dichters  auch  bilden  selten:  dann,  aber  auch  nur 
dann  ist  Lachmanns  Umstellung  der  verse  69.  70  allerdings  ein  kri- 
tischer fehler,  weil  sie  den  vom  dichter  beabsichtigten  par- 
allelismus  zerstört,  und  damit  zugleich  in  das  letzte  dieser 
verspaare,  71.  72,  einen  anderen  vom  dichter  nicht  beabsich- 
tigten sinn  bringt.  Aber  freilich  ist  sie  dann  auch  ein  fehler,  den 
ein  diesen  parallelismus  verkennender  oder  nicht  anerkennender  kritiker 
unvermeidlich  machen  muste,  und  den  nur  ein  meister  der  kritik 
in  dieser  weise  machen  konte. 

Ist  dagegen  meine  auffassung  der  verse  65 — 72  unrichtig, 
dann  gebührt  der  Lachmannschen  emendation  unbedingtes  lob.  Sie 
zu  tadeln  wäre  dann  höchstens  der  berechtigt,  der  sie  zugleich  auch 
durch  eine  wirklich  bessere  ersetzte. 

Professor  Pauls  verunglimpfender  tadel  Lachmanns  hat  sich  in 
keinem  einzigen  der  bei  diesen  versen  zur  prüfung  gelangten  punkte 
als  richtig  und  probehaltig  erwiesen.  Denn  selbst  seine  forderung, 
dass  die  reihenfolge  der  verse  nach  massgabe  der  handschriften  BDadrf 
gestaltet  werde ^  so  richtig  sie  an  sich  ist,  verliert  doch  allen  wert 
und  sinn,  sobald  sie  geknöpft  wird  an  die  von  ihm  gleichzeitig  ver- 
langte beibehaltung  der  verbalform  redien  in  vers  71 ,  von  welcher  sich 
durch  erschöpfende  Untersuchung  herausgestellt  hat,  dass  sie  unter 
allen  umständen  ein  schwerer  kritischer  fehler  sein  wflrde.  Da 
nun  die  verse  71.  72  bei  professor  Pauls  emendation  denselben  sinn 
behalten,  den  sie  bei  Laohmanns  emendation  haben,  so  hat  Pauls  emen- 
dation vor  derjenigen  Lachmanns  nur  den  freilich  nicht  unerheblichen 
Vorzug  voraus,  dass  sie  einen  schweren  kritischen  fehler  hinzu- 
ffigt,  den  Lachmaan  weislich  vermieden  hatte. 

Wenn  dem  aber  so  ist,  wie  hoch  steht  dann  die  oben  s.  179 
erwähnte  schüditeme  Vermutung  des  bescheidenen  gymnasiallehrers 
neben  der  absprechenden  behauptung  des  hochfahrenden  Universitäts- 
professors i, 

Longum  iter  per  praecepta,  breve  per  exempla!  Deshalb  habe 
ich  es,  wie  schon  eingangs  bemerkt,  fQr  erspriesslich,  und  gegenfiber 
hochfahrender  Verunglimpfung  der  leistung^  Lachmanns,  gradezu  flür 


202  J.  ZACBSR 

pflicht  gehalten ,  dass  ich ,  namentlich  zu  nutz  und  frommen  jüngerer 
freunde  der  deutschen  philologie,  insonderheit  solcher,  denen  eine  gedie- 
gene methodische  Unterweisung  und  anleituug  nicht  zu  teil  worden  ist, 
an  einem  lehrreichen  beispiele  eingehend  zu  zeigen  versuchte,  wie 
echte  kritik  beschafifen  ist  und  geübt  werden  muss.  Um  jedermann, 
auch  dem  in  diesen  dingen  minder  geübten  ein  völliges  Verständnis, 
und  auf  grund  dessen  ein  eigenes  urteil  zu  ermöglichen,  habe  ich  in 
erörterung  selbst  elementarer  dinge  lieber  zu  viel  als  zu  wenig  tun 
wollen.  Daher  die  unvermeidliche  ausflihrlichkeit ,  welche  durch  diesen 
zweck  auch  demjenigen,  der  ihrer  nicht  bedarf,  und  dem  sie  lästig  wird, 
entschuldigt  und  gerechtfertigt  erscheinen  mag. 

Professor  Paul  hat  sich  viel  mühe  gegeben  ^  eine  Statistik  aller 
einzelheiten  der  handschriftlichen  Überlieferung  aufzustellen,  und  hat 
unmittelbar  darauf  seine  kritik  gegründet.  Eine  solche  Statistik  hat  ja 
auch  ihr  gutes  und  kann  eine  recht  nützliche  hilfe  bieten,  ähnlich  wie 
die  Statistik  der  pulsschläge,  der  achselhölentemperatur,  der  respira- 
tionsersebeinungen ,  der  sto£faafnahmen  und  -ausscheidungen  u.  dgL 
Aber  mit  einer  solchen  Variantenstatistik  allein  kann  der  kritiker  einen 
kranken  text  ebensowenig  heilen/  als  der  arzt  mit  einer  blossen  sol- 
chen physiologischen  Statistik  den  kranken  menschen.  Der  kritiker  wie 
der  arzt  bedarf,  neben  ausreichender  gediegener  gelehrsamkeit  und  neben 
tüchtiger  kentnis  und  Übung  des  technischen,  vor  allem  des  richtigen 
blickeSy  und  grade  diesen  blick  besass  Lachmann  in  der  ausgezeich- 
netsten weise.  Sehen ,  richtig  sehen  ist  eine  gar  schwere  kunst, 
und  der  Universitätslehrer  kann  seinen  zuhörern  keinen  grösseren  und 
wichtigeren  dienst  leisten,  als  wenn  er  sich  bemüht,  sie  sorgfältig  und 
zweckmässig  zur  erlernung  und  Übung  dieser  schweren  kunst  anzulei- 
ten. Die  anläge  dazu  muss  der  studierende  freilich  mitbringen  als  eine 
naturgabe,  und  ohne  solche  solte  er  überhaupt  nicht  studieren.  Aber 
stärken  und  ausbilden  lässt  sich  diese  wie  jede  anläge  durch  belehrung 
und  Übung.  Ein  guter  philologischer  lehrmeister  wird  es  dabei  auch 
nicht  fehlen  lassen  an  einer  richtigen  belehrung  über  grundsätze  und 
methode  echter  philologischer  kritik,  und  eine  solche  hat  auch  Lach- 
mann uns  nicht  vorenthalten.  Ich  habe  sie  damals,  seinem  mündlichen 
vortrage  getreulich  folgend ,  ihrem  wesentlichen  Inhalte  nach  aufgezeich- 
net, und  diese  aufzeichnung  ligt  vor  mir,  so  dass  ich  ganz  sicher  bin, 
nicht  etwa  nach  Jahrzehnten  aus  getrübter  erinnerung  dem  meister  etwas 

1)  Über  den  kritischen  wert  einer  solchen  Variantenstatistik  zu  einem  yer- 
wanten,  zu  orthographischem  zwecke,  findet  sich  eine  beherzigenswerte  äusserung 
Lachmaans  in  seiner  vorrede  zum  Parzival  s.  VII. 


V** 


KDr  FEHLAE  IN  LA.CH1CANN8  IWBIMKBITIK  20S 

unterzuschieben,  was  er  nicht,  oder  was  er  anders  gesagt  und  gelehrt 
hätte.  Es  sind  nur  wenige  Sätze,  kurz  und  bündig,  klar  und  überzeu- 
gend, in  wenigen  meisterhaften  strichen  die  grundzüge  der  gesamten 
philologischen  kritik  umfassend ;  und  als  geleite  am  Schlüsse  fehlt  ihnen 
nicht  die  mahnung  und  wamung:  „die  ausübung  dieser  grund- 
Sätze  ist  sehr  schwer/*  Aber  wie  himmelweit  verschieden  ist  diese 
authentische  Originalbelehrung  aus  des  meisters  eigenem  munde  von 
demjenigen ,  was  professor  Paul  s.  289  fgg.  seinen  lesem  über  grund- 
sätze  und  methode  der  kritik  Lachmanns  auftischt!  Ein  teil  dessen, 
was  professor  Paul  dort  vorbringt,  ist  gradezu  unwahr,  und  das  übrige 
ist  so  sehr  bis  zur  fratze  verzerrt  und  verunstaltet,  dass  die  wahren 
grundzüge  der  Lachmannschen  grundsätze  und  methode  darin  gar  nicht 
widerzuerkennen  sind.  So  —  um  nur  dies  eine  herauszuheben  — 
entblödet  prof.  Paul  sich  nicht  s.  289  zu  behaupten.  Lachmann  habe 
seiner  metrik ,  statt  das  vorhandene  material  allseitig  zu  benutzen ,  nur 
eine  „verhältnismässig  kleine  anzahl  von  gedichten  nach  wilkürlicher 
auswahl  zu  gründe  gelegt"!  Vor  mir  ligt  in  einem  stattlichen  quart- 
bände  eine  von  mir  aus  Lachmanns  eigenhändigem  originale  genom- 
mene abschrift  eines  reimiegisters  aus  dem  jähre  1822,  in  welchem 
Lachmann  bereits  damals  die  reime  von  neunundzwanzig  mittel- 
hochdeutschen werken  ausgeschöpft  hatte.  Darunter  befindet  sich 
nicht  nur  alles  bedeutende,  was  damals  gedruckt  zu  haben  war,  son- 
dern auch  wichtige  in  der  handschrift  studierte  werke  von  so  mäch- 
tigem umfange  wie  die  Weltchronik  des  Budolf  von  Ems  und  das  dritte 
buch  des  Passionales,  und  dass  Lachmann  nicht  diese  Studien  mit  dem 
jähre  1822  abgeschlossen,  sondern  dass  er  unablässig  weiter  gearbeitet 
hat,  das  zeigt  ja  jede  seite  seiner  gedruckten  werke.  Die  reime  aber 
bildeten  einen  wesentlichen  teil  der  Vorstudien,  auf  denen  er  seine 
metrik  langsam  und  mühsam  aufbaute.  Und  wie  langsam,  wie  vorsich- 
tig, wie  gewissenhaft  Lachmann  seine  metrik  ganz  allmählich  aus  müh- 
samster forschung  gewann,  das  konte  doch  selbst  professor  Paul  schon 
entnehmen  aus  Lachmanns  in  Bartschens  Germania  17,  115  fgg.  abge- 
drucktem briefe  an  Benecke,  vom  24.  november  1822,  in  welchem  er 
über  den  damaligen  stand  seiner  metrischen  Studien  auskunft  gibt  und 
am  Schlüsse  ausdrücklich  sagt:  „Besonders  schlimm  ist  es  auch,  dass 
man  ohne  zahlreiche  handschriften  nichts  bestimmen  kann.  Ich  traue 
nirgend ,  wo  ich  nicht  wenigstens  zwei  verschiedene  gleichlautend  finde.^' 
Wo  ist  da  auch  nur  die  leiseste  spur  von  wilkür?  —  Die  Wahrheit 
ist  die:  Aus  der  gesamten  alt-  und  mittelhochdeutschen  poesie  hat 
Lachmann  durch  sorgsamste  kritische  beobachtung  und  prüfung  seine 
metrik  gezogen,  die  nichts  weiter  ist,  als  eine  geordnete  zusanunen- 


204  J.  ZAßBMk 

Stellung  der  in  den  texten  aufgefundenen  und  kritisch  gesicherten  and 
gesichteten  metrischen  tatsachen.  Qesetz  und  regel  ligt  in  den  tat- 
sachen  selbst,  und  wird  von  dem  historisch  und  kritisch  verfahren- 
den metriker  eben  so  wenig  wilkürlich  gemacht,  wie  der  historisch 
nnd  kritisch  verfahrende  grammatiker  die  formen  und  gesetze  der  spräche 
macht.  Als  echter  philologe  unterschied  Lachmann  aber  auch  stu- 
fen der  correctheit,  und  diejenigen  werke,  welche  er  durch  feine 
kritik  als  die  metrisch  correctesten  erkant  hatte,  diese  setzten  ihn  in 
den  stand,  seine  metrik  auf  das  feinste  auszuarbeiten;  sie  gaben  also 
seiner  metrik  die  feine  Vollendung,  nicht  aber,  dass  er  so  albern 
gewesen  wäre,  die  metrische  forschung  überhaupt  nur  auf  diesen  klei- 
nen und  engen  kreis  zu  beschränken.  Oder  mit  anderen  werten:  Lach- 
manns metrik  überhaupt  ist  aus  der  durchforschung  der  gesamten 
altdeutschen  dichtnng  erwachsen ,  und  gilt  daher  auch  fßr  diese  gesamte 
dichtung  gleicbmässig;  aber  diejenigen  tatsachen,  welche  feine  kritik 
aus  den  in  metrischer  beziehung  vollendetsten  gedichten  gezogen  und 
als  deren  gesetz  erkant  hatte,  die  haben  natürlich  den  klassischen 
metrischen  kiuioii  ergeben,  und  dieser  hat  als  masstab  zu  die- 
nen, hinter  dessen  vollendeter  feinheit  alle  minder  sorgsamen  dichter 
mehr  oder  minder  zurückbleiben;  es  ist  das  gleichsam  das  klassische 
normalparadigma,  neben  welchem  obsolete,  vulgäre^  provinzielle  usw. 
formen  nebenherlaufen.  Zeigen  doch  auch  die  anmerknngen  zu  Lach- 
manns ausgaben  fast  auf  jeder  seite  handgreiflich,  wie  er  die  metri- 
schen abweichungen  der  verschiedenen  dichter  und  werke  sehr  genau 
kante  und  richtig  und  sicher  unterschied ,  und  wir  haben  ja  oben  selbst 
ein  solches  beispiel  gesehen  in  Lachmanns  Unterscheidung  eines  metri- 
schen gebfauches  Ottokars  von  dem  entsprechenden  Hartmanns.  Da 
nun  Lachmanns  „theorie**  der  deutschen  metrik  eben  nichts  weiter  ist^ 
als  die  geordnete  und  gegliederte  summe  seiner  beobachtungen,  welche, 
um  aussprechbar  und  mitteilbar  zu  werden,  natürlich  in  sätze  geüasst 
werden  musten,  so  hat,  wer  seine  metrik  verwirft,  zu  beweisen,  dass 
er  falsch  beobachtet,  oder  nicht  vermocht  habe,  das  ergebnis  seiner 
beobachtungen  klar  und  bestimt  auszusprechen;  und  dieser  mit  vollem 
rechte  schon  von  Lachmann  selbst  in  der  anmerkung  zu  vers  27  der 
Klage  von  seinem  gegner  verlangte  beweis  dürfte  denn  doch  nicht 
ganz  so  leicht  zu  f&hren  sein,  als  professor  Paul  zu  wähnen  scheint^ — 

1)  Prof.  Pauls  (oben  &  181  wörtlich  mitgeteilter)  kühner  behanptong  über 
Lachmanns  verhalten  zn  den  handschriften  genügt  es  ganz  einfach  Lachmanns 
eigene  worte  gegenüherzastellen.  Lachmann  sagt  in  seiner  Auswahl  ans  den  hoch- 
dentschen  dichtem  des  dreizehnten  Jahrhunderts.  Berlin  1820  s.  YIII:  „Gelänge 
es  mir  doch  ..  Sie  ...  zn  überzeugen,   dass  die  g6w5nli<^e  (kritik)^  die  Eine 


iv» 


EIN  FBHLBB  IN  LACHHAITHB  IWBIIVKBITIK  205 

Aus  dem  von  professor  Paul  gelieferten  zerrbilde  auch  nur  eine  ent- 
fernte ahnung  von  dem  wirklichen  wesen  der  Lachmannschen  kritik  zu 
gewinnen,  ist  ganz  unmöglich.  Wer  nicht  durch  eine  gute  in  Lach- 
manns sinne  und  geiste  erteilte  mündliche  belehrung  darüber  wahr- 
heitsgetreu unterrichtet  wurde,  der  ist,  wenn  er  verlässige  auskunfb 
sucht,  zu  verweisen  auf  „Martin  Hertz ,  E.  Lachmann ^  eine  Biographie. 
Berlin  1851/^  Professor  Hertz  war  als  tüchtiger  altklassischer  philo* 
löge  und  in  folge  langen  persönlichen  Verkehres  mit  Lachmann  in  der 
läge  eine  richtige  und  tüchtige  auskunft  darüber  geben  zu  können  y  und 
hat  sie  auch  (s.  188  fgg.)  verständig  und  wahrheitsgetreu  gegeben. 

Seit  einigen  jähren  mehren  sich  leider  die  Verunglimpfungen  der 
leistungen  Lachmanns,  und  professor  Paul  ist  keinesweges  der  einzige, 
der  sich  also  versündigt,  um  so  mehr  bedaure  ich,  dass  meiner  schon 
seit  Jahren  gehegten  und  meinen  näheren  freunden  schon  seit  jähren 
bekanten  absieht,  diese  Iweinstelle  öffentlich  zu  besprechen,  grade  er 
mit  seiner  Verurteilung  von  Lachmanus  gesamter  Iweinkritik  derart  über 
den  weg  gelaufen  ist,  dass  ich  gar  nicht  vermeiden  konte  ihm  auf  das 
entschiedenste  entgegenzutreten.  Seine  anderweiten  bestrebungen  und 
verdienstlichen  leistungen  zu  unterschätzen  fällt  mir  so  wenig  ein ,  dass 
ich  vielmehr  aufrichtig  wünsche,  er  möchte  auch  in  der  textkritik  von 
seiner  schönen  begabung  den  richtigen  gebrauch  machen,  lun  leistun- 
gen von  bleibendem  werte  zu  schaffen.  Auf  diesem  leider  von  ihm 
eingeschlagenen  wege  mag  er  wol  den  lautesten  und  um  berauschenden 
beifall  seiner  freunde ,  ja  vielleicht  einer  nicht  geringen  zahl  der  jün- 
geren genossen  finden,  aber  nach  Jahrzehnten,  vielleicht  erst  nach  sei- 
nem tode  wird  das  abgeklärte  urteil  ganz  anders  lauten. 

Zu  jener  verunglimpftmg  komt  aber  noch  die  ebenfalls  nicht  mehr 
selten  zu  vernehmende  behauptung ,  Lachmann  habe  dies  und  das  nicht 

älteste  handscbrift  zum  grande  legt,  nicht  die  wahre  sei,  sondern  unsicher  und 
trfiglich.'*  S.  X:  „Ganz  offenbar  ist,  dass  aus  einer  hinlänglichen  anzahl  yon  band- 
scbriiten,  deren  verwantschaft  und  eigentürolichkeiten  der  kritiker 
genau  erforscht  hat,  ein  tezt  sich  ergeben  muss,  der  im  kleinen  und  grossen 
dem  ursprünglichen  des  dichters  selbst  oder  soines  Schreibers  sehr  nahekommen 
wird«"  Jenaer  Allgemeine  Litteraturzeitung  1822  bd.  1  s.  108:  „Man  hat  nicht 
treu  gehandelt  an  seinem  Schriftsteller,  wenn  man  ihn  zum  knechte  Einer  hand* 
schrift  macht,  die,  mag  sie  die  beste  sein,  darum  nicht  notwendig  gut  sein  wird 
und  niemals  vollkommen."  —  Diese  kritischen  grundsate  hat  Lacfamann  schon 
beim  beginn  seiner  kritischen  und  schriftstellerischen  tätigkeit  ausdrücklich  aus- 
gesprochen, und  er  ist  ihnen  treu  geblieben  durch  sein  ganzes  leben  und  littera- 
risches wirken.  —  Die  Schlussfolgerung  hieraus  zu  ziehen  mag  billig  dem  geneig- 
ten leser  selbst  überlassen  bleiben. 

SBITSOHa.  F.  DBUTBOHB  PKULOLOGIX.     BD.   YII.  14 


206  J.   ZACHBB 

bewiesen.  Eine  kluge  behauptung!  denn  was  nicht  bewiesen  ist,  das 
braucht  man  nicht  zu  widerlegen,  man  hat  also  recht  bequem  für  die 
auskramung  der  eigenen  Weisheit  völlig  freie  band.  Eine  sehr  kluge 
behauptung!  denn  was  der  grosse  des  gegners  abgezwackt  wird,  das 
wächst  ja  von  selber  der  eigenen  grosse  zu;  jener  hört  auf  durch  seine 
überlegene  grosse  lästig  zu  sein,  man  wird  ihm  nun  aufs  bequemste 
gleich,  oder  überragt  ihn  auch  wol  gar  um  kopfeslänge  oder  noch 
darüber.  Hätte  man  aber  die  wirkliche  bedeutung  dieser  überaus  klu- 
gen behauptung  auch  nur  mit  einiger  besonnenheit  nachdenkend  erwo- 
gen ,  man  würde  sich  wol  gehütet  haben  sie  auszusprechen.  Denn  wenn 
irgend  wer,  so  hat  Lachmann  bewiesen,  fast  all  sein  tun  und  lassen 
auf  dem  gebiete  deutscher  philologie  bewiesen ,  und  wirklich  und  gründ- 
lich bewiesen,  und  die  beweise  ligen  offen  vor  jedermanns  äugen  in  sei- 
nen gedruckten  werken.  Wer  das  dasein  dieser  beweise  läugnet,  der 
bekent  damit  eben  nur,  dass  er  die  beweise  nicht  sehen  und  verstehen 
könne ;  oder  nicht  sehen  und  verstehen  wolle,  und  das  zweite  ist  fast 
noch  schlimmer  als  das  erste.  Denn  dem  nichtkönnen  dient  zur  ent- 
schiildigung ,  dass  dies  sehen  und  verstehen  nicht  eben  leicht ,  ja  sogar 
schwer,  recht  schwer,  und  fQr  den,  der  eine  gute  Unterweisung  und 
anleitung  nicht  erhalten  hat,  zum  teil  fast  unmöglich  ist.  Alles  ist 
aufs  knappste  ausgedrückt,  oft  nur  so  wie  der  mathematiker  seine  for- 
mein schreibt,  die  jeder  nichtmathematiker  ratlos  anstarrt,  und  die 
beweise  stehen  an  den  betreffenden  stellen  meist  grade  eben  nur  so 
weit  als  sie  grade  eben  hier  nötig  sind.  Dem  kenner  freilich  ist  oder 
wird  alles  verständlich  und  höchst  belehrend  und  anziehend,  obgleich 
auch  ihm  die  mühe  des  aufmerksamsten  lesens  und  nachdenkens  nicht 
gespart  bleibt.  Aber  wer  lediglich  aus  eigener  kraft  in  das  Verständ- 
nis sich  einarbeiten  und  den  grossen  Zusammenhang  überblicken  soll, 
der  möchte  freilich  fast  verzweifeln,  und  bedarf  langer,  ernster  und 
unermüdlicher  anstrengung.  Ich  habe  das  im  beginne  meiner  Studien- 
zeit ja  selbst  erfahren ,  als  ich  ohne  hilfe  guter  mündlicher  belehrung 
an  Lachmanns  anmerkungen  zu  den  Nibelungen  mich  wagte  und  in 
ihnen  ein  buch  mit  sieben  siegeln  fand.  Als  ich  dann  aber  zu  dem 
meister  selber  kam,  und,  zum  teile  in  gemeinschaft  mit  meinen!  leider 
so  jung  verstorbenen  freunde  Emil  Sommer ,  seine  mündliche  belehrung 
empfieng,  da  verlangte  diese  zwar  auch  gespante  aufmerksamkeit  und 
scharfes  eigenes  denken,  aber  wie  einfach,  wie  klar,  wie  bestimt  war 
sie,  und  wie  ward  uns  nun  auch  alles  gedruckte,  an  dem  wir  zuvor 
vergebens  unsere  mühe  und  unseren  witz  erschöpft  hatten ,  so  verständ- 
lich, so  einleuchtend,  so  überzeugend!  Wie  schuppen  fiel  es  uns  nun 
von  den  äugen ,  und  wenn  wir  dann  zurückblickten  auf  unser  voran- 


-•    ^        .     >• 


BIN  FEHLER  IN  LACHMANNS  IWEINKBITIK  207 

gegangenes  vergebliches  bemühen,  priesen,  wir  unser  glück,  dass  es  uns 
vergönnt  war,  vom  meister  selbst  den  Schlüssel  zur  eröffnung  und  aus- 
nutzung  der  reichen  von  ihm  erworbenen  und  aufgehäuften  schätze  zu 
erhalten. 

Eine  „lästige  fessel"  nent  professor  Paul  s.  289  Lachmanns  Iwein- 
ausgabe.  Dieser  im  unmute  ihm  unbedachisamer  weise  entschlüpfte 
ausdruck  trifft  recht  bezeichnend  den  kern  der  sache:  die  ausgäbe 
geniert  ihn!  Ja,  eine  fessel  solte  sie  sein,  nach  dem  willen  und 
wünsche  ihres  Urhebers,  eine  fessel  ist  sie  gott  sei  dank  noch,  und 
wir  wünschen  und  hoffen,  dass  sie  noch  recht  lange  eine  fessel  bleibe 
und  immer  mehr  werde:  aber  freilich  in  ganz  anderem  sinne  als  in 
dem  von  professor  Paul  hier  gemeinten;  nicht  um  den  fortschritt  zu 
hemmen,  sondern  um  ihn  auf  der  rechten  bahn  zu  erhalten  und  zu 
fördern.  Lachmanns  wol  bewuste  und  wol  begi*ündete  absieht  war: 
es  dem  leser^  und  so  auch  jedem  nach  ihm  arbeitenden  nicht  leicht 
zu  machen.  Er  verlangte  durchaus  leser  und  forscher,  die  gründlich 
selbst  denken,  und  gründlich  und  gewissenhaft  selbst  arbeiten;  und 
er  verlangte  das  mit  vollem  rechte  im  wahren  interesse  der  Wissenschaft. 
Wer  nach  ihm  komt,  der  soll,  wenn  anders  er  etwas  von  wirk- 
lichem und  bleibendem  werte  leisten  will,  genötigt  sein,  mit  glei- 
cher ausdauer,  gleicher  gründlichkeit ,  gleicher  Sauberkeit,  gleichem 
Scharfsinn ,  gleicher  gewissenhaftigkeit ,  gleicher  Selbstlosigkeit  zu  arbei- 
ten. Wer  also  arbeitet,  dem,  aber  auch  nur  dem  wird  auch  nach 
Lachmann  noch  manche  wertvolle  Verbesserung  auch  des  Iweintextes 
gelingen. 

Es  gereicht  jüngeren  germanisten  aber  warlich  weder  zum  rühme 
noch  zum  heile ,  und  auch  der  Wissenschaft  nicht  zum  sogen ,  wenn  sie 
die  pietät  gegen  unsere  grossen  altmeister  so  gröblich  verletzen,  und 
auf  dieselben  und  ihre  leistnngen  so  hochmütig,  ja  verächtlich  herab- 
blicken, statt  bewundeiiid  zu  ihnen  hinaufzuschauen,  und  bescheiden- 
lich  in  treuer,  williger,  hingebender,  unermüdlicher  und  andauernder 
arbeit  dankbar  von  ihnen  zu  lernen;  und  sie  brauchen  auch  warlich 
nicht  zu  befflrchten,  dass  sie  sobald  auslernen  werden. 

HALLE,  SEPTEMBER    1875.  J.  ZACHER. 


14 


906 


GOETHISOHE  GEDICHTE 

AUS     DEN     SIEBZIGER     UND     ACHTZIGER    JAHREN 

IN    ÄLTESTER    GESTALT. 

Vortrag  in -der  Berliner  gymnasiallehrer-gesellschaft  gehalten  am  20.  october  1875.^ 

Von  älteren  gestalten  lyrischer  gedichte  Goethes  ist  nach  and 
nach  in  den  zahlreichen  briefwechseln  eine  beträchtliche  menge  zu  tage 
gekommen.  Eine  übersichtliche  Zusammenstellung  derselben  gibt  es 
bis  jetzt  nicht  und  in  der  einzigen  ausgäbe  der  gedichte,  welche  einen 
kritischen  apparat  enthält,  ist  ihnen  die  gebührende  berücksichtigung 
nicht  zu  teil  geworden.  Es  fehlt  bis  jetzt  auch  gänzlich  an  einer  arbeit, 
welche  die  resultate  einer  das  volle  material  umfassenden  vergleichung 
der  älteren  und  jüngeren  gestalten  überschaulich  vortrüge.  Aus  einer 
solchen  müsten  die  gesetze  erhellen,  denen  Goethe  bei  ausgestaltung 
seiner  gedichte  zu  künstlerisch  vollkommener  form  gefolgt  ist ;  sie  würde 
femer  dem  historischen  Verständnis  und  nicht  selten  auch  der  wört- 
lichen kritik  des  textes  von  wesentlichstem  nutzen  sein. 

Beiträge  zu  dieser  noch  zu  leistenden  arbeit  zu  liefern  bin  ich 
durch  einen  ftmd,  den  ich  unter  den  mir  anvertrauten  Herder -manu- 
scripten  gemacht  habe,  in  den  stand  gesetzt  Auf  sieben  blättchen,  die 
zu  einem  in  octav  zusanmiengelegten  bogen  gehören,  fanden  sich  36  Goe- 
thische  gedichte  mit  sehr  kleiner  compresser  schrift  und  nach  Herders 
art  mit  vielen  abkürzungen  geschrieben  vor.  Auf  zwei  separaten  octav- 
blättern  femer  16  epigranmie  in  antikem  mass;  6  gedichte  entdeckte 
ich  später  vereinzelt  in  einem  poetischen  sanmielbuche.  Eine  genaue 
durchsieht  und  vergleichung  ergab,  dass  der  abschrift  durchgehends 
eine  ältere  form,  als  die  durch  den  dmck  bekante,  zu  gmnde  gelegen 
hat.    Indessen  nur  die  kleinere  hälfte  der  aufgefundenen  stücke  bildet 

1)  Bald  nachdem  dieser  Vortrag  gehalten  war,  erachien:  M.  Bernays,  Der 
junge  Goethe.  Seine  Briefe  nnd  Dichtungen  von  1764 — 76.  Leipzig,  Hirael 
1S75.  3  bde.  Die  gedichte  der  vorweimarischen  periode  nnd  die  meiBten  ans  dem 
ersten  jähre  des  Weimarer  lebens  findet  man  in  diesem  werke  anf  das  sorgf&ltigste 
in  ihrer  erstlingsgestalt  chronologisch  geordnet  Mit  der  heraosgabe  dieser  muster- 
haften samlung  ist  der  bedeutendste  schritt  zur  abhilfe  des  von  mir  angedeuteten 
mangels  getan.  Die  vorliegende  arbeit  liefert  mehrere  nicht  unerhebliche  zugaben 
auch  zum  „jungen  Goethe,'*  und  die  fortsetzung  derselben  wird  sich  zunächst  an 
die  treffliche  publication  von  Bemays  anschliessen.  Robert  Keils  „Festgabe**  zum 
7.  november,  „Goethes  Tagebuch  aus  den  Jahren  1776  —  1782.'*  Leipzig,  VeitlS75 
hat  einige  in  anmerkungen  gegebene  nachtrage  veranlasst. 


8IJPHAN,  OOBTHISCHJfi  OBDICHTB  IN  ALT.  OBSTALT  209 

einen  völlig  neuen  Zuwachs  zu  dem  bisher  vorhandenen.  Die  andere 
hälfte  fällt  mit  älteren  Veröffentlichungen  zusammen;  doch  führte  auch 
diese  bisweilen,  indem  sie  die  vergleichung  zweier  älterer  redactionen 
ermöglichte,  zu  interessanten  entdeckungen.  Ich  teile  im  folgenden 
einige  ausgewählte  stücke  der  aufgefundenen  samlung  mit  und  versuche 
an  diesen  proben  zu  entwickeln ,  auf  welchen  selten  die  betrachtung  ein- 
zelner gedichte  sowol  als  die  einsieht  in  Goethes  art  und  kunst  durch 
herbeiziehen  solcher  erstlingsgestalten  gewinnen  könne. 

Ich  greife  dabei  der  frage  vor,  welchen  anspruch  auf  Zuverläs- 
sigkeit die  Herderischen  handschriften  haben.  Es  geschieht  dies  indes- 
sen in  der  Zuversicht ,  dass  die  vorzulegenden  gedichte  am  besten  selbst 
far  ihre  Originalität  zeugen  werden,  und  in  der  voraussieht,  dass  auch 
die  einzelbesprechung  manche  beweismittel  zu  tage  fördern  muss,  wel- 
che der  schliessUchen  erwägung  jener  frage  auf  das  vorteilhafteste  vor- 
arbeiten. 

„An  Schwager  Kronos"  ist  das  erste  gedieht  der  samlung.^  Hier 
hat  es  noch  den  zusatz  „in  der  Postchaise *S'  und  dieser  zusatz  wird 
verständlich  durch  die  nachricht ,  die  Riemer  aus  handschriftlicher  quelle 
gibt,  das  gedieht  sei  am  10.  october  1774  „in  der  postchaise^'  ent- 
standen. Der  junge  Qoethe  war  nirgend  ausgelassener  und  übermütiger, 
als  auf  seinen  Wanderungen  und  fahrten.  „Ich  schwebe  im  rauschtau- 
mel ,  nicht  im  wogensturm  *'  schreibt  er  in  dieser  zeit  einmal  von  einer 
reisestation  an  Fritz  Jacobi;  „aber  ists  nicht  eins,  welcher  uns  an 
stein  schleudert?^*  und  solcher  Übermut,  welcher  sich  allen  henmis- 
sen  der  fahrt  zum  trotz  immer  höher  hebt,  ja  gerade  bei  ihnen  inne 
wird,  wie  leicht  die  frohgemute  kraft  über  alle  gefährde  des  lebens 
sich  hinwegschwinge,  braust  auch  in  diesem  dithyrambischen  reise- 
gesange.  Noch  höher  klingt  hie  und  da  dieser  ton  in  der  älteren  form 
an.    Wie  also  hat  das  gedieht  in  der  brieftafel  des  reisenden  gelautet? 

Spude  dich  Eronos! 

Fort  den  rasselnden  Trott! 

Bergab  gleitet  der  Weg; 

Eckles  Schwindeln  zögert 

Mir  vor  die  Stiine  dein  Haudern! 

Frisch!  den  holpernden  — 

Stock,  Wurzeln  Steine,  —  den  Trott 

Basch  ins  Leben  hinein. 

1)  Im  „Jungen  Goethe"  Uli  159  nach  der  ausgäbe  y.  j.  1789. 


210  8ÜPHA1I 

Im  ersten  drucke  lautet  diese  strophe: 

Spude  dich  Eronos 

Fort  den  rasselnden  Trott 

Bergab  gleitet  der  Weg 

Eckles  Schwindeln  zögert 

Mir  vor  die  Sürne  dein  Zaudern! 

Frisch,  holpert  es  gleich, 

Über  Stock  und  Steine  den  Trott 

Basch  ins  Leben  hinein. 

„Stock,  wurzeln,  steine''  sind  in  der  ersten  gestalt  stark  naturalistisch 
zwischen  den  fortgehenden  vers  geworfen,  und  durch  dies  kühne  ein- 
schiebsei gerät  die  rede  selbst  in  ein  straucheln.  Diese  gewaltsamkeit 
hat  die  bearbeitung  glücklich  beseitigt.  Auf  das  „häudem^^  in  der 
älteren  gestalt  komme  ich  nach  mitteilung  des  ganzen  gedichtes  zurück. 

Nun  schon  wieder? 
Den  erathmenden  Schritt 
Mühsam  Berg  hinauf. 
Auf  denn !  nicht  trSge  denn ! 
Strebend  und  hoffend  an! 

Das  der  Volkssprache  oder  dem  älteren  deutsch  entnommene  „an''  hat 
nachher  dem  geläufigeren  „hinan"  weichen  müssen;  während  das  ent- 
sprechende adverbiale  „ab"  in  der  zeile  „Ab  denn!  frischer  hinab" 
von  der  letzten  redaction  unangetastet  blieb. 

Weit  hoch  herrlich  der  Blick 
Bings  ins  Leben  hinein 
Von  Gebürg  zu  Gebürg; 
Aber  der  ewige  Geist 
Ewigen  Lebens  ahndevoll. 

Im  drucke  lautet  diese  stelle  so: 

Weit,  hoch  herrlich  der  Blick 
Bings  ins  Leben  hinein, 
Vom  Gebirg  zum  Gebirg 
Schwebet  der  ewige  Geist 
Ewigen  Lebens  ahndevoll. 

Die  letzte  redaction  ist  hier  wider  darauf  ausgegangen,  eine  sprach- 
liche härte  zu  entfernen.  In  der  älteren  form  steht  zweimal  hinter- 
einander ausrufartig  ein  prädicatloser  satz.  Dem  zweiten  wurde  nun 
mit  dem  eingefügten  „schwebet"  ein  prädicat  gegeben;  aber  damit  ist 


60BTHZ8CHB  OBDICHTB  IN  IlT.   GESTALT  211 

zugleich  ein  gegensatz,  den  die  ältere  foim  kräftig  hervorhob,  besei- 
tigt. Hier  waren  äuge  und  seele,  äussere  und  innere  weit  einander 
entgegengesetzt,  und  so  war  der  gedanke,  dass  über  alle  irdische 
schranken  der  geist  mit  mächtiger  ahnung  hinüberschweift,  stärker  und 
lebendiger  ausgesprochen  als  in  der  fliessenderen  letzten  form. 

Die  nächste  strophe  ist  bis  auf  die  letzte  zeile  im  wesentlichen 
unverändert  geblieben. 

Seitwärts  des  Überdachs  Schatten 

Zieht  dich  an 

und  der  Frischung  -  verheissende  Blick 

Auf  der  Schwelle  des  Mädchens  da. 

Labe  dich  —  mir  auch  Mädchen 

Diesen  schäumenden  Trunk 

Und  den  freundlichen  Gesündheitsblfck. 

Diesen  schäumenden  Trank 
Diesen  frischen  Gesündheitsblick 

änderte  Goethe  nachher  und  so  gewann  erst  die  strophe  den  passenden 
rhythmischen  abschluss.    In  der  älteren  form  lautet  das  gedieht  weiter: 

Ab  denn,  frischer  hinab 
Sieh!  die  Sonne  sinkt! 
Eh  sie  sinkt,  eh  mich  fasst 
Greisen  im  Moore  Nebelduft 
Entzahnte  Kiefer  schnattern 
Und  das  schlockemde  Gebein  — 


Die  beiden  zeilen 


tth  sie  sinkt,  &i  mich  fässt, 
Greisen  im  Moore  N^beldüft 


entsprechen  mit  ihrem  kräftigen  tonfall  der  jugendlichen  macht  des 
ausdrucks,  dem  das  stärkste  bild  das  wilkommenste  ist,  ganz  vortreff- 
lich. Dennoch  änderte  der  dichter  daran,  bloss  wie  mir  scheint,  um 
für  das  „fasst ^'  einen  edleren  ausdruck  zu  setzen: 

Eh  sie  sinkt,  eh  mich  Greisen 
Ergreift  im  Moore  Nebelduft. 

Ab,  rascher  hinab  rollt  nun  auch  das  gedieht.  Trunkne  vermessenheit 
reisst  den  schwärmenden  dichter  dahin: 

Trunknen  vom  letzten  Strahl 
Beiss'  mich ,  ein  Feuermeer 
Mir  im  schäumenden  Aug*, 


812  fUPHAK 

Mich  Geblendeten,  Taumelnden 
In  der  Hölle  n&chüiches  Thor. 

Töne,  Schwager,  ins  Hom, 

Rassle  den  schallenden  Trab, 

Dass  der  Orcus  vernehme:  wir  kommen, 

Dass  gleich  an  der  Thüre 

Der  Wirth  uns  freundlich  empfange. 

Ich  habe  diese  schlussstrophe  zuerst  in  der  durch  die  ausgaben  uns 
überlieferten  form  gegeben.  Ursprflnglich  aber  tönte  das  gedieht  an- 
ders aus. 

Töne,  Schwager,  dein  Hom 

Rassle  den  schallenden  Trafo, 

Dass  der  Orcus  vernehme:  ein  Fflrst  kommt. 

Drunten  von  ihren  Sitzen 

Sich  die  Gewaltigen  Ififten. 

Das  erhabene  bild,  mit  dem  das  gedieht,  seine  Wirkung  bis  zu  ende 
steigernd ,  schloss ,  hat  einem  freundlicheren  den  platz  gerflumi  Es  ist 
dem  dichter  darum  zu  tun  gewesen,  die  aufs  höchste  gespante  saite 
sanft  nachzulassen.  Vielleicht  liegt  ein  zweiter  grund  der  änderung  in 
der  beschaifenheit  des  bildes.  Es  hat  etwas  unklares.  Wer  sind  die 
„gewaltigen  in  der  höUe^^?  muste  der  uneingeweihte  fragen.  So  griff 
denn  der  dichter  zu  der  Vorstellung  von  der  unterweit  als  einer  gast- 
lichen stelle.  Er  stand  damit  auf  dem  boden  des  volkstümlichen;  eine 
solche  Vorstellung  hatte  der  hölle  bei  dem  volke  den  namen  Nobiskrug, 
d.  h.  das  Wirtshaus  in  abysso  verschafft.  Wahrscheinlich  aber  schweb- 
ten Goethe  bei  dieser  änderung  schon  die  eigenen  verse  in  der  Iphige- 

nia  vor: 

Komm  mit  zu  Plutos  Thron 

Als  neue  Gäste  den  Wirth  zu  grüssen. 

Die  Vorstellung,  mit  der  das  gedieht  ursprflnglich  schloss:  die  unter- 
weit eine  bürg,  unter  deren  tor  „gewaltige '^  sitzen,  die  den  anköm- 
ling  aufstehend  bewilkonmen,  mochte  ihm  selbst,  wie  ich  andeutete, 
bei  der  prfiftmg  unklar  vorkommen.  Sie  ist  ihm  aber  zu  der  zeit,  als 
das  gedieht  entstand,  geläufig  gewesen,  und  die  altern  Zeitgenossen 
hätten  sich  sehr  wol  hineingefunden.  Sicherlich  die  leser  des  Messias; 
denn  aus  diesem  wird  sie  stanmien.  Im  vierten  gesange  stösgt  Kai- 
phas  unter  etlichen  Verwünschungen,  die  er  gegen  Jesus  schleudert, 
auch  die  aus:  „Fahre  zur  hölle  1^^  Denn  das  bedeuten  doch  aus  seiner 
hohenpriesterlichen  spräche  übersetzt  seine  werte 


GOBTHI8CHB  GSDICHTB  DV  IlT-  GB8TALT  218 

daas  tief  im  Thore  des  Todes, 
Könige  dir  vom  eisernen  Stuhl  aufetfinden,  die  Kronen 
Niederlegten  und  bitter  und  spöttisch  Hosannah  dir  riefen! 

Goethe  hat  die  ersten  gesänge  der  Messiade  in  seiner  knabenzeit 
mit  begeisterung  gelesen ,  vieles  daraus  auswendig  gelernt.  Doch  finden 
sich  wörtliche  anklänge  in  seinen  gedichten  sonst  fast  gar  nicht,  und 
wo  sie  sich  finden,  gehen  sie  in  das  parodische.  So  im  Ahasver.  Dass 
aber  unser  gedieht  an  so  auffälliger  stelle  klopstockisierte ,  war  nicht 
blosser  zufall.  Es  ist  am  10.  october  74  gedichtet.  Während  der 
ersten  octoberwoche  hatte  Klopstock  als  gast  im  elterlichen  hause  Goe- 
thes geweilt  y  und  der  junge  dichter  hatte  tagelang  mit  dem  gefeierten 
manne  verkehrt.  Dem  nach  Mannheim  weiter  reisenden  dichter  hatte 
Goethe  das  geleit  gegeben,  und  auf  dem  rückwege  von  dieser  ausfahrt 
ist  der  gesang  An  Schwager  Kronos  entstanden.  Dass  in  diesen  tagen 
die  erinnerungen  aus  jener  eifrigen  jugendlectäre  wider  auflebten,  ist 
natflrlich  genug. 

Eine  sprachliche  beobachtung  habe  ich  auf  das  ende  der  bespre- 
chung  verspart.  Den  Provinzialismus  „  schleckern  '^  hat  die  letzte  redac- 
tion  in  „ schlottern ''  verwandelt;  und  statt  „haudern'^  heisst  es  nun 
„  zaudern.^^  Letztere  änderung  möchte  man  fast  ungeschehen  wünschen. 
Das  wort  „  haudern  /^  d.  h.  im  lohnfuhrwerk  befördern ,  hat  bei  Goethe, 
der  es  aus  der  Volkssprache  aufnahm,  zu  folge  einer  sehr  natürlichen 
ideenassociation  die  bedeutung  „langsam  befördern^'  angenommen. 
„Ich  lerne  jeden  tag  und  haudere  mich  weiter/^  heisst  es  in  einem 
briefe  an  Kestner  vom  jähre  73.^  Auch  im  „(Ktz  von  Berlichingen  ^^ 
finden  wir  das  wort.  Metzler  fährt  die  säumigen  bauern  an:  „Ihr 
Hund!  soll  ich  euch  Bein  machen!  —  Wie  sie  haudern  und  trenteln, 
die  Esell^^  So  in  der  Originalausgabe;  aber  von  der  ersten  Göschen- 
schen  ausgäbe  an  liest  man  zaudern  und  trenteln.  Die  änderung  rührt^ 
wie  M.  Bernays  bewiesen  hat,  nicht  von  Goethe  her.  Sie  ist  durch 
den  zuftUigen  umstand  herbeigeführt,  dass  der  erste  Himburgische 
nachdruck  des  Götz  als  manuscript  für  die  erste  gesamtausgabe  benuzt 
wurde.  Und  ich  wünschte,  ich  könte  beweisen,  dass  auch  in  dem 
gedichte,  wo  das  „ haudern ^^  so  wol  an  seiner  stelle  wäre,  durch  einen 
Zufall,  vielleicht  durch  einen  superklugen  setzer,  das  „zaudern'^  ein- 
geschwärzt wäre. 

Ich  reihe  zunächst  das  kleine  lied  „Auf  dem  See"  an,  weil  es 
unter  seinen  eigenheiten  auch  ein  beglaubigungsmerkmal  seiner  ächt- 

1)  „Diese  FinsterniBs  und  trttbseelige  Zeit  dorchhandem."  1773.  Der  junge 
Goethe  I,  404. 


214  BUFHAN 

heit  aufweist.  Widerum  hat  es  eine  ausführlichere  Überschrift:  „Auf 
dem  Zürcher  See  1775/^  Auf  der  fahrt  den  Züricher  see  hinauf,  die 
Goethe  am  15.  juni  1775  mit  seinem  freunde  Passavant  unternahm, 
ist  das  liedchen  entstanden.  In  der  Herderischen  abschrifb  lautet  die 
erste  strophe: 

und  frische  Nahrung,  neues  Blut 

Saug'  ich  au8  eurer  Welt. 

Wie  ist  Natur  so  hold  und  gut, 

Die  mich  am  Busen  hält. 

Die  Welle  wieget  unsem  Kahn 

Im  Budertakt  hinauf 

Und  Berge  Wolken  -  angethan 

Entgegnen  unserm  Lauf. 

Statt  der  ,, Berge  Wolken -angethan'^  liest  man  seit  dem  ersten  di-ucke 
„Berge  wolkig  himmelan.'^  Aber  in  Ooethes  manuscript,  welches  erhal- 
ten ist,^  steht,  me  Woldemar  von  Biedermann  in  seinem  schriftchen 
„Zu  Ooethes  Gedichten  ^^  (s.  17  fg.)  angibt,  ebenfalls  „Wolken  -  ange- 
than.^' So  wird  denn  also  darin  wol  auch  die  zweite  zeile  wie  in  Her- 
ders copie  „Saug  ich  aus  eurer  Welt^'  lauten,  während  im  gedruckten 
gedichte  steht ,,  saug'  ich  aus  freier  Welt.''  Mit  dem  originalen  „  eurer 
Welt"  zieht  der  dichter  die  reisegesellschaft  in  das  gedieht  hinein. 
Die  änderung  war,  sobald  dasselbe  einem  weiteren  kreise  mitgeteilt 
werden  solte ,  notwendig ,  sie  ist  so  leicht  und  natürlich ,  dass  niemand, 
es  habe  je  etwas  anderes  an  der  stelle  gestanden,  vermuten  könte. 

So  bloss  skizzirt  und  nur  dem  nächststehenden  verständlich  treten 
nun  öfters  beziehungen  persönlicher  art  in  den  originalgestalten  der 
Goethischen  gedichte  auf.  Der  dichter  muste  darauf  ausgehen,  sie  zu 
entfernen  oder  zu  verdecken,  teils  weil  mit  ihnen  dem  gedichte  etwas 
zu  individuell  beschränktes  anhaftete,  teils  weU  die  persönlichen 
Verhältnisse,  aus  denen  ein  gedieht  entsprungen  war,  mit  zarter 
rücksicht  behandelt  werden  musten.  Die  Schwierigkeiten,  die  sich 
ihm  hieraus  ergeben,  hebt  Goethe  in  seinen  briefen  aus  Italien  hervor. 
„Meine  kleinen  Gedichte  habe  ich  durchgesehen/'  schreibt  er  am 
1.  febr.  88  an  Herder.  „Es  ist  ein  wunderlich  Ding,  so  ein  Summa 
Summarum  seines  Lebens  zu  ziehen.    Wie  wenig  Spur  bleibt  doch 

1)  Es  kann  sich  nicht,  wie  ich  anfanglich  mntmasste,  in  Salomon  Hirzels 
besitz  befinden;  denn  „Der  junge  Goethe,"  der  hauptsächlich  ans  Hirzels  faand- 
schriftenschatz  ausgestattet  ist,  enthalt  das  gedieht  (III,  182)  in  der  fassnng  der 
ausgäbe  vom  jähre  1789.  Von  dieser  weicht  die  ältere  gestalt  noch  zwei  mal  ab. 
Zeüe  11:  „so  gold  du  bist"  (1789:  „Gold/'  wahrscheinlich  vom  corrcctor  herrüh- 
rend) zeile  15:  Liebe  Nebel  trinken  (1789:  Weiche  Nebel). 


G0BTHI8CHB  GEDICHTE  IN  iLT.  GB8TALT  215 

von  einer  Existenz  zurück/^  ^^Ich  hoffe  eine  Art  gefunden  zu  haben, 
die  allzu  individuellen  und  momentanen  Stficke  einigermassen  geniess- 
bar  zu  machen/'  (März.)  Er  schlug  also  ein  verfahren  ein,  das  er 
ein  anderes  mal  in  bezug  auf  seine  „Glaudine  von  Yillabella*'  ein 
„Herausschwingen  der  alten  Spreu  seiner  persönlichen  Existenz '^  nennt. 
(3.  nov.  87.)  Und  dieses  allzu  persönliche  zu  beseitigen  ^  dazu  reichten 
die  kleinen  mittel,  wie  das  im  liede  „Auf  dem  See''  angewante,  nur 
im  seltensten  falle  aus.  Manche  gedichte  giengen  durch  einen  läute*- 
i*ungsprocess ,  der  die  gleichsam  zu  irdischen  demente  der  zufälligen 
Situation,  des  individuellen  anlasses  gründlichst  ausschied;  die  grund- 
stimmung,  gleichsam  die  seele  des  gedichtes  blieb  unversehrt,  sie  lebt 
vielmehr  in  dem  zu  dem  ideale  des  allgemein  -  menschlichen  verklärten 
gedichte  schöner  fort.  Seit  in  den  briefen  an  frau  von  Stein  die  älteste 
form  des  liedes  „An  den  Mond"  bekant  geworden  ist,  hat  man  an  die- 
sem gedichte  immer  ein  meisterstück  der  idealisierenden  kunst  des  dich- 
ters  bewundert.  Niemand,  der  dies  lied  nur  in  der  form  kent,  wie  es  seit 
1789  in  den  gedichten  steht,  findet  eine  spur  der  momentanen  umstände 
darin,  welche  es  hervorgerufen  haben.  Es  war  dem  briefe  Goethes  an 
Charlotte  vom  19.  januar  78  beigelegt,  und,  wie  dieser  brief  selbst, 
dem  andenken  der  unglücklichen  Christel  von  Lasberg ,  seiner  and  ihrer 
freundin,  gewidmet.  An  diese  erinnert  es  auch  an  einer  stelle,  die 
man  bisher  nicht  richtig  gelesen  und  verstanden  hat.  Die  drei  ersten 
Strophen  des  älteren  gedichtes  lauten  nämlich  in  Schölls  ausgäbe  der 
briefe  an  firau  von  Stein: 

Füllest  wieder  *s  liebe  Thal 
Still  mit  Nebelglanz 
Lösest  endlich  auch  einmal 
Meine  Seele  ganz. 

Breitest  über  mein  Gefild 
Lindernd  deinen  Blick, 
Wie  der  Liebsten  Auge  mild 
Über  mein  Geschick. 

Das  du  so  beweglich  kennst 
Dieses  Herz  in  Brand, 
Haltet  ihr  me  ein  Gespenst 
An  den  Fluss  gebannt. 

Wer  sind  nun  die,  welche  das  herz  des  dichters  an  den  fluss  gebaut 
halten?  „Der  mond  und  der  blick  der  liebsten,"  antwortet  der  her- 
ausgeber  —  und  allerdings  wüste  man  nach  seinem  texte  keine  andre 
auskunft  als  diese,   die  SchöU  selbst  als  höchst  fragwürdig  nur  mit 


216  8UPHAK 

einem  fragezeichen  zu  geben  wagt.  Aber  der  mond  und  £rau  von  Stein 
sind  doch  ein  wunderliches  paar  —  und«  wenn  auch  der  mond  über 
dem  flusse  steht ,  die  liebste  ist  zu  hause ,  und  ihr  komt  es  nicht  in  den 
sinn,  den  liebhaber  an  den  fluss  zu  bannen.  Etwas  unverständliches 
dürfen  wir  dem  dichter  nicht  zutrauen.  In  meiner  handschrift  steht 
das  gedieht  auch ,  und  da  lautet  ein  wort  in  der  dritten  strophe  anders. 
Herders  copie  aber  dürfte  dem  von  Scholl  benuzten  manuscript  gleich- 
wertig sein :  denn  nach  einer  mündlichen  mitteilung  des  verehrten  man- 
neSy  die  ich  richtig  behalten  zu  haben  glaube,  hat  er  das  gedieht  nicht 
nach  dem  originalmanuscripte ,  sondern  ebenfalls  nach  einer  copie  ver- 
öffentlicht   In  der  meinigen  aber  steht  deutlich: 

Das  du  so  beweglich  kennst, 
Dieses  Herz  in  Brand, 
Hallet  ihr,  wie  ein  Gespenst 
An  den  Fluss  gebannt^ 

Das  herz  hallt,  tönt  ihr,  der  unglücklichen  freundin:  es  hat  jetzt  nur 
einen  ton,  den  der  sehnsüchtigen  trauer  uro  sie.  Die  worte  „wie  ein 
Gespenst*^  verbinde  ich  nicht  mit  „hallet,''  sondern  mit  dem  folgenden 
„an  den  Fluss  gebannt''  zu  einer  Vorstellung:  geisterhaft  ist  es  an  den 
ort  hingezaubert ,  wo  jene  den  tod  gefonden  hat.  Auch  in  dem  begleit- 
briefe  ist  etwas  von  dieser  Stimmung.  „Schonen  Sie  sich,  und  gehen 
nicht  herunter.  Diese  einladende  Trauer  hat  was  gefahrlich  anziehen- 
des wie  das  Wasser  selbst,  und  der  Abglanz  der  Sterne  des  Himmels, 
der  aus  beiden  leuchtet,  lockt  uns."  Der  ausdruck  „das  herz  hallt'* 
hat  etwas  ungewöhnliches,  aber  gerade  an  ihn  erinnert  noch  die  ver- 
edelte letzte  form,  die  sonst  alles  der  älteren  eigentümliche  abge- 
streift hat: 

„Jeden  Nachklang  fühlt  mein  Herz 

Froh  und  trüber  Zeit, 

Wandle  zwischen  Freud  und  Schmerz 

In  der  Einsamkeit." 

Das  gedieht  „Einschränkung/'  das  in  den  späteren  ausgaben  der 
werke  hinter  dem  liede  „An  den  Mond"  steht,  hat  eine  ähnliche  Umbil- 
dung   als  dieses   erfahren.      Die   ältere  form  desselben  steht  in  den 

1)  Sonst  weicht  Herders  copie  von  dem  in  den  hriefen  an  fran  von  Stein 
(I»  155)  gegebenen  texte  an  folgenden  steUen  ab: 
Str.  4,  3.  4.     und  in  Frühlingslebenspracht 

er  nm  Knospen  qnillt 
Str.  6,  1.  2.    Was  den  Menschen  anbewosst  (1789:  von  Menschen  nicht  gewnmi) 

oder  gar  veraoht. 


00XTBI80HB  OBDXCHTB  IN  ILT.  GX8TALT 


217 


briefen  Goethes  an  Lavater^  und  findet  sich  wider,  mit  einer  eigen- 
tümlichen abweichong,  in  der  Herderischen  handschriÜ 


Herden  eopie: 

Was  weiss  ich,  was  mir  hier  gef&llt, 
in  dieser  engen,  kleinen  Welt 
mit  leisem  Zauberband  mich  halt 
Mein  Freund  und  ich  vergessen  hier, 
wie  seltsam  nns  ein  tiefes  Schicksal  leitet, 
und  ach,  ich  fühls,  im  Stillen  werden  wir 
zu  neuen  Scenen  Torbereitet. 
Du  hast  uns  lieb,  du  gabst  uns  das  Gef&hl, 
dass  ohne  dich  wir  nur  vergebens  sinnen, 
durch  Ungeduld  und  glaubenleer  Gewflhl 
ToreiUg  da  niemals  was  abgewinnen. 
Du  hast  fUr  uns  das  rechte  Maas  getroffen, 
In  reine  Dumpfheit  uns  gehüllt, 
Dass  wir  von  Lebenskraft  erfüllt 
In  holder  Gegenwart  der  lieben  Zukunft 

hoffen. 


In  Goethes  gediehten: 

Ich  weiss  nicht,  was  mir  hier  gefallt, 
In  dieser  engen  kleinen  Welt 
Mit  holdem  Zauberband  mich  hält. 
Vergess  ich  doch,  vergess  ich  gern, 
Wie  seltsam  mich  das  Schicksal  leitet, 
und  ach,  ich  fühle,  nah  und  fem 
Ist  mir  noch  manches  zubereitet. 

(Diese  zeilen  sind  ganslich  ausgeschieden.) 

0  wäre  doch  das  rechte  Maass  getroffen  1 
Was  bleibt  mir  nun,  als  eingehüllt, 
Von  holder  Lebenskraft  erfüllt. 
In  stiller  Gegenwart  die  Zukunft  zu  er- 

hoflbn. 


Die  auffallendste  ändening ,  welche  wir  an  der  letzten  form  beobachten, 
ist  die  reduction  des  Wir  auf  ein  Ich.  Sie  ist  zuvörderst  durch  eine 
persönliche  rücksicht  hervorgebracht.  Wer  mag  der  freund  sein,  den 
der  dichter  sich  so  sinnes-  und  schicksalsverwant  fühlte  dass  er  ffir 
ihn  und  sich  die  gleiche  vertrauensvolle  bitte  an  das  Schicksal  richtet? 
Seinen  namen  finden  wir  offen  genant  in  dem  gedichte,  das  dem  fer- 
neren freunde  zugesant  wurde: 

„Mein  Karl  und  ich  vergessen  hier/* 

heisst  es  hier  in  der  vierten  zeile.  Der  herzog  Karl  August  also  ist 
esy  mit  dem  Goethe  jene  tage,  w&hrend  deren  das  gedieht  entstand,  in 
der  „engen  kleinen  weit'*  des  Thflringer  Waldes  verlebte.  Schon  vor 
dem  Weimarer  freunde  wurde  der  vertraulichste  ausdruck  des  Verhält- 
nisses gemieden.  Wie  viel  weniger  aber  gebührte  dem  fernerstehenden 
ein  anteil  an  dem  geheimnisse  der  zwischen  f&rsten  und  dichter  beste- 
henden bruderschafL  Nicht  minder  aber  gebot  das  kunstgesetz,  dem 
Goethe  huldigte,  diese  änderung.  Seite  das  gedieht  zu  dem  algemein 
menschlichen  ausdruck  der  ergebung  in  den  willen  der  waltenden  gött- 
lichen macht  sich  erheben,  so  muste  ihm  das  momentane  der  Situation 
„mein  Freund  und  ich  vergessen,'*  und  des  ortes  „vergessen  hier** 
abgestreift  werden.  Und  so  wirkten  hier  beide  principien  gemeinsam 
auf  einen  punkt,  von  dem  die  änderung  ausgieng.    So  weit  nun  auch 


1)  Der  junge  Goethe  m,  148. 


218  SUPHAV 

die  ältere  form  künstlerisch  zurückbleibt ,  so  muss  sie  doch  denen  wert- 
voll sein,  die  des  dichters  leben  in  seinen  gedichten  suchen.  Sie  ist 
mit  ihrem  grundgedanken^  der  in  die  spätere  Überschrift  „Einschrän- 
kung^' gefasst  ist^  eine  vorbotin  des  gedichtes  „ Ilmenau/'  das  uns  ja 
im  eigentlichen  wie  im  ethischen  sinne  auf  den  gleichen  boden  ver- 
setzt. Nicht  in  Ilmenau  selbst  indessen,  wie  man  bis  jetzt  annahm, 
ist  das  ältere  gedieht  entstanden.  Der  ort  lässt  sich  mit  hilfe  der  Her- 
derischen abschrift  genau  angeben.  Sie  hat  statt  der  Überschrift  die 
werte:  „Stützerbach,  3.  August  76,  auf  dem  Schlossberge/' ^ 

Die  reihe  der  persönlich  individuellen  gedichte  schliesse  ich  mit  einem 
solchen,  dessen  ältere  gestalt  nur  von  Herder  erhalten  ist.  Diese  ältere 
gestalt  reizt  widerum  dadurch,  dass  sie  einen  blick  in  das  leben  des 
dichters  gestattet;  und  wie  das  vorige  ist  es  in  seiner  letzten  form  zu 
einem  ausdruck  dessen  geworden,  „was  der  ganzen  menschheit  zuge- 
teilt ist."  „An  mein  Glück"  lautet  die  Überschrift  bei  Herder,  und 
so  reiht  sich  dies  gedieht  an  das  zuvor  besprochene  an,  welches  in 
Lavaters  briefen  überschrieben  ist:  „Dem  Schicksaal." 

„Schaff,  das  Tagwerk  meiner  Hände, 
Hohes  Glück,  dass  ichs  vollende; 
Sei  ein  Bild  der  Garten  hier. 
Pflanzt'  ich  ahnungsvolle  Träume  — 
Jetzt  noch  Stangen,  diese  Bäume 
Geben  einst  noch  Schatten  mir. 

In  den  gedichten  steht  es  seit  1789  *  mit  der  Überschrift  „Hoffnung." 

Schaff,  das  Tagwerk  meiner  Hände, 
Hohes  Glück,  dass  ich's  vollende! 
Lass,  0  lass  mich  nicht  ermatten! 
Nein  es  sind  nicht  leere  Träume; 
Jetzt  noch  Stangen,  diese  Bäume, 
Geben  einst  noch  Frucht  und  Schatten. 


1)  ,,Ich  geh  Dach  Stützerbach  um  ffir  Dich  eine  Zeichnung  zu  endigen," 
schreibt  Goethe  am  2.  augnst  an  fran  von  Stein  (vgl.  die  briefe  vom  8.  und 
10.  augnst).  Völlige  bestätigung  liefert  Goethes  tagebnch  (s.  76) :  3.  aogust :  ,» Früh 
auf  dem  Schlossberg  gezeichnet  Gesang  des  dumpfen  Lebens."  Unbedenk- 
lich darf  man  also  auch  eine  zweite  datierung  annehmen ,  welche  die  Herderische 
copie  zu  einem  bisher  zeitlich  nicht  genau  bestimtcn  gedichte  bietet.  Das  lied 
„Rastlose  Liebe**  („Dem  Schnee,  dem  Begen*')  hat  bei  Herder  die  Unterschrift: 
,,Umenau,  6.  Mai  1776/*  (Nach  E.  Goedeckes  Vermutung  am  11.  februar  1776 
gedichtet.) 

2)  Nach  der  ausgäbe  von  1789  vridcrgegeben  im  „Jungen  Goethe**  IH,  182. 


GOBTmSCHB  GBDICHTB  IN  ALT.  GB8TALT  219 

Offenbar  hat  die  Umformung  bei  dem  ausdrucke  „der  Garten  hier/' 
eingesetzt  Er  haftete  dem  gedichte ,  wie  das  keimblatt  der  noch  nicht 
ausgewachsenen  pflanze  an.  Dem  historischen  betrachter  aber  wird 
gerade  um  seinetwillen  die  ältere  form  lieb.  Denn  nun  ist  es  klar, 
dass  das  gedieht  während  der  ersten  anpflanzungen  und  arbeiten  in 
dem  jungst  erworbenen  garten  an  der  Um  entstanden  ist.  Diesen  über- 
nahm Goethe  im  april  1776.^  Die  ältere  form  des  gedichtes  schwebte 
ihm  vor  bei  dem  etliche  jähre  später  gedichteten  liedchen  „an  die 
Bäume  ^*: 

Sag'  ichs  euch,  geliebte  Bäume, 

Die  ich  ahndevoll  gepflanzt. 

Als  die  wunderbarsten  Träume 

Morgenröthlich  mich  umtanzt. 


Wachset  wie  aus  meinem  Herzen, 

Treibet  in  die  Luft  hinein, 

Denn  ich  grub  viel  Freud  und  Schmerzen 

Unter  eure  Wurzeln  ein. 

Bringet  Schatten ,  traget  Früchte, 

Neue  Freude  jeden  Tag, 

Nur  dass  ich  sie  dichte,  dichte. 

Dicht  bei  ihr  gemessen  mag. 


Bei  dem  consequenten  ausscheiden  des  lediglich  persönlichen  wirkte 
in  der  scheu,  zartes  geheinmis  zu  verletzen,  ein  sittliches  motiv  mit. 
Ein  solches  hat  sich  aber  noch  weiterhin  geltend  gemacht.  Eine  durch- 
sieht des  kleinen  bändchens ,  das  die  „Vermischten  Gedichte*'  enthält, 
hinterlässt  den  eindrucke  dass  ein  reifer  männlicher  ernst  den  dichter 
bei  der  auswahl  geleitet  hat.  In  späteren  jähren  ist  der  meister  für 
das  schöne  sinnliche  günstiger  gestimt  gewesen,  als  in  jener  zeit. 
Damals  aber  wante  er  seinen  Wahlspruch  „Erlaubt  ist,  was  sich  ziemt/' 
auch  auf  die  kunst,  und  am  strengsten  auf  die  seinige  an;  und  um  zu 
erfahren  was  sich  ziemt,  hielt  er  es  selbst  so,  wie  er  im  Tasso  anrät. 
Mir  ist  in  diesem  betracht  ein  brief  Caroline  Herders  interessant  gewe- 
sen. Sie  hatte  schon  in  früheren  jähren  zu  dem  cirkel  gehört,  dem 
Goethe  seine  arbeiten  zur  beurteilung  vorzulegen  liebte.  Das  erkent 
man  z.  b.  aus  Goethes  brief  an  die  Stein ,  vom  juli  86.  Er  hat  den 
freunden  in  Ilmenau  den  Werther  vorgelegt ,  um  zu  erfahren ,  was  etwa 

1)  Goethes  Tagebuch,  21.  april  1776:  „Den  Garten  in  Besitz  genommen.'* 
1.  norember  1776:  „Linden  gepflanzt." 


220  BüPHjüf 

in  der  neuen  ausgäbe  geändert  werden  solle.  „Herder  hat  den  Wer- 
ther recht  sentirt/*  schreibt  er,  ,,und  genau  herausgefunden,  wo  es  mit 
der  Composition  nicht  just  ist.  Wir  hatten  eine  gute  Scene.  Seine 
Frau  wollte  nichts  auf  das  Buch  kommen  lassen  und  vertheidigte  es 
aufs  beste/^  Zwei  jähre  später,  als  Qoethe  aus  Italien  zurfickgekehrt, 
der  frau  von  Stein  immer  ferner  rückte,  war  Caroline  Herder,  deren 
mann  damals  nach  Italien  gereist  war,  die  freundin,  der  er  am  lieb- 
sten seine  neuen  dichtungen  mitteilte.  Er  recitierte  ihr  öfters  die  neuen 
scenen  des  Tasso;  er  legte  ihr  auch  die  druckfertigen  gedichte  der 
ersten  samlung  in  der  handschrift  vor.  „Goethe  hat  mir  die  erste 
Abtheilung  seiner  Gedichte  gegeben  ,'*  schreibt  sie  nun  an  ihren  mann, 
„  Ich  habe  recht  vernünftig  mit  ihm  darüber  gesprochen ;  er  ndrd  auch 
,yAn  Christel ''  und  „Eäthchen*'  auf  meine  Bitte  herauslassen/^  Diese 
beiden  etwas  leichtfertigen  stücke  hat  Goethe  wirklich  von  der  ersten 
ausgäbe  ausgeschlossen,  gewiss  nicht  aus  gefälligkeit  gegen  die  freun- 
din, sondern  in  vollem  einverständnis  mit  ihrem  feinen  tacte.  In  dem 
gleichen  sinne  eines  schönen  masshaltens  ebnete  und  milderte  er  den 
ausdruck  selbst  an  solchen  stellen,  wo  ihn  eine  naturalistische  betrach- 
tung  wol  statthaft  finden  könte.  Solch  eine  stelle  scheint  mir  die  in 
„Jägers  Abendlied ^^  zu  sein  („ Nachtlied ^  hiess  die  ältere  form),  ^  wo 
der  Jäger  die  geliebte  fragt, 

mein  schnell  verrauschend  Bild 

Stellt  sich  Dirs  nicht  einmal? 

Des  Menschen,  der  in  aller  Welt 
Nie  findet  Buh  noch  Bast, 
Dem  wie  zu  Hause,  so  im  Feld 
Sein  Herze  schwillt  zur  Lasi 

So  dichtete  Goethe  damals,  als  ihn,  wie  er  erzählt,  die  Sehnsucht  nach 
Lili  nächtlicher  weile  auf  die  landstrasse  hinaustrieb.  In  den  gedichten 
aber  findet  man  seit  1789  die  Strophe  so: 

Des  Menschen,  der  die  Welt  durchstreift 
Voll  ünmuth  und  Yerdruss, 
Nach  Osten  und  nach  Westen  schweift. 
Weil  er  dich  lassen  muss. 

Mir  scheint  „  nach  Osten  und  nach  Westen  schweift ''  kein  voller  ersatz 
Ar  das  ältere   „in  aller  Welt  Nie  findet  Buh  noch  Bast,''  und  „das 

1)  Herders  copie  stimt  an  zwei  stellen  mit  dem  ältesten  drucke  (Tentscher 
Merknr  I,  8,  vgl.  Der  junge  Goethe  m,  198)  nicht  ttberein.  Str.  2,  1.  „Du  wan- 
delst jetrt''  (Merkur:  „izt'<).    Str.  4,  3  „Ein  stiller  Friede«'  (Merkur:  „sflsser**). 


G0BTHI80RB  eiDIOBTB  DT  ALT.   aBtTALT  221 

Herze  schwillt  zur  Last"  im  mimde  des  Jägers  weit  schOner  als  das 
„voll  Unmuth  und  Verdruss." 

Ich  breche  hier  ab,  um  des  dichters  streben  nach  dem  schönen 
masse  in  einem  andern  gebiete  zu  betrachten ,  wo  er  in  stetigem  anstei- 
gen die  schönsten  erfolge  errungen  hat.  Ich  meine  sein  ringen  nach 
der  meisterschaft  in  der  metrischen  form.  In  den  jähren ,  wo  der  dich- 
terische di'ang  sich  am  naturkräftigsten  regte ^  liebte  er  es,  sich  mit 
der  form  des  leichtesten  abzufinden.  Für  das  lied  war  die  ein£achste 
form  die  angemessenste;  trug  ihn  der  lyrische  schwung  zur  ode  oder 
zum  dithyrambus,  so  bot  sich  ihm  das  sogenante  freie  silbenmass  dar, 
das  von  Elopstock  eingeführt,  von  Herder  aufs  eifrigste  befürwortet  war, 
als  ein  mittel,  die  poetische  spräche  in  ihre  alten  rechte  wider  ein- 
zusetzen. Auch  für  das  drama  hatte  es  Herder  empfohlen,  und  so 
gebraucht  denn  auch  Qoethe  in  seinen  älteren  dramatischen  stücken 
diese  form,  wenn  er  nicht  die  prosa  vorzieht  Am  meisten  aber  lässt 
sein  favoritmetrum ,  das  Hans  -  Sachsische ,  der  veredelte  knittelvers,  die 
abneigung  des  kecken  poeten  gegen  jeglichen  formenzwang  erkennen. 
Aber  wie  in  seinem  menschlichen  bildungsgange  die  „  einschränkung 
der  freien  seele'*  mehr  und  mehr  sein  ausgesprochener  grundsatz  wird, 
so  wendet  er  sich  in  seinem  dichten  inmier  entschiedener  der  streng 
gesetzmässigen  form  zu,  und  im  leben  nde  im  dichten  rückt  er  darin 
mit  gleichem  schritte  vor.  Diese  wendung  entscheidet  sich  im  beginn 
der  80er  jähre.  Die  italiänische  reise  verhilft  nicht  erst  zu  dem  strengeren 
formsinn,  sie  erhöht  nur  den  bereits  gewonnenen  und  beglaubigt  darin, 
um  einen  Ooethischen  ausdi-uck  zu  gebrauchen.  Der  fortschritt  tritt 
nicht  bloss  in  den  grösseren  dichtungen  zu  tage,  an  die  ich  wie  an 
Iphigenia  nur  zu  erinnern  brauche,  sondern  auch  in  den  kleineren  und 
kleinsten. 

Die  beiden  künstlichen  formen,  zu  deren  beherschung  Ooethe  in 
den  angegebenen  jähren  zu  gelangen  sucht,  sind  das  distichon  und  die 
achtzeilige  stanze.  Die  ersten  versuche  mit  dem  distichon  machte  er 
um  die  mitte  des  Jahres  1781,  eine  grössere  anzahl  epigramme  brachte 
der  Mhling  des  nächsten  Jahres.  Unter  ihnen  sind  diejenigen,  die  in 
antiker  weise  für  felsen  und  steine  des  parkes  und  des  eigenen  gartens 
gedichtet  wurden.  Wer  sie  dort  auf  den  alten  steinen  gelesen  hat  (die 
meisten  sind  renoviert),  der  weiss,  wie  sehr  diesen  ersten  versuchen  die 
glätte  der  antiken  form  abgeht  Das  epigramm  auf  dem  felsen  hin- 
ter Goethes  gartenhause  begint: 

Hier  gedachte  still  ein  Liebender  seiner  GtoUebten; 
Heiter  sprach  er  zu  mir:  Werde  Zeuge,  Du  Stein« 

nnTSCHK.  V.  OIITTTSOn  PVTLOL.   BD.  TII.  1^ 


«•.         mitf'   I. 


S22  817PHAH 

Eine  andere  inschrifk  in  Goethes  garten,  die  in  dieser  ihrer  ältesten 
form  auch  bei  den  Herderischen  copien  sich  findet,  lautet  so: 

Seyd,  0  Qeister  des  Hains,  seyd  o  ihr  Nymphen  des  Flusses 
Eurer  Entfernten  gedenk,  und  Euren  Nahen  zur  Lust 

Der  Pentameter  des  nächsten  disticbons : 

Wir  beschleichen  sanft  auf  ihren  Tritten  das  Qlück. 
In  den  gedichten,  1789,  steht  er  verbessert: 

Wir  beschleichen  geheim  auf  ihren  Pfaden  das  Glfick. 

Die  Urform  des  epigranmis  „Zeitmass^^  habe  ich  bei  den  copien  so  vor- 
gefunden : 

Eine  Sanduhr  in  jeglicher  Hand  erblick  ich  den  Amor. 

Wie?  der  leiQhtsinnige  Qott  doppelt  misst  er  die  Zeit? 
Langsam  fiiessen  aus  einer  die  Stunden  entfernter  Geliebten 

Und  die  andere  läuft  schnell  den  Anwesenden  ab. 

In  der  ausgäbe  der  gedichte  (1789)  aber  steht  dies  epigramm  so  ver- 
bessert: 

Eine  Sanduhr  in  jeglicher  Hand  erblick  ich  den  Amor; 

Wie?  der  leichtsinnige  Gott  misst  er  uns  doppelt  die  Zeit? 
Langsam  rinnen  aus  einer  die  Stunden  entfernter  Geliebten, 

Gegenwärtigen  fliesst  eilig  die  zweite  herab. 

Weit  geglätteter  allerdings  als  der  erste  versuch;  aber  ihre  kunstmässige 
gestalt  haben  alle  diese  epigramme  erst  in  weit  späterer  zeit  erreicht. 
Goethe  ist  unermüdlich  darin  gewesen ,  sie  des  namens  wert  zu  machen, 
unter  dem  sie  seit  1806  in  den  gedichten  standen:  „Antiker  Form  sich 
nähernd.^'  In  dieser  ausgäbe  lautet  das  erste  distichon  des  letztange- 
fUhrten  epigramms: 

Eros ,  wie  seh*  ich  dich  hier !    In  jeglichem  Händchen  die  Sanduhr ! 
Wie?    Leichtsinniger  Gott,  missest  du  doppelt  die  Zeit? 

Aber  auf  eine  vergleichung  der  späteren  ausgaben  darf  ich  mich  hier 
nicht  einlassen.  Ich  verbleibe  bei  der  betrachtung  der  ältesten  gestal- 
ten ,  und  da  ergibt  sich  ausser  der  allgemeinen  beobachtung  ihrer  kunst- 
losigkeit  noch  die  besondere  eines  sehr  auffälligen  misverhältnisses  zwi- 
schen den  beiden  versen.  Die  hexameter  sind  nicht  schön ,  doch  wenig- 
stens leidlich.  Aber  nichts  weniger  als  dies  sind  manche  pentameter. 
Woraus  erklärt  sich  die  mangelhaftigkeit  des  zweiten  verses?  Des 
hexameters  war  unsre  poesie  seit  Elopstock   habhaft,   und  in  dem 


00BTH18CHB  GEDICHTS  IN  IlT.   OBSTALT  228 

geburtsjahre  der  ersten  Goethischen  epigramme  hielt  mit  Vossens  Odys- 
see der  nach  strengerer  regel  gebante  vers  seinen  einzng.  Der  penta- 
meter  aber  war  noch  ein  seltener  gast,  und  wenige  wüsten  mit  ihm 
auch  nur  so  umzugehen ,  wie  Nicolaus  Götz ,  dessen  im  elegischen  masse 
geschriebene  „Mädcheninsel''  zu  dem  wenigen  gehörte,  das  dem  grossen 
Friedrieh  ein  lob  der  deutschen  poesie  entlocken  konte.  Goethe  aber 
fand  sein  yorbild  in  nächster  nähe.  In  den  jähren  1780  und  81  beschäf- 
tigte sich  Herder  mit  Übersetzung  der  epigramme  aus  der  griechischen 
Anthologie^  und  Goethe  erhielt  sicherlich  wie  von  den  übrigen  arbeiten 
Herders  aus  jenen  jähren,  so  von  diesen  „Blumen  aus  der  Grie- 
chischen Anthologie  gesammlet'*  sofort  kentnis.^  Diese  haben  ihn  dazu 
angeregt,  sich  in  eignen  epigrammen  zu  versuchen.  Vor  den  hinken- 
den Pentametern  hat  sich  auch  Herder  nicht  ängstlich  gehütet.  Den- 
noch sind  seine  distichen  unter  allen,  die  bis  dahin  geformt  waren, 
die  kunstgerechtesten,  sie  sind  weit  fliessender  als  die  von  Götz,  der 
in  seinen  zehn  ersten  distichen  sich  den  pentameter  mit  lahmem  aus- 
gange  nicht  weniger  als  vier  mal  gestattet. 

Goethe  lernte  nach  ebenem  geständnis  lieber  von  den  menschen 
als  aus  büchem ,  an  beispielen  lieber  als  durch  theorien.  liess  er  sich 
von  Herder  zum  distichen  anregen,  so  ward  Wielands  Vorgang  ihm 
zum  antrieb;  sich  in  der  schwersten  modernen  form  zu  versuchen.  Der 
Oberen  erschien  im  frühjahr  1780.  Goethe  schickte  dem  dichter  einen 
lorbeerkranz ,  er  schrieb  zu  derselben  zeit  die  werte  an  Lavater:  „So 
lange  Poesie  Poesie,  Gold  Gold  und  Krystall  Ejrystall  bleiben  wird, 
wird  Oberen  als  ein  Meisterstück  poetischer  Kunst  geliebt  und  bewun- 
dert werden."  Der  lorbeer  galt  in  Goethes  sinne  gewis  auch  dem  mei- 
ster  der  form,  die  bisher  nur  unter  dem  himmel  Italiens  gediehen  war. 
Mit  wie  heisser  mühe  Wieland,  der  formgewante,  um  diesen  preis 
gerungen  hatte,  war  ihm  nicht  unbekant.^  Denn  Wieland  hielt  damit 
gegen  niemand  zurück.  So  klagt  er  in  einem  briefe  an  Merck:  „Die 
Schwierigkeiten,    die  nur  bloss  im  Mechanismus  meiner   achtzeiligen 

1)  An  Sophie  v.  Schardt,  die  schwftgerin  der  fran  von  Stein,  sante  Herder 
schon  im  winter  1780  eine  samlong  seiner  ttbersetzangen  ans  der  Anthologie  mit 
einem  briefe,  den  Düntzer  mitteilt.    „Zwei  Bekehrte"  (1874)  s.  298. 

2)  Das  erste  unmittelbar  nach  dem  anhören  des  gedichts  niedergeschriebene 
nrteil  Goethes  über  den  Oberen  besitzen  wir  nunmehr  in  seinem  tagebuche  (s.  194). 
Die  Schwierigkeit  der  kunstleistung  ist  darin  nachdrücklich  betont.  „D.  26.  (juli 
1779)  Hess  mich  versprochener  Massen  von  Mayen  mahlen,  und  bat  Wieland  mir 
dabey  seinen  Oberen  zu  lesen.  Er  thats  zur  H&lfte.  Es  ist  ein  schatzbar  Werk 
für  Kinder  und  Kenner,  so  was  macht  ihm  niemand  nach.  Es  ist  grosse  Kunst  in 
dem  Ganzen,  soweit  ich*s  gehört  habe  und  im  Einzelnen.  Es  setzt  eine  unsSgliche 
Übung  voraus  u.  s.  w.'' 

15* 


.ff  _         t- 


224  SüPHAir 

Strophe  liegen,  und  in  der  Natur  dee  Jamben  und  in  der  verh&ltniss- 
m&ssig  geringen  Anzahl  unserer  Beime  —  die  Schwierigkeit  aus  einem 
so  spröden  Leime  gerade  das  Bild,  das  ich  haben  will,  herauszufin- 
gem  —  ist  oft  unsäglich/'  Wie  stark  also  muste  das  bewustsein  von 
der  notwendigkeit  dassischer  form  in  dem  jüngeren  dichter  sich  ent- 
wickelt haben,  da  er  für  sein  grosses  allegorisch  -  episches  gedieht  „Die 
Geheimnisse/'  das  er  vier  jähre  später  unternahm,  diese  stanze  wählte. 
Der  plan  des  gedichtes  war  nach  grossem  masstabe  entworfen;  es  hätte 
wie  an  tiefe  des  inhalts  so  an  ausdehnung  das  romantische  epos  Wie- 
lands übertreffen  müssen.  Doch  es  blieb  bruchstfick.  Goethe  hebt  in 
der  erklärung,  die  er  im  jähre  1816  über  Inhalt  und  sinn  der  Geheim- 
nisse gab,  hervor,  „das  Gedicht  sei  auf  einmal  in  kurzer  Zeit  auf  den 
Punkt  gebracht  worden ,  wie  man  es  jetzt  kenne/'  Dies  ist  nicht  ganz 
richtig.  Goethe  begann  die  Geheimnisse  im  august  84 ,  im  märz  des 
nächsten  jahres  war  er  bei  der  40.  strophe.  Über  die  45.  ist  er  nicht 
hinausgekommen.  Doch  würde  man  irren,  wenn  man  das  stocken  und 
schliessliche  steckenbleiben  auf  die  Schwierigkeit  der  gewählten  form 
schieben  wollte.  Diese  hat  Goethe  von  vom  herein  mit  unglaublicher 
leichtigkeit  gehandhabt  Die  Zueignung,  welche  jetzt  den  sämtlichen 
gedichten  vorangeht,  war  bekantlich  zunächst  sur  einleitnng  der  Geheim- 
nisse bestimt.  Dies  gedieht,  14  Strophen  lang,  ist  an  einem  tage,  in 
einer  unvermutet  geschenkten  müsse ,  entstanden.  Frisch,  une  es  gewor- 
den war,  wurde  es  an  Herders  —  durch  ihre  Vermittlung  an  die 
Stein  —  gesant,  mit  folgendem  billet: 

Dingelstedt ,  Sonntag  d.  8.  August  84.  Abends  halb  10  Uhr. 

„Zwischen  Mühlhausen  und  hier  brach  uns  heute  die  Achse  des 
schwer  bepackten  Wagens.  Da  wir  hier  liegen  bleiben  mussten ,  machte 
ich  gleich  einen  Versuch,  wie  es  mit  jenem  versprochenen  G^edichte 
gehen  möchte.  Was  ich  hier  schicke,  ist  zum  Eingang  bestimmt,  statt 
der  hergebrachten  Anruftang  und  was  dazu  gehört 

Es  ist  noch  nicht  alles  wie  es  sein  soll,  ich  hatte  k^ium  Zeit  die 
Verse  abzuschreiben.'* 

Dank  der  schreibseligkeit  Herders  ist  das  gedieht  in  dieser  älte- 
sten gestalt  erhalten.  Dies  ist  das  wertvollste  stück  meines  fundes.  Wir 
erkennen  an  diesem,  wie  weit  sich  dem  dichter  in  glücklichster  stunde 
sein  Stoff  gestaltete;  gewahren,  wie  er  einer  zum  ersten  male  ergriffe- 
nen form  herr  wurde;  wir  gewinnen  endlich  durch  vergleichung  mit 
dem  veröffentlichten  gedichte  einen  einblick  in  die  wunderbare  fthigkeit 
seines  zweiten  poetischen  Schaffens ,  seines  umdichtens  erster  formen  — 
mit  einem  geringeren  namen  darf  diese  tätigkeit,  wie  er  sie  geübt  hat, 
nicht  bezeichnet  werden.    Die  neue  gestalt  erblüht  gleichsam  aus  dem 


OOSTBUOHB  OXDICHTB  IM  IlT.  OBSTALT  225 

innersten  kern  des  gedichts.  Wie  viel  immer  die  form  gewonnen  haben 
mag,  der  edelste  gewinn  fällt  dem  poetischen  gehalt  zu;  inniger  und 
zarter  wird  der  ton  der  empfindung,  anschaulicher  und  reiner  hebt  sich 
das  bild  hervor.  Selbst  die  scheinbar  geringfügigste  änderung  lässt  den 
Inhalt  nicht  unberührt;  so  das  feierliche  „Sie  lächelte,  sie  sprach'^  im 
anÜEUige  der  achten  strophe,  statt  des  uisprQnglichen  „Sie  lächelte  und 
sprach/*  Doch  mag  auf  Schönheiten,  die  jeder  empfindet,  nur  hinge- 
deutet sein ;  meinem  zwecke  gemäss  gehe  ich  hier  nur  deigenigen  ände- 
rungen  nach,  in  denen  sich  die  strengere  behandlung  des  metrischen 
kundgibt^ 

1)  Ausser  den  in  den  beiden  oben  vollst&ndig  mitgeteilten  atrophen  10.  14 
enthaltenen  abweichnngen  von  dem  ersten  drucke  (Göschensche  ausgäbe  I.  1787) 
gebe  ich  hier  sämtliche  der  ältesten  handschriftlichen  gestalt  eigentttmlichen  les- 
arten  in  der  reihenfolge  der  Strophen. 

1,  5.    Ich  freute  mich  bei  jedem  neuen  Schritte 

2,  1.    Und  wie  ich  stieg,  erhob  vom  Fluss  der  Wiesen 

8.    ich  sah  ihn  wechselnd  weichend  mich  umfliessen 
8,  3 — 4.    hier  schien  er  leise  sich  hinwegzuschwingen 

hier  schien  er  sich  zu  Theil.  zu  erhöhn,  (verschrieben 

statt:  „zu  Üieilen,  zu  erhöhn") 
4,  6 — 8.    ein  Göttliches  vor  meine  Augen  hin 

und  zwischen  Kommen,  zwischen  Eilen 
blieb  sie  im  Schweben  zu  verweilen. 
b,  6.  dein  oft  bethörtes  Herz  sich  fest  und  fester  schloss 

6,  6 — 8.    am  heissen  Tag  die  Stime  leis  gekfihlt. 

Durch  Dich  geniess*  ich  nun  der  Erde  liebste  Gaben 
und  was  ich  haben  kann  will  ich  von  Dir  nur  haben. 

7,  1^2.    Dich  nenn  ich  nicht,  ich  höre  Dich  von  vielen 

gar  oft  genannt  und  jeder  nennt  Dich  sein. 

8,  1 — 8.    Sie  lächelte  und  sprach:  Du  siehst  wie  klug 

wie  noth  es  war,  euch  wenig  zu  enthüUen. 
Kaum  bist  Du  sicher  für  dem  gröbsten  Trug 
6—8«    um  Deine  Pflicht  mit  Murren  zu  erfüllen. 

An  Irrthum  nicht,  an  Maas  nur  unterschieden 
bescheide  Dich,  leb  mit  der  Welt  in  Frieden. 

9,  8.  Der  gute  Wille  lebt  in  meinem  Blut 

5.  In  andern  wächst  für  mich  das  edle  Gut 

6.  ich  kann,  ich  will  das  Pfund  nicht  mehr  vergraben. 
8.  wenn  ich  ihn  nicht  den  andern  zeigen  soll 

10.  (S.  ob.) 

11,  4.  sie  zog  ihn  und  es  war  kein  Nebel  mehr 

5.  Das  Auge  Hess  ich  nach  dem  Thale  schweifen 

7  —  8.    Nun  sah  ich  sie  den  reichen  Schleier  halten 

er  schwebt*  um  sie  und  schwoll  in  tausend  Falten. 
14,  4.  Nimm  dies*  Geschenk,  das  ich  Dir  lang  bestimmt 

(«oder:  „Dein'O 


226  8UPHAN 

Am  stärksten  amgeschmolzeQ  ist  die  zehnte  stropfae.    Zuerst  gab 
sie  sich  dem  dichter  in  folgender  gestalt: 

Mit  einem  Blick  voll  Mitleid,  wie  ein  Wesen 

von  höhrer  Art  uns  sieht,  voll  Nachsicht,  die  uns  weist 

zurück  in  uns  und  unsre  Schwäche  lesen 

und  wieder  uns  mit  Muth  zu  streben  heisst, 

Sah  sie  mich  an,  und  ich  war  schon  genesen, 

Es  sank  und  stieg  von  sanftem  Druck  mein  Geiste 

Mir  wars,  ich  könnt*  mit  geistigem  Vertrauen 

Mich  zu  ihr  nahn  und  ihre  Nähe  schauen. 

Nach  der  umdichtung  lautet  sie: 

Und  wie  sie  sprach,  sah  mich  das  hohe  Wesen 
Mit  einem  Blick  mitleidger  Nachsicht  an; 
Ich  konnte  mich  in  ihren  Augen  lesen, 
Was  ich  verfehlt,  und  was  ich  recht  gethan. 
Sie  lächelte,  da  war  ich  schon  genesen. 
Zu  neuen  Freuden  stieg  mein  Oeist  heran; 
Ich  konnte  nun  mit  innigem  Vertrauen 
Mich  zu  ihr  nahn  und  ihre  Nähe  schauen. 

Nur  diese  letzte  Zeile  hat  die  ursprüngliche  gestalt  gewahrt  Blickt 
man  aber  von  jener  trflben  erstiingsform  zu  der  jüngeren,  vollendeten, 
so  scheint  auf  diese  selbst  der  vers  des  gedichtes  anwendbar: 

„Im  Nebel  liess  sich  eine  Klarheit  sehn/' 

Auch  im  metrischen  bau  erscheint  die  erste  form  unbeholfen  gegen  die 
ebenmässigkeit  der  letzten.    In  der  zweiten  zeile 

von  höhrer  Art  uns  sieht:  voll  Nachsicht,  die  uns  weist 

legt  sich  der  Alexandriner  breit  zwischen  den  regelmässigen  vers  mit 
fünf  hebungen ,  und  so  lockert  er  noch  mehrmals  das  strophische  gefüge. 
So  in  der  fünften  strophe: 

Du  kennst  mich  wohl,  an  die  zu  ewgem  Bunde 
Dein  oft  bethörtes  Herz  sich  fest  und  fester  schloss 


12,  6—7.    der  es  einmal  aas  meinen  Händen  nimmt 

Hier  Iforgennebel  gleich  verbrämt  mit  Sonnenklarheit 

13,  4 — 6.    nmhancht  ench  Würzgemches  Dnft 

Es  schweigen  alle  bange  Erdgef&hle 
zum  Wolkenbette  wandelt  es  die  Gruft. 
li.  (S.  ob.) 


GOJITHISCHB  GXDIOBTX  IM  iLLT.  OBflTALT  227 

in  letzter  gestalt 

Dein  strebend  Herz  sich  fest  und  fester  schloss. 

Die  folgende  strophe  schliesst  gar  mit  einem  Alexandrinerpaar: 

Durch  dich  geniess  ich  nun  der  Erde  liebste  Gaben, 
Und  was  ich  haben  kann,  will  ich  von  dir  nur  haben. 

woffir  nun  gedruckt  steht: 

Du  schenktest  mir  der  Erde  beste  Gaben 

Und  jedes  Glück  will  ich  durch  dich  nur  haben. 

Strophe  12,  7: 

Hier,  Morgennebel  gleich,  verbrämt  mit  Sonnenklarheit 
Der  Dichtung  Schleier  aus  der  Hand  der  Wahrheit. 

geändert : 

Aus  Morgenduft  gewebt  und  Sonnenklarheit. 

Aber  das  unebenmass  geht  noch  weiter.  Zu  Vertretung  der  regelmäs- 
sigen zeile  ist  auch  eine  kurzzeile  mit  vier  hebungen  zugelassen.  Die 
vierte  strophe  schliesst  im  drucke: 

Da  schwebte,  mit  den  Wolken  hergetragen 
Ein  göttlich  Weib  vor  meinen  Augen  hin; 
Kein  schöner  Bild  sah  ich  in  meinem  Leben, 
Sie  sah  mich  an  und  blieb  verweilend  schweben. 

Ursprünglich  aber  lauteten  die  beiden  letzten  zeilen: 

Und  zwischen  Kommen,  zwischen  Eilen 
Blieb  sie,  im  Schweben  zu  verweilen. 

Von  der  13.  strophe  lautet  die  erste  hälfte  in  der  älteren  gestalt: 

Und  wenn  es  Dir  und  deinen  Freunden  schwüle 
Am  Mittag  wird,  so  wirf  ihn  in  die  Luft! 
Sogleich  umsäuselt  Abendwindes  Kühle, 
Umhaucht  euch  Würzgeruches  Duft  — 

Nachher  aber  stellte  sich  weich  und  schmeichelnd  der  vers  ein: 

Umhaucht  euch  Blumen -Würzgeruch  und  Duft. 

Jene  Alexandriner  und  diese  Kurzzeilen  gemahnen  nun  deutlich  genug 
an  das  vorbild,  von  dem  sich  Goethe  bei  dem  ersten  versuche  noch 
nicht  frei  machte : 

„Noch  einmal  sattelt  mir  den  Hippogryphen ,  ihr  Musen, 
Zum  fiitt  ins  alte  romantische  Land.'* 


288  SDPBAir 

Es  ist  also  nicht  wahr,  was  man  bisher  immer  behauptet  hat,  dass 
Goethe  sogleich  die  reine  stanze  gebaut  habe,  und  dass  auch  hierin 
sein  grosser  vorzug  vor  Wieland  beruhe.  Die  ältere  Qoethische  stanze 
ist  eine  fibergangsform  von  der  absichtlich  frei  gehaltenen  Wielan- 
dischen  zu  der  classischen  strophe  der  Italiäner.  Begelrecht  hat  sie 
Goethe  erst  gebaut ,  nachdem  er  aus  Italien  zurückgekehrt  war.  So  ist 
denn  also  auch  das  bruchstfick  des  epos  selbst  wol  erst  später  in  die 
reine  form  umgeschrieben.  Unter  dieser  annähme  wird  es  erst  erklär- 
lich, wenn  Caroline  Herder  am  12.  sept.  1788  ihrem  manne  schreibt: 
Goethe  habe  in  Eochberg  vor  der  Stein  und  ihr  „das  Gedicht  über 
die  Bosenkreuzer  **  redtiert  Er  recitierte  es  ihnen  doch  wol  nicht  in 
der  älteren  gestalt,  die  ihnen  längst  bekant,  und  wenigstens  der  Stein 
schriftlich  mitgeteilt  war.  Denn  für  diese  und  für  Herders  war  das 
gedieht  ganz  eigens  bestirnt  gewesen,  und  manches,  was  in  diesem 
kreise  gemeinsam  durchlebt  und  durchdacht  war,  hatte  der  dichter  als 
ein  teures  Vermächtnis  darin  niedergelegt  Daran  erinnerte  schon  das 
begleitende  bUlet  an  Herders ,  und  so  auch  die  Zeilen  an  frau  von  Stein 
vom  selben  tage:  „Das  Gedicht,  das  ich  heute  für  euch  gearbeitet 
habe^  —  „Das  Gedicht,^  nent  es  dann  Goethe  wenig  wochen  später, 
„das  ich  so  lieb  habe,  weil  ich  darin  von  Dir  und  von  meiner  Liebe 
ZU  Dir  in  tausend  Gestalten  werde  reden  können ,  ohne  dass  Jemand  es 
versteht  als  Du  allein/'  An  diese  seine  liebsten  freunde  wendet  er 
sich  denn  auch  am  Schlüsse  der  widmung  mit  herzlich  warmen  werten, 
deren  persönliche  beziehung  die  Überarbeitung  verdunkelt  hat.  Sie  ste- 
hen in  der  ersten  halbstrophe: 

So  kommt  denn  Freunde,  wenn  auf  euren  Wegen 
des  Lebens  Bürde  schwer  und  schwerer  drückt; 
0  kommt  mit  mir  und  bringt  mir  euren  Segen, 
mit  dem  allein  mein  Leben  ihr  beglückt 
Geht  froh  mit  mir  dem  nächsten  Tag  entgegen: 
noch  leben  wir,  noch  wandeln  wir  entzückt, 
und  auch  denn  soll,  wenn  Enkel  um  uns  traoren 
Zu  ihrer  Lust  noch  unsre  Liebe  dauren. 

Ich  bin,  indem  ich  immer  mehr  die  nahen  persönlichen  beziehun- 
gen,  die  zwischen  Goethe  und  Herder  bestanden,  in  den  kreis  der 
besprechung  ziehen  muste,  der  frage  immer  näher  gekommen:  Wie 
und  zu  welcher  zeit  ist  Herder  in  den  besitz  so  vieler  Goethischer 
gedichte  gelangt?  Indem  ich  die  anfange  von  Goethes  epigranunen- 
dichtung  berührte,  bemerkte  ich,  dass  Goethe  meistens  Herders  arbei- 


OOBTHISCHB  GBDiaBTB  IN  iLT.  QMBTAUI  SS9 

ten  unmittelbar  nach  ihrem  entstehen  in  der  handschrift  mitgeteilt 
erhalten  habe.  Von  den  epigrammen  selbst  ist  dies  nicht  bezeugt; 
doch  von  den  Paramythien,  den  Morgenländisohen  Dichtungen,  den  man- 
nigfaltigen kleineren  prosaschriften  der  80er  jahre^  wie  von  den  beiden 
ersten  teilen  der  Ideen.  Sogar  eine  wichtige  predigt  Herders  wanderte 
einmal  zu  dem  weltlichen  freunde  und  kehrte  mit  dessen  rötelstrichen 
am  rande  und  brieflichen  bemerkungen  zurück.  Es  ist  die  unter  Her- 
ders handschriften  erhaltene  rede ,  welche  Herder  bei  der  taufe  des  erb- 
prinzen  Karl  Friedrich  gehalten  hat.  Eben  so  lebhaft  war  nun  auch 
Goethes  bedür&is,  was  er  geschaffen,  dem  freunde  zur  kentnisnahme 
oder  beurteilung  anzuvertrauen.  So  seine  wissenschaftliche  abhandlung 
Aber  das  os  intermaxillare  des  menschen,  die  ftlr  Herders  ,Jdeen^ 
wichtig  wurde;  nicht  weniger  auch  seine  poetischen  Schöpfungen.  Die 
Zusendung  der  Qeheinmisse  steht  nicht  vereinzelt  da.  In  den  briefen 
Goethes  an  Herder  werden  solche  Sendungen  öfters  erwähnt.  So  beglei- 
tete eine  in  versen  geschriebene  epistel  die  handschrift  von  dem  Sing- 
spiele „Die  Fischerin.^  Am  lebhaftesten  aber  ward  solcher  austauseh 
in  den  letzten  drei  jähren  vor  der  italiftnischen  reise  getrieben.  Sie 
bilden  den  hochsommer  und  den  früchtereichen  herbst  in  der  freund*- 
schaft  beider  mftnner.  „Wir  haben  in  den  drei  letzten  Jahren  nur  mit 
ihm  gelebt,  «an  Geist  und  Herz  verbunden,*^  schreibt  Herders  firau  im 
februar  1787  voll  trauer  über  Goethes  femsein  an  Gleim.  Und  mit 
herzlicher  Offenheit  bekent  Goethe  in  einem  briefe  an  Knebel  mitten  in 
dieser  epoche :  „  Die  Stein  und  Herder  sind  mir  vom  grössten  wert  und 
sind  beinahe  die  einzigen  hiesigen  kapitale,  von  denen  ich  zinsen  ziehe.*^ 
Die  regsamkeit  und  Innigkeit,  mit  der  dieser  verkehr  von  beiden  selten 
gepflogen  wurde,  geben  nicht  minder  Goethes  briefe  an  die  Stein  als  die 
Herderischen  correspondenzen  zu  erkennen.  „Goethe  besucht  uns  oft 
wie  ein  Stern  in  der  Nacht'*  schreibt  Herder.  „Mit  Goethe  leben  wir 
herzlich  gut  manchen  Abend  bei  ihm/^  setzt  die  frau  hinzu:  „Er  hat 
viele  Geschäfte  seines  Amtes,  ist  aber  in  seinem  innem  Geist  nicht 
müssig  und  theilt  uns  manchmal  davon  was  Gutes  mit.^^  Gegen  ende 
dieser  zeit  aber  war  es  ja,  dass  in  Goethe  der  plan,  seine  Schriften 
herauszugeben,  reifte,  und  Herder  nahm  an  den  zurüstungen  den  leb- 
haftesten anteil.  Er  bildete  mit  Wieland  das  freundschaftliche  tribunal, 
dem  das  urteil  über  vorzunehmende  oder  vorgenommene  änderui^en 
anheimgestellt  wurde.  Sein  urteil  über  den  Werther,  und  wie  ihm 
Goethe  beigestimt,  habe  ich  erwähnt.  Auch  die  zeilen  sind  erhalten, 
mit  denen  er  das  durchgesehene  exemplar  des  Götz  von  Berlichingen 
znrücksante.  Sie  schliessen:  „Gott  segne  Dich,  dass  Du  den  Götz 
gemacht  hast,  tausendfUtig.*'    Herder  war  es  auch,  der  dem  dichter 


230  8UPHAH 

immer  wider  lust  zu  umarbeitang  seiner  «, alten  Sachen *'  machte,  so 
oft  ihn  seine  neiguig  zu  natorstudien  dem  einmal  gefassten  voinsiatze 
untren  zu  machen  drohte.  Im  Earlsbade,  wo  sie  im  august  1786  zu- 
sanmien  verweilten,  verhütete  er,  dass  Goethe  auf  taubem  gestein  her- 
umhämmerte, und  trieb  zur  Iphigenia,  brachte  es  auch  dahin,  dass  sie 
„in  verse  geschnitten '*  wurde,  und  so  schon  in  die  vollkonmienste 
form  hineinwuchs,  noch  ehe  Goethe,  wie  er  es  nante,  „in  die  berge 
gieng." 

In  den  letzten  monaten  vor  der  italiänischen  reise  war  Goethe 
zwar  mit  der  Vorbereitung  der  vier  ersten  bände  seiner  Schriften  beschäf- 
tigt, welche  die  grösseren  arbeiten  der  70er  jähre  enthalten;  aber 
daneben  betrieb  er  auch  schon  die  samlung  seiner  kleineren  gedichte. 
Der  frau  von  Stein  schreibt  er  am  15.  juni:  „Die  kleinen  Gedichte 
hab*  ich  unter  allgemeine  Bubriken  gebracht  ,^^  und  am  4.  juli  erinnert 
er  sie  daran,  ihm  die  „ Epigranune ,''  welche  sie  besass,  abzuschreiben. 
Im  juni  1786  also  frOhestens  ist  die  Herderische  samlung  der  lyrischen 
gedichte  ihrem  grössten  teile  nach  angelegt  worden.  Denn  in  gleich- 
massiger  Schrift  und  auf  eines  bogens  lose  blätter  zusammengedrängt, 
wie  sie  dastehen,  machen  sie  ganz  den  eindruck,  dass  sie  auf  ein  mal 
zusammengetragen  sind.  Die  neun  gedichte  des  siebenten  blättchens 
aber  sind,  wie  die  verschiedene  tinte  und  der  veränderte  zug  der  hand- 
schrift  erkennen  lässt,  später,  doch  widerum  sämtlich  zu  einer  zeit, 
aufgeschrieben  worden.  Die  zeit  dieses  nachtrages  lässt  sich  genau 
bestinmien.  An  viertletzter  stelle  steht  die  kleine  schnurre  „  Der  Segen 
wird  gesprochen,^'  die  Goethe  im  winter  1787  auf  88  fllr  seinen  römi- 
schen hausgenossen  und  Schützling,  den  jungen  maier  Fritz  Bury, 
gedichtet  hat.  Wir  kennen  sie  aus  dem  briefe  Goethes  an  Fritz  von 
Stein  vom  16.  februar  1788.  „Ich  werde  mich  freuen,^'  heisst  es 
darin,  „wenn  ich  diesen  Abendsegen  einmal  über  Dich  sprechen  kann. 
Becitire  ihn  Herders  und  dem  Fräulein  von  Göchhausen.*' ^  Dieses 
gedichtchen  und  die  acht  übrigen  kann  Herder  nicht  direct  aus  Goethes 
band  erhalten  haben,  wie  es  bei  der  mehrzahl  wahrscheinlich  ist;  am 
nächsten  ligt  die  Vermutung,  dass  sie  ihm  durch  frau  von  Stein,  seine 
freundin  und  Verehrerin,  vermittelt  worden  sind.  Sie  besass,  wie 
bekant,  die  vollständigste  samlung  der  Goethischen  Gedichte,  von  denen 
des  Leipziger  liederbuches  an.  Vielleicht  sind  auch  die  opigramme 
erst  in  dieser  späteren  zeit  copiert  worden.    Über  die  sechs  einzelnen 

1)  Die  dritte  zeUe  lautet  in  den  „ Briefen  an  Fritz  von  Stein"  s.  49:  „Die 
V^ölfe  sind  aasgekrochen."  In  Herders  copie  steht:  „3.  V^ölfe/'  übereinstimmend 
mit  der  Enebelschen  abschrift,  ans  der  v.  Loeper  diese  ohne  zweifei  bessere  lesart 
in  den  text  der  Hempelschen  ausgäbe  (Gedichte  in»  206)  aofgenommen  hat 


G0BTHI8CHB  GBDIGHTX  DI  iLT.  aXBTALT  231 

gedichte,    die  „Zueignung''   ausgenommen,  lässt  sich  nichts  näheres 
bestimmen. 

Ist  auf  solche  weise  die  samlung  der  copien  entstanden ,  und  darf 
man  sie  dem  grade  ihrer  Zuverlässigkeit  nach  zunächst  hinter  Goethes 
eigene  manuscripte  stellen,  so  wird  man  die  drei  bisher  unbekanten 
gedichte,  welche  die  samlung  der  36  enthält,  als  Goethische  Anekdota 
begrüssen  dürfen.  Sie  werden,  hoffe  ich,  selbst  f&r  ihre  ächtheit  am 
besten  zeugen;  entstehungszeit  und  veranlassung  zu  bestimmen  soll  in 
einigen  Schlussbemerkungen  versucht  werden. 

1. 
Auf  der  Jagd* 

Umschwebst  du  mich  Götterbild 
acht  ich  nicht  Nord  und  Frost 
noch  das  Schneegestöber 
das  des  Tannenwalds 
stolze  Wipfel  beugt. 

Umschwebst  du  mich  Götterbild 

schaut  mein  kühnerer  Blick 

von  der  Felsenhöh 

furchtlos  hinab 

wo  der  Abgrund  droht. 

Umschwebst  [du  mich  Götterbild]^ 

Neben  dir  Götterbild 

ruht  sichs  sanft  im  Thal 

wenn  Mailuft  uns  weht 

wenn  balsamischer  Duft 

Unser  Lager  bethaut. 

Holdere  Göttin  der  Zeit 
eil*  im  Blumengewand 
bald  0  balde  herab. 
Einsam  find  ich  dann  oft 
dich  im  Buchenhain 
himmlisches  Götterbild. 


1)  Das  „u.  f.,"  welches  in  der  zweiten  atrophe  hinter  ,, umschwebst"  steht, 
fehlt  in  der  dritten.  VieUeicht  ist  bei  dieser  der  refrain  irtümlich  angedeutet. 
Anspreeheuder  ist  es  jedenfalls,  wenn  sie,  fünizeilig  wie  die  beiden  ersten,  begint 
„Neben  dir  GötterbUd.'* 


282  BUPBAK 

2. 
Sehottisehes  Lied. 

Mir  ist,  als  müsst*  ich  dir  was  sagen 
als  wollte  dir  mein  Herz  was  klagen 
mein  Innerstes  beweget  sich, 
mit  jeder  Regung  lieb*  ich  dich. 

Mir  ist,  als  mfisst'  ich  zu  dir  wallen, 
als  Pilger  dir  zu  Füssen  fallen 
von  mancher  Begung  heilen  mich 
und  ach  nur  sehn  und  lieben  dich. 

Mein  Herz  den  Banden  will  enteilen 
mein  Auge  möcht  an  deinem  weilen 
und  Herz  und  Aug*  ergiessen  sich 
mit  Tielen  Thränen  lieb  ich  dich. 

3. 
Als  auf  eiiieai  Laadgat  bei  KoppenbageB  drei  Urnen  geftmdeo  wurden. 

In  Siegesfneden  ruhe 

Heldengebein 

dreier  Edlen,  freier  Vorzeit  Söhne. 

Fromme  fanden  dich,  gaben  dich  wieder 

mit  Ehrfurcht  segnend, 

dem  kühlen  Hügel ,  der  auch  ihrer  harrt. 

unter  den  drei  gedichten  trägt  das  erste  das  gepräge  seiner  her- 
kunft  am  deutlichsten.  An  Goethes  weise  erinnert  schon  die  Über- 
schrift. Sie  enthält  die  angäbe  der  Situation,  gleich  jenen:  „Auf  dem 
See,''  „Vom  Berge/'  „Auf  dem  Harz:  im  December^'  (wie  zuerst  die 
Harzreise  im  Winter  benant  war).  Ferner  hat  der  bau  der  Strophen 
grosse  ähnlichkeit  mit  den  anfangsstiophen  von  Wanderers  Sturmlied. 
Den  anfiangsrefrain  in  strophischen  gedichten  von  freiem  silbenmass  hat 
meines  wissens  nur  Goethe  gebraucht.  Dieser  gebrauch  hängt  mit  dem 
wesen  seiner  lyrik,  die  auch  in  den  höheren  gattungen  das  liederartige 
beizubehalten  strebt,  zusammen.  „Bald  o  balde'^  in  der  vierten  Stro- 
phe ist  unverkenbar  Goethisch,  und  auch  sein  beliebtes  stimmungswort 
„hold''  —  „holdere  Göttin  der  Zeit"  fehlt  nicht.  In  der  Vorstellung 
von  dem  „umschwebendem  bilde  der  geliebten"  —  damals  war  es 
noch  nicht  poetische  phrase  —  berührt  sich  das  gedieht  mit  der  anfangs- 
strophe  von  Jägers  Abendlied: 


eOBTHIBOm  GB3>ICBTX  IN  ALT.  6B8TALT  288 

Im  Walde  schleich  ich  still  und  wild 
Oespannt  mein  Feuerrohr, 
Da  schwebt  so  licht  dein  liebes  Bild, 
Dein  süsses  Bild  mir  vor. 

Es  ist  Luis  bild,  das  den  jäger  umschwebt.  In  dem  exemplar  der  Stella, 
das  der  dichter  Lili  schenkte^  standen  die  verse: 

Im  holden  Thal,  auf  schneebedeckten  Höhen, 
War  stets  Dein  Bild  mir  nah 
Ich  sah*s  um  mich  in  lichten  Wolken  wehen, 
Im  Herzen  war  mirs  da. 

Und  an  Lili  ist,  glaube  ich,  auch  unser  gedieht  gerichtet.  Es  ist 
wahrscheinlich  im  winter  1774  auf  75  gedichtet.  Älter  kann  es,  wenn 
es  sich  auf  Lili  bezieht,  nicht  sein.  Dieser  zeit  wird  man  es  besonders 
auch  seiner  form  wegen  zuweisen.  Die  meisten  gedichte  im  fireien  sil- 
benmasse  sind  vor  dem  jähre  1776  entstanden.  So  auch,  wie  kfirzlich 
von  Löper  bewiesen  hat ,  die  ode  „  Edel  sei  der  Mensch  /'  der  man  bis- 
her die  Jahreszahl  1780  —  82  gab.  Die  gedichte  dieser  art,  die  aus 
späterer  zeit  stammen,  wie  die  öden  „Meine  Göttin,"  „Grenzen  der 
Menschheit^'  halten  sich  strenger  an  eine  metrische  grundform. 

Das  zweite  gedieht  kfindigt  sich ,  wenn  man  seine  fiberschrifb  wört- 
lich nimt ,  als  eine  Übertragung  an ,  und  als  solche  würde  es  unter  den 
gedichten  der  siebziger  jähre  keineswegs  vereinzelt  stehen.  Aus  der 
fireude  an  den  schätzen  volkstümlicher  poesie,  deren  herlichkeit  Herder 
in  Strassburg  dem  jungen  Goethe  erschlossen  hatte,  entsprang  zuerst 
dessen  Sammeleifer,  bald  auch  die  lust  am  übersetzen.^  Die  frühesten 
beweise  derselben  sind  die  bruchstücke  einer  Übersetzung  des  Hohen 
Liedes,  und  die  in  den  Werther  aufgenommenen  Übersetzungen  aus 
Ossian,  in  dessen  gesängen  das  junge  geschlecht  wie  in  jenen  orienta- 
lischen „Stimmen  der  Liebe"  die  höchsten  Offenbarungen  einer  als 
naturkraft  sich  äussernden  poesie  verehrte.  Auch  nachmals  gab  die 
nahe  Verbindung  mit  Herder  mannigfachen  anlass,  wetteifernd  mit 
ihm,  dem  feinsinnigen  Übersetzer ,  sich  im  übertragen  fremder  poesie 
zu  üben.  Immer  war  es  die  sogenante  naturpoesie ,  die  zu  solchen  ver- 
suchen lockte.  Für  Herders  volksliedersamlung  übertrug  Goethe  den 
Morlakischen  Gesang  von  der  edeln  Frauen  des  Asan  Aga;  mit  rück- 
sicht  auf  sie  wol  auch  die  beiden  indianischen  lieder,  das  „Todeslied 

1)  Vgl.  Goethes  Brief  an  Herder,  Herbst  1771.  Aus  Herders  Naohlass  J, 
81  fg.    Der  junge  Goethe  I,  298  fg. 


234  SÜPHAH 

eines  Gefangenen ^^  nnd  „Liebeslied  eines  amerikanischen  Wilden."^ 
Aus  Herders  verrat  entnahm  er  die  Volkslieder,  die  er  in  das  Singspiel 
„Die  Fischerin ^*  eingeflochten  hat;  und  Herders  übei*tragungen  waren 
ihm  so  wert  wie  Originalgedichte.'  Die  schottischen  Volkslieder  hielt 
er,  wie  Herder,  ganz  besonders  hoch.  Eine  alte  schottische  ballade 
macht  ihn ,  da  er  nicht  ganz  freien  gemüts  ist ,  ,y  munterer ,  als  ich  seit 
drei  Tagen  nit  was."^  So  liesse  es  sich  denn  sehr  gut  annehmen,  das 
„Schottische  Lied^'  gehöre  als  Übersetzung  in  diese  zeit.  Das  volks- 
tömliche  „was/*  das  wir  darin  finden  („was  sagen,**  „was  klagen**) 
kann  man  aus  den  gleichzeitigen  briefen  leicht  belegen/ 

Ist  aber  das  lied  eine  Übersetzung?  Mutet  es  uns  nicht  empfin- 
dungswarm und  innig,  wie  ein  unmittelbarer  erguss  aus  des  dichters 
herzen  an?  Wenigstens  die  Vermutung,  dass  es  ein  solcher  ist,  sei 
hier  ausgesprochen  auf  die  gefahr  hin,  durch  das  original  widerlegt  zu 
werden.  Auch  manches  Herderische  gedieht,  das  sich  „nach  dem  Eng- 
lischen **  und  ähnlich  benent ,  ist  eine  freie  Schöpfung ,  die  nur  die  anre- 
gung  oder  etwa  einen  zug  von  einem  ausländischen  originale  entlehnt 
hat.  Möglich ,  dass  in  dem  unsrigen  die  refrainartige  schlusszeile  einem 
schottischen  liede  nachgebildet  ist.  Recht  im  mittelpunkte  aber  finden 
wir  einen  gedanken,  der  unmöglich  von  aussen  entlehnt  ist:  den,  dass 
ein  leidenschaftlich  erregtes  gemüt,  die  „Kegung**  („die  schmerzlich 
überspannte  Regung**  heisst  es  in  dem  gedichte  Hmenau),  von  der  sitt- 
lichen kraft  einer  edeln  liebe  bezwungen,  krankhafte  Sehnsucht  durch 
sie  geheilt  wird.  Wer  entsint  sich  nicht  in  wie  viel  Variationen  sich 
dies  bekentnis  durch  die  briefe  Goethes  an  seine  edelste  geliebte  hin- 
durchzieht? Voll  und  ganz  erlebt  er  in  sich  die  katharsis  der  leiden- 
schaft,  seit  er  ihr  angehört,  „die  den  reinsten  seiner  Triebe  ihm  noch 
reiner  widergibt.**  Sie  ist  ihm  „Arzt**  und  „ Seelenführerin /*  sie  „heilt 
alles  an  ihm,  was  zu  heilen  ist**  (15.  märz  85).  Am  andächtigsten 
erklingen  diese  anrufungen  in  den  früheren  jähren,  mitten  unter  den 
äusserungen  leidenschaftlichen  begehrens.  Mit  pilgiims  Inbrunst  nent 
er  die  geliebte  seine  „Heilige,**  eine  Madonna  (I,  65);  er  will  „einen 
Tropfen  Anodynum  aus  ihren  Augen  trinken**  (I,  57),  „an  ihren  Augen 
von  mancherlei  ausruhen**  (I,  94).     Und  so  auch  in  den  poetischen 

1)  Beide  lieder  mit  Beinhold  Köhlers  bemerkungen  findet  man  im  dritten 
bände  dieser  Zeitschrift  s.  477  fg.  Eine  (handschriftlich  erhaltene)  Übersetzung  dos 
letzteren  hat  auch  Herder  versucht. 

2)  Brief  an  frau  v.  Stein  vom  11.  nov.  1777. 
8)  An  frau  v.  Stein,  april  1776  (I,  22). 

4)  An  frau  v.  Stein  I,  22  („ich  weiss  was  —  versprech  ich  ihnen  was  zu 
lesen '0*    ^  („wieder  was  zu  lachen  machte")  154  (,,hat  was  anziehendes"). 


GOSTHIBOHB  GEDICHTE  IN  IlT.  OBSTALT  235 

hnldignngen.  Wenn  er,  nm  den  unwiderstehlichen  zng  zur  geliebten 
zu  erklären  9  von  einem  längst  vergangenen  Zeitalter  träumt ,  in  dem 
er  ihr  schon  einmal  innigst  zugehört  hat  — 

Welche  Seeligkeit  glich  jenen  Wonnestunden 

Da  er  dankbar  dir  zu  Füssen  lag, 

Fühlt  sein  Herz  an  Deinem  Herzen  schwellen, 

Fühlte  sich  in  Deinem  Auge  gut, 

Alle  seine  Sinnen  sich  erhellen 

Und  beruhigen  sein  brausend  Blut.    (I,  25). 

Oder  wenn  er  am  Tasso  schreibend  „sie  anbetet^  die  sich  alles  zueig- 
nen will,  was  Tasso  sagt^^  (11,  65): 

Wie  den  Bezauberten  von  Bausch  und  Wahn 
Der  Gottheit  Nähe  leicht  und  willig  heilt. 
So  war  auch  ich  von  aller  Phantasie^ 
Von  jeder  Sucht,  von  jedem  falschen  Triebe- 
Mit  einem  Blick  in  deinen  Blick  geheilt/' 

Das  gleiche  geständnis  versteckt  sich  in  unserm  liede  nur  leicht  hinter 
einer  wol  nur  zum  spiel  ersonnenen  hülle.  Darf  man  das  anmutige 
kleine  stück  chronologisch  auffädeln,  so  möchte  1776  —  78  am  passend- 
sten für  die  entstehungszeit  gelten. 

Das  Urnengedicht  wird  man  nach  der  eigentümlichkeit  seiner  form 
am  füglichsten  den  vorweimarischen  gedichten  im  freien  silbenmass 
beiordnen.  TJngesucht ,  wie  oft  in  den  Goethischen  gedichten  dieser  art 
stellt  sich  als  ersatz  strengerer  bindung  die  alliteration  ein.  Vielleicht 
ist  es  möglich,  zu  noch  festerer  datierung  zu  gelangen.  Ich  schlage 
dazu  einen  weg  ein ,  auf  den  mich  ein  wink  von  kundigster  band  gewie- 
sen hat  Die  drei  umen  sind  auf  einem  landgute  bei  Kopenhagen 
gefunden  worden.  Solch  ein  fund  machte  vor  hundert  jähren,  da  die 
altertumswissenschaft  sich  mit  allem  eher  als  mit  den  denkmälern  der 
vaterländischen  vorzeit  beschäftigte,  je  seltener  man  davon  hören  mochte^ 
um  so  grösseres  aufsehen.  Mancher  junge  „barde**  hätte  wol  vom 
blossen  lesen  der  Zeitungsnachricht  sich  zu  einem  sänge  im  höhern  ton 
begeistert  fühlen  können.  Wer  es  glauben  mag,  dass  auch  Goethes 
gedieht  auf  solchen  anlass  entstanden  sei ,  dem  muss  es  unbenommen 
bleiben.  Auf  ihn  wirkte  sonst  nur  die  lebendige  gegen  wart ;  wol  hätte 
auch  eines  augenzeugen  lebhafter  bericht  diese  zu  ersetzen  vermocht 
Zu  welcher  zeit  kann  nun  eine  solche  persönliche  anregung  erfolgt  sein  ? 
Aus  Kopenhagen  kamen  die  beiden  jungen  grafen  von  Stolberg,  die  im 


236  SUPHAN 

mai  1776  bei  Goethe  einkehrten,  denen  er  dann  znr  reise  in  die  Schweiz 
sich  anschloss.  In  ihrem  unklaren  freiheitsdrange,  mit  ihrer  schwärme- 
rischen Verehrung  des  vaterländischen  altertums,  waren  sie  ja  recht 
geartet  dazu,  mit  freudiger  begeisterung  zu  rühmen  von  der  „freien 
Vorzeit  Söhnen/*  deren  heldenstärke  sie  in  den  gewaltigen  Überresten 
mit  staunen  verehrt  hätten,  und  so  mochte  leicht  eine  gleiche  begei- 
sterung den  dichter  des  Oötz  anglühen,  und  ihm  werte  der  weihe  an 
die  entschlafenen  helden  eingeben ,  mit  denen  er  gleichsam  in  den  kreis 
der  widerbestattenden  eintrat.  Auch  ihm  waren  ja  damals  die  edeln 
helden  der  vorzeit  vertraute  gestalten,  „starkknochig  und  starksehnig, 
das  Herz  so  fest  und  wild.** 

An  die  Stolberge  und  ihren  möglichen  anteil  hat  mich  C.  Redlich 
erinnert,  und  ihm  danke  ich  auch  den  folgenden  nachweis,  aus  dem 
sich  wenigstens  dies  mit  Sicherheit  ersehen  lässt,  dass  jeuer  den  vor- 
fahren geweihte  dichterische  gräbercultus  den  Stolbergen  eigentümlich 
gewesen  ist  Unter  den  gedichten  der  brüder^  befindet  sich  folgendes 
von  Christian : 

An  die 

in  mehreren  Asehenkriliren ,  unter  srrossen  Felsstfleken  in  einem  Hflnenliliird 

SreAudenen,  und  in  Einer  Urne  wieder  eingegrabenen  Gebeine. 

Buht  starke  Kinder  starker  Zeit 
Im  Schauer  dieser  Einsamkeit, 
Es  trennte  euch  der  Zeitgenoss, 
Nun  £asst  euch  Einer  Urne  Schooss. 

Des  Hügels  Erde  sei  euch  leicht! 
Und  wart  ihr  Mann  und  Frau  vielleicht, 
So  schlaft  selbander  manche  Nacht, 
Bis  ihr  dereinst  vereint  erwacht; 

Und  wart  ihr  Feinde  stolz  und  kühn. 
Doch  soll  Ein  Grab  euch  beiden  blühn, 
Bis  ihr,  nach  langer,  schwarzer  Nacht, 
Selbander,  und  versöhnt  erwacht. 

Nicht  des  poetischen  Verdienstes  wegen ,  das  besonders  bei  vergleichung 
mit  der  gedrungenen  Schönheit  des  Goethischen  impromtus  gar  gering 
erscheint,  habe  ich  dies  gedieht  ganz  eingenickt,  sondern  weil  es  in 
anbetracht  der  Situation  einen  auffallenden  pendant  zu  demselben  bil- 
det.   Der  unterschied  in  der  darstellung  des  zu  gründe  liegenden  fac- 

1)  Geflammelte  Werke  der  Brttder  Stolberg  (1820)  II ,  158. 


60XTHISCHB  GESICHTE  IN  ALT.   GB8TALT  287 

tums  ist  gering;  man  dürfte,  da  ein  gedieht  keine  geschieht  ist,  gänz- 
lich über  ihn  hinwegsehen,  wenn  das  Stolbergische  gedieht  nicht  eine 
Jahreszahl  trüge,  die  einer  Vereinbarung  durchaus  im  wege  steht  Es 
ist  im  jähre  1797  gedichtet.  Das  Qoethische  gedieht  aber  ist  sicher- 
lich, wenn  anders  es  durch  eine  erzählung  der  brüder  veranlasst  ist, 
im  jähre  1775  entstanden,  im  sommer  oder  während  des  kurzen  besu- 
chest den  sie  auf  der  rückreise  im  november  des  jahres  in  Weimar 
abstatteten.  In  den  neunziger  jähren  lebte  graf  Christian  auf  seiner 
Holsteinischen  besitzung,  und  warum  solte  er  nicht  auch  dort  die  auf- 
deckung  eines  hünengrabes  veranlasst,  ihr  beigewohnt  haben?  Hierbei 
bescheide  ich  mich,  so  lockend  es  ist,  durch  allerlei  Vermutungen  beide 
gedichte  in  einen  engeren  Zusammenhang  zu  bringen. 

Den  bericht  über  die  älteren  gestalten  werde  ich  in  einer  fort- 
setzuug  dieses  aufsatzes  vervollständigen  und  abschliessen.  Zu  den  neu 
aufgefundenen  gedichten  habe  ich  nichts  hinzuzufügen.  Möge  nun,  was 
ich  unvollständig  gelassen,  die  Sorgfalt  der  kenner,  wie  sie  sich  im 
einzelnen  falle  schon  glücklich  betätigt  hat,  ausfallen  und  verbessern. 
Das  kleeblatt  ladet  noch  zu  mancher  bemerkung  ein. 

BERLIN,  DEM  7.  NOVEMBER  1875.  B.  SUPHAN. 


ÜBER  DIE  BENUTZUNG  AVIANS   DURCH  BONER 

Im  sechsten  bände  dieser  Zeitschrift,  s.  274  —  281  sucht  herr  prof. 
Schoenbach  den  beweis  zu  führen,  dass  Boner  fQr  die  22  fabeln,  in 
denen  er  nach  Lessing  dem  Avian  gefolgt  ist,  die  in  der  ausgäbe  des 
Avian  von  W.  Fröhner,  Leipzig  1862,  am  schluss  gedruckte  paraphrase 
Avians,  Apologi  Aviani  genant,  benutzt  habe,  oder  wenigstens  eine 
prosaauflösung,  die  in  der  Verkürzung  noch  nicht  so  weit  gegangen 
war  als  die  vorliegende,  jedenfalls  nicht  den  Avian  allein.  In  meiner 
abhandlung  über  die  quellen  zu  Boners  Edelstein  (Programm  des  Char- 
lottenburger Gynmasiums  Ostern  1875)  hatte  ich  fßr  diese  fabeln  nur 
auf  Lessing  verwiesen,  im  anschluss  an  Boners  werte  68,  2  als  man 
list  in  dem  Ävi&n.  Im  folgenden  soll  nun  diese  frage  einer  ausfQhr- 
licheren  Untersuchung  unterzogen  werden,  und  zwar  zunächst  für  die 
von  Schoenbach  behandelten  stücke. 

Boner  64  =  Avian  2.  Während  es  in  den  Apologi  nur  heisst: 
iestudo  aquilam  mercede  conduocit^  und  nachher  (aquüa)  promissa  per- 
pendisset  (erwogen  hatte)  faUacia,  beschreibt  Boner,  wie  Av.  3  und  4: 
protenus  e  rt^bris  conchas  proferret  ha/renis,  quts  predum  nitido  cor- 

ZKIT8CHB.   r.  DXUTBOBB  PKILOLOOIB.     BD.   TH.  16 


888  eomomcK 

Uee  haca  daret,  das  versprochene  genauer  y,  12  ich  iooU  iu  äne  liegen 
goU  und  edd  gesteine  geben.  Ebenso  heben  beide  die  trenlosigkeit  des 
adlers  hervor,  Av.  v.  8  und  9  experta  est  (testudo)  simüem  perfida 
Ungua  fidemj  et  male  mercoHs  .  .  pinnis,  Bon.  v.  26  ein  trieger  da 
den  andern  trcmg^  nicht  so  die  Apologi.  Nur  Boner  v.  32  do  lie^  in 
vollen  der  adlar  har  nider,  da^  sin  hüs  zerbrach  entspricht  scheinbar 
mehr  den  worten  der  Apologi:  eam  cadere  super  rupem  permisit,  et 
confracta  periit  tabeseendo,  als  denen  des  Av.  occidit  infdix  aliHs 
ungue  fero.  Doch  wird  hier  Boner,  ohne  sich  genau  an  seine  quelle 
gehalten  zu  haben ,  den  Vorgang  in  naturgemässer  weise  erz&hlt  haben : 
der  adler  lässt  den  sneggen  fallen,  und  dessen  haus  oder  schale  zer- 
bricht, dazu  braucht  er  nicht  das  confraeta  vor  sich  gehabt  zu  haben. 
Seine  nutzanwendung  v.  45  u.  fg.  bezieht  sich  nur  auf  das  fliegen  und 
ist  von  ihm  selbständig  angefQgt. 

Bon.  65  =  Avian  3.  Av.  hat  neben  Cancer  v.  3  genetrix,  Apo- 
logi nur  Cancer,  Bon.  v.  12  ein  alter  krebz.  Aber  so  eng  schliesst 
sich  Boner  nicht  an  seine  quellen  an,  dass  er  nicht  statt  des  femi- 
ninums,  vielleicht  des  verses  wegen,  oder  weil  der  söhn  nachher 
vorkomt,  das  masculinum  setzen  könte.  Weiter  sprechen  die  Apologi 
von  incedere  oUique  und  recte  gradi,  dagegen  Avian  v.  3  facüi  pro- 
cedere  gressu  und  v.  8  pro  so  tramite  siste  gradus,  wie  Boner  v.  17, 
18,  19  vür  dich  gongest  reckt,  du  gast  nicht  siecht,  vür  dich  gän. 
Auch  Avian  y,^  si  me  praecesseris ,  gibt  Boner  v.  33 — 36  wider,  wäh- 
rend die  Apologi  nichts  davon  haben.  Dass  der  söhn  bei  Boner  des 
vaters  spottet,  entsprechend  den  Apologi  factus  est  ßio  in  derisum, 
wie  Schoenbach  meint,  davon  ist  bei  Boner  nichts  gesagt^  denn  in  den 
bezfiglichen  versen  v.  41  —  46  trüt  votier  min,  du  sott  din  strafen 
lä^en  sin.  du  hast  den  sdben  gang  als  ich,  vü  bdlde  gast  du  hinder 
dich,  so  du  vür  dich  söUist  gän^  da  von  lä^  din  bestrafen  stän,  braucht 
nicht  Spott  zu  liegen. 

Boner  66  =  Avian  4.  Den  Jupiter  als  richter  konte  Boner 
auch  beim  Avian  finden ,  v.  2  heisst  in  den  handschriften  iurgia  cum 
magno  conseruere  Jove^  wenn  auch  Jove  ein  fehler  f&r  ioco  ist,  nichts 
weiter  besagt  das  contendere  corom  Jove  der  Apologi  Übrigens  hat 
Boner  auch  nichts  von  der  an  Wesenheit  anderer  götter,  während  bei 
den  beiden  lateinern  praesentia  numma  erwähnt  werden.  Dass  Boner  34. 
35  besser  zu  Avian  v.  9  stimt,  gibt  Schoenbach  zu,  kurz  vorher  ist  sogar 
eine  noch  weit  grössere  übereinstinmiung  zwischen  beiden ,  Boner  v.  33 
der  urint  was  stark^  der  regen  kalt,  Avian  8  et  gelidus  nimias 
depluit  imber  aqtuis,  wofBr  es  in  den  Apologi  allgemein  heisst  ^n- 
pestas  acrior  insurrexit 


AVIAN8  BENUTZUNG  DURCH  BONBB  289 

Bei  Bon  er  68  und  69  sagt  Schoenbach,  dass  Boners  und  des  para- 
phrasten  einfache  erzählung  zusammenpasse.  Doch  des  paraphrasten 
eng  zusammengedrängte  sätze,  in  denen  er  in  der  hauptsache  den 
inhalt  der  Avianschen  fabeln  widergibt ,  werden  Boner  nicht  zum  muster 
gedient  haben,  der  in  gefSIliger  breite  und  ausfnhrlichkeit  erzählt. 

Bei  Bouer  68  ==  Avian  6  entspricht  allerdings  das  distichon 
der  Apologi  Boner  33.  34,  indess  auch  Avian  hatte  dasselbe  als  y.  13 
und  14.  Fröhner  Iiat  es  zwar  unter  die  Epimythia  interpolata  (s.  50 
u.  fg.)  aufgenommen,  doch  sind  diese  ebenfalls  in  den  handschriften 
vorhanden  gewesen  (Fröhner  Praefatio  s.  X) ,  haben  also  Boner  ebenso- 
gut wie  die  echten  disticha  vorgelegen.  Dies  wird  besonders  aus  Avian 
10  und  19  deutlich,  wovon  nachher  gehandelt  werden  soll. 

Boner  69  =  Avian  7.  Boner  3  und  4  sin  gehcerde  wären  nickt 
gelich  den  werken,  wand  er  senfleMich  gebarte  gibt  Avian  v.  5  wider: 
mdlia  sed  pavida^  sübmittens  verbera  caudae,  während  die  Apologi  nur 
absque  lairatu  haben.  Boner  v.  21.  22  da:^  ^n  leben  verdienet  hat 
bezieht  sich  auf  Avian  v.  11  sibi  credebat  praemia  ferri,  und  Boner 
V.  24.  25  diu  hochvart  in  in  großen  kip  brächt  wider  sin  gesiechte  do 
auf  Avian  \.  12  et  similein  tu/rbam  despidebai,  wo  die  Apologi  weder 
von  der  belohnung  reden  noch  von  den  übrigen  hunden. 

Boner  75  =  Avian  10.  Boner  v.  8.  9.  11.  15  eis  mäls  harn  er 
hin  an  ein  runtavd  .  .  vü  stolzlich  reit  er  über  hof  .  .  nu  vuor  er 
hin,  nu  vuor  er  har  entspricht  Avian  v.  3  ad  campum  nüidis  venit 
conspectus  in  armis  et  facileni  frenis  flectere  coepit  equom,  wovon  die 
Apologi  nichts  haben.  Ausserdem  ist  diese  fabel  für  die  vorliegende 
fmge  sehr  wichtig,  denn  Boner  gibt  mit  v.  41  und  42  er  dunket  mich 
ein  wiser  man,  der  also  spot  zerstoeren  kan  mit  schalle  das  distichon 
wider,  welches,  in  den  Apologi  fehlend,  von  Fröhner  aus  dem  text  in 
die  Epimythia  interpolata  verwiesen  ist  (s.  50):  Ridiculus  cuiquam 
cum  sis,  absolvere  teinet  opposita  veri  cum  raiione  stude.  Dies  ist 
zwar  Schoenbach  nicht  entgangen  (s.  278),  doch  zieht  er  den  daraus 
sich  ergebenden  schluss  nicht,  dass  Boner  hier  den  Avian  vor  sich 
gehabt  hat. 

Boner  77  =  Avian  11.  Dass  Boner  hier  die  wortreiche  breite 
Avians  gemieden  habe,  kann  ich  nicht  zugeben,  da  er  aus  7  distichon 
30  seiner  verse  gemacht  hat,  die  lange  nutzanwendung  ungerechnet. 
Bei  V.  13  fgg.  und  wan  der  irdin  lichter  was,  des  weg  es  gelang  im 
deste  ba^,  er  vuor  vor,  der  erin  nach,  kann  Boner  weit  besser  die 
Worte  Avians  vor  sich  gehabt  haben  v.  5  und  6  dispar  erat  fragüi 
et  solidae  concordia  mUus,  incertumque  vagus  amnis  habebat  iter 
(ungleich  war  die  bewegung  oder  gemeinsamkeit  der  bewegung  bei  dem 

16* 


240  00TT8CHICK 

zerbrechlichen  and  dem  festen  gef&ss  und  die  unruhige  Strömung  nafam 
einen  schwankenden  lauf)  —  als  der  apologi  einfaches  cum  testen  levior 
vdodus  a  gurgite  portaretur. 

Boner  88  =  Avian  22.  Weil  Boner  Jupiter  nicht  erwähnt,  so 
meint  Schoenbach,  er  würde  ihn  in  seiner  quelle  nicht  gefunden  haben, 
könne  deshalb  nicht  den  Avian  benutzt  haben,  sondern  nur  den  para- 
phrasten,  in  dem  Apollo  allein  genant  wäre.  Doch  am  schluss  der 
Apologi  heisst  es  ja  ebenfalls:  Tt^nc  sartem  sapiens  hufnanam  risit 
ApoUo  invidiaeque  nialum  reittdit  ipse  Jovi.  Boner  nent  die  beiden 
götter  hier  nicht,  weil  er  es  fQr  das  Verständnis  und  den  sinn  der  fabel 
ffir  überflüssig  hielt.  Anders  ist  es  in  der  25.,  66.  und  79.  Und  auch 
in  der  66.  setzt  er  statt  der  persönlichen  götter  Boreas  und  Phoebus 
den  wind  und  die  sonne  ein. 

Dann  sucht  Schoenbach  zu  beweisen,  dass  Boner  eine  zwischen 
dem  Avian  und  den  Apologi  stehende  quelle  gehabt  habe:  so  seien  bei 
der  91.  fabel  beide  benutzt.  Doch  hier  weist  Boner  Y,7doer  Sf4s 
verre  sich  vergieng  auf  Avian  29  v.  4  perdita  nam  prohibet  semita 
ferre  gradum,  und  Boner  v.  28  er  säst  den  koph  an  sfnen  munt,  auf 
Avian  v.  17  labris  coniingere  testam,  während  in  den  Apologi  nichts 
davon  sich  findet.  Auch  Boner  v.  26  und  gap  im  trinken  keifen  wm, 
entspricht  mehr  den  werten  Avians  opttdit  et  calido  plenum  cratera 
Lya^y  als  denen  der  Apologi  et  ccdidum  parrexit  pulmentum.  Boner 
30.  31  do  wart  er  schier  der  hite  gewar  des  wines  und  Uies  hold  dar 
an  ist  in  den  Apologi  ausgedrückt:  cuius  iUe  volens  müigare  cahrem, 
iterum  crebrius  insufftavit,  im  Avian  durch  dlgentem  russus  ab  ore 
iuvat,  doch  steht  in  andern  handschriften  sufflat  und  deflat  u.  a.,  und 
V.  10  hatte  er  auch  schon  das  adflare  ore  gebraucht. 

Femer  fahrt  Schoenbach  aus  Bon  er  83  die  Benennung  des  Win- 
des aquild  an,  wofür  Avian  IG  notus,  die  Apologi  ventus  haben.  Viel- 
leicht war  Boner  der  in  den  handschriften  nothus  geschriebene  name 
weniger  geläufig,  und  ihm  schien  der  nordwind  als  starker  wind  hier 
passender.  Sonst  lehnt  sich  auch  hier  wider  einiges  an  den  Avian  an. 
y.  4.  5  under  dem  berge  was  ein  mos,  dur  da^  vlö^  ein  küeier  bachj 
Avian  v.  3  quam  tumidis  subter  decurrens  alveus  undis  suscipU,  in 
den  Apologi  nichts  ähnliches;  auch  entspricht  da^  mos  v.  18  besser 
dem  caespes  v.  7  des  Avian  als  dem  harundinetum  der  Apologi. 

Endlich  heisst  es  Boner  80  v.  4  und  5  von  der  gans  hab  ich 
gelesen^  si  Uit  altag  ein  gtddin  ei^  während  Avian  saepe,  die  Apo- 
logi singulis  sqptimanis  singuia  haben.  Allein  abgesehn  davon,  dass 
Boner  sich  noch  ganz  andere  abweichungen  von  seinen  quellen  gestat- 
tet, von  denen  einiges  in  dem  oben  angeführten  progranun,   8.3,  zu- 


AYIANB  BBMUTZVNG  DUBCH  BOKEB  241 

sammengestellt  ist,  (davon  für  unsere  stelle  Boner  5,  23  passend,  wo 
Boner  »tatt  der  monate  des  anonymus  jähre  hat),  so  bezieht  sich  Bouei's 
tuxh  idi  gelesen  keineswegs  nur  auf  den  einen  unmittelbar  abhängigen 
satz,  sondern  auf  die  ganze  fabel.  So  Bouer  76,  l  Vo^i  einem  gräven 
list  liian,  da§  er  tounderlieher  sitten  was,  wovon  in  der  quelle,  Gesta 
Romanorum  oder  Disciplina  clericalis,  nichts  steht.  Und  wenn  es 
Boner  71,  l  heisst:  Wen  list  ein  bischaß^  da^  ein  nian  dar  einen  wall 
gegaihgen  kan  .  da  ,  .  .,  so  soll  doch  die  hUcluift  alles  folgende  umfas- 
sen. Ganz  überzeugend  ist  Boner  63,  1  ein  tvolf  eis  rnäls  hungren 
hegan,  als  man  list  in  dem  Äviän^  wo  weder  Avian  noch  die 
Apologi  etwas  vom  hungein  des  wolfes  haben,  noctivagus  sagen  die 
Apologi  nur.  Aus  dieser  stelle  besonders  wird  also  deutlich,  dass  sich 
Boners :  hob  ich  gelesen  u.  dergl.  auf  die  ganze  fabel  bezieht,  und  nicht 
auf  den  einzelnen  dabeistehenden  satz. 

Auch  die  übrigen,  von  Schoenbach  nicht  besprochenen  fabeln,  für 
die  nach  Lessing  die  quelle  Avian  ist,  weisen  au  einzelnen  stellen  auf 
Avian  hin,  während  die  Apologi  da  nichts  entsprechendes  haben  oder 
sogar  abweichen. 

Boner  3  =  Avian  17.  Boner  v.  31  —  34  der  jeger  scJhO^  da^ 
tigertier  durch  sin  hein;  duo  was  e^  schier  erlernt,  da^  e^  küm  mochte 
gän;  da:^  e  snel  was^  da^  muoste  stan,  Avian  7  et  simtd  efnissum 
transegit  viscera  ferrum,  praestrif%xitque  citos  liasta  cruetUa  pedes. 
molliter  at  fixum  traheret  cum  saucia  telum  . ,,  während  die  Apo- 
logi nur  iactdo  confi-xa  sagen  und  nichts  von  dem  langsamen  gang  in 
folge  der  Verwundung  der  fasse  haben.  Ferner  schliesst  sich  Boner 
V.  43.  44  da^  tier  do  siufzen  began  (die  red  mocht  e^  vil  kmne  JUin), 
an  Avian  v.  13  an:  illa  gemens  fractoqae  loqui  vix  murmure  coepit 
(natu  solitas  voces  ira  dolorque  rapit),  wo  in  den  Apologi  nur  ganens 
steht. 

Boner  42  =  Avian  34.  Boner  v.  25  und  26  diu  anhei^  ir  hus 
wd  versuch;  si  zodi  sich  in  an  ir  gemach  mit  ir  gespilen,  weist  auf 
Avian  v.  10  hin  in  laribus  propriis  humida  grana  legit;  die  Apo- 
logi haben  nichts  von  dem  hause.  Freilich  scheint  Boner  v.  32  er  müest 
vofi  hunger  ligen  tot  und  v.  36  icli  bin  nach  hungers  tot,  mehr  den 
werten  der  Apologi  ^ne  fa^ne  periret  zu  entsprechen,  doch  gibt  Avian 
V.  11  decohr  hanc  precibus  subpleoc  alefiienta  rogabat  einen  ähnlichen 
sinn.    Auch  ist  von  hunger  ligen  tot  eine  gebräuchliche  Wendung. 

In  Boner  63  (=  Avian  1)  sehe  ich  nichts  für  diese  frage  ent- 
scheidendes. 

Boner  67  =  Avian  5.  Boner  v.  22  (der  esd)  störte  da^ 
gemeifie  vidi  ab  siner  weide  entspricht  genau  Avian  v.  12  turbabat 


242  GOTTBCmCK 

pavidas  per  sua  rura  boves,  dagegen  in  den  Apologi  nur  cetera  ter- 
rebat  aninudia.  Ebenso  Boner  v.  40  und  sluog  in  vast  mü  einem  stabe^ 
Avian  v.  14  conreptum  vinclis  verberibusque  donuä,  wo  die  Apologi 
nichts  von  schlagen  haben. 

Boner  73  =  Avian  9.  Hier  erscheint  bei  Boner  und  Avian  ein 
bär,  in  den  Apologi  ein  löwe;  Boner  v.  10.  11  vU  schier  ein  ber  gegan- 
gen kan  üf  der  strafe  gegen  inj  passt  mehr  zu  Avian  v.  6  in  media 
praeceps  convenit  ursa  via,  als  die  stelle  der  Apologi  per  desertum 
ambulantibus  occurrit  leo  famelicus;  dann  heisst  es  Boner  v.  42.  43  der 
ber  hat  vil  gerünet  mir,  und  lert  mich  sunderliche  da^  . .  Avian 
v.  21  magna  quidem  monuit,  tarnen  Jmec  guoque  maxima  iussit, 
wovon  die  Apologi  nichts  haben. 

Boner  78  =  Avian  13.  Boner  und  Avian  erzählen  überein- 
stimmend ,  dass  der  stier  auf  seiner  flucht  vor  dem  löwen  in  eine  höhle 
habe  fliehen  wollen,  vor  der  sich  ihm  ein  bock  entgegengestellt  habe, 
die  Apologi  erw&hnen  aber  die  höhle  nicht. 

Boner  79  =  Avian  14.  Bei  Boner  hält  Jupiter  auf  einer  beide 
hof  und  gericht  vor  der  ganzen  schaar  der  tiere  (v.  38  alr  der  tieren 
%er),  um  zu  entscheiden,  welches  tier  das  schönste  oder  beste  wäre; 
auch  Avian  spricht  nur  von  Jupiter,  die  Apologi  dagegen  denken  sich 
alle  götter  anwesend  (totam  deorum  curiam).  Dann  ist  Boner  v.  31 
der  äffe  ungetan  eine  Übersetzung  von  Avian  v.  9  tunc  brevis  infor- 
mem  trdheret  cum  simia  natum,  was  in  den  Apologi  fehlt. 

Boner  80  =  Avian  33.  Boner  v.  13  da^  in  des  bettens  gar 
verdroß  entspricht  Avian  v.  6  non  ttdit  .  .  moros  genauer  als  die 
werte  der  Apologi  tardumque  cupiens  accelerare  thesaurum ;  dann  Boner 
V.  22  er  wart  betrogen  hat  auch  Avian  v.  11  ingemuit  deceptuSj  die 
Apologi  nur  suam  planxit  miseriam. 

Boner  81  =  Avian  15.  Boner  v.  3.  4  sin  sweif  wa^  als  ein 
wanne  breit,  mit  schoer^en  spiegeln  wd  bdUeU,  Aviao  y.7  et  simul 
erectae  drcumdans  tegmina  caudae  sparserat  arcatum  sursus  in  astra 
iübar,  Apologi  nur  stdlcUus  et  rota  superbiens. 

Es  folgt  endlich  Boner  84  =  Avian  18,  die  allein  schon  die 
frage  entscheiden  könten.  Gemeinsam  ist  den  lateinem  der  löwe,  wof&r 
Boner  einen  wolf  setzt.  Bei  Boner  entzweit  der  wolf  die  vier  stiere, 
die  einen  freundschaftsbund  gegen  wilde  tiere  geschlossen  hatten,  dadurch, 
dass  er  jeden  heimlich  vor  den  drei  anderen  warnt  und  gegenseitiges 
mistrauen  erregt,  sodass  sie  sich  zuletzt  trennen,  und  der  wolf  sie 
einzeln  überfallen  kann.  So  erzählt  auch  Avian:  im  einzelnen  passt 
Boner  v.  2  üf  ganze  triuwe  stuont  ir  muot  und  y.  21  der  odisen  vriunt- 
Schaft  diu  was  gro^,   zu  Avian  v.  2  juvencis  fertur  amicitiae  tanta 


AVIANS  BENUTZUNG  DUBCH  BONEB  243 

fuisse  fides.  Was  Boner  v.  30  —  52  ausfuhrlich  erzählt,  hat  Avian  v.  11 
bis  13:  protenus  adgreditur  pravis  insisi^re  verbis,  conlisum  cujnens 
dissociare  pecus  .  sie  postquam  dictis  animos  disiunxit  acerbis  .  . 
Der  paraphrast  dagegen  lässt  den  löwen  alle  vier  stiere  zugleich  anre- 
den und  eine  ganz  andere  list  anwenden:  so  starken  stieren,  wie  sie 
wären,  gezieme  nicht  ein  feld  zur  weide,  sondern  jedem  ein  besonde- 
res, daher  sollten  sie  sich  trennen  und  so  ihren  rühm  überall  verbrei- 
ten. Durch  diese  schmeichele!  erreicht  er  seinen  zweck  und  tötet 
einen  nach  dem  andern. 

Boner  86  =  Avian  19.  Hier  haben  die  Apologi  nur  die  verse 
Avians,  aber  von  den  beiden  distichen,  die  von  Fröhner  als  interpoliert 
bezeichnet  sind  (s.  52),  nur  das  letzte,  während  Boner  v.  35 — 38  Nie- 
nian  ze  vü  sich  rüemen  sol  sis  libes:  er  ist  gebresten  vol,  und  lat 
den  menschen  an  der  not;  so  er  leben  sol,  so  ist  er  tot,  das  vorletzte 
distichon  vor  sich  hatte:  Nemo  sime  ca/mis  nimium  laetetur  honore, 
ne  vilis  factus  post  sua  fata  gemat.  Also  auch  hier  muss  Boner  dem 
Avian  gefolgt  sein. 

Dasselbe  gilt  von  der  noch  fehlenden  90.  fabel,  wo  v.  31  u.  fg. 
ein  unser  man  an  selten  sol,  wer  im  rät  iibel  oder  wol.  wer  wol  rat 
und  übel  tuet ,  des  menschen  rät  ist  selten  guot.  du  solt  den  schouwen 
harte  wol^  der  um  din  leben  raten  solj  das  in  den  Apologi  fehlende 
distichon  (s.  53)  widergibt:  Ne  properes  blandis  cuiusquam  credere 
dictis  y  sed  si  sint  fidei,  prospice  quis  monuit,  Schoenbach  sagt  zwar 
s.  279,  aus  Fröhners  angaben  sei  es  nicht  klar,  ob  es  in  der  paraphrase 
sei;  doch  da  Fröhner  zu  Apologi  19  ausdrücklich  schreibt :  Paraphrastes 
Aviani  versus  desoripsit,  in  fi^ie  duos  (nämlich  interpolierte)  addenSj 
so  meint  er  hier,  zu  26,  mit  versus  Aviani  nur  die  echten  verse  Avians. 

Das  ergebnis  dieser  Untersuchung  ist  also,  dass  Boner  nirgends 
die  sogenanten  Apologi  Aviani  vor  sich  gehabt  zu  haben  braucht, 
wol  aber  den  Avian  an  vielen  stellen  vor  sich  gehabt  haben  muss, 
und  nirgends  von  ihm  so  abweicht,  dass  er  ihn  nicht  überall  vor  sich 
gehabt  haben  könte.  Sonach  ist  kein  grund  vorhanden,  anzunehmen, 
dass  Boner  eine  paraphrase ,  deren  Vorhandensein  unerwiesen  ist,  benutzt 
habe,  und  die  meinung  Lessings,  dass  für  jene  22  fabeln  Boners  Avian 
die  quelle  sei,  bleibt  bestehn. 

CHARLOTTEKBURG,  JULI    1875.  REINHOLD   GOTTSCHICK. 


244  iBDicAinT 


LITTEKATÜR 

0«  Apelty   Bemerkungen  Aber  den  Acc.  c.  inf.   im  ahd.  nnd  mhd.    Pro- 
gramm des  Wilh.-£rnBti8chen  Gymn.    Weimar  1875.   28  8.4. 

Die  Verbindung  eines  accnsatiTs  and  eines  infinitivs  mit  demselben  verbam 
finitom  ist  in  mehreren  sprachen  des  indogermanischen  Stammes  entwickelt,  aber 
in  sehr  yerscbiedenem  omfange  nnd  grade  der  selbst&ndigkeit;  im  Slawischen  ersetzt 
ihre  stelle  ein  dativ  c.  inf,  and  die  fälle  des  acc.  c.  inf.  in  übersetzongen  entsprin- 
gen ans  naohahmang  des  griechischen  oder  lateinischen  nach  Mikloaich  Vgl.  Gramm. 
IV,  894.  619.  Dieser  tatbestand  l&sst  es  Ton  vornherein  als  notwendig  erseheinen, 
den  omfang  dieser  zusammengesetzten  verbindang,  deren  gel&afiger  gebrauch  sich 
immer  erst  bei  fortgeschrittener  ausbildang  zusammenhängender  rede  zeigen  wird, 
fttr  jede  litteratur  selbständig  zu  untersuchen,  und  das  beispiel  des  slavischen  rät 
von  vornherein  zur  sonderung  zwischen  originaldenkmälem  und  flbersetzungen,  die 
Grimm  Gramm.  IV,  115  IL  leider  nicht  nachdrücklich  genug  betont  hat 

Was  nun  die  hochdeutsche  litteratur  betrifft,  so  finden  wir  bei  Otfrid  — 
abgesehen  von  den  fiUlen,  in  denen  ein  inf.  einen  zu  ihm  gehörigen  objectsacc  hat  — 
einen  acc,  und  inf.  nur  bei  einer  geringen  zahl  von  verben:  bei  sehan  und  Hören, 
einmal  kheimenj  jedoch  nur  so,  dass  wirklich  der  in  der  tätigkeit  des  inf.  begrif- 
fene gegenständ  selbst  gesehen,  gehört,  wahrgenommen  wird;  bei  senten,  heifon 
(es  anrufen)  und  ld$an,  die  auch  ebenso  einfkchen  acc.  ohne  inf.  <und  inf.  ohne 
acc)  bei  sich  haben  können ;  bei  bittan  und  gil%utü,  die  neben  dem  acc.  sonst  auch 
bestimmenden  gen.  annehmen;  nie  aber  bei  einem  sonst  nicht  mit  acc.  der  person 
verbundenen  verbum  oder  bei  anderen  unpersönlichen  Verbindungen.  Wichtiger  als 
die  beschränkung  der  verba,  die  ja  Zufälligkeiten  unterworfen  und  schwankend  sein 
kann ,  ist  die  tatsache ,  dass  der  acc.  nicht  nur  ursprttnglich  in  diesen  Verbindungen 
als  object  zum  verbum  finitum  gehört,  während  der  inf.  daneben  als  eine  weitere 
bestimmung  der  aussage  hinzugefügt  ist,  sondern  dass  das  gefühl  für  diese  geltung 
des  acc.  durch  die  erhaltene  gleichartigkeit  mit  den  fällen  des  acc.  ohne  inf.  bei 
denselben  verben  auch  überall  erhalten  geblieben  ist;  und  diese  gleichartigkeit  setzt 
der  ausbreitung  der  Verbindung  eine  grenze,  die  Otfrids  spräche  ebensowenig 
überschreitet^  als  —  dies  darf  doch  wol  ohne  widersprach  behauptet  werden  — 
unsere  heutige  nhd.  lebende  spräche.  Diese  über  ein  Jahrtausend  hinüberreichende 
Übereinstimmung  berechtigt  doch  wol  dazu,  die  angedeutete  grenze  als  die  dem 
hochdeutschen  gebührende  zu  betrachten,  alles  aber,  was  bei  ahd.,  mhd.,  nhd. 
Schriftstellern  über  dieselbe  hinausgeht,  als  zeitweise  versuchte  erweiterung  des 
ursprünglichen  gebrauches  zu  betrachten,  die  zum  teil  vielleicht  auf  Übertragung 
aus  ähnliehen  vorhandenen  Wendungen  beruht,  sonst  aber  von  aussen  in  das  deut- 
sche hineingetragen  ist  und  keinen  dauernden  erfolg  gehabt  hat 

Ich  eröffiie  mit  dieser  von  mir  schon  an  einem  anderen  orte  angedeuteten 
annähme  die  besprechung  der  oben  genanten  abhandlung,  weil  ich  in  ihr  durchaus 
eine  bestätigung  derselben  finde.  Der  herr  Verfasser,  der  schon  in  der  sehr  vor- 
sichtig geführten  Untersuchung  über  den  gotischen  acc  c  inf.  Germ.  XIX,  280  ff. 
(wo  auch  der  d  at  c  Inf.  s.  ^8  f.  doch  wol  endgültig  erledigt  wird)  zu  dem  resul- 
tate  kam  (s.  297),  dass  der  Gote  aus  übergrosser  treue  gegen  das  original  nicht 
selten  über  das  seiner  spräche  geläufige  hinausgegangen  sei,  stellt  hier  mit  grosser 


OBBB  APBLT  AOC.  C.  IHV.  im  AHD.  V.  MHD.  245 

belesenheit  und  scharfer  sondenmg  der  Terachiedeiieii  f&Ue  die  aoBdehnimg  der  con- 
Btmction  fftr  das  ahd.  und  das  mhd.  bis  ansgang  des  14.  jahrbonderts  fest,  wobei 
sich  freilich  ein  sehr  anderes  bild  eigibt,  als  es  Jelly  ^  Cresch.  des  Inf.  s.  260  nach 
den  von  Grimm  gegebenen  belegen  ohne  weitere  kritik  entworfen  hatte.  Die 
nntersaohnng  des  ahd.  bestätigt  (s.  7),  ,,das8  der  Gebrauch  der  constmction  in  der 
lebenden  spräche  nicht  wesentlich  fiber  diejenigen  grenzen  hinaasgegangen  sei, 
innerhalb  deren  er  sich  noch  bei  uns  bewegt,"  nnd  dass  bei  den  Utesten  über- 
setscm  „der  umfang  der  fftgung  in  umgekehrtem  Verhältnis  stehe  zur  Selbständig- 
keit ihrer  litterarischen  production ;  *'  namentlich  der  Übersetzer  des  Isidor  sowie 
WlUiram  weichen  dem  lat  acc.  c.  inf.  häufig  durch  bildung  von  nebensätzen  ans; 
für  die  Murbacher  hymnen  möchte  ich  zu  s.  7  bemerken,  dass  wenigstens  der 
umschriebene  inf.  perf.  in  der  interlinearversion  nie  gebraucht  ist,  sondern  dafür 
immer  ein  prädicativisch  auf  den  ersten  acc.  construiertes  part  prät.  ohne  habhi 
oder  wesan  steht.  Allerdings  aber  werden  schon  ahd.  versuche  gemacht,  nach  dem 
muster  des  lateinischen  den  acc.  c.  inf.  als  selbständige  wendung  auch  in  HUlen 
einzufahren,  wo  ein  acc.  bei  d**m  verbum  des  hauptsatzes  sonst  gar  nicht  oder 
nicht  in  derselben  bedeutung  gebr?,achlich  ist;  als  einen  solchen  versuch  auch  ohne 
lateinische  vorläge  betrachte  ich  allerdings  den  acc.  c.  inf.  bei  ffibitUan  («>  jubere) 
Dkm.  LXXXIII,  51,  sowie  die  zahlreichen  stellen  bei  Notker;  dauernden  erfolg 
haben  diese  versuche  für  die  deutsche  schrift-  und  Umgangssprache  nicht  gehabt 

Denn  auch  für  das  mhd.  weist  Apelt  nach,  dass  sowol  die  Vorläufer  (s.  8.), 
als  auch  die  eigentlich  klassischen  dichter  der  blütezeit  sowie  die  formvollendeten 
epigonen  (s.  17  if.)  kein  beispiel  bieten ,  in  dem  der  acc.  die  Zugehörigkeit  zum  ver- 
bum flnitum  verloren  hat;  die  einzige  für  Konrad  von  Würzburg  s.  17  angeführte 
ausnähme  Troj.  kr.  23438  er  bat  in  aüen  werden  sMn  ist  doch  wol  darauf  zurück- 
zuführen, dass  8cMu  werden  formelhaft  wie  ein  einfiEM^es  verbum  gebraucht  ist; 
einfiMher  inf.  ist  aber  bei  bitten  immer  im  gebrauche  gewesen  auch  ohne  acc.  der 
handelnden  person. 

Die  über  den  gebrauch  der  ahd.  Originaldenkmäler  hinausgehenden  fälle  des 
acc.  c.  inf.  bei  mhd.  verben  nun,  von  denen  Apelt  s.  12  —  17  dennoch  eine  stattliche 
reihe  aufzählt,  haben  ihren  eigentlichen  sitz  in  der  gelehrten  poesie  und  prosa 
geschichtlichen  und  geistlichen  Inhalts,  kommen  aber  vereinzelt  auch  in  volkstüm- 
lichen dichtungen  vor.  Sie  können  zum  teil  mit  voller  erhaltung  der  objectsbedeu- 
tnng  des  acc.  aus  erweiterung  des  im  deutschen  selbst  üblichen  gebrauches  erklärt 
werden.  Eine  solche  erweiterung  liegt  schon  vor  bei  anwendung  des  der  spräche 
jetzt  geläufigen  umschriebenen  inf.  perf.  (s.  11):  Nib.  914,  4  den  man  siht  gewuHr 
nen  han;  sie  liegt  femer  vor  bei  leeren  in  vereinzelten  fällen  (s.  12) ,  wo  nur  die 
künde  von  einer  person,  nicht  diese  selbst  gehört  wird:  Biterolf  5164  te^  harte  in 
wol  den  ersten  s$n  (aber  Kudr.  635,  4  ich  hosr€  wm  vremede  geste  bringen  ist  der 
acc.  object  zum  inf.).  Ebendahin  wird  es  mit  Apelt  S.  9  fg.  zu  rechnen  sein,  wenn 
der  analogie  von  sehen  und  Tueren  auch  andere  verba  der  sinlichen  Wahrnehmung 
folgen,  nemlich  kiesen,  vernemen  (von  jeder  art  der  Wahrnehmung),  gewar  werden, 
spüren,  fOden,  finden,  ja  auch  toq^ien,  neben  dem  aber  häufig  auch  ein  objects- 
acc.  und  ein  auf  diesen  bezogener  prädicatsacc.  ohne  inf.  steht;  zur  erkläruug  des 
bisweilen  bei  waenen  vorkommenden  acc.  nnd  inf.  (s.  19)  dient  ausserdem  noch  die 
sehr  häufige  Verbindung  dieses  verbums  mit  einfachem  inf.  ohne  acc.,  die  leicht 
auch  zur  Übertragung  derselben  meinung  auf  eine  andere  person  führen  konte;  dahin 
endlich  die  nicht  bei  Otfrid,  aber  schon  im  Gotischen  (Apelt  a.  a.  o.  s.  297)  beleg- 
ten Verbindungen  der  fiEM^titiven  verba  (s.  21fg.),   bei  denen  der  inf.  neben  dem 


246  TH.  MÖBIUS 

acc.  als  eine  weitere  bestimmang  erscheint,  ähnlich  wie  ein  pradicatiyer  zweiter  acc. 
Die  flbrigen  HUle  aber  werden  wir  mit  Apelt  allerdings  der  einwirkung  des  latei- 
nischen zuschreiben,  der  freilich  jene  einheimischen  wcndnngen  vorbereitend  ent- 
gegenkamen. S.  20:  ,,es  unterlagen  derselben  eben  nur  solche  dichter,  die  kein 
reines  und  sicheres  gefBhl  ffir  die  eigent&mlichkeit  der  deutschen  spräche  hatten;'' 
nur  ganz  vereinzelt  bleiben  die  Wie  eines  acc.  c  iuf.  bei  subjectlosen  (unpersön- 
lichen) Sätzen  (s.  16  f.). 

In  derselben  weise  werden  wir  die  in  der  nhd.  litteratur  zu  widerholten 
malen  gemachten  versuche  zur  erweiterung  des  acc.  c.  inf.  beurteilen  müssen,  für 
die  Apelt  nur  gelegentlich  (s.  19)  ein  beispiel  modernster  zeit  anführt.  Bekantlich 
macht  nicht  nur  Luther  (s.  jetzt  Bückert,  Gesch.  der  nhd.  Schriftsprache  II,  122), 
nicht  nur  Opitz  und  seine  genossen,  sondern  in  ausgedehntem  masso  selbst  Les- 
sing solche  versuche  (zusammengestellt  und  besprochen  von  Lehmann,  Forschungen 
über  Lessings  Sprache.  Braunschweig  1875  s.  166  fgg.);  aber  das  sind  nichts  ande- 
res, als  auf  bewuster  oder  unbewuster  einwirkung  des  lateinischen  beruhende 
gelehrte  «.^vcrimente,  die  weder  (mit  Lehmann)  direct  auf  einen  (in  dieser  Ausdeh- 
nung) rein  fingierten  .;rgermani8chen  acc.  c.  inf.  zurückgeführt  werden  dürfen ,  noch 
sich  in  der  nhd.  Umgangs-  und  Schriftsprache  dauernd  eingebürgert  und  dadurch 
lebenskräftig  erwiesen  haben. 

KÖNIOSBSBO,  IM  DSCBMBBB  1875.  OSKAB  BBDMAHN. 


Edda  Snorra  Starlusonar.    porleifr  Jonsson  gaf  üt.    Eaupmannahöfn  (Gyl- 
dendal) ,  1875.    XXIV,  327  s.    8«.    4  kr.  50  ere  («  5  M.  06  Pf.) 

Vorliegende  ausgäbe  der  Snorra-Edda  wird  allen  denen  sehr  willkommen 
sein,  die  eine  handausgabe  derselben  wünschten  und  sich  doch  um  die  längst  aas 
dem  buchhandel  verschwundene  von  Sveinbjöm  Egilsson  (Reykjavik  1848)  verge- 
bens bemühten.  Der  herausgeber  ist  herr  porleifr  Jonsson,  ein  junger  Islän- 
der auf  der  regenz  in  Kopenhagen  (Gardi  i  Eaupmannahöfn) ,  der  sich  bereits  durch 
seine  ausgaben  der  saga  Hrana  hrings  und  des  I)attr  af  p6ri  hast  usw.  (s.  E.  Mau- 
rer in  Pfeiffers  Germania  XX ,  207  fgg.)  betätigt  hat.  Herrn  Jönssons  ausgäbe  ent- 
hält die  eigentliche  Edda,  nicht  aber  die  ihr  gewöhnlich,  auch  von  Svbj.  Egilsson 
(Bv.  1848)  beigefügten  grammatischen  abhandlangen ;  sonach:  1.  Gylfaginuing  nebst 
dem  prolog,  den  Bragaroedur  und  den  beiden  epilogen  (s.  3—77);  2.  Skaldskapar- 
mäl  nebst  den  nafna-I>ulur  (s.  78  —  194);  3.  Hättatal  (s.  194—235).  Diesem  texte, 
dem  weitere  anmerkungen  oder  Verweisungen  am  untern  rande  fehlen,  geht  voraus: 
ein  kurzes  vorwort  (s.  V — X)  und  zwei  kleine  biographieen,  des  Snorre  Sturluson 
(s.  XI— XVII)  und  des  Arne  Magnusson  (s.  XVIII— XXII),  darauf  eine  Stammtafel, 
die  letztern  als  nachkommen  von  einer  tochter  des  ersteren  erweist  (XXIII — XXIV) 
—  leider  keines  dieser  drei  stücke  mit  den  notwendigen  belegen.  Am  ende  des 
buches  folgen  zwei  sehr  schätzbare  beigaben,  deren  Svbj.  Egilssons  ausgäbe  erman- 
gelt: isrklärungen  zu  den  versen  (s.  236 — 313)  und  namenverzeichnis  (s.  314—324); 
zuletzt:  berichtigungen  (s.  325—326)  und  „inhalt"  (s.  327). 

Die  vorrede  zählt  die  frühem  ausgaben  auf  und  von  den  handschriften  die 
membranen  und  membranfragmente,  diese  zum  teil  so  eingehend,  dass  wir  z.  b. 
vom  God.  Worm.  hier  die  bis  jetzt  vollständigste  angäbe  seines  umfangs  und  Inhalts 


ÜBBB  SMOB&A-BDDA  JED.  JÖNSSON  247 

erhalten-  Dagegen  erfahren  wir  nichts  näheres  üher  das  vom  herausgeber  bei  der 
Gonstitaierang  seines  textes  befolgte  verfahren,  sei  es  den  handschriften  oder  den 
frühern  ausgaben  gegenüber;  nor  am  schlösse  die  ja  allerdings  äusserst  werte  mit- 
teilung,  dass  er  sich  des  rates  und  beistandes  der  herren  Jon  porkelsson,  Jon 
Sigurdsson,  Konr.  Gislason  zu  erfreuen  gehabt. 

Eine  nähere  prüfung  von  Gylfagiunlng  usw.  in  p.  Jonssons  ausgäbe  (s.  3 — 77) 
hat  uns  zu  dem  ergebnisse  geführt,  dass  es  sich  hier  nicht  sowol  um  einen  neuen, 
aus  erneueter  prüfung  der  handschriftlichen  Überlieferung  herausgearbeiteten  text 
handelt,  sondern  um  don  von  Svbj.  Egilsson  constituierten ,  der  aber  von  p.  J6ns- 
son  vielfach  dahin  geändert  ist,  dass  er  seiner  Innern  (kritischen),  wie  äussern 
(sprachlichen)  form  nach  fast  durchgängig  vor  Svbj.  Egilssons  islandischer  ausgäbe 
(Reykjavik  1848)  den  Vorzug  verdient.  Nicht  allein,  dass  eine  reihe  von  lesarten 
bei  SEg.  jedweder  auctorität  entbehrt,  dagegen  p.  Jöussons  text  —  mit  wenig  aus- 
nahmen —  durchgängig  beglaubigt  ist,  sondern  namentlich  auch  deshalb,  weil  das 
übergewicht ,  das  SEg.  (in  edit.  Arnamagn.  wie  in  Rv.  48)  dem  cod.  regius  und  sei- 
ner les-  und  Schreibart  vor  den  übrigen  handschriften  fast  ausschliesslich  einräumt, 
von  p.  Jönsson  nicht  anorkant  wird,  dass  dieser  vielmehr  an  den  stellen,  wo  SEg. 
lesarten  des  Reg.  oft  sogar  im  Widerspruch  zu  sinn  und  grammatik  in  den  text 
aufgenommen,  den  in  beiderlei  beziehung  unanfechtbaren  namentlich  des  Wormia- 
nus  (oder  üpsal.)  den  vorzug  gegeben.  Auch  die  Orthographie  von  Jönssons  text, 
der  wir  nur  mehr  consequenz  gewünscht,  ist  jedenfalls  im  ganzen  reiner,  bez.  alt- 
nordischer, als  SEgilssons,  obwol  er  gleich  dem  letztgenanten  eine  anzahl  Islandis- 
men oder  orthographische  Sonderbarkeiten  des  cod.  Reg.  beibehalten,  die  mit  der 
einmal  gewählten  lautform  wenig  übereinstimmen  (z.  b.:  hier  und  da  vier  statt  vir, 
wie  veri  statt  van,  -ut  (^  und  tu)  statt  -uä,  fljuffja  43 >^  kaUadu  Iß^,  fikstSS^'^, 
ekkr  31  ><^  mit  SEg.  14«^  wenn  auch  nicht  tekkr  wie  SEg.  46^1,  sannyndi  76" 
usw.).  Eigentümliches  haben  wir  in  p.  Jönssons  normalisierung  nichts  gefunden, 
als  etwa  die  durchgängige  Schreibung  enn ,  wie  sie  von  Jon  porkelsson  für  diese 
Partikel  nicht  nur  in  der  bedeutung  „noch,**  sondern  auch  in  der  von  „aber**  und 
„als  (nach  comp.)**  durch  die  reime  nachgewiesen  worden.  —  Die  capitelzählung, 
deren  SEg.  in  Rv.  1848  j^anz  entbehrt,  ist  in  p.  Jönssons  ausgäbe  der  Gylfaginning 
von  cap.  35  an  eine  andre  als  in  der  edii  AM.;  p.  Jönsson  zählt  59,  AM.  54  capp. 
Da  p.  Jönsson  es  unterlassen  die  Seitenzahlen  der  edit.  AM.  am  rande  zu  vermer- 
ken ,  80  ist  ein  auffinden  der  citate ,  die  heutzutage  fast  durchgängig  auf  capitel 
oder  Seite  der  AM.  lauten,  in  seiner  ausgäbe  nur  mit  unnützem  Zeitverlust  ver- 
banden. 

Nur  in  einer  beziehung  findet  ein  wesentlicher  unterschied  zwischen 
p.  Jönssons  und  S.  Egilssons  text  der  Gylfaginning  usw.  statt:  während  SEg. 
den  prolog  und  die  beiden  epiloge  aus  dem  texte  entfernt  und  sie  am  ende  dessel- 
ben in  einem  besondem  anhange  vereinigt,  hat  p.  J.  sie  an  den  stellen  belas- 
sen, wo  sie  in  den  handschriften  stehen,  sonach  den  prolog  vor  Gylfaginning,  den 
kleineren  (1.)  epilog  am  ende  derselben,  den  grösseren  (2.)  am  ende  von  Braga- 
nndur;  rücksichtlich  des  letzteren  abweichend  von  Rask  und  AM.,  die  diesen 
2.  epilog  zwischen  vorletztes  und  letztes  capitel  von  Bragaroedur  einschieben  und 
dies  schlusscapitcl  von  Bragarosdur  zum  anfangscapitel  von  Skäldsk.  machen. 

Obwol  ref.  der  ansieht  ist,  dass  der  archetypus  nnsrer  handschriftlichen 
Überlieferung  der  SE.  nicht  Snorres  Edda  ist,  sondern  Snorres  werk  mit  den  ein- 
leitenden und  begleitenden  prologen  und  epilogen  zu  einem  ganzen  vereinigt,  sonach 
auch  diese  als  integrierende  bestandteile  unsrer  Überlieferung  zu  betrachten  sind, 


248  TH.  m6biü8 

ist  diese  doch  eine  so  wenig  orsprünglicbe,^  dass  er  es  wenigstens  xni  zeit  noch 
nnd  im  yorliegenden  falle  einer  blossen  textesansgabe  für  angemessener  hält,  jene 
offenbaren  znsatze  —  ganz  so  wie  es  S£g.  a.  o.  getan  —  ansznsondem  und  an 
besondrer  stelle  zu  vereinigen.  Der  Yorteil,  der  bei  p.  J.  dnrch  die  handschrift- 
liche yereinigung  des  abschnittes:  pd  malH  JEgir:  (bis  svd  ok  <U  kdUa  Beiäartif) 
mit  BragarcBdnr  gewonnen,  wird  dnrch  seine  trennnng  vom  Skäldsk.,  liez.  die 
dazwischenstellnng  jenes  2.  epilogs,  wider  anfgehoben;  denn  bei  aller  Interpola- 
tion, die  auch  an  dieser  stelle  vor  sich  gegangen  sein  mag,  ist  es  nicht  am  natür- 
lichsten, die  Bragaroednr  und  Skäldskaparmal  als  ein  von  haus  aus  einiges  ganze 
zu  betrachten,  das  seiner  äusseren  form,  bez.  mythischen  einkleidung  nach  ein 
noQäXXriXov  zur  Gylfaginning  bildet,  d.  h.:  wie  die  in  ein  gespräch  mit  Gylfe  ein- 
gekleidete Gylfaginning  die  ffir  (und  lediglich  hierfür)  das  Verständnis  der  dichter- 
sprache,  bez.  kenningar  vorausgeschickte  nordische  mythologic  zur  darstcUung 
bringt,  ebenso  die  Bragaroednr,  eingekleidet  in  ein  gespräch  mitBrage,  diese  dich- 
tersprache  (deshalb:  „Skäldskaparmal*'),  bez.  kenningar  selber?  Denn  dass 
die  dialogische  einkleidung  in  Bragaroddur  (Skäldsk.)  nicht,  wie  wol  in  Gyliagin- 
ning,  bis  zu  ende  festgehalten,  dass  vielmehr  frage  und  antwort  zwischen  Brage 
und  Aegir  allmählich  seltner  werden,  endlich  ganz  ausbleiben,  wird  man  nicht 
Snorre,  sondern  den  bearbeitem  zuschreiben  müssen,  denen  es  vor  allem  am  stoffe 
und  seiner  mehrung,  nicht  aber  an  der  form  gelegen  war. 

Wir  verzeichnen  schliesslich  noch  einige  kleine  incorrectheiten  und  druck- 
fehler,  die  uns  s.  3—77  aufgestossen: 

4,  81  lies:  pessarra  (statt  j»«s«afa).  5,  20  1.:  dreifzt  (st.  dreifst),  5,  24  1.: 
annarra  (st.  annara).  9,  16:  at  pd  er  {at  ohne  hds.  und  unnütz).  10»  31  1.: 
Odins  (st  Öäinns),  12,  10  1.:  sinu  (st.  sinu),  12,  17  und  19:  Salund,  doch  wol 
Selund  mit  Reg.  nach  den  ausführungen  S.  Bugges  in  seinem  gehaltreichen  com- 
mentar  zur  Inschrift  des  Rökbteines  (Antiqu.  Tidskr.  f5r  Sverige  V,  1.  1874,  s.  57 
—  61).  Ebendaselbst  (8.21 — 23)  wird  auch  das  handschriftliche  vdlrauf  in  Bra- 
ges  Versen  —  gegenüber  dem  von  p.  Jönsson  12,  27  aufgenommenen  vallrauf  Gis- 
lasons  (om  Skjald.  s.  28)  —  durch  das  tudraub'  des  Rökstoines  (vgl.  ags.  valreäf, 
ahd.  walaraupa)  geschützt.  (Wir  möchten  bei  diesen  Bragischcn  versen  auch  auf 
die  sinnreiche  Vermutung  Gudbr.  Yigfüssons  verweisen,  der  rücksichtlich  des  secs, 
welcher  in  Schweden  durch  das  hcrauspflügen  der  dänischen  Insel  Selund  (See- 
land) entstand  und  nach  deren  ganzer  gestalt  offenbar  nicht  der  Mälar-sec,  sondern 
derWäner-see  war,  dessen  namen  in  dem  werte  vineifjiir  („ursprünglich  vielleicht: 
V^Bneris?**)  zu  finden  glaubt;  s.  Cleasby-Vigfasson,  Jcel. -engl.  Dict.  719*^).  — 
12,  22  in  denselben  versen  -rauAr/mm  mit  recht  statt  S.  Egilssons  -roknam  (AM. 
und  Rv.)  nach  Gisl.  om  skjald.  309—310  und  Cederschiöld,  Geisli  s.  XV.    13, 21  l.: 

1)  Wie  wenig  ursprünglich  unsere  Überlieferung  der  S£.,  sollte,  meine  ich, 
schon  der  umstand  erweiien,  dass  die  beiden  glosseme  gleicb  su  onfung  der  Gylfa- 
ginning (zugleich  die  beiden  einzigen  atucke  mit  skaldi^chcn  versen,  entlehnt  aus  Hkr. 
TnglingBSga  und  Hkr.  Haraldssaga  hdrfagra .  nicht  aber ,  wie  es  sUe  übrigen  in  Gylfa- 
ginning sind,  mit  eddischen),  das  eine  über  die  entstehung  von  Seeland  zu  Gylfe ,  das 
andre  betreffend  die  kenning  Schild  zu  tkJöläuMy —  diess  letztere  allen  drei  membranen: 
Reg.  Worm.  Ups.,  jenes  erstere  zwar  nicht  dem  Ups.  (da  dessen  sehr  intelligenter, 
obwol  vielfach  epitomierender  schreibe r  es  eben  als  ungehöriges  glossem  wider  fort- 
liess),  doch  dem  Reg.  und  Worin,  gemeinsam  ist. 


fiBBB  SirOBBA-EDDA  KD.   j6n880N  249 

kotiungr  (st.  honungur,  ebenso  (eztr  29^  15  und  hendmar  48,  84  st.  cuftur  nud  A^n- 
dumar),  14,  17  1.:  Sviäorr  mit  Ups.,  vgl..  S.  Bugge  zu  Grimn.  50,  1  (st.  Svi- 
darr).  15,  21  1.:  af  (st.  at).  16,  6  L:  MaU  st.  Alo^t;  ebenso:  ^<f(/u«<  23,  4. 
nuer-  24,  34.  39,  7.  8.  60,  24.  67,  5.  69,  24.  fragr  37,  9.  aUer  63,  8  st.  g<m., 
fncer-.  frotgr,  slcer;  wie  andrerseits  1.:  aast  39,  4.  45,  7  and  hosgri  49,  19  st.  adst 
nnd  hoiffri.)  26,  30—31  1.:  eine  zeile!  —  28,  11  und  67,  33  Gimli  ob  mit 
G.Vigf.  {..^hinüi,"  Gleasb.  Yigf.  Dict.  200*)  gegen  das  GtW^  S.Eg's.  (AM.nndBv.) 
nnd  sämtlicher  hdschr.  in  beiden  Edden?  s.  S.  Bngge,  Stern.  E.  391  ^  30,  IG  1.: 
Härh.  (st.  Harb.)  nnd  31,  5:  Bilskimir  (st.  BiUkirnir).  31,  1  L:  annarra  (st. 
annarä).  31,  17  1.:  Mjöllnir  mit  ü  fast  durchgangig  in  den  edd.  hdschr.  33,  29 
warum  hier  nicht  das  idte  fruwr  des  Reg.  ?  34,  26  1. :  heitir  (st.  Jieitr).  36,  21  1. : 
Mtkla  (st  müdu),  37,  28  1.:  vwd  mit  den  hdschr.  (st.  var).  39,  17  L:  Brismga' 
men  (st.  -menn).  39,  24  und  26  jedenfalls  nicht  Var  und  varar^  wie  S.  £g.  (Ry.) 
nnd  p.  J.  schreiben,  während  doch  S.  Eg.  Var  nnd  Vor  mindestens  als  eine  (IX.) 
Asin  numeriert,  dagegen  AM.:  IX.  Vor  und  X.  Var,  p.  J.:  IX.  Var  und  X.  Vor 
unterscheiden.  40,  30  1. :  hverrar  (st.  hverjar),  41,  3  gengit  (st.  gengid,  ebenso  1. : 
horü  60,  6  und  rikit  9,  20  st.  barid  nnd  rikid),  43,  16  l.:  jörmungrund  {stjörm.). 
46,  1  1.:  tneira  mit  den  hdschr.  (st.  meiri),  46,  26  1.:  vUs  (st.  visa).  46,  28  und 
50,  34  l.:  (6)  hamarrinn  (st.  hamarinn;  ebenso  (6)  jötunninn  54,  4.  7  und  (6)  hi' 
tninntfifi  64,  14  und  {6)  nafarrinn  75,  7  st.  jötuninn,  Amtmnn,  nafarinn).  48,  4 
1.:  {6)  fcerr  (st  /ber).  48,  11  1. :  ek  spyr  (st  ek  spyrr),  49,  20  1.:  settitt  (st  se<- 
tiit).  49,  28  1. :  (rf»)  jßor  (st.  .pörr).  50,  14  1. :  greip  fd  mit  den  hdschr.  (st.  greip 
hann,  unnötig).  52,  30  1.:  (t^)  par  (st  parr).  54,  7  1:  dl'  hefda  (st  ek  hcfdx). 
54,  27  1. :  (6)  laues  (st.  laus).  56,  31  engt  ohne  hdschr. ,  1. :  ekki,  58,  9  1. :  lysH 
(st  l^stt).  58,  18  1.:  h^ettliga  (st  haetHliga).  59,  1  1.:  Fa^Ad'»  (st  FoU^IQ. 
61,  28  1.:  Laufeyjarson  (st.  Lanfeyars.).  62,  31  1.:  (ö)  j^nAilo«««  und  64,  28: 
oUulauss  (st.  -toii«).  63,  10  und  12  1.:  ragnarökrs  und  ragnarökr  (st  roXma- 
rökkrs  und  raibnarcf^/  bald  mit  r,  bald  mit  J2  am  anfange,  wie  dies  auch  in 
andern  fällen,  und  unter  dieser  inconsequenz  leidet  denn  das  auch  sonst  leider 
nichts  weniger  als  vollständige  und  genaue  namenverzeichnis).  65,  7  1. :  (t6v)  Odin 
(st  Ödinn).  65,  4  und  14  1.:  hvdrr  (st  hvorr).  67,  12  1.:  vSurr  (st  veur),  68,  31 
warum  hefdi  statt  des  höfdu  der  hdschr.?  69, 17  L:  (r?/v)  ddttwr  (st  datHr).  69,20 
MflrödtU  blos  im  Reg.,  während  alle  übrigen  hdschr.,  auch  in  Ssm.  £.  (Vafj^r.  47) 
wol  richtiger:  ÄlfrödulL  70,  4  warum  vdru  statt  des  eru  der  hdschr.?  71,  9  1.: 
seyäifin  (st  seidinn).  72,  23  warum  nicht  at  fötum  mit  den  hdschr.,  statt  af  f.? 
73,  23  1. :  foou  (st  tvö).    75,  12  1. :  hUs  (st  hUss), 

KIEL,  JAN.  1876.  TH.   MÖBIU8. 


SM 


EfiSTE  NOBDISGHE  FHIL0L0e£Ny£BSAMLUN6. 

Det  bar  Ixnge  vaeret  et  almindeligt  enske  meUem  ftiolaseme 
i  de  nordiske  lande,  ved  regelmässige  nieder  at  virke  hen  til  et 
större  gensidigt  kendskab  og  en  nöjere  personlig  sammenslutning  for 
derved  at  bidrage  til  deres  videnskabs  fremme. 

Som  indledning  til  afholdelsen  af  sädanne  regelmaessige  meder 
tillade  vi  nndertegnede  08  derfor,  efter  forhandlinger  med  kolleger  i 
Norge  og  Sverig,  ad  indbyde  til  det  ferste  nordiske  filologmode  f 
Kebenham  fra  den  I8de  til  den  2lde  Jnli  1876. 

Der  vil  dels  blive  afholdt  fsellesmeder,  dels  meder  i  4  saerkilte 
sektionerf  nemlig:  1)  en  Sektion  for  klassisk  filologi,  2)  en  Sektion  for 
nordisk-germansk  filologi,  3)  en  Sektion  for  nyere  sprog  og  4)  en  filo- 
logisk-paedagogisk  Sektion.  Sknlde  et  tilstraekkeligt  antal  deltagere  enske 
det,  vil  der  knnne  dannes  flere  sektioner. 

Indtegning  til  deltagelse  i  medet  sker  for  Norges  og  Sverigs  ved- 
kommende  hos  sekretaereme  i  de  der  dannede  komiteer,  for  Danmark 
hos  medets  generalsekretaer,  dr.  Wimmer,  FaBlledvej  9  (Nörrebro). 
Ved  indteguingen  erlaegges  et  bidrag  af  5  kroner. 

I  Kristiania  bestär  komiteen  af  dhrr.  skolebestyrer  J.  Aars, 
prof  Sophns  Bngge,  skolebestyrer  Fr.  Gjertsen  (sekretser),  prof. 
Job.  Storm;  i  Lnnd  af  dhrr.  prof.  Chr.  Cav allin  (sekretser),  docent 
Gnst.  Cederschiöld,  lektor  P.  J.  C.  Dnbb,  akademiadj.  V.  £.  Lid- 
forss,  prof.  A.  Th.  Lysander;  i  StoclEholm  og  Upsala  af  dhrr. 
akademiadj.  A.  Alexanderson  (sekretser),  rektor  G.  F.  Gilljam, 
dr.  A.  Hazelius,  prof.  F.  W.  Häggström,  lektor  N.  Linder,  aka- 
demiadj. M.  B.  Kichert,  lektor  J.  M.  Sunden. 

Indtegningen  af  medlemmer  sä  vel  som  anmeldelser  af  foredrag 
og  disknssjonsaemner  til  fsellesmederne  bedes  snarest  muligt  tilstillede 
sekretaereme.  Det  ndferlige  program  for  medet  vil  senere  blive  tilsendt 
deltagerne. 

Kebenhavn  d.  8de  Jannar  1876. 

G.  Berg,      Bichard  Christensen,      £.  Holm,      Jean  Pio, 

rektor.  dr.  phil.  professor.     prof.,  skolebestyrer. 

Vilh.  Tliomsen,      J.  L.  TTssing,      Ludv,  P.  A.  Wimmer, 

dr.  phil.,  docent.  professor.  dr.  phil. 


mMr^mm 


DIE   ALTTESTAMENTLIOHEN   BRUCHSTÜCKE   DER 
GOTISCHEN  BIBELÜBERSETZUNG. 

EINE  KBITISCHE  UNTEBSüCHUNG. 

Von  dem  alten  testament  der  gotischen  bibelübersetzung  sind  uns 
nur  zwei  ganz  geringe  bruchstücke  erhalten,  nämlich  aas  dem  buche 
Esra  cap.  H,  9  —  42,  ein  teil  eines  geschlechtsregisters,  daher  fast 
ausschliesslich  aus  eigennamen  und  zahlen  bestehend,  und  aus  dem  buche 
Nehemia  cap.  V,  13  —  18,  VI,  14  —  19,  VII,  1  —  3,  geschicht- 
liche darstellung.    Beide  stücke  gewährt  der  cod.  Ambrosianus  D. 

Durch  den  geringen  umfang  der  alttestamentlichen  Überreste  wird 
man  leicht  veranlasst^  über  sie  hinwegzublicken,  sie  lediglich  als  eine 
Urkunde  anzusehen ,  welche  das  einstige  Vorhandensein  des  A.  T.  in  got. 
spräche  bestätigt.  Dass  diese  misachtung  unberechtigt  ist,  dass  den 
alttestamentlichen  fragmenten  ein  grösserer  wert  beiwohnt,  als  man 
anzunehmen  pflegt,  das  nachzuweisen  und  damit  den  alttestamentlichen 
bruchstücken  das  ihnen  gebührende  recht  zu  teil  werden  zu  lassen,  ist 
der  zweck  dieser  Untersuchung. 

Dieselbe  wird  zunächst  die  grundlage  der  fragmente  und  damit 
ihre  Wichtigkeit  für  die  textesforschung  des  A.  T.  aufdecken, 
sodann  die  gestalt  des  textes  einer  kritischen  betrachtung  unterzie- 
hen und  schliesslich  auf  die  erörterung  der  frage  eingehen ,  ob  die  Über- 
tragung der  vorliegenden  bruchstücke  und  des  A.  T.  überhaupt  dem 
Vulfila  selbst  zuzuschreiben  sei,  oder  einem  späteren  Verfasser. 

I.    Die  grundlage  der  alttestamentliohen  bruohstüoke. 

An  die  Septuaginta  pflegte  man  während  der  ersten  Jahrhunderte 
der  kirche  bei  der  allgemeinen  unkentnis  der  hebräischen  spräche  sich 
zu  wenden,  wenn  man  das  A.  T.  in  eine  landessprache  übertragen 
wolte.  Denn  keine  der  übrigen  griechischen  und  lateinischen  Übersetzun- 
gen genoss  ein  so  hohes  ansehen  wie  sie^  die  älteste  von  allen,  in 
deren  Verehrung  man  sogar  so  weit  ging,  dass  man  ihr  in  gleicher 
weise  wie  dem  hebräischen  grundtexte  unmittelbare  göttliche  Inspiration 
zuerkante.     Am   grösten   aber  war   ihr  ansehen  in   der  griechischen 

SBITtCHB.   V.  DBUT80HB  PHILOL.    BD.  YH.  17 


Jb«M 


252  OHBLOl'I^ 

kirche,  wo  sie  als  die  einzige  quelle  des  alttestamenüicheii  schriftwor- 
tes  dastand,  während  in  der  römischen  neben  ihr  die  Itala  und  später 
die  Yulgata  in  gebrauch  war. 

Demnach  kann  man  von  vornherein  auch  von  den  Goten  voraus- 
setzen ,  dass  sie  bei  der  Übertragung  des  A.  T.  in  die  heimische  spräche 
weder  die  Itala  noch  eine  der  späteren  griechischen  Übersetzungen,  son- 
dern die  Septuaginta  benutzten,  man  kann  es  um  so  mehr,  als  die 
gotische  landeskirche  von  der  griechischen  kirche  gegründet  war,  fort- 
dauernd eifrige  pflege  und  Unterstützung  von  ihr  erfuhr  und  noch  lange 
nach  Vulfilas  tode  in  der  engsten  beziehung  zu  derselben  stand. 

Von  dieser  ausreichend  begründeten  meinung  ausgehend  hat  man 
nun  den  gotischen  text  der  alttestamentlichen  fragmente  mit  dem  grie- 
chischen Sept.-text  des  Yaticanus  zusammengestellt.  Hier  bemerkte 
man  aber  eine  auffallend  grosse  zahl  von  abweichungen  des  gotischen 
textes  vom  griechischen.  Man  erklärte  dieselben  als  auf  freier  Übertra- 
gung beruhend,  und  Bernhardt,  der  letzte  herausgeber  der  gotischen 
denkmäler,  gründet  auf  die  abweichende  Übersetzungsmethode  die  Ver- 
mutung, dass  die  alttestamentlichen  bruchstücke  einen  anderen  Verfas- 
ser haben  als  die  neutestamentlichen  (einleitung  s.  XXXV). 

Diese  lösung  des  rätseis  ist  jedoch  als  unrichtig  abzuweisen;  die 
auffälligen  abweichungen  haben  einen  ganz  anderen  grund:  dieselben 
beruhen  darauf,  dass  der  Qote  eine  andere  recension  der  Septua- 
ginta benutzte,  als  die  im  Yaticanus  und  den  verwanten  handschriften 
uns  vorliegende.  Diese  behauptung  gründet  sich  nicht  auf  blosse  Ver- 
mutung, sondern  erhält  dadurch  ihre  bestätigung  als  unbestreitbare  tat- 
sache ,  dass  von  deijenigen  recension ,  welche  der  gotischen  Übersetzung 
zu  gründe  liegt,  sich  noch  handschriften  erhalten  haben,  mit  welchen 
der  text  unserer  bruchstücke  auf  das  genaueste  übereinstimt. 

Es  ist  das  die  in  der  Sept.  -  ausgäbe  von  Holmes  mit  19.  82.  93. 
108  bezeichnete  handschriften  -  gruppe ,  auf  welche  die  Septuagintafor- 
scher  bereits  Wellhausen  aufmerksam  gemacht  hat  wegen  ihres  ver- 
mutlich sehr  hohen  wertes  für  die  reconstrucüon  des  ,,  wahren  textes 
der  Septuaginta.''    (Text  der  bb.  Samuelis  s.  221  ff.). 

Durch  die  Übereinstimmung  der  gotischen  fragmente  mit  diesen 
handschriften  erlangt  also  nicht  nur  der  germanist  die  völlig  sichere 
bestätigung  des  Ursprunges  der  alttestamentlichen  Übersetzung  aus  den 
Sept.,  sondern  gewint  auch  der  alttestamentliche  texteskritiker  einen 
höchst  beachtenswerten  Wegweiser  in  dem  dunkel  der  Sept.  -  forschung. 

Für  die  bücher  Esra  und  Nehemia  stehen  jene  vier  codd.  nicht  sämt- 
lich zu  geböte,  sondern  für  den  Nehemia  nur  die  codd.  93  und  108,  für 


DIB  BBUCHBTÜCKB  DBS  GOT.   ▲.   T.  2&S 

den  Esra  die  codd.  19.  93.  108  und  ausserdem  19»,  ein  dem  cod.  19 
beigefügtes  zweites  exemplar  vom  Esra,  von  welchem  bei  Holmes  nur 
einige  abweichende  lesarten  gegeben  sind.  Cod.  108  ist  ein  Yaticanas, 
„scriptus  in  saecnlo  XIV.  ut  videtnr;  continet  textom  qni  in  codd. 
haud  videtur  fuisse  huc  usque  obvius  nempe  ipsum  fere  Gomplutensem/' 
wie  Holmes  bemerkt.  Cod.  93  befindet  sich  im  Mnseam  Britannicom 
und  gehört  ebenfalls  dem  XIV.  Jahrhundert  an  „ut  videtur.^'  Älter  ist 
cod.  19,  ein  Chigianus:  „scriptus  est,  sed  non  accmate,  in  membrana 
circa  X.  saeculum;  nullam  habet  capitum  distinctionem,  nullam 
interpunctionem.^^ 

Von  Wellhausen  ist  an  der  oben  genanten  stelle  auf  eine  disser- 
tation  aus  Münster^  hingewiesen,  welche  darzutun  sucht,  dass  der  cod. 
108  dem  text  der  Itala  ganz  besonders  nahe  komme,  ausserdem  auf 
eine  bemerkung  von  Vercellone  (Var.  lect.  H.  s.  436) ,  dass  die  in  rede 
stehenden  handschrifben  an  entscheidenden  stellen  übereinstimmen  mit 
den  randglossen  eines  Vulgata- codex,  welcher  früher  der  domkirche  zu 
Leon  angehört  hat.  Der  cod.  108  wird  von  Wellhausen  als  „historisch 
merkwürdig'^  bezeichnet,  weil  er  der  Gomplutensis  in  den  geschicht- 
lichen büchem  zu  gründe  gelegt  ist ,  obwol  vielfach  wilkürlich  verstüm- 
melt Dadurch  erklärt  sich  denn  leicht  die  häufige  Übereinstimmung 
des  Vulfilanischen  Stückes  aus  Nehemia  mit  der  Gomplutensis,  welche 
allen  herausgebern  aufgefallen  ist. 

Zum  beweise  fftr  die  enge  verwantschaft  der  gotischen  Übersetzung 
mit  dieser  handschriftenfamilie  mögen  die  hauptsächlichsten  Vari- 
anten dienen,  in  welchen  die  Übereinstimmung  des  gotischen  textes  mit 
dem  der  codd.  19.  93.  108  und  seine  abweichung  von  den  übrigen  giie- 
chischen  handschriften  hervortritt.  Als  Vertreter  der  letzteren,  deren 
Verschiedenheiten  unter  sich  nur  unwesentlicher  art  sind,  citiere  ich 
den  cod.  Vaticanus,  welchen  Tischendorf  seiner  ausgäbe  zu  gründe 
gelegt  hat 

1.    Aus  dem  Nehemia. 

V,  13.  gatavidedun:  inolijoav  cod.  108;  iftoirjaev  Vat.,  auch 
cod.  93,  Vulg.,  Hebr.  —  14.  jah  fram  pamma  daga:  xaiye  dno  Ttjg 
•^fUQog,  auch  Compl.,  Vulg.;  and  fjiniQag  Vat.  —  in  iudaia:  iv  rg 
lovöaif ;  iv  yy  tovda  Vat. ,  Vulg. ,  Hebr.  —  artarksairksaus  piudanis : 
aQza^iQ^ov  xov  ßaaiUcjg,  auch  Vulg.:  Artaxerxis  regis;  ztp  OLQzaoaad^a 
Vat.,  T^i  a(fvaaaad^ä  rq)  ßaailsl  Com^l.^  Hebr.  —  Maiffauramapleis  meinis 
ni  fnatidedum:  agrov  rijg  iffefnovlag  ^ov  ovn  itpdyofievj  auch  Compl., 
comedimus  Vulg. ;  ßiav  aitwv  ovk  egHxywYiA.  —    15.  ip  fauramapljos 

1)  Joh.  Peter  Nickes,  de  Veteris  Testamenti  codicam  Qraecorum  familiis  1853. 

17* 


254  OHBLOFF 

ßaiei  veisun  faura  mis:  ol  di  oifxiovxBg  oi  ef^Ttgoad'ev  fiav;  xat  rag  ßiag 
rag  nqtkag  Sg  Ttqb  ifiov  Yat. ,  daces  autem  primi  qui  fuerant  ante  me 
Vulg.  und  Hebr.  —  hauridedun  ßo  managein:  ißdgvyav  yJioiov  ijti 
%6v  ixtov,  auch  cod.  121,  Gompl.  ohne  xlöiov^  ebenso  Vulg.:  gravave- 
nmt  populum,  und  Hebr.;  ißd^ctv  in;'  dmovg  Vat.  —  nemun  at  im 
hlaibcMSJah  vein:  ilaßoaav  Ttag'  avcüv  aQTOvg  xal  olvov;  aqzov  cod.  93; 
iX.  n.  avT.  ev  agtoig  tuxI  h  (uv(fi  Vat,  in  pane  et  vino  Vulg.  —  jah 
nauhpanüh  sütibris  sikle  .m.:  nai  eaxccrov  agyvQiov  ainXovg  TeaaaQd- 
icortaf  auch  cod.  121,  oi%kovg  auch  Compl.,  siclos  Vulg.;  saxctrw  d^v- 
Qiov  didqayiia  TeaaaQaxoyra  Vat.  —  jäh  skalkos  ize  fraujinodedun: 
Tuuye  rä  TtaiSd^ta  avTtHv  ixvQievaav,  auch  Compl. ,  Vulg. ;  xal  ol  hcf^" 
Tivayfiivoi  ctvTtav  i^ovaidCnvrai  Vat  —  \.  16.  pizos  haurgsvaddjaus : 
Tov  reixovg  zovrov,  auch  cod.  58  und  Hebr.;  tov  reixovg  tovtcjv  Vat. — 
y.  17.  jcth  iiidaieis  jah  pai  fauramaffjos :  %al  oi  iovdaioi  xal  ol  ä^ov- 
Teg,  auch  Compl.,  Vulg.^  Hebr.;  aal  oi  lovdaioi  Vat.  —  ana  liuda 
meinamma  andnumanai  veisun:  knl  %rip  xqanetav  fiov  i^evlCovzo^  so 
codd.  108.  121,  ohne  ri/v  cod.  93;  im  rgaTte^dv  fiov  Vat,  Hebr.;  in 
mensa  mea  erant  Vulg.  —  v.  18.  aüai  pizai  ßusnai  jah  aUai  pizai 
managein:  navrl  t(^  nXij&ei  navti  t(^  la(p;  xio  nkijd-ei  Vat  —  hlaif 
fatMramapleis  meinis:  agzov  zfjg  f/ye^oviag  fiov,  auch  Compl.  jedoch 
"ohne  tfjg;  a^ovg  rijg  ßiag  Vat  —  VI,  17.  managai  veisun  pize  reik- 
Jane  iudaie:  TtoiXol  ijaav  zwv  ewi^oüv  xGxv  iovdaiiav;  dnb  noXkäv 
irviiLuay  lovda  Vat  Hebr.  —  v.  18.  managai  auk  in  iudaia:  noXkot 
ydq  iv  x^  iovdaitf;  Srt  Ttolkol  iv  iovda  Vat,  Hebr.  —  v.  19.  jah  rodi- 
dedtm  imma  vaüa:  xalye  xd  cvfiipiqovxa  aixtp  kleyovy  ähnlich  Vulg.: 
sed  et  laudabant  eum;  xai  xovg  iAyovg  avxöv  rjcav  liyorxeg  Vat  — 
spülodedun:  i^iq>€QOv;  fjoav  iiiq>iQovx€g  Vat  Hebr.  —  VII,  2.  baurgs 
iairusalems:  xrjg^ßaQetog  leQOvaakrjfi  cod.  108;  x^g  ßdq^  iv  iaq.  Vat, 
Vulg.,  Hebr.,  auch  cod.  93.  —  y.  3.  und patei  urrinnai  sunno:  Stog 
dvaxeiXrj  6  fjhog  cod.  108,  ^wg  av  dvax,  6  fjX.  cod.  93;  ^(og  dfia  x^ 
rjliq)  Vat,  usque  ad  calorem  solis  Vulg. 

2.    Aus  dem  Esra. 

1)  Namen,  v.  22.  naitofapei-s:  vexanpad'ei  cod.  93;  vexunpa 
Vat  —  V.  29.  n(ibav'is:  vaßav  codd.  93.  108;  vaßov  Vat  —  v.  31, 
aüam-is  anparis:  alXdfi  higov  codd.  19.  93.  108  {^Xdfz  exigov  Compl.); 
i^lafidg  Vat.  —  V.  32.  eeiram-is:  rjiQdfi  cod.  19**;  i^ldfi  Vat  —  v.  33. 
anO'S:  dvd  codd.  93.  108;  onKo  Vat  —  v.  35.  ainnai-ns:  evvad  cod. 
19.  108;  cevad  Vat  —  v.  39.  iareim-is:  laQßlfi  cod.  19,  ta^'ju  codd. 
93.  108;  '^Q€fi  Vat.  —  v.  40.  kaidmeiel-is:  Tcedfui^X  cod.  93;  xad- 
fUTjl  Vat 


DIE  BBUCH8TÜCKB   DBB   GOT.   A.   T.  255 

2)  Zahlen,  v.  28.  .s.  k.  g.:  dianoaiot.  eiyu>aiTQ€ig  codd.  19.  93.  108, 
auch  codd.  II.  55  und  Compl.;  TQtaxoatoi  eh.  VatT —  y.  39,  pttsundi 
.i.  z.:  %iXioi  dexa  ema  cod.  19;  %ii.,  nat  d.  f.  codd.  93.  108  und  Compl.; 
xilioi  eTtta  Vat.  —  v.  14.  tva  pusundja  j.  q. :  diaxihot  k^T^ovra  ?f 
cod.  19**;  SiaX'  ^ewrpiovtaii  Vat,  auch  codd.  19.  93.  108.  —  v.  17. 
.t.  l,  g.:  tQiaxoaioi  TQuixovta  TQSig  cod.  19**;  TQiaxoaiot  eiycoaizQeig 
Vat,  auch  codd.  19.  93.  108. 

3)  V.  16.  niuntehundjah  Jl:  hvevrfxovta  %ai  otxia  codd.  19.  93. 
108;  ivv^YixQvxaoYXia  Vat.  —  v.  25.  jali  xafira:  Ttat  x€q>eiQd  codd.  19. 
93.  108.  x^(f^Q<i  Vat.  —  V.  26.  vairos  ramu:  ävögeg  ^a(.ia  cod.  19  ^ 
(avÖQeg  xrjg  ^rjjiia  cod.  19);  viot  T^g  ^a/na  Vat.,  auch  codd.  93.  108.  — 
V.  29.  vairos  nabavis:  avögeg  codd.  19.  19**  (vaßav  cod.  19,  vaßai  cod. 
19*');  viot  vaßav  codd.  93.  108;  vlol  vaßov  Vat.  •—  v.  41.  sunjus 
asabis  littparjos:  viot  daä(p  ol  (^doi  codd.  19^  93;  oi  (fdoweg  vlol 
aocKp  Vat 

Für  weitere  vergleichung  verweise  ich  auf  die  am  Schlüsse  bei- 
gefügte gegeuüberstellung  des  got  und  griech.  textes  und  auf  die  fol- 
gende besprechung  des  got  textes. 

Eingehendere  forschungen  über  die  in  rede  stehende  handschrif- 
ten-familie  werden  vielleicht  anhaltspunkte  gewähren  für  Schlüsse  auf 
ort  und  zeit  der  abfassung  der  got  Übersetzung.  Was  aber  den  wert 
der  benutzten  quelle  betrifft,  so  ist  es  jedenfalls  unzweifelhaft,  dass 
eine  unsichere,  verderbte  handschrift  von  dem  Goten  nicht  zur  grund- 
lage  seiner  Übersetzung  gemacht  wurde,  sondern  dass  er  eine  solche 
textesrecension  wählte ,  von  welcher  seine  eigene  Überzeugung  oder  das 
urteil  sachverständiger  kirchenlehrer  ihm  die  gewissheit  gab,  dass  sie 
den  text  der  Sept  in  der  reinsten  gestalt  darbiete  und  daher  durchaus 
geeignet  sei,  seiner  wichtigen  und  mühevollen  arbeit  als  quelle  zu  die- 
nen. Dafür  bürgt  uns  die  ausserordentlich  gewissenhafte  und  sorgsame 
behandlung  des  neutestamentlicheu  textes  durch  die  Goten,  sowol  die 
treue  des  Übersetzers  in  der  widergabe  des  Originals  als  der  in  den 
zahlreichen  glossen  hervoiiretende  eifer  um  die  spätere  Verbesserung 
des  textes.  Auch  gibt  ein  schreiben  des  Hieronymus,  welches  weiter- 
hin noch  beiücksichtigung  finden  wird,  zeugnis  von  einem  so  sorgsamen 
verfahren  gerade  mit  dem  alttestamentlichen  texte,  wie  es  nur  aus  der 
grösten  gewissenhaftigkeit  im  vereine  mit  der  höchsten  Verehrung  des 
biblischen  wortes  hervorgehen  konte. 

n.    Die  besohaffenheit  des  got.  textes  und  sein  Verhält- 
nis zur  vorläge. 

Das  Verhältnis  des  Sept -cod.,  auf  welchem  die  got  Übersetzung 
beruht,   zu  den  codd.  19.  93.  108  ist  so  aufzufassen,   dass  beide  teile 


256  OHBLOFF 

auf  eine  gemeinsame  quelle  zurückgehen.  Der  text  dieses  gemeinsamen 
Originals  ist  in  völlig  ungetrübter  reinheit  in  keinem  von  beiden  teilen 
enthalten,  weder  in  den  codd.  19.  93.  108  noch  in  der  vorläge  des 
Goten ;  beide  waren  corruptelen  ausgesetzt.  Es  ist  also  leicht  möglich| 
dass  der  griech.  cod.  des  Übersetzers  zuweilen  dort  einen  Schreibfeh- 
ler enthielt,  wo  die  ersteren  insgesamt  oder  zum  teil  die  ursprüng- 
liche lesart  bewahrt  haben.  Daher  darf  man  den  text  der  codd.  19. 
93.  108  nur  so  zur  beurteilung  des  got.  verwenden ,  dass  man  im  ein- 
zelnen falle,  wo  der  got  text  abweicht  von  dem  texte  dieser  griech. 
handschriften ,  die  möglichkeit  berücksichtigt  ^  dass  vielleicht  der  Über- 
setzer in  seiner  vorläge  eine  abweichende  lesart  hatte.  Besonders  gilt 
dieses  für  das  stück  aus  dem  Esra,  wo  die  grössere  veranlassung  zu 
Schreibfehlern  vielfache  abweichimgen  der  einzelnen  handschriften  in 
den  namensforroen  wie  in  den  zahlen  herbeiführte.  Dagegen  in  dem 
stücke  aus  Nehemia  stimt  der  got.  text  genau  mit  dem  texte 
des  eod.  108  üb  er  ein,  während  der  cod.  93  mehrfach  von  dem 
cod.  108  und  dem  got.  texte  abweicht ,  zum  teil  beeinflusst  durch  andere 
griech.  handschriften. 

Was  zunächst  den  allgemeinen  Charakter  der  alttestamentlichen 
Übersetzung  betrifft,  so  ist^  nach  den  erhaltenen  Überresten  zu  ui-teilen, 
wie  im  N.  T.  so  auch  hier  gewissenhafte,  möglichst  wörtliche 
widergabe  des  Originals  das  leitende  princip  gewesen.  Die  hohe 
ehrfurcht,  welche  den  Goten  vor  dem  biblischen  werte  beseelte,  hat 
sich  auch  auf  den  biblischen  Wortlaut  erstreckt,  welchem  er  mit  mög- 
lichster treue  sich  anzuschliessen  bemüht  gewesen  ist.  Jedoch  hat  ihn 
dieser  grundsatz  nicht  verleitet  zu  pedantischer  ängstlichkeit  in  der 
durchfahrung;  nicht  mechanisch  hat  er  denselben  befolgt,  sondern  mit 
verstand  und  geschmack  den  geist  der  eigenen  spräche  berücksichtigt 
und  die  Verständlichkeit  des  sinnes  für  den  leser.  Wo  die  wörtliche 
widergabe  besondere  Schwierigkeiten  machte,  dem  texte  ein  ungefüges 
oder  unverständliches  gepräge  gegeben  hätte,  da  hat  er  keinen  anstand 
genonmien,  von  der  herschaft  des  buchstabens  sich  zu  befreien  und 
sich  auf  die  widergabe  des  sinnes  zu  beschränken. 

Der  enge  anschluss  an  die  vorläge  erstreckt  sich  sogar  auf  die 
Wortstellung,  welche  streng  gewahrt  ist,  wie  es  auch  im  N.  T. 
geschah. 

Im  Wechsel  von  synonymen  folgt  der  Übersetzer  stets  dem 
griech.  texte:  Neh.  V,  13.  15.  18  Xaog:  managet;  V,  17.  VI,  16  i'&tog: 
piuda;  V,  18  Ttk^d^og:  filttsna,  VII,  2  ^gai:  haurdins;  VE,  3  TcvXai: 
daurons.    V,  13.  VE,  2   xvQiog:   frauja;    V,  15.  VI,  16   »sog:  gup. 


«•       ^- 


DIB  BBUCHBTÜCKB  DBS  GOT.  ▲.   T.  257 

VI,  14  aw'Tekeiv:  us-titdian;  VI,  16  reUiovy:  us-fuUjan,  V,  13 
eine:  qap.     VI,  19  el^yov:  rodidedun. 

Griecli.  verba  composita  ^bt  er  beständig  durch  got.  compo- 
Sita:  Neh.  VII,  1  in-iarrjoa:  ga-satida,  eni-axenTead^ai:  ga-veison. 
V,  18  ix-A^xra:  ga^valida.  V,  16  avv-tp/^uvoi:  ga-lisanans.  VI,  14 
avv-%€XBlv:  tis-titihan.  VII,  3  äv-oiyvivai:  us-lukan,  ava-releiv: 
ur-rinnan.  Y,  13.  VII,  2  iv^eveildiiirjv,  -aro:  ana^baup.  VI,  19 
an^ioTBiXa:  in-sandida.     VI,  16  in-iTtBaB:  at^  draus» 

Die  beiden  einzigen  ausnahmen  sind:  VI,  19  h,-qiiQBLv:  spälan, 
wo  man  us-spilJon  (Luc.  8,  39.    9,  10  für  di-^j/eiad-ai)  erwartet,  und 

V,  16  ytat'iaxvoa:  svtnpida,  worüber  unten  noch  zu  sprechen  ist. 

Für  griech.  verba  simplicia  stehen  meistens  got.  simplicia: 
Neh.  V,  15  noulv:  taujan.  17  iQxeo&ai:  qinian.  V,  15.  VI,  18  XafH' 
ßdveiv:    niman.     VI,  16    a-ÄOieiv:    hausjan.     V,  13    alvelv:    Inusjan. 

VI,  16.  Vn,  2  q)oߣia»at:  ogan,  VI,  19  q^oßelv:  ogjan,  V,  14  ia^i- 
€tv:  matjan.  V,  15.  18  ßagvvstv:  kaurjan.  VI,  14  vov&ereiv:  prafst- 
Jan,    V,  15  yxQiBvuv:  fraujinmi, 

Dass  der  Übersetzer  zuweilen,  wo  das  wesen  seiner  spräche  es 
ihm  angemessen  erscheinen  liess,  von  dem  streng  wörtlichen  verfahren 
abwich  und  den  griech.  text  in  freierer  weise  widergab,  dafQr  bieten 
sich  die  folgenden  beläge:  Neh.  V,  18  y,al  nQog  xovtotg  aqtov  t^  ijy«- 
fioviag  ^ov  ovy,  iCi^zr^aa^  ort  ißagw/jd-t]  ro  igyov  hri  zbv  laov  tovtov: 
jah  ana  po  alla  Uaif  fauramapleis  mctnis  nt  sohida  in  pis  et  ni 
kauridedjau  po  managein  in  paim  vaurstvamj  in  der  Vulg.: 
insuper  et  anuonas  ducatus  mei  non  quaesivi,  valde  enim  attenuatus 
erat  populus.  VI,  17  xal  iv  talg  ij^ieQaig  huivaig  7toUx>i  -qaav  xav 
hri^uav  nov  lovdaUoVy  wv  a\  inioroiMi  avrwv  enoQ^iovzo  ngog  rcußiav 
xai  ai  tioßla  rjgxovro  nqog  avvovg:  jah  in  dagam  jaüiaim  managai 
veisun  pize  reikjafie  iudaie  paiei  sandidedun  aipistulans  du 
toheitn  jah  tobcias  du  im,  in  der  Vulg.:  sed  et  in  diebus  illis  mul- 
tae  optimatum  Judaeorum  epistolae  mittebantur  ad  Tobiam  et  a  Tobia 
veniebant  ad  eos.  VI,  19  xalye  to  avfiq>eQovTa  atttp  ileyov  ivwniov 
^tav:  jah  rodidedun  imma  vaila  in  andvairpja  meinamma,  in  der 
Vulg.:  sed  et  laudabant  eum  coram  me. 

Hierzu  kommen  freiheiten  mehr  geringfügiger  ai*t,  so  im  Neh. 
die  wähl  got.  composita  für  griech.  simplicia:  VII,  2  oixodo^teiv:  ga- 
timrjan^  V,  13  noulv:  ga-taujan^  V,  16  Yxaad^ai:  ga-staldan,  VI,  16 
zeXeiovv:  us-ftiUjan,  yiyvtaa-ABLv:  uf-kunnan,  V,  17  ^epiteiv:  and- 
niman.  Für  die  intensive  kraft  der  partikel  gar,  welche  hier  zur  wider- 
gäbe  griech.  simplicia  3 mal,  für  griech.  composita  4 mal  verwendet  ist, 


258  OHBLOFP 

vergleiche  man  Neb.  Y,  13  jah  ga-tavidedun  pata  vaurd  „und  sie  voll- 
brachten das  wort'^  mit  Y,  Ib  ip  ik  ni  tavida  sva  „aber  ich  habe 
nicht  so  gehandelt^'  (vgl.  Bernhardt  „die  partikel  gc^  als  hilfsmittel 
bei  der  got.  conjug/'  in  dieser  zeitschr.  I,  158  fgg.). 

Aus  dem  Esra  führe  ich  hier  an  den  Wechsel  in  der  widergabe 
des  vioi  vor  den  namen;  v.  8  und  v.  30  —  42  ist  der  nom.  plur.  st«»- 
jus,  dagegen  v.  10  —  24  der  gen.  plur.  sunive  gesetzt,  abhängig  von 
dem  folgenden  zahl  wort  z.  b.  v.  9  sunjtis  zaxxaiaus  p.  j,,  v.  13  sunive 
adoneikamis  .x.  j.  q.  Der  zweck  war  vielleicht,  durch  den  Wechsel  des 
casus  die  eintönigkeit  etwas  zu  mildern. 

Ich  gehe  nun  zur  beschaffenheit  des  textes  über.  Derselbe 
ist  an  zwei  stellen  mit  unrecht  verdächtigt. 

Neh.  V,  18  sind  die  werte  jah  allai  pizai  filusnai  auf  grund 
der  vergleichung  mit  dem  texte  des  Vaticanus  von  Lobe ,  Heyne ,  Bern- 
hardt durch  eckige  klammern  als  glosse  bezeichnet,  bei  Massmann  ganz 
fortgelassen;  sie  werden  aber  durch  die  codd.  93  und  108:  navri  to7 
nhfid^ai  navrl  t(^  la^)  als  ursprünglich  bestätigt;  nur  ist  jäh  ein- 
gefügt 

Ferner  erschien  Neh.  VI,  14  paiei  prafstidedun  mik  gegenüber 
dem  ol  Tjaop  q^oßeqXpvtig  fie  des  Vaticanus  sinlos  und  als  Schreibfehler. 
Lobe  schlug  die  änderung  in  plahsidedun  vor  (Kor.  II,  10,  9  für  ex - 
g>o߀iv),  welche  Massmann  und  Heyne  ausführten,  während  Bernhardt 
in  der  überlieferten  lesart  eine  ,, willkürliche  änderung^'  sah,  „indem 
der  Übersetzer  anstoss  daran  nahm,  dass  den  propheten  unheiliges  tun 
zugeschrieben  werde."  Nun  las  aber  der  Übersetzer  ivov^itow  „sie 
ermahnten"  (Im  N.  T.  häufig  z.  b.  Rom.  15,  14.  Kol.  1,  28.  Kor.  I, 
4.  14.  Thess.  I,  5,  12.  14,  dafür  taizjan).  Ferner  hd.i  prafstjan  nicht 
bloss  die  enge  bedeutung  „trösten,"  sondern  auch  die  weitere  „ermah- 
nen, vermahnen,"  so  Luc.  3, 18:  managuppan  jah  anpar  prafstjands 
piupspühda  managein:  TtoXXa  fiiv  ovv  nai  h^eQa  Ttagoxalaiv  evr/yye^ 
Xi^eto  Tov  kaov  (Vulg.:  multa  quidem  et  alia  exhortans  evangelizabat 
populum).  In  diesem  sinne  ist  nun  auch  hier  prafstidedun  zu  verste- 
hen und  mit  dem  ivovS^itovv  der  codd.  93  und  108  sehr  wol  zu  ver- 
einigen ,  die  änderung  in  plahsidedun  also  unberechtigt. 

Dagegen  scheint  der  text  des  Nehemiastückes  an  mehreren  stellen 
corruptelen  erlitten  zu  haben,  an  welchen  man  bisher  keinen  anstoss 
genommen. 

VI,  16  verlangt  der  griech.  text  sv  dqt&aXf.ioig  avrcov  in  augona 
ize  statt  des  überlieferten  in  ausona  ize.  Das  g  ist  vielleicht  undeut- 
lich geschrieben  und  sieht  daher  dem  s  ähnlich,  für  dessen  eigentüm- 


DIE  BBT7CHSTÜCKB  DBB  GOT.  A.   T.  259 

liehe  gestalt  im  cod.  D  die  Schriftprobe  bei  Lobe  tom.  n  tab.  2  zu  ver- 
gleichen ist;  oder  es  liegt  hier  ein  Schreibfehler  vor. 

Grössere  Schwierigkeiten  macht  V,  16:  jdh  vaustv  püos  baurgs- 
vaddjaus  ni  svinpida.  Als  unzweifelhafte  bedeutung  des  als  simpiex 
nur  hier  begegnenden  verbum  svinpjan  ergibt  sich  aus  den  compo- 
siten  und  Wörtern  desselben  Stammes  svinp-s,  svinp-ei^  ga-svinp-jan, 
in-svinp-jan,  ga-svitip-nan  „stark,  kräftig  machen,  stärken."  So 
findet  man  bei  Schulze  im  glossar  und  im  wörierbuch  und  bei 
Heyne  im  glossar;  so  auch  bei  Leo  Meyer,  Gotische  spräche  s.  324 
„stark  machen,  befestigen/^  Dagegen  fügt  Massmann  im  glossar  die 
ganz  unvermittelte  bedeutung  „gewalt  antun '^  hinzu  im  anschluss  an 
Löbe^  welcher  angibt  „gewalt  antun ^  hindern'^  und  an  unserer  stelle 
übersetzt  hat:  non  prohibui.  Lobe  hat  diese  etymologisch  unberech- 
tigte bedeutung  jedenfalls  nur  aus  dem  gründe  aufgestellt,  weil  er 
sonst  keinen  dem  Zusammenhang  angemessenen  sinn  in  diese  stelle  zu 
bringen  wüste.  Bernhardt  gibt  die  Übersetzung:  „die  arbeit  des  baues 
verstärkte  ich  nicht,''  stellt  dieselbe  aber  durch  ein  beigefügtes  frage- 
zeichen  als  zweifelhaft  hin;  und  das  mit  recht,  denn  man  kann  hier 
nur  übersetzen:  „und  das  werk  dieser  mauer  habe  ich  nicht  stark 
gemacht.''  Das  passt  allerdings  nicht  in  den  Zusammenhang,  welcher 
gerade  das  gegenteil  verlangt:  „und  das  werk  dieser  mauer  habe  ich 
stark  gemacht."    Was  den  anstoss  hervorruft^  ist  also  die  negation. 

Wie  las  nun  der  Übersetzer  in  seiner  vorläge?  Die  codd.  93  und 
108  haben:  xai  iv  eqyip  xov  reixovg  zovvov  ovx  xaziaxvaay  der  Vatic. 
mit  den  übrigen  griech.  hss. :  xal  iv  €Qy(fi  zov  teixovg  tovtüjv  otm  htga- 
TTjoa,  die  Compl.  ohne  negation:  xai  ev  eqyip  tov  Tsixovg  xovtwv 
ixQ<krjoa,  ohne  negation  auch  1)  die  Vulg. :  quin  potius  in  opere  muri 
aedificavi,  2)  die  syr.  und  die  arab.  Übersetzung  und  3)  der  hebr. 
grundtext.  Die  codd.  93  und  108  lesen  Ttatiaxvaa;  tlotioxvco  hat  man- 
cherlei bedeutungen:  1)  zu  kräften  kommen,  2)  die  kraft  haben,  ver- 
mögen c.  inf.,  3)  etwas  erzwingen,  wollen,  sich  anstrengen,  4)  absoL 
die  Oberhand  haben,  behalten,  obsiegen,  überhand  nehmen,  sich  behaup- 
ten, 5)  bezwingen,  besiegen,  überwältigen,  6)  bekräftigen,  bestärken 
(Bost,  griech.  lex.).  In  welcher  von  diesen  bedeutungen  man  nun 
xoTiaxvoa  hier  auflassen  mag,  man  erhält  mit  der  negation  keinen  dem 
zusammenhange  genügenden  sinn.  Lässt  man  aber  die  negation  fort, 
80  scheint  die  geeignetste  Übersetzung:  „und  bei  dem  werke  dieser 
mauer  habe  ich  die  oberhand  behalten,  habe  ich  obgesiegt,"  nämlich 
gegen  die  feinde,  die  Samaritaner,  welche  die  wideraufnchtung  der 
mauern  von  Jerusalem  hindern  wollten  (vgl.  Neh.  cap.  VI).  Dieser  ent- 
spricht genau  dem  hebr.  grundtexte: 


260  OHBLOFF 

„und  auch  im  werke  dieser  mauer  habe  ich  gesiegt;^'  denn  pnnn  ist 
ia  der  bedeutung  „stark  werden,  siegen ''  gebraucht  Chron.  H,  26,  8. 
Dan.  11,  32,  vgl.  Gesenius ,  handwörterbuch  der  hebr.  spr.  s.  279,  und 
kann  auch  hier  so  verstanden  werden,  wie  es  der  griech.  Übersetzer 
offenbar  getan  hat.  Es  spricht  demnach  gegen  die  negation:  1)  der 
hebr.  grundtext,  2)  die  Vulg.^  die  syr.  und  die  arab.  Version,  8)  die 
sinlosigkeit  des  textes  in  den  codd.  93  und  108.  In  die  vorläge  dieser 
beiden  handschriften  mag  das  o(yA  eingedrungen  sein  aus  anderen  griech. 
handschriften ,  wo  es  dadurch  veranlasst  wurde,  dass  der  unmittelbar 
vorhergehende  und  der  nachfolgende  satz  die  negation  ovx  enthält; 
%OLyii  ovx  Inoirioa  o^iog  und  äyQOv  ov%  ixtTjadfitpf. 

Femer  steht  an  unserer  stelle  dem  compositum  Yxtc-laxvca 
das  Simplex  svinpida  gegenüber;  das  ist  verdächtig,  denn  wie  oben 
gezeigt  wurde,  ist  die  regel  befolgt,  die  griech.  composita  durch  goL 
composita  widerzugeben;  häufig  sind  sogar  für  griech.  simplicia  got 
composita  eingetreten. 

Ausserdem  ist  svinfy'an  als  simplex  sonst  nirgend  gebraucht  wor- 
den, sondern  nur  die  composita  ga-svinfy'an  und  in^svitipjan,  sowol 
für  das  compositum  iv  -  Swa/tiovvy  wie  für  die  simplicia  dwa/Liovy  und 
xQoraiovv.  Demnach  solte  man  hier  eins  von  diesen  beiden  compositen 
erwarten. 

Nun  sind  nach  Castiglione  im  cod.  D  die  feineren  striche  der 
buchstaben  meistens  nicht  mehr  erkenbar.  Man  wird  also  von  dem 
Worte  ni  im  cod.  weiter  nichts  erkennen  können,  als  die  drei  grund- 
striche,  welche  man  lesen  kann  entweder  als  ni  oder  als  in;  tut  man 
das  letztere,  so  erhält  man  insvinßida  und  ist  damit  aus  aller  Ver- 
legenheit. 

Der  Gote  hat,  wie  ich  meine,  in  seiner  vorläge  das  offenbar  feh- 
lerhafte ovx,  noch  nicht  vorgefunden  oder  durch  vergleichung  mit  der 
lateinischen  Version  (vgl.  s.  275)  die  Verderbnis  des  textes  erkant  und 
ovx  ausgelassen,  das  vieldeutige  verbum  xaziaxvu)  nicht  aufgefasst  als 
„die  Oberhand  behalten,  siegen/^  sondern  wol  durch  laxvSi  l^xvQos  u.  a. 
geleitet  als  „stark  machen ^^  und  in  folge  dessen  wie  h-dwa^ovv  über- 
setzt mit  in'Svinpjan^  das  griech.  compositum  durch  got.  compositum 
wie  gewöhnlich. 

Im  NeL- texte  erregen  noch  einige  namen  kritischen  anstoss. 

y,  14  aartarksairhsaus ;  afra^ig^ov  codd.  93.  108,  die  übrigen: 
aQTaodad'a,  die  Yulg.  Artaxerxis.  Eönte  man  diesen  namen  als  ein- 
gebürgert bei  den  Goten  ansehen,   so  wäre  eine  im  volksmunde  voll- 


DIB  BBÜOHSTOOEB  DBS  GOT.  ▲.  T.  261 

zogene  einschiebnng  von  r  wol  nicht  unmöglich.  Dass  er  aber  nicht 
eingebürgert;  sondern  dem  Übersetzer  unbekant  war,  zeigt  die  flexion. 
Denn  die  populären  namen  auf  -rig  haben  die  lat  flexion  erhalten,  so 
herodes  und  herodis  nom.  und  gen.,  iohannes  und  iohannts  nom.  und 
gen.  Hier  aber  ist  die  got.  form  offenbai*  erst  nach  der  vorliegenden 
griech.  gebildet ,  wie  lysaniatis  nach  Ivaaviov  Luc.  3,1,  mattapiaus 
nach  ficcvuad'lov  Luc.  3 ,  26 ,  wovon  die  nominative  kvaaviag,  fjuxvca' 
^lag  lauten.  Der  gen.  auf  -ov  liess  den  Übersetzer  auf  einen  nom.  -og 
schliessen  und  veranlasste  daher  die  got.  -u- flexion.  Da  nun  der  Über- 
setzer bei  unbekanten  namen  sich  ganz  genau  an  die  vorliegende  form 
anschloss,  so  kann  von  ihm  der  zusatz  des  r  nicht  herrühren.  Einem 
Schreiber  aber  mochte  es  sehr  leicht  begegnen ^  dass  ihm  hier,  wo  in 
der  vorhergehenden  silbe  rtj  in  der  nachfolgenden  rk  zu  schreiben  war, 
auch  in  der  mittleren  ein  ric  entschlüpfte. 

VII,  2  ist  für  ävaviif  zuerst  ananitn,  dann  ananetm  geschrieben. 
Da  sämtlichen  namen  auf  ^iag  im  cod.  D  für  das  l  ein  ei  =  i  zu  teil 
geworden  (siehe  s.  287  f.) ,  so  Allt  die  form  ananitn  dadurch  auf,  dass 
sie  für  /  nur  i  zeigt.  Dass  hierdurch  ftir  die  beiden  völlig  gleichen 
namen,  durch  welche  verschiedene  personen  bezeichnet  werden,  eine 
Unterscheidung  bewirkt  werden  solte,  ist  nicht  glaublich,  da  auch  im 
griech.  texte  die  Unterscheidung  fehlt,  welche  im  hebr.  allerdings  vor- 
handen ist  und  ebenso  in  der  Yulg.:  Hanani  und  Hananiae.  Man  wird 
den  grund  für  die  Ungleichheit  der  Schreibung  wol  nur  in  der  flüchtig- 
keit  eines  Schreibers  oder  in  der  häufigen  vertauschung  von  et,  i  und  e 
zu  suchen  haben,  wie  Eol.  4,  15  laudeikaia  neben  lauädcaionj  Luc.  9,  8 
hdiaSj  V.  19    heleia/ny  v.  30  helias,  v.  33  helijin,  v.  54  heleias. 

VI,  15  ist  der  name  des  monats  unleserlich,  ebenso  die  endung 
von  meno-;  ,ySub  squalore  latet^'  bemerkt  üppström  darüber.  Er  hat 
zu  menops  nom.  sing.^  nom.,  acc.  plur.,  menop  dai  sing.,  menopum 
dat.  plur.  als  gen.  menopis  angesetzt,  wonach  die  flexion  dieses  wertes 
auf  drei  stamme:  menop-,  menopu",  menopa"  zurückgienge.  Lobe  und 
Massmann  haben  den  gen.  menops  angenommen,  wodurch  die  flexion 
auf  den  dental-  und  den  u- stamm  beschränkt  wird. 

Als  monatsname  ist  aütdis  eingesetzt  nach  dem  ilovl  des  Yatic. 
und  der  meisten  griech.  hss.;  cod.  108  hat  aXXovay  cod.  93  alovX; 
jenes  a  ist  ofi'enbar  ein  Schreibfehler  für  A,  welches  die  hebr.  form 
verlangt.  In  der  gemeinsamen  quelle  beider  handschriflen  wird  also 
wol  aHovl  oder  aXovl  gestanden  haben. 

Verdächtig  ist  auch  der  flectierte  genitiv  von  iairusalemy 
welchen  man  zeimal  kurz  nach  einander  antrifft:  VII,  2  fa/aramaplja 
baurgs  iairusalems  und  v.  3  ni  t^slukaindau  daurons  iairusalems.    Im 


268  OBBLOFF 

N.  T.  ist  der  name  unflectiert  gebraucht,  als  gen.  Luc.  6^  17,  als  dat. 
Marc.  11,  1.  Luc.  2^  25.  43.  Eor.  I,  16,  3  u.  ö.  Überhaupt  sind  dort 
die  auf  einen  consonanten  ausser  s  auslautenden  städtenamen  durch- 
gängig unflectiert  geblieben,  z.  b.  magdalan  gen.  Marc.  8,  10;  hep- 
laihaim  dat.  Job.  7,  42;  kafamaum  dat  Luc.  4,  23;  nazaraip  dat 
Marc.  1,  9;  hepsfagein  dat.  Marc.  11,  1.  Luc.  19,  29,  so  auch  im  Esra 
die  genitive  kareiapicujireim  v.  25 ,  beroß  v.  25 ,  fnaJcnidS  v.  27  u.  a. 

Ferner  ist  die  art  der  hier  angewanten  genitivbildung  nach  der 
analogie  von  bropr-s,  baurg-s,  müuk-Sy  vatht-s^  ntdit-s,  fnan-s  durch 
anfügung  des  genitiviscben  $  an  den  consonantisch  auslautenden  stamm 
bei  den  fremden  eigennamen  ungewöhnlich.  Sie  findet  sich  nur  bei 
vocalisch  auslautenden  namen:  laiwei^s,  maükei-s:  levil,  fieXmei  Luc. 
3,  24,  naggai'S:  vayyal  Luc.  3,  25,  naitofapeis :  veTOHpa-l^el  Esr.  v.  22 
u.  a.,  ausserdem  bei  zwei  männemamen  SMt-cov:^  sjfl}mion-s  Luc.  3,  20, 
aha/ron-s  Luc.  1,  5,  welchen  jedoch  die  genitive  saulaumon-is  Job.  10, 23, 
seimon-is  Marc.  1,  16.  29.  Luc.  4,  38.  Job.  6,  71  u.  ö.  salmon-is, 
nahasson-is  Luc.  3,  32  =  atfueiov^  oaqüv^  aolo^wv^  aifidv,  oaXfiiiv, 
vaaaawv  gegenüberstehen. 

Der  umstand,  dass  hier  beide  formen  übereinstimmen,  kann  für 
ihre  Integrität  nicht  gerade  schwer  ins  gewicht  fallen;  denn  eine  ent- 
stellung  wie  die  vorliegende ,  welche  eine  scheinbare  anomalie ,  das  feh- 
len des  flexivischen  8,  beseitigte,  zog  sehr  leicht  die  spätere  änderung 
der  benachbarten  form  nach  sich. 

VI,  18  stehen  den  genitiven  saixaineiins  und  hardkeiins  in  den 
codd.  93  und  108  die  formen  aexeriov  und  ßagoxiov  gegenüber;  der 
nom.  dazu  lautet  aexeviag  und  ßaQa%iag,  In  der  bildung  des  genitivs 
der  männlichen  eigennamen  auf  -tag  schwanken  die  handschriften  zwi- 
schen -a  und  -ov.  Hier  nun  haben  die  übrigen  handschriften  die  for- 
men aex^icc  und  ßaQoxict,  welche  den  got.  genitivformen  entsprechen, 
während  die  formen  aex^vlov  und  ßa^xiov  ergeben  würden  saixaineiaus 
und  barakeiaus.  Der  Qote  wird  also  in  seiner  vorläge  jene  formen  auf 
-a  gelesen  haben. 

üngleichmässig  ist  ausserdem  in  der  Schreibung  beider  namen  die 
widergabe  des  x^  in  saixaineiins  durch  x  —  denn  so  steht  nach  üpp- 
ströms  ausdrücklicher  angäbe  im  cod.,  nicht  k^  wie  Castiglione,  Lobe, 
Massmann  haben  — ,  in  barakeit^ts  durch  k.  Entweder  las  der  Über- 
setzer ßaqotnla ,  denn  x  und  x  werden  in  den  hss.  sehr  häufig  veitauscht, 
oder  ein  Schreiber  trägt  die  schuld. 

1)  ammona:  AfK&g  Luc.  3,  25  scheint  mir  entstellt  ans  amos-is;  apaullo-ns: 
änol}.(&  gen.  Kor.  I,  1,  12,  nom.  AnoUtos  gehört  nicht  hierher. 


DIE  BRUCHSTÜCKS  BBS  GOT.   A.    'Ü.  263 

Ebendasselbe  gilt  von  ioanan  in  demselben  verse.  Die  codd.  93 
und  108  baben  Icuvdv  =  ionan,  ebenso  die  meisten  bss.  Vielleicht 
enthielt  die  vorläge  lioavdv,  wie  auch  die  Vulg.  Johanan  hat,  welche 
formen  der  hebr.  näher  stehen,  oder  io-an-an  beruht  auf  ver- 
schreibung. 

In  demselben  verse  lässt  sich  aieirins  nicht  mit  dem  T^igd  der 
codd.  93  und  108  vereinigen,  welches  eeirins  erfordert,  wie  i^igdfi 
Esr.  V.  32  eeiramis  ergab.  Die  varr.  sind:  7]Qa€,  Iwgai,  in  der  Compl. 
'^Qat;  keine  passt  zu  der  got  form.  Wie  der  Übersetzer  etwa  gelesen 
haben  mag,  lässt  sich  aus  derselben  nicht  mit  Sicherheit  entnehmen, 
vielleicht  iiQci,  jedenfalls  nicht  hjQl,  wie  Bernhardt  vermutet,  denn 
dieses  würde  im  nom.  aierei  oder  aieirei,  im  gen.  aiereis  oder  aieireis 
ergeben  haben.    Die  form  wird  wol  entstellt  sein. 

Damit  ist  das  in  dem  Neb.- bruchstück  vorkommende  erledigt  und 
wir  können  zu  dem  stücke  aus  Esra  übergehen. 

Dasselbe  enthält  ausser  eigennamen  und  zahlen  nur  noch  einige 
appellativa,  darunter  das  vor  jedem  namen  widerkehrende  sunive  oder 
sunji4S.  Dieser  zusatz  ist  einmal  offenbar  verschrieben,  v.  16  liest  man: 
sunjus  ateiris  sunjus  aizaikeitnis  niuntehund  j'ah  Ji,:  vioi  a^sQ  t^ 
iZ^yuif  cod.  108.  Das  erste  sunaus  ist  jedenfalls  eine  verfrühung  des 
zweiten  und  daher  zu  ändern  in  suntve,  was  die  vorhergehenden  verse 
10  — 15  und  die  nachfolgenden  17  —  24  zeigen,  jedoch  nicht  in  sun- 
jtis,  wie  Lobe,  Massmann,  Bernhardt  getan  haben.  Denn  obwol  die 
änderung  von  sunaus  in  sunjus  in  formeller  hinsieht  einfacher  ist  als 
die  in  sunive^  so  macht  es  doch  der  gebrauch  von  sunive  in  der  gan- 
zen versreihe  von  10  —  24  wahrscheinlicher,  dass  auch  v.  16  ursprüng- 
lich sunive,  nicht  sunjus  gestanden  hat. 

Die  lesung  vairos  in  den  vv.  25  —  29  entspricht  in  den  vv.  27 
und  28  dem  avögeg  des  cod.  108 :  widerstreitet  aber  dem  vloi  desselben 
in  den  vv.  25^  26,  29.  Dass  jedoch  auch  hier  die  vorläge  ävÖQeg  ent- 
hielt, bezeugen  far  die  vv.  26  und  29  die  codd.  19  und  19^  für  v.  25 
die  syr.  version ,  welche  nach  der  lat.  Übersetzung  in  der  polyglotte  von 
Walton  cives,  nicht  filii  enthält 

In  den  zahlen  weicht  der  goi  text  von  dem  cod.  108  in  folgen- 
den fällen  ab: 

got.   V.  12.  1776,    V.  14.  8066,    v.  15.  464,    v.  17.  888,   v.  22.  146, 

griech.        2222  2056  664  828  116 

V.  24.  168,    V.  25.  748,    v.  26.  612,    v.  27.  122,    v.  38.  1247, 

128      728      623       22      8247 

V.  40.  74,  V.  41.  168. 

1074      128 


264  ouuhovv 

Von  den  abweichungen  des  got.  textes  findet  der  grössere  teil 
unterstfltzung  durch  andere  handschriften. 

1)  durch  den  cod.  93  und  die  übrigen  hss.  v.  27  die  zahl  122, 

2)  durch  den  cod.  IQ''  die  zahlen:  2066  v.  14,  333  v.  17, 

3)  durch  den  Yatic.  mit  den  meisten  hss.  die  zahlen:  454  v.  16, 
743  V.  26,  1247  v.  38,  74  v.  40. 

Es  bleiben  also  ohne  unterstfitzung  die  zahlen: 

1776  V.  12,  146  V.  22,  158  v.  24,  158  v.  41,  612  v.  26. 

1)  V.  12.  pusundi  .hv.  u.  q.  —  2222  codd.  19.  93.  108,  3222 
cod.  II,  1223  cod.  44,  1222  die  äbrigen  codd.,  die  Versionen  und  der 
hebr.  grundtext 

2)  V.  22.  .r.  m.  q.  —  116  codd.  19.  93.  108,  56  die  übr.  codd., 
yerss.,  hebr.  grdt.  Wenn  man  .m.  in  .t.  ändert,  so  hat  man  116.  Auch 
die  namensform  naitofapeis  stimt  in  diesem  verse  zu  derjenigen  des 
cod.  93  gegen  die  flbr.  hss. 

3)  V.  24.  .r.  n.  h.  —  128  codd.  19.  108,  43  cod.  93  und  ein 
teil  der  übr.  codd.,  42  der  andere  teil,  verss.,  hebr.  grdt. 

4)  V.  41.  .r.  n.  Ä.  —  128  codd.  19.  93.  108,  die  meisten  übr. 
codd.,  verss.,  hebr.  grdt,  122  codd.  44.  106,  148  codd.  19 \  II.  65. 

Die  zahl  128  würde  zu  schreiben  sein  .r.  k,  h.,   die  zahl  148 
r.  m.  h.    Wenn  man  nun  v.  24  die  änderung  von  ,n.  in  .k. ,   v.  41  die 
noch  einfachere  änderung  .n.  in  .m.  vornähme ,  so  würde  man  dort  Über- 
einstimmung mit  den  codd.  19.  108,  hier  mit  dem  cod.  19''  erreichen. 

5)  V.  26.  .X.  i.  b.  —  623  codd.  93.  108.  66,  620  cod.  19,  601 
codd.  44.  74.  106.  120.  121.  134.  236,  621  übr.  codd.,  Vulg.,  arab., 
armen,  vers.,  hebr.  grdt.  623  wäre  zu  schreiben  .o:.  k.  g.y  620  .x.  k, 
601  .X.  a.,  621  ^.  k.  a. 

Ein  den  zahlen  eingefügtes  ymi  zeigt  der  cod.  108  v.  10  teoaaQd' 
xorta  xal  dvo^  v.  11  eixooc  xal  z^eigy  v.  16  ivvevi^xotrra  Tcai  oncxw 
V.  18  Ixorov  Tuxt  dexadvo,  v.  29  Tteyztjxovza  xat  dvo^  v.  39  x^^oi  Tcat 
dixa  hTvsa.  Dass  dieses  xat  schon  in  der  vorläge  des  cod.  108  enthal- 
ten war,  zeigt  die  beistimmung  des  cod.  93  in  den  vv.  10.  11.  16.  29. 
39,  des  cod.  19  in  den  vv.  16.  18.  29.  Das  got  jcüi  entspricht  nur 
V.  16  nitmtehund  jaJh  Ji,,  es  fehlt  also  in  den  vv.  10.  11.  39  mit  beistim- 
mung des  cod.  19,  v.  18  mit  beistimmung  des  cod.  93,  v.  29  ohne 
Unterstützung  eines  cod. 

Bei  den  namen  findet  sich  jah  in  den  vv.  26.  26.  28.  33.  40.  42, 
und  zwar  in  Übereinstimmung  mit  allen  hss.  in  den  vv.  26.  28.  33.  40; 
ebenso  verhält  es  sich  mit  dem  zweiten  jäh  v.  26;  das  erste  jah  dieses 
verses  wird  nur  durch  die  codd.  19.  93.  108,  disiAjah  v.  42  durch  kei- 
nen cod.  gestützt. 


DIB  BBUCH8TÜCKE  DES  GOT.  A.   T.  265 

Es  komt  jetzt  die  kritik  der  namensformen  an  die  reihe.  Hier 
ist  zu  berücksichtigen,  dass  in  dem  IL  cap.  des  Esra  eine  sehr  lange 
reihe  meistens  ganz  unbekanter  namen  aus  einer  fremden  spräche  auf 
den  abschreiber  einstürmte,  nicht  nur  die  44  in  den  vv.  10  —  42 ,  son- 
dern im  ganzen  in  den  vv.  1  —  61  die  zahl  von  144  namen.  Man  darf 
sich  nicht  wundern,  wenn  sich  hier  die  auch  sonst  in  den  got.  hss. 
nicht  gerade  seltenen  Schreibfehler  gehäuft  haben.  Bietet  doch  dieselbe 
erscheinung  das  geschlechtsregister  im  III.  cap.  des  Lucas  ^  wo  ich 
unter  den  75  namen  etwa  20  fehlerhafte  formen  gefunden  habe.  Da 
ferner  der  cod.  D,  wie  alle  got.  hss.,  etwa  in  die  mitte  des  VI.  jh. 
gesetzt  wird,  so  gehört  er  jedenfalls  nicht  zu  den  ersten  abschriften, 
sondern  blickt  schon  auf  eine  reihe  von  vorfahren  zurück;  je  länger 
diese  reihe  ist,  desto  mehr  gelegenheit  war  vorhanden  zur  entstellung 
der  ursprünglichen  formen  durch  die  abschreiber.  Dazu  komt ,  dass  der 
cod.  D ,  wie  die  übrigen  got.  hss.  ausser  dem  Argenteus  und  den  beiden 
Urkunden,  ein  palimpsest  ist,  dessen  lesung  nach  Castiglione  ganz 
besondere  Schwierigkeiten  macht:  nolo  tamen  dissimulare  pagellam 
omnem  ita  esse  rescriptam,  ut  lineae  recentioris  scripturae  Uneis  vete- 
ribus  impositae  sint,  neque  illarum  ulla  pars  perspicue  appareat  (siehe 
Lobe,  vol.  I,  s.  858),  und  an  anderer  stelle:  omnium  codicum  scriptura 

spatiosa  et  crassa  est;   quamquam  in  Esdra,  Neh pnmarii  qui- 

dem  litterarum  ductus  pingues  admodum  sunt,  verum  alii  qui  sunt 
quidem  nexus  majorum,  adeo  tenuiter  pinguntur,  ut  nulli  jam 
appareant:  itaque  complura  verba  rectis  tantum  lineis  constare 
videntur,  quae  res  lectori  litteras  singulas  et  voces  anquirenti  negotium 
multum  facessit.  Uppström  bezeichnet  die  erste  seite  209;  welche 
V.  8  — 26  enthält,  mit  diff.  leg.,  die  seite  210,  v.  27  —  42,  mit 
fac.  leg.  Auffällig  ist,  dass  zu  dem  Esra-stück  jede  kritische 
anmerkung  bei  ihm  fehlt,  während  solche  zu  dem  Nehemia  -  stück 
ziemlich  zahlreich  wie  sonst  beigegeben  sind. 

Manche  entstellte  form  beruht  vielleicht  nicht  sowol  auf  falscher 
Schreibung  als  auf  falscher  lesung  durch  die  herausgeber,  indem  man 
bei  der  entzifferung  sehr  undeutUcher  namen  durch  die  griech.  form 
des  Yatic.  sich  leiten  liess  und  die  entsprechende  got.  form  in  den 
Zügen  des  cod.  D  widerzufinden  glaubte.  Nur  der  erste  herausgeber, 
Castiglione,  scheint  sich  bei  der  lesung  von  dem  einflusse  griech.  for- 
men völlig  frei  gehalten  zu  haben. 

Die  kritische  behandlung  der  namen  ist  besonders  deshalb  gebo- 
ten, weil  dieselben  für  die  grammatik  von  bedeutung  sind.  Dienen  sie 
ja  doch  vor  allem  dazu,  die  geltung  der  goi  laute  festzustellen,  wofftr 
wir  kein  besseres  hilfsmittel  besitzen  (vgl.  Lobe,  glossar  vorwort  s.  7). 


266  OHBLOFV 

Sind  aber  die  namensformen,  aus  welchen  man  Schlüsse  zieht,  fehler- 
haft, HO  müssen  auch  die  Schlüsse  selbst  fehlerhaft  ausfallen.  Es  ist 
daher  schon  damit  etwas  erreicht,  wenn  von  einer  anzahl  namen  der 
nachweis  gelingt  ^  dass  sie  fehlerhaft  oder  wenigstens  unsicher  sind  und 
daher  nur  mit  vorsieht  oder  besser  gar  nicht  als  material  für  die  beur- 
teilung  der  got.  laute  zu  verwenden  sind.  Die  aufstellung  der  rich- 
tigen, ursprünglichen  form  komt  hier  erst  in  zweiter  linie  in  betracht; 
sie  lässt  sich  in  den  seltensten  fällen  mit  völliger  Sicherheit  erreichen, 
da  man  nicht  bestirnt  wissen  kann,  wie  die  giiech.  form  in  der  vorläge 
des  Übersetzers  beschaffen  war.  Correcturen  nach  den  aus  den  codd. 
108.  93.  19.  19^  als  ursprünglich  erschlossenen  formen  haben  daher 
vorzugsweise  nur  den  wei-t,  dass  sie  fiir  eine  erneute  lesung  des  cod. 
als  Wegweiser  dienen  können  statt  der  bisher  allein  dazu  benutzten  for- 
men des  Yaticanus. 

Von  den  got.  formen  stimmen  nun  genau  mit  denen  des  cod.  108 
überein  die  folgenden:  v.  13  adoiieikamis :  ädioviTLafi,  v.  20  gabairis: 
yaßeQy  v.  23  anapqpis:  ava&cod'^  v.  25  herop:  ßr]Q(o&y  v.  26  rania  jah 
gabda:  Tijg  ^piä  xal  yaßad,  v.  27  nmhnas:  (tiaxiidg,  v.  29  nabavis: 
vaßdv,  V.  31  ailamis  anpans:  aDMfi  iilqov^  v.  33  aiws:  dvw,  v.  34 
eiaireikons:  UQix^ij  v.  35  ainna'ins:  ivvaä^  v.  36  icsuis:  lr]aoVy  v.  39 
iareimis:  iaQi^,  v.  40  iesiiis:  Irjoov, 

Die  griech.  formen  werden  zum  teil  nur  durch  den  cod.  108  und 
dessen  verwante  gewährt:  v.  29  vaßav  codd.  108.  93,  v.  31  alkäf^i  erc- 
gov  codd.  108.  93.  19,  v.  33  opci  codd.  108.  93,  v.  35  ewaa  codd.  108. 
19,  V.  39  laQi^i  codd.  108.  93  =  lagei^  cod.  19. 

Die  übrigen  namen  weichen  mehr  oder  weniger  von  den  formen 
des  cod.  108  ab:  v.  9  zaxxaiaus:  llmxaia^  v.  10  hanau'is:  ßavaia, 
V.  11  babaavis:  ßoxxi,  v.  12  asgadis:  daidd,  v.  14  bagams:  ßayove, 
V.  15  addinis:  iddiy  v.  16  atciris:  dteq^  v.  16  aimikei'inis:  iKeTua, 
V.  17  hassaus:  ßaaeiy  v.  18  iorins:  IcüQtji,  v.  19  assaumis:  dao^,  v.  21 
hiaaaiplaefn:  ßrjd-Xeef^if  v.  22  naitofapeis:  vt-cnKfati ,  v,  24  asniopis: 
dficid-y  v.  25  kareiapiaareim:  xaQiad-iagi^i ,  xafira:  x€q)€iQd,  v.  28  6ai- 
pilis:  ßaidTjk,  aai:  yal,  v.  30  niakebis:  ^axßeigy  v.  32  eeiramis:  rJQdfi, 
V.  33  lyddoniaeis:  Xvddiovaaidy  v.  36  aiddums:  iaddovd,  v.  37  airnntei- 
rins:  i^fii^Q,  v.  38  faUasuris:  (padddg,  v.  40  kaidnmelis:  dex/iui^ky 
V.  41  odtieitns:  lodvidy  asahis:  da(X(pdd^j  v,  42  saiUaumis :  aeHovfiy 
ate . .;  cctijQ. 

Von  diesen  got  formen  werden  einige  unterstützt  durch  die  ver- 
wanten  des  cod.  108, 

1)  durch  den  cod.  93 :   v.  22  naitofapeis:  vevoKpa&el,    v.  40  kaid- 
meielis:  xedfui^l,  odtiei'ins:  cidovta^  v.  41  asahis:  dadif; 


»1 


DIE  B&UCH8TÜ0KB  OS8  QOT.  ▲.  T.  26? 

2)  durch  den  cod.  19:  v.  12  asgadis:  dayad; 

3)  durch  den  cod.  19^:  y.  32:  eeiramis:  rlCqd^, 

Hier  sind  die  Schreibfehler  im  cod.  108  leicht  erkenbar;  sie  waren 
zum  teil  schon  in  der  vorläge  desselben  enthalten,  da  sie  von  andern 
handschriften  geteilt  werden:  v€Ta}q>aTi,  denfnijl,  aaaq>ad'  auch  cod.  19, 
aaiad  auch  cod.  93;  wdvia  cod.  108;  iodva  cod.  19  statt  (odovia  cod.  93; 
i}Qa^  cod.  108,  iqafA  cod.  93  statt  rliqa^i  cod.  19  ^ 

Eine  reihe  von  namen  stimt  zu  den  lesarten  des  Vatic.  und  des- 
sen verwanten:  y.  15  addinis:  äddiv,  v.  16  ateiris:  dv/jQy  v.  17  bas- 
saus:  ßaaaov,  ?.  18  iorins:  liOQdy  v.  24  asmopis:  daficid'  codd.  11.  68. 
119,  y.  25  xafira:  xaq>iqa^  y.  36  aiddmns:  eödovd  cod.  120,  y.  42 
cUe  , . .:  ciTi]^.  Diese  namen  stehen  mit  ausnähme  der  beiden  letzten 
auf  der  schwerer  lesbaren  seite  209  der  hs. 

Die  lesarten  der  codd.  108.  93.  19.  19^  sind  hier  die  folgenden: 

cod.  108.  y.  15  eJit,  y.  16  a^fip,  y.  17  ßaaei,  y.  18  ^cü^i/«,  y.  24  afiu)^, 

93.            addei             „                      „                  lüQria  a^cjd' 

19.            eödei             „  ßaaaet           lwqu  a/ntod' 
19  \           aööei 

y.  25  x€g>eiQa^  y.  36  uddova^  y.  42  a^tj^. 

»1  11  »» 

„  eddojva  „ 

Demnach  wird  die  yorlage  des  cod.  108  enthalten  haben :  eddi  {-ei), 
cc^Qy  ßaauy  ia>Qrj€f  afuad'j  %eq>Biqaj  uddova^  c^VQ* 

Dem  €ddt{'et)  tritt  gegenüber  das  addei  der  codd.  93.  19  \  119; 
ßaaei  erscheint  als  fehler  nach  dem  ßaaaei  des  cod.  19  und  ßaaci  des 
cod.  121 ,  afnod-  als  solcher  nach  aCfitad'  des  cod.  93  und  der  meisten 
hss.,  sowie  dem  t\rü\y  des  grundtextes. 

Die  lesarten  der  gemeinsamen  quelle  dieser  hss.  waren  also  sehr 
wahrscheinlich : 

adÖBL  {edduy  -i),  cfyq,  ßaaoei  (-t),  ito^,  aKficjS-j  xeq)€ifa,  e^d- 
dova,  aKtjQ. 

Diesen  griech.  formen  würden  entsprechen  die  got.: 

addei'S  (aiddei^s),  azair-is,  bassei-s,  ioreai-s^  azmoP'is, 
kaifeira,  iaidduins,  azer-is. 

Es  sind  nun  noch  zu  behandeln  die  namen: 

eaxxaiaus,  banauts,  babacms,  bagtmis,  aizaikeimis^  assaumiSy 
biaaaißlaem,  kareid^aareim  y  baipüis^  aaij  makebiSy  lyddonuieis^ 
aimmeirins,  falUMuris,  saiUaumis, 

ZEIT80HB.  V.  DBUT80HS  PHUiOLOOZB.     BD.  VII.  18 


268  OBBIiOFF 

Die  codd.  108.  93.  19.  19^  haben  hier  die  folgenden  lesarten: 

cod.  108.    V.  9    Caxxorta,    v.  10   ßavata,     v.  11    ßoxxi,    V.  14  ßayove^ 

99       93.  „  „  .  .  ,x€c  . . .  ovai 

99       19.  ...  aiov  .  .  Via  . .  .x^€l  . . .  ovac 

99       19\  .  .  vaiov  .  .  .x«*  . .  -  ovia 

V.  16  eCcxifr^   v.  19  aaofiy  v.  21  ßrjd-Xeefi,  v.  25  uLaQiad-iaQi^^ 

n                          w                           w                                   99 
. . .  xe  . .  o;^  „  qBi^ 

V.  28  ßai&fily  yai.,  v.  30  /Äaxßeig,     v.  33  kvödtavaeidy 

99         ^^?S  ycc^  i"«^/^  •  •  •  ai"<J 

,9         trjg  ytjg  yai  fiaxß . . .  Xodadid 

ßed- , .  Ivödiffvai 

V.  37  sfififjQ,    V.  38  qHxödag,     v.  42  aeXXovfi. 

yy  V  yy 

>?  w  w 

Hieraus  ergibt  sich  fflr  die  vorläge  des  cod.  108: 

tonLxaiOLy  ßavaia,  ßoxfx^  ("«0>  ßciyove  (-at)»  ^Cß^^^*»  orao/£,  ßrj&Xeefi^ 
xaQiad-iagifi  (-^£/u),  ßai&rjX,  yai  (trig  yai),  fiaxßeig,  kvddtovaeid 
(-valVJ),  efifir]Q,  (paddag^  aaXkovfi. 

Ebenso  scheint  schon  in  der  gemeinsamen  quelle  dieser  hss.  gestan- 
den zu  haben,  wo  nur  vielleicht  taxxaiov  für  Caxxcrta,  ßavaiov  für 
ßavaia  gelesen  wurde. 

Die  entsprechenden  goi  formen  würden  lauten: 

zakxaitns  oiei  zakxatat^s ,  banaitns  oder  banaiatis  y  baükxeis  (bauk- 
Jceis),  baguais,  aizaikeitns,  asaumis^  beflaiaim^  kareiapiareim, 
baipelis,  gai,  moMeis,  lyddonaeid,  aimmeris  (aimmeiris),  faddas^ 
saiUumis. 

Betrachten  wir  die  formen  einzeln: 
y.  9.  zaxxaiaus.  Das  Kaxxaiov  der  codd.  19.  121  verlangt  ßak- 
xaiaus.  Im  N.  T.  ist  geschrieben  zdkkaius  Luc.  19,  2.  8.  »alckaiu 
V.  5.  Griech.  x  ist  stets  durch  got.  k  gegeben  mit  nur  einer  ausnähme : 
Tim.  II,  4,  10  im  cod.  A  xreskus:  xQrig-Ar]g,  lat.  Crescens  (im  cod.  B 
krispus)^  griech.  x  meistens  durch  got.  k,  z.  b.  antiaukiai  :  avrioxeif 
Tim.  II,  3,  11 ;  areistarkus  :  aQiaragxog  Kol.  4,  10,  arkippau  :  a^lnnifi 
KoL  4,  17,  ainokis :  iviix  Luc.  3,  37,  wie  auch  in  den  griech.  namens- 
formen das  eintreten  des  yt  Sir  x  g^nz  gewöhnlich  ist.  Femer  scheint 
im  cod.  D  das  o;  und  k  zur  Verwechselung  veranlassung  gegeben  zu 
haben,  denn  fär  üppströms  xafira  v.  25  und  saixaineitns  Neh.  VI,  18 
findet  man  kafairi  bei  Castiglione  und  Lobe,  kafira  bei  Massmann  und 


DIB  BBÜOHSTOOXB  DBS  OOT.   A.   T.  269 

saikaineitns  bei  allen  dreien.  Doch  bleibt  die  möglichkeit,  dass  der 
Übersetzer  in  seiner  vorläge  Kot^xo^ov  las,  wie  die  codd.  64.  243  die 
form  ^ccxxcit  aufzeigen,  oder  dass  ein  abscbreiber  statt  des  kx  ein  dop- 
peltes X  setzte. 

y.  10.  banau'is  =  BjVH^nis  nach  üppström;  Gastiglione  las 
baggauis  =  B^rr^nts,  Massmann  hanaü'ns  =  Bj\H^itHS;  welches 
dem  ßccvaia  der  codd.  98.  108  völlig  entspricht;  dem  ßavaiov  des 
cod.  19^  entspräche  banataus  =  b^h^i^tis.  Dass  banauis  auf  einem 
Schreibfehler  der  griech.  vorläge  beruht,  ist  nicht  gut  möglich,  denn 
es  ist  keine  griech.  form  denkbar,  welche  sich  mit  der  got.  decken 
könte.  Das  am  nächsten  kommende  ßavoi\  etwa  entstellt  aus  ßavov'i 
der  meisten  hss.,  würde  b  an  au  eis  verlangen,  da  das  auslautende  i 
stets  durch  die  länge  ei  gegeben  wurde. 

V.  11.  babaavis  Castigl.  und  üppström,  babavis  Lobe  und  Mass- 
mann. Das  der  letzteren  form  entsprechende  ßaßccv  ist  nicht  belegt, 
könte  aber  wol  in  der  vorläge  gestanden  haben  als  Schreibfehler  statt 
des  ßaßai  der  meisten  hss.,  welches  bäbaeis  erfordern  würde.  Die 
codd.  108.  93.  19.  19*"  zeugen  für  ursprüngliches  ßoxxi  (-et)  =  bauk- 
xeis  oder  bauhkeis. 

V.  14.  baggeisis  Gast.,  Lobe,  baguauis  Massm.,  bagauts 
XJppstr.  Nimt  man  bei  der  letzten  form  irrtümliche  Versetzung  von  u 
und  a  an,  so  erhält  man  baguais  =  ßayove  (-ort). 

V.  16.  aigaikei'iais  Gasb^  aizaikeünis  =  ^iz^iKeilNis 
üppstr.  Zieht  man  einen  vom  Schreiber  in  der  letzten  silbe  zuviel 
gesetzten  i- strich  ab,  so  hat  man  aizaikei'ins  =  e^exiffy  was  man 
bei  Lobe  und  Massm.  findet;  vgl.  barakeims:  ßagoxiccy  eaixaineims: 
asxßyia  Neh.  VI ,  18,  odueilns :  (odovl'a  Esr.  40  u.  a. 

V.  19.  assaumis  stimt,  abgesehen  von  dem  doppelten  s,  zu 
aaofi  der  codd.  93.  108.  Das  doppel-5  ist  ein  Schreibfehler,  den  ent* 
weder  ein  got  Schreiber  begieng  oder  der  schon  aus  der  griech.  vorläge 
stamt;  man  vergleiche  iasson:  idoiav  Böm.  16,  21.  (cod.  A). 

V.  25.  kareiapiaareim.  Hier  ist  das  letzte  a  falsch  verdoppelt; 
Lobe  und  Massmann  haben  es  daher  mit  recht  gestrichen. 

V.  28.  baipilis:  ßatdnijk  föUt  auf  durch  das  i  der  zweiten  silbe 
statt  des  erwarteten  e.  Es  mag  „der  Übergang  von  e  in  i  und  die 
grosse  ähnlichkeit  beider  laute  in  der  gotischen  spräche  des  VI.  Jahr- 
hunderts'* (Bernhardt,  krit.  unters.  II  s.  14)  einen  schieiber  zu  der 
vertauschung  veranlasst  haben.  Im  N.  T.  ist  die  in  den  namen  sehr 
häufige  endung  -el  :  -rjk  stets  erhalten,  z.  b.  israel,  fanud,  gabriel. 
Dagegen  begegnet  -41  statt  -aü  in  eauraubäbüis  :  Co^oßdßek  Luc.  3,  27 

18* 


270  OHSLOFF 

und  in  aggiltis ,  welches  wort  auch  nebenformen  mit  -el  aufweist ;  aggdu 
6aL  4,  14,  aggeljus  B5m.  8,  38,  aggde  Luc.  9,  26.    15,  10. 

y.  28.  aai  entbehrt  der  entsprechenden  griech.  form ,  welche  äai 
(a£)  lauten  müste.  Lobe  dachte  an  falsche  Verdoppelung  des  a,  sodass 
sich  ai'  ergäbe  zu  dem  at  der  Compl. :  Bernhardt  hat  so  geändert ;  at 
würde  aber  oei  werden,  vgl.  zu  banams.  Massmann  nahm  Versetzung 
an:  aia  =  aia  der  meisten  codd.  Vielleicht  ist  das  erste  zeichen 
kein  a,  sondern  ein  g,  dann  hat  man  gai  =  yai  cod.  107  (Ttjg  yat 
cod.  93). 

V.  30.  makebis  scheint  auf  dieselbe  weise  entstellt  zu  sein  wie 
V.  14  bagams  statt  bagaais;  stellt  man  b  und  e  um,  so  erhält  man 
makbeis  =  /^mißeig. 

V.  33.  lyddomaeis.  Die  form  kvddwvaid  (-eiS)  in  der  quelle 
des  cod.  108  verlangt  lyddonaeid.  Entweder  ist  hier  m  und  n  wie 
so  häufig  durch  die  Schreiber  vertauscht,  dann  erhalten  wir  lyddonaeis 
=  kvdd(üvai;  die  vorläge  des  Übersetzers  hätte  dann  denselben  Schreib- 
fehler enthalten  wie  der  cod.  19  ^  die  auslassung  des  scUiessenden  d. 
Oder  das  auslautende  s  entstamt  falscher  Schreibung  —  die  vier  vor- 
hergehenden namen  gehen  auf  -is  aus  — ,  oder  falscher  lesung,  indem 
sich  vielleicht  statt  des  s  ein  (2  erkennen  liesse;  dann  wäre  die  form 
unflectiert  geblieben  und  entspräche  dem  kvSötavaid  (-aid). 

V.  37.  aimmeirins  setzt  ein  efi/Ärjoa  voraus,  wie  aieirins  = 
^iQa  Neh.  VI,  18,  araüins  =:  äfira  Eor.  I,  11,  22,  kusins  :  xo^^^ 
Luc.  8,  3  u.  a.  Zu  der  endung  -ins  werden  den  Schreiber  wol  die  bei- 
den vorhergehenden  namen  ainnains,  aiddmns  verführt  haben.  Nach 
tilgung  des  n  stimt  aimmeiris  völlig  zu  e^ifujQ. 

V.  38.  Bei  fallasuris  hat  nur  Massmann  eine  änderung  ver- 
sucht, in  fassuris  zu  dem  q>aaaovQ  der  meisten  hss.;  wie  aber  fas- 
suris  zu  fallasuris  geworden  sein  sollte,  ist  schwer  begreiflich. 
Ebensowenig  ist  mit  den  varr.  g>aaovQ  und  naaovQ  etwas  zu  machen. 
Dagegen  bietet  die  lesart  der  codd.  108.  93.  19  einen  anhaltspunkt : 
qHxddag  ist  nämlich  verstünmielt;  statt  dessen  findet  man  Neh.  YU,  41, 
wo  derselbe  name  vorkomt,  in  den  codd.  93.  108  q>adaaaovQ,  nur  mit 
einem  d,  und  Esr.  X,  22  im  cod.  93  (paaaaovQ,  ohne  d,  an  beiden 
stellen  mit  verdoppeltem  a.  Vergleicht  man  an  unserer  stelle  die  form 
fallasuris  mit  dem  q)addag  der  codd.  93.  19.  108 ,  so  komt  man  zu 
der  Vermutung,  dass  der  Qote  in  seinem  cod.  (paddaaovq  las,  was  er 
mit  faddasuris  wiedergab,  In  tpaddaaovQ  war  also  o  vereinfacht  und 
d  verdoppelt;  die  endung  -ovq  ist  schon  in  der  vorläge  der  codd.  19. 
93.  108  ausgelassen  gewesen.     Die  beiden  l  in  der  got.  form  mögen 


DIE  BRUCHSTÜCKE  DES  GOT.  ▲.  T.  271 

sich  vielleicht  als  dd  erkennen  lassen,  oder  ein  Schreiber  verwechselte 
die  ähnlichen  zeichen. 

V.  42.  saillaumis  erfordert  ein  griech.  aaXko^.  So  mag  der 
Gote  vielleicht  gelesen  haben;  oder  daß  zeichen  vor  dem  u  ist  kein  a, 
sondern  ein  zuviel  geschriebenes  l;  dann  ergäbe  sich  saillumis  = 
aeXlov^. 

V.  21.  biaaaiplaem  ist  völlig  verderbt.  L5be,  Massmann, 
Heyne,  Bernhardt  haben  im  texte  baißlaem;  die  entsprechende  form 
ße&Xarj^i  bietet  kein  cod.  Die  codd.  19.  93.  108  haben  gleichlautend 
ßTj&kesfi  =  beplaiaim,  im  N.  T.  beßlaihaim  Joh.  7,  42,  mit  h  unter 
dem  einflusse  des  lat.  Bethlehem,  und  beplahaim  Luc.  2,  4.  15.  Die 
van*,  sind  an  dieser  stelle  ße&lasfi,  ßat^Xasfi,  ße^lasfi^  ßaQ&aleefi, 

Wir  sind  mit  der  entstellung  der  namensformen  durch  die  Schrei- 
ber noch  nicht  zu  ende.  Es  fallt  auf,  dass  eine  geringe  anzahl  der 
namen  unflectiert  erscheint,  während  der  gröste  teil  derselben  flexion 
erhalten  hat.    Flexionslos  geblieben  sind  die  folgenden: 

V.  21  sunive  biaaaiplaem  .r,  k.  g,y  v.  25  vairos  hareiapiaareim 
jah  xafira  jah  berop  Jiv.  m.  g.,  v.  26  vairos  rama  jah  gabaa  ,x.  i,  b., 
Y.  27  vairos  makmas  .r,  k.  K  und  v.  28  vairos  baipilis  jah  aai  ,s.  k,  g., 
wo  eine  flectierte  form  mit  einer  unflectierten  verbunden  ist.  Kührt 
dieser  unterschied  in  der  behandlung  vom  Übersetzer  her  oder  von 
abschreibern?  Die  letzteren  neigten  mehr  dazu,  hinzuzusetzen  als  fort- 
zulassen. Dass  sie  in  den  vv.  25  —  27  die  genitivendung  beharlich 
selten  abgeschnitten  haben,  ist  daher  ganz  unwahrscheinlich.  Es  war 
der  Übersetzer,  der  diese  namen  flexionslos  liess.  Aber  aus  welchem 
gründe?  Diese  namen  sind  sämtlich  Ortsnamen;  als  solche  sind  die 
in  den  vv.  25  —  28  enthaltenen  schon  äusserlich  durch  das  vorgesetzte 
ovdQsg  statt  der  sonstigen  viol  gekenzeichnet :  „die  männer  von  Bama'^ 
usw.  Daran  konte  der  Übersetzer  merken,  dass  er  es  hior  mit  Orts- 
namen zu  tun  hatte,  wenn  ihm  dieselben  anderswoher  als  solche  nicht 
bekant  waren.  Nun  ist  im  N.  T.  bei  der  behandlung  der  städtenamen 
die  regel  befolgt: 

1)  consonantisch  auslautende  im  Griechischen  indeclinable  Orts- 
namen bleiben  unflectiert:  beplailiaim  iai,  Joh.  7,  42,  gaintiesaraip  dat. 
Luc.  5,  1,  nazaraip  dat.  Marc.  1,  9.  Luc.  2,  4.  51.  4,  16;  magdalan 
gen.  Marc.  8,  10;  iainisalem  gen.  Luc.  6,  17,  dat.  Marc.  11,  1  u.  ö. 

2)  vocalisch  auslautende  Ortsnamen  behalten  die  griech.  casus- 
form, wenn  sie  noch  nicht  eingebürgert  sind :  areimapaias:  ctQeifiäd'aiag 
gen.  Mat.  27,  57.  Marc.  15,  43;  afbepanias:  and  ßij&apiag  Joh.  11,  1; 
in  arabia:  iv  tTj  a^aßiif  Gal.  4,  25  u.  a.  Sind  sie  bereits  eingebürgert, 
so  wird  ihnen  got.  flexion  zu  teü,  der  gen.  -ais^  der  dat.  -a»;  in  anti^ 


272  OHBLOFF 

aukiai:  iv  avtiox^itf  Tim.  II,  d,  11 ;  in  rumai:  ev  ^furj  Tim.  II,  1,  17, 
in  paissalauneikai:  iv  &€aaakovUf]  Phil.  4,  16.     Tim«  II,  4,  10  u.  a. 

Dasselbe  verfahren  hat  auch  der  Übersetzer  des  Esra  befolgt 
Daher  waren  ursprünglich  höchst  wahrscheinlich  auch  haipüis  und  näba- 
vis  unflectiert,  die  sich  ebenso  wie  die  vorhergehenden  namen  durch 
das  vorgesetzte  avÖQeg  dem  Übersetzer  als  Ortsnamen  auswiesen,  laute- 
ten also  baipel  (baipil)  und  nahav  und  erhielten  erst  durch  den  irtum 
der  abschreiber  die  bei  den  Ortsnamen  streng  gemiedene  männliche 
flexion  der  personennamen. 

Dagegen  ist  der  häufig  vorkommende  und  dem  Übersetzer  wol- 
bekante  und  geläufige  name  Jericho  flectiert  in  derselben  weise  wie 
im  N.  T.  als  femininstamm  auf  -on:  gen.  eiaireikons  v.  34,  dat.  iai- 
reikon  Luc.  18,  35,  iairikon  Marc.  10,  46. 

Zweifelhaft  erscheint  es,  ob  die  beständige  Schreibung  der  zahlen 
durch  die  Zahlzeichen  ursprünglich  ist ,  oder  von  abschreiben!  hei-stamt. 
Bei  fortlaufender  zahlangabe  sind  in  den  got.  denkmälem  auch  sonst 
nicht  die  Zahlwörter,  sondern  die  aus  dem  alphabete  entlehnten  Zahl- 
zeichen angewendet.  So  ist  es  im  kalender  geschehen,  so  im  Argen- 
teus  zur  angäbe  der  parallelstellen,  zur  bezeichnung  der  lagen  u.  s.  w. 
Dass  in  solchen  fällen  die  einfachere  bezeichnung  durch  die  buchstaben 
der  umständlicheren  durch  die  Zahlwörter  vorgezogen  wurde ,  ist  ja  ganz 
natürlich.  Daher  entspricht  auch  die  benutzung  der  Zahlzeichen  in  dem 
umfangreichen  geschlechtsregister  des  Esra  durchaus  dem  allgemein 
üblichen  gebrauche.  Jedoch  nicht  nur  hier,  sondern  auch  im  Neh.,  wo 
die  zahlen  nur  vereinzelt  in  der  erzählung  vorkommen,  sind  dieselben 
stets  durch  die  Zahlzeichen  gegeben,  und  nicht  nur  die  grund-,  son- 
dern auch  die  Ordnungszahlen.  Bei  den  ersteren  ist  dieser  gebrauch 
nicht  gerade  sehr  gewöhnlich ,  bei  den  letzteren  ganz  ungewöhnlich. 

Die  cardinalia  sind  nur  in  14  stellen  der  übrigen  denkmälor  durch 
buchstaben  bezeichnet:  Skeir.  Vlla.  c.  d  viermal,  Joh.  6,  9.  13.  19. 
12,  5.  Mat.  9,  20.  Marc.  4,  8.  Kor.  H,  12,  2  im  cod.  A.  Gal.  2,  1 
im  cod.  By  in  der  Skeireins  also  sechs-,  im  Joh.  vier-^  im  Mat., 
Marc,  Eor.  II  (A),  Oal.  (B)  je  einmal.  In  dem  kurzen  stücke  aus 
dem  Neh.  aber  trifft  man  diese  Schreibung  an  fünf  stellen,  überall 
wo  überhaupt  cardinalia  vorkommen:  V,  14  .i,  b.  jera,  V,  15  sUde  .m., 

V,  17  .r.  jah  .n.  gumanCy  V,  18  stiur  .a.  lamba  goAxdida  .j.,  gaits  ,a., 

VI,  15  n.  dage  jah  .6. 

Femer  sind  die  ordinalia  im  texte  des  N.  T.  niemals  mit  Zahl- 
zeichen geschrieben;  hier  aber  findet  man:  Y,  14  fr  am  jera  Je,  und 
jer  .2.  jah  anpar:   and  erovg  eliwarov  xai  i'wg  ^ovg  zQuacoatov  xal 


DIB  BBÜOHSTOCKE  DBS  GOT.  ▲.  T.  278 

devrifovy  VI,  15  ,e.  jah  X  daga  men(op8 ...,):  Ttsfirtry  wxt  eixadi  (irp^og 
aXkova, 

Die  einzige  analogie  hierzu  bieten  die  über-  und  Unterschriften 
einiger  briefe  im  cod.  A. 

Die  ungleichmässigkeit,  dass  im  Esra,  wo  man  nur  die  Zahlzeichen 
erwartet,  die  zahl  90  zuerst  y.  16  durch  das  zahlwort  niuntehund  jah 
X  und  vier  yerse  weiter  durch  das  Zahlzeichen  gegeben  ist,  kann  man 
sicher  auf  rechnung  des  Schreibers  setzen. 

Ebenso  auch  wol   den  Esr.  v.  14  neutral  flectierten  nom.  plur. 

ßfisundja  neben  dem  wie  gewöhnlich  weiblich  flectierten   nom.  plur. 

pusundjos  y.  35,  wobei  man  sich  erinnern  möge,  dass  auch  im  Ahd. 

Msunt  in  den  älteren  quellen  als  femininum,  in  den  jüngeren  als  neu- 

trum  behandelt  ist. 

Bei  der  vergleichung  des  got.  textes  mit  dem  griech.  des  cod.  108 
entdeckt  man  im  Nehemia  eine  reihe  kleiner  für  den  sinn  unwesenir 
lieber  auslassungen  und  zusätze,  welche  um  so  mehr  auffallen,  je 
genauer  sich  die  sonstige  übereinstinunung  der  beiden  texte  erweist. 

Man  findet  Neb.  V,  14  für  griech.  xai  ^wg  got  und,  nicht  jah 
Miki,  VI,  15  für  TtB^mfi  xai  äxadi,  ,e,  jaJi  Je.  daga,  VE,  2  f&r  ort 
ctvtog  dvrjQ  unte  sa  vas  vair.  Diese  abweichungen  erklären  sich  durch 
die  beilicksichtigung  des  geistes  der  got.  spräche ,  welche  hier  die  aus- 
lassung  des  jah  und  die  hinzufügung  von  daga  und  von  vas  erforderte. 

Ferner  V,  13  in  aila  so  managet  scheint  das  alla  einem  Schrei- 
ber entschlüpfk  zu  sein,  wol  unter  einwirkung  des  vorhergehenden  cdla 
ganuxinps. 

Mehrfache  ungenauigkeiten  bieten  sich  V,  18  jah  vas  fra^ 
qtwian  dagis  hvüuh  stiur  .a.  laniba  gavalida  .q.  jah  gaüs  .a. 
gamanvida  vas  mis.  jah  bi  A.  dagans  gaf  vein  aüai  pizai  fdus- 
nai  jah  allai  pizai  managein  jah  ana  po  aUa  Maif  fauramc^leis 
nieinis  ni  sokida:  %al  r^v  yevofievov  eig  ^^UQctp  (iiäv  fiooxog  elg  xai 
TtQoßaza  ^xAfXTcr  V|  xat  %i^ciqog  iyhevo  fioi'  toxI  diä  dena  fjf^S" 
Qdiy  h  naoiv  oivov  Ttavzi  t(p  Ttkij^ei  Ttavzi  t^  Xatißj  xai  fiQog  tov- 
roig  agwov  t^g  ^yefioviag  fiov  ovx  iCt^rr/aa.  Das  xai  vor  TCQoßava 
ist  ausgefallen,  nachher  vor  allai pigai  nian,  exa  jah  eingeschoben,  iv 
Ttaatv  ausgelassen,  an  derselben  stelle  gaf  eingesetzt,  nachher  bei  ana 
po  angehängt  aUa,  vor  gaits  eingefugt  .a.  =  e\g,  wie  vorher  süwr  .a. 
=  fiöaxog  eig,  fQr  iyiveto  das  vollere  gamanvida  vas  geschrieben.  In 
eben  diesem  verse  steht  weiterhin  der  plur.  in  paim  vatirstvam  dem 
griech.  sing,  gegenüber.  Diese  abweichungen  alle  auf  die  vorläge  zu 
schieben,  geht  schon  aus  dem  gründe  nicht  an,  weil  die  häufung  der 
Varianten  gerade  in  diesem  einen  verse  bei  der  sonstigen  wörtlichen 


274  OHBLOFF 

übereinstimmnng  des  cod.  108  mit  dem  cod.  des  fibersetzers  ganz  uner- 
klärlich wäre.  Das  fehlen  von  hf  naaiv  und  die  spätere  hinzufugong 
von  aUa  in  ana  po  aUa  könte  mit  einer  Verstellung  in  der  vorläge: 
xat  TtQog  rovToig  ev  naaiv  oder  daraus :  xal  nQoq  tovtoiq  ftäoiv  zusam- 
menhängen. Was  sonst  hiervon  dem  Übersetzer,  was  dem  abschreiber 
zufällt ,  lässt  sich  schwerlich  ermitteln.  Das  jedoch  scheint  mir  unzwei- 
felhaft, dass  in  dem  zusatz  gaf  und  in  der  wendung  gamanvtda  vas 
einwirkung  des  Yulgata-textes  zu  tage  tritt,  welcher  hier  tribue- 
bam  und  parabatur  autem  mihi  enthält.  Auch  in  der  auslassung  des 
jah  vor  laniba  gegen  den  cod.  108  geht  der  got.  text  mit  der  Vulg. 

Der  einfiuss  der  Vulg.  scheint  sich  bemerklich  zu  machen  auch  in 
der  auslassung  1)  von  ytlölov  Y,  15:  eßaqwotv  xXoXov  ini  töv  hxov: 
kauridedun  po  managein,  Vulg.  gravaverunt  populum,  2)  von  hcei 
V,  16:  xat  7tdvT€g  ol  awrfffjiivot  ixei  ini  to  e^yor:  jäh  ällaipai  gäU- 
sanans  du  pamma  vaurstva  —  hiei  fehlt  in  keinem  griech.  cod.  und 
in  keiner  übers,  ausser  in  der  Vulg.  — ,  3)  in  dem  zusatz  jßai^  veisun 
Yj  Ib:  Ol  de  aQxovzeg  oi  MfinQoad'iv  ^ov:  ip  fauramapljos  patei  veisun 
faura  mis,  Vulg.  qui  fuerant  ante  me. 

Die  bisher  aufgeführten  berührungen  mit  der  Vulg.  bestehen 
also  in  dem  fehlen  von  nloiov  V,  15,  von  ixet  V,  16,  von  xal  V,  18, 
in  dem  zusatz  von  gaf  V,  18 ,  und  den  Wendungen  paiei  veisun  V,  16, 
gatnanvida  vas  V,  18. 

Dazu  komt  nun  noch  folgendes. 

Neh.  V,  15  und  16  liest  man  im  griech.  texte  Ttaiödgia,  beide 
male  dasselbe  wort,  wie  im  hebr.  grundtexte;  im  got.  wechselt  der 
ausdruck  ohne  allen  erkenbaren  grund:  v.  15  skaikos,  v.  16  pivos. 
Diesen  Wechsel  teilt  jedoch  die  Vulg.:  v.  15  ministri,  v.  16  pueri. 

Neh.  V,  15  ist  hcidrjala  durch  das  nur  hier  vorkommende  gamainps 
gegeben,  dagegen  im  N.  T.  ausnahmslos  durch  aikklesjOj  auch  da  wo 
es  „gemeinde'^  bedeutet  wie  Eol.  4,  15.  Eor.  I,  14,  23,  im  ganzen 
etwa  40  mal.  An  unserer  stelle  ist  auch  in  der  Vulg.  nicht  das  im 
N.  T.  durchweg  nach  dem  griech.  text  beibehaltene  ecclesia,  sondern 
multitudo  geschrieben  wol  aus  dem  gründe,  weil  zur  zeit  ihrer  abfas- 
sung  der  begriff  ecclesia  sich  schon  als  bezeichnung  der  christlichen 
kirchengemeinschaft  festgesetzt  hatte,  hier  aber  von  einer  jüdischen 
gemeinde  die  rede  ist  Dass  nun  hier  der  Gote  durch  eben  diesen 
gesichtspunkt  geleitet  selbständig  übersetzte ,  ist  mir  unwahrscheinlicher 
als  dass  die  vergleichung  der  Vulg.  ihn  zur  wähl  eines  anderen  aus- 
drucks  bestimte. 

Neh.  V,  14  hsTÜhxto  fioi  elvai  eig  ä^ovra  avtwv:  anaibaup  mis 
ei  veisjau  fauramapleis  ize ;  im  griech.  texte  ein  infinitiv  - ,  im  got  ein 


DIE  BBVCH8TÜ0B3  DBS  GOT.  ▲.   T.  275 

coDJunctivsatz,  während  sonst  die  regel  befolgt  ist,  dass  die  constmc- 
tion  des  von  atkibitidan  abhängigen  satzes  nach  der  griech.  sich  rich- 
tet, also  für  tva  mit  dem  conj.  got.  ei  mit  dem  conj.,  für  den  griech. 
inf.  der  got.  inf.  (vgl.  Schulze,  glossar  unter  anabittdan).  Die  ein- 
zigen ausnahmen  trifft  man  hier  und  Thess.  n,  3,  6:  TtaqayyiiXofiev 
vfuv  . .  .  üTekXea&ai  v^iag;  anäbiudam  ißvis  .  . .  et  gasJcatdaip  izvis. 
In  beiden  stellen  hat  auch  die  Vulg.  einen  satz  mit  ut.  Kann  man 
dieses  zusammentreffen  für  zufällig  halten? 

Stammen  nun  diese  verhältnismässig  zahlreichen  berührungen  mit 
der  Yulg.  aus  späterer  änderung,  wie  die  im  N.  T.  nach  der  Itala 
vorgenommenen  correcturen  oder  vom  Übersetzer?  Im  N.  T.  bestehen 
die  correcturen  zum  grösten  teile  in  Zusätzen;  man  vergleiche  die 
beläge  bei  Bernhardt,  krit.  unters.  I,  s.  9fgg.;  zum  geringeren  teile 
sind  es  änderungen  von  werten  nach  dem  lat.  texte:  Streichungen 
aber  im  got.  texte  sind  ängstlich  gemieden;  man  weite  den  text  ver- 
bessern vorzüglich  durch  bereicherung.  Hier  aber  sind,  wenn  das  feh- 
len von  Tdölovj  hiu,  nai  wirklich  auf  der  Vulg.,  nicht  auf  der  vor- 
läge beruht,  kürzungen  vorgenommen,  was  doch  die  abschreiber  aus 
ehrfurcht  vor  dem  ihnen  überlieferten  texte  vermieden,  während  der 
Übersetzer  selbst  sich  wol  die  auslassung  eines  wertes,  welches  ihm 
der  Zusammenhang  und  die  vergleichung  mit  der  lat.  Übersetzung  als 
überflüssig  oder  falsch  erscheinen  liess,  erlauben  mochte.  Ausserdem 
sind  die  Zusätze  hier  von  anderer  art  als  im  N.  T.,  dort  meistens  ganz 
äusserlich  später  zu  dem  vorhandenen  hinzugeschrieben,  hier  mehr  in 
den  text  hineingearbeitet  und  machen  daher  mehr  den  eindruck  der 
ursprünglichkeit.  Denn  es  ist  doch  wahrscheinlicher,  dass  schon  von 
vornherein  übersetzt  wurde  xiinagog  iyivero  /äoi  durch  gaits  .a.  gaman- 
vida  vas  mis  unter  dem  einflusse  des  lat.  parabatur  mihi,  dict  dexa 
ijfdCQiov  olvov  durch  hi  ,i,  dagans  gaf  vein  nach  dem  lat.  tribuebam, 
ol  Si  afxoyreg  ol  tfjiTtQoad^lv  fiov  durch  fauramapljos  paiei  veisun 
faura  mis  nach  dem  lai  qui  fuerant  ante  me ,  und  nicht  erst  später  zu 
gaits  M,  vas  mis  das  gamanviday  zu  bi  .i.  dagans  vein^  das  gaf,  zu 
pai  fawramapljos  pai  faura  mis  das  -ei  veisun  hinzugesetzt  wurde.  Zu 
einer  nachträglichen  änderung  konten  diese  lesarten  des  got.  textes 
kaum  einen  Schreiber  veranlassen,  da  der  lat.  text  nicht  mehr  enthielt 
als  der  got.,  sondern  dasselbe  und  nur  im  ausdrucke  vollständiger, 
im  Stile  abgerundeter  war.  Wenn  man  demnach  aus  dem  wenigen 
material  Schlüsse  ziehen  darf,  so  ist  es  wahrscheinlicher,  dass  schon 
vom  Übersetzer  die  Vulg.  zu  rate  gezogen  wurde. 

Wie  die  ältere  lai   Übersetzung,    die   Itala,    sich   zu   unseren 
bruchstficken  verhält,  lässt  sich  nicht  bestimmen,  da  diese  stücke  aus 


276  OHBLOFF 

der  Itala  nicht  erhalten  sind.  Die  Übersetzung  des  Hieronymos  wurde 
in  Italien  und  der  römischen  kirche  als  rivalin  der  Itala  zuerst  auf  das 
heftigste  bekämpft,  fand  nur  ganz  allmählich  neben  derselben  duldung 
und  errang  erst  im  YU.  Jahrhundert  die  anerkennung  als  kirchlich  allein 
berechtigte  Übersetzung,  als  Vulgata.  Wenn  also  der  Übersetzer  die 
Yulgata  benutzte y  nicht  die  Itala,  so  spricht  das  für  abfassung  der  got 
Übersetzung  auf  einem  boden  ausserhalb  des  bereiches  der  römischen 
kirche ,  wo  das  ansehen  der  Itala  geringer  war. 

Das  verdient  hier  noch  erwähnung ,  dass  es  durch  einen  brief  des 
Hieronymus  an  die  Ooten  Sunja  und  Fril)ila ,  welchen  ich  nachher  noch 
näher  zu  besprechen  habe ,  ausdrücklich  bezeugt  ist ,  dass  die  lat.  psal- 
menübersetzung  des  Hieronymus  zur  berichtigung  des  Septuagintatex- 
tes  von  Seiten  gotischer  geistlichen  benutzt  worden  ist 

m.    Der  verfosser  der  älttestamentlichen  übersetsimg. 

Es  scheint  wenig  geraten,  bei  einem  so  geringen  bestände  an 
Überresten  mit  der  frage  nach  dem  Verfasser  in  die  Streitfrage  einzu- 
treten, ob  die  ganze  bibelübersetzung  der  Goten  von  Yulfila  herstamt 
oder  nur  ein  teil  derselben.  Trotzdem  glaube  ich,  da  sich  mir  einige 
anhaltspunkte  ergaben,  welche  zu  einer  besprechung  dieser  frage  ein- 
luden, darüber  nicht  hinweggehen  zu  sollen. 

Dass  Yulfila  den  Goten  die  heilige  schnft  übersetzte ,  erwähnt  ein 
teil  der  schriftsteiler  nur  in  ganz  allgemeinen  und  unbestimten  aus- 
drücken, während  andere  ausdrücklich  versichern,  dass  er  die  ganze 
bibel  alten  und  neuen  testamentes  übertrug.  Jedoch  trotz  der  einstim- 
migkeit  über  die  Urheberschaft  Yulfilas  können  die  berichte  nicht  auf 
unbedingte  glaubwürdigkeit  in  ihrem  ganzen  umfange  anspruch  erheben. 
Denn  ebendieselben  autoren  lassen  YuMla  auch  das  got.  aiphabet  erfun- 
den haben:  yq&^^aca  iq)evQ€  yord^ixa,  evQhrjg  y^afi/naTonf  oix£iW,  in- 
venit,  adinvenit  (die  stellen  bei  Massm.  einl.  s.  L.),  eine  behauptung, 
welche  man  jetzt  nach  Zachers  genauer  vergleichung  der  alten  runen- 
alphabete  mit  den  got.  schriftzeichen  nur  in  sehr  beschränktem  masse 
für  richtig  erkent. 

Die  in  diesem  punkte  erwiesene  unzuverlässigkeit  der  bericht- 
erstatter  erschüttert  den  glauben  an  die  Sicherheit  des  übrigen,  was  ae 
von  Yulfila  mitteilen ,  weckt  vor  allem  mistrauen  in  bezug  auf  die  volle 
Wahrheit  der  nachricht,  dass  die  ganze  bibelübersetzung  allein  des 
Yulfila  werk  war.  Wie  dort  ist  vielleicht  auch  hier  nur  der  kern  der 
Überlieferung  wahr  und  dieselbe  dahin  zu  berichtigen,  dass  man  Yulfi- 
las persönliche  betätigung  einigermassen  einschränkt ,  etwa  soweit ,  dass 


DIE  BBV0H8TÜ0XB  BBS  GOT.  ▲.  T.  277 

man  ihn  als  den  veranlasser  nnd  begründer  des  Übersetzungswerkes 
ansieht  und  als  den  Verfasser  von  einem  grossen  teile  der  Übersetzung, 
während  die  Übertragung  der  übrigen  biblischen  bücher  teils  unter  sei- 
ner leitung,  teils  erst  nach  seinem  tode  durch  gelehrte  geistliche  des 
goi  Volkes  ausgeführt  wurde.  Die  namen  der  mitarbeiter  fielen  der 
Vergessenheit  anheim,  verdunkelt  durch  den  alle  überstrahlenden  rühm 
des  hochgefeierten  bischofs,  der  das  werk  begründete. 

Für  eine  solche  annähme  sprechen  mancherlei  gründe.  Davon 
will  ich  ganz  absehen,  dass  die  Übertragung  der  ganzen  heil.  Schrift 
in  eine  spräche,  welche  fttr  schriftliche  darstellung  noch  völlig  unaus- 
gebildet  war ,  welcher  für  die  widergabe  der  orientalischen  anschauungs- 
und  ausdrucksweise  und  nun  gar  erst  f&r  die  abstracten  erörterungen 
der  apostolischen  briefe  alle  Vorbedingungen  fehlten,  ein  werk  von  ganz 
ausserordentlicher  Schwierigkeit  war,  zumal  in  jener  zeit  litterarische 
hilfsmittel  und  vorarbeiten  noch  gänzlich  mangelten;  auch  davon,  dass 
man  es  ziemlich  unwahrscheinlich  finden  könte^  dass  der  eine  durch 
sein  hohes  mühe-  und  verantwortungsvolles  amt  in  anspruch  genom- 
mene mann,  dem  keineswegs  ein  stilles  gelehrtenleben  vergönt  war, 
der  vielmehr  in  dem  wilden  völkergewoge  und  den  erregten  kirchlichen 
Streitigkeiten  jener  zeit  für  seines  volkes  wolfahrt  unablässig  und  mit 
aller  kraft  zu  wirken  bemüht  war,  jenes  werk,  welches  die  angestreng- 
teste hingäbe  eines  nicht  durch  weltliche  händel  abgezogenen  geistes 
verlangte,  allein  solte  zu  stände  gebracht  und  zu  ende  geführt  haben. 

Dagegen  sind  in  dieser  hinsieht  höchst  beachtenswert  die  äusse- 
rungen  der  beiden  wichtigsten  berichterstatter  über  Yulfilas  leben. 
Erstens  erwähnt  der  um  440  lebende  arianer  Philostorgius ,  dass  Vul- 
fila  die  bücher  der  könige  unübersetzt  Hess.  Seine  wunderliche  erklä- 
rung  dieses  umstandes  ist  gleichgültig,  nur  das  ist  festzuhalten,  dass 
hier  ein  ausdrückliches  zeugnis  dafür  vorliegt,  dass  Yulfila  die  bibel 
nicht  vollständig  übersetzte,  wodurch  also  die  nachricht  von  voll- 
ständiger Übersetzung  des  alten  und  neuen  testaments  der  ungenauigkeit 
geziehen  wird;  ein  grund  zur  willkürlichen  erdichtung  dieser  unwesent- 
lichen Sache  durch  Philostorgius  ist  nicht  abzusehen.  Ebenso  urteilt 
Bernhardt  einleit.  §5:  „Dass  dieser  teil  des  A.  T.  in  Yulfilas  Über- 
setzung nicht  mit  begriffen  war,  mag  man  unbedenklich  glauben;  den 
beweggrund  hat  sich  Philostorgius  wol  selbst  erdacht,  denn  die  bücher 
Josua,  der  Bichter,  Samuel  enthalten  dergleichen  erzählungen  eben- 
falls. Wir  werden  vielmehr  anzunehmen  haben ,  dass  Yulfila  sein  werk 
nicht  vollendete;  auch  der  ausdruck  des  Auxentius  scheint  leichter 
erklärlich,  wenn  die  Übersetzung  nur  einzelne  teile  umfasste.^^ 


278  OHBLOFF 

Zweitens  berichtet  nämlich  Auxentius,  bischof  von  Dorostoros, 
Vulfilas  Schüler,  „die  weitaus  wichtigste  quelle  unserer  kentnis  von 
Vulfilas  leben ^^  (Bernhardt),  über  seinen  lehrer:  Qui  et  ipsis  tribus  Un- 
guis —  gemeint  ist  die  got.,  griech.,  lat  spräche  —  plures  tractatus 
et  multas  interpretationes  yolentibus  ad  utilitatem  et  ad  aedificationem, 
sibi  ad  aetemam  memoriam  et  mercedem  post  se  dereliquid.  Hierzu 
bemerkt  Bernhardt  einleit.  s.  XXm :  „  Ohne  zweifei  ist  hier  die  Über- 
setzung der  bibel  mit  gemeint ;  wenn  aber  auch  Auxentius ,  dem  es  vor 
allem  auf  Vulfilas  glaubensbekentnis  ankam,  keine  Veranlassung  hatte, 
auf  Vulfilas  schriftstellerische  tätigkeit  näher  einzugehen,  so  bleibt  doch 
die  unbestimtheit  des  ausdrucks  auffallend.'^ 

Sodann  lesen  wir  bei  Walafrid  Strabo,  nicht  ein  einzelner, 
sondern  eine  anzahl  von  männern  aus  dem  got.  volke  seien  bei  der 
bibelübersetzung  tätig  gewesen :  Gothi  eo  tempore ,  quo  ad  fidem  Christi 
licet  non  recto  itinere  perducti  sunt  in  Graecorum  provinciis  commoran- 
tes  nostrum  h.  e.  Theotiscum  sermonem  habuerunt  et  ut  historiae 
testantur  postmodum  studiosi  illius  gentis  divinos  libros  in 
suae  locutionis  proprietatem  transtulerunt,  quorum  adhuc 
monumenta  apud  nonnuUos  exstant.  Auch  Massmann  spricht  hier  die 
Vermutung  aus:  „die  von  Walafrid  Stabo  gebrauchten  werte  studiosi 
....  ti*anstulerunt  scheinen  die  annähme  Lobes  zu  bestätigen ,  dass 
mehrere  an  dem  gotischen  bibelwerke,  wenn  auch  nur  allmählich  fort- 
setzend ,  geholfen  hätten.''    (Einleit.  s.  LVII). 

Für  die  Übersetzung  des  A.  T.  im  besonderen  scheint  der  schon 
oben  erwähnte  brief  des  Hieronymus  einigen  anhält  zu  gewähren,  auf 
welchen  daher  näher  einzugehen  ist.  Derselbe  ist  erwähnt  von  Casti- 
glione  specim.  praef.  s.  XX,  von  Lobe  proleg.  s.  XVI,  von  Massmann 
Skeir.  s.  91  fg.^  eingehender  besprochen  von  Massmann  einleit.  s.  XXVI, 
jedoch  nur  unter  dem  gesichtspunkte  der  daraus  sich  ergebenden  eif- 
rigen hingäbe  der  Goten  an  das  Christentum. 

Zwei  gotische  geistliche  „Sunia  und  Frethela"  =  Sunja  und  Fri- 
l)ila  richten  ein  schreiben  an  den  Hieronymus,  die  höchste  autorität 
seiner  zeit  in  der  hebräischen  wie  überhaupt  der  fremden  sprachkunde, 
der  seit  dem  jähre  386  in  Bethlehem  als  abt  eines  mönchvereins  lebte, 
wissenschaftlichen  arbeiten,  besonders  der  Übertragung  der  heil,  schiift 
in  das  Lateinische  sich  widmend;  sie  bitten  ihn,  von  einer  grösseren 
anzahl  von  psalmenstellen ,  wo  die  Septuaginta  und  die  lateinische  Über- 
setzung des  Hieronymus  sich  widersprechen ,  ihnen  mitzuteilen ,  was  der 
hebr.  grundtext  enthalte.  Diesem  gesuche  hat  nun  der  Verfasser  der 
Vulgata  durch  ein  ausserordentlich  eingehendes  schreiben  —  es  ist 
einer  seiner  längsten  briefe  und  füllt  in  der  ausgäbe  von  Adam  Ti'ib- 


DIB  BaTJCH89*dCEB  DBS  OOT.  ▲.   t.  279 

bechow  (1684)  20  spalten  in  folio,  etwa  1400  Zeilen  —  volles  genüge 
getan.  Dasselbe  fuhrt  zu  der  Vermutung,  dass  die  Goten  nichts  gerin- 
geres beabsichtigten  als  eine  Übertragung  der  psalmen  in  ihre  spräche 
vorzunehmen. 

Nach  dem  sehr  pathetisch  gehaltenen  eingange:  Yere  in  vobis 
apostolicus  et  propheticus  sermo  completus  est:  in  omnem  terram  exi- 
vit  sonus  et  in  fines  orbis  terrae  verba  eorum.  Quis  hoc  crederet,  ut 
barbara  Getarum  lingua  Hebraicam  quaereret  veritatem,  et  dormi- 
tantibus  imo  contendentibus  Graecis  ipsa  Germania  Spiritus  sancti  elo- 
quia  scrutaretur  etc.;  betont  Hieronymus  zunächst,  dass  man  einen 
nicht  geringen  dienst  von  ihm  verlange:  Quaeritis  a  me  rem  magni 
operis  et  majoris  invidiae  ...  ut  in  opere  psalterii  juxta  distinctionem 
schedulae  vestrae,  ubicunque  inter  Latinos  Graecosque  contentio  est; 
quid  magis  Hebraeis  conveniat,  significem.  Sodann  setzt  er  ihnen  sehr 
ausfuhrlich  auseinander,  an  welche  griech.  codd.  sie  sich  halten  selten: 
In  quo  breviter  illud  admoneo,  ut  sciatiS;  aliam  esse  editionem,  quam 
Eurigenes  et  Gaesariensis  Eusebius  omnesque  Graeciae  tractores  Koivrjv 
i.  e.  conmiunem  appellant  atque  vulgatam  et  a  plerisque  nunc  lovxia- 
vog  dicitur,  aliam  LXX  interpretum,  quae  et  in  h^aTtldig  codicibus 
reperitur  et  a  nobis  in  Latinum  sermonem  fideliter  versa  est  et  Hiero- 
solymae  et  in  orientis  ecclesiis  decantatur  ....  xoivi^  autem  ista  hoc 
est  conmiunis  editio  ipsa  est  quae  et  Septuaginta.  Sed  hoc  interest 
inter  utramque  quod  twiv^q  pro  locis  et  temporibus  et  pro  voluntate 
scriptorum  veterum  corrupta  editio  est  Ea  autem  quae  habetur  in 
eSccTcXöig  et  quam  nos  vertimus  ipsa  est  quae  et  in  eruditorum  libris 
incorrupta  et  Immaculata  LXX  interpretum  translatio  reservabatur. 
Quidquid  ergo  ab  hac  discrepat,  nulli  dubium  est  quin  ita  et  ab 
Hebraeorum  auctoritate  discordet.  Diese  stelle  habe  ich  deshalb  voll- 
ständig angeführt,  weil  das  über  die  beiden  textesrecensionen  gesagte 
anregt  zur  anwendung  auf  unsere  vorhandenen  Septuagintahss.  für  den 
Esra  und  Nehemia.  Auf  der  einen  seite  standen,  wie  wir  oben  sahen; 
die  codd.  108.  93.  19.  19^  auf  der  andern  die  übrigen  hss.  Die  scharfe 
Scheidung  zwischen  beiden  gruppen  ist  unverkenbar.  Die  entscheidung, 
welche  von  beiden  den  reinsten  text  gewährt;  fällt  nach  Wellhausen 
zu  gunsten  der  ersteren  aus.  Demnach  wäre,  wenn  man  die  bezeich- 
nung  des  Hieronymus  hier  anwenden  wolte,  der  text  der  gruppe  108 
etc.  ein  solcher,  der  die  LXX  interpretum  translatio  darstelt,  während 
die  übrigen  hss.  den  text  der  verderbten  xoti^,  vulgata,  kovxia^og  ent- 
halten. 

Auf  diese  allgemeinen  auslassungen  folgt  die  besprechung  der  ein- 
zelnen  stellen,   über  welche  die  Goten   auskunft  wünschen;   die  zahl 


280  OHBLOFF 

derselben  beträgt  190;  sie  beginnen  mit  ps.  5,  5  und  endigen  mit  ps.  146, 
erstrecken  sich  also  nber  das  ganze  psalmenbuch.  Zum  grösten  teile 
sind  die  vorgelegten  abweichungen  der  iesarten  für  den  sinn  der  stelle 
ohne  besondere  bedeutung  und  beziehen  sich  nur  auf  unwesentliche 
kleinigkeiten ,  z.  b.  ps.  5,  9  ivoimov  aov:  in  conspectu  meo;  6,  11  vehe- 
menter fehlt  im  griech.  text;  16,  3  dgy&aXfnol  itiov:  oculi  tui;  17,  34 
wsel  fldq)ov:  tamquam  cervorum;  17,  36  a(o&r^Qiag  /ttov:  salutis  tuae; 
17,  47  6  ^vanjg  ftiov  i^  iyßQtov  öwcawv:  liberator  mens  de  gentibus 
inimicis;  63,  8  ßilog  vrjTtiajv:  sagittae  parvulorum;  68,  31  xov  d^eov  (jiov: 
dei;  71, 11  navteg  oi  ßaatleig  T^g  yrig:  omnes  reges;  72,  17  xai  awcS: 
intelligam ;  77,  38  xat  ov  dia(pd'eQ£i:  et  non  disperdet  eos ;  89,  2  av  el; 
tu  es  deus ;  89,  2  mm  eig  rilog  ogyiad^rjaerai :  non  in  perpetuum  irasci* 
tnr.  Ausserdem  einige  definitionen ,  z.  b.  vsourpfia  („  calendae  ^') ,  cj^ 
fiog  („desertum  vel  solitudo"),  vvxroxoQa^  („noctua"). 

Eine  genügende  erklärung  einerseits  für  diese  so  äusserst  sorg- 
fältige behandlung  des  psalmentextes  durch  die  beiden  Goten,  wie  für 
ihr  anspruchsvolles  und  zeitraubendes  gesuch  an  den  berühmten  Über- 
setzer und  andererseits  für  die  gewissenhafte  erfüllung  des  gesuches 
durch  den  letzteren  kann  man  nur  finden  in  der  annähme,  dass  jene 
die  absieht  hatten ,  den  psalter  in  die  got.  spräche  zu  übertragen ,  und 
dass  also  der  zweck,  den  sie  verfolgten,  bedeutend  genug  war,  um  so 
grosse  anstrengungen  zu  verdienen.  Dass  sie  ihre  absieht  dem  Hiero- 
nymus  zur  motivierung  ihres  gesuches  in  ihrem  briefe  mitgeteilt  hat- 
ten, scheint  gleich  im  eingange  der  antwort  die  erwähnung  der  bar- 
bara  Qetarum  lingua  anzudeuten.  Unsere  Vermutung  wird  bestätigt 
durch  eine  anzahl  von  bemerkungen,  welche  hier  und  da  bei  der 
behandlung  der  einzelnen  strellen  eingestreut  den  zweck  verfolgen ,  den 
bittstellem  die  grundsätze  und  die  methode  klar  zu  machen, 
durch  welche  ein  Übersetzer  sich  leiten  lassen  müsse,  um 
eine  treue  und  in  der  form  ansprechende  Übersetzung  zu 
stände  zu  bringen.  Die  hauptsächlichsten  der  stellen  sind  diese: 
zu  ps.  5,  5  et  sciendum  . . .  dum  interpretationis  xorxotij^'ov  sequimur, 
omnem  decorem  translationis  omittimus:  hanc  esse  regulam  boni 
interpretis,  ut  idioma  alterius  linguae  suae  linguae  exprimat  pro- 
prietate;  ähnlich  zu  ps.  28,  9,  wo  die  „ad  verbum'^  angefertigte  Über- 
setzung als  „absurda"  bezeichnet  wird,  zu  ps.  43,  15  u.  ö.;  ferner  zu 
ps.  84,  2  eadem  igitur  interpretandi  sequenda  est  regula, 
ut  ubi  non  fit  damnum  in  sensu  linguae  in  qua  transferimus ,  evq^aayia^ 
proprietas  et  elegantia  conservetur;  zu  ps.  106,  6  quis  non  talem 
fugiat  interpretationem,  ut  verbum  pro  verbo  exprimens  dicat  ...; 
zu  ps.  49,  20  non  debemus  putida  nos  verborum  interpretatione  tor- 


DIB  BBUCH8TÜGKB  DES  OOT.   ▲.  T.  281 

quere,  cum  damnum  non  sit  in  sensibus,  quia  unaqnaeque  Lingua 
(ut  ante  diximus)  suis  proprietatibus  loquatur;  zu  ps.  30,  4  et  ne 
eadein  inculcem,  observare  debetis,  nomen  domini  et  dei  saepissime 
additum,  et  id  vos  debere  sequi,  quod  de  Hebraico  et  de  Septuaginta 
emendavimus;  zu  ps.  67,  23  ergo  et  vos  legite  ea  quae  vera  sunt, 
ne  dura  additum  suscipitis,  quod  a  propbeta  scriptum  est ,  relinqua- 
tis;  zu  ps.  73,  8  unde  si  quid  pro  studio  ex  latere  additum  est,  non 
debet  poni  in  corpore ,  ne  priorem  translationem  pro  scribentium  volun- 
tate  conturbet  Ähnliche  bei  jeder  gelegenheit  angebrachte  mahnungen 
allgemeiner  art  und  hinweisungen  auf  das  eigene  verfahren  finden  sich 
noch  vielfach  und  erscheinen  erst  dann  genügend  motiviert  und  erklär- 
lich, wenn  man  sie  als  eine  von  dem  meister  in  der  Übersetzungskunst 
den  rat  und  auskunft  begehrenden  schülem  erteilte  anweisung  zur  her- 
stellung  einer  nicht  nur  correcten  ^  sondern  auch  eleganten  Übersetzung 
der  psalmen  ansieht. 

Die  annähme,  dass  die  beiden  geistlichen  wol  nur  die  absieht 
hatten,  eine  ihnen  vorliegende  Übersetzung  zu  emendieren,  reicht  zur 
erklärung  nicht  aus,  manches  würde  dabei  unverständlich  bleiben. 
Warum  geschieht  denn  mit  keiner  silbe  dieser  bereits  vorhandenen 
Übersetzung  erwähnung?  ist  doch  stets  nur  die  rede  von  den  griech. 
und  latein.  lesarten.  Aus  welchem  gründe  beschränkten  sich  die  bei- 
den bibelforscher  lediglich  auf  das  psalmenbuch?  Ihre  emendation 
erstreckte  sich  dann  doch  wol  auf  das  ganze  A.  T.  Was  bezweckten 
in  diesem  falle  die  vielfach  widerkehrenden  auslassungen  über  die  über- 
setzungsmethode  ?  In  welcher  absieht  wurde  die  ausführliche  ausein- 
andersetzung  über  den  verschiedenen  wert  der  beiden  vorhandenen  Sep- 
tuagintarecensionen  gegeben?  Sie  solte  den  Goten  doch  wol  nur  den 
weg  weisen  zu  der  reinsten  quelle  für  ihre  Übersetzung.  Wozu  end- 
lich verlangten  die  beiden  die  Worterklärungen  von  vBopirpfiaj  eqvifiog^ 
wxtoxöqa^?  Aus  dem  got.  text  konten  sie  ja  leicht  ersehen,  was  die 
werte  bedeuteten.  Nach  dem  allen  kann  die  Voraussetzung,  dass  eine 
Übersetzung  beabsichtigt  war,  wol  keinem  zweifei  unterliegen. 

Jedoch  das  zugegeben,  wa^  folgt  daraus?  Dass  eine  got.  psal- 
menübersetzung  überhaupt  noch  nicht  vorhanden,  dass  also  das  psal- 
menbuch von  Yulfila  noch  nicht  übertragen  war?  Eine  solche  war 
vielleicht  vorhanden,  aber  jenen  beiden  nur  unbekant  geblieben,  die 
künde  davon  noch  nicht  zu  ihnen  gedrungen ;  sassen  doch  die  GK>ten  in 
weit  zerstreuten-  Wohnsitzen,  und  sogar  wenn  sie  von  dem  Vorhanden- 
sein derselben  kentnis  und  sie  in  bänden  hatten,  so  ist  damit  noch 
nicht  ausgeschlossen,  dass  sie  selbst  eine  neue  Übersetzung  vornehmen 


282  OHBLOFV 

wolten,    weil  ihnen  jene    aus   irgend   einem   gründe  nicht  genügend 
erschien,  etwa  wegen  benutzung  eines  verderbten  textes. 

Diese  einwände  sind  zwar  möglich,  haben  aber  doch  nur  eine 
geringe  bedeutung.  Denn  es  ist  im  höchsten  grade  unwahrscheinlich, 
dass  wenn  der  psalter  schon  von  Yuliila  übertragen  vorlag^  derselbe 
sich  nicht  mit  der  Übersetzung  der  übrigen  biblischen  bücher  sehr  bald 
bei  allen  gotisch  redenden  Christen  verbreitete,  höchst  unwahrschein- 
lich, dass  leuten,  welche  dafür  das  gröste  Interesse  haben  musten,  diese 
tatsache  um  das  jähr  390 ,  in  welche  zeit  dieser  brief  zu  setzen  sein 
wird,^  also  9  jähre  nach  Yulfilas  tode  noch  uubekant  war,  noch 
unwahrscheinlicher  aber^  dass  man  an  eine  neuübersetzung  dachte,  wenn 
der  psalter  schon  von  einem  manne  übersetzt  war,  der  in  seinem  volke 
ein  so  hohes  ansehen  genoss  wie  Yulfila. 

Demnach  wird  man  mir  wol  zugestehen,  dass  es  im  höchsten 
grade  wahrscheinlich  ist,  dass  eine  got.  psalmenübersetzung  noch  nicht 
vorhanden  war,  wenn  jene  beiden  got.  geistlichen  eine  Übertragung  des 
psalters  in  die  got.  spräche  beabsichtigten. 

Waren  aber  die  psalmen  noch  nicht  übertragen,  so  wird  vom  A.T. 
Überhaupt  noch  nichts  übertragen  gewesen  sein,  ganz  gewiss  aber  noch 
nicht  zwei  so  unbedeutende  bücher  wie  Esra  und  Nehemia.  Denn  der 
psalter  galt  schon  in  jener  zeit,  wie  auch  späterhin  und  noch  in  unse* 
ren  tagen  für  eins  der  wichtigsten  und  bedeutungsvollsten  bücher  des 
A.  T.^  ja  der  ganzen  heil  schrift. 

Mit  den  bisher  vorgebrachten  äusseren  Zeugnissen  vereinigen  sich 
innere  gründe,  welche  für  die  alttestamentlichen  fragmeute  auf  einen 
anderen  Verfasser  schliessen  lassen  wie  für  die  neutestamentlichen.  Man 
trifft  in   denselben   nämlich    mehrfach    sprachliche   erscheinungen    an, 

1)  Die  zeitbestimmang  gründet  sich  hierauf:  jene  psalmenemendation  des 
Hieronymns,  von  welcher  im  briefe  die  rede  ist,  kann  nur  das  psalterinm  GaUica- 
nnm  sein,  da  der  asteriscus  und  obelus,  die  kritischen  zeichen  desOrigenes,  erwähnt 
werden  als  in  derselben  angewendet,  mit  welchen  noch  nicht  das  psalt.  Romaniun, 
sondern  erst  das  psalt.  GaUicanum  versehen  wurde  (vgl.  Bleek,  einl.  in  das  A.  T. 
s.  792).  Es  muss  aber  seit  der  abfassnng,  welche  bald  nach  der  Übersiedelung  nach 
Bethlehem,  also  bald  nach  384  stattfand,  bereits  eine  geraume  zeit  verflossen  sein, 
denn  der  text  ist  durch  abschreiber  schon  wider  vielfach  entstelt;  auch  sagt  Hiero- 
nymus  in  bezug  darauf  zu  ps.  21,  14  nos  emendantes  psalteriuni  olim.  Femer  ist 
seine  psalmenübersetzung  aus  dem  Hebräischen  noch  nicht  vorhanden,  sonst  würde 
er  die  Goten  einfach  auf  diese  verwiesen  haben.  Dieselbe  mag  etwa  in  das  jähr 
390  oder  391  &llen,  da  er  393  den  Hieb,  vor  diesem  die  bücher  Esra  und  Nehemia, 
vorher  die  Salom.  Schriften,  und  endlich  vor  diesen  die  psalmen  übersetzte.  Der 
brief  gehört  demnach  wol  der  zeit  kurz  vor  dieser  letzten  Übersetzung  der  psal- 
men an. 


DIB  BRUCHSTÖCKX  DBS   GOT.  A.   T.  288 

welche  einen  von  der  neutestamentlichen  Übersetzung  abweichenden 
Sprachgebrauch  erkennen  lassen. 

1.  Neh.  VI,  16  atdraus  agis  in  augona  ize  abraba:  enimaB 
q>6ßog  h  6q)&aXfioig  avcwv  aq)6ÖQa,  Für  hiL-fuJczaiv  in  gleichem 
sinne  wie  hier  ist  nicht  at-driusan,  sondern  dis-driusan  gewählt 
Luc.  1,  12  agis  disdraus  ina:  q>6ßog  hunBahv  in  aliov^  so  über- 
haupt in  gleichem  zusammenhange  nur  verba  composita  mit  dis- ,  nicht 
mit  at,  z.  b.  dissci  aUans  cyis:  ilaßev  öi  qioßug  anavvag  Luc.  7,  16, 
agisa  mihilamma  dishabaidai  ve$un:  cp6ß(i)  i^uyakoj  avvuxovto  Luc. 
8,  37.^  Ferner  ist  at-driusan  sonst  nur  von  persoueu  gebraucht  im 
sinne  von  „niederfallen  vor  jemand"  und  „hineinfallen,  hineingeraten 
in  etwas."  Endlich  ist  ini-TtiTCTeiv  tivi  oder  hil  xivi  auch  im  concre- 
ten  sinne  „fallen,  niederfallen"  nicht  durch  ai-driusan  gegeben,  son- 
dern durch  das  simplex  driusan  z.  b.  Marc.  3,  10.  Luc.  15,  20.  Dem- 
nach möchte  hier  eine  abweichung  wol  nicht  zu  verkennen  sein. 

2.  ogjan  mik:  (poßTjaal  ^is  „mich  zu  schrecken ^  in  furcht  zu 
setzen"  Neh.  YI,  19.  Als  causalia  dieser  bedeutung  sind  im  N.  T. 
gebraucht:  1)  in  -  ctg -j  an,  inagtda  ins:  kv-eßgifut^x^^f]  abtoig  Mat.  9,  30, 

2)  lAS-ag-jan,  vesun  auk  usagidai:  €y.'(poßoi  yccQ  iytvowo  Marc.  9,  6, 

3)  af-ag^jan,  ni  in  vaihtai  afagidai:  f,n)  mvi^o^iavoi  ev  jurjöevi  Phi- 
lipp. 1,  28.  Alle  drei  composita  zeigen  den  kurzen  stanmivocal;  ebenso 
auch  die  nominalen  bildungen:  agis^  un-ag-ein  dat.  =:  dcpößiog  Luc. 
1,  74,  un-ag-ands  Philipp.  1,  14.  Kor.  I,  16,  20.  Dagegen  og-jan, 
welches  nur  an  dieser  stelle  vorkomt ,  hat  das  kurze  a  des  Stammes  in 
6  verlängert.  Eine  analoge  bildung  hat  man  in  uf-Mdhjan:  yilav 
Luc.  6,  21  neben  hlahjan:  yeXav  Luc.  6,  25  und  hi-hlahjan:   /.(na- 

1)  Man  vergleiche  ausserdem:  dis-lvaljim  ,,verhüUen"  für  xttXvnTHv  Luc. 8, 16, 
di3-niman  „in  beschlag,  in  besitz  nehmen**  för  xar-fx^iv  Kor.  11,  6, 10.  Eph,  4,  26, 
diS'Sigqan  „untergehen**  f&r  ini-^veiv.  In  allen  diesen  compositen  übt  die  eine 
den  begriff  des  verbmn  verstärkende  kraft  ans,  es  liegt  darin  ein  „völlig,  ganz 
nnd  gar.**  In  dieser  übertragenen  bedeutnng  gelangte  dis  wol  erst  später  zur  Ver- 
wendung, während  es  früher  nur  mit  den  verben  des  teilens,  trennens  und  ähn- 
lichen verbunden  wurde,  wo  es  in  seiner  ursprünglichen  bedeutung  „auseinander** 
zur  geltung  kam.  Da  nun  bei  diesen  verben,  wo  die  bedeutung  der  partikel  und 
des  verbums  harmonierte ,  durch  die  anfügung  der  partikel  der  begriff  des  verbums 
verstärkt  wurde,  so  führte  dieses  dazu,  später  die  partikel  dis-  auch  mit  anderen 
verben ,  deren  begriff  zu  dem  der  partikel  in  keiner  beziehung  stand ,  zu  einer  mehr 
unnatürlichen  ehe  zu  verkuppeln,  lediglich  um  eine  Verstärkung  des  verbalbegriffs 
zu  erzielen.  —  Anders  fassen  Löbe  und  Dieffenbach  das  Verhältnis  auf,  welche 
dem  diS'  im  zweiten  falle  die  bedeutung  des  „umfassens**  zuweisen  (Löbe,  gramm. 
8.  44,  Dieffenbach  vergleich,  wörterb.  der  got.  spr.  II,  s.  629).  Leo  Meyer  erwähnt 
die  letztere  art  des  gebranchs  von  dis-  gar  nicht ,  siehe  got.  spräche  s.  108. 

ZBITBCHB.  F.  DBUTBCHB  PHXLOLOOIS.      BD.  Vn.  19 


284  O&BLOFV 

yelctp  Mat.  9.  24.  Marc.  5,  40.  Luc.  8,  63.  Ausserdem  sind  sok  -Jan 
und  stod'-jan  zu  vergleichen,^  denen  jedoch  keine  schwachen  verbamit 
bewahrtem  knrzen  Stammes -a  znr  seite  stehen.  Ogfon  und  uf-hlohjan 
sind  also  die  einzigen  in  dieser  ari  Nun  ist  es  aber  wenig  wahrschein- 
lich«  dass  ein  so  genauer  und  consequenter  Übersetzer  wie  Yulfila  für 
ein  und  dasselbe  verbum  yelctv  zuerst  das  vom  praeteritalstamme  gebil- 
dete compositum  uf-hloh-jan  und  vier  verse  weiter  in  ganz  demsel- 
ben sinne  das  vom  praesensstamme  gebildete  simplex  JUaJ^an  gebrauchte ; 
dagegen  war  es  nach  Bernhardts  Untersuchungen  eine  gewohnheit  der 
abschreiber ,  gleiche  ausdrücke  ihres  textes  zu  variieren.  So  wird  jenes 
uf-Klohjan  wol  von  einem  abschreiber  stanunen,  also  erst  aus  einer 
späteren  zeit  und  legt  daher  auch  für  ogjan  die  Vermutung  nahe,  dass 
dieses  wort  einer  späteren  zeit  angehört. 

3.  Für  rcX^x^os  „menge,  Volksmenge ^^  ist  Neh.  Y,  18  füuma 
geschrieben,  während  man  im  N.  T.  dafür  liest:  1)  managei  Marc.  3,  7.  8. 
Luc.  2,  13.  öy  6.  19,  37.  2)  hiukma  Luc.  1,  10:  alls  hiuhma  vas 
matuigeins  beidandans:  xai  nav  %6  nkij&og  rjv  rov  Xaov  nQogevxofUvoy, 
3)  hansa  Luc.  6,  17:  hansa  mUcüa  maimgeins:  7clrj&og  noXv  tov  Xaov. 
Managei  ist  die  regelmässige  Vertretung  für  nk^x^og  und  auch  für  laog ; 
wo  aber  beide  Wörter  zusammentreffen,  wie  eben  an  unserer  stelle: 
allai  püfai  filusnai  jah  aUai  pizai  managein :  mxvxl  rtp  n^&ei  nawi 
T^  la(it,  da  hatte  Xa6g  das  Vorrecht  auf  manctgei  und  für  Ttkrj&og  trat 
ein  anderes  wort  ein,  Luc.  1,  10  hiuhma,  6,  17  hansa,  hier  fUusna, 
Das  hier  gebrauchte  wort  komt  im  N.  T.  zweimal  vor,  ausserdem  in 
der  Skeireins  dreimal,  und  zwar  in  dem  sinne  von  „grosse,  fülle ^^ 
Kor.  n,  12,  7.  Tim.  II,  3,  9.  Skeir.  YIIc,  in  dem  sinne  von  „Volks- 
menge "  Skeir.  YII  b.  c.  Der  gleiche  gebrauch  des  wertes  filusna  wie 
an  unserer  stelle  begegnet  also  nur  in  der  Skeireins^  welche  einer 
späteren  zeit  angehört  (Bernhardt,  krit.  unters.  I,  s.  8  und  einlei- 
tung  zum  Yulf.). 

4.  Für  än^Q  ist  Neh.  Y,  17  guma  gesetzt:  .r.  jah  .n.  gumane, 
ein  wort,  welches  man  nur  noch  zweimal  antrifft  Kor.  I,  7,  16  hva 
nukkannt  qino,  ei  aban  ganasjats?  aißßau  hva  kannt  guma,  paiei  qen 
ßeina  ganasjais?    Im  griech.  texte  kehren  beide  male  die  Wörter  dyi^ 


1)  Man  vergleiche  ausserdem: 

ysak:  sak'jts,  aak-jo,  ga-sahtSf  tn-saAto,  firi-^aohU  und  Bok-eins^  -^areU, 
'Jan  u,  a.; 

yvak:  uS'vak'jan,  ga^vak-nan,  vah'tvo  and  vok-ains; 

"^frap:  frap-i,  »jis,  ga-fraf-jH  und  frop-M^  frod^ei; 

ygi'ab:  grab' an ,  -a  und  grob^a. 


Dn  BBÜ0H8TÜGKX  DBB  GOT.  ▲.  T.  285 

und  Yvvii  wider,  ebenso  im  lat.  vir  und  mulier,  der  Gote  allein  hat 
vier  ausdrücke  gebraucht:  „was  weisst  du  nun  weib,  dass  du  den 
gatten  rettest,  oder  was  weisst  du  mann^  dass  du  dein  eheweib 
rettest  ?''  Man  erkent,  dass  gtMna  den  mann  bezeichnen  soll  mit  rQck- 
sicht  auf  das  geschlecht  „mannsperson^^  im  gegensatz  zu  qino  ^^weibs- 
person/'  Die  geschlechtliche  bedeutung  wird  bestätigt  durch  das  adject. 
gum-eins  Marc.  10,  6  und  gunia-kunds  Luc.  2,  23,  Gal.  3,  28  für 
aQorpf,  wo  qineins  und  gincikunds  gegenübersteht  Ausser  dieser  stelle 
steht  gima  noch  Luc.  19,  2  guma  namin  haüana  gakkaius. 

Nun  ist  das  griech.  avr^Q  sonst  übersetzt  1)  durch  vair,  so  mei- 
stens, 2)  seltener  durch  manna,  im  Luc.  7 mal,  im  Mat.  und  Marc, 
je  Imal,  welches  wort  f&r  av^Qiorcog  der  gewöhnliche  Vertreter  ist, 
3)  durch  aba  „ehemann.^^  Demnach  ist  der  gebrauch  von  guma  Luc. 
19;  2  durchaus  ungewöhnlich,  man  erwartet  vair  oder  matina.  Man 
kann  dieselbe  erklftrung  in  ansprach  nehmen  wie  oben  bei  dem  ufMoh- 
janda  Luc.  6,  21 :  ein  Schreiber  setzte  für  vair  oder  manna  das  ihm 
geläufigere  gunia.  Nicht  minder  ungewöhnlich  ist  der  gebrauch  von 
gunia  an  unserer  stelle;  .r.  jäh  .n.  gumane  bedeutet  „hundert  und 
fünfzig  personen'^;  in  solchem  sinne  ist  im  N.  T.  vairos  geschrieben, 
z.  b.  vairos  tvai  Luc.  9,  30 ,  vairos  rapjon  fimf  ßusunc^os  Joh.  6,  10, 
so  auch  Luc.  9,  14.  Skeir.  YU;  b  u.  ö.  Es  ist  hier  wie  Luc.  19,  2  von 
dem  ursprünglich  diesem  werte  eigenen  sexuellen  begriffe  nichts  mehr 
zu  spüren,  es  ist  in  einer  allgemeineren,  mehr  farblosen  bedeutung 
angewendet,  wie  sie  dem  vair  und  noch  mehr  dem  nianna  eigen  ist. 

5.  Für  Traiddqia  „junge  männer,  diener"  steht  Neh.  V,  18  shal- 
kos,  V.  Ißpivos.  Im  N.  T.  ist  Ttaiddqia  gegeben  durch  niagida  Joh.  6,  9 
=  Skeir.  Ylla,  durch  piu-tnagus  Mat.  8,  6.  8.  18.  Luc.  1,  54.  69. 
7,  7,  durch  magus  Luc.  2,  43.  48.     9,  42.     15,  26. 

Skalks  ist  stets  für  dovlog  gesetzt,  einmal  für  olxinjg ;  Jnus  iomt 
nur  noch  einmal  vor  Luc.  16,  13  fTir  ohivijg.  So  selten  wie  das  mas- 
cuL  pinSy  so  häufig  ist  das  femin.  piva  fBr  doiXij  und  fiaidiant]  anzu- 
treffen. 

6.  Für  dyQog  findet  mau  Neh.  V,  16  das  nur  hier  vorkommende, 
mit  dem  späteren  ahd.  tJwrphy  torf  gleichbedeutende  paurp:  jah  paurp 
ni  gastaisUdd:  xai  dynov  ov/.  r/.Trjadfujv^  „und  kaufte  keinen  acker*' 
(Luther).  l^yQog  ist  im  N.T.  gegeben  durch  akrs  „acker,  das  bestellte 
feld"  Mat.  27,  7.  8.  10.  Marc.  15,  21.  Luc.  15,  25,  durch  ?önd  „land, 
landbesitz*'  Luc.  14,  18  lund  baühta  „ich  habe  ein  stück  land^  einen 
landbesitz  gekauft,"  durch  veiJisa  „  dörfer  •'  Luc.  8,  34.  9,  12 ,  durch 
Jiainios  Marc.  5,  14 ,  durch  hainioplja  Marc.  10,  29.  30. 

19* 


286  OHBLOFF 

7.  Da88  hauXr^aia^  sonst  ohne  ausnähme  durch  aikklesfo  wider- 
gegeben, Neh.  y,  13  durch  das  nur  hier  vorkommende  gamaifips  über- 
tragen ist,  wurde  schon  oben  heryorgehoben. 

8.  Neh.  VI,  17  begegnet  die  form  aipistulans;  dieser  accusativ 
plur.  setzt  einen  nom.  sing.  aipisttUa  voraus,  der  sich  genau  an  das 
lat.  epistula  anschliesst,  ebenso  wie  das  ahd.  epistula.  Statt  dessen 
trifft  man  im  N.  T.  nur  die  ihren  Ursprung  sehr  deutlich  zur  schau 
tragenden  formen:  aipistaule  nom.  sing.  =  irciotoh'j  Kor.  II,  3,  2.  3. 
7,  8.  Thess.  I,  6,  27.  Kol.  4,  16.  Eph.  inscr.;  aipistaülein  dat 
Eor.  I,  5,  9,  acc.  =  imato^v  BOm.  16,  22.  Thess.  11,  2,  2,  aipi- 
gtaukfim)?  dat.  plur.  Thess.  U,  3,  17  (cod.  B.). 

Die  neutest.  formen  sind  also  der  griech.,  die  Neh.  VI,  17  ange- 
troffene ist  der  lat  spräche  entlehnt.  Die  letztere  wird  also  wol  aus 
einer  zeit  stammen,  wo  der  einfluss  der  griech.  spräche  auf  die  got. 
durch  die  lat.  bereits  verdrängt  war.  Für  die  spätere  abfassung  des 
Neh.  filllt  diese  form  allerdings  wenig  in  das  gewicht ,  da  sie  möglicher- 
weise von  einem  Schreiber  herrührt 

Endlich  ist  noch  eine  syntaktische  abweichung  hervorzuheben. 
Zweimal  ist  im  Neh.  ein  eigentümlicher  genitiv  der  zeit  angewen- 
det: 1)  y,  18  jah  vas  fraquman  dagis  hvizuh  stiur  .a.:  xai  ^  yevo- 
f^eva  elg  fjfiiQav  fiiav  xtA.  „und  es  wurde  verzehrt  an  jedem  tage/* 
während  eines  jeden  tages,  täglich,  2)  VI,  15  jah  ustaükana  varß  so 
baurgsvaddjus  ,e.  jah  Je.  daga  inen(qp8 ....)  .n.  dage  jäh  J>,:  xai  avye- 
TsiJa&r]  x6  relxog  nef^im^  xal  elxadi  ^rjvog  alXova  h  fievTYjxovra  xat 
ovo  tj^iiQuig  „und  die  mauer  ward  fertig  am  fünfundzwanzigsten  tage 
des  monats  Elul  in  zweiundfünfzig  tagen  *^  (Luther).  Im  ersteren  falle 
ist  dg  rj^tQQv  (.dav  gleichbedeutend  mit  xa^'  rjfxiQaVy  welches  durch  den 
dativ  daga  hvammeh  ausgedrückt  ist  Marc.  14,  49.  Luc.  16,  19.  19,  47. 
Eor.  I,  15,  11,  durch  den  accusativ  dag  hvanoh  Luc.  9,  23,  nirgends 
aber  durch  den  genitiv  dagis  hvizfdh  wie  hier;  ebenso  xot  ¥vog  durch 
jera  hvammeh  Luc.  2,  41.  Für  den  zweiten  fall  vergleiche  man  z.  b. 
Marc.  15,  29  jah  bi  ßrins  dagans  gatimrjands  Po:  xat  iv  TQiaiv  ij/LiiQaigy 
Marc.  14,  58  ik  gaiaira  alh  po  handuvaurhta  jah  bi  ßrins  dagans 
anparä  unhanduvaurhta  gatimrja:  xai  dcä  zqL&v  tjfißQwv^  in  der  Vul- 
gata  dort:  in  tribus  diebus,  hier  per  triduum. 

Lobe  hat  die  wenigen  fälle,  wo  ein  temporaler  genitiv  auftritt, 
zusammengestellt:  es  ist  kein  einziger  darunter,  wo  der  genitiv  unab- 
hängig von  der  vorläge  gesetzt  wurde.  Am  nächsten  scheint  dem  hier 
vorliegenden  gebrauche  zu  kommen  der  genitiv  Luc.  2 ,  8  tniandans 
vahtvom  fuMs  ufaro  hairdai  seinai  und  Thess.  I,  5,  7  paiei  depand 


DIE  BRUCHSTÜCKS  DES  GOT.  A.  T.  287 

nalU  ^  shjyaiid  jaJi  ßctiei  drugkanai  vairpand  nahts  drugkanai  vairpaivd. 
Jedoch  bezeichnet  in  beiden  stellen  der  gen.  naJUs  nicht  sowol  die  Zeit- 
dauer, den  zeitumfang  „  iiii^^^'^^^b  einer  nacht /^  als  vielmehr  den  zeit* 
punkt:  in  der  nacht  wachten  die  hirten,  als  der  engel  des  herrn  zu 
ihnen  trat,  in  der  nacht  werden  sie  trunken.  In  der  ersteren  stelle 
kann  übrigens  der  gen.  auch  von  vaJvtvom  abhängig  sein,  wie  in  der 
Yulgata:  custodientes  vigilias  noctis.  Neh.  VI,  15  will  Lobe  den  gen. 
„mehr  partitiy^^  auffassen,  indem  er  dann  den  gen.  dage  jedenfalls  von 
der  durch  .n.  jdh  ,b.  bezeichneten  zahl  abhängig  sein  lässt,  wie  z.  b. 
V,  25  neniun  . . .  süübris  sikle  ,m.  ^  Y,  17  jah  iudaieis  jdh  pai  fauro' 
mapljos  .r.  jaJi  .n.  gumane  und  im  Esra  sunive  anapopis  .r,  h.  h.  usw. 
Eine  solche  auffassung  mag  eher  angezeigt  sein  unter  den  von  ihm  ffir 
den  temporalen  gen.  aufgefahrteu  belegstellen  Luc.  18,  12  fasta  tvaim 
sinpam  sdbhaiatis:  tov  aaß.icaov  und  Marc.  16,  2  filu  air  pis  dagis 
nfar  sabhate:^  Uav  nqtJi.  zTit;  fuäg  accßiidvujv,^  jedoch  NeL  VI,  15  sicher 
nicht  und  ebensowenig  V,  18,  sondern  der  gebrauch  des  gen.  in  diesen 
stellen  steht  einzig  da. 

Wieviel  beweiskraft  den  beigebrachten  lexicalischen  eigentfimlich- 
keiten  beizumessen  ist  datiir,  dass  die  alttest.  fi*agm.  einen  anderen 
Verfasser  haben  als  die  neutest.,  mag  vorläufig  noch  zweifelhaft  erschei- 
nen. Denn  Lobe  hat  eben  denselben  grund  für  die  spätere  abfassung 
des  Lucas  geltend  gemacht,  Bernhardt  aber  denselben  zurückgewiesen 
und  durch  eine  reihe  von  beispielen  darzutun  gesucht,  dass  Yulfila 
selbst  schon  in  den  ausdrücken  variierte  abweichend  vom  griech.  texte 
und  dass  die  abschreiber  dieses  bestreben  aufnahmen  und  fortführten 
(Krit.  unters.  U,  3.  19  fgg.).  Hierüber  wäre  zunächst  erst  durch  eine 
genauere  Untersuchung  des  neutest.  textes  sicheres  festzustellen. 

Schliesslich  werden  die  bisher  vorgebrachten  gründe  noch  unter- 
stützt durch 

eine  eigentümlichkeit  in  der  Schreibweise,  welche  einem 
späteren  Sprachstande  anzugehören  scheint  und  wegen  ihrer  consequen- 
tcn  anwendung  nicht  den  Schreibern,  sondern  dem  Übersetzer  selbst 
zugewiesen  werden  muss. 

Es  ist  das  die  auffallende  verliebe  für  die  länge  ei. 

Dieselbe   zeigt  sich  zunächst  in   den   mehrsilbigen  formen   des 
praeteritums  von  visan,  wo  ausschliesslich  ei  geschrieben  ist: 
vcisun  Neh.  Y,  15.  17.    YI,  17.  18;  veisjau  Y,  14. 

1)  So  im  cod. 

2)  Ich  trenne  afar  und  säbhate  und  ergänze  aus  dagis  den  accus,  dag  abhän- 
gig von  afar,  also  ßu  air  ßis  dagis  afar  sabbate  dag. 

3)  Var.  Tfl  fjii^  Ttbv  ati,1iiuTü}r. 


288  OBBIiOVF 

Die  Vertretung  von  e  durch  ei  und  umgekehrt,  in  der  hinneigung 
des  e-  zn  dem  i- laute  begi*ündet,  ist  in  den  got.  spraehresten  gerade 
keine  seltene  erscheinung;  sie  findet  sich  in  infinitiveu  z.  b.  teikan, 
jfreitan,  leitan,  in  nominibus  z.  b.  falieip$,  qetns,  spcidtza,  im  auslaut 
von  adverbien  z.  b.  hidrei,  svarei^  dußei.  Doch  das  e  des  praeteritoms 
hat  sich  von  der  ausweichung  in  ei  so  gut  wie  ganz  frei  gehalten;  es 
findet  sich  nur:  1)  saisleip  Luc.  8,  23,  wo  indess  das  letzte  i  im  cod. 
nachträglich  getilgt  ist,  2)  ostHeitum  Kor.  II ,  1^  12  im  cod.  B  (im 
cod.  A  usmetum)  und  3)  veiaeis  Job.  11,  32. 

Es  ist  daher  im  höchsten  grade  auffällig,  dass  in  allen  übrigen 
handschriften  der  übertritt  des  aus  a  +  ^  hervorgegangenen  e  der  prae- 
teritalformen  in  ei  so  verschwindend  selten  auftritt,  hier  dagegen  in 
wenigen  reihen  fünfmal  bei  demselben  praeteritum  vorkomt.  Darf  man 
danach  nicht  vermuten,  dass  die  in  dem  veiseis  Joli.  11,  32  ganz  ver* 
einzelt  auftauchende  Schreibweise  hier  bereits  zur  festen  regel  gewor- 
den ist? 

Anders  scheint  Bernhardt  hierüber  zu  urteilen,  er  hat  das  ei  in 
allen  fünf  formen  in  e  geändert ,  nimt  also  wol  vocalvertauschung  durch 
den  Schreiber  an.  Sein  verfahren  rechtfertigt  er  in  der  einleituug  s.  LI: 
„Aber  so  sehr  auch  vorsieht  geboten  ist,  ein  allzu  conservatives  und 
ängstliches  verfahren  ist  ebenso  nachteilig,  es  bürdet  dem  Übersetzer 
auf,  was  nur  dem  abschreiber  zur  last  fällt,  und  tut  dem  Verständnis 
ein  trag.  Ich  glaube  viel  zahlreichere  änderuugen  rechtfertigen  zu  kön- 
nen als  sie  selbst  Heyne,  geschweige  üppström  und  Lobe  gewagt  hat/* 

Die  neigung  für  das  lange  ei  tritt  ferner  bei  der  widergabe  des 
griech.  i  in  den  namen  ganz  unverkenbar  hervor.  Es  ist  nicht  nur 
gebraucht  wie  im  N.  T.  für  auslautendes  i  oder  et,  z.  b.  naitofaßeis: 
veTioffdä-ei  Es.  v.  22,  und  für  inlautendes  t  oder  u  und  ^  vor  conso- 
nanten  z.  b.  adoneikamis:  adcov%iKja(.i  (Oj^'^nH)  Esr.  v.  13,  iareimis: 
lagaifi  (-^//O  (c^in)  Es.  v.  32,  eeiramis:  fjiQciu  Esr.  v.  32,  sondern 
auch  durchgängig  für  /  oder  i  vor  vocalen;  aizaikei'ins  Esr.  v.  16, 
adfieitns  v.  40,  harakeüns,  saixaineiins  Neh.  VI,  18,  tobeias,  toheim 
VI,  17,  VII,  19,  ananeitn  VII,  2  =  r(p  iKeyJ(f,  tov  loSovta,  (iaQcexia, 
aex^vicc,  Twftiag,  rioßia,  t(7p  dvayi(fj  kaidmeielis:  xedfuijl  Esr.  v.  40, 
kareiapiareim:  xaQta&iaQift. 

Der  gebrauch  von  got.  %  für  griech.  i  beschränkt  sich  in  den 
kritisch  nicht  angefochtenen  formen  auf  kareiapiareim,  wo  man  nach 
der  Schreibweise  dieser  hs.  erwartet  karciapeiareim ;  es  mag  sich  mit 
diesem  i  verhalten  wie  mit  dem  i  in  ananiin  Neh.  VII,  2,  wo  das  i 
durch  die  andere  form  ananeitn  als  Schreibfehler  ausgewiesen  wird, 


DIE  BBUCH8TÜCKX  DBS  GOT.  ▲.  T.  289 

Das  i  in  addin-is,  boiiau-is,  bagau-is^^  mdkebis,  ooafira  kann 
nicht  berücksichtigt  werden ,  da  diese  formen ,  wie  oben  ausgeführt  ist, 
bedenklich  erscheinen.  Der  mit  der  Schreibweise  dieses  cod.  in  Wider- 
spruch stehende  gebrauch  von  i  verstärkt  die  dort  vorgebrachten  gründe 
ffir  ihre  Verderbnis. 

Wie  ungewöhnlich  die  widergabe  von  t  oder  /  vor  vocalen 
durch  ei  ist ,  zeigt  die  Schreibung  im  N.  T. ,  wo  dafür  regelmässig  got  i 
eingetreten  ist,  z.  b.  abiapara:  aßia^aQ,  Marc.  2,  26,  aifaisium:  £9>£- 
oioi  Eph.  inscr.  gabrid:  yaßQirjX  Luc.  1,  19.  26,  gattis:  yaiog  Böm. 
16,  23;  ardbia:  aqaßia  Gal.  4,  25,  asiais:  äaia  Kor.  I,  16,  19,  doJ- 
niatiai:  dakfiaria  Tim.  II,  i,  10,  eaharias:  ^cixagiag  Luc.  1,  5.  12. 
18  usw. 

Sogar  für  eiy  sonst  ausnahmslos  durch  got.  et  gegeben,  ist  bei 
folgendem  vocal  got.  i  eingetreten:  kaisarias:  xaiaaneia  Marc.  8,  27, 
satnarian:  oa^uiqua  Luc.  17,  4,  antiauhiai:  ävziox^ia  Tim.  II,  3,  11; 
in  dem  letztgenanten  nameu  ist  sogar  später  das  i  zu  j  verdichtet: 
atüiokjai  Gal.  2,  11. 

Die  einzigen  ausnahmen,  wo  sich  die  länge  ei  vor  vocalen  findet, 
sind  diese:  1)  für  griech.  i  aüeiaizairis j  aileiaketmis  =  iliiCiQ,  iha' 
y.eifi  Luc.  3,  29.  30,  hai7mameints:  ßinafisiv  PhiL  3,  5  im  cod.  B, 
dagegen  im  cod.  A  haimanieinis ;  2)  für  giiech.  /  im  cod.  Argent.,  im 
Luc.  heleias  9,  54,  hdei'im  4,  25.  1,  17,  hdeian  9,  19,  esaeiim  3,  4, 
esaeiins  4,  17  =  r^aaiag,  fjUag,  im  Joh.  esaeias  12,  39.  41.  csaeüns 
12,  38;  im  cod.  Garol.  esaeias  Böm.  15,  12.  Von  diesen  beiden  letz- 
teren namen  sind  aber  die  formen  mit  i  weit  häufiger:  lidias  MaL  11, 14. 
27,  49.  Marc.  6,  15.  9,  4.  11,  12.  13.  15,  36.  Luc.  4,  26.  9,  8.  30; 
Jidian  Mat.  27,  47.  Marc.  8,  28.  15,  35;  helijin  Marc.  9,  5.  Luc.  9,  53; 
csaias  Marc.  7,  6.  Böm.  9,  27.  29.  10,  16.  20  (cod.  A);  esaiin  Marc. 
1,  2;  esaian  Marc.  8,  17, 

Man  trifft  also  die  Schreibung  mit  ei  vor  vocalen  im  N.  T.  nur 
13 mal,  und  zwar  1)  im  cod.  Arg.  11  mal,  davon  8 mal  im  Luc,  3 mal 
im  Joh.,  2)  im  cod.  Carol.  imal,  3)  im  cod.  Ambr.  B  Imal,  wo  der 
cod.  A  ein  i  enthält.  Dagegen  in  den  wenigen  versen  des  cod.  D  tritt 
uns  diese  Schreibung  9 mal  entgegen.  Was  dort  nur  als  seltene  aus- 
nähme auftritt,  ist  hier  als  regel  befolgt. 

Ganz  ungewöhnlich  ist  auch  der  gebrauch  von  ei  im  anlaut; 
wie  er  in  eiaireiTcons :  uQtxio  (Vulg.  Jericho)  Esr.  34  vorliegt.  Der 
anlaut  dieses  namens  hat  im  N.  T.  i:  iaireikon  Luc.  18,  35.  10,  30.  19, 1. 
iatrikon  Marc.  10,  46.  Überhaupt  findet  man  anlautendes  ei  unter  den 
eigennameu  nur  1)  für  griech.  i  in  eikaunion:  hovtov  Tim.  II,  3,  11 
(codd.  A  und  B),    2)  für  griech.  ?;  in  eisaeiins:   fiaäi'aa  Luc.  4,  17. 


290  OBBLOFF 

Sonst  ist  griech.  i  im  anlaute  durch  got.  i  gegeben  und  zwar  in  den 
meisten  ßllleu,  oder  statt  der  Verlängerung  zu  ei  gerade  der  ganz  ent- 
gegengesetzte Vorgang  der  Verdichtung  zu  j  eingetreten,  z.  b.  judaius 
Kor.  I,  9,  20,  jfidaieis  Kor.  I,  12,  13,  judas  Job.  12,  4,  jairuptdai 
Kai.  usw.,  wo  überall  die  älteren  formen  mit  i  noch  daneben  erhalten 
sind.  Käme  dieser  abweichende  gebrauch  von  ei  in  den  alttest.  fragm. 
nur  80  vereinzelt  vor  wie  in  den  neutest.,  so  wäre  es  nicht  im  minde- 
sten zweifelhaft,  dass  ein  Schreiber  dafür  verantwortlich  zu  machen 
sei ,  der  die  ihm  geläufigere  form  statt  der  ursprünglich  in  der  vorläge 
enthaltenen  niederschrieb.  Aber  die  consequenz  in  der  Schreibung  spricht 
gegen  diese  annähme.  Dort  mischten  sich  die  der  zeit  des  Schreibers 
angehörigen  formen  irtümlich  hier  und  da  ein,  hier  müste  ein  Schrei- 
ber mit  der  festen  absieht  gearbeitet  haben,  durchgängig  die  alte  Schrei- 
bung durch  die  seinige  zu  ersetzen.  Ein  solches  verfahren,  eine  so 
willkürliche  behandlung  des  bibeltextes  ist  einem  got.  Schreiber  keinen- 
falls  zuzutrauen;  den  neutest.  Schriften  gegenüber  hat  keiner  sich  das 
erlaubt;  solte  man  etwa  vor  dem  A.  T.  geringere  achtung  gehabt 
haben?  Das  möchte  doch  wol  kaum  anzunehmen  sein.  Daher  ist  es 
geboten,  diese  Schreibung  wegen  ihrer  consequenten  durchfuhrung  auf 
den  Übersetzer  selbst  zurückzuführen. 

Eine  jüngere  Schreibweise  liegt  vof  auch  in  fiands  Neh.  VI,  16. 
In  fijan  und  ebenso  in  fijapva  vermisst  man  das  j  nur  selten ;  die  fälle 
sind  1)  im  cod.  Arg.  fiais  fiand  ßeinana  Mat.  5,  43.  fiaip  Joh.  12,  25, 
2)  im  cod.  A  fiandans  Böm.  9,  9 ,  3)  in  den  codd.  A  und  B  fiapvos 
6al.  5,  20.  Dagegen  ist  das  j  gewahrt  1)  im  cod.  Arg.  in  25  verbal- 
formen ,  2)  im  cod.  A.  in  7  verbalformen ,  3)  in  den  codd.  A  und  B 
nebeneinander  in  2  verbal-  und  2  nominalformen,  4)  in  den  codd.  A 
und  G  neben  einander  in  1  verbalform.  Die  auswei*fung  des  j  nähert 
die  got.  formen  dem  ah.  fien^  ags.  fian,  an.  fia  usw. 

Auch  an  die  oben  dargelegte  Wahrscheinlichkeit  will  ich  noch 
erinnern,  dass  vom  Übersetzer  die  Yulgata  mit  benutzt  wurde.  War 
das  wirklich  der  fall,  so  ist  damit  die  abfassung  durch  Yulfila  völlig 
unvereinbar.  Denn  Yulfila  starb  im  jähre  381 ,  die  Yulgata  aber  wurde 
von  Hieronymus  im  jähre  385  begonnen  und  vollendet  im  jahi'e  405. 

Nach  dem  allen  ist  die  Übersetzung  der  alttest.  fragm.  durch 
Yulfila  im  höchsten  grade  unwahrscheinlich  und  wird  wol  einem  der 
Studiosi  illius  gentis  zuzuweisen  sein ,  von  denen  Walafrid  Strabo  berichtet. 


DIE  BBUCH8TÜCKE  DES  GOT.   ▲.  T.  291 

DER  TEXT.    GOTISCH^  UND  GKIECfflSCH. 

I.    Esra  n,  8—42. 

8 hunda  .m.  e.  ....  iwaxooiot  T€aaaQa>iovTa7i€VT€, 

9.    Sonjas  zaxxaiaus  .hv.  j.  vloi  ^axxcela  inTaxoaiot  l^fpiovta. 

10.  sunive  banauls  .x.  m.  b.  vioi  ßavala  e^aKoaiot  Teaaaqa%oyva 

xat  dvo, 

11.  sunive  babaavis  x  k.  g.  vlol   ßoxxi    e^cmoaiot    eUooi    xai 

TQeig, 

12.  sunive  asgadis  pusund  .hv.  u.  q.      tiot  daiäd  digxllioi  dia-Aoaioc  elxo- 

oiSvo, 

13.  sunive  adoneikamis  .x.  j.  q.         vlol  adioviKa/n  k^axoaioi  k^fjxovia 

14.  sunive  bagauls  tva  pusundja     vloi  ßayovi  dig^ilioi  nevTrjxovra  ^. 

15.  sunive  addinis  .v.  n.  d.  vloi  iddi  s^anoaioi  nevrrpiovTa  r/a- 

aaqtg, 

16.  sunaus    ateiris   sunaus   aizai-  vloi  äCjB(i  rrp  l^cx/^   evvevfj%ov%a 
keilnis  niuntehund  jah  .h.  xat  oxtcJ, 

17.  sunive  bassaus  .t  1.  g.  vloi  ßaaii  TQiaAoaioi  elxoaizQeig. 

18.  sunive  iorins  .r.  i.  b.  vloi  IwQtji  kxardy  xai  dexadvo. 

19.  sunive  assaumis  .s.  k.  g.  vloi  aadfi  diaytoaioL  elxoaiTQeig, 

20.  sunive  gabairis  .Ij.  e.  vloi  yaßiq  evvevif/.ovia7iii'Te. 

9.    Citjfjif.]  auch  93,  Complnt.,  -xmov  19.  121.  -Ccofj^oi;,  -x^v,  -x^,  -/tf,  -/«*,  {«/- 

Xtti,  ijuxav. 
10.    ßttp^  auch  93,  -y«a  CpL,  -vi«  19,  -^mov  19^ —  ßttvov  II,  -vvov  55,  -yofi'übr. 

rctftf.  luu  dv6\  auch  93,  Cpl. ,  t^aattQwtovtadvo  19,  übr.,  cfijxovr«  dvo  19**. 
11-    ßoxX''\  -x^i  93,  19*»,  -x^H  19.  —  ßaßai  II,  nßußiig  55,  ßnßtü  übr. 

€ixoai  xai  tQ€ig\  auch  93,  tixocirgtis  19,  übr, 
12.    na.]  auch  93,  aayaS  19,  and.  —   «(yad,  ii(iyaS,  itiymd;  aßday,  aßya,  aßda, 

di^X'li  ^^^^  ^^*  ^^*  —   TQeisx'^toill,  j^iAioi  übr.         nxoa.l  uxoai  xm  Joi;  93. 

14.  i*«y.]  80   die  meist.,    -yovai  93.  19.  64.  74,    -yovta  19**.  —    ßuyova,  -yovi, 
-yova'id,  ßaoyH,  yaßov'ia,        nkvxf\x.  €f|  «li^xorT«  6^  19^ 

15.  ««f«r*]  ««fifft  19,  addu  93.  19*.  119.  —  addiv  übr.        «lax.]  anch  93,  digx^Xioi 
19.  —    rcr^ftxocrtot  übr. 

16.  «C]  anch  93.  19.  —   cnriQ  übr.       ry  «f.]  t^^^  fffxi  19.        «w.  x«t  oxttö\  auch 
93.  19,  €vif€vrixovTa  dvo  II,  55,  ^yvevi^xovTaoxTat  übr. 

17.  ßaa.]  audi  93,   ßaoou  19,    -i  121.  —    ßacfaov  übr.        r^incx.  cix.]   r^coxoi^ff 
T^tff  19  ^ 

18.  ioi^.]  ai^)}e93,  toi^»  19. —  ovquU,  KOQUfj,  2iS,  cw^  übr.        €x.  xat  dex.]  auch 
19.  —  ix.  dofdexa  44.  248,  ix.  dexaSvo  übr. 

19.  aao/i]  auch  93,  oaufA  19.  —  «fff/i  11,  aafiif*'  55,  aaovfi  übr. 

20.  ya/J.]  auch  93,  >^af*£^  19,  yaßaiov  19**.  —  T«/J<e  II»  yaßtQ  übr. 

1)  Grenau  nach  der  lesung  von  Uppström;  nur  im  Noh. -texte  einige  mir  völ- 
lig sicher  scheinende  Änderungen. 


292 


OHRLOFF 


21.  sunive  biaaait»Iaem  .r.  k.  g. 

22.  Bunive  naitofapeis  .r.  m.  q. 

23.  sunive  ana|K)pis  .r.  k.  h. 

24.  sunive  asmopis  x  n.  h. 

25.  vairos  kareia{>iaareim  jah  xa- 
fira  jah  berop  .hv.  m.  g. 

26.  vairos  rama  jah  gabaa  »x.  i.  b. 

27.  vairos  makmas  .r.  k.  b. 

28.  vairos  bai{>Uis  jah  aai  .s.  k.  g. 

29.  vairos  nabavis  .n.  b. 

30.  sunjus  makebis  .r.  n.  q. 

31.  sunjus  aiiamis  anparis  pusundi 
.s.  n.  d. 

32.  sunjus  eeiramis  .t.  k. 

33.  sunjus   lyddomaeis  jah    anos 
.hv.  k.  e. 

34.  sunjus  eiaireikons  .t.  m.  e. 


vlol  ßti&leifi  hcoTov  elTcooiTQeig. 
vloi  veTOHpavi  kxazov  dexa  Ff. 
vlol  ävadiid'  eKccTOv  eintoaioytTw, 
vlol  afi(jj&  hunov  eixoai  oKrci. 
vlol  xaQiad-iaulfi  xal  xsipeiQa  xcd 

ßfigiü-S-  exTcmooioi  eixoaiTQeig. 
vlol  T^$  ^juä  xal  yaßad  k^axoaioi 

elxoaiTQäig. 
avd(feg  fiaxfiag  elxoaidvo, 
ävÖQeg  ßaid^l  tuxI  yal  diaxoinoi 

elxoaiTQeig. 
vlol  vaßttv  neyrrpLoyta  xal  ovo. 
vlol  ^axßelg  exazov  Ttevrqxowa  ff. 
vlol  atXafi  htaqov  xihov  diaxoaioi 

TtevTfjxowariaaaiieg, 
vlol  rjQa/ii  TQiaxooioi  eiTcoaiv, 
vlol  kvööwvaeld  xal  avw  imaxo- 

oioi  eixoatnivxe. 


C       \      ( 


vioi  UQiXio  TQiaxooioi  TeaaaQaxoy' 
randwe. 


21.  ßri»X.]  auch  19.  93. 19^.  —  ßftQ&uXfff*  II,  55.    ßtti&Xtt€fA,  ßi&li(^,  /}f ^Ao^/a  übr. 

22.  v(T.']  auch  19.  -(paSd  93,  -<^fc^  248 ,  Cpl.  —  vefpwra  III,  veywpabb,  vutHpa 
übr.        «X.  J€x.  €f]  aueh  93.  19.  —  neirtrixovxai^  übr. 

23.  avaS^.I  auch  19,  vttfito&  93.  —  nvadtjfi  134,  avadiod-  übr. 

24.  ttfAtßd]  auch  19,  aC^Md^  93.  —  oOfAto»  U.  58.  119,  aotad^  55.  f<{/A«i^  fibr. 
fx.  £fx.  oxrai]  auch  19,  tiO(Sa{KixofvtnxQiig  93  u.  and.  —  naottQttxovTndvo  ftbr. 

25.  xa(».]  aucb  93.  -qh(a  19,  Cpl.,  Alex.  — .  -Qt(A  ttbr.  xat  xc^.]  auch  93.  19» 
xai  xetfstttQ  19**.  —  ohne  xtti  übr.  xatpuQa  II,  x^^VQ'*  "^^f  Cpl.,  x^ß'Q^  ^1^> 
Xn(fii»n  übr.       ßVQ-]  t*f*VQ^^  1^*** 

26.  viot]  itvJQig  19.  19**.  trjg  Qttfitt]  Tiy?  Qfif^a  19.  Qa/Aa  19*.  iixoa.]  auch 
93.  55,  tixoai  19.  —  eixoaiiTg,  etxoat  ilg  übr. 

28.  jJm*.]  fte»iil  19*».  yai]  trig  yai  93,  ttig  yrig  yai  19.  —  äff«««  236,  it  CpL, 
«I«'  übr.  diaxoa."]  auch  93.  19.  II.  55.  Cpl.  —  TSTQoxöaioi  Übr.  vioi]  av^Qig 
19.  19^  vttß.]  auch  93,  -ßav  19,  -ßat  19  ^  —  vaßov,  -ßm,  -/Jwy,  'ß(o&  übr. 
n€VT.  xai  dvo\  auch  93.  19.  —    nevrrixovtaävo  übr. 

30.  f^axß.]  auch  19,  fiaißeig  93,  ^ayßitg  Cpl.  —    fjtayeßtag  II.  85,  -/Jiff  übr. 

31.  atL  er.]  auch  93.  19,  Y}X«/i  erc^ou  Cpl.  —    4A«fi<^^  übr. 

32.  fiQ-]  aach  II.  64.  119.  243.  Cpl.,  t(Ktfi  93,  tiXQafi  19 ^  «(»ly«/*  19.  —  «^«i«*  W» 
ijJUx/i  übr.        tQiax  cix.]  r^/ox.  ccx.  zrfrre  19. 

33.  Ivd^.]  'vaid  93,  -vaC  19^  Ao<f«<fr  19.  —  loSaSi ,  loda(Mü&,  Xvdw,  Xv^wv  Xo^a&i, 
Xvädonf  dovXtoStt  daS,  XvSdtav  XodaSi,  XvSSwv  Xo^daStS,  XvS^tnf  XoSaSti, 
XvSdunf  XoSixddt  übr.  avm\  auch  93,  vrvm  19,  ava  19^  —  ovto  52,  oryo»^  248, 
vtyiav  II.  55,  aivo»  übr. 


DIE  BBUCH8TÜCKB  DBS  GOT.  ▲.   T. 


29B 


35.  sunjus  ainnams  .g.  pusundjos 
.X.  L 

36.  jah  gadjans  sunjus  aidduins  us 
gai*da  iesuls  niun  hunda  .u.  g. 

3  7.   sunjus  aimmeirins  |>usundi  .n.  b. 

38.  sunjus  fallasuris  t>u8undi  .s.  m.  z. 

39.  sunjus  iareimis  pusundi  .i.  z. 

40.  jah  laiv  veiteis  sunjus  iesuis  jah 
kaidmeielis  us  sunum  odueims 
.u.  d. 

41.  sunjus  asabis  liuparjos  .r.  n.  h. 

42.  sunjus  dauravarde  sunjus  sail- 
laumis  jah  sunjus  ate  .... 


viol  ewaa  TQigxiXtoi  e^axoaioi  tQid- 


Tcoyva, 

\       c     c 


aal  oi  UQSig  viot  Uddova  t(p  oi,mf 

Ifjaov    ewaxooioc    eßdofitpcopta 

TQeig. 
lioi  i^iifiq  xLhoi  TcevrrpiovTadvo. 
vioi   q>addcu;   TQigiiXiot    di(xx6ai>oc 

TeaaaQoxovra  e^rra. 
viol  lagifi  xihoi.  xai  dixa  Itttct. 
xal  Ol  XeviTai  viol  lijaöv  xai  den- 

fu^l    TOig    violg    lodvid    xlXiOi 

kßdofirpiovtaziaaaQeg. 
viol  äaa(pa'9'  ol  (i)doi  hiorov  €ixo- 

OiOXTii, 

viot    xäv   7tvXiüQwv    vloi    aeXXov(.i 
Viot  aijjQ  .... 


35. 
36. 


37. 
38. 

39. 

40. 


41. 


42. 


evp.'\  auch  19,  atvaa  98.  —     aaava  II,  o^vaaQ  121,  236,  aevaa  übr. 

xat  Ol  i(Q.  vi-l    VIOI  leQtig  93,    vioi  oi  di  ifQiig  19.     i(dd.]   aach  93,    iSSwva 

19.  —    iSdov«  120,    novdtt  II,   tdova  58,    ikdova  übr.      if\aov\  auch  93.  19 

u.  and.  —    iijaof  übr.        f/9(f.]  ißdo/jnjxovia  xai  T(f€is  93. 

TTSvTfix.]  ntvtttxoaioi  dvo  19. 

ipadS.I  ^^^^  93.  19.  —    (paaovQ,    qaaaovQ  übr.         z^if/i JL]  auch  93.  19.  — 

Xtlioi  ttbr. 

lOQ.]  auch  93 ,  'Qfi/^  19.  —  €Q€fj,  58 ,  riQtfi  übr.        xai  ^txa  enra']  auch  93,  Cpl., 

dexa  enra  19.  —     enra  übr. 

xat  Ol  Xtv.]   vioi  kevitai  93.  19.      iriaou]  -aovs  19.     Sexfi."]   aach  19,   xid/jur^l 

93.  —  x(cJaii;>L  58,  xaJfxirjk  übr.         oxT.]  (odva  lli,  todov'ia  93.   —  lodova  243. 

248,  aioSovia,  aoJtoia,  aodovia,  cvJoi'V«  meist,    x'^-  ^ß^]  auch  93.  19.  121. — 

ißdofi.  Übr. 

ao^  aach  19,    vioi  aaaip  oi  t^oi  93,  oi  vi.  aaatp  oi  qtdoi  19**.  —    oi  adop- 

Tfc  VIOI  aaatp  übr.    «ixocr.]   ttaifaQaxoinaox:xia  19^.  II.  55.  —    eixoaidvo  44. 

106,  eixogioxTia  übr. 

«C]  auch  93,  19.  —    «r^ij(>,  aTijQ  übr. 

IL    Nehemia  V,  13  —  18. 


13. 


14. 


. . .  jah  qa{>  alla  gamain|)s  amen 
jah  hazidedun  iraujan  jah  ga- 
tavidedun  {>ata  vaurd  alla  so 
managet 

jah  fram  pamma  daga  ei  ana- 
baup  mis  ei  veisjau  fauramap- 
leis  ize  in  iudaia  fram  jera 


'Kai  eine  rtaaa  ij  sxnhjaia  äfirpf, 
xai  yveaav  top  xvqiov.  xai  eTtoi" 
fjaav  fo  ^rjitta  Tövto  6  Xaog. 

xaiye  cltzo  rrig  fipiiqag  ijg  iveteiloTO 
l-ioi  eivai  elg  a^ovra  avribv  iv 
zy   iovdai(ff    arta    etovg   eixoarov 


294 


OaSLOFF 


.k.  nnd  jer  .1.  jah  anpar 
artaksairksauB  ^  piudanis  .ib. 
jera  ik  jah  broprjus  meinai 
hlaif  fauramapleis  meinis  ni 
matidedom. 

15.  ip  faaramapljoB  paiei  veisun 
faora  mis  kauridedun  po  mana- 
gein jah  nemon  at  im  hlaibans 
jah  vein  jah  nauhpanuh  silubris 
sikle  .UL  jah  skalkos  ize  frau- 
jinodednn  pizai  managein  ip 
ik  ni  tavida  sva  faura  and- 
yairpja  agisis  gaps. 

16.  jah  vaurstv  pizos  baargsvadd- 
jans  insvinpida '  jah  paurp  ni 
gastaistald  jah  {livos  meinai  jah 
allai  pai  galisanans  du  pamma 
vaurstva 

1 7.  jah  iudaieis  jah  pai  faoramapl- 
jo8  .r.  jah  .n.  gumane  jah  pai 
qimandans  at  unsis  ns  piu- 
dom  paim  bisonjane  unsis  ana 
biuda  meinamma  andnumanai 
veisun 

jah  vas  ii*aquman  dagis  hvizuh 
stiur  .a.  lamba  gavalida  .q. 
jah  gaits  .a.  gamanvida  vas  mis 
jah  bi  .i.  dagans  gaf  vein  allai 
pizai  filusnai  jah  allai  pizai 
managein  jah  ana  po  alla  hlaif 
fauramapleis  meinis  ni  sokida 
in  pis  ei  ni  kauridedjau  po  ma- 
nagein in  paim  vaurstvam. 


18. 


Tcai  ^o)g  erovg  tqioxoütov  xat  dev- 
TiQOV  äqrca^€Q^ov  tov  ßaaiXiwg 
diodsxa  errj,  iyiJ  Kai  ol  adehpoi 
[lov  aqrcov  %rig  fjf/movlag  (.lov  ovk 
iq>ayo^€v. 

61  de  SoxovTsg  ol  ^inqoad-iv  fiov 
ißaQwav  nkolov  int  tov  Xadv,  xal 
k%aßov  jraQ*  avvtov  aqxovq  xai 
oivoVy  xat  eaxavov  aqyvqiov  aixXovg 
TsaadQOxovTa,  xalye  tä  TtaidaQia 
airrfSv  ixvQievaav  int  tov  Xaovy 
iyd  3i  ovx  inoitjaa  ovtwg  and 
nqo$iinov  (poßov  '9-eov. 

xai  iv  €fy(i}  tov  Tsixovg  tovrov 
ovx  xariaxvaa ,  xat  dyQov  ovx  ixTtj^ 
adfitpf  xai  Tct  naiddqia  fiov  xat 
ndvTcg  ol  ovvfjyfievoi  exel  int  to 
eqyovy 

xai  ol  iovdaioi.  xai  ol  ä^ovTsg 
exarov  xai  nevTtjxovra  ävögeg,  xai 
ol  €Qx6fievoi  nqbg  fjfiag  ajco  tcov 
i&viov  Tü)v  xvxht)  ^fiüiv  ini  Tr^v 
TQdnet/dv  fiov  i^evi^ovro. 

xai  ^v  ysvofieva  €lg  TjiiUQav  fiiav 
fioaxog  clff  xai  nQoßara  exX&nTa  €§ 
xat  xltiaqog  eyivezo  fioc  xai  did 
öixa  TifAaQÜv  iv  näaiv  olvov  nawl 
T<p  nX7]&ei  navTt  t^  Aa<ji  xai 
TtQog  TovTOig  Uqftov  tfig  fjysfio- 
viag  fiov  ovx  itrjTt^aa  ort  ißagv- 
vj^&rj  TO  eQyov  ini  tov  Xaov  tov- 

TOV, 


VI,   14  —  19. 


14.  . . .  te  paiei  prafstidedun  mik 

15.  jah  ustauhana  varp  so  baurgs- 
vaddjus  .e.  jah  .k.  daga  men- 
[ops  . . . .]  .n.  dage  jah  .b. 


, . .  nQOcpijraig  ol  ivovd-eTOw  /m6. 

xai  owereXia^  to  Teixog  nefiTtTg 
xai  eixdöt  pirjvog  a'KKova  iv  nevrij- 
xovra  xai  ovo  rjfiiQaig. 


1)  cod.  artarksairksaus.      2)  Uppstr.  und  die  frlih.  berausgcber:  ni  svinßida. 


ms   BRUCHSTÜCKE  DEÜ  GOT.   A.   1'. 


^95 


IG.  jah  varj)  sve  hausiüeduu  fiands 
unsarai  allai  jah  ohtedun  allos 
|)iudos  pos  bisuDJane  unsis 
jah  atdraus  agis  in  augona^  ize 
abraba  jah  afkuQ|)edun  patei 
fram  gupa  unsaramma  var{> 
usfuUip  pata  vaurstv. 

17.  jah  in  dagam  jainaim  managai 
veisun  pize  reikjaue  iudaie 
paiei  sandidedun  aipistulans 
du  tobeiin  jah  tobeias  du  im. 

18.  managai  auk  in  iudaia  ufaipjai 
veisun  imma  unte  megs  vas 
saixainei'ins  sunaus  aieirins  jah 
ioanan  sunus  is  nam  dauhtar 
maisaullamis  sunaus  barakei- 
Ins  du  qenai. 

19.  jah  rodidedun  imma  vaila 
in  andvairpja  meinamma  jah 
vaurda  meina  spillodedun  imma 
jah  aipistulans  insandida  to- 
beias ogjan  mik. 

VII, 

1.  jah  yar|)  sve  gatimrida  varp 
so  baurgsvaddjus  jah  gasatida 
haurdins  jah  gaveisodai  vaur- 
{>uu  dauravardos  jah  liut>arjos 
jah  laivveiteis. 

2.  jah    anabau|)    ananiYn    bropr 
-meinamma  jah  ananeiin  fau- 

ramaplja  baurgs  iaiiusalems 
unte  sa  vas  vair  sunjeins  jah 
ogands  fraujan  ufar  managans. 

3.  jah  qa|>  im  ni  uslukaindau 
daurons  iairusalems  und  patei 
urrinnai  sunno  .... 

GREIFSWALD. 


fjfiiüv  Ttdvreg,  xat  iq'oßi^x^t]  navta 
tä  sd'VTj  Tcc  xv'/Mi)  f]/iudvy  yMt  ine- 
7C€ae  q'oßog  ev  6q>^aXiitoig  avzwv 
arpodqa  'Kai  eyvtoaav  ovt  naQo.  tut 
xhato  {jfudv  iyev/jdr]  Te?Miüd^rjvai  t6 
Vqyov  Tovro. 

xat  iv  taig  ^f^egatg  ixeivaig  nol- 
lot  fjaav  fiov  kvcifiiov  tüv  lovdai- 
lüv  üjv  Ofi  €7tiOTokal  avTCJV  iito- 
gevovvo  nqog  tioßiav^  xat  al  tiüßia 
tiQfjKjovxo  nqog  avtobg, 

TtoXXol  yäg  iv  zy  lovdaif  ivoqxot 
ijüav  atT^!,  ovc  yafißQog  rjv  zov 
ae%aviov  viov  ^i'i^a,  xai  iiavav  viog 
atrvov  klaße  zipf  dvyaziqa  fieaoX" 
läfi  viov  ßaqa%iov  elg  ywaiyux. 

xaiye  za  avpiipiQOvza  avti^  eleyev 
ivwTtiöv  ^ov,  Ttat  zovg  Jioyovg  fiov 
i§eq>eQov  avzip.  xai  iitiazoXag 
aTtiazeile  zußiag  (poß^aai  /le. 

1  —  3. 

xat  iyhezo  ijvUa  (fiy^odo^irjSif]  zo 
zelxog  xal  eniaztjaa  zag  dvqag^ 
Ttai  irrecxirnjoav  oi  nvhoqot  xai 
oi  i^doi  %ai  oi  Xevizai, 

xai  ivezeiXdfiTjv  z(p  avavi<f  ädeXq^tp 
f.tov  Tuxt  Zip  avaviff  aqf/ovzi  zijg 
ßdfeojg  ieQOvaaXij^t,  ozi  avzog  dvtjQ 
dlrjS'^g  xai  q>oßoi(.tevog  zbv  xvqiov 
v7rFQ  TtoXXovg. 

xai  elTta  ccizoig,  ovx  dvoiyffloyzui 
ai  TTvXai  ieqovaaXy^i  Sug  dvaiBiXjj 
6  ijXiog. 

OlIRLOFP. 


1)  cod.  ausona. 


2%  R.  BÖHBICBT 

DIE  DEUTSCHEN  AUF  DEN  KREUZZÜGEN. 

(Schluss.) 

ZWEITER    THEIL. 
(1191  —  1309.) 

H.    Kreuzfahrer  ron  1191—1198.^ 

Arnebarg,  graf  Albert  von,  bruder  des  markgrafen  Otto  von  Bran- 
denburg, zog  1197  nacli  Syrien  (Winkelmann,  Philipp  von  Schwaben, 
8.  60). 

Aspern,  Konrad  von,  nrkundet  1196  als  krenzfahrer.  (Fischer,  Klo- 
sternenbnrg  II,  s.  92,  nr.  155). 

Aue,  Hartmann  yon,  zog  1197  nach  Syrien.  (Wilmanns  in  Haupts 
Zoitschr.  XIV,  s.  144—155;  Stalin,  Wirtemb.  Geschichte  II,  762; 
L.  Schmid ,  Hartmann  yon  Aue  s.  50  fgg.  und  Kinzel  in  dieser  Zeit- 
schr.  VI,  486). 

Beichlingen,  der  graf  Friedrich  von,  nahm  1195  das  kreuz  mit  sei- 
nem bruder,  dem  grafen  von  Beilstein.  (Toeche,  Heinrich  VI, 
8.  390). 

Bremen,  erzbischof  Hartwich  H,  hatte  schon  1195  zu  Worms  das  kreuz 
genommen  (Cont.  Admuni  587)  und  zog  1197  aus.  (Annal.  Stadens. 
bei  Pertz  XVI,  353). 

Brandenburg,  markgraf  Otto  von,  welcher  1195  das  kreuz  genom- 
men hatte,  liess  sich  absolviren.    (Toeche  390  und  460). 

Bogen,  graf  Albrecht  III  von,  zog  1197  nach  Syrien  und  kam  glück- 
lich wider  heim.    (Münchener  Akad.  Abhandl.  1781,  H,  s.  472). 

1)  Wie  bekont,  ist  die  Zählung  der  kreuzzüge  nach  1191  willkürlich;  gewöhn- 
lich wird  der  zag  gegen  Constantinopcl  als  der  vierte  bezeichnet,  während  die 
kreuzzüge  der  Deutschen  unter  Heinrich  VI,  gegen  Damiette  und  unter  Frie- 
drich II  nicht  weiter  gezählt  werden.  Der  Verfasser  möchte  die  letzteren  beiden  als 
fünften  und  sechsten  bezeichnen,  freilich  ohne  sich  auf  irgend  einen  vorganger 
berufen  zu  können.  In  bczug  auf  die  mitglieder  des  deutschen  ritterordens  in  unse- 
rer Periode  ist  auf  das  ziemlich  vollständige  Verzeichnis  bei  E.  Rey,  Les  familles 
d*outre-mer  8.897 — 910  zu  verweisen.  Ich  hielt  es  für  überflüssig,  den  ganzen 
historisch  und  urkundlich  nachweisbaren  Personalbestand  jenes  ordens  in  Syrien 
aufzuführen;  nur  diejenigen  namen  sind  nachgewiesen,  welche  in  dem  obigen  regi- 
ster  fehlen.  Eine  gründliche  goschichte  der  iuncm  Verhältnisse  des  ordens  im  hei- 
ligen lande  wäre  sehr  wünschenswert,  ist  aber  bis  jetzt  noch  rein  unmöglich,  weil 
uns  alle  hilfsmittel  fehlen,  die  namen  ihrer  nach  tausendcn  zählenden  besitzungcn 
im  Orient  geographisch  zu  fixieren  und  damit  eine  übersieht  über  die  territoriale 
entwickelung  zu  schaffen. 


DDE  DSUT8CHSN  AUF  DEN  KREUZZt^OEN  297 

B(^hmen,  der  bischof- herzog  Heinrich  von,  hatte  1196  das  kreuz 
genommen,  starb  aber  am  15.  juni  1197  daheim.  (Dudik,  Mährische 
Geschichte  IV,  s.  136;  Palacky,  Qeschichte  Böhmens  I^  s.  490). 

Baiern,  herzog  Ludwig  I  von,  (der  Kehlheimer),  geht  1197  mit  dem 
herzog  Leopold  von  Österreich  und  bischof  Wolfker  von  Passau  nach 
dem  heiligen  lande.    (Böhmer,  Witteisbacher  Begesten  s.  4). 

Ensersdorf,  Heinrich  von,  urkundet  1196  als  kreuzfahrer.  (Fischer, 
Klostemeuburg  H,  93,  nr.  157). 

Friedrich,  graf,  bruder  des  herzogs  Otto  VI  von  Witteisbach,  stirbt 
1196,  ehe  er  sein  kreuzgelübde  erfüllen  kann.  (Münchener  Neue 
histor.  Abhandl.  1791,  s.  244;  vgl.  Mon.  boica  X,  239). 

(iförz,  graf  Meinhard  II  von,  zog  1197  mit  dem  herzog  Leopold  nach 
Syrien,    (v.  Czoemig,  das  Land  Görz,  I,  s.  504). 

Halberstadt,  bischof  Gardolf  von,  pilgert  zu  lande  nach  Syrien  1197. 
(Toeche  460;  Gesta  episc.  Halberst.  bei  Pertz  XXIII,  s.  112). 

Heunberg,  graf  Gero  von,  zog  wahrscheinlich  1196  nach  dem  heiligen 
lande.    (Archiv  f[ir  österr.  Geschichtsquellen  XIX,  99). 

Hildesheim,  bischof  Eonrad  von,  führt  einen  teil  des  keuzheeres  1197. 
(Toeche  459  fgg.). 

Schauenburg-Holstein,  graf  Adolf  IH  von,  zog  1196  nach  dem  hei- 
ligen lande.    (Nordalbingische  Studien  V,  s.  255). 

Hroznata,  burggraf  von,  kehrte  1197,  in  Rom  vom  papste  absolviert, 
wider  heim.  (Erben,  Beg.  Bohem.  I^  nr.  431  und  438). 

K&rnthen,  herzog  Ulrich  H  von,  nahm  1195  in  Worms  das  kreuz, 
erkrankte  auf  dem  kreuzznge  am  aussatz  und  kehrte  im  märz  1198 
heim.  (Gontin.  Admunt  bei  Pertz  IX ,  s.  587 ;  Archiv  für  Geschichte 
Eärnthens  X,  s.  17). 

Ealden,  der  marschall  von,  soll  (nach  Winkelmann  s.  60)  1197  in  Syrien 
gewesen  sein,  allein  er  urkundet  bei  Heinrich  am  6.  juni  1197. 
(Stumpf,  Beichskanzler  HIC,  287  —  292). 

Eefernburg,  der  graf  von,  nahm  1195  mit  seinen  beiden  söhnen,  den 
grafen  Günther  und  Heinrich  von  Schwarzburg,  das  kreuz.  (Toeche  390). 

Eremsmünster,  abt  Maugold  von,  tritt  mit  den  äbten  von  Werth 
und  Michelbeuren  anfang  11  ^^7  die  kreuzfahrt  an.    (Toeche  459). 

Landsberg,  markgraf  Eonrad  von,  zog  1197  ab.  (Winkelmann,  Phi- 
lipp von  Schwaben  s.  60). 

Lauterberg,  der  graf  von,  legt  1195  das  kreuzgelübde  ab.  (Toeche 
390). 

Limburg,  herzog  Heinrich  von,  machte  1196  reiche  Schenkungen  an 
das  kloster  von  Signy,  um  seines  kreuzgelübdes  entbunden  zu  wer- 
den.   (Wauters,  Table  chronolog.  III,  74). 


298  &.   BÖHBICHT 

Lothringen  und  Brabant,  herzog  Heinrich  von,  urkundet  1197  als 

krenzfahrer.    (Wauters  III,  74). 
Lübeck^    400  bürger  aus,    schlössen  sich   dem  kreuzzuge  1197   an- 

(Arnold.  Lub.  V,  1). 
Luitharsen,    Hildebert,    Degenhard   und   Sigfried,    drei  brüder    aus 

Westphalen,  leihen  sich  (wahrscheinlich  1196)  geld  für  eine  kreuzfahrL 

(Erhard,  Cod.  diplom.  Guestphal.  H,  s.  251,  nr.  DLXVI). 
Magdeburg,  domprobst  Bukker  von,   zog  am  1.  mai  1197  mit  den 

deutschen  kreuzfahrern  nach  Syrien.    (Magdeburger  Geschichtsblätter 

1869,  s.  3). 
Magdeburg,  burggraf  Gebhard  von,  zog  1197  nach  Syrien  und  kehrte 

glücklich  wider  heim.     (Magdeburger  Geschichtsblätter  VI ,  s.  48 ; 

vgl.  Toeche  441  fg.). 
Mainz,    erzbischof  Konrad  von,   urkundet  am   17.  october   1196   als 

pilger   (Stumpf,   Acta  Mogunt   s.  127,  nr.  126)   und   bricht  gegen 

december  auf.    (Toeche  s.  459). 
Mannsfeld,  der  graf  von,  nahm  1195  das  kreuz.    (Toeche  s.  390). 
Meissen,  Markgraf  Dietrich  von,  gieng  1197  nach  dem  heiligen  lande 

(Zeitschrift  für  thüring.  Geschichte  V,  s.  89  und  92);  er  urkundet  als 

kreuzfahrer  am  5.  januar  1197.    (Mencken  II,  449). 
Meran,   der  hei7.og  von,   nahm   mit  seinem   söhne  1195  das  kreuz. 

(Toeche  390). 
Oesterreich,  herzog  Friedrich  von,   starb  am  16.  april  1198  auf  der 

kreuzfahrt    (Contin.  Admunt.  bei  Pertz  IX,  588;  v.  Meiller,  Baben- 

berger  Regesten  s.  80  fg.). 
Oettingen,  der  graf  von,  nahm  1195  das  kreuz.    (Toeche  390). 
Ortenburg,  graf  Otto  H  von,  starb  1197  auf  dem  kreuzzuge.    (Archiv 

für  Österreich.  Geschichtsquellen  XII,  79;  XIX,  75;  XXX,  273  und 

276). 
Parau,  Hugo  von,  urkundet  1197  als  kreuzfahrer.    (Fischer,  Kloster- 

neubui'g  H,  92,  nr.  153). 
Passau,  bischof  Wolfger  von,  trat  im  frfihjahr  1197  seine  pilgerfalirt 

an.    (Cont  Cremifan.  549). 
Peggau,  Ulrich  von,  urkundet  1197  als  krenzfahrer;  er  zog  mit  dem 

herzog  Leopold  nach  Syrien,    (von  Muchar  UI,  347). 
Rab,   ein  soldat,  nimt,  um  gesund  zu  werden,    1196  das  kreuz  und 

kehrt  gesund  wider  heim.    (Auct.  Lamb.  bei  Pertz  IX ,  555  fg.). 
Ramsperch  (Romesburg ?) ,  Otto  von,  pilgert  1197  nach  einer  Urkunde 

Ottos  von  Freisingen.    (Hormayr  s.  48,  nr.  31). 
Regonsburg,  bischof  Konrad  von,  brach  am  27.  april  1197  zum  kreuz- 
zuge auf.    (Ana.  Ratisp.  583). 


•^pp-^«        Tir; 


BtB  DEUTSCHEN  AtJF  DEN  KREUZZCOEK  299 

RheiO;  pfalzgraf  Heinrich  I  yom,  borgt  650  mark  laut  Urkunde  vom 
27.  juni  1197  von  dem  grafen  von  Sponheim  (Lehmann,  Geschichte 
von  Sponheim  s.  20  fg.,  Beyer,  Mittelrh.  Urk.  II,  211)  und  baut 
nach  seiner  rückkehr  an  der  Mosel  sich  eine  bürg,  die  er  nach  der 
gleichnamigen  feste  in  Syrien  Turon  nent.  (Annal.  Petr.  Virdun.  501 ; 
Gesta  archiep.  Trevir.  ed.  Wyttenbach  I,  290  und  note  zu  cap.  101; 
Picker,  Engelbert  s.  69). 

Eüdiger,  „Sacerdos,  cognomento  Bawarus/'  urkundet  als  kreuzfahrer 
1197,  indict.  XV.  (von  Hormayr,  die  Baiern  im  Morgenlande  48, 
nr.  31). 

Schöneck  (im  Pusterthale),  Hugo  von,  urkundet  als  kreuzfahrer  um 
1193  für  Brixen  und  starb  1196  bald  nach  der  heimkehr.  (Mair- 
hofer,  Pusterthals  älteste  Adelsgeschlechter,  Brixen  1863,  s.  23). 

Siningham,  Johannes  von,  urkundet  „Hierosolymis  reversus^^  1193. 
(Brequigny  IV,  168). 

Stransdorf,  Budolf  von,  und  sein  söhn  Marquard  Urkunden  1196  als 
kreuzfahrer.    (Fischer,  Klosterneuburg  II,  92,  nr.  156). 

Tegernsee,  abt  Mangold  von,  nahm  1195  zu  Worms  das  kreuz. 
(Toeche  390). 

Thüringen,  landgraf  Hermann  v.,  nimt  1195  das  kreuz,  urkundet  1197 
6  kal.  April,  als  pilger.  (Zeitschrift  für  thüring.  Geschichte  V,  s.  237) 
und  zieht  um  Walpurgis  aus;  er  komt  1198  circa  festum  S.  Jacobi 
wider  heim.  (Burch.  Biberac.  ed.  Christmann  106;  Langii  Chron. 
Citiz.  bei  Pist.  I,  1166;  vgl.  Zeitschrift  für  thüring.  Geschichte  V, 
8.  79 ;  vgl.  Potthast  nr.  20). 

Tonna,  zwei  söhne  des  grafen  von,  nehmen  1195  das  kreuz.  (Toeche 
390). 

Toul,  bischof  Odo  von,  starb  1196  auf  der  kreuzfahrt  (Albericus  bei 
Pertz  XXm ,  s.  867). 

Verden,  bischof  Rudolf  von,  giengll97  nach  Syrien;  für  ihn  urkundet 
1198  der  Convent  von  Verden.    (Lüneburger  ürkundenbuch,  Abtheil. 

XV,  s.  12). 

Walram,  der  söhn  des  herzogs  Heinrich  IV  von  Liraburg,  zieht  1197 
nach  Syrien.  (Winkelmann  a.  60;  vgl.  Ernst,  Histoire  de  Limbourg 
in,  240  —  244). 

Wartenberg  und  Wertheim,  die  grafen  von,  nehmen  1195  das 
kreuz.    (Toeche  390). 

Zeitz,  bischof  Berthold  von,  zog  1197  nach  Syrien.  (Winkelmann 
s.  60). 

IBITSCHB.   V.  DBUTflCKB  PHILOL.   BD.  VU.  20 


300  B.  BÖaUCRT 

I.    Kreuzfahrer  ron  1197—1205. 

a.     von  1197  —  1200. 

Lippe,  graf  Bernhard  II  von,  zog  vor  1199  nach  dem  heiligen  lande. 
(Hechelmann,  Hermann  II  und  Bernhard  II,  Münster  1866,  s.  123 — 
126 ;  Alb.  1207). 

Neuenburg,  graf  Berthold  von,  verkauft  als  kreuzfahrer  am  22.  juni 
1200  alle  seine  gQter  an  das  Strassburger  stift  und  pilgert  mit  seinem 
söhne  „  trans  mare  perpetuo  mansurus.  Huius  exemplum  imitati  quam 
plures  nobiliores  cum  uxoribus  et  liberis  predia  sua  vendentes  per- 
petuo servicio  sancti  sepulcri  se  devoverunt.^  (Annal.  Marb.  170; 
Tschamser,  Chronik  von  Thann  s.  22;  Abel  s.  372;  WinkelmanUy 
Philipp  von  Schwaben  s.  188  uote  1). 

Wilhelm,  ein  Verbrecher,  wird  bald  nach  1200  auf  40  jähre  zurbusse 
nach  Jerusalem  geschickt    (Cod.  diplom.  Saxon.  IIA,  s.  65,  nr.  66). 

b.    von  1200  —  1205.    (Vierter  kreuzzug.) 

Basel,  bischof  Leutholdt  I  von,  hatte  am  3.  mal  1200  das  kreuz 
genommen  y  Urkunde t  1201  als  kreuzfahrer  und  nimt  am  zuge  gegen 
Constantinopel  teil.  (Annal.  Marbac.  s.  170;  Ochs,  Qeschichte  von 
Basel  I,  274  fg.;  Qunth.  Paris,  ed.  Riant  69,  73,  88). 

Bollanden,  Werner  III  von,  kaiserlicher  Truchsess,  schloss  sich  1204 
in  folge  eines  bei  der  belagerung  von  St  Ooar  von  ihm  erlebten 
Wunders  dem  kreuzheere  an.  (Caes.  Heisterb.  X,  19;  Alberic.  1201; 
Brouwer  undMasen,  Ann.  Trevir.  I,  LXVy  104  ad  ann.  1205;  Gunth. 
Paris,  ed.  Riant  s.  82;  Yillehard.  ed.  du  Cange  275  fg.;  vgl.  KöU- 
ner;  Geschichte  der  Herrschaft  Kirchheim -Bolland,  Wiesb.  1854, 
s.  36).    Er  ist  heimgekehrt 

Brederode,  Christoph  von,  trat  um  1204  seine  kreuzfahrt  an.  (Mi- 
raeus,  Opera  diplom.  I,  568). 

Dhaun  (bei  Creuznach),  Winrich  von,  nahm  am  vierten  kreuzzuge  teil. 
(Yillehardouin  ed.  Du  Cange  s.  275  fg.) 

Dietz,  Diether  von,  nahm  am  vierten  kreuzzuge  gegen  Constantinopel 
teil.  (Villehard.  275;  darüber  sehr  ausführlich  im  Archiv  für  hes- 
sische Geschichte  X,  s.  211  fgg.;  vgl.  YII,  s.  147). 

Egidiusy  ein  geborener  Böhme ,  erscheint  1205  als  mönch  im  heiligen 
lande.    (Gunth.  Paris,  s.  66 ,  88). 

Halberstadt,  bischof  Konrad  von,  nimt  am  vierten  kreuzzuge  teiL 
(Genaueres  im  Cbron.  Halberstad.  117  fgg.  und  Chron.  Montis  sereni 
bei  Pertz  XXIII,  s.  171;  vgl.  Günther  Paris.  86  —  88;  Wjnkelmann, 
Philipp  von  Schwaben  s.  250  und  Erläuterungen  XI). 


DIB  DEUTSCHEN  AUF  DBK  KREUZZÖOEN  SOl 

Eatzenellenbogen,  graf  Berthold  I  von,  nahm  am  vierten  kreuzzuge 
teil  (Gimth.  Paris.  51,  81;  Villeh.  275;  vgl.  genaueres  über  ihn  im 
Archiv  für  hessische  Geschichte  X,  s.  211  —  214);  er  ist  ohne  zwei- 
fei identisch  mit  dem  Comes  Bertholdus  oder  Theutonicas,  welcher 
1207  deutsche  Ordensurkunden  mit  unterzeichnet  (Strehlke,  Tabulae 
ordin.  Teuton.  s.  34). 

Coblenz,  Heinrich  Mikelin  von,  zog  mit  gegen  Gonstantinopel.  (Beyer, 
Mittelrheinisches  Urkundenbuch  II,  s.  CCXV). 

Leiten,  Gruuold  von,  ein  ministerial  des  herzogs  Ludwig  von  Baiem, 
urkundet  1202  als  kreuzfahrer  für  das  kloster  Weihenstephan.  (Mon. 
boica  IX,  s.  482). 

LooSy  der  abt  von,  ermutigt  am  11.  märz  1204  das  kreuzheer  zum 
angi-iff  auf  Gonstantinopel.    (Robert  de  Glari  LXXII— LXXIII). 

Loos,  graf  Dietrich  von,  nimt  1204  den  Murzuflus  gefangen.  (Glari  in 
Hopf,  Glironiques  greco-rom.  s.  82  —  83;  Villehard.  ed.  Du  Gange 
275  fg.). 

Lyn  den,  graf  Wilhelm  von,  zog  1204  als  kreuzfahrer  aus.  (Dirks 
8.  192). 

Martin,  abt  des  klosters  Paris  bei  Golmar,  predigt  das  kreuz  für  den 
vierten  kreuzzug.  (Annal.  Herbip.  bei  Pertz  XVI,  9;  Ghron.  Ursperg. 
bei  Pertz  XXIII,  s.  369;  Annal.  Gisterc.  ed.  Manrique  III,  367  fg., 
387;  vgl.  Günther  ed.  Riant,  Genev.  1875). 

Mosen,  Dietrich  von,  urkundet  „iturus  cum  duce  Bawarie^'  1202  für 
Weihenstephan,  stirbt  aber  vor  antritt  seiner  fahrt  (Mon.  boica 
IX,  482). 

Pulst,  Rupertus  de  (in  Kärnthen),  starb  im  anfange  des  XIII.  Jahr- 
hunderts im  heiligen  lande.    (Weiss,  Kärnthens  Adel,  s.  120). 

Bieneck,  graf  Theoderich  und  Wilhelm  von,  nahmen  am  vierten  kreuz- 
zuge teil;  Theod.  fiel  im  februar  1206  im  kämpfe,  während  Wilh. 
in  gefangenschaft  geriet,  aus  welcher  er  jedoch  wider  befreit  wurde. 
Bald  nach  seiner  rückkehr  starb  er;  er  liegt  begraben  in  Herkenrode. 
(Archiv  für  ünterfranken  XIX,  heft  3,  s.  91). 

Rochillus,  castellan  von  Demmin,  verkauft  zwischen  1200  und  1220 
zwei  dörfer,  um  seine  wallfahrt  nach  Jerusalem  antreten  zu  können. 
(Pommersches  Urkundenbuch  I,  146). 

Bötelen,  Leutholdt  von ,  hatte  1201  das  kreuzgelübde  getan  und  nahm 
am  vierten  kreuzzuge  teil.  (Günther  Paris.  69,  vgl.  Winkelmann 
8.  208). 

Saarbrücken,  Eustachius  von,  wurde  vom  kaiser  Balduin  von  Gon- 
stantinopel nach  der  croberung  der  stadt  zum  gouverneur  von  Adria- 
nopel ernant.    (Villehard.  LXI). 

20* 


d02  B.   RÖHRICHT 

Schaffhausen,  ein  pilger  aus,  kehrt  1202  aus  Jerusalem  heim.  (Schalch, 
Erinnerungen  I,  139). 

Schwarzenberg,  Konrad  von,  nimt  mit  Martin  von  Paris  am  vierten 
kreuzzuge  teil.    (Gonth.  Paris.  32,  82). 

Senheim  (bei  Goblenz),  Albero  von,  starb  auf  dem  vierten  kreuzzuge. 
(Beyer,  Mittelrheinisches  Urkundenbuch  IT,  258). 

Ulmen  (bei  Coblenz),  Heinrich  von,  brachte  vom  vierten  kreuzzuge 
viele  in  Constantinopel  gestohlene  reliquien  heim,  die  er  an  die  kl5- 
ster  Stubenberg,  St.  Eustach  in  Trier,  Münstermaifeld,  Heisterbach, 
Laach ,  St.  Pantaleon  und  die  burgcapelle  von  Ulmen  schenkte.  (Beyer 
n,  s.  LXXXIV  und  275;  Caes.  Heisterb.  Dialog.  VIH,  cap.  54;  Gesta 
Trevir.  ed.  Wyttenbach  I,  295  fg.;  Brouwer  und  Masen,  Annal.  Tre- 
vir.  n ,  101).  Wahrscheinlich  ist  der  von  Villehardouin  275  genante 
Henris  d'Orme  identisch  mit  unserem  Heinrich  von  Ulmen. 

Weiler  (Pfalz),  Alexander  von,  nahm  am  vierten  kreuzzuge  mit  teil. 
(Villehard.  ed.  Du  Gange  275  fg.). 

Werner,  der  Deutsche,  ein  elsässischer  ritter,  nimt  am  vierten  kreuz- 
zuge teil  (Gunth.  Paris,  ed.  Eiant  s.  64  fg.;  vgl.  87  note  dazu);  siehe 
unten  s.  voc.  ad  1218. 

E.    Kreuzfiilirer  von  1205-1217. 

Bhein,  der  pfalzgraf  Werner  junior  vom,  urkundet  1207  als  kreuzfah- 
rer.    (Beyer,  Mittelrhein.  Urkundenbuch  H,  266,  nr.  227). 

Henneberg-Botenlauben,  grafOtto  von,  der  vierte  söhn  des  grafen 
Poppe  VI  (XIII),  heiratet  vor  1208  als  pilger  in  Syrien  Beatrix,  die 
tochter  des  seneschalls  von  Jerusalem  und  grafen  von  Edessa  Jos- 
cellin  HI.  Seine  Urkunde  (anfang  octbr.  1208),  worin  er  den  hospi- 
talitem  die  hälfte  seiner  bürg  Markab  schenkt,  unterschreiben  die 
Deutschen:  advocatus  de  Schwarzenberg,  prepositus  Alemannus,  und 
Heinrich  Alemannus,  praeceptor  Gerhard,  marschall  Heinrich,  custos 
Heinrich,  fratres  Hugo  und  Berthold.  (Paoli,  Codice  diplomat.  I, 
s.  96,  nr.  92;  vgl.  L.  Bechstein ,  4)tto  v.  Botenlauben  s.  54  fg.;  Histo- 
risches Archiv  far  Unterfranken  XIX,  heft  1,  s.  1  —  170;  Wegele, 
grafOtto  von  Henneberg -Botenlauben,  Würzb.  1875,  34;  Strehlke  35). 

Oesterreich,  herzog  Leopold,  nahm  1308  zum  dank  fär  die  gehurt 
eines  sohnes  das  kreuz;  Innocenz  HI  übersante  ihm  das  kreuz  durcb 
den  karthäuserprior  Nicolaus  von  Seitz.  (Fischer,  Geschichte  des 
Klosters  Klosterneuburg  I,  79;  vgl.  Potth.  Reg.  Pontif.  3302  fg.). 

Istrien,  markgraf  Heinrich  von,  zog  1209  aus,  kehrte  1310  von  sei- 
ner Pilgerfahrt  heim  und  ward  der  reichsacht  entledigt,    (von  Hör- 


DIE  DEUTSC£UCN   AUF  DEN  KBSUZZÜGEN  303 

mayr,  Geschichte  Tirols  II,  172;  Ders.,  Die  Baiern  im  Morgen!.  49, 
nr.  32.    Wiukelmaun  s.  478  fg.). 

Klettenberg,  graf  Albert  von ,  urkundet  1209  als  kreuzfahrer.  (ürkun- 
denbuch  von  Walkenried  nr.  72). 

Eonrad,  „ecclesiae  Hallensis  prepositus ,'^  nimt  1311  das  kreuz  und 
stirbt  in  'Akkä,  ebenso  Albert,  ein  Magdeburger  decan  „et  multi 
alii  ejusdem  peregrinationis  socii  obierunt."  (Chronic,  mont.  sereni 
bei  Pertz  XXm,  s.  179). 

Ludolf,  canonicus  vom  heil,  kreuz  in  Hildesheim;  urkundet  1311  als 
pilger.    (Schannat,  Vindem.  I,  189;  Origg.  Guelf.  HI,  643). 

Wilbrand,  graf  Hallennund  -  Oldenburg ,  domherr  von  Hildesheira,  pil- 
gert 1313  durch  Palästina ;  über  seine  reisebeschreibung  vgl.  T.  Tob- 
1er ,  Bibliograph,  geogr.  Palaost.  s.  24  und  die  Zeitschiift  des  histo- 
rischen Vereins  für  Niodersachsen  1869,  s.  8  fgg. 

Rhein,  pfalzgraf  Wolfram  vom,  urkundet  1313  als  pilger.  (Wenk, 
ürkundenbuch  130,  nr.  93). 

Schwarzenberg,  die  wittwe  dos  advocati  de,  (siehe  oben  zu  1208), 
urkundet  1315  für  den  deutscheu  rilterorden  zu  'Akkä;  von  Deut- 
schen unterschreiben :  Ludowicus  de  Horflegowe,  niarschall  der  deutsch- 
litter,  Drabodo  de  Utingen  (Usingen),  praeceptor,  Haymo  de  Falco- 
neis,  Härtung  de  Sulmesse,  Heinrich  Gyr,  Kodenger  de  Fulcolfsem, 
Otto  de  Loseuhcum,  Günther  de  Winrikesleve ,  Vencardus  de  Car- 
lesberch.    (Strehlke,  Tabulae  s.  40). 

Thietmar,  magister,  pilgert  1317  durch  Palästina  und  Syrien;  über 
seine  reisebeschreibung  vgl.  die  nötigen  angaben  in  T.  Tobler,  Bibliogr. 
geogr.  Palaest.  s.  24.  Er  trifft  in  Damaskus  viel  deutsche  gefangene, 
darunter  einen  Schwaben,  einen  mann  aus  Wernigerode  und  einen 
ritter  Johannes  aus  Quedlinburg.    (Thietmari  peregrin.  ed.  Laur.  s.  13). 

L.    Fünfter  Kreuzziig  1317 -1331.» 

Aachen,  Beinhard  von,  urkundet  1218  als  pilger.  (Ennen  und  Eckertz, 
Quellen  zur  Gesell,  der  Stadt  Cöln  H ,  s.  74  fg.). 

Arnsberg,  graf  Heinrich,  der  Schwarze,  von,  gieng  mit  graf  Adolf 
von  Berg  1217  auf  den  kreuzzug.  (Kleinsorge,  Westphäl.  Kirchen- 
geschichte II,  118). 

Arnsberg,  graf  Gottfried  II  von,  hat  schon  vor  1216  (vielleicht  1215 
in  Aachen?)  das  kreuz  genommen  (Pottbast,  Kegesta  pont.  nr.  25609) 
und  urkundet  am  14.  mai  und  3.  juli  1217  als  pilger.  (Wigand, 
Westphäl.  Archiv  VI,  s.  83,  nr.  203;  Seibertz,  Quellen  zur  westphäl. 

1)  Vgl.  Röhricht,  Die  Belagerung  von  Damictto  in  Baumors  Uistor.  Tascbenb. 
ed.  Kiehl,  1876, 


304  B.  BÖHBICHT 

Gescb.  n,  469  fg.;   Urkuudeiibuch  I,  nr.  148);   er  ist  wider  heim- 
gekehrt.   (Br^holles  II,  806). 

Auersperg  (Krain),  Engelbert  von,  zieht  mit  herzog  Leopold  ab. 
(Galles,  Annal.  Austriae  II ,  201). 

Augsburg,  bischof  Siegfried  von^  komt  1220  nach  Damiette.  (Chron. 
ürsperg.  bei  P.  XXIII,  s.  381). 

Avesnes  (bei  Lüttich),  Walther  von,  geht  mit  herzog  Leopold  nach 
Syrien  und  beteiligt  sich  mit  ihm  am  aufbau  des  pilgerschlosses ; 
vor  seiner  heimkehr  hinterlässt  er  so  viel  geld ,  um  40  ritter  «%af  ein 
jähr  „zum  nutzen  des  heiligen  landes  zu  unterhalten.'^  (L'estoire  326; 
Annal.  Colon,  max.  832 ;  vgl  Potthast  ^  Regg.  nr.  25766  fg.  u.  ob.  s.  173). 

Baden;  markgraf  Hermann  V,  zog  nach  dem  april  1221,  wo  er  noch 
mit  bischof  Ulrich  von  Passan  und  herzog  Ludwig  von  Baiern  eine 
kaiserliche  Urkunde  in  Otranto  mit  unterzeichnet,  (Böhmer ,  Begg. 
nr.  441)  nach  Damiette  (Oliverius  Scholasticus  1427).  Am  7.  märz 
1222  ist  er  schon  wider  in  Trani.  (Böhmer  nr.  464).  Über  ihn  han- 
delt besonders  Bader ^  markgraf  Hermann  Y,  Carlsruhe  1851 ,  s.  29, 
der  aber  sehr  viel  falsches  einmengt 

Baden,  Friedrich  von,  starb  im  heiligen  lande  zwischen  1216  und 
1231,  wie  eine  Urkunde  seines  bruders,  des  markgraf en  Hermann 
erwähnt  (ülmer  Urkundonbuch  I,  s.  51);  er  wird  gewöhnlich  mit  sei- 
nem bruder  Hermann  verwechselt,  welcher  allerdings  schon  seit  1215 
das  kreuz  trug  (Schoepflin,  Histor.  Bad.  I,  307).  Jedenfalls  ist  er 
identisch  mit  dem  von  L*estoire  322  genanten  „Fern  de  Beto.** 
(Röhricht  in  den  Deutsclien  Forschungen,  1876,  s.  143). 

Bamberg,  bischof  Eckbert  von,  urkundet  1217  als  pilger  und  ist 
heimgekehrt.    (Annal.  Marbac.  174;  Annal.  Budb.  780). 

Baiern,  herzog  Ludwig  I  von,  urkundet  schon  am  24.  Januar  1204 
als  miles  crucis  (Monum.  Wittelsbac.  I,  s.  1),  schifft  sich  mit  vielen 
rittern  nach  dem  april  1221  von  Otranto  nach  Damiette  ein  (Böh- 
mer, Begg.  nr.  441),  wo  er  nach  dem  abschluss  des  friedens  ein- 
trifft. (Muffat  in  den  Münchener  historischen  Abhandl.  band  YH, 
1855,  s.  487  fgg.;  vgl.  Böhmer,  Witteisbacher  liegesten  s.  0  fgg.). 

Berchtesgaden,  propst  Friedrich  II  von ,  zieht  mit  Leopold  aus,  stirbt 
aber  am  27.  aug.  1217  auf  der  hinreise  bei  Brindisi.  (Annal.  Rudb. 
781 ;  V.  Meiller,  Salzb.  Reg.  531,  nr.  88;  vgl.  Potthast,  Regg.  25683). 

Berg,  graf  Adolf  V  von,  urkundet  1217  als  pilger.  (Lacomblet,  ürkun- 
denbuch  H,  36,  nr.  66  und  67).  Er  hatte  bereits  1211  mit  dem  rit- 
ter Bonifacius  sich  zur  fahrt  gerfistet  (s.  19,  nr.  34)  und  1215  zu 
Aachen  mit  Friedrich  H  (Röhricht ,  Beiträge  I,  4)  das  kreuz  genom- 
men;  er  starb  am  7.  august  1218  vor  Damiette.    (Lacombl.  Archiv 


DIE  DSÜTSCUBM  AUF  DEN  KEEUZZÜGSN  305 

m,  43  und  111;  vgl.  Oliv.  Schol.  1403).  Die  letzte  Urkunde  vom 
15.  juni  1218  (Lacombl.  Urkundenbuch ,  s.  39^  ein  weuig  abweichend 
bei  Hennes  II,  s.  6  fg.,  nr.  7)  trägt  die  Unterschrift  folgender  zeugen: 
Henricus  capellarius  et  notarius ,  Hormannus  de  Elslo  (bei  Maastricht), 
Albertus  de  Herlare  (Herl  bei  Mühlhoim?),  Bemboldns  de  Hurbeke 
(Hornbeck  in  Lauenburg?),  Albertus  de  Hürde  (Hürden  bei  Köln), 
Swederus  de  Dingede,  Hermannus  de  Alilere  (Afferde  bei  Hameln  ?), 
Theodericus  de  Goslar  (Goslar),  Adolfus  de  Bernsoole  (Bernsau  bei 
Mühlheim  a/Kh.V),  Henricus  frater  suus,  Komboldus  de  Bernsoole, 
Wikardus  de  Linuefe  (Lennep?),  Adolfus  de  Stammheim  (Nordstem- 
men bei  Hildesheim?),  Brano  frater  suus,  Gorhardus  de  Upladin 
(Upiaden  bei  Elten  in  Westph.),  Gyso  frater  suus,  Marsilius  de  Dur- 
scheide (Durscheid  bei  Solingen),  Lambertus  de  Scherve  (Scherwede 
bei  Warburg),  Suikorus  de  Lintlo  (Littel  bei  Deventer?),  Bruno  de 
Holte  (bei  Meppen),  Bruno  Lupus,  Henricus  de  Vilcke  (Willighen 
bei  Schoonhoven  ?) ,  Godefridus  de  Mendorp  (Meldorf  in  Süderdith- 
marschen),  Albertus  de  Buchese  (bei  Prüm?),  Elger  de  Mendorp, 
Bichwin  Kusche,  Henricus  de  Schonrode  (Schdurath  b.  Aachen). 
Bolanden,  Werner  III  von,   urkundet   1220  als  pilger.    (Lehmann, 

Urkundliche  Geschichte  der  Pfalz  IV,  61). 
Bogen,  graf  Albrecht  IV  und  Berthold  III  von,  ziehen  1217  aus:  letzterer 
urkundet  1217  als  pilger  (Mon.  boicaXI,  185)  und  stirbt  vor  Damiette 
am  12.  august  1218  (Mon.  boicalX,  191;  v.  Meiller,  Salzb.  Kegesten 
495;  vgl.  Münchener  Neue  histor.  Abhandlungen  1792,  s.  251  —  254); 
beide  waren  mit  herzog  Leopold  in  see  gegangen. 
Brabant,  herzog  Heinrich  v.,  soll  (nach  Seibortz  11^  189)  1217  nach  dem 
heilig,  lande  gezogen  sein,  (dagegen  vgl.  Köhricht,  Beitr.  s.55,  note  15). 
Brixen,    erwählter  bischof  Berthold  von,   urkundet  1218  als  pilger, 
kehrt  aber  schon  vor  der  eroberung  Damiettes  heim.  (Sinnacher  IV,  129). 
Brücke  (Trier),  Friedrich  von  der,  wird  um  1220  in  einer  Urkunde  des 
erzbischofs  Theoderich  von  Trier  als  pilger  erwähnt.    (Beyer,  Mittel- 
rhein. Urkundenbuch  III,  s.  215,  ]u*.  2G1). 
Bussmannshausen  (in  Schwaben)^  Heinrich  von,  fallt  bei  der  erstür- 
muug  des  kettenturmes  von  Damiette.     (Chron.  Ursperg.  bei  Pertz 
XXni ,  s.  380). 
Bingede   (Dingden  bei  Münster),    Sweder  von^    urkundet  1218  vor 
Damiette  zu  gunsten  der  deutschritter ;   als  zeugen  unterschreiben: 
Ernestus  de  Wulwene  (Wulften  bei  Osnabrück?),  Andi-eas  de  Wer- 
kune  (Werkhoven  oder  Werken  bei  Honten  i/HolL),    Hugo  Strumo, 
Albertus  de  Batburk  (Bedbui-g?),  Forastus  de  Vorst  (bei  Paderborn), 
Hermannus  de  Senden  (S.  W.  von  Münster),  Gotfriedus  Monachus, 


906  B.  MöBajcta 

Beinpoto  de  Butteberk  (Battenbrock  bei  Stade?).  (YgL  Sloet,  Oor- 
kondenboek  van  Gelre  en  Zotfen  I,  s.  457,  nr.  453;  mit  einigen  Ter- 
änderangen  steht  diese  nrkiinde  auch  bei  Hennes,  Cod.  diplooL  I, 
s.  376,  nr.  35).    Er  ist  heimgekehrt    (Breh.  II,  806). 

Eichstädt«  bischof  Gebhard  tod,  hatte  schon  1215  zu  Köln  das  kreuz 
genommen  (Sax,  Geschichte  Ton  Eichstädt  s.  71)  and  soll  Tor  Damiette 
mit  gewesen  sein«  (Seibertz,  Quellen  II,  189;  Lefflad,  Begesten  der 
Bischöfe  von  Eichstädt,  s.  48). 

ElsasSy  ein  graf  Albert  vom,  hatte  das  krenz  gegen  die  Saracenen 
genommen  y  zieht  aber  1217  gegen  die  Preossen  zn  felde.  (Pottfa. 
Beg.  5433). 

Friedrich  11,  sehn  des  sächssischen  grafen  Friedrich  von  Brene,  fiiUt 
als  templer  am  16.  octbr.  1221  in  Syrien.  (Cohn,  Stammtafeln,  nr.  59). 

Friese,  ein,  welcher  einem  priester  die  monstranz  entrissen  und  zu 
boden  geworfen  hatte,  wird  von  Honorius  III  auf  3  jähre  nach  dem 
heiligen  laude  geschickt  und  stiibt  mit  dem  priester  vor  Damiette. 
(Caes.  Heisterb.  Dialog,  mirac.  YII,  cap.  3). 

Feldern,  Gerhard  in  vou,  soll  1217  am  kreuzzuge  teUgenommen 
haben.    (Seibertz,  Quellen  II,  189;  vgl.  Cohu,  Stammtafeln,  nr.  215). 

St.  Gereon,  domdecliant  Hermann  von,  trat  1218  seine  kreuzfahrt  an. 
(Caes.  Heisterb.  Dialog.  Miracul.  ed.  Strange  IX,  13). 

Gerhard,  ein  graf,  erscheint  beim  stürm  auf  Alcassar  als  ein  hauptan- 
föhrer  der  kreuzfahrer.    (Deutsche  Forsch.  1876,  154). 

Gerhard,  sehn  des  Adam  Claichin,  macht  im  juni  1218  als  pilger 
sein  testament.    (Wauters,  Table  chronologique  HI,  494). 

Göttweig,  abt  Wezilo  von,  soll  den  kreuzzug  mitgemacht  haben. 
(Janitsch,  Die  Geschichte  von  Göttweig  s.  41). 

Grafenberg,  Wimt  von,  bairiscber  epiker,  soll  vor  Damiette  mit- 
gekämpft haben.  (Beneke,  Wigalois,  vorrede  X  und  XH;  Eonrad 
V.  Wörzb.,  der  werlte  16n,  v.  242  fgg.). 

Henueberg,  graf  Poppe  YH  von,  schloss  sich  Leopold  an.  (Annal. 
Marbac.  174;  Annal.  Rudb.  780). 

Hochs  taden,  graf  (Lothar  II  ?)  von,  fällt  beider  erstürmung  desket- 
tenturmes.    (Chron.  Ursperg.  bei  Pertz  XXIII,  s.  380). 

Holland,  graf  Wilhelm  U,  ist  der  anfQbrer  der  Friesenflotte  (Annal. 
Colon,  max.  829  fg.;  vgl.  Potth.  5653);  er  ist  noch  vor  dem  ende  des 
kreuzzugs  heimgekehrt  (am  19.  april  1220  ist  er  bei  Friedrich  II). 

Isenburg,  burggraf  Heinrich  von,  urkundet  am  30.  jan.  1218  als  pil- 
ger.   (Beyer  III,  s.  78). 

Jülich,  graf  Wilhelm  n  von,  hatte  1215  zu  Aachen  das  kreuz  genom- 
men und  starb  1218  vor  Damiette  (Lacomblet  H,  41,  nr.  76);  unter 


DIB  DEUTSCHEN  AtTF  DEN  KRBUZZÜGEN  307 

einer  von  ihm  vor  Damiette  ausgestellten  Urkunde  sind  als  zeugen  und 
mitpilger  unterschrieben:  graf  Heinrich  III  von  Sayn,  Heinrich  von 
Okkenheim  (TJexheim  in  d.  Eifel) ,  Theoderich  von  Isenbuig  (bei  Duis- 
burg), als  ministerialen:  Arnold  von  Gimenich  (Gimmich  bei  Köln), 
Heinrich  Bufo,  Hermann,  vogt  von  Jülich,  Winand  von  Gurcenich 
(Gürc.  bei  Düren),  Winemar  Vrambalch,  Walter  von  Imrode  (Imrod 
bei  Berncastel),  Peter  von  Walde  (vorm  Walde  bei  Arnsberg  oder 
Welda  bei  Arolsen?),  Beiner  von  Botheim  (bei  Deventer  oder  Ein- 
teln?).   (Vgl.  Hennes,  Codex  diplom.  ordin.  Theut.  II,  s.  7  fg.) 

Jülich,  Gerhard  VI  von,  soll  1217  nach  Syrien  gezogen  sein.  (Sei- 
bertz,  Quellen  H,  189).  Er  war  der  bruder  des  grafen  Wilhelm  H 
von  Jülich.    (Vgl.  Cohn,  Stammtafeln  nr.  211). 

St  Castor  (in  Coblenz),  der  abt  Johannes  von,  stirbt  auf  dem  kreuz- 
zuge  vor  dem  juli  1219.    (Potthast,  Eegg.  nr.  6096). 

Katzenellenbogen,  graf  Diether  H ,  urkundet  1219  als  pilger  (Wenk, 
Hessische  Landesgeschichte,  ürkundenbuch,  s.  10),  verlässt  1220  das 
belagerungsheer  und  wird  auf  seiner  heimkehr  durch  die  corsaren 
bedroht.  (Oliverius  1428;  vgl.  über  ihn  genaueres  im  Archiv  für 
hessische  Geschichte  X ,  s.  441  —  452). 

Kirchberg-Mallersdorf  (bei  Passau),  Graf  Adeloch  VII  von ,  begleitet 
den  herzog  Ludwig  1220.    (Schreiber,  Otto  d.  Erlauchte,  s.  164). 

Kleve,  graf  Arnold  II  von,  starb  auf  dem  kreuzzugo.  (Cronica  comi- 
tum  Cliviae  bei  Selber tz,  Quellen  H,  189). 

Köln,  erzbischof  Engelbert  von,  hatte  mit  kaiser  Friedrich  H  schon  1215 
zu  Aachen  das  kreuz  genommen ,  Hess  sich  jedoch  durch  Honorius  IH 
semes  gelübdes  ledig  sprechen  und  stellte  1219  für  sich  eine  menge 
ritter  zum  kreuzzuge.    (Ficker,  Engelbert  der  Heilige,  s.  140  u.  250). 

Köln,  der  marschall  von,  geht  mit  der  pilgerflotte  in  see.  (Annal. 
Colon,  max.  830). 

Kölner  canonicus  Sanct.  apost.  Heinrich  kehrt  von  Damiette  mit  einem 
decanus  Habenbergensis  (sie!)  über  Cypern  und  Venedig  heim.  (A.  Kauf- 
mann, Gaes.  von  Heisterbach  183  fg.) 

Kremsmünster,  abt  Budolf  von,  ist  wahrscheinlich  auf  dem  kreuz- 
zuge gewesen  (Keiblinger,  Melk  I,  309);  er  ist  heimgekehrt. 

Kuenring-Weitra  (bei  Eggenburg),  Hademar  H  von,  geht  mit  her- 
zog Leopold  in  see,  stirbt  aber  schon  am  21.  juli  1217  auf  der  über- 
fahrt nach  Spalato;  er  liegt  in  Zwetl  begraben.  (Keiblinger,  Melk  I, 
310;  Priess,  die  Herren  von  Kuenring,  Wien  1874,  s.  50). 

Loos,  graf  Lud w.  II V.,  hatte  1215  das  kreuz  genommen,  starb  aber  1218. 
(Wauters,  Table  chronoLIU,  502  fg.;  Caes.  Heisterb. Dial.  ed.  Strange, 
Addenda  nr.  45;  Potth.  Eegg.  5503,  5653,  25874;  Breq.  V,  s.  111). 


308  B.  BÖHUCHT 

Lübeck,  ein  ritter  (Hynricke)  von,  zeichnet  sich  vor  Damiette  aus« 
(Die  olde  Freesche  Chronike  v.  875). 

Magdeburg,  borggraf'  Barchard  VI  von,  kämpft  1218  vor  Damiette. 
(Magdeb.  Qeschichtsbl.  VII,  18). 

Mecheln,  Uerthold  von,  urkundet  1227  (sie!!)  am  17.  januar  vor 
Damiette  für  den  deutschen  orden;  als  zeugen  unterschreiben:  Gis- 
lebert  de  Sittenheim,  Wilh.  capell.  de  Calmunt  (Kaimün  bei  Caesa- 
rea?), Franco  de  Arkania  mit  seinen  beiden  söhnen  F.  und  W.,  Ar- 
noldüs  de  Kimenam,  Egidius  und  Arnoldus,  die  söhne  des  ausstel- 
lers,  Heinricus  de  Duffle  „frater  noster,'^  Wilh.  „clericus  noster  de 
Belmont,'^  Asilius  „faniulus  noster.''  (Henues  II,  s.  31,  nr.  27).  Die 
Urkunde  muss  falsch  sein;  weder  1227,  noch  1217  (im  januar)  lagen 
die  kreuzfahrer  vor  Damiette. 

Melk,  abt  Hademar  von,  zieht  mit  dem  Kuenringer  und  Andreas  ab 
und  stirbt  am  7.  novbr.  1217.    (Kciblinger,  Melk  I,  310). 

Meran,  herzog  Otto  II  von,  urkuodet  1217  alspilger  und  kehrt  1218 
mit  dem  grafen  Albert  von  Tirol  und  BerUiold  von  Eschenlohe 
wider  heim.    (Mon.  boica  VII,  113;  VIII,  137). 

Merzig  (bei  Trier),  Peter  von,  als  pilger  in  einer  Urkunde  des  erz- 
bischofs  Theoderich  von  Trier  um  1220  erwähnt  (Beyer,  Mittelrh. 
Urkundenbuch  III,  s.  215,  nr.  261). 

Montfort  (Bregenz),  graf  Hugo  I  von,  urkundet  (nach  Hormayr,  die 
Baiern  im  Morgenlande  s.  49)  in  Ulm  als  pilger  1217;  er  scheint 
jedoch  den  kreuzzug  nicht  mitgemacht  zu  haben.  (Kaiser,  Geschichte 
des  Füi*stenthums  Liechtenstein,  Ghur  1847,  s.  103). 

Münster,  bischof  Otto,  urkundet  1217  als  pilger.  (Westphäl.  Urkun- 
deub.  ni,  s.  55,  nr.  108)  und  stirbt  nach  Oliver.  1400  am  6.  märz  1218 
in  Caesarea ;  vgl.  Ficker,  Die  Oeschichtsquellen  d.  Bisth.  Münster  I,  s.  29. 

Namur,  Heinrich  I  von,  soll  mit  nach  dem  heiligen  lande  1217  gezo- 
gen sein  (Seibertz,  QueUen  II,  189).  Ist  dies  der  graf  von  Namur, 
an  welchen  Oliver  schreibt  (Emo  bei  Pertz  XXIU,  473  f.  note  29)? 
Er  ist  heimgekehrt:  vgl.  Gohn,  Stammtafeln,  nr.  222. 

Nassau  (Weilnau),  graf  Gebhard  II  von,  soll  1217  am  krenzzuge  teil- 
genonunen  haben.  (Seibertz,  Quellen  H,  189;  Vogel,  Beschreibung 
des  Herzogthums  Nassau,  s.  207);  er  ist  heimgekehrt 

Naumburg-Zeitz,  bischof  Engelhard  von^  mit  dem  markgrafen  Die- 
trich von  Meissen,  pilgert  erst  nach  dem  9.  october  1217  und  ist  im 
frühjahr  1218  schon  wider  zu  hause.  (Lepsius,  die  bischöfe  von 
Naumburg  I,  s«  66  fg.:  Langii  Ghron.  Giticense  bei  Pistor.  I,  799). 

Neuss,  bürger  aus,  zeichnen  sich  vor  Alcassar  aus.  (Deutsche  Forsch. 
1876,  154). 


DIB  DBUT8CBBN  ADV  DXH  KBSUZZOOBH  30^ 

Oesterreich,  herzog  Leopold  VI  (YII)  von,  hatte  1198  mit  dem  abt 
Hademar  von  Garsten  das  kreuz  genommen  (Meiller,  Babenb.  Bog. 
98 y  nr.  68;  112,  nr.  113)  und  bricht,  nachdem  er  1212  gegen  die 
Mauren  gekämpft,  mit  dem  könig  Andreas  von  Ungarn  auf;  er  urkun- 
det  zuletzt  für  Aquileja  am  8.  juni  1218,  dann  am  18.  juni  1218  vor 
Damiette  und  tritt  am  1.  mai  1219  die  räckkehr  an.  (Meiller  123, 
nr.  154). 

Oettingen  (Baiern),  graf  Ludwig  von,  zog  1217  mit  Leopold  nach 
Damiette.    (Annal.  Marb.  174;  Annal.  Budb.  780). 

Oliverius,  kreuzprediger,  hat  den  ganzen  kreuzzug  von  1217  bis  1221 
mitgemacht  (Junkmann  in  der  Zeitschrift  für  kathol.  Theologie, 
Münster  1851,  s.  99—129). 

Pas  sau,  bischof  Ulrich  von,  segelt  mit  herzog  Ludwig  nach  Damiette 
und  stirbt  1221  auf  der  lieimkehr.    (Contin.  Glaustroneob.  II,  623). 

(Maria)-Pfarr,  Kourad  von,  ein  Salzburger  ministeriale,  wird  als 
pilger  in  einer  Urkunde  des  erzbischofs  Eberhard  II  erwähnt.  (Meil- 
ler, Salzb.  Keg.  s.  213,  nr.  188). 

Plaien,  graf  Leuthold  IV  von,  starb  am  28.  aug.  1219  zu  Treviso 
auf  der  heimkehr.  (Annal.  Budb.  s.  781;  v.  Meiller,  Salzb.  Beg.224, 
nr.  234  fg.;  s.  534,  nr.  95;  vgl.  Filz,  Geschichte  von  Michaelbeuren I, 
238  fgg.;  II,  757  fgg.) 

Pommern^  herzog  Casimir  II  von,  urkundet  1219  und  ist  wahrscheinlich 
auf  dem  kreuzzuge  gestorben,  mit  ihm  vielleicht  auch  fürst  Bartho- 
lomaeus.   (Pommersches  ürkuudenbuch  II,  s.  138,  nr.  190,  vgl.  s.  148). 

Poppeisdorf,  Hermann  aus,  nimt  zu  Köln  das  kreuz,  lässt  sich  als 
blind  vom  „dispen&ator  crucesignatorum '^  in  Bom  dispensieren,  wird 
darauf  aber  wirklich  blind.  (A.  Kaufmann ,  Gaesarius  v.  Heisterbach 
8. 185  fgg.). 

Puchberg,  Otto  und  Hugo  von,  ziehen  mit  Leopold  aus;  letzterer 
urkundet  für  Klosterneuburg  vor  antritt  der  fahrt.  (Fischer,  Geschichte 
des  Stiftes  Klosterneuburg  II,  s.  93,  nr.  158;  vgL  Keiblinger,  Klo- 
ster Melk  I,  309). 

Rapperswyl  (bei  Zürich),  graf  Budolph  von,  urkundet  1217  als  pil- 
ger.   (Herrgott,  Codex  probatt.  nr.  CCLXXU  fgg.). 

Begensberg  (bei  Zürich),  Leuthold  IV  von,  starb  am  16.  nov.  1218 
als  kreuzfahrer  zu'Akkä.  (Neugart,  Episcop.  Constant  U,  188;  vgl 
Mittheilungen  der  antiquar.  Gesellsch.  zu  Zürich  XIV,  s.  44). 

Begensburg,  domprobst  Otto  von,  urkundet  im  frühjahr  1221  und 
zieht  wahrscheinlich  mit  dem  herzog  Ludwig  von  Baiern  ab.  (von 
Meiller,  Salzb.  Beg.  535,  nr.  97;  vgl.  537,  nr.  105). 


810  B.  BÖBBICHT 

Bein  er  s,   des  abies  von  Lattich,   schwestersohn ,  nahm  teil  an  der 

krenzfahrt    (Chron.  58). 
Benenthal,  Neithard  von,  österreichischer  dichter,  kämpft  mit  her- 
zog Leopold  vor  Damiette.    (Haupt ,  Neithard  von  Reuenthal  s.  108 ; 

Wackern.,  Minnes&nger  lY,  437 ;  vgl.  Schmolke ,  Potsdamer  Programm 

1875,  8.  12). 
Rheinkassel,   Conrad  von,   ein   geistlicher,    soll   1218   nach  Syrien 

gezogen  sein.    (Caes.  Heisterb.  Dialog.  XII,  9). 
Rieneck,  graf  Ludwig  II  von,  starb  am  29.  juli  1217  vor  erfUlung 

seines  kreuzgelfibdes.    (Archiv  für  die  Geschichte  ünterfninkens  XIX, 

heft  3 ,  s.  92). 
Rüdenburg  (Westphalen) ,  Hermann  H  von,  urknndet  1217  als  pilger. 

(Seibertz,  Urkundenbuch  I,  nr.  148);  er  ist  heimgekehrt. 

Runkel,  Siegfried  HI  von,  urknndet  1219  als  pilger.  (Lehmann, 
Geschichte  der  Dynasten  von  Westerburg,  Wiesb.  1866,  s.  10). 

Saarbrücken,  graf  Simon  II  von,  befehligt  das  kreuzheer  vor  Damiette 
bis  zum  eiutreffeu  des  königs  Johannes  von  Jerusalem  (Oliver  s.  1402); 
er  ist  heimgekohi-t.    (Br^hoUes  II,  760). 

Salza,  Hermann  von,  Deutschmeister,  ist  von  1217  — 1222  im  heiligen 
lande  gewesen.  (Strehlke  40,  42  —  46;  vgl.  Regesten  des  ....  Ge- 
schlechtes Salza  (anon.)  Leipzig  1853.  Lavisse,  H.  de  Salza,  Paris  1875). 

Salzburg,  burggraf  Konrad  von,  1217  in  einer  Urkunde  des  erzbischofs 
Eberhard  II  von  Salzbm*g  als  „iter  transmarinum  accepturus'^ 
erwähnt,    (von  Meiller,  Salzburg.  Regest,  s.  213,  nr.  186). 

Salzburg,  domprobst  Albert  II  von,  geht  mit  herzog  Leopold  nach 
dem  heiligen  lande  und  stirbt  am  10.  januar  1219.  (v.  Meiller, 
Salzb.  Reg.  s.  528,  m*.  82;  vgl.  s.  531,  nr.  88). 

Schwerin,  graf  Heinrich  I  von,  urknndet  zuletzt  am  3.mai  1218  (Meck- 
lenburger Jahrbb.  XIII,  s.  151  —  154,  313;  XIX,  373;  XXVII,  147) 
und  soll  als  goschenk  des  cardinals  Pelagius  1222  „das  in  Jaspis 
eingeschlossene  blut  unsres  herm"  mitgebracht  haben  (vgl.  M.  Jahrb. 
HI,  72  fg.);  dasselbe  soll  vorher  schon  Heinrich  der  Löwe  aus  dem 
morgenlaude  mitgebracht  und  dem  kloster  Mariengai-ten  überwiesen 
haben.  (Mecklenb.  Jahrb.  XX,  324—326;  Zeitschr.  für  Niedersach- 
sen 1858,  s.  142  fgg.). 

Sponheim,  graf  Gottfried  H  von,  mkundet  am  21.  juli  1218  als  pil- 
ger. (Beyer,  Mittelrheinisches  Urkundenbuch  III,  s.  84,  nr.  84; 
Crollich,  Origin.  bipont.  IIA,  s.  57,  nr.  1). 

Sponheim  (bei  Coblenz),  graf  Johann  I  von,  der  älteste  söhn  Gott- 
frieds n,  pilgert  1217,  kehrt  aber  am  25.  märz  1218  schon  wider 


DIR  DEUT6CHBK  AUF  DBK  KBECZZCOSK  311 

heim.    (Lehmann,  die  Geschichte  der  Grafschaft  und  der  Grafen  von 
Sponheim  1869 ,  s.  23  fg.). 
Staufen,  marschall  Gottfried  von,  so  wie  sein  söhn  mid  bruder  (Otto 
und  Werner)  Urkunden  am  28.  aug.  1220  für  die  Lazaiiten  zum  dank 
für  ihre  glückliche  heimkehr  vom  kreuzzuge  Friedrichs  II  (!).  (Mone, 
Zeitschr.  des  Oberrheins  IX,  s.  233).    Unächt? 
Stubenberg  (Steiermark),  Ulrich  von,  urkundet  am  25.  juni  1216  als 
pilger  (Archiv  für  österr.  Geschichtsquellen  XXn,  s.  342)  und  unter- 
schreibt am  18.  juli  1218  vor  Damiette   (v.  Meiller,   Babenb.  Keg. 
s.  123,  nr.  154)  noch  eine  urkundo  des  herzogs  Leopold,  mit  dem  er 
ausgezogen  war. 
Tecklenburg,   graf  Otto  III  von,  ein  söhn  des  grafen  Balduin  von 
Bentheim,  zieht  1217  nach  Syrien.    (Van  Raet  von  Bögeiskamp,  Ge- 
schichte von  Bentheim ,  s.  59  und  62). 
Ternberg,   During  von,   zieht  1217  aus  und  stirbt  1218   im  Orient. 

(Pritz,  Geschichte  des  Benedictinerklosters  Garsten,  s.  23). 
Theobald,  kleriker  der  herzogin  Helene  von  Lüneburg,  will  vor  1219 
nach  dem  heiligen  lande  pilgern.    (Lübecker  Urkundenbuch  IB,  s.  41). 
Trient,  bischof  Friedrich  von,  starb  am  6.  novbr.  1218  zu^Akkä  und 
wurde  dort  im  Liebfrauenmünster  der  deutschen  ritter  begraben;  mit 
ihm  war  der  domdechant  Albert  von  Bavenstein  ausgezogen,  welcher 
sofort  nach  dessen  tode  heimkehrte  und  sein  nachfolger  wurde.  (Bonelli, 
Mon.  eccl.  Trid.  s.  50;  Archiv  für  die  Geschichte  Tirols  11,  218). 
Tübingen,   pfalzgraf  Rudolf  von ,    soll   1216   oder  1217  nach  Syrien 
gezogen  sein  (vielleicht  sein  söhn  Hugo  III?);  vgl.  Schmid,  Die  Ge- 
schichte der  Pfalzgrafen  von  Tübingen  s.  122.    Er  hatte  1215  mit 
Friedrich  II  das  kreuz  genommen. 
Tulpeto,  Euno  de,  stirbt  auf  der  reise  nach  Syrien.    (Caes.  Heisterb. 

Dial.  VII,  c.  56). 
Tyrol,  graf  Albert  HI  von,  urkundet  am  25.  juli  1217  als  pilger  ftir 
das  kloster  St.  Georgensberg  (Chronik  der  Benedictinerabtei  St.  Geor- 
gensberg,   Innsbr.  1874,    s.  242  nr.  19)   und  vor  Damiette  für  den 
deutschen  orden  (Zeitschrift  des  Perdinandeums  1869,  s.  38  fg.). 
Ulmen  (bei  Coblenz),  Heinrich  von,  wird  vor  Damiette  mit  dem  bischof 
Philipp  von  Beauvais  gefangen.  (Oliverius  1412;  vgl.  Caes.  Heisterb. 
Dial.  X,  c.  43;  sonst  auch  Barsch  zu  Schannat.  II,  1069  fgg.;  Brower 
und  Masen  II,  101  — 104;  Würdtwein,  Nova  subsidia  IV,  s.  11  und 
14;  Gelen.  Vita  Engelb.  335;  vgl.  Annal.  Colon,  max.  zu  1208). 
Utrecht,  bischof  Otto  II  von,   zieht  mit  dem  bistumsverweser  Ever- 
wach  (Caes.  Heisterb.  Dial.  XH,  23)  und  dem  herzog  Leopold  nach 
Damiette.    (Oliverius  c.  1). 


312  B.   BÖHBICHt 

Utrecht,  domprobst  Otto  von,  zieht  1217  nach  dem  heiligen  lande. 
(Preuss  und  Falkmann^  Lippische  Regesten  I,  126). 

Vichtha,  Lambertus  de,  nrkundet  1218  als  pilger.  (Hollebeke,  Ab- 
baye  de  Nonnenbosche  s.  97). 

Vohburg  (bei  Ingolstadt),  markgraf  Dietrich  von,  zieht  (nach  Chron. 
Ursperg.  bei  Pertz  XXIII,  s.  381)  schon  1219,  wahrscheinlich  aber 
erst  mit  dem  herzöge  Ludwig  von  Baiem  im  frfihjahr  1221  nach 
Damiette.    (y.  Meiller,  Salzb.  Regesten  337,  nr.  105). 

Wartstein,  graf  Hermann  von,  urkundet  1224  als  „reversus  de  capti- 
vitate  Saracenica,'^  hat  also  wol  vor  Damiette  mit  gefochten.  (Sta- 
lin, Wirtemb.  Geschichte  II,  s.  366). 

Wasserburg,  Conrad  von,  zog  mit  Hademar  von  Chuenring  und  Leo- 
pold ab.    (Friess,  die  Herren  von  Euenring  s.  42). 

Werner,  der  Deutsche,  wird  1217  von  dem  herzöge  Leopold  und  for- 
sten Bohemund  von  Antiochien  von'Akkä  aus  an  den  könig  Andreas 
geschickt,  mit  der  bitte,  sich  bald  einzuschiffen  (L*estoire);  über  ihn 
vgl.  Röhricht  in  den  deutschen  Forschungen  1876,  143.  Höchst 
wahrscheinlich  ist  dies  derselbe  Werner  (vgl.  dagegen  Biant,  Gunthe- 
rus  s.  87,  note  64),  welcher  1220  zu  'Akkä  eine  Urkunde  des  grafen 
Otto  von  Henneberg  unterschreibt  als  W.  de  Egisheim;  neben  ihm 
erscheinen  noch  als  deutsche  zeugen  Heinrich  de  Brenne  (oder 
Brienne??),  Heinrich  von  Gebweiler  und  Heinrich  von  Ruppach. 
(Hennes  II,  s.  18  fg.,  nr.  17;  Strehlke,  Tabulae  ordinis  Teutonici 
8.  42  fg.).  Er  erscheint  in  Ordensurkunden  als  baren  des  königreichs 
Jerusalem  neben  Odo  von  Montbeillard  und  seinem  ncffen  Haymo 
(de  Ostehim)  sehr  oft  bis  1246.  (Röhricht,  Beiträge  I,  82,  note  253; 
Strehlke  s.  53  fgg.). 

Wied,  graf  Georg  von,  brudcr  des  erzbischofs  Tlicoderich  von  Trier, 
fuhrt  mit  graf  Wilhelm  von  Holland  die  pilgerflotte.  (Annal.  Colon, 
maximi  829  fg.;  Deutsche  Forschungen  1876,  148  fgg.). 

Wolwega,  (Fivelgoo),  Hayo  von,  ein  Friese,  erstieg  als  einer  der 
ersten  mit  einem  dreschflegel  den  ketten  türm;  mit  ihm  ein  junger 
ritter  aus  der  gegend  von  Lüttich.  (Oliver  1405.  Die  olde  Freesche 
Chronike  in  den  Werken  uitgegeven  door  het  Friesch  Genootschap 
Leuward.  1853  II,  v.  877  fg.).  Vgl.  Röhricht,  die  Erobening  Damiet- 
tes  (in  Raumers  Histor.  Taschenb.  1876). 

M.    Kreuzfahrer  von  1831  — 1327. 

Malenbach,  Daniel  de,  erscheint  1330  neben  Haymo  als  deutscher 
ritter  in  Syrien.    (Strehlke  s.  45  fg.). 


DIB  DET7T8CHSN  AÜT  DER  KREÜZZÜOBN  313 

Hildesheim,  ein  edelheiT  aus  der  gegend  von,  wird  vom  dortigen 
bischof  Eonrad  zwischen  1221  —  1246  nach  Syrien  zur  busse  gesaut, 
um  dort  im  deutschen  orden  zu  dienen.  (Zeitschrift  für  Niedersach- 
sen 1868,  s.  132). 

KalWy  gi*af  Albert  von,  urkundet  1234  als  kreuzfahrer.  (Wirtemb. 
Urkundenbuch  III,  s.  148). 

Fridericus  senior  judex  kann  1225  sein  kreuzgelöbde  wegen  schwäche 
nicht  ausführen.  (Mon.  boica  III,  306;  vgl.  Urkundenbuch  ob  d.  Enns 
I,  271). 

Scheiern,  abt  Konrad  von,  1225  „Signum  crucis  apponens  ab  archie- 
piscopo  Salisburgensi  absolutus  est.''  (Annales  Schirens,  bei  Boeh- 
mer,  Fontes  III,  s.  517;  v.  Meiller,  Salzburger  Begesten  s.  235, 
nr.  290). 

Eircbberg,  graf  Gozmar  von,  der  bruder  des  bischofs  Friedrich  von 
Halberstadt,  rfistete  1226  sich  zum  kreuzzuge.  (Walkenrieder  ur- 
kundenbuch nr.  154). 

N.    Sechster  krenzzug  anter  katser  Friedrich  ü.  1227—1229. 

Arnsberg,  graf  Gottfried  11  von,  urkundet  1227  als  kreuzfahrer. 
(Wigand,  Westphäl.  Archiv  VI,  s.  85;  Niesert,  Mönsterische  ürkun- 
densammlung  II,  nr.  96;  vgl.  Seibertz,  Familiengeschichte  der  grafen 
von  Werl  und  Arnsberg  lA,  s.  141). 

Aspremont  (bei  Commercy),  Gaubert  i\  zog  mit  dem  kaiser  nach 
Syrien  (Röhricht  I,  s.  19),  wo  er  diesem  mit  den  templern  sehr  feind-* 
lieh  entgegengetreten  sein  soll.  (Acta  SS.  20.  aug.:  Vita  Goberti  und 
Annal.  Cisterciens.  ed.  Manrique  III,  s.  372  — 374). 

Augsburg,  bischof  Siegfried  von,  starb  in  Brindisi  an  der  pest  1227. 
(Röhricht,  Beiträge  I,  s.  19). 

Biberstein  (bei  Oppeln),  graf  Günther  von,  soll  nach  dem  15.  jan. 
1228  nach  dem  heiligen  lande  aufgebrochen  sein.  (Posern -Elett  im 
Archiv  für  sächsische  Geschichte  1865,  s.  49). 

Bolanden,  Werner  und  Philipp  von,  zogen  mit  Friedrich  1228  nach 
Syrien.  (G.  Lehmann ,  urkundliche  Geschichte  der  Pfalz  IV,  69  fg. ; 
Remling,  Geschichte  von  Rheinbaiem  8.346,  nr.  27;  Remling  und 
Frey,  Urkundenbuch  des  klosters  Otterberg  s.  38,  nr.  50;  Röhricht, 
Beiträge  I,  105;  EöUner,  Gescliichto  der  Herrschaft  Kirchbeim- 
Boland,  Wiesb.  1854,  s.  43). 

Döben  (bei  Grimma),  markgr.  Albrecht  von,  unterschr.  am  10.junil229 
eine  Urkunde  Friedrichs  II  (bei  Br^hoUes  III  s.  153),  woraus  Posem- 
Klett  8.  53  auf  seine  teilnähme  am  kreuzzuge  des  letzteren  schliesst 


314  B.  BÖÜBIOHt 

Die  „Wiener  Heerfahrt'^  (Hagen,  Gesainmtabenteuer  II,  nr.  LI) 
rühmt  einen  burggrafen  Hermann  von  Döben  (um  1270)  und  schil- 
dert, eine  kreuzfalirt  über  Brindisi  (jedenfalls  mit  bezug  auf  die  des 
kaisers  Friedrich  II). 

Dolen,  Helmerich  von,  brach  1227  nach  dem  heiligen  lande  auf.  (Preuss 
und  Falkmann,  Lippische  Begesten  I,  s.  183). 

Freiberg,  vogt  Dietrich  von,  soll  1228  am  kreuzzuge  des  kaisers  Frie- 
drich II  teilgenommen  haben.    (Posern -Elett  s.  54). 

Fridank  ist  wahrscheinl.  1228  mit  dem  kaiser  in  Syrien  gewesen,  ebenso 
der  minnesänger  Bruder  Wernher.  (Röhricht  I,  p.  64,  note  lOG). 

Friesen  segelten  am  22.  mai  1227  von  Borkum  ab,  um  dem  kreuz- 
zuge Friedrichs  sich  anzuschliessen  (Chron.  Emon.  bei  Pertz  XXIII, 
s.  511);  sie  werden  aber  nirgends  weiter  erwähnt. 

Oleichen,  graf  Ernst  III  von,  soll  mit  dem  kaiser  1228  in  Syrien 
gewesen  sein,  aber  er  unterschreibt  im  juli  1228  eine  Urkunde  in 
Nürnberg!  (Br6h.  III,  377).  Über  die  sage  von  seiner  doppelehe 
vgl.  Hellbach,  Archiv  für  Geographie  und  Gesch.  der  Grafen  von  Glei- 
chen lieft  2,  8.  31  — 79;  Bechsteiii,  Thüring.  Sagen  III,  s.  109  fgg., 
besonders  aber  die  Zeitschrift  für  thüring.  Geschichte  1871  (VIII), 
s.  245—297,  Archiv  für  Geschichte,  Diplomatik,  Stuttg.  1847,  heft  3, 
289  —  330,  Erfurter  Mittheilungen  1866,  heft  2,  s.  1  —  129  und 
heft  3,  8.1  —  145,  Archiv  für  sächs.  Geschichte  I,  241—289  und 
Beck,  Gothaische  Geschichte  I,  s.  114,  note  213. 

Henneberg,  graf  Poppo  VII  (XIII)  von,  soll  1228  mit  Friedrich  nach 
Syrien  gezogen  sein  (Schultes,  Geschichte  dos  Hennebergischen  Hau- 
ses II,  60),  allein  dagegen  erheben  sich  gewichtige  bedenken.  (Zeit- 
schrift für  thüring.  Geschichte  V,  s.  100). 

Kastei,  Ludwig  von,  zog  1228  nach  Syrien.    (Annal.  Marb.  175). 

Kyburg,  graf  Wilhelm  von,  starb  1228  zu  *Akkä.  (Berner  ürkunden- 
buch  ed.  Zeerleder  nr.  157  und  170,  s.  262  fg.). 

Lengemos  (ob  Bot7.en),  Bernhard  von  dem,  nahm  1227  das  kreuz 
und  soll  später  deutscher  Ordensritter  geworden  sein.  (Hormayr 
8.  49). 

Lowes,  magister  Aegidius  von,  Andreas  plebanns  von  Ninove  und 
Johannes  von  Oultre  reisten  Johanuis  1227  ab;  Andreas  starb  in 
Brindisi  an  der  Pest.    (Clirou.  Bald.  Ninov.  ed.  de  Smet  s.  723). 

Limburg,  herzog  Heinrich  von,  führte  1227  truppen  als  kaiserlicher 
befehlshaber  nach  Syrien ,  er  ist  im  nächsten  jähre  wider  heimgekehrt, 
da  er  schon  im  septbr.  1228  wider  zu  hause  urkundet  (Archiv  für 
Geschichte  des  Nieden-heins  III,  s.  49;  vgl.  Lacomblet,  Urkuuden- 
buch  II,  8.  155,  Ficker,  Engelbert  der  Heilige  s.  275).    Mit  ihm  soll 


DIB  DBÜT8CHBN  AUF  DEN  KREUZZÜOEN  315 

auch  sein  nmndschenk  Sturmo  von  Füttert  nach  Syrien  gezogen  sein. 
(Montanus,  die  Vorzeit  von  Cleve  II,  s.  290  fg.). 

Lüenz,  (Kärnthen),  der  burggraf  von,  trat  1217  oder  1227  seine  kreuz- 
fahrt  an.    (M.  S.  H.  I,  211  fg.;  IV,  149  fg.). 

Lyndon,  graf  Florens  I  von,  zog  kurz  vor  1227  zweimal  nach  Syrien, 
das  erste  mal  mit  Dietrich  von  Brederode.  (Calmet,  Histoire  de  Lor- 
raine ni,  S.LXXVIII). 

Haltitz,  Ulrich  von,  soll  1228  mit  dem  kaiser  in  Syrien  gewesen 
sein  (?).  (Posern -Elett  s.  54;  vgl.  Mittheilungen  für  die  Geschichte 
des  Osterlandes  VI,  375  fgg.). 

Murbach,  abt  Hugo  von,  trat  1228  den  kreuzzug  an.  (Röhricht  I, 
s.  65,  note  107;  vgl.  Oesterr.  Archiv  XXVII,  s.  173  fg.). 

Orden,  rittcr  vom  deutschen,  sind  laut  Urkundenunterschrift  von  1228 
in  'Akkä:  Ludolf,  tunc  temporis  commendator  magnus,  Günther, 
marescalcus,  Conrad,  trapparius,  Henricus,  hospitalarius ,  Henricus 
de  Aneboz,  Heinrich  v.  Goblenz,  Conrad  v.  Nassau,  Andreas  v.  Ho- 
henlohe,  Ulrich  v.  Durna,  Eberhard  (Strehlke  53)  und  1230  sind  als 
fratres  genannt:  Conrad  Dessohen,  castellan,  Henricus  de  Pluiose, 
Bruno,  der  zweite  praeceptor  (Strehlke  60). 

Passau,  bischof  Qebhard  von,  trat  1227  seine  kreuzfahrt  an.  (Röh- 
richt I,  s.  19). 

Baute,  dichter  Hartwig  von,  begleitete  den  kaiser  nach  Syrien.  (M.  S. 
H.  IV,  406). 

Begensburg,  bischof  Siegfried  von,  trat  1227  seine  kreuzfahrt  an. 
(Röhricht  I,  19). 

Bheingrafenstein  (bei  Creuznach),  Wolfram  von,  urkundet  1227  als 
pilger.    (Beyer,  Mittelrh.  Urkund.  HI,  s.  269,  nr.  336). 

Rubin,  herr,  soll  mit  dem  kaiser  1228  nach  Syrien  abgesegelt  sein. 
(Bartsch ,  Liederdichter ,  Einleit.  s.  50.) 

Salza,  Hermann  von,  Deutschmeister,  ist  der  stete  begleiter  Friedrichs 
auf  seinem  kreuzzuge.    (Vgl.  Röhricht,  Beiträge  I,  36  fgg.). 

Schwaben,  aus,  schliessen  sich  der  kreuzfahrt  an:  Heinrich  und  Albert 
von  Neifen  (vgl.  Br^.  HI,  70,  152  und  154),  Eberhard  von  Iller- 
eichen,  Heinrich  von  Schwendi,  Rüdiger  von  Stein,  Leutfried  Hose- 
lin,  Eberhard  vonBeuren,  Dietrich  von  Ingersheim,  graf  Eonrad  von 
Würtemberg,  Konrad  von  Haslach,  Kuno  und  Friedrich  von  Sum- 
merau;  letzter  ist  1229  in  ^Akk&  gestorben,  wie  eine  Urkunde  sei- 
ner brüder  Albert  und  Heinrich  beweist.  (Wirtemb.  Urkundenbuch 
III,  s.  245;  vgl.  Stalin  U,  175). 

Stubenberg,  Wülfing  von,  zog  1228  nach  Syrien,  (von  Muchar, 
Qechichte  von  Steiermark  III,  347  fg.). 

SE1T8CHH.   V.   DBUT8CDB  PHILOLOOIB.     BD.  Vn.  21 


316  B.  BÖHBICHT 

Ter  Duyn,  Gerhard  von,  zog  mit  dem  kaiser  1228  nach  Syrien. 
(L^estoire  im  Recueil  des  historiens  des  croisades  s.  363). 

Thüringen,  landgraf  Ludwig  lY  von,  starb  am  11.  septbr.  1227  za 
Otranto  (über  ihn  wird  ganz  ausfuhrlich  gehandelt  in  der  Zeitscbrift 
für  thüring.  Oeschichte  V,  138  — 144;  vgl.  Tittmann,  Heinrich  der 
Erlauchte  II,  167). 

Thüringen,  aus,  zogen  mit  dem  landgrafen:  die  grafen  Ludwig 
von  Wartberg,  Borchard  von  Brandenberg  (vgl  Zeitschrift  für  thü- 
ring. Gesch.  U,  353  fgg.),  Memhard  von  Mühlberg,  Heinrich  von 
Stolberg,  ferner  Hartmann  von  Heldrungen,  Ludolf  von  Berlstedt^ 
Rudolf  von  Burgsleben,  Rudolf  Schenk  von  Yargila,  marschall  Hein- 
rich von  Ebersberg,  truchsess  Hermann  von  Schlottheim,  Friedrich 
von  Treffurt,  Heinrich  kämmerer  von  Fahner,  Gerhard  von  Ellende, 
Dietrich  von  Seebach ,  Siegfried  Rufus  von  Spatenberg ,  Ludwig  und 
Rudolf  von  Hausen ,  Heinrich  von  Meydeburg ,  Reinhard  Yarch ,  Ber- 
thold von  Mila,  Berthold  von  Heylingen,  capellan  Gerhard  von 
Naumburg,  priester  Berthold,  Verfasser  der  Reinhardsbrunner  Anna- 
len,  Werner,  burgcaplan  der  Wartburg  und  Conrad,  notar  von  Würz- 
burg. (Annal.  Reiahardsbr.  203  fg. ;  vgl.  Rothe ,  Thür.  Chron.  368). 
Die  meisten  sind  wider  heimgekehrt,  wie  die  Urkunde  von  1234  bei 
Guden  lY,  877  beweist. 

Yogelweide,  Walther  von  der,  soll  am  kreuzzuge  des  kaisers  teil- 
genommen haben.    (Rdhricht,  Beiträge  I,  s.  64,  note  106). 

Weida,  Heinrich  lY  von,  trat  1227  seine  kreuzfahrt  an.    (Röhricht  I, 

s.  19;  vgl.  Cohn,  Stammtafeln  nr.  185). 
Worms,  vierhundert  bürger  aus,  ziehen  1227  aus.    (Annal.  Wormat 

bei  Pertz  XYH,  s.  88;  vgl  Röhricht  I,  s.  69,  note  109). 

0.    Kreuzfahrer  Ton  1230  — 1809. 

Stolberg,  graf  Heinrich  von,  urkundet  „ poenitentia  ductus "  1231  für 
Walkenried  als  pilger.    (Walkenrieder  ürkundenbuch  nr.  180). 

Ealbenberg  (Ealbensteinberg  in  Mittelfranken?),  Ulrich  von,  sein  bru- 
der  und  seine  Schwestern  verkaufen  die  bürg  Kalbenberg  an  den  bischof 
Hermann  von  Würzburg  im  februar  1231 ,  um  eine  pilgerfahrt  antre* 
ten  zu  können.    (Hormayr  s.  49). 

Albericus,  ein  österreichischer  ritter,  wird  in  einer  Urkunde  vom 
11.  febr.  1233  als  pilger  erwähnt.  (Archiv  für  österreicL  (Jeschichts* 
quellen  XXXII,  s.  173). 

Bogen,  graf  Albert  lY  von,  urkundet  am  3.  jan.  1233  in  Nattembei^ 
als  pilger.    (Mon.  boica  XI,  200  und  335;  vgl.  Ried,  Cod.  Ratisb.I, 


DIB  DRÜTSCHEM  AUF  DEN  KBIVIZOOEN  317 

8.  373).  Er  soll  bei  Venedig  gefangen  und  durch  Friedrich  II  befreit 
worden  sein.    (Münchener  acad.  Abhandlungen  1781,  II,  s.  485). 

Gerhard  und  Heinrich  aus  der  gegend  von  Lübeck  werden  1284  als 
pilger  erwähnt.    (Potthast,  Regg.  nr.  9804). 

Tübingen,  pfalzgraf  Kudolf  II  von,  soll,  1335  durch  Gregor  IX  zu 
einem  kreuzzuge  aufgefordert,  einen  solchen  nach  dem  heiligen  lande 
angetreten  haben  (??).  (L,  Schmid,  Geschichte  der  Pfalzgrafen  von 
Tübingen  I,  s.  143  fg.). 

Greifenstein,  Rudolf  von,  muss  zur  sühne  für  den  am  bischof  Bert- 
hold von  Ghur  1233  verübten  mord  nach  Jerusalem  pilgern,  wie 
Gregor  IX  durch  bulle  an  den  bischof  von  Como  (23.  decbr.  1237) 
befiehlt.  (Cod.  diplom.  Curräthiens  I,  s.  326;  vgl.  Potth.  Reg.  pont 
nr.  10490). 

Holenburg  (in  Kärnthen) ,  S wickers  von,  vater  ist  nach  einer  Urkunde 
von  1238  im  heiligen  lande  gestorben ;  wann ,  ist  unbestimt.  (Oester- 
reich.  Archiv  XXXII,  s.  188). 

Moselweiss  (bei  Coblenz),  Heinrich  von,  wird  als  pilger  erwähnt  in 
einer  Urkunde  des  erzbischofs  Theoderich  von  Trier  am  26.  Januar 
1238.    (Beyer,  Mittelrhein.  Urkundenbuch  III,  s.  468,  nr.  612). 

Orden,  ritter  vom  deutschen,  sind  1240:  Balduin  de  Pinkeingin  (Pic- 
quigny?),  Eberhard,  sacerdos,  Conrad,  capellanus  Montis  fortis  (öst- 
lich von'Akkil),  Petrus,  drapparius,  Eberhard,  thesaurarius  (Strehlke 
67,  71),  und  1243:  propst  Ludolf  aus  Münster,  Berthold  und  frater 
Johannes  (ibid.  74). 

Altensteig,  vogt  Marquard  von,  starb  nach  1244  auf  einer  Pilger- 
fahrt im  heiligen  lande.  (Schmid,  Geschichte  der  Pfalzgrafen  von 
Tübingen  I,  s.  138). 

Orden,  ritter  vom  deutscheu,  sind  1244:  der  grosspräceptor  Conrad 
von  Nassau,  der  marschall  Werner  de  Mereberc,  der  commendator 
aus  Apulien  Günther,  der  castellan  von  Montfort  Job.  de  Nifland, 
der  hospitaliter  Conrad,  der  drappier  Ludwig,  ferner  Heinrich  von 
Dillingen,  Simon  de  Huasi;  wahrscheinlich  sind  auch  deutschen 
Ursprungs  die  zugleich  genanten  Balduin  v.  Pinkin ,  Stephanus  de  Sau- 
van  (Schwenden?),  Raulus  Alemannus  und  Philipp  Balduin.  (Strehlke 
s.  76  und  78). 

Mahl  borg,  Gerhard  von,  wird  kurz  vor  1245  magister,  1240  war  er 
marschall  des  deutschen  ordens.    (Strehlke  s.  70  und  363). 

Turego,  Judeman  de  (aus  der  Constanzer  diöcese),  wird  1248  als 
kreuzfahrer  erwähnt    (Potth.  Regg.  nr.  12831). 

Wasserburg,  graf  Konrad  von,  wird  1248  als  kreuzfahrer  erwähnt. 
(Potthast,  Regg.  nr.  12885;  vgl.  Schreiber,  Otto  der  Erlauchte  8.154). 

21* 


318  R.  BÖHBTCRT 

Burkhard  wird  am  3.  non.  Martii  1251  vom  kreuzgelübde  absolviert 
(Mon.  boica  VIII,  151). 

Oldenburg,  graf  Heinrich  von,  „der  bogenaere,"  starb  in  Syrien  um 
1263.    (Hamelmann ,  Oldenburg.  Chronik  s.  68). 

Poppo  ist  1253  deutscher  ordensmeister  von  Mont- Musard  bei  'Akkä. 
(Strehlke  s.  82). 

Anno  ist  1257  deutscher  ordensmeister  in  Syrien;  neben  ihm  werdeu 
noch  genant:  praeceptor  Eberhard,  thesaurarius  Arnold  und  die  fra- 
tres  Ulrich,  Winand,  Friedrich.    (Strehlke  s.  94). 

Heldrungen,  Hartmann  von,  ist  1261  grosscommendator  des  deut- 
schen Ordens  in  Syrien;  neben  ihm  werden  noch  genant:  Rapolt, 
hospitalarius ,  Günther ,  drapperius  und  die  fratres :  Friedrich  de  Wide 
(Wied  oder  Weida?),  Peter  von  Coblenz,  Haymo,  der  commendator 
von  Sidon,  Conrad  thesaurarius,  und  Dietrich  Testa.  (Strehlke  s.  113). 

Jülich,  der  graf  von,  sollte  1266  durch  den  päpstlichen  legaten,  den 
cardinal  Simon,  1000  pariser  pfimd  fQr  die  zwecke  seiner  kreuzfahrt 
erhalten.    (Potthast,  ßegg.  nr.  19780). 

Schwanden,  ritter  Burchard  von,  schenkt,  aus  dem  heiligen  lande 
heimgekehrt,  am  14.  aug.  1270  dem  deutschen  ordenshause  Köniz 
einen  zehnten.    (Bemer  ürkundenbuch  ed.  Zeerleder  nr.  538). 

Sleiden,  Eonrad  von,  verpflichtet  sich  am  12.  märz  1271,  nach  der  rück- 
kehr  von  seiner  Pilgerfahrt  lehnsmann  des  grafen  Raynald  von  Geldern 
werden  zu  wollen.   (Sloet,  Oorkondenboek  van  Gelre  II,  898,  nr.  928). 

Ordensbrüder,  deutsche,  sind  1273:  Florentius  und  Heinrich  (Strehlke 
8.  118). 

Budolf  I,  kaiser  von  Deutschland,  nimt  in  Lausanne  am  20.  october 
1275  mit  seiner  gemahlin  das  kreuz,  ebenso  die  herz<^ge  von  Lothrin- 
gen (vgl.  Potth.  Regg.  21004),  Baiern  und  fünfhundert  edle  und  geist- 
liche. (Chron.  Sampetrin.  1275;  Thom.  Fusc.  bei  Pertz  XXII,  525; 
Annal.  Basil.  bei  Pertz  XVn,  198;  Mart.  Chron.  bei  Pertz  XX,  442). 
Den  eid,  mit  welchem  kaiser  Budolf  dem  papste  zuschwören  muste, 
nach  Syrien  zu  gehen ,  siehe  in  den  M^moires  de  la  soci^t^  d'histoire 
de  la  Suisse  Romane  YII,  s.  63;  vgl.  s.  57.  Er  muss  übrigens  schon 
vor  dem  juni  1274  seinen  entschluss,  eine  kreuzfahrt  unternehmen 
zu  wollen,  der  curie  angezeigt  haben.    (Potthast,  Begg.  20857). 

Holte,  Mechthildes  von,  söhn,  hielt  sein  pilgergelübde  nicht,  weshalb 
seine  mutter  1281  den  Johanniterorden  beschenkt.  (Lacomblet,  Nie- 
derrhein, ürkundenbuch  II,  447,  nr.  757). 

Mecklenburg,  herzog  Heinrich  „  der  Pilger  "  von,  ward  1287  auf  seiner 
Pilgerfahrt  gefangen,  aber  wider  befreit;  darüber  handeln  sehr  aus- 
führlich die  Jahrbuch,  für  Mecklenb.  Gesch.  XIY,  s.  95  fgg. ,  293  fgg. 


DIB  PEUTSCOBM  AUF  DEN  K&EUZZÜGSN  319 

Karls tein,  Peltram  von,  urkundct  als  pilger  am  25.  mal  und  20.  nov. 
1287  in*Akka;  iu  seiner  begleitung  befanden  sich  abt  Eonrad  von 
Batenhaslach ,  sein  söhn,  der  Jobanniterbruder  Eberhard  und  Siboto 
an  dem  ort,    (v.  Honnayr ,  Die  Baiern  im  Morgenlande  s.  50,  nr.  34). 

Priester,  zwei,  erlialteu  durch  die  ratmänner  von  Wismar  am  1.  juli 
1290  eine  geldsummo  des  Äbbos  von  Pol,  um  sie  nach  dessen  testa- 
mentarischer verftiguug  nach  dem  heiligen  lande  zu  bringen.  (Mecklenb. 
Urkundenbuch  nr.  2074). 

Flandern,  graf  Guido  von ,  wird  1291  als  kreuzfahrer  erwähnt.  (Pott- 
hast, Kegg.  nr.  23763). 

Malt  seh,  Ulrich  von,  wird  durch  Clemens  V  1308  zur  busse  für  den 
an  dem  abte  Hermann  von  Marienberg  verübten  mord  nach  dem 
heiligen  lande  geschickt,  (v.  Hormayr,  Die  Baiem  im  Morgen- 
lande 50). 

P.    Exciirs.    Die  sagen  von  dentsehen  krenzfahrern. 

Nachdem  der  Verfasser  in  der  vorliegenden  arbeit  das  erreichbare 
historische  material  ausgenutzt,  erschien  es  ihm  als  eine  wünschens- 
werte crgänzung  derselben,  auch  alle  jene  sagenhaften  züge  heran- 
zuziehen, welche  von  deutschen  kTCUzfahrern  erzählen.  Es  konte  natür- 
lich nicht  die  aufgäbe  sein,  die  grösseren  Sagenkreise  wie  Heinrich  der 
Löwe,  herzog  Ernst,  könig  Rother,  Ortnit,  Orendel,  die  Wiener  Meer- 
fahrt, Wittich  vom  Jordan  usw.  in  einem  anhange  erschöpfend  behan- 
deln zu  wollen,  sondern  das  ziel  war  nur  eine  möglichst  erschöpfende 
Verwertung  der  sagen,  welche  noch  heute  im  munde  des  volkes  klin- 
gen und  die  geschichte  deutscher  kreuzfahrer  mit  einzelnen  Stiftungen, 
reliquien,  sitten  und  sonstigen  historischeu  resten  verknüpfen.  Schon 
längst  ist  mit  recht  bemerkt  worden,  dass  die  kreuzzüge  im  gründe 
nur  französische  kriegsfahrten  seien  (Röhricht  bei  Riehl  note  136  und 
Guibert  ed.  Bongars  478);  denn  in  den  zwei  Jahrhunderten,  welche  jene 
wunderbaren  züge  ausfüllen,  sind  es  vorzugsweise  immer  nur  frän- 
kische führer  und  pilgerhaufen  gewesen ,  welche  nach  dem  heiligen  grabe 
zogen,  in  Syrien  sich  herschaften  gründeten  und  regierten.  Aus  Deutsch- 
land, dem  die  kriege  gegen  die  Wenden  und  Preussen,  vor  allem  aber 
in  Italien  unendlich  viel  menschen  kosteten,  marschierten  nur  1147  und 
1189  mächtige  beere  nach  dem  Osten  und.  zwar  aus  den  mittleren, 
nordwestlichen  und  südlichen  gegenden,  weshalb  auch  nur  da  die  sage 
ans  spuren  deutscher  kreuzfahrer  aufweist,  und  selbst  diese  noch  sind 
sehr  gering  und  unklar.  Gleichwol  wäre  es  ungerecht,  sie  verachten 
zu  wollen;  sie  enthalten  zum  teil  wirklich  historische  züge,  sie  geben 


820  R.  B6BBICHT 

darch  detailmalerei  und  schilderang  wirklicher  oder  möglicher  Verhält- 
nisse, wie  sie  keine  historische  quölle  der  darstellung  für  wert  hält, 
dem  inneren  verlaufe  jener  merkwürdigen  kriegsfahrten  licht  und  färbe. 

Über  die  wunder,  welche  als  göttliche  bestätigung  den  werten  der 
kreuzprediger  folgen,  geben  die  Chroniken  in  bezug  auf  den  heiligeu 
Bernhard  und  die  prediger  des  dritten  kreuzzuges  (vgl.  Böhiicht  in 
Sybels  Zeitschrift  1875,  heft  3,  s.  17)  nähere  auskuufl;  die  sage  weiss 
nur  von  dem  ersteren  uns  zu  erzählen.  Er  soll  1117  im  dome  von 
Frankfurt  (!)  von  könig  Konrad  selbst  durch  das  gedränge  des  volks 
getragen  worden  sein,  um  dort  seine  begeisternde  kreuzpredigt  halten 
zu  können  (Enslin,  Frankfurter  Sagenbuch  13  fg.);  zu  Haina  in  Hessen 
heilte  er  durch  blosses  handauflegeu  einen  kranken  (ibid.  11),  zu  Frei- 
burg im  Breisgau  wohnte  er  im  oberen  eckhause  der  Kaiser-  und  Mün- 
stergasse;  seitdem  soll  es  in  jenem  hause  keine  mause  mehr  geben 
(Baader,  Bad.  Sagen  s.  35  fg.). 

Von  der  art  der  ausrAstung  und  geldbeschaffuug  für  die  kreuz- 
fahrt  hören  wir  durch  die  sage  nichts,  hingegen  wird  uns  vieles  über 
die  familien  Verhältnisse  berichtet,  wie  sie  in  folge  der  ab  Wesenheit  oder 
des  mutmasslichen  todes  eines  krouzrittcrs  für  seine  kinder  und  gatün 
sich  gestalteten. 

Der  erbe  des  kreuzfahrers  Kurt  von  der  Wetter  bürg  wird  von 
den  mönchen  zu  Volkhardinghausen  eingesperrt,  damit  sie  das  bcsitz- 
tum  des  ritters  an  sich  brächten,  bis  dieser  endlich  noch  zur  rechten 
stunde  erscheint ,  um  seinen  söhn  und  besitz  den  bänden  jener  habgie- 
rigen zu  entreissen  (Curtze ,  Wald.  Yolksüberlief.  s.  256  fg.).  Der  rit- 
ter  Gerold  „im  Thurm^'  zu  Ountram,  welcher  1228  mit  Friedrich  n 
nach  Syrien  gezogen  war,  stirbt  dort,  in  folge  dessen  seine  gemahlin 
Hedwig  von  erbschleichem  ebenfalls  eingesperrt  wird  und  im  kerker 
ihr  leben  beschliessen  muss  (Zingerle,  Tiroler  Sagen  s.  391).  Walther 
von  Hallwyl,  welcher  erst  nach  zwanzigjähriger  abwesenheit  1272 
wider  heimkehrt,  findet  seines  vaters  erbe  in  anderen  bänden  und  gewint 
erst  durch  einen  Zweikampf  und  den  aufweis  der  zweiten  hälfte  des 
vom  vater  zerbrochenen  ringes  sein  recht  wider  (Rochholz,  Aargauer 
Sagen  11,  s.  114  fg.). 

Häufig  genug  findet  der  heimkehrende  ritter  sein  ehebett  besu- 
delt, aber  ebenso  oft  machen  sich  elende  hüben  an  ihn  heran  ^  um  die 
tugend  seiner  gattin  zu  verdächtigen  und  ihn  zu  verbrecherischer  tat 
zu  erhitzen.  So  lässt  ein  bairischer  ritter  seine  mit  unrecht  beschul- 
digte gattin  im  türm  zu  Schliersen  verhungern  (Schöppner,  Bair.  Sagen- 
buch n,  s.  448),  und  der  Raugraf  von  Altbaumburg  erschlägt  in 
fiberwallender  eifersucht  seine  treue  gattin  und  deren  vermeintlichen 


DIB  BEUTBCHEK  AUF  DSM  KBEUZZOOBN  821 

buhlen,  aus  deren  gemeinschaftlichem  grabe  nachher  das  zeichen  der 
Unschuld,  eine  hohe  lilie,  emporwächst  (Schöppner  I,  342  —  346).  Em 
anderer  ritter,  der  gleiches  unrecht  bcgiui;;'eu,  pilgert  mit  der  kette 
des  unschuldig  dem  hungertode  geopferten  am  halse  nach  dem  heiligen 
grabe  (Zingerle  s.  431).  Doch  Kudot  manchmal  auch  der  elende,  wel- 
cher durch  deu  geraubten  ehoring  den  gattcn  von  der  schuld  seiner 
frau  zu  überzeugen  gedachte,  seinen  gerechten  lohn  wie  der  burgvogt 
des  um  1101  heimkehrenden  ritter  von  Braunsberg  im  Etschtale 
(vgl.  V.  Alpeuburg,  Deutsche  Alpcnsagen  s.  262).  Gewöhnlicher  ist 
jedoch  der  fall,  dass  der  ritter  endlich  nach  sieben  jähren  als  püger 
grade  bei  der  hoclizeit  seiner  fniu  eintrifft  und  entweder  durch  den 
trauring,  oder  durch  sonst  ein  zeichen  sich  als  der  tot  geglaubte  rich- 
tige gemahl  ausweist,  wie  der  Möringer  (Schöppner  II,  32  —  36;  vgl. 
I,  385  fg.),  der  ritter  von  Angeloch  bei  Heidelberg  (Schnezler,  Badi- 
sche Sagen  II,  560  —  562),  welcher  1147  bei  seiner  ausfahrt  dem  rit- 
ter Konrad  v.  Asbach  die  obhut  seiner  gemahlin  Qbergeben  hatte, 
oder  der  burggraf  von  Oberkayl  (Schmitz,  Eifelsagen  s.  82),  oder  wie 
Heinrich  der  Löwe,  welcher  mit  der  hilfe  des  teufeis  in  Braun- 
schweig eintriffli  (Pröhle,  Deutsche  Sagen  5-— 14;  vgl.  aumerk.  3— 22).* 
Der  graf  Otto  von  Stubenberg,  welcher  1228  mit  Friedrich  II  nach 
Palästina  zog,  komt  ebenfalls  grade  nach  hause,  als  ein  anderer  mit 
seiner  frau  am  hochzcitsmahlc  sitzt;  in  schäumender  wut  einschlägt  er 
den  unglücklichen ,  so  dass  man  noch  heut  m  dem  schlösse  von  Neuen- 
dorf die  Wahrzeichen  jener  bluthochzeit  erkennen  soll  (Gi'ässe,  Säch-> 
sische  Sagen  II,  82 — 84). 

Manche  frauen  halten  ihren  gatten  durch  bitten  von  der  erfiülung 
seines  kreuzgelübdes  ab,  wie  die  gemahlin  des  gi-afen  Konrad  von 
Wasserburg,  welche  ihren  dank  durch  die  Stiftung  der  Jakobskirche 
ausspricht;  doch,  erzählt  die  sage,  diese  kirche  wird  niemals  fertig, 
wie  sie  ja  auch  heute  nocli  unvollendet  ist  (Schöppner  UI,  262).  Andere 
folgen  dem  geliebten  heimlich  übers  meer,  wie  die  braut  des  ritters 
Konrad  Bayer  v.  Boppard;  sie  wird  aber  als  ritter  verkleidet  von 
ihm  im  Zweikampfe  erschlagen ,  worauf  jener  zum  heile  ihrer  seele  das 
kloster  Marienburg  erbaut  (Grässe,  Preuss.  Sagen  II,  150  fg.).  Anna- 
Elz,  die  treue  gattin  des  ritters  Konrad  von  Tannenberg,  folgt 
diesem  als  troubadour,    befreit   ihn   ans  Saladins   gefangenschaft  und 

1)  Winand  v.  Elsloo,  welcher  um  1180  in  Syrien  gewesen  sein  soll  (Publi- 
cat.  de  la  socict^  histor.  de  Limbourg  1874  s.  145  — 159),  erreichte  nach  Caesar. 
Heisterb.  Dialog.  X,  2  dnrch  göttliche  hilfe  von  Jerusalem  aus  Lüttich  in  einer 
stunde. 


322  B.  BÖHBICHT 

bringt  ihn  glücklich  wider  heim  (Wolf,  Hessische  Sagen  147 — 149; 
vgl.  s.  213  und  Kaut,  Hessische  Sagen  13  — 18);  dasselbe  tut  die 
gemahlin  des  ritters  Philipp  Hausten  von  Uelmen  (Schmitz  s.  88). 

Umgekehrt  gewinnen  einzelne  kreuzritter  in  der  gefangenschaft 
der  Saracenen  die  hand  einer  priuzessin,  so  der  graf  von  Gleichen 
(siehe  oben  zu  1228  diesen  namen)  und  Oillion  von  Trasigny  (vgl. 
oben  8.  163  sub  voce);  letzterer  untemimt  nach  dem  tode  seiner  beiden 
frauen  einen  zweiten  zug  nach  dem  heiligen  lande  mit  Balduin  v*  Ha- 
vrech,  Karl  y.  Jeumont,  Bernhard  v.  Ligue,  Gerhard  v.  Chimay,  Gilion 
V.  Chin,  Witasse  v.  Borlaimont  und  fällt  dort  (Wolf^  Niederl.  Ss^en 
206  —  209).  Ebenso  bringt  der  niederrheinische  ritter  Wittich  „vom 
Jordan "  eine  sultanstochter  mit  nach  hause  (Hagen ,  Gesamtabenteuer  I, 
nr.  18)^  und  der  ritter  von  Tautenberg  oder  Yarila,  welcher  1274 
durch  Bokndor  und  dann  von  den  Tataren  gefangen  wird,  heiratet  eine 
tatarische  häuptlingstochter ,  welche  1286  starb  und  in  Reinhardsbrunn 
begraben  liegt  (Grässe,  Sachs.  Sagen  I,  224—226).  Noch  wunderbarer 
spielt  das  Schicksal  mit  dem  ritter  von  Gera,  welcher  mit  Heinrich 
von  Plauen  oder  Weida  (er  starb  in  Syrien;  vgl.  Böhricht  I,  s.  19 
und  64  note  105),  dem  grafen  von  Gleichen  und  dem  landgrafen 
Ludwig  1228  nach  Syrien  zog.  Während  der  graf  von  Gleichennach 
zwölfjähriger  gefangenschaft  durch  eine  sultanstochter  befreit  wird, 
kauft  diesen  ein  kaufmann  aus  Bussland  los,  er  wiid  jedoch  dort  von 
den  Tataren  gefangen,  gewint  die  hand  einer  tatarischen  priuzessin, 
kämpft  1241  als  Unterbefehlshaber  (Hocrata)  beiLiegnitz,  entflieht  aber 
und  lebt  am  hofe  Friedrichs  II,  wo  er  „der  Beusse^'  (Beuss!)  genant 
wird  (Grässe,  Sachs.  Sagen  I,  s.  222  fg.).  Zuweilen  wird  auch  der 
kreuzritter  aus  der  gefangenschaft  befreit  zum  danke  für  rettung  des 
herrn  aus  grosser  lebensgefahr,  wie  Otto  v.  Greifenstein,  welcher 
nach  17  jähren  glücklich  heimkehrt  und  sich  im  Ottowalder  gründe 
anbaut  (Grässe,  Sachs.  Sag.  I,  s.  167),  oder  durch  zufall  wie  Edel- 
ruth,  welcher  endlich  nach  siebenjähriger  gefangenschaft  frei  wird, 
aber  zu  hause  seine  treue  braut  tot  findet ,  worauf  er  zu  ihrem  gedächt- 
nis  die  Minneburg  erbaut  (Schnezler ,  bad.  Sagen  II ,  588  —  590). 

Für  tapferen  kämpf  gegen  die  ungläubigen  holte  sich  mancher 
ein  zeichen  ins  wappen,  so  der  giaf  Ekkehard  II  von  Scheyren 
(1147)  den  buntschuh  (Schöppner  IH,  s.  332  fg.)  und  Kuno  von  Bap- 
polstein  einen  halben  Saracenen,  da  er  einen  „Schwabenstreich/^  vrie 
ihn  die  geschichte  des  dritten  kreuzzugs  erzählt  (Nicetas  ed.  Bekker 
543;  vgl.  Sybel,  Erster  Ereuzzug  s.  92),  vollfahi-te  (Stöber,  Elsässische 
Sagen  s.  111),  oder  graf  Philipp  von  Flandern,  welcher  1180  dem 
feindlichen  könig  Nobiliter  von  Abilene  seinen  schild  nahm  und  seit- 


PIB  PECTSCHBM  AUF  PXN  KBBUZZOeSH  823 

dem  dessen  wappen,  einen  schwarzen  kletternden  löwen  im  goldnen 
felde,  flihrte  (Wolf,  Niederländ.  Sagen  s.  194—196).  Das  St.  Qeorgs- 
banner  bringt  der  landgraf  Ludwig  1190  von  'Akkä  heim  nach  Tha- 
rand  (Grässe,  Sachs.  Sagen  I,  s.  245),  ritter  Ulrich  Lantschad  von 
Steineck  bei  Heidelberg,  welcher  1228  wie  der  ßappolsteincr  einen 
Saracenen  erschlagen  haben  soll,  empfängt  davon  sein  Wappen  (Zim- 
mersche  Chronik  IV,  s.  412)  und  sehr  viele  adelsfamilien  nehmen  in  ihr 
Wappen  in  folge  glücklicher  kämpfe  das  kamel  auf  (Märkische  For- 
schungen IX,  55  —  76).  Endlich  nimt  die  stadt  Eisenberg  den  köpf 
eines  mohren  ins  wappen,  weil  der  graf  von  Eisenberg  seinen  leib- 
mohren  unschuldig  aus  eifersucht  hatte  hinrichten  lassen  wollen  (Eisel, 
Yoigtländ.  Sagen  316;  Grässe,  Sachs.  Sagen  II,  317). 

Die  heimkehrenden  pilger  wüsten  viel  neues  zu  erzählen;  im  Ätna 
(„Mons  Gibol'^),  meinte  man  seit  den  kreuzzügen,  ist  ein  teil  der  h5lle 
oder  des  fegefeuers;  die  herkunft  der  Friesen  aus  Indien,  der  Baiera 
aus  Armenien  wird  jetzt  erfunden.  Graf  Wilbrand  von  Paderborn 
(gest.  1233)  erzählt,  bei  Tarsus  sei  ein  glücksberg,  wo  jeder,  welcher 
sich  nüchtern ,  aber  nach  vorangegangener  beichte  und  communion  ihm 
nähere,  einen  glücklichen  fund  mache,  gewönlich  aber  ein  „tischchen 
deck  dich!''  finde  (Wolf,  Deutsche  Mährchen  s.  202).  Sonst  brachte 
man  auch  andere  andenken  an  das  heilige  land  mit.  So  erhält  ein  pil- 
ger von  Neuwerk  aus  Constantinopel  als  geschenk  des  dortigen  Patriar- 
chen einen  goldenen  pokal  mit ,  welcher  wunder  wirkt  (Birlinger,  Volks- 
tümliches aus  Schwaben  I,  s.  228);  die  kreuzbrüder  kehren  1291  mit 
trümmern  ihres  alten  ordenshauses  aus  'Akkä  heim,  die  nachher  in 
den  grund  des  hauses  in  Marienburg  versenkt  werden  (Tettau  und  Temme, 
Preuss.  Sagen  s.  210),  Der  wertvollste  erwerb  jedoch  war  eine  reliquie 
besonders  vom  heiligen  kreuze  (Röhricht  in  Kaumers  historisch.  Taschen- 
buche herausgeg.  von  Riehl  1875,  s.  381 — 383).  Philipp  von  Flandern 
lässt  sich  durch  das  geschenk  einer  kreuzpartikel ,  welche  heut  noch  in 
Gamerage  sich  befindet,  vom  kaiser  Friedrich  bewegen,  nicht  nachdem 
heiligen  lande  zu  ziehen  (Wolf,  Niederländ.  Sagen  p.  249  fg.).  Um  949 
kehrt  der  graf  Rath  v.  Andechs  mit  kreuzsplittern  heim  (Schöpp- 
ner  III,  216),  ebenso  später  der  ritter  von  Krön  bürg  bei  Tarrenz 
(v.  Alpenburg  178)  und  ein  graf  von  Vianden,  welcher  zu  ehren  des 
heiligen  kreuzspahns  sogar  die  bürg  Sponheim  baut  (Grässe,  Preuss. 
Sagen  n,  s.  144  fg.). 

Zum  danke  für  glücklichen  sieg  weiht  man  daheim  monstranzen 
irgend  einer  kirche,  wie  kaiser  Balduin  die  monstranz  Loochristi  (Wolf, 
Deutsche  Sagen  288),  in  folge  von  gelübden  für  glückliche  heimkehr 
errichtet  man  kirchen  und  kapeilen.    So  erbaut  der  graf  Berthold 


824  B.  BÖHBICBT 

y.  Graisbachf  welcher  auf  dem  ffinften  kreuzzage  eine  cyprische  Prin- 
zessin geheiratet  hatte  (1229?  vgl  Röhricht,  Beiträge  I,  s.  48)  seiner 
bürg  Lechsgomünd  gegenQber  das  nouueukloster  Niederschönenfeld 
(Schöppner  I,  365),  ein  elsässischer  ritter  das  kloster  Schauenberg 
(Stober  s.  65),  Stein  v.  Wunuen stein  die  Michaeliskirche  zu  Heil- 
bronn (Meier,  Schwab.  Sagen  s.  342),  ein  Herr  von  Pyrmont  die 
Schwanenkirche  (Schmitz  s.  121  fg.),  Konrad  VIII  von  Bickenbach 
1383  die  Michaeliskirche  zu  Qrubingen  (Schöppner  II,  p.  312  fg.), 
Arnold  v.  Pameln  (nach  1220?)  die  Liebfrauenkirche  auf  demKerse- 
laerberge  (Wolf,  Niederländ.  Sagen  s.  140  fg.),  Hamm  y.  Prüm  die 
kirche  zu  Weihdingen,  wo  man  noch  seine  sklavenketten  zeigt  (Schmitz 
s.  91)  und  Johann  Brömser  von  Küdosheim  (1390)  die  dortige 
Pfarrkirche,  auf  welcher  noch  heute  ein  halbmond  als  Wetterfahne  sich 
dreht  (Grässe,  Preuss.  Sagen  U,  707  fg.);  die  capelle  Maria -Ablass  in 
Cöln  wird  erbaut  durch  einen  rheinischen  kreuzfahrer,  den  Maria 
aus  dem  kerker  gerettet  hatte  (Orässell^  s.  71).  Der  sächsische  kreuz- 
fahrer Wolf  von  Lichtenwalde  opfert  auf  dem  Marienaltare  zu  Ebers- 
dorf ein  mit  gold  gef&Utes  Schiffchen  (Grässe,  Säc)i6.  Sagen  I,  498), 
der  ritter  Hans  von  Dringenberg  schenkt  dem  Paderboiiier  dorne 
den  sternonmantel  Marias,  den  diese  ihm  im  kämpfe  als  schütz  gegen 
die  feindlichen  geschosse  geschenkt  (Seiler  s.  65  fg.).  —  In  der  regel 
baute  man  diese  votivcapellen  nach  dem  muster  der  heiligen  grabes- 
kirche  in  Jerusalem,  vrie  z.  b.  Matthäus  Dambeck  in  Perleberg 
(Temme,  Altmärk.  Sagen  s.  110),  ja  ein  ritter  aus  Brügge  reiste, 
weil  er  auf  seiner  eraten  kreuzfahrt  am  plane  der  grabeskirche  die 
nägel  der  haupttfir  zu  zählen  vergessen  hatte,  noch  einmal  nach  Jeru- 
salem, wo  ihn  jedoch  bald  nach  seiner  ankunfk  der  tod  überraschte 
(Wolf,  Niederländ.  Sagen  s.  258).  Ebenso  wird  wol  auch  die  capelle 
des  heiligen  blutes  in  Unterammergau,  welches  Juditha,  die  gemahlin 
Welfs  I  1101  vom  heiligen  lande  zurückbrachte,  nach  dem  plane  einer 
kirche  Jerusalems  ausgeführt  worden  sein  (Schöppner  lU,  s.  210).^ 
Ferner  benante  man  ganze  gegenden  und  einzelne  orte  mit  namen  aus 
dem  heiligen  lande.  Der  graf  von  Bünau  nante  Orlamünde  Bethle- 
hem (Grässe,  Sachs.  Sagen  U,  401),  der  graf  Eadeloch  alle  berge 
und  Ortschaften  des  Bauracher  gaus  mit  palästinensischen  namen 
(Bochholz,  Aargauer  Sagen  H,  s.  280  fg.),  ebenso  der  graf  v.  Henne- 
berg die  gegend  um  Asbach  (Wucke,  sagen  der  mittleren  Werra  s.  31; 
hierher  gehört  wol   auch    der  „Eamelbrunnen^'  bei  Lengefeld;    vgl. 

1)  nud  ebenso  das  „Jenisalemtor^*  in  Büdingen  nach  entsprechendem  muster, 
das  der  ans  dem  heiligen  lande  heimkehrende  graf  Philipp  von  Isenborg  1487 
erbaute  (Simon,  die  Geschichte  des  Hauses  Issenburg »Büdingen  I,  s.  97). 


■r«" 


DIB  DSUTSCHBN  AUF  DB»  KEBUZZÜOBN  825 

Bechstein,  Frank.  Sagen  I,  270)  und  ein  1440  heimkehrender  ritter 
die  Umgegend  von  Ahrweiler  (Schmitz,  Eifelsagen  s.  110;  andere  bei- 
spiele  bei  Röhricht  in  Kiehls  Taschenbuche  1875,  s.  379).  Auf  diese 
weise  sind  nachweislich  sicher  die  nanien  Turon  (a/Mosel;  vgl.  oben  den 
katalog  s.  299)  und  Montabaur  (Mens  Tabor,  vielleicht  auch  Thom 
ans  Turon,  einer  bürg  bei  'Akkä?)  herzuleiten  (ob  auch  der  name  der 
bürg  Babilonie  bei  OsnabrQck  aus  der  zeit  der  kreuzzüge?  Grässe  II, 
828  fgg.) ,  jedenfalls  auch  die  vielen  biblischen  geographischen  namen 
von  kleinen  orten  und  dörfern,  wie  Jericho,  Neujerusalem,  Calvaiien- 
berg  usw.  Endlich  weihte  man  auch  dem  andenken  gestorbener  pilger 
und  kreuzfahrer  kapeilen  und  kreuze.  So  erbauen  die  söhne  der  hei- 
ligen Hidda,  welche  nach  dem  tode  ihres  gemahls,  des  markgrafen 
Christian  nach  Jerusalem  pilgerte  ^  aber  dort  von  den  liebesanti'ägen 
des  königs  (!)  so  belästigt  wurde  ^  dass  sie,  nm  ihn  von  sich  abzu- 
schrecken, beschlösse  sich,  wie  später  1188  und  1291  die  nennen  Jem- 
sidems  und  'Akkä,  die  nase  abzuschneiden,  zu  Niemitisch  zu  ihrem 
gedächtnis  eine  capelle  (Haupt^  Lausitzer  Sagen ;  vgl.  Böhricht  bei  Biehl 
8.  389),  und  zum  andenken  an  den  vor  'Akkä  1190  gefallenen  grafen 
Gerhard  von  Bieneck  (vgl.  oben  den  katalog  s.  voce)  setzt  dessen 
unglückliche  braut  Giesela  v.  Thnngen  ein  steinernes  kreuz  auf  dem 
Sodenberge  (v.  Herrlein,  Spessartsagen  s.  116). 

Was  sonst  sich  von  sitten  und  andern  historischen  resten 
findet,  deren  Ursprung  die  sage  aus  den  kreuzfahrten  herleitet ^  ist  nur 
unbedeutend.  Es  wird  erzählt,  dass,  als  die  nachricht  von  der  bevor- 
stehenden heimkehr  der  Brüsseler  kreuzfahrer  sich  in  der  stadt  ver- 
breitete, alle  frauen  derselben  ihnen  weit  entgegenzogen  und  dann  mit 
ihnen  auf  dem  rücken  unter  dem  geläute  aller  glocken  zurückkehrten. 
Seitdem  ist  es  sitte,  dass  abends  am  19.  januar,  als  dem  datum  jener 
heimkehr,  alle  glocken  klingen,  dass  der  hausvater  dann  seine  frau 
bewirtet  und  diese  ihn  zuletzt  auf  dem  rücken  in  das  schlafgemach 
ti-ägt  (Wolf,  Niederländ.  Sagen  s.  139;  vgl.  s.  172).  Eine  andere  remi- 
niscenz  an  die  kreuzzüge  ist  der  drache,  dessen  bild  auf  dem  Beifried 
zu  Gent  noch  heut  stehen  soll.  Es  hatten  nämlich  kreuzfahrer  aus 
Gent  und  Brügge  die  tochter  eines  sultans,  welche  Blanka  hiess,  gefiEui- 
gen  genommen,  nachdem  sie  den  sie  beschützenden  drachen  erachlagen. 
Die  Brügger,  welche  hauptsächlich  hierbei  sich  ausgezeichnet,  gründe- 
ten zu  ehren  der  prinzessin  den  ort  Blankenburg  und  schleppten  den 
drachen  mit  sich  fort,  sie  verloren  ihn  jedoch  in  einem  zwischen  ihnen 
und  den  Gentern  deshalb  ausgebrochenen  kriege ,  seitdem  er  heute  noch 
in  effigie  daselbst  zu  sehen  ist  (Wolf  s.  136  fgg.).  Ähnlich  führt  man 
die  entstehung  des  Manneken  Pis  in  Brüssel  auf  die  zeit  der  kreuzzüge 


326  B.  BÖHBICHT 

zarfick.  Als  nämlich  die  heimkehrenden  kreuzfahrer  von  klerus  und 
Volk  in  feierlicher  procession  eingeholt  wurden,  war  unter  den  zuschauem 
auch  Gottfried,  der  söhn  eines  reichen  herrn.  In  dem  moment^  wo 
der  glänzende  zng  an  ihm  vorübergieng,  fieng  er  an  zu  pissen ,  weshalb 
ihn  für  diesen  mangel  an  anstand  die  göttliche  strafe  traf,  indem  er 
an  dieser  stelle  so  lange  pissen  muste,  ohne  aufhören  zu  können,  bis 
er  starb  (Wolf  8.451;  vgl.  von  Winterfeld ,  Manneken  P..s  Berl.  1863). 
Wie  eine  in  Groitsch  (königreich  Sachsen)  verbreitete  sage  berichtet, 
soll  die  dort  schwunghaft  betriebene  lederfabrikation  durch  einen  aus 
seiner  gefangenschaft  heimkehrenden  sächsischen  kreuzfahrer  eingeführt 
worden  sein,  nachdem  dieser  als  sklave  eines  muslimischen  corduaners 
lange  genug  gelegenheit  gehabt,  das  geheimnis  arabischer  lederbearbei- 
tung  zu  lernen. 

Zum  schluss  ist  daran  zu  erinnern,  dass  häufig  bei  diesen  from- 
men Pilgerfahrten  in  acht  mittelalterlicher  weise  auch  der  teufel  sein 
spiel  haben  muss.  Ein  ritter  geht  nach  dem  heiligen  lande,  um  sein 
bündnis  mit  dem  teufel  endgültig  zu  lösen  (Wolf  s.  449  —  451),  graf 
Balduin,  der  spätere  kaiser  von  Constantinopel ,  nimmt  ebenfalls  das 
kreuz,  weil  ihm  der  teufel,  freilich  in  der  gestalt  seiner  eigenen  schö- 
nen gemahlin,  auf  dem  nacken  sitzt  (Wolf  s.  127  —  135).  Mit  hilfe  des 
teufeis  föhrt  nicht  nur  Heinrich  der  Löwe  glücklich  wider  heim  und 
Thedel  von  Walmoden  in  einer  nacht  nach  Jerusalem  (Pröhle,  Deut- 
sche Sagen  s.  14 — 28),  sondern  auch  ganze  beere  von  reisigen  (Wolf, 
Deutsche  Sagen  s.  242  —  244),  wie  die  Napoleouischen  toten  nach  den 
Elysäischen  feldern,  wie  die  „geisterkarawane^*  der  Mekkapilgen 

Nachträge  und  Verbesserungen. 

Es  wird  keinen  kundigen  befremden,  wenn  der  Verfasser  seinem 
kataloge  einzelne  nachtrage  und  Verbesserungen  schon  jetzt  beifügen 
muss;  denn  das  material  ist  eben  zu  weitschichtig  und  wird  durch 
neu  hinzutretende  publicationen  fortwährend  vermehrt.  Es  ist  daher 
nachzutragen : 

S.  135  unten:  Prag,  dompropst  Heinrich  (Zdik)  von,  gieng  zweimal 
nach  Jemsalem ,  zuletzt  1137  und  starb  1151  (Frind,  Kirchengeschichte 
Böhmens  I,  239). 
S.  136  G  ist  zu  lesen:  Adelram,  ministerial  Walchuns  von  Machland 
in  Tirol,  urkundet  1147  als  kreuzfahrer  fürAdmont  (Wichner  s.  217, 
nr.  18;  vgl.  auch  Steiermark.  Urkundenbucb ,  herausg.  von  Zahnl^  281) 
und  geht  mit  diesem  nach  Syrien. 
S.  136  hinter  Arnold  ist  einzufügen:  Arnulf,  (ein  priester?)  aus  Flan- 
dern, berichtet  über  den  zug  der  seepilger  gegen  Lissabon  an  den 


DIE  DEUTSCHEN  AUF  DEN  KREÜZZOOEN  327 

biscliof  Milo  von  Terouaune  (Bouquet  XIV,  325  —  327;  vgl.  Cosack, 
die  Eroberung  Lissabons  1147,  Hallesche  Doctordissertation  1876). 

S.  137  ist  Bilsteiu,  graf  Konrad  von,  mit  dem  auf  seite  141  genan- 
ten Peilstein  zu  identiiiciercn  und  als  beleg  hinzuzufügen  Steierm. 
Urkundenbuch  I,  s.  278. 

Ibid.  für  Disibodenberg,  abt  Cuno  von,  ist  zu  lesen:  Dodechin, 
abt  von  Lahnstein. 

Ibid.  für  Dunkenstein  ist  nach  dem  Steierm.  ürkmidenbuch  I,  s.  252 
zu  lesen  Dunkelstein. 

S.  138  hinter  Eichstädt  ist  einzuiugen:  Eppenstein,  Lantfrid  von, 
urkundet  1147  als  kreuzfahrer  (Steierm.  Urkundenbuch  I,  s.  280). 

Ibid.  zu  Gieche-Plassenburg  ist  nachzutragen:  Steierm.  Urkunden- 
buch 1 ,  302  und  Archiv  für  die  Geschichte  von  Oberfranken  VIII,  2, 
s.  41  fgg. 

Ibid.  zu  Giseler:  Steierm.  Urkundenb.  I,  283. 

S.  139  hinter  Gleiss  ist  -Tozenbach  und  am  schluss:  Steierm.  Urkun- 
denb. I,  273  beizufTigen.  Wahrscheinlich  zog  mit  Siegfried  auch  Ruod- 
bert  von  GL  (Steierm.  Urkundenb.  I,  406), 

Ibid.  hinter  dem  letzten  citat  zu  Kärnthen  ist  nachzutragen:  Steier- 
mark. Urkundenb.  I,  305. 

S.  141  ist  nachzutragen  zu  Fiber:  Steierm.  Urkundenb.  I,  324,  zu 
Regensburg,  domvogt  Friedrich  II  von :  Steierm.  Urk.  I,  373  fg.,  zu 
Riegersburg:  Steierm.  Urkundenb.  I,  279,  zu  Sieghart:  Steierm. 
Urkundenb.  I,  299  fg. 

S.  143  ist  hinzuzufügen  hinter  Toul:  Tovernich,  Reginher  von, 
urkundet  1147  für  Admont  als  kreuzfahrer  (Steierm.  Urkundenb.  I, 
282)  und  hinter  Trient:  Trosmarsdorf,  Heinrich  von,  kehrte  1149 
vom  kreuzzuge  heim  (Steierm.  Urkundenb.  I,  345). 

S.  143  ist  hinzuzufügen  hinter  Wildon:  Winand,  ein  priester  aus  Cöln, 
schreibt  einen  brief  über  die  fahrt  der  seepilger  an  den  erzbischof 
Arnold  I  (herausgeg.  von  Dümmler,  Wien  1851)  und  Windeck, 
graf  Conrad  von,  nahm  1147  am  kreuzzuge  teil  (Montanus,  Vorzeit 
von  Kleve  I,  s.  310). 

Ibid.  D.  ist  hinter  Luden  als  name  des  geschlechts  Lauda  zu  lesen, 
hinter  Ettendorf  als  beleg  für  die  zeit  von  1165  Steierm.  Urkun- 
denb. I,  459  nachzutragen  und  als  kreuzfahrer  nicht  Heinrich  v.  Et- 
tendorf, sondern  Berthold,  der  bruder  desselben^  zu  notieren. 

S.  146  ist  vor  Steiermark  einzuschieben:  Montfort  (bei  Bregenz), 
Johannes  von ,  starb  1179  auf  einer  Pilgerfahrt  zu  Nicosia  in  Cypern, 
wo  er  auch  begraben  wurde  (von  Vanotti ,  Geschichte  der  grafen  von 


•^rwa 


3S8  B.  x6hbigby 

MoDtfort  und  Werdenberg  8.20).  Elsloo,  Winand  Ton,  pilgerte 
1180  nach  dem  heiligen  lande  (Pablications  de  la  soci^t^  d*Arch^ 
logie  de  Limbonrg  1865  bd.  II  s.  145 — 159,  wo  auch  noch  andere 
hoUändieche  pilger  genant  sind).  Pfullendorf,  graf  Badolf  von, 
starb  1180  auf  seiner  pilgerfahrt  (von  Yanotti  s.  6). 

Ibid.  hinter  Brabant:  Mainz,  erzbischof  Christian  von,  kaiserlicher 
Statthalter  in  Italien,  starb  am  25.  augnst  1183  nSissnmpta  cmce^' 
(Jaff^  y  Monnm.  Mognnt.  s.  41 2 ;  Yarrentrapp ,  Christian  von  Mainz  97, 
nr.  8),  and  Mnrek,  Reinbert  von,  ein  ministerial  des  herzogs  Otto- 
kar, zog  vor  1183  nach  dem  heiligen  lande  (Steiermark.  Urkanden- 
buch  I,  591). 

S.  147  zu  Abenberg:  über  das  ganze  geschlecht  vgl.  Yerhandlnngen 
des  historischen  Yereins  für  Niederbaiern  lY,  s.  1  fgg. 

Ibid.  zn  Admont:  auch  im  Steierm.  Urkundenbache  I,  683. 

S.  148  hinter  Basel:  Bassenheim,  Walpot  von,  der  erste  Hochmei- 
ster des  deutschen  ritterordens  (E.  Bey  [Du  Gange],  Les  familles 
d'outre  mer  901:  vgl.  Beyer,  ürkundenbuch  11,  s.  XCII). 

Ibid.  zu  Bentheim  vgl.  Cohn,  Stammtafeln  nr.  215  und  218  A. 

S.  149  statt  Bergelin  ist  der  heutige  stadtname  Beigern  zu  setzen. 

Ibid.  zu  Bogen  ist  zu  bemerken:  ein  graf  Albert  von  Bogen  unter- 
schreibt zu  Neapel  am  3.  jmii  1191  (Neues  Archiv  fQr  die  ältere 
Geschichte  Deutschlands  (Fortsetzung  des  Pertzischeu  Archivs)  I,  157). 

S.  150  zu  Käfernburg:  ein  graf  Günther  v.  K.  unterschreibt  in  Neapel 

am  3.  juni  1191  (Neues  Archiv  I,  157). 
S.  151  zu  Cleve:  vgl.  Cohn,  Stammtafeln  nr.  99. 
S.  152  zu  Döben:  genaueres  über  dieses  ausgestorbene  geschlocht  vgl. 

in  den  Mittheilungeu  zur  Geschichte  des  Osterlandes  YI,  313  fgg. 
S.  153  zu  Gutenberg:  vgl.  Steierm.  Urkundenb.  I,  671  —  674. 

S.  154  idt  zu  Hausen  hinzuzufügen  das  citat:  vgl.  Paul  und  Braune, 
Beiträge  II;  heftS,  345  —  350,  und  dahinter:  Heinrich^  der  Böhme, 
marschall  von  Steiermark,  urkundet  1188  als  kreuzfahrer  (Steierm. 
ürkundenbenb.  I,  681). 

Ibid.  zu  Hochstaden  ist  als  vorname  Lothar  zu  setzen  nach  Beyer, 
Mittelrhein,  ürkundenbuch  II,  s.CCXIYfg. 

S.  155  zu  Hornberg:  über  das  ganze  geschlecht  vgl.  Zeitschrift  für 
die  Geschichte  des  würtembergisclien  Franken  I,  301  fgg. 

Ibid.  zu  Liebenau:  für  ihn  urkundet  1191  sein  vetter,  der  graf  Conrad 
von  Yalei  (Steierm.  ürkundenbuch  I,  713). 

S.  156  zu  Lfittich  ist  als  todestag  nach  Cohn,  Stammtafeln  nr.  99  der 
5.  august  1191  einzutragen. 


DIB  DRUTSCHSM  ADV  DBN  KREUZZCOBN  329 

S.  157  ZU  Melre  ist  nachzutragen:  vgl.  Mittheilungen  für  die  Geschichte 

des  Osterlandes  VI,  s.  379,  wo  übrigens  auch  eine  Urkunde  von  Alb. 

von  Melre  aus  dem  jähre  1190  angefühi-t  wird. 
S.  158  zu  Moseburg  ist  die  notiz  einzutragen,  dass  ein  Konrad  von 

Mosburg  1190  daheim  urkundet  (Zeitschrift  für  die  Geschichte  von 

Niederbaiern  XVII,  s.  99). 

S.  159  ist  hinter  Passau  einzufügen:  Peckau,  Ulnch  von,  urkundet 
1189  als  kreuzfahrer  für  Admont  (Steiermark,  ürkundeub.  I,  G99). 

S.  160  zu  Kabenswalde  ist  zu  bemerken:  vgl.  Cohn,  Stammtafeln 
nr.  179  A. 

Ibid.  zu  Bamsenbach  ist  in  die  klammer  die  frage  einzufügen:  oder 
Kamsberg  in  Baden  ?  vgl.  Bader ,  markgraf  Hermann  Y  von  Baden  s.  86. 

S.  161  zu  Schwarzburg  vor  dem  satze:  Doch  ist  graf  ...  ist  als 
beweis  für  die  richtigkeit  der  vorhergehenden  Vermutung  noch  anzu- 
führen: Cohn,  Stammtafeln  nr.  178. 

S.  163  ist  für  Trübenbach  Triebenbach  zu  lesen  und  als  beweis: 
Steierm.  ürkundenb.  I,  682  beizufügen. 

S.  164  zu  Yelburg  ist  hinzuzufügen:  über  das  ganze  geschlecht  vgl. 
die  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  würtemberg.  Franken  II,  75  fgg. 

S.  167  zu  Zeile  4,  wo  der  bischof  von  Chur  Conrad  genant  wird;  ist 
nachzutragen,  dass  der  zu  jener  zeit  lebende  bischof  nach  Eichhorn, 
Episcopatus  Curiensis  I,  71.  Guido  geheissen.  Sämtliche  übrigen 
namen  können  nicht  weiter  nachgewiesen  werden ;  zu  den  grafen  von 
Eirchberg  ist  Gerbert,  Historia  Silvae  nigrae  I,  426  zu  eitleren,  wo 
dargetan  wird,  dass  die  beiden  brüder  Hartmann  und  Otto  (über  den 
ersteren  siehe  oben  s.  132)  vom  ersten  kreuzzuge  mit  reliquien  heim- 
gekehrt seien.  Zur  gescbichte  des  geschlechtes  der  Zimmern  vgL 
Zeitschr.  för  das  würtemberg.  Franken  VI,  s.  139 — 159. 

S.  170  zu  Ziegenhain  ist  nachzutragen:  graf  Friedrich  von  Ziegen- 
hain (1186 — 1229)  heisst  der  söhn  des  landgrafen  Ludwig  11  von 
Thüringen  (Magdeburger  Geschichtsblätter  VI,  82). 

S.  318:  Bothenbrunnen  (Bätien),  Budolf  von,  pilgerte  1289  (von 
Moor,  Geschichte  von  Gurrätien  I,  s.  196). 

BERI.IK.  R.  RÖHRICHT. 


830  PIBT8CU 

DER   OBERFRÄNKISCHE  LAUTSTAND  IM  IX.  JAHR- 
HUNDERT. 

Unter  „oberfränkisch"  verstehe  ich  mit  Braune  („Zur  kentnis  des 
fränkischen"  in  den  „Beiträgen  zur  geschichte  der  deutschen  spräche 
und  litteratur"  herausg.  von  Paul  und  Braune  bd.  I,  1874  s.  3)  im 
gegcnsatz  zu  mittel  -  und  niedorfränkisch  denjenigen  teil  des  fränkischen, 
welchen  Müllenhoif  in  der  einleitung  zu  den  Denkmälern  in  ostfrk. 
(oder  hochfrk.),  rhein-  und  südfrk.  gegliedert  hat.  Das  wesentlichste 
kenzeichen  des  oberfrk.  gegenüber  dem  mittelfrk.  ist  die  vollständige 
Verschiebung  des  ^,  welches  das  leztere  in  der  endung  des  neutr.  des 
st.  adj.  und  ausserdem  im  prt.  und  prtc.  prt.  der  ersten  sw.  conj. 
bewahrt  liat ,  wenn  stammauslautendes  t  mit  dem  d  des  prt  zusammen- 
trifft. Die  nördliche  grSnze  des  oberfrk.  bilden  etwa  Lahn  und  Mosel; 
über  die  südliche  vgl.  Weinhold ,  Alem.  gr.  4. 

Obgleich  bereits  Müllenhoff  und  Braune  und  ausserdem  auch  Kelle 
in  der  einleitung  zu  seiner  Otfridgrammatik  einige  der  hauptsächlich- 
sten lautlichen  erscbeinuugen  der  oberfrk.  dialekte  des  IX.  jh.  betrach- 
tet haben,  so  schienen  mir  dieselben  einer  näheren  zusammenhängen- 
den Untersuchung  doch  nicht  unwert,  zumal  alle  die  drei  genanten  im 
wesentlichen  nur  den  consonantismus  und  hier  wider  ganz  besonders 
den  stand  der  lautverschiebung  ins  äuge  gefasst  habeii.  Mit  recht  hat 
Müllenhoff  auf  lezteren  seine  einteilung  in  ost-,  rhein-  und  südfrk. 
gegründet  und  auch  ich  habe  da,  wo  ich  die  denkmälcr  einzeln  auf- 
iuliren  muste,  denselben  zur  basis  für  die  gruppiernug  gemacht. 

Um  misverständnissen  vorzubeugen  bemerke  ich  hier  nocli,   dass 

ich  unter   der  bezeichnung  „oberd."   nur  das  alem.  und   bair.  begreife, 

während  mir  dagegen  hd.  ausser   diesen  beiden   auch  das  frk.  (md.) 

umfasst. 

Qnelleii. 

Ag.  =  Augsburger  gebet    MSD.  XIV. 

Fb.  =  Puldaer  beichte.    MSD.  LXXIII, 

Pgl.  ==  Frankfurter  glossen.  Massmann:  „denkmäler  deutscher 
spräche  und  litteratur."    Heft  I,  s.  83  —  90. 

frg.  ==  fragment  einer  interlinearversion  in  einer  Merseburger  hs. 
MSD.  s.  262. 

Ft.  =  fränkisches  taufgelöbnis.    MSD.  LH. 

gl.  A.  =  glossen  zu  Aldhelmi  „ad  virgines  sacras."  Eckhart: 
„commentarii  de  rebus  Franciae  Orientalis."  II,  981,  und  nach  neuer 
vergleichung  der  hs.  durch  Dümmler  in  Hztschr.  XIV,  190  fg. 


DEtl  OBBBFBÄNX.  LAUTSTAND  IM  IX.  JAHBH.  331 

gl.  c*  =  glossen  zu  den  canones  aus  einem  Würzburger  cod. 
Eckh.  comment.  II,  977—978.     vgl.  Lexer  Hztschr.  XIV,  498  fg. 

gl.  c.*  =  glossen  zu  den  canones  ebenfalls  aus  einem  Würzbur- 
ger cod.  Eckh.  comment.  II.  978  —  80.  vgl.  Lexer,  Hztschr.  XIV, 
498  fg.  Dieselben  sind  von  mir  nicht  ganz  beuüzt  worden,  da  der 
lezte  teil  derselben  (von  confecta  facta  kaieritiu  s.  979*"  an)  ein  ganz 
entscliieden  oberdeutsches  gepräge  hat.^ 

gl  Ez.  =  glossen  zum  propheten  Ezechiel  in  einem  Würzburger 
cod.    Eckh.  comment.  II,  981. 

gl.  JD  =  glossen  zu  Jesaias  und  Daniel  in  einem  Würzburger 
cod.    Mitgeteilt  von  Lexer  Hztschr.  XIV,  499  —  500. 

gL  Ir.  =  glossen  zu  den  libri  regum  in  einem  Würzburger  cod. 
Mitgeteilt  von  Lexer  Hztschr.  XIV,  500  —  501. 

Is.  =  Isidor.  Die  altdeutschen  bruchstücke  des  tractats  des 
bischofs  Isidor  v.  Sevilla  „de  fide  catholica  contra  Judaeos''  herausg. 
von  Weinhold.  Paderborn  1874.  (citate  nach  den  Seiten  dieser  ausgäbe). 

Lb.  =  Lorschor  beichte.  MSD«,  LXXIP  (s.  630—31;  fehlt  in 
der  ersten  aufläge),  nochmals  abgedruckt  Germ.  XX,  1  fg.  Vgl.  auch 
Hztschr.  XVI II,  308.). 

Lbs.  =  Lorscher  bienensegen.    MSD.  XVI. 

Lid.  =  Ludwigslied.  MSD.  XI.  (genauer  abdruck  der  hs.  in  die- 
ser Zeitschrift  III,  311  fg.  nach  einer  abschrift  von  Arndt). 

LS.  =  bruchstuck  der  lex  Salica.    MSD.  LXV. 

Mb.  =  Mainzer  beichte.  MSD.  LXXIV*.  Dass  diese  beichte  auch 
ihrer  spräche  nach  in  das  X.  jh.  gehören  solte  (die  hs.  gehört  der  mitte 
dieses  jh.  an),  dürfte  kaum  anzunehmen  sein.  Allerdings  aber  zeigt 
der  zweite  teil  der  beichte  (15  fg.)  ein  etwas  jüngeres  gepräge  als  der 
erste.  Dieses  tritt  besonders  in  dem  umstände  hervor,  dass,  während 
in  zeile  1  —  14  Gmal  gi,  niemals  ge-  steht,  lezteres  von  z.  15  an  aus- 
schliesslich (12  m.)  begegnet.  Ich  erinnere  ferner  an  gihun  1,  dage- 
gen uuirdon  21  und  an  heilegan  10/11,  minan  11,  dagegen  anderen  19. 

Mgl.  =  Mainzer  glossen.  Diut.  II,  282  —  87.  Ein  fragment  der- 
selben glossen  zu  dem  evangelium  des  Matthaeus   (doch  scheint  die 

1)  Bemerkenswert  ist,  dass  in  diesem  teile  der  gl.,  welche  nach  dem  über- 
einstimmenden nrteil  Eckharts  und  Lexers  dem  IX.  jh.  angehören,  sich  bereits 
unleugbare  spuren  des  sog.  Notkenscben  anlautsgesetzes  finden.  Das  präfiz  ga^ 
nämlich  erscheint  als  ü:a-  nur  dann,  wenn  ein  anderes  deutsches  wort  nicht  voraus- 
geht (kaieritiu,  kauuahsti,  kahalote,  kaspriutan,  kazuediot),  als  ga-  dagegen  in 
compositis  nach  n  r  (ungarehodo,  ungafuori,  zoupargiscrib ,  ungahioro,  ungauueri). 
Weiter  kommt  dasselbe  nicht  vor.  Vgl.  Steinmeyer  Hztschr.  XVI,  139,  der  ähnliches 
an  einem  teil  der  Emmeraner  gl.  bemerkt  hat. 

2BIT8CHB.  F.  DBUTSOHB  PHILOLOOIB.     BD.  VII.  22 


332  PIET8CH 

mundart  mehr  ostfrk.  zu  sein,  während  die  von  Mgl.  rheinfrk.  ist)  ist 
von  MüUenhoff  in  Hztschr.  XIII ,  192  veröffentlicht  worden.  Auch  die 
Xantener  gl.  (Mone:  quellen  und  foi*schungen  I,  273  fg.)  sind  mit  den 
Mgl.  aus  einer  quelle  geflossen. 

0  =  Otfrids  von  Weissenburg  evangelienbuch  herausg.  v.  Kelle. 
Begensburg  1856.  —  bd.  II:  laut-  und  flexionslebre  der  spräche  Otfrids. 
Regensburg  1869.  Die  Verweisung  auf  diesen  zweiten  band  bezeichne 
ich  mit  K. 

Pb.  =  Pfölzer  beichte.    MSD.  LXXIV. 

Pt  =r  glossen  in  einem  aus  St.  Peter  stammenden  Karlsruher 
cod.  Diese  glossen  sind  mit  S6  (vgl.  unten)  nahe  verwant,  aber  in 
eine  stark  dem  niedd.  zuneigende  mundaii;  umgesezt  Ich  habe  sie 
daher  nur  zuweilen  vergleichsweise  herangezogen.  Gedruckt  sind  die- 
selben in  Diut.  n,  168  fg.,  denen  aus  SG.  gegenüberstehend  mit  aus- 
nähme der  zu  Prudentius,  welche  II,  311  —  354  unter  der  bezeich- 
nung  C  aufgef&hrt  sind.  Ganz  fehlen  in  diesem  cod.  die  pflanzennamen 
(SG.  VI). 

Kb.  =  Reichenauer  beichte.    MSD.  LXXV. 

rec.  =  lat.  recept  mit  deutschen  glossen  aus  demselben  Würz- 
burger cod.  wie  gl.  c*.    Eckh.  comment.  II,  980  —  981. 

SG.  =  glossen  aus  dem  St.  Galler  cod.  292  und  zwar: 

I.    glossen  zur  bibel.    Hattemer:    „denkmahle  des  mittelalters^' 

I.  246—249.     (Diut.  II,  168  —  179). 

IT.  glossen  zu  „de  viitutibus  apostolorum ''  und  „de  Martino.^^ 
Hattl,  262  —  264  (Diut.  II,  179  —  183). 

IIL   glossen   zu  Priscianus  und  Donatus.     Hatt.  I,  307    (Diut 

II,  185  —  186). 

IV.  glossen  zu  Prudentius.  Hatt.  I,  266  — 270.  (Diut.  II,  311  — 
354,  bezeichnet  mit  G.  3.) 

V.  glossen  zu  Sedulius.  Hatt.  I,  276-277.  (Diut.  H,  186  — 
187,  wo  die  ersten  24  fehlen,  doch  sind  dieselben  im  Sprachschatz 
aufgeführt). 

VI.  pflanzen-  (und  tier-)  namen.    Hatt.  I,  291.    (Diut.  H,  188). 

St  =  Strassburger  eide.    MSD.  LXVIL 

T.  =  Tatian.  herausg.  von  Sievers.  Paderborn  1872.  —  S.  bezieht 
sich  auf  die  einleitung  dieser  ausgäbe. 

Wb.  =  Würzburger  beichte.    MSD.  LXXVL 

Wk.  =  ViTeissenburger  katechisraus.    MSD.  LVI. 


DBB  OBBRFBAKK.  LAÜTBTAND  IM  IX.  JAHBH.  333 

Vooalismus. 

Die   einfachen   vocale. 

a. 

Da  über  die  Veränderungen,  welche  a  durch  umlaut  und  assimi- 
lation  erfähi-t,  und  ebenso  über  die  sog.  brechung  unten  im  besonderen 
gehandelt  werden  soll,  so  sind  hier  nur  die  raodificationen  ins  äuge  zu 
fassen,  welche  a  durch  cons.,  und  ferner  diejenigen,  welche  das  a  der 
präfixe,  der  ableitungs-  und  der  flexionsendungen  erfährt. 

1)  a  durch  eousonanten  beeinflusst« 

T.  zeigt  eine  verdumpfnng  des  a  durch  w  in  zesouün  112,  2;  tresouue  62, 
11  (2);  zesuunä  28,  2.  3;  zesuuün  112,  2;  laluuue  38,  8;  muruutii  146,  1.  Auch 
in  nuitarvün  78,  7  (2);  uuituvvuono  (sie)  141,  12  wird  im  hinblick  auf  uaitauuä 
nuitauün  118,  1  yerdumpfang  anzunehmen  sein  (vgl.  dagegen  8.31).  In  uaitna 
122,  2  (2)  und  vielleicht  auch  in  uuitnuä  7,  9  scheint  der  vocal  ganz  ausgefaUen 
zu  sein.  —  Eine  trübung  des  a  durch  w  liegt  femer  vielleicht  vor  in  uuuntalgi- 
uuittiu  (mutatoria)  gl.  ID.  499»»;  gl.  c*  bieten  gizouuün  978  •  (Gr.  V,  713  belegt 
nur  nocli  zouuitun  VA) ;  Wb. :  eidsuurt  3.  17  (sonst  nur  -suarti ,  -suerti  Gr.  VI,  895) ; 
Mgl.:  gloouue  (hdschr.  glopzxf)  283 '^  (vgl.  glouui  im  Salzburger  cod.  d.  gl.  Mons. ; 
glounar  Augsbg.  gl.);  SG.:  (c)rouuel  246 ^  crouuil  247^  (Pt.  hat  an  crsterer  stelle 
crauuil)  ==■  fascinula;  kruuila  (vngucs)  269  ^  Bei  0.  dagegen  scheint  w  einen  ein- 
fluss  auf  a  nicht  auszuüben,    vgl.  balauue  I,  2,  21;    balauues  IV,  36,  4;    zesauui 

I,  4,  22;   zosauuu  IV,  19,  56;  uuituä  I,  16,  4.  —    Is.  hat  uuombä  33,  22  (0.  T. 
uuamba),  dagegen  unbalauuigom  37,  22,  zcsuün  9,  26. 

Weiter  wird  a  becinflusst  durch  1.  iio  findet  sich  bei  T.  uuerolt  15m.  beson- 
ders in  «ufif  nie  in  JC)  neben  häufigerem  nueralt;  femer  noles  (f.  naUes)  Wb.  8; 
ulozzo  Mgl.  286*  f.  fiazze  (atrio;  Gr.  III,  777);  uueroldem  uuerolti  Wk.  86  und 
Uttcruldi  107.  108  (bei  Gr.  I,  935  koin  beleg  fQr  u  in  diesem  worte);  SG.:  bilorna 
(gingivae)  266^  f.  bilarna  vgl.  bilorna  gl.  Emmcr.  —    0.  kent  nur  unorolt,  so 

II,  22,  4;  24,  46  usw.  und  ausserdem  einige  mal  einfolt  für  einfalt,  so  III,  22,  45; 
V,  23,  165.  —    Die  oberd.  umndartcn  haben  meist  uueralt,  Is.  stets. 

In  sabun  T.  155,  2;  sabon  (a.  sg.)  0.  V,  5,  11,  sabon  (dt.  pl.)  V,  5,  14  hat 
man  woi  nicht  trübung  des  a  durch  n  anzunehmen ;  es  liegen  hier  formen  des  kon- 
sonantischen themas  vor,  vgl.  K.  150  fg.  Dass  jedoch  auch  eine  form  sabun  neben 
saban  ezistierte,  beweist  sabuna  (sindones)  gl.  ID.  499*^. 

2)  a  In  priflxen. 

Da  ga-,  za-,  ant-  fast  durchweg  zu  gi-,  zi-,  int-  geworden,  so 
erwälme  ich  im  folgenden  nur  die  abweichungen  von  dieser  regel. 

Tatiau. 

Cber  geleitit  gohurta  vgl.  assimilation.  Ausfall  des  vocals  in  gloubit  88,  8; 
glihncssi  (3)  (gilihncssi  (3).)  —  Vor  vocalischem  anlaut  bleibt  der  vocal  erhalten, 
es  steht  durchweg  gicnton,  giörön,  giudmnotigön  und  sogar  giirrota  -nn  96,  2.  3. 

ze-  soll  nach  S.  35  sich  104,  2  finden,  doch  steht  im  tezt  zi,  welches  ausser- 
dem an  dieser  stelle  prap.  und  nicht  prafix  ist. 

far-  erscheint  aln  for-  (198)  für-  (103).  Ausfall  des  vocals  samt  r  in  fliosan 
44,  19;  fliose  133,  10;  flurin  199,  6,  sanst  zeigt  auch  dieses  verbum  durchweg  die 
volle  forai.    Über  uirstantet  vgl.  assimilation. 

22* 


334  PIET8CH 

ar-  wird  gewahrt  ausser  in  C»  das  nur  er-  kent.  Auch  sonst  finden  sich 
einige  vereinzelte  er-,  vgl.  S.  35. 

Otfrid. 

ga-  findet  sich  in  ungalouba  III,  8,  44  V;  ungalih  V,  12,  42  (P  hat  beide- 
mal gi-).  Ober  ungumacbu  vgl.  assimilation.  Ausfall  des  i  vor  vocalischem  anlant 
ist  nicht  selten.  Durchweg  steht  girren,  -on  (III,  26,  41;  IV,  15,20;  20,  27; 
36,  14).  In  V.  findet  sich  ferner:  gäzun  III,  6,  43;  IV,  11,  1;  V,  15,  1;  gari 
HI,  6,  18   (ebenso  P.;    andre  formen  dieses  verb.   sind  nicht  belegt.);    geiscötan 

I,  9,  5  (P.  gi-);    gereta  10,12,  28  (P.  gi-);   giahtot  II,  1,  42  VP.    In  gieiscota 

II,  4,  25  (P.  gi-),  gionsta  III,  22,  29  (P.  gj-)  ist  das  i  des  piäf,  in  V.  übergeschrie- 
ben. In  P.  ist  ausserdem  noch  in  einer  anzahl  stellen  i  interpungiert :  gieinOt 
I,  17,26;  III,  15,  2  (sonst  noch  4m.  bei.);  gieiscota  II,  4,  25;  IV,  3,  20  (sonst 
noch  2m.  bei.);  gjougti  I,  14,  14;  gioreta  II,  2,  28  (gihercti  IV,  4,  25  V.;  gicrGti  P.), 
aber  auch  vor  kurzen  vocalen:  gionsta  s.  oben;  giangti  III,  24,  14  (giangtilll,  15, 
51  OP.;  gienge  V,  23,  249  VP.);  giafolön  IV,  7,  43;  gientotun  I,  22,  7.  —  Als 
auffallend  ist  gegenüber  alle  dem  das  verhalten  von  gülen  zu  erwähnen.  In  V« 
findet  sich,  abgesehen  von  giiltlo  I,  22,  2;  gihilit  V,  16,  33  und  giilti  V,  4,  27, 
wo  das  erste  i  erst  nachträglich  hinzugefügt  worden,  nur  giilen  (7);  in  P.,  das 
hier  nirgends  interpungieites  i  hat,  begegnet  jedoch  gilen  III^  6,  45;  gilti  II,  7, 30.  — 
Weiter  findet  sich  der  ausfall  vor  r  in  dregrehti  z.  b.  1, 4, 17 ;  II,  20,  1 ;  ferner  steht 
griuno  I,  27,  85  VF.;  P.  hat  giriuno,  das  I,  19,  9  in  VP.  begegnet.  — 

Über  ze-  vgl.  assimilation.  — 

far-  erscheint  gewöhnlich  als  fir-,  doch  findet  sich  unfarholan  II,  3,  6;  7,  20; 
IV,  34,  7;  V,  25,  55.  Über  unforholan  formonänti  vgl.  assimilation.  Synkope  des 
vocals  und  des  r  findet  sich  nicht.  — 

ar-  erscheint  fast  durchweg  als  ir-.  Statt  ir-  finden  wir  32m.  yr-  geschrie- 
ben, was  auf  ein  schwanken  in  der  ausspräche  dieses  i  hindeutet.  Vgl.  ütfr.  ad 
Liutb.  64 — 68.  Allerdings  wechseln  ir-  und  yr-  bei  denselben  werten,  doch  ist 
lezteres  durchaus  nicht  so  principlos  gesczt,  wie  K.  446  annimt.  Von  diesen  32 
yr-  finden  sich  nämlich  19  am  anfang  der  ersten,  4  am  anfang  der  zweiten  lialb- 
zeile.  In  den  übrigen  9  fiillen  enthält  das  vorhergehende  wort  4m.  e,  2m.  i,  Im.  u. 
Im.  ö.  Im.  ou,  80  dass  in  diesen  vocalen  die  Ursache  des  yr-  nicht  gesucht  wer- 
den kann.  Was  hingegen  jene  ersteren  23  fälle  anlangt,  so  haben  sie  vielleicht 
ihre  begründung  darin,  dass  der  unbestimte  klang,  welchen  der  vokal  dieses  prä- 
fizes  gehabt  zu  haben  scheint,  besonders  dann  stark  hervortrat,  wenn  ein  yocal, 
der  denselben  nach  einer  bestimteu  richtung  hätte  fixieren  können,  nicht  voraus- 
gieng.  Freilich  findet  sich  auch  ir-  im  anfang  der  halbzeilen,  aber  selten,  im 
ersten  buch  4  m.:  I,  2,  32;  3,  34;  13,  8;  23,  24  (an  lezteror  stelle  hat  P.  yr-).  Zu 
beachten  ist  auch,  dass  in  V.  7  m.  yr-  aus  ir-  er-  korrigiert  ist  (davon  3  m.  am 
anfang  der  ersten,  2m.  am  anfang  der  zweiten  halbzeile).  Die  belege  bei  K.446. — 
Von  diesen  yr-  sind  16  VP.  gemeinsam;  6  finden  sich  nur  in  V.,  8  nur  in  P.  — 
Ferner  findet  sich  9  m.  in  VP.  gemeinsam  er-  (II,  9,  55  steht  or-  auch  in  V.,  wonach 
Keiles  angäbe  (s.  446)  zu  berichtigen  ist) ,  Im.  in  V.  allein.  Von  diesen  stehen  2 
am  anfang  der  ersten,  eines  am  anfang  der  zweiten  halbzeile.  Den  er-  im  innem 
des  Verses  geht  2m.  ther.  Im.  gote  voran,  es  kann  also  assimilation  vorliegen. 
Übrig  bleiben  dann  noch  ioh  ervuurbi  UI,  24,  99,  wo  er  ohne  Schwierigkeit  als 
pron.  gefasst  werden  kann  und  I,  21,  1,  wo  thd,  III,  23,  30,  wo  si  vorangeht  — 
ar-  ur-  kent  nur  F.  in  folge  von  assimilation. 


DBB  OBEBFAInK.   LAUTSTAND  IM  IX.  JAHBA. 


335 


1)  gi-  liorscbt  fast  unumschränkt  (auch.  Is.  kont  nur  chi-).  ga- 
zeigen nur:  Fgl.  (15.  85.  144);  Ft.  B.  durchweg;  Wk.  (gameinitö  17^; 
0.  (2).  —  ge-,  welches  dem  gi-  gegenüber  keineswegs  überall  als 
jüngere  form  anzusehen  ist  (vgl.  Steinmeyer  Hztschr.  XVI,  136),  haben 
folgende  denkmäler  (ich  übergehe  die  fälle,  in  denen  wahrscheinlich  assi- 
milation vorliegt):  Fgl.  (36;  14 gi-);  Wb.  (ge-8;  21  gi-);  Mgl.  (11;  15 
gi-);  Mb.  (12;  6  gi-  vgl.  oben  s.  331);  Ag.  (3);  Bb.  (gebodan  13;  17  gi-; 
geroda  10);  Lid.  (ge-  34.  50.  51;  12  gi-;  grgrehtin  59);  St  durchweg 
(6);  SG.  (gewormöt  248  ^  getuuerc  307,  ungesträltemo  270  **;  25  gi-). 
Ausfall  des  i  vor  voc.  anlaut  häufig  bei  0.,  nie  bei  T.  —  Is.  bietet 
nur  chioflfanön  (2). 

2)  ant-  ist  scbon  fast  durchweg  in  int-  übergegangen.  Bewahrt 
ist  ant-  (natürlich  abgesehen  von  den  werten,  welche  dasselbe  wegen 
des  darauf  ruhenden  tones  stets  erhalten)  nur  je  einmal  in  Fgl.  (ant- 
heiz  138);  gl.  c»  (antlaz  979*);  Mgl.  (antleheön  282);  Rb.  (antheizo 
26).  —  ent-  begegnet  nur  in  ensaztän  gl.  c*,  978  \  —  Is.  kent  ant-  in 
antfähan  27,  11;  29,  16  (infähan  4m.);  antlnhhan  7,  9;  antdhehhan 
5,  4;  33,  6. 

3)  za-  ist  zi-  geworden  auch  bei  Is.;  ze-  findet  sich  nur  Fgl. 
(zeuueibit  94);  Mgl.  (zeuuarf  285^). 

4)  far-.  In  der  bchandlung  dieses  präfixes  offenbart  sich  ein 
bedeutender  unterschied  zwischen  dem  ostfrk.  einerseits  und  dem  rhein- 
und  südfrk.  andrerseits.  In  ersterer  mundart  wird  das  a  dieser  Vor- 
silbe, welches  Wk.  noch  durcliweg  aufweist,  das  aber  ausserdem  nur 
noch  in  Ft.  B.  (farläznessi) ;  gl.  c»  (farsonit  978');  Lb.  (8.  16.  43.); 
0.  (4)  begegnet,  zu  u  oder  meistens  zu  o  verdunkelt,  in  lezteren  dage- 
gen entwickelt  es  sich  zu  e,  meist  zu  i. 

Es  ergibt  sich  dies  aus  folgender  Übersicht: 


for- 

T 

Fb.  (3) 

Fgl.  durchweg. 
Ft.  A,  (4) 


Ft.  B.  (7). 
LS.  durchweg, 
gl.  c«  (4). 

St,  29 

Lb,  7 


fur- 
T. 
Fb,  10. 

Ft.  A.  (3).  vgl.  MSD. 
za  LH,  2. 

Wb.  (4) 

Mgl.  (4) 

St,  18. 


SG,  249»» 


fer- 
gl.  ID,  500»» 


Wb,  23. 
Mgl.  (3). 
Mb.  (3). 
Kb,  27. 
Lb,  16. 
Lid,  13. 

SG,  269»... 


fir- 


Is.  durchweg,    [fyr- 
23,  20;  25,  13.] 


0. 

Pb,  8. 

SG,  269»»  (2). 


.Jl  mI 


836 


FISTSCH 


Über  die  gründe ,  welche  far-  for-  bedingen ,  wird  sich  kaam  etwas 
feststellen  lassen.  Über  ihre  Verteilung  auf  die  einzelnen  Schreiber  des 
T.  vgl.  S.  16. 

5)  ar-  (von  den  Wörtern,  welche  wie  arbeit  usw.  ar-  stets  bewah- 
ren ,  sowie  von  denen ,  bei  welchen  dieses  präfix  immer  als  ur-  erscheint, 
z.  b.  urteil  urloub  usw.  sehe  ich  ab).  Auch  hier  treffen  wir  auf  einen 
bedeutenden  unterschied  zwischen  den  3  oberfrk.  mundarten,  wenn  auch 
die  Scheidung  nicht  so  schroff  hervortritt,  wie  bei  far>.  Die  sache 
stelt  sich  hier  so ,  dass  das  ostfrk. ,  besonders  T.  (dessen  er-  auf  rech- 
nung  des  Schreibers  C  zu  setzen  sind)  das  alte  ar-  bewahrt,  das  rhein- 
frk.  meist  er-  (der  ältere  Is.  hat  dagegen  noch  durchweg  ar-),  das 
südfrk.  meist  ir-  eintreten  iHsst. 

Es  erhelt  dies  aus  folgender  tabelle: 


ar- 

T 

Fgl.  durchweg. 
LS,  1. 
gl.  c',  978 •. 
gl.  ID.  (3). 
gl.  c\  979^.. 

Wb,  5 

Lid,  10. 

Wk.  durchweg.  > 


er- 


(T.) 


gl.  ID  (3). 
gl.  c»  (6). 
Wb,  34. 
gl.  A,  191. 
Mgl.  durchweg. 
Lb,  30. 

SG.  (10) 

0.  (10) 


ir- 


St.  30  (2). 
Mb,  11. 
SG,  247 •. 
0. 


3)  a  In  ableitungseudttiigen. 

Bei  der  betrachtung  des  Verhaltens  des  a  in  den  ableitungssilben 
ist  es  nötig  die  unflectierten  formen  von  den  flectierten  zu  trennen.  Die 
ersteren  bewahren  meist  den  urspiUnglichen  vokal,  abgesehen  von  den 
verwantschaftsbezeichnungen ,  welche  Oberhaupt  nur  sehr  selten  (muoter 

1)  Dieses  constante  ar-  erkl&rt  sich  wol  nicht  ganz  durch  das  höhere  alter 
des  Wk.,  es  ist  mir  wenigstens  nicht  gut  denkbar,  dass  in  den  40  —  50  jähren, 
welche  höchstens  »wischen  dem  Wk.  und  der  Vollendung  von  Otfrids  evangelien- 
buch  liegen  können ,  das  südfrk.  seinem  itacistischen  zuge  mit  solcher  rapiditat 
Bolte  gefolgt  sein,  dass  dort  nur,  hier  aber  nie  ar-  erscheinen  könte.  Wenn  wir 
aber  in  betracht  ziehen ,  dass  das  rheinfrk.  in  dieser  zeit  erst  zu  er-  gelangt  war  — 
ich  fasse  dasselbe  als  mittebtnfe  zwischen  ar-  und  ir-,  —  jedenfalls  also  das  alte 
ar-  Iftnger  bewahrt  hatte  als  das  südfrk.,  so  dürfte  dieses  ar-  des  Wk.  geeignet 
sein,  die  auch  durch  andere  momente  zu  stützende  yermutung  zu  bestätigen,  dass 
Wk.  in  einer  dem  rheinfrk.  viel  näher  als  die  Otfrids  liegenden  mnndart  geschrie- 
ben sei.  unerklärt  bleibt  freilich  dann  immer  noch  das  oonstanto  far-  gegenüber 
dem  Isidorischen  und  Otfridischen  fir-. 


DEB  OBEBFRÄSK.  LAXJTSTASD  IM  IX.  JAHBH.  337 

suester  gar  nicht)  -ar  zeigen.  Ich  setze  daher  ihr  -er  immer  als  selbst- 
verständlich voraus,  ebenso  werde  ich  der  werte  andar  aftai*  unsar 
iuuar  nur  dann  erwfihnuug  tun,  wenn  sie  ausnahmsweise  -ar  bewahrt 
haben.  Über  den  möglichen  grund  dieser  erschcinung  vgl.  Braune  in 
den  „beitragen"  II,  113. 

In  den  flectierten  formen  der  mit  diesen  endungcn  abgeleiteten 
Wörter  treten  die  mannigfachsten  Voränderungen  des  a  zu  tage,  welche 
in  der  assimilierenden  kraft  des  flexionsvocals  ihren  grund  haben  oder 
sich  als  Schwächungen  qualiiiciereu.  Obgleicli  über  die  vocalische  assi- 
milation  unten  im  besondern  gehandelt  werden  soll,  wird  es  sich  doch 
nicht  umgehen  lassen  die  durch  assiniilation  hervorgerufeneu  Verände- 
rungen des  a  der  ableitungssilben  schon  hier  zum  teil  mit  in  betracht 
zu  ziehen. 

Tatian. 

1)  ünflectierte   formen. 

a  wird  gewahrt  ausser  in  ander  aftcr,  die  stets,  und  unsar  iuuar,  die  meist 
e  zeigen  ^in  ßyt  überwiegt  a,  in  den  übrigen  abschnitten  e).  Für  -ar  ist  -ur 
eingetreten  in  kcisur  108,  4,  das  auch  in  den  filetierten  formen  nur  -ur  oder 
-or  zeigt. 

2)  Flectiertü  formen. 

Auch  in  den  Üeeticrten  formen  wird  a  in  der  grösseren  anzahl  der  fälle  vor 
allen  vocalcn  gewahrt  und  zwar  nicht  bloss  da,  wo  es  durch  a  der  Stammsilbe 
einigermasscn  gcschnzt  war.  Assimilation  an  den  vocal  der  folgenden  silbe  findet 
öfter  nur  statt,  wenn  derselbe  o  ist;  ist  vor  o  auch  in  der  ablcitungssilbe  c  einge- 
treten, was  öfter  nur  in  manegö  (7  m.  neben  weit  häutigerem  manugö)  geschieht, 
so  wird  sich  meist  nicht  entscheiden  lassen,  ob  assiniilation  oder  Schwächung  vor- 
liegt. S.  39  nimt  leztoro  an,  weil  ;',  welches  sonst  dio  assiniilation  sehr  liebt, 
a  meist  bewahrt,  c  dagegen,  das  im  allgemeinen  der  assimilation  abhold  ist,  sich 
fast  durchaus  der  formen  mit  e  bedient.  Für  die  annähme  einer  mitwirkung  des  o 
spricht  jedoch  der  umstand,  dass  von  dem  vocal  der  folgenden  silbe  unabhängige 
Schwächung  des  a  sehr  selten  begegnet.  Den  von  S.  38  gegebenen  (12)  belegen, 
von  denen  manigiu,  manigu  wol  zu  streichen  sind,  füge  ich  eigina  104,  5  hinzu, 
in  welchem  jedoch  vielleicht  das  ei  der  Stammsilbe  i  hervorrief  (vgl.  0.).  Ein  glei- 
ches köntc  man  auch  in  einiges  (unigeniti)  111),  11  annehmen,  wenn  hier  nicht 
etwa  Verwechslung  mit  einig  vorliegt,  das  sonst  im  T.  streng  von  einag  getrent 
wird.  Ziemlich  häufig  finden  wir  ausfall  des  vocals ,  so  besonders  andre  (etwa  20m.) ; 
andremo  (2);  andres  211,  2;  ferner  stets  östrün,  Östron;  temples,  temple  (etwa 
17  m.)  neben  4  maligem  tempales,  -e;  accre  (3);  altrc  (2);  bluostrun  102,  1  usw. 
vgl.  S.  33. 

Otfrid. 

1)  Ünflectierte  formen, 
-ar  ist  gewöhnlich  gewahrt,  doch  steht  ausschliesslich  ander*  after  (nur  IT,  3, 
51  V.  findet  sich  aftar)  unser  iuuer.    Sonst  findet  sich  -er  nur  in  sunter  II,  12,  79; 

1)  Keiles  angäbe  (s.  436),  dass  V,  17,  77  andar  stehe,  beruht  auf  einem 
Irrtum.    Gemeint  ist  vielleicht  I,  17,  77,  wo  jedoch  andara  steht. 


jr^i«*  ■■. 


838  FiBTsca 

I,  24,  6  PF.  üzer  IV,  3,  16  VP.  ->  Für  *ar  zeigt  stets  -or  keisor  auch  in  den 
flectierten  formen  (vgl.  jedoch  unter  assimilation).  -al  -ag  -an  -ah  sind  stets 
gewahrt. 

2)  Flectierte  formen. 

Meist  e  zeigen  diejenigen  worto,  welche  auch  in  den  unflectierten  formen 
dasselhe  vorhersehend  oder  ausschliesslich  aufweisen.  Von  den  fallen  abgesehen ,  in 
denen  assimilation  angenommen  werden  kann,  weiss  ich  als  ausnähme  nur  anda- 
remo  V,  9,  17  anzuführen. 

Bei  den  modificationen ,  welchen  das  a  dieser  ableitungssilben  sonst  unter- 
liegt, ist  die  assimilation  in  noch  weit  höherem  grade  als  bei  T.  der  hauptfactor, 
ja  man  kann  fast  sagen,  sie  ist  der  einzige. 

Aas  einer  Zusammenstellung  von  etwa  450  hierher  gehörigen  formen  —  der 
schätz  derselben  dürfte  damit  wol  nahezu  erschöpft  sein  —  hat  sich  mir  ergeben, 
dass  auch  diejenigen  Wandlungen  des  a  der  in  rede  stehenden  ableitungsendungen, 
welche  a  priori  als  Schwächungen  angesehen  werden  könten,  wahrscheinlich  zum 
weitaus  grössten  teile  durch  assimilation  hervorgerufen  sind. 

Wenn  wir  von  fater  usw. ,  ander  usw.  absehen ,  so  begegnet  wirkliche  Schwä- 
chung des  a  der  ableitungssilben  —  ich  bezeichne  mit  dem,  wie  mir  scheint,  zu- 
weilen misbrauchten  ausdruck  „Schwächung**  nur  diejenigen  Wandlungen  eines 
ursprünglichen  lautes,  welche  zum  zweck  haben,  die  anstrengung  der  Sprachorgane 
zu  vermindern;  die  vocalische  assimilation,  deren  Ursachen  doch  weniger  in  dem 
streben  nach  bequemlichkeit,  als  vielmehr  in  einer  gewissen  naiven  frcude  an  dem 
klang  gewisser  vocale  zu  liegen  scheinen,  fällt  also  nicht  unter  diesen  begriff  — 
nur  in  sehr  wenigen  fällen.  Diese  sind:  hungiru  II,  22,  22;  göregun  I,  10,  8; 
manegaz  I,  20,  21  VP.;  I,  20,  35  P.;  manego  I,  18,  23  V.;  manegun  IV,  7,  10; 
ödegun  I,  7,  18;  uuurzelün  I^  3,  27;  23,  51.  In  allen  übrigen  fällen,  in  denen  für 
das  a  der  ableitungssilben  e  i  eingetreten  ist,  werden  wir  den  grund  dafür  in  dem 
vocal  der  stamm-  oder  der  flezionssilbe  zu  suchen  haben.  Formen,  wie  ebine 
III,  3,  22;  IV,  29,  6;  ebinu  IV,  29,  14;  finsterun  III,  20,  16;  bitterö  I,  18,  20; 
zehinu  II,  8,  32  erklären  sich  vielleicht  am  besten  durch  die  annähme  einer  vom 
stamm  vocal  ausgegangenen,  aber  nicht  vollständig  durchgedrungenen  assimilation. 

Bei  einigen  anderen  Wörtern  ist  die  assimilation  von  ei  ausgegangen,  ihr 
ergebnis  ist  bald  i,  bald  e,  lezteres  besonders  dann,  wenn  die  endung  e  enthält. 
So  finden  wir  heilag  zwar  einigemal  z.  b.  I,  8,  10  in  unfiectierter  form,  sonst  aber 
nur  heileg-  und  ausserdem  •heiligem  II,  9,  97  P.  (heilogo  I,  8,  24  n.  Ö.),  fenier 
eigan  unflectiert  z.  b.  I,  2,  2;  18,  2,  sonst  nur  eigen-  oder  eigin-,  ausgenommen 
eiganes  I,  21,  6.  Von  heidan  begegnen  nur  formen  mit  -in  und  heidenö  V,  6,  26« 
Bei  einag,  welches  -ag  nur  einigemal  in  F.,  sonst  aber  von  einogo  ll,  3,  49;  eino- 
gon  II,  12,  72.  85  abgesehen ,  nur  -ig  -eg  aufweist,  könte  man  an  vermenguug  mit 
einig  denken,  doch  spricht  die  analogie  der  übrigen  fälle  dagegen. 

Erhalten  bleibt  a  natürlich  besonders  da,  wo  es  durch  ein  a  der  stamm - 
oder  flexionssilbe  gewissermassen  geschüzt  ist.  Unter  den  etwa  200  formen,  die  a 
bewahrt  haben,  sind  113,  die  a  in  der  Stammsilbe,  49,  die  a  in  der  flexionssilbe, 
16,  die  a  in  stamm-  und  flezionssilbe  haben.  Die  relativ  geringe  zahl  der  lezteren 
dürfte  auf  zufall  beruhen ,  da  formen  wie  jämaragaz  V,  23,  33 ;  jämaragemo  IV,  34,  24; 
managaz  H ,  144  u.  ö. ;  managan  IV,  7,  15 ;  mahalta  I,  8,  1  usw.  zur  genüge  bewei- 
sen,  dass  die  spräche  vor  einer  3,  ja  4 maligen  widerholnng  des  a  nicht  zurück- 


DEB  OBEBFBllOE.  LAÜTSTAHD  IM  IX.  JAHBH.  339 

schreckte.  Die  übrigen  formen,  in  denen  a  gewahrt  ist,  obgleich  weder  stamm- 
noch  flexionssilbe  ein  a  enthält,  liefern  weiter  kein  ergebnis,  doch  scheinen  formen 
wie  tbegane  L.  42  n.  ö.;  theganes  I,  10,  6;  legaro  III,  24,  98;  uuesales  V,  19,  57; 
sedale  S,2;  I,  7,  15  darauf  hinzudeuten,  dass  die  spräche  gegen  3  auf  einander 
folgende  kurze  e  noch  eine  gewisse  abneigung  hatte. 

Dass  den  einzelnen  endungcn  eine  grössere  oder  geringere  Widerstandskraft 
gegen  die  assimilation  (oder  Schwächung)  innewohne,  glanbe  ich  nicht  annehmen 
zu  dürfen;  im  allgemeinen  halten  sich  die  formen  mit  a  nnd  die  mit  einem  andern 
vocal  die  wage,  nnr  bei  -ar  ist  ihr  Verhältnis  wie  1 :  2. 

Ober  die  grossere  oder  geringere  assimilationskraft  der  einzelnen  vocale  s. 
nnter  assimilation. 

Ausfall  des  vocals  dieser  ableitungsendungen  findet  ziemlich  selten  statt: 
metrcs  I,  1,  20;  andremo  II,  5,  U;  IV,  11,  50;  12,  13;  29,  41;  fordröno  I,  4,  41; 
scremo  Y,  20,  98  (F:  scregerao);  wo  überall  die  vollen  formen  daneben  begegnen. 
Nur  synkopierte  formen  finden  sich  von  dougan  (dougna  I,  5,  43;  gidougno  I,  8, 18; 

II,  21,  4  ü.  5.;  gidongnen  II,  14,  91)   und  louganjan   (lougnis  lY,  13,  32;  lougnit 

III,  22,  53  u,  5. ;  lougnita  Y,  15,  24). 

Die  kleineren  denkmäler. 

1)  Unflectierte  formen. 

a  wird  meist  gewahrt,  doch  finden  sich  folgende  ausnahmen:  federaht  gl.  c^ 
977»;  uuider-  gl.  c«,  978»;  Wb.  33;  über-  Wb.  26  (2)  (ubar  15,  ubar-  16);  Lb.  7; 
ober  Mgl.  286*;  silber-  Mgl.  286»»;  wazzer-  SG.  263*»;  eigen-  Ag.;  wagen-  SG.  276*; 
labe!  SG.  262*;  scamel  SG.  277^  Der  grund  der  Schwächung  ist  offenbar  meist  in 
der  composition  mit  einem  andern  werte  zu  suchen,  durch  welche  die  betonung 
eine  finderung  erfuhr.  —  ander  after  weisen  nur  -er  auf,  für  unser  begegnet  nnsar 
in  Ag. 

2)  Flectierte  formen. 

Die  ostfrk.  denkmäler  stimmen  im  wesentlichen  mit  T.,  indem  a  meist  gewahrt 
wird,  doch  begegnet  in  Wb.  heileg-  (5)  itelen  11  neben  italia  12.  21,  managiu  34. 
Ausserdem  weiss  ich  nur  noch  -uuizegun  gl.  ID.  500*;  uuöcherö  gl.  c»,  978»*,  for- 
derö  979*;  uunrzelonne  979*»  anznfüliren.  In  den  rheinfrk.  denkmälern  dagegen  ist 
a  nur  in  der  minderzahl  der  fälle  bewahrt.  Die  Mgl.  zeigen  in  den  flectierten  for- 
men nie  a:  unsüberent  283*,  forscelcn,  gemahelün  282  usw.;  Mb.  bietet  heileg-  (3) 
(stadalcs,  sedales  6,  manages  15);  Rb.  heileg-  (4)  manegero  6,  hungareg^  19  (durs- 
dage  19).  Dieses  verhalten  der  rheinfrk.  denkmäler  stimt  sehr  gut  zu  Is.,  welcher 
in  den  flectierten  formen  von  manac,  heilac,  hruomac  nur  e,  in  den  nnflectierten 
nur  a  kent  (vgl.  auch  huuedheru  15,  17  u.  5.  uuazsserum  15,  7.  12).  Die  formen 
der  südfrk.  denkmäler  liefern  weiter  kein  ergebnis:  Wk.  hat  heilag-  heilog-  heileg- 
vgl.  assim.,  ferner  thiuuuideru,  -o  89.  90;  einagon  44,  cbaner  88,  eigan^m  98; 
Lb.  heilagün  15,  manages  35,  stadalo  23;  sedelo  22;  Pb.  heileg-  (4);  stadales,  seda- 
les 5.  In  SG.  dagegen  stehen  17  formen  mit  e  (leberun  246*,  leiterä  263*,  ziegc- 
lün  307,  gioadeger  263*  usw.)  nur  quatala  lumbala  246*,  malaha  263^  segale  270*, 
und  das  singulare  peffares  246*  (das  wort  zeigt  sonst  nur  in  der  nnflectierten  form 
einige  wenige  mal  -ar.    Gr.  III,  330;  lY,  1269)  gegenüber. 

Übereinstimmend  mit  T.  zeigen  die  ostfrk.  denkmäler  ziemlich  häufig  syn- 
kope  des  a:   andran  Fb.  4;   sundrdt  Fgl.  9,  fordrunga  57,  furdrit  41  ;>    bluostrum 


840 

Ft.  (2);  nnsabrnn  Wb.  5;  LS.  hat  durchweg  aiidhres»  andhran.  In  den  rheinfrk 
dcnkmälern  findet  sich  imr  ansabrondi  Mgl.  286*,  was  wol  nur  zofall  ist,  da  das 
liäufige  vorkommen  der  synkopo  bei  Is.  (vgl.  Weinh.  Gl)  zeigt»  dass  dieselbe  im 
rheinfrk.  schon  früh  verbreitet  war.  Die  sudfrk.  dciikroäler  liefern:  giansnbrida 
Lb.  34;  andbrcmo  Wk.  23,  hlättm  31,  diofies  11;  -adrun  SG.2(>3^,  -ädra  264* 
(-äderon  276»'),  werscüM  267*,  gcisla  277^  inorha  291. 

Eiue  besondere  behandluDg  erfordert  die  endung  -ari,  weil  das 
fränk.  im  gegensatz  zu  dem  oberdcutsclien  dieser  zeit  (Weinh.  agr.  255; 
bgr.  212)  an  stelle  des  a  häufig  e  zeigt.  Grimm  (gramm.  II,  125  fg.) 
nahm  für  T.  durchweg  -ari  an,  für  0.  wolte  er  einen  unterschied  zwi- 
schen den  o-  und  4  silbigen  nomina  auf  -ari  statuieren.  Er  meinte^ 
dass  -ari  den  3  silbigeu  mit  erster  langer  und  den  4  silbigen  mit  erster 
kurzer  silbe  zukomme,  -ari  dagegen  den  3 silbigen  mit  erster  kurzer 
und  den  4  silbigen  mit  erster  langer  silbe.  Bei  diesen  lezteren  trete 
dann  zuweilen  der  umlaut  ein  ebenso  wie  bei  T.  Grimm  glaubte  also 
offenbar,  dass  a  durch  den  tiefton  des  wertes  gedehnt  werde.  Kelle 
(0.  II,  455)  hat  das  unhaltbare  dieser  aufstellung  nachgewiesen,  aber 
er  behauptet,  dass  in  dieser  endung  überall  &  angenommen  werden 
müsse  und  demnach  in  den  formen ,  welche  e  zeigen ,  umlaut  des  ä 
vorliege.  Sievers  (Tat.  s.  42)  hat  für  T.  schwanken  zwischen  -ari  und 
-äri  angenommen. 

Was  zunächst  die  kleineren  denkuialer  angeht,  so  bieten  dieselben  folgende 
formen  mit  a:  Fgl.  uuiari  8,  rectbrecharill3;  gl.  ID.  gongalari499*;  gl.  c^  camara- 
rim  978*;  Wb.  carcar(i)  7;  Mgl.  luginari  282,  lichesara,  traganarä  283*,  nötnnmf- 
tara  283",  bilidaros  286**.  (Für  sngalara  (tibicines)  283"  ist  suegalara  zu  lesen); 
Lid.  luginari  skachari  17;  SG.  morsari  247*,  huarari  262^,  munizari  264*,  gouggi- 
lari  266",  phcdcrari  268",  mczlari  276",  sutari  277".  Auch  andarl  (catarresis,  secnn- 
dum  iudiciura)  307  rechne  ich  hierher ,  da  das  wort  gewiss  nicht  mit  Gr.  I,  377  zu 
andar  zu  stellen,  sondern  als  eine  bildnng  mit  -ari  zu  anado  gehören  wird.  Diesen 
21  formen  mit  a  stehen  nur  2  mit  e  gegenüber:  siteri  (mediator)  Fgl.  85,  wofür 
mit  Gr.  VI,  163  slihteri  zu  lesen  ist;  minnerä  (amatorcs)  gl.  Rz.  Ausserdem  begeg- 
net -iri  in  rätiri  SG.  2^16",  iJÜiri  248",  ruihiri  263". 

Bei  T.  stehen  49  formen  mit  e  47  mit  a  gegenüber ;  bei  0.  13  formen  mit  e 
(K.  455  gibt  nur  12,  es  fehlt  älteres  I,  4,  22)  34  mit  a.  Übereinstimmend  zei- 
gen e:  altari  (T.  3  -ar,  3  er;  0.  2  -ar,  2  -er);  scahari  (T.  2  -er;  0.  3  -er,  2  -ar); 
karkari  (T.  3  -ar,  7  -er;  0.  5  -ar,  1  -er  P.);  lichizari  (T.  5  -ar,  10  -er;  0.  1  -er). 
Die  andern  Wörter,  welche  bei  0.  -er  zeigen:  driagari  (1  -ar,  1  -er);  huarari  (1  -er); 
kostinzari  (1  -er);  saltari  (2  -er);  scephari  (1  -er)  sind  beiT.  nicht  belegt  Folgende, 
welche  bei  0.  nur  -ar  haben,  weisen  bei  T.  auch  -er  auf:  buohhari  (13  -ar,  6  -er), 
scribari  (1  -ar,  10  -er),  gartaii  (1  -er),  munizzari  (1  -er),  solari  (1  -er),  spentari  (1  -er). 

1)  „proneatur."  Man  wird  wol  für  diese  form  und  für  ginurdirit  A.  (nach 
Graff)  ein  verbum  furdarjan  ansetzen  müssen.  Entstellung  ausfordarön,  die  Gr.  III, 
637  für  möglich  h&lt,  dürfte  nicht  vorliegen. 


BSB  OBEBFBIkK.   LAIJTSTAND  DC  IX.   JAHRE.  841 

Übcreinstimmead  zeigen  bei  0.  und  T.  nur  -ar:  betalari  (0.2;  T.  3);  fisgari 
(0.  1;  T.  3);  uai(au)ari  (0.  1;  T.  3).  Von  denen,  welche  bei  0.  asäiniilatlon  auf- 
weisen (spihiri  I.  28,  16;  Icitiri  IV,  16,  23), *  ist  nur  das  eine  bei  T.  durch  leiten 
215.  2  belegt;  bei  T.  findet  sich  -iri  nur  in  bigcngiri  132,  18;  167,  1.  Alle  übri- 
gen hierher  gehörigen  noiuina  sind  nur  einseitig  belegt.  £s  sind  dies  bei  0.  fol- 
gende, die  nur  -ar  aufweisen:  bredlgari  (2),  heilari  (1),  gODgalari  (1),  luginari  (2), 
mezalari  (2),  scuuhiri  (1),  sekilari  (2),  zabtari  (1).  —  Bei  T.:  nur  -er  zeigen: 
asneri  (1),  boteri  (1),  biboteri  (1),  bihalteri  (2),  bigangeri  (-gcngiri  (2);  gangere 
102,  2),  hunteri  (1),  intllheri  (1),  unantaleri  (1);  nur  -ar  dagegen:  arnari  (2),  cen- 
tenari  (4),  custari  (1),  lerari  (2),  mclduri  (1),  nötnunipftari  (1),  rihtari  (1),  tci- 
lari  (1),  toufari  (6),  trnmbari  (1),  uuartari  (1),  uuizinari  (1). 

Wäluend  also  bei  0.  -er  auf  9  wovte  beschränkt  ist,  von  denen 
nur  die  4  Mos  je  einmal  belegten  kein  -ar  daneben  aufweisen,  und 
denen  18  mit  ausschliesslichem  -ar  gegenüberstehen  ^  zeigen  im  T.  von 
den  33  Wörtern  auf  -ari  14  ausschliesslich  -ar,  14  nur  -er,  5  -ar  und 
-er  (doch  so,  dass  auch  hier  -er  überwiegt,  vgl.  oben);  von  den  klei- 
neren denkm.  liefern  nur  die  ostfrk.  2  belege  für  -er.  Ausserdem  bie- 
tet Is.  sangheri  9,  30;  13,  17,  dem  nur  altari  33,  7.  12  gegenübersteht 
Der  umstand,  ob  die  endung  c  resp.  i  oder  einen  andern  vocal  enthält, 
ist  von  keinem  einfluss.  Es  findet  sich  bei  0.  vor  e  i  7m.  -er,  27m. 
-ar  (vor  andern  vocalen  6  -er),  bei  T.  vor  folgendem  e  i  32m.  -er, 
38  m,  -ar  (vor  andern  vocalen  19  -er). 

Dass  die  endung  -ari  die  ilir  nach  ausweis  der  verwanten  sprachen 
ursprünglich  zukommende  länge  des  a  im  germ.  aufgegeben,  zeigt  schon 
das  got.  -areis  statt  des  sonst  zu  erwartenden  -ereis  (Holtzmann 
gramm.  5  ist  jedoch  geneigt  -äreis  anzusetzen,  wie  mir  scheint,  ohne 
zureichenden  grund)  und  das  ags.  -ere.  Für  das  oberd.  der  ältesten 
zeit  ist  der  entscheid  schwierig;  zwar  lässt  sich  hier  wol  kein  -eri 
nachweisen,  aber  bezeichnuug  der  länge  begegnet  erst  bei  Notker, 
woneben  sich  auffallend  genug  auch  -eri  findet  (vgl.  gramm.  II,  127). 
Für  das  oberfrk.  aber  glaube  ich  entschieden  die  kürze  des  a  als  das 
ältere  annehmen  zu  müssen.  Wäre  hier  -äri  erst  allmälich  in  der  zeit 
unsrer  denkm.  au  stelle  von  früherem  -äri  getreten,  so  könte  diese 
kürzung  nur  von  dem  durch  die  quantität  der  Stammsilbe  bedingten 
natürlichen  tonverhältnis  der  betreffenden  Wörter  abhängig  gedacht  wer- 
den und  zu  solcher  annähme  bieten  die  augeführten  belege  für  -eri 
durchaus  keinen  anhält.^    Mithin  wird  anzunehmen  sein,  dass  -ari  im 

1)  Auch  färirä  IV,  16,  14  VP.  (-ara  F.)  wird  hierher  zu  rechnen  sein.  Ausser- 
dem begegnet  färari  IT,  4,  5. 

2)  Keiles  annähme,  dass  in  dieser  endung  durchweg  ä  angenommen  werden 
mdsse  und  demnach  e  u miaut  von  ä  sei,  widerlegt  sich  m.  e.  durch  die  erwägnng 
der  un Wahrscheinlichkeit,  dass  der  uinlaut  hier,  in  einer  ableituugsendung,  das 
ziel  schon  erreicht  haben  solte,  zu  welchem  er  da,  wo  er  eigentlich  an  seinerstelle 


Si2  PISTSCH 

oberfrk.  des  IX.  jahrb.  allmälich  in  -äri  überzagehen  begiut.  Diese 
Verlängerung  aber  kann  ebenfalls  nicbt  von  dem  natärlicben  tiefton  der 
Wörter  abhängig  sein,  vielmehr  ist  der  grund  derselben  zu  suchen  in 
dem  auch  sonst  deutlich  sichtbaren  streben  der  spräche,  vielgebrauchte 
und  ihr  lieb  gewordene  ableitungsendungen  in  ihrer  plastischen  deut- 
lichkeit ,  d.  b.  mit  dem  ursprünglichen  vocal  zu  erhalten  (vgl.  H.  RQckert, 
geschichte  der  nhd.  Schriftsprache  I,  327  fg.).  Dies  soll  hier  durch 
dehnung  des  vocals  erreicht  werden  und  daher  komt  es^  dass  neben  den 
umgelauteten  formen  so  viele  mit  erhaltenem  a  stehen:  die  geistigen 
und  die  mechanischen  mächte  der  spräche  liegen  mit  einander  im  kämpf. 
Die  wenigsten  fortschritte  hat  diese  beabsichtigte  dehnung  des  a  im 
ostfrk.  gemacht;  hier  begegnen  die  meisten  -eri  und  der  umstand,  dass 
die  mehrzahl  der  -eri  bei  Tat.  dem  jüngsten  Schreiber  ^  angehört  (vgL 
die  von  S.  42  gegebene  Übersicht  über  das  vorkommen  von  -aii,  -eri), 
legt  die  Vermutung  nahe,  dass  auch  den  älteren  Schreibern  das  a  noch 
vorwiegend  als  kurz  galt,  wenn  es  gleich  vom  umlaut  noch  nicht  in  so 
weitem  umfang  ergriffen  war.  Die  wenigen  belege,  welche  die  rhein- 
frk.  denkmäler  liefern,  lassen  keine  entsclieidung  zu^  doch  beweist  das 
oben  aus  Is.  angeführte  sangheri  das  frühe  eintreten  des  umlauts.  Im 
südfrk.  dagegen  hat  die  Verlängerung  offenbar  schon  weitere  fortschritte 
gemacht:  a  bleibt  daher  meist  erhalten.  Zu  beachten  ist,  dass  die 
-eri  zeigenden  Wörter  bei  0.  altüberlieferte  zu  sein  scheinen,  während 
es  von  mehreren  der  nur  -an  aufweisenden,  wie  bredigari  heilari  scua- 
lari  und  besonders  sekilari  zuhtari,  welche  bei  0.  zuerst,  und  leztere 
beiden  sogar  nur  bei  ihm ,  vorkommen,  recht  gut  denkbar  ist,  dass  sie 
erst  von  0.  mit  der  der  Verlängerung  zuneigenden  endung  geprägt 
wurden.^    Vgl.  auch  Henning,  sanctgallische  Sprachdenkmäler,  76  fg. 

4)  a  in  flexionsendungren. 

1)  -a  im  n.  sg.  d.  sw.  m.  ist  nur  noch  selten  gewahrt.  Es  bieten  T. :  furira 
38,  1;  vurista  94,  3;  SG.  keuera  268*  (ebenso  Pt).  (Gr.  IV,  378  belegt  keuero 
neben  gewöhnlichem  keuar.)  —  Is.  hat  hohista  21,  28 ,  welches  Weinhold  (Is.  s.  81) 
wol  mit  unrecht  für  Schreibfehler  hält. 

2)  -a  im  n.  a.  sg.  der  fem.  der  a-decl.  a.  d.  st.  adj.  ist  meist  gewahrt. 
T.  bietet  graobe  84,  7;  fuzze  87,  3  nsw.,  besonders  hänfig  sie,  thie.  Alle  diese  -e 
in  apy  vgl.  S.  35.  Femer  findet  sich  unerimaote  (absynthium)  gl.  c',  977*,  mana- 
birge  (cancellos)  977*;  mine  Kb.  12  (mina  2  m.  in  derselben  zeile);  münze  SG. 
269»»;  thie  0.  (7). 

war,  in  den  Stammsilben,  erst  so  viel  später  gelangte.  Auch  die  beiO.  (und  sonst) 
begegnenden  -iri  sprechen  wol  gegen  das  ä,  da  assimilation  von  ganz  verschwin- 
denden und  nicht  einmal  sicheren  ausnahmen  abgesehen  nur  kurze  vocale  trifft. 

1)  mezalari  findet  sich,  wie  oben  angeführt,  auch  in  SG.;  die  ihm  von  K.  153 
gegebene  bezeichnnng  als  nur  bei  0.  vorkommend,  ist  also  zu  streichen. 


:DEB  OBEBFRÄNK.  LAVTSTANI)  im  Dt.  JAHRH.  343 

3)  -an  im  acc.  sg.  m.  des  st.  adj.  ist  meist  i^owahrt.  Doch  findet  sich  -eu 
zuweilen  bei  T.  besonders  in  y,  aber  auch  in  uß,  vgl.  S.  35.  Ausserdem  bieten 
Mgl.  urgtiolen  286*'  (2  -an);  Älb.  anderen  19  (2  -an);  ÖG.  aneherciken  (vecordem) 
248^;  0.  diuren  III,  4,  36;  mitten  HI,  17,  9;  IV,  24,  23  vgl.  K.  283. 

4)  -an  im  prtc.  prt.  der  st.  verba  ist  meist  gewalirt^  auch  in  den  flectierten 
formen.  Doch  findet  sich  bei  T.  z.  b.  gisehenemo  210,  1  (-ancino  19G,  4);  farlä- 
zenen  19,  2;  118,  4  (-anOn  19,  3;  89,  1)  und  gisalzen  95,  5  (2),  doch  ist  beidemal 
e  radiert.  Ferner  bieten  gl.  ID.  blibcnär  500*,  habcrhougcn  500** ;  gl.  c*  erfundenan 
979**;  Wb.  gislizzenemo  29;  Mgl.  erhaben  284';  Mb.  ferbrocheneru  9;  Wk.  ungi- 
scaifcne  nngimezzenO  63;  ungimczzener  64;  SG.  brliabeneru  266';  0.  bidrogenu 
I,  22,  17  VF.;  giscribeno  II,  3,  3;  giborgcnero  II,  20,  6  VF.;  gilegcnan  IV,  7,  15 
VF.;  gihaltenera  V,  12,  29.  Über  -en  in  den  flectierten  formen  des  prtc.  prt.  bei 
Is.  vgl.  Weinh.  Is,  76  fg. 

5)  -an  des  inf.  ist  bei  d.  st.  vcrben  meist  gewahrt,  bei  den  sw.  verben 
der  I.  cj.  dagegen  und  bei  denjenigen  starken,  deren  präsensstamm  eine  Vermeh- 
rung durch  j  erfahren  hat,  ist  meist  schon  -en  eingetreten.  Im  ganzen  dasselbe 
Verhältnis  findet  sich  auch  in  den  sog.  fiecticrten  formen  des  inf. 

Im  T.  findet  sich  -en,  -enncs,  -enne  der  st.  vcrba  nur  zuweilen  in  Kß)% 
dagegen  begegnen  nur  diese  formen  in  gl.  ID.  gl.  c^,  Wb.  Ausserdem  findet  sich 
in  Mgl.  1  -en  (1  -an,  1  -aune),  in  Pb.  2  -enncs  (1  -an)  und  bei  0.  nemcn  II,  10,  12; 
uunafen  (:  ruafan)  IV,  18,  39,  4m.  findet  sich  dieses  -en  im  reim  auf  -en  (-en)^ 
vgl.  K.  125.  —  Ein  schwanken  zwischen  -an  und  -en  acheint  sich  in  Fgl.  zu  offen- 
baren, wo  neben  llmaligem  -an  (rosp.  -a)  und  spane  (sollicitare)  122  sich  unerda^n 
11  forbere'n  15  findet.  —  Is.  kent  bei  den  st.  verben  nur  -an,  welches  auch  bei 
den  schw.  (abgesehen  von  bichcnnen  11,  8,  archennenne  3,  17)  durchsteht. 

Die  sw.  verba  I.  cj.  und  die  im  prs.  durch  j  vermehrten  starken  zeigen  im 
T.  noch  etwa  20  -an  (besonders  in  JJ'),  gar  keine  bei  0.  Von  den  ftbrigen  denk- 
mälern  bieten  Fb.  1  -anne;  Fgl.  2  -anne;  Mgl.  1  -an;  Bb.  1  -an;  Wk.  2  -an. 

6)  In  der  1.  2.  3.  pl.  prs.  iud.  findet  sich  nur  noch  sehr  selten  das  ursprüng- 
liche a.  T.  hat  faramcs  82,  12;  gisehat  82,  11';  ezzant  84,  4;  85,  4,  also  nur  in  y; 
an  3  andern  stellen  desselben  Schreibers  ist  a  in  e  corrigiert..  Doch  ist  dieses  -a- 
vielleicht  secundfir  vgl.  S.  37.  41.  Ferner  findet  sich  arrOfant  Fgl.  114  (3  -ent); 
muodant  bitriogant  gl.  A.;  in  Wk.  giuötamOs  70  gilaubamcs  bijehamds  84,  hrua- 
niames  103  (uuelaquedhcmes  103 ,  ausserdem  5  m.  -cm).  Bei  0.  ist  I,  17,  69  in  V. 
fimemcn  aus  firneman  corrigiert.  —  Bei  Is.  herscbt  in  der  3.  pl.  noch  -ant  (uuel- 
lent  25,  24;  sitzent  33,  10  ausgenommen),  in  der  1/2.  pl.  dagegen  -emes  -et. 

7)  In  der  endung  des  prtc.  prs.  -anti  ist  bei  den  st.  verben  a  noch  öfter 
erhalten,  doch  überwiegt  auch  hier  schon  -enti,  welches  die  sw.  verba  fast  durch- 
weg aufweisen.    Ähnlich  ist  das  Verhältnis  bei  Is. 

T.  kent  -anti  noch  85m.  (davon  finden  sich  67  in  naß,  keines  in  Q  bei  star- 
ken und  12m.  (nur  in  uy  und  in  ilanti  114,  1  (J))  bei  sw.  verben.  S.  37.  0.  hat 
neben  gewöhnlichem  -enti  noch  4  m.  beranti  I,  3,  7  usw.  (nur  I,  5,  62  steht  berenti), 
femer  sprcchanter  I,  9,  29  VPF.  riazanter  III,  24,  63  PF.;  in  einigen  anderen  fäl- 
len scheint  a  durch  assimilation  hervorgerufen,  vgl.  E.  119.  —  Von  den  übrigen 
denkmälem  bieten  Fgl.  2  -anti  (5  -enti);  gl.  c>  2  -anti;  gl.  A.  ginizantemo;  MgL 
üzsihante  286'  (sonst  -endi);  Lb.  2  -andi;  Mb.  1  -andi;  Wk.  geltanti  98  (4  enti); 
Pb.  3  -anti,  1  -enti  und  ausserdem  släfaenti  6. 

Zum  schluss  erwähne  ich  noch  einige  falle,  in  denen  abfall  von  auslauten- 
dem -a  eingetreten  ist. 


344  t»IBTSCH 

Für  fona,  welches  nar  104,  2.  3  begegnet,  erscheint  bei  T.  stets  fon. 
Ausserdem  bieten  es  vor  cons.  von  oatfrk.  denkniälcrn  LS.  (2)  und  frg.  (2).  Dage- 
gen hat  Wb.  fona  (4).  0.  soll  fon  nach  K.  420  nur  vor  vocalischem  anlaut  haben, 
doch  ist  dies  ein  irrtam,  denn  von  den  augeführten  stellen  weisen  nicht  weniger 
als  9  fon  vor  cons.  und  nur  2  vor  vocalen  auf;  fona,  welches  K.  als  die  bei  0. 
übliche  form  hinstellt,  findet  sich  nur  3m.  Is.  kont  nur  fona,  St.  17  aber  steht 
fon.  Im  T.  steht  ferner  neben  oba  (in  0  sehr  häufig  ob,  nicht  nur  vor  vocalen, 
sondern  auch  vor  cons.,  z.  b.  ob  thü  135,  12.  20;  198,  1.  Nicht  auffallen  kann 
wegen  der  kaum  noch  consonantiachen  natur  des  fränkischen  anlautenden  h:  ob 
her  135,  15;  150,  3,  das  auch  Lid.  10  begegnet.  Auch  bei  0.  ist  ob  häufig,  aber 
nur  vor  vocalen ,  vgl.  K.  426.  Ebenso  findet  sich  abfall  des  a  in  uuant  für  uuanta 
vor  vocalen  bei  T.  (174,  3 ;  175,  5  usw.)  und  0.  (vgl.  K.  424).  Bei  0.  ist  femer  -a 
der  1/3.  sg.  prt.  ind.  der  sw.  verba  vor  folgendem  vocal  etwa  180  m.  abgeworfen, 
was,  so  viel  ich  sehe,  bei  T.  nicht  vorkomt. 

a. 

ä  ist,  soweit  es  seine  ursprüngliche  Quantität  noch  bewalirt  hat, 
gar  keinen  modificationen  ausgesezt. 

thar  wird  bei  T.  sehr  häufig  zu  ther,  der,  de  gewandelt,  wenn  es  enklitisch 
dem  pron.  relat.  folgt.  S.  41  liat  auch  diesem  thar  die  länge  des  vocals,  welche 
für  die  ortspartikel  durch  4roaliges  tliär  (7,  9;  129,  3.  4.  7)  erwiesen  wird,  zuge- 
sprochen, doch  wird  man  wol  besser  mit  Harczyck  (Hsstschr.  XVII,  77)  für  dieses 
enklitische  anhängsei  kurzen  vocal  ansetzen.  Es  ergibt  sich  dies  aus  dem  um.stande, 
dass  die  ortspartikel  thar  nie  in  der  abgeschwächten  gestalt  erscheint,  das  enkli- 
tische tliar  dagegen  sich  fast  ebenso  oft  als  tlier  usw.,  wie  als  thar  findet.  — 
0.  kent  fast  nur  thar,  doch  dürfte  auch  hier  dasselbe  in  seiner  function  als  cnkli- 
tikon  kurz  sein,  da  sich  the  L.  75;  IV,  3r>,  11;  V,  11,  39  findet.  —  Aus  den  übri- 
gen denkmälem  führe  ich  noch  diude  Wb.  13.  21  diud  2  auf. 

Was  das  -ä  der  cnduiig  des  gen.  sg.  der  st.  f.  anlangt,  so  ist  dasselbe  bei 
T.  meist  noch  erhalten,  doch  findet  sich  schon  zuweilen  -u:  erdu  57,  3.  5;  C7,  7; 
b61u  90,  5  usw.,  vgl.  Dietrich  bist,  decliu.  8.24.  Harcxyck  (Flztschr.  XVII,  77)  hat 
die  länge  dieser,  wie  überhaupt  aller  eudungon  im  Tat.,  aus  dem  gründe  bezwei- 
felt, weil  die  Schreiber,  welche  a  zur  bezeichnung  der  länge  verwenden  {uuf),  die- 
ses zeichen  zwar  etwa  500m.  richtig  auf  Stammsilben,  niemals  aber  auf  eine 
endung  setzen.  Dass  er  darin  zu  weit  geht,  hat  Braune  (beitr.  II,  145)  überzeu- 
gend nachgewiesen.  0.  hat  meist  -ä;  -u,  -o  erscheint  nur  einige  mal,  wo  reim 
oder  akrostichon  dazu  ndtigten ,  vgl.  K.  208.  ~  Von  den  übrigen  dcnkmälern  bie- 
ten Fgl.  die  als  g.  sg.  f.  nicht  anzuzweifelnde  form  frihhidie  (auaritiae)  135;  Mg), 
slahtu  283^;  Pb.  thiubä  manslahdä  7  und  splungu  7;  Lb.  bisprahä  G,  mauslahta  8, 
gihoridä  21;  Ag.  mildo  vgl.  MSD.  zu  XIV,  4,  wo  ein  mildia  neben  mildi  angenom- 
men wird;  Mb.  bisprächidu5,  spiungu,  thiubu,  manslahdu,  fastu8;  Wk.  crdä43.— 
Diese  gen.  auf  -u  können  als  ein  charakteristisches  zeichen  des  ost-  und  rheiufrk. 
angesehen  werden,  vgl.  MSD.  s.  XIII,  wo  belege  für  diese  endung  aus  fuldischen 
Urkunden  beigebracht  sind.  Im  alem.  ist  sie  ziemlich  selten,  häufiger  (G)  nur  in 
der  Benedictinerregel,  dorn  bair.  ist  sie  unbckant  vgl.  Weinh.  agr.  393;  bgr.  340. — 
Is.  kent  dieses  -u  statt  seines  gowühnlichon  -ä  in  freuuuidhu  5,  27;  rehtniasu 
27,  9  (Weinhold  hat  beidemal  -ä  in  den  tezt  gesezt). 

In  der  endung  -erä  des  gen.  sg.  f.  der  st.  adj.  ist  bei  T.  meiht  -o  (-u  nur 
in  <fC)  eingetreten,  doch  findet  sich  auch  noch  häutig  -erä  (vgl.  S.  42),  welches  bei 


DEB  OBBBFBANK.  LAVTSTAND  tU.   IX.  JARRH.  345 

0.  durchsteht.  Auch  Is.  kent  nur  -erd.  Die  übrigen  denkmäler  liefern  folgende 
belege:  thera  Fgl.  135;  unsituafteru  58;  doro  gl.  c*  978»*;  guoderu  Mgl.  283 *'; 
unrehterä  Lb.  21 ;  thero,  thinero  kg. ;  rainero  Mb.  8,  ferbrochencru  9 ;  tberä  Wk.  93; 
thero  Lid.  38;  mlnero  Pb.  8. 

i. 

Warzelhaftes  ursprüngliches  i  unterliegt  uur  wenigen  Veränderun- 
gen. Über  seine  in  einigen  fällen  stattfindende  Wandlung  zu  e  soll 
weiter  unten  bei  gelegenheit  der  brechung  gehandelt  werden.  Es 
erübrigt  hier  nur  einige  nicht  dorthin  gehörige  fälle  und  das  verhal- 
ten dieses  vocals  in  den  endungen  zu  berühren. 

1)  Während  bei  T.  und  0.,  ebenso  wie  bei  Is.  i  nicht  nur  in  der  präp.  bi^ 
sondern  auch  in  dorn  präfix  bi-  feststeht,  zeigen  einige  der  andern  denkmäler  be-, 
nämlich  beteilit  gl.  c^  979^  (bi-  9  m.);  Mb.  be  (präp.)  17  (2);  Ag.  bethurfnn;  Pb. 
be  (präp.)  9  (bi  8,  bi-  4). 

2)  Ebenso  findet  sich  bei  T.  0.  (und  Is.)  nur  ni,  dagegen  ne  in  Mb.  10  (2), 
11  (2),  (ni  8m.);  St.  (3);  Kb.  (7),  (ni  9m.);  Pb.  13,  (ni  9m.).» 

3)  Anlautendes  i  in  in(an),  iz  ist  im  T.  bei  enklitischer  anlehnung  dieser 
pron.  an  vocalisch  auslautende  worter  nicht  gelten  durch  den  auslautenden  vocal 
verdrängt  worden;  sicn  134,  6;  santan  134,  8;  heiltaz  186,  6  usw.  vgl.  S.  34. 
(Dagegen  verdrängt  das  inclinicrte  ih  ir  gewöhnlich  den  auslautenden  vocal,  so: 
trinkih  60,  3;  uuantir  175,  5  usw.  vgl.  S.  glossar;  nur  205,  7  begegnet  quiduh). 
Unendlich  häufiger  ist  der  schwund  dieses  anlautenden  i  bei  0.;  imo  inan  büssen 
ihr  i  fast  ebenso  oft  nach  vocalischem  wie  nach  consonantischem  aublaut  des  vor- 
hergehenden Wortes  ein ,  vgl.  K.  325.  326  fg.  Für  den  dat.  pl.  in  weiss  ich  nur 
thiu  in  I,  15,  22  Y.  anzuführen,  da  zin  »»  zi  in  I,  4,  80  u.  Ö.  nichts  entscheiden 
kann.  Auch  das  i  von  iz  wird  häufig  durch  den  auslautenden  vocal  verdrängt,  doch 
behält  es  fast  ebenso  oft  die  oberhand,  vgl.  K.  323.  Was  schliesslich  ih  angeht, 
so  zeigen  die  von  K.  31.  85  gegebenen  belege  die  Verdrängung  des  i  durcli  -u  der 
1.  sg.  prs.  Ind.,  besonders  dann,  wenn  der  stamm  des  verbum  bereits  i  enthält, 
während  sonst  meist  -n  weichen  muss. 

i  in  endungen« 

1)  i  in  der  2/3.  sg.  prs.  ind.  ist  durchweg  gewahrt 

2)  i  im  g.  sg.  der  st.  m.  n.  ist  in  e  übergegangen;  gibetis  T.  141,  12;  himi- 
lis  0.  I,  1,  56  erklären  sich  durch  assimilation. 

3)  i  im  g.  dt.  sg.  der  sw.  m.  n.  ist  ebonfEills  durchweg  schon  in  e  über- 
gegangen. Nur  in  Fgl.  findet  sich  aruuertitin  (deprauati)  139  neben  uuillen  42 
zudhen  (ambiguitatis)  58.  Is.  hat  abgesehen  von  chrismcn  7,  3;  uochideiliden  13, 12 
stets  -in. 

4)  i  im  suffiz  des  comparativs  und  Superlativs  ist  im  T.  gewahrt,  doch  findet 
sich  12  m.  -er  (S.  44),  im  superl.  -est  nur  in  uuinestrün  112,  2.  Bei  0.  dagegen 
begegnet  e  etwa  bei  ^/s  aller  formen  des  comp.,  im  superl.  herscht  auch  hier  -ist; 
hdresten  (4) ,  heizesten  erklären  sich  wol  durch  assim.  Auch  Wk.  hat  minneren  11, 
neben  driren  77,  minniro  89. 

1)  Als  eine  ganz  vereinzelte  Schwächung  des  i  reihe  ich  hier  noch  an:  mer 
T.  167,  2,  welche  form  nicht  durch  assim.  hervorgerufen  sein  kann  (sie  steht  zwi- 
schen in  und  inti). 


346  PierscR 

5)  Wirkliche  apokope  eines  auslautenden  i  der  flexion  findet  sich  bei  0.  beson* 
ders  in  der  1/3.  sg.  prt.  cj.  und  im  imp.  der  I.  sw.  conj.  etwa  60  m.  Ans  T.  weiss 
ich  kein  beispiel  anzuführen. 

t. 

Da  i  in  stamm-,  ableitungs-  und  flexionssilbeu  gewahrt  wird, 
so  bietet  es  zu  bemerkungen  keinen  anlass  (vgl.  jedoch  oben  über  b!). 

e. 

Vgl.  Umlaut  und  brechung. 

1)  Bei  T. ,  aber  nur  in  y,  tritt  nicht  selten  a  für  auslautendes  -e  ein:  danna 
87,  5  usw.  4ni.;  uuerda  (cj.)  82,  11*;  arslahanna  101,  2  usw.;  meist  hat  es  der 
corrector  in  -e  gebessert.  (S.  41.)  Das  für  diese  Vertretung  im  inlaut  von  S.  ange- 
führte halzaru  88,  1  erklärt  sieh  wol  am  besten  durch  assimilation  an  den  stammvocal. 
Aus  O.  weiss  ich  für  diese  Vertretung  kein  beispiel  anzuführen.  Von  den  übrigen 
denkniälern  bieten  nur  Fgl.  arruofa  (interpellct)  121;  8entenna69  (in  briugannse  1S5 
liegt  vielleicht  eine  correctur  von  a  in  e  vor),  und  auch  missa  (deliquerit)  41  wird 
als  3  SK-  prs.  cj.  anzusehen  sein.  —  Is.  bietet  die  dative  hantgriffa  17,  19;  ali- 
lenda  39,  12. 

2)  -e  wird  bei  0.  vor  folgendem  vocal  öfter  abgeworfen ,  besonders  in  der 

3.  sg.  prs.  cj.  und  im  dat.  sg.  der  st.  m.  n.  vgl.  K.  86;  89;  135.  160.  Auch  diese 
apokope  kent  T.  nicht.  —  In  Lid.  57  findet  sich  Hinduig  für  Hludnige,  abhängig 
gleich  dem  folgenden  kunige  (so  Arndt)  von  uuolar. 

Die  hauptsächlichste  bei  e  zu  tage  tretende  erscheinung  ist  seine 
Vertretung  durch  ä. 

Tat*  Wider  findet  sicli  der  Übergang  des  e  in  ä  hauptsächlich  in  yy  doch 
nicht  so  ausschliesslich,   wie   der  des  -e  in  -a.    Beispiele:   habante  22,  2;   unsera 

4,  18;  hiuuarä  82,  11 ;  frägäta  84,  8;  habä  99,  2.  3;  leobar  9],  3;  sinan  89,  1  usw. 
vgl.  S.  43.  Häufig  ist  a  in  6  corrigicrt  —  Otfr.  faram^s  (cj.)  I,  18,  33;  III,  23, 
28.  55.  57.'  Häufiger  vertritt  ä  das  e  der  sw.  verba  auf  -on:  lichän  III,  3,  13; 
sagänne  I,  4,  63;  II,  9,  73;  V,  14,  4:  habännc  III,  7,  54;  sorgänne  V,  19,  2;  nno- 
nänti  II,  1,  5;  firmonänti  I,  4,  65;  ürmonämes  III.  3,  14;  ausserdem  aber  noch  in 
13  formen  des  prt.  dieser  verba  und  zwar,  von  zalatnn  I,  20,  13  abgesehen,  nur  der 
3  sg.  prt.  ind.  K.  75  will  daher  assim.  an  das  -a  der  endung,  in  zälätun  an  das  der 
Stammsilbe  annehmen.  Ich  glaube,  dass  man  im  hinblick  auf  die  falle,  welche  die 
erklärung  des  ä  durch  assim.  nicht  zulassen ,  auch  hier  einen  in  der  mundart  begrün- 
deten lautwechsel  constatieren  muss.  —  Fb.  minän  16.  —  C.  hat  ebenso  allan  1.  19 
für  allen  A.  Ferner  uuahchänti  14  A.  neben  nuachenti  ISA.  C.  (B.  uuahänti);  eräta 
12  B.  ^  Fgl.  uuonänt(i)  6;  habändi  45;  niseän  (non  adeant>  138;  gesceritä  87; 
giderita  61.  —  ft^.  dinan.  —  gl.  ID.  blibcnär  500»;  grimmär  500  ^  —  gl.  c* 
ensaztan  (destitntis)  978*';  ginotitä  978*;  mesbrahanta,  ursinnigä  978**;  gifagä, 
gili(m)plianta  979»;  arteilinta  979»»;  saganter  979^.  —  gl.  Ez.  dina.  —  gl.  A, 
zoranougä  (scotomaticos) ,  bignaganä  191.  —  Wb.  unnuzän  3  minän  18/19.  20.  22. 
23;  inbispartä  7,  unmahtigä  ungiznmftiga  8.  —  Mb.  uuahhändi  18;  heilegä  10.  — 
Lb.  uuahhändi  37.  --    Lid.  mhiän  23;  sinan  53.  59;  smä  43. 

1)  Diese  form  lässt  sich  jedoch  auch  als  1  pl.  imp.  erklären.  Vgl.  Seiler  in 
den  „Beiträgen*^  I,  452. 


DBB  OBBBFBANK.  LAUTSTAND  IM  IX.  JAHBH.  347 

Wie  aus  den  belegen  hervorgeht,  findet  sich  dieses  ä  für  e  haupt- 
sächlich in  den  endungen  der  sw.  verba  auf  -gn,  im  n.  a.  pl.  m.  und 
dt.  pl.  des  st.  adj.,  seltner  im  n.  sg.  m.  des  st.  adj.,  nirgends  jedoch 
in  Stammsilben.  Diese  erscheinung,  welche  auch  Is.  kent  (chifestinodä 
13,  28;  m!nä  31,  13;  dhtnä  35,  3;  seztän  23,  7)  ist  zwar  nicht  aus- 
schliesslich frk. ,  aber  den  oberd.  dialekten  in  dieser  ausdehnung  doch 
fremd.  Vgl.  Weinh.  agr.  34.  120.  362.  365.  424  (nur  -&  des  n.  pl.  des 
st  adj.  findet  sich  im  voc.  St.  G. ;  Reich,  gl. ;  gl.  Jun.  ziemlich  häufig) ; 
bgr.  39.  307  fg.  369.  Ändrei;seits  fehlt  dem  frk.  das  ä,  welches  besonders 
das  alem.  zuweilen  vor  r  für  6  eintreten  lässt.  Vgl.  agr.  34.  —  Zu 
erwähnen  ist  noch,  dass  sich  nirgends  ein  beispiel  findet,  welches  den 
Übergang  zweier  auf  einander  folgenden  t  aufwiese;  es  findet  sich  nur 
habäntS  usw.,  nicht  habäntä. 

Es  sind  nun  noch  einige  andre  veitretungen  von  §  zu  erwähnen. 

ei  für  §  finden  wir  bei  0.  in  den  nicht  seltenen  formen  geit  (13),  steit  (12) 
für  get  (gat) ,  stet  (stät) ,  (vgl.  K.  10.  15)  und  in  nueing  IV,  30,  9  für  uu6ng.  Von 
den  übrigen  denJcmälern  Meten  nur  Fgl.  beihti  143  neben  hebt  19.  56.  86  94.  Sicher 
hat  man  hier  nicht  den  wirklieben  diphthongen  ei  anzunehmen^  sondern  ein  d  mit 
einem  i-  nachscblag.  Auch  in  gongeleida  SG.  247''  (Pt.  gongeleda)  scheint  ei  für  § 
zu  stehen ,  doch  ist  sonst  nur  gongalon  belegt.    (Gr.  FV,  134).  vgl.  Weinh.  agr.  356. 

i  für  e  findet  sich  in  sinn  T.  6m.  f.  sonstiges  senn  in  uuerbendin  (conversantibus) 
Mgl.  284**  (in  dem  fragment  derselben  gloss.    Hztschr.' XIII ,  192  steht  nnerbent^n). 

ie  für  ^  findet  sich  in  thien  Mb.  14.  (Gr.  V,  6  belegt  die  form  auch  aus  den 
Keich.  gl.  and  Notk.). 

n. 

Vgl.  brechung.  Sonst  ist  über  das  u  der  Stammsilben  wenig  zu 
bemerken. 

i  findet  sich  für  u  in  gihigita  T.  188,  6;  diriuoarta  186,  4;  drihtdin  gl.  £z.; 
firspimen  für  firspnmen  0.  I,  2,  15;  III,  23,  35  vgl.  K.  63  anm.  5.  Dass  hier 
blosse  assimilation  vorliegen  solte^  wird  durch  io  für  uo  (vgl.  dort)  zweifelhaft 
gemacht.  Als  sehr  auffallend  führe  ich  an  das  allerdings  handschriftlich  nicht  sichere 
stiefson  SG.  270*  (Diut.  II,  349*  steht  -sun). 

u  in  flexionssilben« 

1)  -u  in  der  1.  sg.  prs.  ind.  ist  meist  gewahrt.  Bei  T.  0.  wird  es  nicht 
selten  vor  folgendem  vocalisch  anlautendem  werte  abgeworfen.  (S.  34;  E.  31.  85). 
Von  den  übrigen  denkmälem  bietet  nur  Rh.  gi  ih  7.  —  Ziemlich  selten  ist  -o.  Es 
findet  sich  bigiho  Wb.  1.  14;  uuirdon  Mb.  20  (gihunl);  gegango  St.  20;  üznüzou 
SG.  248^;  girenno  umbek^ro  263*;  vuiumo  263^;  snüzo  277*;  (slizzu  249^;  gifohtu 
263»;  herde(mp)hu  263*»).    T.  kent  nur  -u,  0.  -o  nur  in  F.    K.  85. 

2)  -emu  im  dt.  sg.  m.  n.  des  st.  adj.  ist  durchweg  in  -emo  übergegangen, 
wenn  hier  nicht  vielleicht  -o  für  den  älteren  laut  zu  halten  ist. 

3)  -u  im  instr.  sg.  ist  gewahrt.    Nur  T.  bietet  mihhilo  44,  16;  87,  9. 

4)  -u  in  den  casus  der  u-dccl.  ist  gewahrt,  soweit  nicht  übertritt  in  die 
i-decl.  stattgefunden  hat,  was  bei  T.  0.  in  sun  fuoz  vollständig  der  fall  ist.  Doch 
bietet  Wk.  suno  44.  105.  106  neben  fridhu  102;  SG.  mito  277'\    Die  hs.  hat  mitd, 

ZBXTBCHK.  V.  DBUTSCHB  PKILOI..   BD.  Vn.  23 


348  FIBT80H 

was  wie  ein  g.  sg.  aassieht,  doch  hat  der  lat.  text:  medu  n.  illeü  (?).  Auch  das 
indeclinahle  filu  wahrt  meist  sein  -n,  doch  hegegnet  filo  T.  108,  6  (2);  nilosprahn 
Wh.  28;  uilo  Mgl.  286^. 

5)  n  in  den  pluralendungen  des  prt.  ist  meist  erhalten,  doch  weist  T,  etwa 
6  formen  mit  o  auf  (zn  den  von  S.  45  aufgeführten  5  tritt  noch  gilouhton  104 ,  1, 
so  dass  wir  also  im  st.  und  sw.  prt.  je  3  m.  o  haben)  und  0.  9  solche  in  F.  Ausser- 
dem finde  ich  noch  in  Mgl.:  eruuarmedon  284^;  erfftrton  (castraverunt)  285^;  geai- 
nikton  287.  Daneben  finden  sich  5  formen  des  sw.  prt.  mit  u  (284%  285  %  286* 
287  (2)),  welches  im  st.  prt.  durchsteht  (8).  Es  erinnert  dieses  Verhältnis  an  Is., 
bei  welchem  die  pluralformen  des  st.  prt.  nur  u ,  die  des  sw.  nur  o  aufweisen.  Diese 
0  sind  auch  sonst  grade  in  alten  denkmälem  hfiufig  und  machen  später  dem  u 
platz.    Vgl.  Weinh.  agr.  346.  367 ;  bgr.  292.  315. 

6)  -um  im  dt.  plur.  der  st.  decl.  ist  zwar  meist  schon  in  -on  übergegangen, 
doch  ist  nicht  ganz  selten  u  noch  gewahrt.  Dasselbe  ist  noch  herschend  in  FgL 
(flöchum  (iniuriis)  11;  gebürum  bismerum  63,  spilum  scemum  75)  und  in  Wb. 
(gidancun  uuortun  2,  uuerchun  fluochun  3  usw.,  im  ganzen  12m.).  Frg.  bietet 
himilun;  LS.  m&gun  3;  farahum  II,  6.  Femer  findet  sich  bei  T.  ausser  tuochum 
5,  13;  6r  2  in  aaßy  noch  häufig  -un  (53),  doch  ist  von  dem  corrector  ({)  meist  -on 
dafAr  gesezt  worden,  vgl.  S.  45.  46.  0.  hat  -un  nur  3m.  in  F.,  wo  auch  -en, 
das  in  YP.  nur  II,  23,  24  (soren)  erscheint,^  sich  öfter  findet.  Von  den  übrigen 
denkmälem  bieten  Ft.  gotum  (2),  bluostram  (2)  (aber  gelton  geldom);  gl.  c^  hon- 
fun  (de  acervis)  978''  von  dem  mehr  md.  st.  ro.  houf  (ags.  höp)  für  gewdhnlidies 
hüfo  vgl.  O.n,  1,  22;  11,  15;  gl.  c*  hüsun,  gatelingun  979*.  Das  ostfrk.  scheint 
demnach  -un,  dem  gegenüber  -on  in  unsem  denkmälem  sicher  die  jüngere  form 
ist,  länger  bewahrt  zu  haben  als  das  rhein-  und  südfrk.,  denn  Fb.,  Rh.,  O.  nnd 
sogar  Wk.  bieten  nur  -om  -on.  Bei  Is.  herscht  dagegen  noch  durchweg  -um.  (Der 
von  Weinhold  s.  80  als  ausnalime  angeführte  dat  psalmom  ist  zu  streichen,  da 
das  wort  entschieden  sw.  m.  ist,  vgl.  Qr.  III,  370). 

7)  -un  im  a.  sg.,  n.  a.  pl.  der  sw.  m.  (subst.  nnd  adj.)  ist  meist  zu  -on 
geworden.  T.  bietet  nur  noch  7  -un,  die  überdies  meist  corrigiert  sind  (8.46); 
Fgl.  uuizagun  38  und  den  adverbialen  acc.  hitumum  118  (vgl.  gram.  III,  96;  -m 
wol  nur  Schreibfehler  für  -n);  Wb.  ung^loubun  14/15,  welches  sich  durch  das  vor- 
anstehende minan  als  zu  ungiloubo ,  nicht  zu  ungiloubä  gehurig  ausweist.  0.  zeigt 
in  der  behandlung  dieses  -un  eine  auffallende  Verschiedenheit.  Während  nämlich 
in  den  betreifenden  casus  des  sw.  subst.  durchweg  -on  eintritt,  findet  beim  sw.  adJ. 
ein  gleiches  nur  im  a.  sg.  statt  (doch  stellt  michilun  IV,  8,  23  F.),  im  n.  a.  pl. 
dagegen  erscheint  -un  als  regelmässige  endung,  woneben  allerdings  auch  -on  begeg- 
net und  zwar  nicht  nur  im  reim  (z.  b.  furiston :  roennisgon  IV,  9,  27;  muadon  : 
Suuun  I,  7,  17),  sondern  auch  ausserhalb  desselben,  14m.  z.  b.  uuenegon  I,  18,  24; 
selben  II,  13,  2  n.  ö.;  suntigon  V,  19,  28,  vgl.  K.  290  fg.  295. 

Vereinzelt  findet  sich  in  dieser  endung  sogar  schon  -en:  selten  (laqueum) 
gl.  ID.  500*;  uuillen  (:  irfuUen)  0.  I,  1,  45;  selben  IV,  2,  18;  7,  40. 

Braune  (beitr.  11,  150)  meint,  dass  in  den  unter  7)  aufgeführten 
endungen  -on  die  ältere  gestalt  sei,  da  sie  sich  schon  in  sehr  alten 

1)  V,  7,  25  ist  in  V.  leiden  in  leiden  verbessert;  drüten  ü,  24,  20  V.  (drü- 
ton  PF.)  ist  wol  veranlasst  durch  das  vorhergehende  selben  und  das  folgende 
thin^n. 


DER  OBBBFRANK.  LAUTSTAND  IM  IX.  JAHSH.  849 

denkmälem  (voc.  St.  Galli;  gl.  K.;  benedictinerregel)  finde.  Dass  lez- 
tere  -on  so  aufzufassen  seien,  wird  sich  wol  nicht  bestreiten  lassen, 
doch  scheint  mir  der  umstand,  dass  auch  Is.  -un  (nur  7,  2  steht  chi- 
salbddou)  hat,  dass  feiner  die  -un  bei  T. ,  zwei  ausgenommen,  den 
ältesten  Schreibern  aß  angehören  und  von  dem  jüngsten  t  sämtlich  in 
-on  corrigiert  wurden,  dass  schliesslich  auch  diejenigen  frk.  denkmäler, 
welche  an  das  ende  des  IX.  jli.  zu  setzen  sind ,  nur  -on  zeigen  y  die 
auffassung  dieses  frk.  -on  als  Schwächung  aus  -un  ausser  zweifei  zu 
setzen. 

ü. 

Da  got.  ä  im  ahd.  unverändert  bleibt,  haben  wir  hier  nur  das  ü 
in  betracht  zu  ziehen,  welches  gemeinahd.  in  der  flexion  got.  d  vertritt 

1)  -iin  im  n.  a.  pl.  der  bw.  u.  wird  gewabrt  0.  hat  jedoch  nrknndon  IV,  19, 24 
und  ougon  (:  scouuun)  III,  21,  6. 

2)  -ün  im  g.  dt.  a.  sg.;  n.  a.  pl,  der  sw.  f.  ist  meist  gewahrt  T.  kent  -on 
nur  in  dem  n.  a.  pl.  Östron,  welches  135,  33;  157,  3  ffir  gewöhnliches  östrün  begeg- 
net, femer  in  den  dat.  sg.  der  sprachennamen:  ebreisgon,  lätinisgou,  criehisgon. 
8.47. 

Aosaerdom  findet  sich  in  Mb.  sunnondagä  9;  Lid.  naston  16  (a.  sg.);  SG. 
figon  (earica)  264^;  277*>;  wahtelon  2G6*;  senewon  268^;  vainton  270";  >  (keuiün 
2G6";  solün  267^;  figboniin  hosün  277").  0.  hat  -on  öfter  im  reim  und  zwar  5  m. 
im  a.  sg.  und  8  m.  im  a.  pl.  der  subst.  Ausserhalb  des  reimes  erscheint  undon 
III,  8,  13;  östoron  I,  22,  4;  III,  4,  1;  IV,  8,  2;  9,  4;  20,  G  (ostorün  findet  sich 
gar  nicht) ;  figon  II,  23,  14  V.  vgl.  K.  2.53.  —  Beim  sw.  adj.  begegnet  -on  in  sel- 
bon  III,  20,  95  V. ;  frönisgon  II,  22,  13. 

O. 

Vgl.  brechung.    Sonst  ist  über  o  nur  wenig  zu  bemerken. 

Ffir  o  ist  a  eingetreten  in  thnruhiiahtin  0.  1, 11,  54  VPF.  (sonst  ist  das  wort 
bei  0.  nicht  belegt),  femer  in  oda  III,  19,  8;  IV,  16,  29  (IV,  35,  26  ist  in  V.  -a 
in  -o  corrigiert)  und  in  brasmün  III,  7,  28,  F.;  bilida  (3  sg.  prs.  cj.)  II,  4,  34  P., 
wo  a  aus  o  corrigiert  ist. 

Auslautendes  o  ist  auffallend  abgefallen  in  aliuahtigem  Wb.  1,  sinen  14, 
beide  formen  unzweifelhaft  dat.  sg.  (minemo  26).  Ausserdem  findet  sich  bei  T. 
heilhaftOn  (sacerdotnm)  137,  4;  Östron  (paschae)  137,  1.  Vielleicht  ebenso  beurteilt 
sich  sachum  (negotiorum)  Fgl.  10  vgl.  unter  ö. 

ö. 

Als  eine  eigentiimlichkeit  des  frk.  des  IX.  jh.  darf  es  bezeichnet 
werden,  dass  für  ö  in  flexions-  (und  ableitungs-)  silben  über  die  gewöhn- 
liche Sphäre  dieser  Vertretung  hinaus  häufig  ü  eintritt.    Im  alem.  findet 

1)  Auch  berelon  (union)  268^  gebort  wol  hierher.  Gr.  III ,  347  sezt  die  form 
als  g.  pl.  des  si  f.  perala  an.  Man  hat  aber  wol  nach  dieser  und  der  von  Qraff  aus 
den  gl.  Mens,  und  Emmer.  gl.  des  XI.  jh.  (Lc.  2)  belegten  form  peralun  (didragma) 
auch  ein  sw.  f.  anzusetzen. 

23* 


d50  PISTSCH 

sich  ähnliches  nur  vereinzelt  und  ebeoso  im  bair.,  doch  zeigen  die  gl. 
Tegeins.  und  einige  andre  denkmäler  öfter  ü  für  ö  der  sw.  conj.,  wenn 
demselben  ein  n  folgt,  vgl.  Weinh.  bgr.  304. 

T.  kent  diese  Vertretung  des  ö  durch  ü  im  wesentlichen  nur  in  aaßy  und 
zwar  hauptsachlich  im  dat.  pl.  der  st.  f.  und  der  sw.  m.  f.  n.:  önin  4,  4;  herziin 
7,  8;  fastün  7,  9  usw.,  im  ganzen  38m.  ^  doch  ist  meist  u  in  o  corrigiert.  (S.  46.) 
Ferner  in  der  2.  sg.  des  sw.  prt. :  giloubtüs  2,  9 ;  47,  8  sag^tüs  21,  4  usw.  (S.  gibt 
7  belege),  ausserdem  in  den  sw.  verben  auf  -5n:  satümes  89,  1;  goumümes  97,  5. 
Die  von  S.  angefEkhrten  Fälle  scheinen  die  einzigen  zu  sein,  doch  steht  d  z.  b.  in 
santds  177,  5,  uuerdöton  193,  6  auf  rasur  und  vielleicht  gehört  auch  frägutun  88,  4; 
91,  4  hierher,  vgl.  S.  43.  —  C  weist  ü  für  o  ferner  auf  im  gen.  pl.  der  sw.  f.: 
natrüno  141,  28;  figüno  146,  1;  östrüno  157,  1,  wofür  155,  1  sogar  dstninu  steht 
Vereinzelt  stehen  mänüde  3,  1  (mänöd  3.  8  u.  ö);  ahtü  7,  1.  9;  103,  1  (ahtö  233,  4 
usw.),  sü  141,  15.  In  den  meisten  auch  dieser  f&Ue  ist  u  in  o  gebessert.  — 
0.  bietet  nur  wenige  belege  für  dieses  ü:  stuntün  (:  uuurtun)  I,  15,  22  V.;  (:uuun- 
tun)  V,  10,  31  V.;  gahün  (:  sähun)  V,  16,  14;  forahtün  (:  uuorahtun)  V,  20,  8,  also 
nur  im  dat.  pl.  und  nur  im  reim;  drustun  III,  24,  3  VF.  f.  dröstun  erklart  sich 
vielleicht  durch  assimilation.  F.  bietet  noch  minnü  II,  19,  12  (minnö  VF.),  hör- 
tüs  V,  9,  23;  irquictüs  HI,  1,  21. 

Die  übrigen  denkmäler  liefern  noch  folgende  belege :  Fgl.  die  dat.  pl.  frumüm 
63.116;  hrofungün  (uocationibus)  48;  cozzüm  (byrris)  48,  wenn  diese  form  nicht  zn 
coz  (Gr.  IV,  539)  gehört.  Femer  steht  2  m.  sachum  und  zwar  =  negotiorum  10 
und  "»  negotio  20.  Erstere  form  wird  wol  für  sachün  d.  i.  sachon  »=  sachöno  ste- 
hen (vgl.  oben),  leztere  dürfte  dat.  pl.  sein  (d  im  dt.  pl.  findet  sich  nur  in  dre- 
uuöm  (minis)  34).  Die  gl.  ID.  bieten  uulzegun  (a  divinis)  500*;  gl  c*  gizouuün 
(stipendiis)  978*,  (gizauua  wird  durch  0.  I,  2,  28  als  st.  f.  erwiesen);  chlüsün  979** 
(suäslihön  (privatis) ,  suäson  (domesticis)  979^).  In  gl.  A.  finden  wir  hrähün  (radiis) 
191  (räha  räia  dürfte  wol  als  st.  f.  anzusetzen  sein.  Gr.  II,  383).  Dieselbe  form 
haben  auch  die  gl.  zu  Aldhelm ,  welche  Steinmeyer  in  Hztschr.  XV,  369  fg.  veröf- 
fentlicht hat.  Mgl.  bieten  gizumfdüst  285^;  uuizzüht  d.  i.  uuizzüth  Mb.  11;  uuiz- 
züd  Rh.  16.  SG.  mänüd-  264*;  suindilüt  (vertigo)  264 *",  in  beiden  läUen  überein- 
stimmend mit  Fi 

Da  weder  Wk.  noch  Lb.  Pb.  eine  solche  Vertretung  des  6  durch  ü 
zeigen,  0.  aber  dieselbe  nur  in  reimworten  aufweist,  denen  eine  volle 
beweiskraft  für  das  wirklich  lebendige  Vorhandensein  eines  lautes  in 
einem  bestirnten  dialekt  nicht  beigemessen  werden  kann,  so  scheint 
diese  verdumpfung  im  wesentlichen  auf  das  ost-  und  teilweis  auf  das 
rheinfrk.  (Is.  bietet  dheodüm  11,  12;  psalmüm  29,  19.  22^)  beschränkt 
zu  sein. 

Eine  weitere  einschränkung  erleidet  ö  dadurch,  dass  für  dasselbe 
ä  eintritt;  widerum  aber  von  sä  T.  fräno  Lid.  abgesehen  nicht  in 
stanmisilben.  Einzelne  formen  wie  kioboräta  gl.  Jun. ,  pildäta  Bb.  aus- 
genommen, scheint  das   alem.  diese  Vertretung  erst  in  späterer  zeit 

1)  Statt  dheonündiu  23,  3  hat  nach  Kölbing  (Germ.  XX,  379)  die  hs.  dheo- 
ndndiu. 


BEB  OBEBFrIITK.   LAüTSTAin)  IM  IX.  JAHBH.  351 

(Weinh.  agr.  356.  424),  das  bair.  sie  fast  gar  nicht  zu  kennen,  (bgr. 
303.  314.  369). 

T.  bat  dieses  ä  für  0  besonders  im  n.  acc.  pl.  f.  der  st.  adj.  and  zwar  bei 
fast  allen  scbreibern:  iinsarä  34,  6;  iaaara  34,  7;  100,  4;  alla  145,  13;  232,  2  usw., 
ferner  bei  den  verben  auf  -On,  doch  nur  in  y6:  gibalatero  90,  5;  gisamonate  98,  3; 
unntraton  104 ,  4  usw.  Wol  kaum  ursprünglich ,  wie  S.  44  (ebenso  K.  97)  annimt, 
sondern  wie  die  eben  erwähnten  zu  beurteilen,  ist  a  in  gigaraunitäs  105,  3;  gizumf- 
tigötästu  109,  3;  thuruhfremitastu  117,  4;  uuoltäs  238,  4;  gilonbtas  233,  8,  also 
nur  in  J(f.  Dieselbe  erseheinung  wird  nicht  nur  in  sosä  217,  6  vorliegen,  sondern 
auch  in  samasä  217,  3  (2).  4;  223,  5,  da  die  annähme  einer  durch  a  auf  o  aus* 
geübten  assiin.  wenig  Wahrscheinlichkeit  hat  (vgl.  samosu  14,  1;  92,  6). 

Ferner  fmdet  sich  urdancänter  gl.  c«  978*  (vgl.  MSD.  zu  LXXVI,  6);  huorän 
(fornicari)  gl.  E'z.;  uuisada  Wb.  6/7;  fnrgoumolosata  20/21.  23.  (giuuisota  8;  gila- 
döta  9;  und  furgouniolosta  7)  frano  Lid.  46  (vgl.  MSD.  zu  XI,  46);  SG.  lohdnti 
(rost)  270**  (scabra  erngo;  vgl.  irlohon  excavarc  Gr.  II,  142);  und  statt  gefiröt  SG. 
266^  und  bähungon  (untimentis)  268^  hat  Pt.  gefirat  und  baungän  (Diut.  II,  314^; 
334^).  Während  Wk.  und  Lb.  Pb.  keine  belege  für  diesen  lautübergang  bieten, 
finden  sich  solche  bei  0.  Es  steht  mOrata  III,  6,  38  VF.;  biforäta  IV,  6, 17;  bifo- 
rätin  IV,  7,  73;  manäta  III,  22,  48  D.  (K.  66  fg.)  Dass  in  korata  II,  3,  60; 
III,  6,  19;  koräti  II,  4,  101  V.;  gisparatos  II,  8,  16.  51,  ä  Vertreter  von  6  und 
nicht  von  c  sei,  scheint  mir  K.  ganz  ohne  grnnd  anzuzweifeln,  da  sich  von  choreti 

I,  15,  7  abgesehen  bei  0.  nur  koron  und  in  VP.  auch  nur  sparen  (sparSta  Il|  10, 
19  F.)  findet.  Auch  in  den  c^mparativfonnen  liabära  II,  22,  20;  giuuissära  II,  3,  41; 
sconara,  ziarära  II,  10,  11  wird  trotz  dos  stets  folgenden  a  im  hinblick  auf  den 
superl.  zeizasto  I,  5,  16  P  (in  V  ist  o  unter  a  geschrieben)  diese  Vertretung  anzu- 
nehmen sein.  (vgl.  oben.)  Ausserdem  finden  sich  die  acc.  pl.  f.  des  st.  adj. :  gilichä 
L.  45  und  gruza  IV,  16,  21,  welches  Icztere  jedoch  K.  276  als  a.  sg.  auffasst. 

Auch  diese  erseheinung  erweist  sich  also  als  am  mächtigsten  im 
ostfrk.,  doch  hat  sie  offenbar  weitere  ausdehnung  als  die  Wandlung  des 
6  in  ü.  Dagegen  scheint  das  rheinfrk.  von  diesem  Übergang  weniger 
berührt,   da  nur  Lid.  einen  beleg   bietet.     Doch  hat  Is.   chisamnödä 

II,  19  und  dheä  29,  4  (neben  dheö  29,  13). 

Die  diphthonge. 

ai  el. 

ai  ist  im  oberfrk.  «des  IX.  jh.  bereits  gänzlich  dem  ei  (0.  6i) 
gewichen.  Ganz  isoliert  ist  geainikton  Mgl.  287;  hairra  Sg.  bem'teilt 
sich  anders  (vgl.  umlaut).  Schon  Is.  hat  kein  ai  mehr,  ein  beweis, 
wie  früh  sich  im  frk.  die  Wandlung  der  ausspräche  vollzog.  Im  alem. 
ist  ai  bekantlich  viel  länger  gewahii:  noch  in  den  meisten  denkmälem 
des  IX.  jh.  geht  es  neben  ei  einher;  vgl.  Weinh.  agr.  49.  Ähnlich  steht 
es  im  bair.  (bgr.  64.) 

Zuweilen  wird  ei  zu  e  zusammengedrängt.  So  findet  sich  im  T.  gihezzan 
7,  4;  ening  129,  9  usw.,  etwa  7m.  vgl.  S.  47.  Ferner  bieten  Fgl.:  urteil  6.  8.  60. 
(urteili  58);  artclit  18  (arteilit  17.  53);  gemenlicho  59  (gemeinem  48);  Fb.  B.:  h§liga 


■*^  ^  ^  M* 


352  pixTscH 

{2)f  belegen  11;  hcligon  19  (heiligen  1);  Mgl.:  odcs  286**;  SG.:  hcmesgiu  (dorne- 
stica)  269'';  0.:  gienot  lY,  1,  2  V  (I,  17,  26  ist  in  dorsclben  form  das  zweite  i 
übergeschrieben);  gicscota  lY,  3,  20  D.  Is.  hat  zuncm  5,  12;  cuigan  41,  4.  Es  ist 
dies  eine  dnrcbaus  nicht  bloss  nicderdeatsche  lautcrschelnung:  auch  das  alem.  kent 
sie.    Vgl.  Weinh.  agr.  36.  122. 

an  OH. 

au  ist  in  unsern  denkmälem  scbon  fast  ganz  geschwunden,  nur 
einige  der  ältesten  haben  es  noch  gewahrt  Dem  Is.,  wo  au  noch  durch- 
weg herschend  ist,  kommen  am  nächsten  Ft.  (gilauban  (14)  und  tau- 
funga  18;  kein  ou);  LS.  (baupit  (2);  haubit  (6);  kein  ou)  und  Wk.,  wo 
sich  gilauba  gilauban  43.  49.  53.  54.  83.  84.  100.  101  und  nur  31 
gilouban  findet.  T.  bietet  au  in  dem  6  m.  in  a  (2.  4 ;  5.  8  usw.)  beleg- 
ten araugta,  femer  in  taugle  104,  1;  hau  102,  2.  Dass  au  im  arche- 
typus  des  T.  in  grösserer  menge  vorhanden  war,  ist  wahrscheinlich, 
dass  es  aber  allein  herschend  war,  glaube  ich  darum  nicht  annehmea 
zu  dürfen,  weil  selbst  der  älteste  Schreiber  or,  welcher  sonst  seiner  vor- 
läge gewöhnlich  am  treusten  bleibt,  au  nur  in  araugta,  also  in  einer 
form  kent,  in  der  die  dumpfere  ausspräche  des  diphthongen  —  denn 
diese  soll  doch  ou  offenbar  bezeichnen  —  durch  voraufgehendes  und 
folgendes  a  vielleicht  etwas  gemildert  wurde.  Auch  die  mit  T.  gleich- 
zeitigen fuldischen  Urkunden  kennen  au  nur  vereinzelt,  vgl.  K  XX VI. 
MüUenhoff  (MSD.  s.  XI)  hat  aus  Urkunden  nachgewiesen ,  dass  au  nur 
im  ersten  viertel  des  IX.  jh.  noch  das  übergewicht  behauptet;  dies  wird 
durch  Ft.  LS.  und  Wk.  bestätigt ,  welche  ja  schon  in  rücksicht  auf  die 
erhaltung  des  -m  (vgl.  MSD.  s.  XIII  fg.)  in  jene  zeit  gesezt  werden 
müssen. 

In  den  fibrigen  denkmälom  finden  sich  noch  folgende  an:  forcaufton  Fgl.  36; 
caufent  145  (geslonfit  134  und  scon  (habitu)  37);  Fb.  urhiub  12  (orlonb  12);  Lb. 
gilanpta  20  (giloupda  20,  gilouben  20.  21);  0.  kauf  II,  11,  15  P.  (ausserdem  in 
angnstinus,  paulus).  Zweifelhaft  ist  das  an  in  slanh  (spiris),  SG.  268*  und  K« 
XXYIII  hat  daher  an  diesen  glossen  mit  recht  ganz  abgesprochen.  Es  ist  jeden- 
falls sliih  zu  lesen. 

ou  wird  einigemale  —  abgesehen  nat&rlich  von  den  f&llen,  wo  dies  gemein- 
ahd.  geschieht  —  zu  ö  yerdichtct.  Die  belege  sind  brütlöfti  T.  125,  11;  gilöbit 
82,  10;  gilöbtun  131,  12  und  vielleicht  hurolob  Lbs.  4,  wenn  nicht  in  lezterem  falle, 
wie  vielleicht  in  urlub  Lid.  27  eino  art  assimilation  anzunehmen  ist. 

Für  ao  steht  oa  in  gioadeg^^r  SG.  263*,  vgl.  aotac  Fa.  kaaotagöta  Ib.  — 
Harczyck  (Hztschr.  XVII,  79)  macht  auf  uu  für  ou  aufmerksam,  welches  sich  bei 
T.  in  guuma  79,  4;  cuufot  151,  2;  eruugtun  209,  4  findet,  aber  stets  in  ou  gebes- 
sert ist. 

la  lo  la  le. 

Tatian. 

iu  wird  zuweilen  zu  d  zusammengedrängt:  scühenti  13,  25;  t6ridu  90,  6; 
gistrftnis  98,  1,  in  lezterem  ist  i  flbergeschrieben. 


BEB  OBERFIUinC.  LAUTSTAKD  IM  IX.  JAHBH.  353 

ni  für  iu  findet  sich  nur  üi  dem  8  m.  (z.  b.  13,  15.  23  (2);  28,  2.  3)  neben 
fiar  erscheinenden  fair,  en  für  gewöhnliches  in  begegnet  in  ou  (vobis)  131,  20; 
trcunua  141,  17. 

io  findet  sich  ausser  als  sog.  brechung  von  in  besonders  im  prt.  der  ehemals 
rednplicierenden  vorba  mit  wurzclhaftcm  a,  die  got.  im  prs.  o  aufweisen  und  bei 
allen  mit  wurzelhaftem  u:  uuiof  10,  3  usw.;  rief  71,  6  usw.;  liof  53,  6  usw.  eo 
begegnet  dafür  nur  in  reof  (7m.  in  yd);  ie  nur  in  hieuun  116,  4  (hio  53,  5).  Fer- 
ner ist  io  aus  altem  So  (»»aiv)  entwickelt,  nur  selten  findet  sich  noch  eo  und  zwar 
16  m.  in  yd  (neoman  82,  11*;  104,  9;  eogilih  84,  7  usw.).  Ausserdom  begegnet  eo, 
wider  fast  nur  in  yS,  noch  16  m.  z.  b.  theotöno  21,  12;  toof  87,  3  usw.  (8.  30.) 

Die  von  S.  30  als  „ausnahmsweise  ungebrochene^'  aufgeführten  iu  können 
mit  ausnähme  von  niuman  168,  2  vielleicht  durch  assimilation  an  vorangehende 
oder  folgende  Wörter  (bithiu,  unzan,  iuuuih)  erklärt  werden. 

ie  erscheint  hauptsächlich  im  prt.  der  ehemals  rednplicierenden  verba  mit 
wnrzelhaftem  a,  deren  präscnsvocal  got.  a  in  position  (ä  in  fähan,  hähan)  oder  d 
ist,  und  bei  allen  mit  wurzelhaftem  i:  hielt  79,  3  usw.;  fiong  60, 15  usw.;  hiengin 
200,  4  usw.;  bliesun  43,  1  2;  intriet  122,  1  (zu  inträtan);  hiez  5, 12  usw.  Ebenso 
steht  ie  mit  2  ausnahmen  (vgl.  unten)  im  prt.  von  gangan ,  ferner  in  ficbar  durch- 
weg, in  hier  (doch  91,  2  hir)  und  in  fienug  117,  5,  fierualt  114,  2  (sonst  fior). 

In  y  erscheint  d  für  ie  iu  geng  97,  7;  99,  3;  ferner  neman  87,  7;  ncnuiht 
92,  8  (sonst  nio-)  und  vielleicht  thcnon  97,  7.  (S.  48.)  —  ia  findet  sich  nicht.  — 

Otfrid. 

Für  iu,  das  in  einer  anzahl  von  Wörtern  (vgl.  K.  466)  übereinstimmend  mit 
T.  ausschliesslich  erscheint,  findet  sich  n  nur  in  scüra  U,  14,  108  VF. 

ia  als  sog.  brechung  von  in  findet  sich  in  50  formen  des  prs.  der  ablauten- 
den verba  mit  warzclvocal  u.  K.  12;  ferner  in  driagari  hiafo,  in  briaf  I,  11,  6 
VP.  und  gibriafte  I,  11,  56  PF.  (V.  gibriefte). 

Besonders  aber  bcgcguet  ia  im  prt.  der  ehemals  reduplicierendcn  verba  und 
zwar  ausschliesslich  bei  denen  mit  wurzclvocal  a,  welche  got.  im  prs.  a  in  position 
oder  6  haben,  und  bei  allen  mit  wurzelvocal  i;  zum  grösten  teil  bei  denen  mit 
wurzelvocal  u  und  denjenigen  mit  wurzelvocal  a,  welche  got.  im  prs.  e  aufweisen. 
Von  ersteren  sind  nur  ausgenommen  das  vereinzelte  liefun  Y,  5,  3  VP. ,  wol  veran- 
lasst durch  das  vorhergehende  ie  (sonst  liaf  III,  1,  13  usw.)  und  biruum  IV,  4,  59 
biruuuis  11,  7,  18  von  büan  (vgl.  K.  30;  gram.  IV,  821).  Von  lezteren  macht  nur 
rätau,  welches  im  prt.  lim.  ie  (K.  15)  neben  etwa  18 maligem  ia  zeigt,  und  inträ- 
tan eine  ausnähme,  von  dem  I,  13,  15  die  form  intrietun  für  gewöhnliches  intriat 
(I,  4,  24  usw.)  begegnet.  —  Fenier  steht  ia  durch  im  prt.  von  gangan.  —  ia  ist 
schliesslich  aus  co  (aiv)  entwickelt  und  findet  sich  fast  durchweg  iu  den  compositis 
iamau  iamcr  iauuiht  nebst  ihren  negationcn.    K.  470. 

io  steht  als  sog.  brechung  durchweg  in  einer  reihe  von  werten,  die  E.  468 
aufzählt.  Femer  ist  io  aus  eo  (aiv)  entwickelt  und  steht  ausschliesslich  iu  io  nio 
erio  iogiuuär  särio  iouuanne  uuio;  überwiegend  in  iogilih  iogiuuedar  (so  nach  K.  470, 
doch  weiss  ich  lezteres  wort  nur  durch  iagiuuedar  IV,  9,  11  zu  belegen)  und  in 
uaiolih  (uuiaUcha  U,  4,  70;  uuialih  U,  1,  44  VF.  uuielili  P.). 

ie  findet  sich  als  sog.  brechung  in  30  formen  des  prs.  der  ablautenden  verba 
mit  wurzelvocal  u  (vgl.  oben),  doch  stets  nur  vor  e  der  flexionsendung.  Abgesehen 
von  den  gleich  zu  erwähnenden  Wörtern,  in  welchen  sich  ie  neben  io  ia  findet, 
begegnet  ie  nur  noch  in:  biegen  V,  25,  61;  biete  II,  18,  20  (zu  biet  »  mensa); 


354  PIBTSCH 

liedes  IV,  4,  54,  von  welchen  Wörtern  weitere  formen  nicht  belegt  sind.  —  Für  ie 
steht  i  in  flihenics  V,  23,  75  (öfter  in  P.  vgl.  K.  458).  —  ei  für  ie  steht  io  reitnn 
IV,  28,  0  P. 

In  einer  auzahl  von  Wörtern  weclüselu  ia  io  ie  (iu)  und  zwar: 
in  ia  io  ic  iu  liub  und  iseiucn  ublcitungün  (doch  steht  nur  liublili  und  von 
liubon  IV,  35,  22  abgesehen  nur  liobo),  während  sich  sonst  bei  diesem  worte  ahd. 
selten  ia  io  (T.  liobo  II,  5;  leobar  91,  3)  und  io  erst  im  XI.  jh.  findet.  Ein  ein- 
flnss  des  vocals  der  flexiou  lässt  sich  nicht  coustatieron ,  denn  es  begegnet  z.  b. 
nebeneinander  Hubes  V,  10,  30;  liobes  II,  19,  28;  V,  23,  230  n.  ö.;  liabes  V,  20, 
103  V.;  liebes  V,  23,  42.  50  u.  ö.  —  io  ia  ie  (iu  in  F.)  wechseln  in  sich;  neben 
irsiache  V,  23,  137  VF.  (irsieclio  P.)  steht  irsieche  V,  23,  250  VP.  Dagegen  findet 
sich  nur  siuchi.  —  ia  io  wechseln  in  Höht,  thiorna,  scioro,  diof.  —  io  io  wechseln 
in  thiot  (ie  nur  vor  o  der  flexion.  K.  469).  —  ia  ie  wechseln  in  fiar,  wo  der  dipli- 
thong  durch  Verschmelzung  zweier  Silben  entstanden ,  und  in  hiar  miata,  fiara,  ziari, 
in  welchen  er  aus  urspriinglich  einfachem  vocal  entwickelt  ist. 

Fb.  lioganncs  5.  —  bihielt  9/10,  liez  10.  16.  inti»hieng  12/13,  gihiezi  15. 
forliezi  16.  In  A  steht  dafür  biheilt  furlciz  intphoing  gihe'zi  forle'zi.  —  FgL  n  f. 
iu  in  lübön  15,  luba  49.  —  eu  in  leunmnt  93.  In  geuiii-  42  liegt  dagegen  wol 
einfacher  vocal  vor  (vgl.  gowes  LS.  I,  3).  —  io  in  biore  (couuiuium)  41;  eo  in 
eouuisti  (essentia)  14  und  anagizcot  50  aus  anagizawit.  —  ia  ic  finden  sich  nicht, 
da  weder  in  nuiari  bithian  niseau,  in  denen  h  ausgefallen  ist,  noch  in  cundle 
geantuurtie  die  annähme  von  diphthongischen  lauten  statthaft  wäre.  Für  ie  steht  e 
in  geuuiprestä  43,  gemuten  (conducere)  85.  —  LS.  deonoste  1,3;  feorzug  U,  4; 
eowiht  4;  weo  I,  3.  —  hwo  5;  beer  I,  3.  —  gl.  IB.  arsiochet  5(X)*'.  —  splegal 
499^  —  gl.  c.»  leohtor  977».  —  gl.  c.»  liod  979».  —  dienamo  979»».  —  Wh.  dio- 
rerun  29.  —  vier-  17,  gien  23.  —  Mgl.  ü  f.  iu  in  liibi  (dilectionem)  284^.  —  io 
in  violic  287,  d.  i.  fihulih  ist  wol  ebenso  wenig  diphthong  wie  ia  in  wiari  287.  — 
mieda  283  ^  uierdeling  284%  gemiedan  285'';  forriet  285%  gigienc  285%  ausserdem 
nicht  286*,  das  sich  sonst  nur  in  jüngeren  denkmälern  findet,  vgl.  Gr.  I,  734. 
i  ist  f.  ie  eingetreten  in  libor  (tolerabilius)  283 ''.  —    Mb.  liogannes  5.  —   begienc 

10,  gihielt  11,  niutphioc  12,  verliez  14,  gehiezi  16,  ferliezzi  17.  Über  thien  vgl. 
8.  347.  —  Ag.  io  (=  aiv).  —  Kb.  hialt  28.  —  siebhero  19.  —  Lb.  siohero  17 ; 
priast  44,  hialt  28.  30;  priesdä  31;  hielt  26  (vgl.  jedoch  MSD.  zu  LXXII%  26).— 
Lbs.  fiiuc  1,  (so  in  MSD;  das  Pfeififersche  facsimile  hat  deutlich  fluic)  dagegen  fluc4. — 
Wk.  Bemerkenswert  ist  niuuuiht  72.  77  (vgl.  niunian  T.  168,  4).  ui  ffir  iu  in  fuir 
1(X).  —  theonost  37;  eomannan  25,  eouuihtes  32,  eogihuuelih  53.  69.  100,  huuco- 
lih  59.  —  Lid.  thionöt  2 ,  lioth  46 ,  hio  54.  —  hier  6.  37 ;  Hetz  11 ,  hicz  22.  — 
SG.  In  piuUida  263'  (Pt.  piuuillida)  liegt  wol  schreibversehen  vor.  —  ü  für  iu 
in  ersp(r)üzzit  (subnixus)  266*  vgl.  inf.  kisprüzan  Gr.  VI,  401.  —  kiol  246%  247*», 
grioz  248%  268»,  kio  249%  fliod  268*.  —  fliega  263»»,  ziegelun  307,  ferliesa  269% 
stiefson  270%  rietaccher  291*   —   ei  für  ie  in  meide  (conductus)  269*  (so  Diut. 

11,  180»»;  Hatt.:  meide).  —    Pb.  liagennes  4,  gihialt  10,  fiang  11,  13.  — 

Ein  nicht  unbedeutender  unterschied  zwischen  T.  und  0.  zeigt  sich 
im  prt.  der  ehemals  reduplicierenden  verben.  Während  0.  noch  fast 
bei  allen  den  volleren  diphthong  (in  seiner  sfidfrk.  gestalt  ia)  bewahrt 
hat  und  nur  in  wenigen  formen  das  charakterlosere  ie  eintreten  lässt, 
ist  lezteres  im  T.  bei  4  klassen  dieser  verba  bereits  ganz  durchgedrun- 


DEB  OBEBFBlNX.  LAÜTSTAMD  IM  IX.  JAHBH.  355 

gen  und  io,  neben  welchem  auch  das  ältere  ep  erscheint,  hat  sich 
nur  in  den  2  weniger  zahlreich  vertretenen  klassen  erhalten.  —  Von 
den  kleineren  denkmälern  stimmen ,  so  weit  die  wenig  zahlieichen  belege 
dies  erkennen  lassen,  mit  dem  gebrauch  in  T.:  Fb.  Wb.  Mgl.  (riet 
kent  allerdings  auch  0.)  Lid.  Mit  0.  nur  Lb.,  wenn  man  von  hielt 
absieht.  —    Is.  bietet  nur  fienc  (6);  firleazssi  31,  15;  hreofun  19,  2. 

Aus  got.  aiv  entwickelt  sich  eo,  eo,  io.  Nur  eo  (eo?)  kent  Is., 
ihm  kommen  am  nächsten  Wk.  und  LS.;  nur  noch  16m.  finden  wir  eo 
bei  T.  und  Im.  in  Fgl.,  in  südfrk.  denkm.  nirgends. 

Dass  ia  nicht  auf  das  südfrk.  beschränkt  war,  sondern  auch  im 
rheinfrk.  sich  fand,  beweist  hialt  Bb.  und  hear  firleazssi  bei  Is.  bestä- 
tigt es. 

Die  zusammendrängung  des  iu  zu  ü,  welche  T.  (3),  Fgl.  (2); 
Mgl.,  Lbs.,  0.  je  Im.  aufweisen ,  ist  ebenso  wenig  wie  die  des  ie  zu  S, 
welche  T.  (5),  Fgl.  (2),  LS.  (1),  oder  zu  S,  welche  T.  (hir  91,  2), 
Mgl.  (1),  0.  (1)  zeigen,  eine  speciell  frk.  erscheinung.  Bei  Is.  ist  davon 
keine  spur. 

Sicherlich  liegen  nicht  blosse  Schreibfehler  vor  in  den  ei,  welche 
sich  für  secundäres  io  finden:  Fb.  A.  (5);  SG.  (1);  0.  P.  (1).  Daran 
reiht  sich  firleizssi  Is.  27,  13,  vgl.  jedoch  Scherer  in  der  zeitschr.  f.  d. 
östeiT.  gynmasien  XXIV,  s.  295.  Ebensowenig  in  fuir  ffir  fiur  T.  (8), 
Wk.  (1),  vgl.  Scherer  a.  a.  o.  s.  287.  Freilich  darf  man  in  dem  Vor- 
gang keine  mechanische  Umdrehung  oder  „  metathesis  **  (vgl.  Kuhns 
ztschr.  XVIU,  271)  sehen^  sondern  es  liegt  hier  eine  andre  entwick- 
lung  vor,  vgl.  H.Kückert  „könig  Kother"  s.  LXXUI.  Dergleichen  fin- 
det sich  auch  anderwärts,  vgl.  Weinh.  agr.  59.  76.  110;  bgr.  79.  111. 

„     .  HO  ua  ue  (oa). 

Tatian.  ^    ^ 

Für  gewöhnliches  no  (ö  nnr  noch  in  norstoton  89,  6;  -stuotun  104,  7)  steht 
na  sicher  nur  in  taanti  88,  6;  nber  einige  andi'e  worte,  in  denen  no  anf  rasnr 
steht,  vgl.  S.  47.  —  Für  uo  findet  sich  io  in  biocherin  189, 1 ;  205,  3;  riorta  88, 1.  — 
ue  scheinbar  im  cj.  tnes  (2),  -e  (1) ,  sonst  tuos  -o,  ebenso  ui  in  tuis  117,  4,  sonst  tuos. 

Otfrid. 

na  ist  der  herschende  Vertreter  des  alten  ö.  Für  na  erscheint  in  Y.  ya  in 
gimyato  S.  32;  III,  6,  26;  22,  37;  syazo  III,  5,  20,  ausserdem  in  P.  14  m.  bei  mnat 
nnd  1  m.  bei  snaz.  vgl.  K.  461.  An  3  von  den  4  stellen  in  V.  ist  y  übergeschrieben. 
Dieser  nmstand^  verbunden  mit  der  beschränkung  des  ya  anf  2  bestimte  worte, 
lassen  mit  gröster  Wahrscheinlichkeit  den  gmnd  des  ya  in  schwankender  nnd  nnbe- 
stimier  ausspräche  suchen,  vgl.  oben  über  yr-.  —  uo  findet  sich  in  VP.  9m.  (von 
Keiles  belegen  (s.  462)  ist  firhuoröt  IV,  5,  17  zu  streichen ;  im  text  steht  firhuaröt) 
vor  einem  o  der  folgenden  silbe.  Im.  (bluomun  I,  3,  27)  vor  u.  —  ue  findet  sich 
ausser  in  duen,  duent,  due,  duet  (K.  116)  17  m.  in  VP.  und  zwar  nur  vor  e  der 
folgenden  silbe.  --  ui  findet  sich  nur  in  duis,  duist  (giduas :  muas  III,  1,  73)  duit 


366 

(luLofiger  daat).  —  oa  begegnet  nur  in  F.  -*  Einigemal  erscheint  ü  f&r  na:  hfte 
IV,  22,  25;  vuü&n  HI,  24,  45  V.;  blüent  V,  23,  167.  (blyent  HI,  7,  64;  V,  23, 
273);  mnent  V,  23,  167;  mücn  V,  23,  153;  blftgo  H,  4,  38  VF.  (biuogo  P.). 

Fb.  no  (5),  dafür  bat  C.  yo  in  gispyoni  4,  elimyoson  10.  —  FgL  bnobti  4, 
znosacba  7,  duomencs  (sie)  53,  arraofa  121,  auch  nuolib  12  ist  wol  ==  wnoKh  Tgl. 
nno  T.  88,  13  (2)  neben  vmo.  —  na  in  mnaza  141.  Im  flbrigen  steht  d:  öbit  4, 
flöchnm  11,  nnnnistdm  16,  s&chent,  arsdchenne  38,  hrdfnngün  48  usw.,  im  ganzen 
13  m.  —  Ft.  blnostrom  (2).  B.  hat  dafür  Im.  blnaatnim.  —  I^.  mooter  II,  4. — 
(tucnt  II,  4).  —  gl.  ID.  no  (3),  ausserdem  ist  auch  nno  500*^  wol  »  wno.  — 
gl.  Ir.  gisöh  (qnaestio).  —  gl.  e.»  uo  (7).  —  gl.  c*  no  (10).  —  6  für  no  in  fiir- 
sönit  d78*  nnd  jedenfalls  auch  in  auöchero  978^,  da  sonst  w  immer  dnrch  nn  gege- 
ben ist  (vgl.  gizonnnn  978%  bitnnnngan  979%  -nnnrzelönne  979**).  —  rec  nneri- 
mnota.  —  gl.  Es.  huorän.  io  fftr  no  in  giolichi.  —  gl.  A.  no  (2).  —  Wb.  no 
(11).  ö  für  no  in  nngifores  29,  vgl.  jedoch  MSD.  znLXXVI,  29.  tfber  finoznn  18 
vgL  M8D.  zu  LXXVI,  1&  —  Kgl.  no  (10);  ne  in  vneht(i)  286^  usw.;  6  fnr  no  in 
sona  285**  (a  m  der  hs.).  Zweifelhaft  ist  hSrdöom  (so  die  hs.)  285  >*,  doch  ist^  wol 
für  ein  ftbergeschriebenes  v  zn  nehmen  und  hörduom  zu  lesen,  ygl.  jedoch  Mone 
„quellen  und  forschungen''  I,  274.  A  für  uo  in  zt  286^  blüdes  286^,  gestimo  (dir) 
»  animiaequior  esto  287.  —  Mb.  uo  (6).  —  St*  uo  (2).  —  Bb.  ua  (3).  —  LK 
uo  (8);  ue  in  gisuenen  18.  —  Wk.  ua  (15);  aus  oa  ist  ua  corrigiert  in  gÖat  99 
(guat  102  u.  5.).  uo  begegnet  in  guodiu  8,  fluochöt  22,  anthmoft  39,  muoter  86. 
In  guodes  22  ist  uo  aus  ue  gebessert.  —  Lid.  uo  (10).  stual  6  ist  handschriftlich 
nicht  sicher.  Arndt  liest  stuol.  —  SG.  ua  (25);  ffir  mualtilin  (vestibus)  268''  wird 
uuättilin,  uuatilin  zu  lesen  sein,  uo  begegnet  nur  in  hüo  248*,  hegidmosi  263  \ 
rnozfaro  267*  (ruaz  264%  277^).  Nicht  selten  findet  sich  ü:  ünbrüh  246%  hnf&i 
(clnnes)  246**,  höf  (femur)  248*,  grünontd  269%  (gruand  266*"),  bimüzzo  (ocio),  brfih 
277*.  Vielleicht  gehört  auch  -huun  249*  (Pt.  -huan)  hierher,  ö  für  ua  in  öchansa 
248**,  d.  i.  uochsana  (Qr,  I,  140)  und  vielleicht  in  nohin  (canalibus)  246*  vgL  nuose 
»  rinne  Gr.  II,  1107.  —    Pb.  ua  (4),  dafür  ü  in  alamüsau  12. 

Den  Übergang  von  ö  zu  den  ahd.  diphthongen  hat  man  sich  wol 
80  zu  denken,  dass  ö  zu  fi  verdumpfb  wurde  und  zu  diesem  dann,  um 
seinen  oigenton  einigermassen  zu  erhöhen,  ein  vocalischer  nacbscblag 
trat,  der  sich,  je  nach  der  neigung  des  dialekts,  als  o  oder  als  a  dar- 
stellt Dieser  lautwechsel  ist  in  unsern  denkmälern  fast  vollständig 
durchgedrungen.  Nach  dem  13 maligen  Ö  in  Fgl.  (4  uo,  1  ua);  farsö- 
nit  uudchoro  gl.  c'  und  mooter  LS.  (kein  uo)  köute  es  scheinen,  als 
ob  das  ostfrk.  das  alte  ö  länger  bewahrt  habe,  als  die  übrigen  oberfrk. 
dialekte,  zumal  schon  bei  Is.  d  nur  noch  9  m.  neben  30  uo  begegnet, 
vgl.  Weinhold  s.  65  fg.  Doch  spricht  dagegen  einigermassen  der  um- 
stand, dass,  wie  Mflllenhoff  (MSD.  s.  XI)  nachgewiesen,  uo  in  den 
namen  der  fuldischen  Urkunden  bereits  im  ausgange  des  YUI.  jh.  über- 
wiegt; wenn  schon  ö  auch  im  IX.  jh.  noch  daneben  begegnet 

Was  nun  die  beiden  formen  dos  diphthongs:  uo  und  ua  anlangt, 
so  ist  wol  nicht  anzunehmen ,  dass  ua  im  ostfrk.  jemals  vorhanden  war. 
Die  von  Müllenhoff  a.  a.  o.  aus  fuldischen  Urkunden  nachgewiesenen  na 


DBB  OBBSSnlSK,  LAÜT8TAND  IM  IX.  JAHBH;  357 

können  meiner  ansieht  nach  um  so  weniger  das  gegenteil  beweisen, 
als  sie  schon  za  Hrabans  zeit  bei  einigen  Schreibern  gar  nicht  oder 
doch  sehr  selten  vorkommen.  Wenn  wirklich  einmal  ua  im  ostfrk. 
gegolten  hätte  —  nach  MfiUenhoffs  statistischen  angaben  müste  dies 
etwa  in  der  zeit  vor  840  gewesen  sein  — ,  so  würden  die  ostfrk.  denk- 
mäler  sicher  mehr  sparen  davon  zeigen  als  die  beiden  armseligen  na, 
eins  im  T.  und  eins  in  den  Fgl.^  Wenn  Müllenhoff  (MSD.  s.  XYII)  in 
der  consequenz  des  ao  dem  ua  gegenüber  ein  charakteristisches  merk- 
mal  der  dialekte  von  dem  Mainzer  gebiet  abwärts  sieht,  so  ist  dies 
sicher  im  ganzen  zutreffend,  doch  dürfte  die  begrenzung  etwas  zu  schroff 
sein.  Müllenhoff  wird  so  genötigt,  die  Rb.,  deren  consonantismus  mit 
dem  der  rheinfrk.  denkmäler  stimt,  aus  dem  gebiet  des  rheinfrk.  zu  ver- 
weisen. Ausser  Rb.  weisen  ua  auf:  Pb.  durchweg;  Wk.  (16  ua,  4  uo);  SG. 
(25  ua,  3uo);  0.  mit  den  erwähnten  ausnahmen.  Es  unterliegt  keinem 
zweifei ,  dass  das  südfrk.  auch  uo  neben  ua  kante ;  die  otfridische  regel, 
dass  uo  nur  vor  folgendem  o  [u]  erscheint,  erhält  einige  bestätigung 
durch  Buozolteshüsa ,  üödo  (neben  uadalräta),  üoto,  Ruodolf  in  Weis- 
senburger  Urkunden,  (vgl.  MSD.  s.  XV;  Kelle  Otfr.  11,  s.  XXV),  wäh- 
rend von  den  7  uo  in  Wk.  SG.  nur  fluochöt  Wk.  zur  vergleichung 
herangezogen  werden  könte. 

Das  ergebnis  ist  also:  ostfrk.  nur  uo;  rheinfrk.  uo  (ua);  südfrk. 
ua  (uo). 

Die  abschwächung  aus  uo  ua:  ue,  kent  T.  nii'gends.  Von  den 
übrigen  denkmälem  weisen  sie  Mgl.  (1),  Lb.  (1),  Wk.  (guedes),  0.(17) 
auf.  ue  in  den  formen  von  tuen  ist  sicher  nicht  ein  dem  uo  ua  entspre- 
chender diphthong ,  die  formen  sind  entstanden ,  indem  der  vocal  der 
endung  den  zweiten  bestandteil  des  diphthongen  der  stammsUbe  ver- 
drängte. Bestätigt  wird  diese  annähme  dadurch,  dass  0.  dieses  ue 
meist  nicht  accentuiert.    Vgl.  auch  K.  463. 

Ganz  wie  mit  ue  verhält  es  sich  sicherlich  mit  ui  in  tuis  T.; 
dui8(t),  duit  0. 

Für  uo  begegnet  io:  T.  (3),  gl.  Ez.  (1);  yo:  Pb.  C.  (2);  femer 
ya  für  ua:  O.V.  (4),  O.P.  (15).  Damit  vergleicht  sich  auch  fluozun 
Wb.  18.  Umlaut  liegt  wol  hier  nicht  vor,  jedenfalls  aber  deutet  die 
Schreibung  auf  ein  schwanken  der  ausspräche  zwischen  u  und  einem 
helleren  laute.  Dass  i  eine  „dumpfe  ausspräche"  andeuten  solle ^  wie 
S.  29  will,  scheint  mir  wenig  glaublich.  Auch  im  alem.  begegnet  die- 
ses io,  ia^  vgl.  Weinh.  agr.  62.  66,  nicht  im  bair. 

1)  bloastrom  in  der  Speirer  hs.  des  Fi  fallt  dem  Schreiber  zu. 


858  PIBT8CH 

fi  für  uo  ist  eingetreten  in  Mgl.  (3),  Pb.  (1),  SG.  (5),  0.  (8). 
Auch  das  alem.  kent  diese  Vertretung,  doch,  wie  es  scheint,  erst  in 
späterer  zeit     Vgl.  Weinh.  agr.  48.  93.  126. 

Es  erübrigt  nun  noch  über  die  allgemeinen  erscheinungen  des 
yocalismus :  umlaut ,  sog.  brechuug  und  assimilation  im  zusammenhange 
zu  handeln. 

I.    Umlaut. 

Der  einfluss,  welchen  i  j  auf  den  vocal  der  vorhergehenden  silbe 
übt,  erstreckt  sich  in  unsern  denkmälern  durchaus  nur  auf  kurzes  a 
und  auch  bei  diesem  ist  er  noch  nicht  ganz  vollständig  durchgedrun- 
gen. Doch  ist  das  hindernis,  welches  sonst  gewisse  consonantenverbiu- 
dungen  entgegenstellen ,  schon  meist  überwunden :  giskefti  T. ,  krefti  O. 
uueltis  giheltit  0.  heltit  T.  ensti  0.  gispensti  Fb.  usw.;  nur  ht 
scheint  a  meist  noch  zu  schützen:  T.  hat  nur  mahtig,  0.  mahti  unmahti, 
mahttg,  doch  findet  sich  auch  schon  mehti  (:  krefti)  II,  17,  22.  Über 
die  einzelnen  ausnahmen,  welche  T.  0.  aufweisen,  vgl.  S.  29.   K.  439. 

Der  ninlaut,  welcher  bei  0.  nicht  selten  (16  m.  in  VP.  vgl.  K.  439)  durch 
ein  inkliniertes  ih  iz  (inan  hiio)  in  der  Stammsilbe  hervürg<crafcn  wird,  ist  bei  T. 
nor  durch  meg  iz  134,  5  zu  belegen.  Auch  die  andern  dcukmalcr  bieten  keine 
belege. 

Im  wesentlichen  ebenfalls  auf  das  frk.  beschränkt  scheint  der  umlaut,  wel- 
cher im  n.  sg.  f.;  n.  a.  pl.  n.  von  al  auftritt.  T.  weist  4  elliu  und  4  ellu  auf  (5m. 
in  ß^),  sonst  steht  alliu  allu.  0.  kent  fast  nur  elliu  ellu  (allu  z.  b.  I,  26,  10). 
Ausserdem  findet  sich  elliu  Wb.  30.  Auch  Is.  bietet  elliu  23,  3;  &lliu37,  16  (allin 
31,  10;  37,  30).  Es  ist  klar,  dass  der  form  ellu  ein  elliu  voraufgegangeu  sein 
muss.  Auch  Willir.  kent  die  umgelauteten  formen  z.  b.  XX,  7.  8;  XlilX,  10  (cod. 
Vrat.). 

Schwanken  zwischen  umgelauteter  und  unmngelauteter  form  findet  sich  ausser 
bei  al  nicht  häufig.  So  bietet  T.  alles  (alioquin)  133,  6;  163,  4;  dies  56,  7.  8; 
manigiu  84^  4  (2);  89,  1.  2;  97,  7  neben  menigi  durchweg,  menigiron  87,  9;  124,  3. 
Wk.  hat  mannisginimo  88  neben  meunisgi  89.  91 ;  0.  baldi  IV,  13,  30  neben  beldi 
IV,  21,  14. 

Zu  erwähnen  sind  schliesslich  einige  abweichende  bezeichnungen  des  umge- 
lauteten a.  Hierher  gehört  vor  allem  hairra  (saccus)  SG.  249*  =  harja;  zu  haru, 
flachs  (vgl.  airin  aigi  voc.  St  6.  ailliu  Can.  9  usw.) 

Auch  ei  in  hardheiuui  (ypericum)  SG.  291*  (vgl.  got.  havi),  wird  hierher  zu 
rechnen  sein  und  ebenso  wird  sich  ei  in  gisceifti  0.  I,  2,  26;  gisceiftin  III,  21,  18 
F.  (:  krefti ,  kreftin)  beurteilen.  K.  465  sieht  dagegen  in  demselben  einen  ^lecunda- 
ren  Vertreter  des  e.  Über  einige  andre  bezeichnungen  des  umlauts  e  vgl.  S.  44  fg. 
Hattem.  I,  245. 

n.    Die  sog.  Inreehung  (a-amlant). 

Wenn  einerseits  mit  recht  ziemlich  allgemein  anerkant  wird ,  dass 
es  nach  den  resultaten^  welche  die  vergleichende  Sprachforschung  zu 
tage  gefordert  hat,  unmöglich  geworden,  die  ansieht  Jacob  Grimms  und 


DER  OBEBFRAKK.  LAÜT8TAND  Qf  IX.  JAHRH.  359 

Holtzmanns  über  die  sog.  brechung  in  allen  ihren  teilen  aufrecht  zu 
erhalten,  so  geht  man  andrerseits  m.  e.  zu  weit,  wenn  man  dieselbe 
mit  stumpf  und  stiel  ausrotten  und,  wie  dies  besonders  Bezzenberger 
(„Über  die  a-reihe  des  gotischen."  1874)  getan,  die  erklärung  der  in  rede 
stehenden  erscheinungen  des  germanischen  vocalismus  ganz  wo  anders 
suchen  zu  müssen  glaubt.  Das  einzig  sichere  resultat  von  Bezzenbergers 
Schrift  scheint  mir  der  ausführliche  uachweis ,  dass  sich  im  geim.  über- 
einstimmend mit  den  verwanten  sprachen  aus  ursprünglichem  a  e  ent- 
wickelte und  dieses  dann  wahrscheinlich  erst  in  den  einzelsprachen  zum 
teil  in  i  übergieng,  ein  gleiches  aber  für  das  aus  a  entstandene  o^  u 
sich  nur  vermuten  lässt.  Dagegen  scheint  mir  sein  erklärungsversuch 
ganz  und  gar  verfehlt.  Wenn  man  auch  die  möglichkeit  zugeben 
könte,  dass  i  j  resp.  u  ein  vorhergehendes  e  resp.  o  zu  i  resp.  u  wan- 
deln —  es  würde  dann  eine  assimilation  vorliegen  — ,  dass  femer  das 
u-timbre  der  nasalen  o  in  u  umsetze,  (obgleich  dies  die  analogie  des 
afries.  ags.,  welche  a  vor  nasal  in  o  wandeln,  gar  nicht  beweist),  so 
ist  es  doch  geradezu  mystisch,  in  wie  fern  i  j  ein  vorhergehendes  o 
zu  u,  u  ein  e  zu  i,  ein  nasal  mit  seiner  u-färbung  ein  e  in  i  umzu- 
wandeln im  Stande  gewesen  sein  sollte.  Auch  der  dem  1  zugeschrie- 
bene einfluss  auf  e  scheint  mir,  für  das  hd.  wenigstens,  illusorisch. 

Obgleich  die  ganze  frage  wol  noch  nicht  völlig  spruchreif  ist,  so 
meine  ich  doch ,  dass  man  die  mitwirkung  des  a  bei  dem  Vorgang  nicht 
wird  in  abrede  stellen  dürfen.^  Es  scheint  mir  unzweifelhaft,  dass  die 
germ.  ginmdsprache  vielfach  aus  a  entstandenes  e  und  vielleicht  auch  o 
kante.  Diese  beiden  vocale  aber  hatten  wol ,  wie  dies  bei  lauten ,  welche 
producte  der  Zerstörung  älterer  sind,  nicht  wunderbar  erscheinen  kann, 
einen  wenig  energischen  klang  und  als  daher  das  germ.  begann,  eine 
bevorzugung  der  Stammsilbe  eintreten  zu  lassen^  muste  sich  das  bedürf- 
nis  geltend  machen ,  an  stelle  jener  schwankenden  laute  die  spitzen  der 
in  dieser  richtung  liegenden  vocale,  nämlich  i  u  zu  setzen.  Dieses 
streben  ist  im  got.  durchgedrungen,  es  sind  hier  alle  e  o  durch  i  u 
ersezt;  im  ahd.  dagegen  —  ich  berücksichtige  hier  natürlich  nur  die- 
ses —  herscht  schwanken:  die  neigung  e  o  in  i  u  zu  wandeln  ist  vor- 
handen —  ganz  evident  ist  dieselbe  in  der  behandlung  der  fremdwörter ; 
es  wird  hier  weit  öfter  lat.  e  o  in  i  u  umgesezt  als  umgekehrt.  Belege 
bei  Wackemagel  „umdeutschung*^  (kl.  sehr.  HI,  273  fg.);  Bezzenberger 
s.  19 ;  Gr.  wtb.  V,  844  — ,  aber  es  wirkt  ihr  ein  andres  moment  entgegen : 

1)  Mit  dem  folgenden  stimt,  wie  ich  nachträglich  zu  meiner  frende  bemerke, 
die  von  Scherer  (ztschr.  f.  d.  osterr.  gymn.  XXIY,  288  fg.)  gegebene  erklarnng  im 
wesentlichen  überein.  Vgl.  auch  H.  Rftckert,  gesell,  der  nhd.  Schriftsprache  I, 
247  fg. 


360  PUTSCH 

die  assimilationskraft  des  a;  wo  a  sich  in  der  folgenden  silbe  findet,  bleibt 
e  erhalten,  weil  es  dem  a  näher  liegt.  Mithin  ist  also  nicht  die  anwe- 
senheit  des  i  j  oder  u  nach  e  o  der  ^'und  des  i  u,  sondem  die  abwe- 
senheit  des  a.  Den  grund  dafür,  dass  i  u  trotz  des  folgenden  a  vor 
geminiertem  oder  von  einem  andern  cons.  gefolgtem  nasal  eintritt,  finde 
ich  in  der  auch  von  Bezzenberger  geltend  gemachten  u-i^rbung  der 
nasale >  aber  dieselbe  veranlasste  nicht  die  Wandlung  zu  i  u,  sondern 
sie  gestattete  nur  dem  a  nicht,  seine  retardierende  kraft  auszuüben, 
und  ebenso  war  es  in  iUUeu  wie  sizzan  bittan  der  dazwischen  liegende 
i- klang  des  j,  welcher  die  einwirkung  des  a  paralysierte. 

Dasselbe  streben,  sich  nach  i  hin  zu  entwickeln,  bemerken  wir 
bei  dem  aus  au  hervorgegangeneu  diphthong  eu,  welcher  ahd.  in  dieser 
gestalt,  von  alten  eigennamen  und  einigen  vereinzelten  spuren  im  älte- 
sten oberd.  abgesehen,  etwas  häufiger  nur  im  frk.  des  YIII./IX.  jh. 
erscheint.  Meist  finden  wir  statt  dieser  eu  co:  iu  io,  weil  ein  etwa 
folgendes  a  durch  den  dazwischen  liegenden  vocalischen  laut ,  den  zwei- 
ten bestandteil  des  diphthongen,  gehindert  wurde,  das  e  als  solches  zu 
erhalten. 

Wenn  wir  nun  dagegen  uräprüngliches  i  vor  a  gewahrt  finden,  so 
werden  wir  den  grund  davon  offenbar  in  dem  umstände  zu  sehen  haben, 
dass  hier  ein  schwanken  zwischen  i  und  e,  welches  a  zu  gunsten  des 
lezteren  hätte  entscheiden  können,  nicht  vorhanden  war.  Dass  sich 
ursprüngliches  i  einzeln  in  o  gewandelt,^  kann  gegenüber  der  grossen 
menge  gewahrter  i  nicht  in  botracht  kouunen. 

Anders  steht  es  dagegen  mit  ursprünglichem  u,  welches  sich  nicht 
nur  im  parte,  prt.  der  verba  mit  wurzelhaftem  u ,  sondern  auch  in  einer 
anzahl  andrer  Wörter  vor  a  zu  o  wandelt,  und  mit  eu  iu,  das  unter  glei- 
cher bedingung  in  eo  io  übergeht.  Hier  scheint  nun  doch  a  eine  einwir- 
kung auf  u  geübt  zu  haben ,  indem  es  von  seinem  hOhern  eigonton  dem 
u  etwas  mitteilte  und  sich  dasselbe  auf  diese  weise  näher  brachte. 
Der  grund  dieser  abweichung  dürfte  vielleicht  in  dem  allzu  niedrigen 
eigenton  des  u  und  in  einer  auch  sonst  licrvortretenden  verliebe  des  deut- 
schen für  0  (vgl.  assim.)  zu  suchen  sein;  im  prtc.  prt.  der  verba  mit 
wurzelvocal  u  mag  wol  auch  die  analogie  der  prtc.  stolau  holfau  usw. 
mitgewirkt  haben. 

Zu  meinem  thema  zurückkehrend  bemerke  ich,  dass  eine  erschöpfende 
darstellung  der  sog.  brechung  im  oberfrk.  des  IX.  jh.  den  mir  hier 
vergönten  räum  ganz  ungebührlich  in  anspruch  nehmen  würde,  zumal 

1)  Die  falle  sind  zusammengestellt  von  Schleicher,  Eztschr.  VIT,  224;  XI,  52 
und  Bezzenberger  a.  a.  o.  s.  65.    (Ober  er  «»  goi  is;  erO,  crä,  emo  s.  unten.) 


DEB  OBBBFRInK.  LAüTSTAND  IX  IX.  JAHRH.  361 

besondere  resultate  aus  derselben  nicht  zu  gewinnen  wären.  Ich  bescheide 
mich  daher,  einige  Alle  h>rirorzuheben ,  in  denen  abweichend  von  den 
übrigen  hd.  dialekten  der  zeit  entweder  altertümliches  gewahrt  oder 
neues  entstanden  ist. 

1)  Älteres  e  (aus  a):  stemna  stenima  bei  T.  durchweg ,  doch  hat  er  gi- 
stimmi  97,  6.  Sonst  ahd.  nur  i  in  diesem  werte  (vgl.  as.  stemma;  ags.  stefn.).  — 
stredunga  T.  113,  2,  sonst  stridunga  (5).  Das  wort  ist  nur  bei  T.  belegt.  Über 
das  ursprüngl.  a  Tgl.  Fick  wtbch.  P,  411.^ 

2)  Älteres  eu,  eo:  eu  (vobis)  T.  131,  20;  treuaua  141,  17,  leumuntFgl.  93. 
(Is.  hat  eu  5,  21;  15,  25;  euuuih  11,  5;  fleugendem  5,  1).  —  Häufiger  ist  eo:  theo- 
tdno  T.21,  12;  teof  87,  3;  leoht,  leobär  91,  3;  seoh-  88, 1.  2;  92,  2;  theonön  97,  7 
(also  nur  in  (ß)  yd),  leohtor  gl.  c.S  977*,  deonoste  LS.  I,  3;  theonost  Wk.  37. 
(Is.  hatbeodan  19,  14;  leogando  33,  2;  leohte  9,  23;  dheonön  11,  7;  23,  3;  dheoda 
(durchweg);  dheoh  31,  3.  20.)  Auf  secund&rer  entwicklung  beruht  eu,  eo  (über  das 
prt.  der  ehemals  reduplicierenden  verba,  sowie  über  eo  aus  got.  aiv.  vgl.  unter  io) 
in  folgenden  fällen:  uueo  T.  87,  2;  ueor  T.  89,  3.  5;  feorzug  LS.  II,  4  (feozug 
Is.  25,  5). 

3)  Jüngeres  i:  bita  0.  II,  14,  58,  sonst  auch  bei  0.  beta;  bita  nur  noch 
Chr.  und  Sam.  31.  —  seif  bei  0.  durchweg,  während  sonst  ahd.  fast  nur  skef  begeg- 
net (ür.  VI,  465).  —  nibulnisses  0.  V,  19,  27  (sonst  nicht  belegt).  Gr.  II,  996  fg. 
belegt  i  nur  in  compositis  von  nebul.  —  mito  (medo)  SG.  277**,  sonst  hat  das  wort 
stets  e  (Gr.  II,  658).  -  manabirge  ^1.  c«.  977»;  beinbirega  SG.  247%  277*  (wint- 
berga  276*').    Dieses  i  ist  ziemlich  selten.    (Gr.  III,  174  fg.). 

4)  Jüngeres  u:  burolang  Lid.  44,  sonst  immer  bora-.  vgl.  gram.  II,  550. 

Ich  reihe  hieran  noch  einige  filUe  von  auffallenden  Zerstörungen 
eines  ursprünglichen  i  u. 

1. 

messalihen  T.  22,  2;  mcssezunft  129,  7  (mis-  findet  sich  bei  T.  nicht);  raes- 
brahanta  gl.  c«,  978**,  mesbrüchidu  979'*;  meszumpht!  Wb.  27.  Demgemäss  ist  die 
angäbe  bei  S.  29  anm.  2  zu  berichtigen.  Dieses  mos-  ist  also  auf  ostfrk.  denkmaler 
beschrankt.  —  uuesta  T.  durchweg;  uuessa  0.  durchweg  (nur  lY,  15,  39,  18,  30 
war  in  V.  ursprünglich  uuissi  resp.  uuisti  geschrieben);  uuessun  Mgl.  28GV  (Is. 
hat  uuista  3,  14).  Wie  die  belege  bei  Gr.  I,  1094  fg.  zeigen  ist  dieses  e  auf  das 
frk.  beschränkt.  —  giuuesso  T.  (30m.;  nur  104,  1  giuuisso,  und  226,  3  ist  i  in  e 
corrigiert).  Sonst  begegnet  stets  nur  giuuisso ,  so  bei  0.  Is.  (Gr.  1, 1108).  —  urre- 
Bti  T.  durchweg;  Gr.  11,  538  belegt  nur  noch  urrist  Ba.  gl.  K.;  urrusti  H.  6.  — 
erö  T.  6,  1 ;  erä  0.  lY,  31,  85  YPF. ;  emo  LS.  I,  3  aufG&Uende  und  von  dem  zwei- 
maligen erä  in  dem  2ten  Merseburger  Spruch  abgesehen  isolierte  formen.  Es  liegt 
hier  wol  kein  lautlicher  Vorgang,  sondern  eine  Übertragung  der  entsprechenden 
endungen  des  st.  adj.  vor,  wie  eine  solche  auch  im  n.  sg.  m.  n.,  g.  sg.  statthatte. 

Q. 

trohtin  T.  (yJJf ;  truhtin  in  ««/?;)  throhtin  Fb.  C. ,  22;  trohtine  Wb.  I,  30» 
drohtln  Mgl.  284^    0.  Is.:  druhttn.    Gr.  Y,  517  fg.  belegt   dieses  o  öfter  nur  aus 

1)  Das  e  in  brengemes  frg.,  welches  sonst  ahd.  nirgends  begegnet  (Gr.  in, 
192  fg.),  ist  wol  nicht  mit  Müllenhoff  (MSD.  s.  XII)  als  sog.  brechungs-e,  sondern 
als  Umlauts -e  anzusetzen,  vgl.  as.  brengian. 


362  PIBTSCH 

Willir.  u.  Notk.  Über  das  ursprüngliche  u  vgl.  Fick  II»,  777  fg.  —  obar  T.  20  m. 
neben  ubar;  obar  Fgl.  19;  ober  Mgl.  286*;  Gr.  I,  83  gibt  obar  nur  noch  aus  den 
niedd.  glossen  Pb.  und  dem  cod.  Trevir.  des  Ruiumar.  Henr.  —  üzsoth  SG.,  2G3': 
wazzersoht  263''.  Gr.  VI,  140  fg.  gibt  nur  noch  2  unsichere  belege  für  dieses  o.  — 
gifohtu  (inficio)  SG.  263*  (zu  an.  fiuka).  —  Neben  huggen,  wovon  die  formen  des 
prs.  und  das  6m.  begegnende  prt.  hugita  gebildet  werden,  erscheint  bogen,  von 
dem  sich  aber  nur  präteritale  formen  finden :  hogeta  (12)  und  hogta  (4).  ^  Von  lez- 
terem  ist  auch  gihogtlicheu  V,  23,  73  gebildet.  Sonst  begegnet  dieses  o  durchweg 
in  den  nur  bei  Notk.  und  in  den  gl.  Cassell.  belegten  bildungen  hogazjan  hogezunga 
und  einigemal  vereinzelt.    Vgl.  Gr.  IV,  794.  796 ;  K.  448. 

Einigemal  ist  auch  ursprüngliches  i  u  abweichend  gewahrt.  So  steht  ganz 
isolirt  sineuua  Pt.  (Diut.  II,  342'')  fi\r  seneuua,  welches  Icztere  auch  an  der  ent- 
sprechenden stelle  in  SG.  (269')  begegnet.  —  u  ist  auffallend  gewahrt  in  fngalä  T. 
durchweg  (4ra. ,  sonst  ist  das  wort  nicht  belegt),  welche  form  sieh  auch  Mgl.  285** 
findet.  Im  übrigen  begegnet  nur  fogal.  (Gr.  III,  435.)  Tber  das  ursprüngl.  u  vgl. 
Fick  II«,  797. 

Es  gebt  aus  diesen  belegen  hervor,  dass  das  ostfrk.  (und  teilweis 
auch  das  südfrk.)  dazu  neigt,  auch  ursprgl.  i  u  nicht  unangetastet  zu 
lassen.  In  einzehien  der  oben  erwähnten  ßllle,  wie  bei  trohtin  obar, 
komt  es  darin  mit  dem  niedd.  überein,  in  anderen  scheint  es  selbstän- 
dig vorgegangen  zu  sein,  so  bei  mes-  uuesta  giuuesso  urrestl. 

m.  Assimilation. 

Tatian.* 

Am  häufigsten  wirkt  o  assim.  besonders  in  yöJ'  und  zwar  wird  durch  das- 
selbe a  verdrängt  besonders  in  ableitungsendungen  (S.  32),  aber  auch  e  in  -emo 
-erO,  (z.  b.  selbomo  (10)  suntigomo  (2),  einomo,  thesomo;  seohhorö  rehtorO),  in 
fatoron  (1),  bruodoron  (2),  aftoro  (1)  (S.  32);  vereinzelt  u  in  murmorötun  IUI,  2, 
sihhoron  (3)  neben  sihhura;  i  in  richosun  95,  5.  Progressiv  verdrängt  o  ein  a  in 
gotouaebbi  (2)  neben  gotauuebbi  (1),  gicoronö  (1),  -onero  122,  3  usw.  (S.  31.)  Neben 
IBmaligem  offano  -On  (besonders  in  C)  findet  sich  14  m.  offono  -ön;  go-  in  gohOrta 
79,  13  ist  durch  das  vorhergehende  thö  und  den  vocal  des  verbums  hervorgerufen.  — 
In  onseron  (f.  -en)  sträzon  113,  1  scheint  eine  art  reimassim.  vorzuliegen. 

Am  nächsten  an  Verbreitung  komt  die  durch  e  gewirkte  ^  fast  ausschliesslich 
regressive  assim.  Obgleich  es  hier  oft  unmöglich  ist,  zwischen  assim.  und  blosser 
Schwächung  zu  scheiden ,  so  wird  doch  das  relativ  seltene  vorkommen  unabhängiger 
Schwächung  meist  für  die  annähme  einer  assim.  sprechen.    Vgl.  s.  337. 

Mit  Wahrscheinlichkeit  ist  assim.  anzunehmen  in  formen  wie  senefes  neben 
senafes;  gisehenemo  farlazenOn  (2);  arlesenc  usw.,   da  die  prtc.  prt.  der  st.  verha 

1)  Dass  in  dieser  form  wirklich  c  durch  einen  lautlichen  Vorgang  ausgefallen 
sei,  ist  unwahrscheinlich.  Dieselbe  scheint  vielmehr  gebildet  durch  ein  Sprach- 
gefühl, dem  die  möglich keit  eines  hogjan  vorschwebt,  ohne  dass  dasselbe  factisch 
existiert. 

2)  Da  S.  30  fg.  bereits  die  assim.  bei  T.  behandelt  hat,  auch  das  glossar 
die  anffindung  der  stellen  erlcichteH,  so  gebe  ich  im  folgenden  nur  ausnahmsweise 
genaue  citate. 


DKB  OBBBFBINK.  LAUTSTAND  DC  ZX.  JAHBH.  363 

sonst  ihr  a  bewahren,  (vgl.  unter  a).  Progp-essive  durch  e  gewirkte  assim.  liegt  sicher 
Yor  in  asesenuä  185,  2;  uuerelti  132,  19;  gisegenot  (4),  segenöta  (1),  regenöta  (1) 
nsw.  Das  ohject  dieser  assim.  ist  meist  a,  ganz  vereinzelt  o  in  getes  190,  3,  1  in 
geleitit  145,  12,  wo  ge-  für  gi-  durch  das  vorhergehende  hafte  hervorgerufen  ist. 

Ziemlich  häufig  ist  femer  die  von  i  ausgehende  assim. ,  welche  ebenfalls  vor- 
zugsweise regressiv  ist  und  besonders  a  ergreift  (S.  31).  Doch  verdrängt  sie  auch 
n,  z.  b.  in  gibulihti  13,  13  (gibuluhti  78,  9),  üzwurphin  inti  44,  29,  ferner  e  in 
gibetis  ir  141,  12.  Über  diriuuarta,  gihigita  vgl.  s.  347.  —  Progressiv  hat  i  auf  a 
gewirkt  z.  b.  in  mittimen  (2),  mittiligart  (11)  usw.  (S.  31);  auf  u  in  uuizzit  215,  4 
(für  uuizzut);  kaum  in  sibinu  89,  2  (sonst  sibun);  auf  o  in  ni  uirstantet  89,  6  (sonst 
iny  nur  for-  vgl.  S.  16).  Progressive  und  regressive  assim.  hat  stattgefunden  in  bilidi 
(durchweg),  furnidirit  (3),  fingirin  usw.  (S.  31).  Auffallend  steht  heilizinnes  4,  4; 
es  scheint  sich  hier  das  jedenfalls  durch  das  j  oder  vielmehr  i  der  ableitung  her- 
vorgerufene i  der  ableitnngssilbe  (vgl.  fluobiren,  gisübircn  usw.  S.  31)  so  festgesezt 
zu  haben,  dass  es  im  stände  war  sich  auch  den  vocal  der  endung  anzugleichen. 
Allerdings  findet  sich  auch  heilazet  (1);  heilazungä  ^2). 

Bedeutend  seltner  ist  die  von  a  ausgehende  assim.  Begressiv  hat  dieselbe  1 
verdrängt  in  mihhala  71^  3;  e  in  naman  thaz  164,  1;  thiu  da  salböta  135^  1  (sonst 
nur  thar,  dar,  de),  thia  dar  135,  15  (f.  thio  d.  i.  ther).  Progressiv  hat  a  e  ver- 
drängt in  iuuaramo  96,  4.  Auffallend  ist  nihheinagamo  86,  2  (sonst  nihhein!g). 
Über  samasä  vgl.  unter  6. 

Etwas  häufiger  ist  assimilation  von  u  ausgegangen.  Regressiv  hat  dasselbe 
gewirkt  in  simbulun  (4);  uniduru  (3),  (uuidaru  190,  3,  sonst  uuidaro  uuidoro);  nuh 
nu  173,  1;  progressiv  in  thuruh  (thurah  14m.);  thiu  du  170,  5  (für  thiu  de);  pro- 
gressiv und  regressiv  in  vvurzulün  13,  15.    (uuurzalün  (2)). 

Die  zwischen  cons.  eingeschobenen  hilfsvocale  richten  sich  meist  nach  dem 
vorausgehenden  oder  folgenden  vocal;  a  findet  sich  in  flectierten  formen  nur  zwi- 
schen e  und  0  oder  e  und  e:  uorahten  91,  3;  berahto  107»  1;  ferahes  38,  1  usw. 

Otfrid. 

Auch  bei  0.  ist  o  in  ganz  hervorragender  weise  als  activer  factor  bei  der 
assim.  beteiligt,  die  wie  bei  T.  vorwiegend  regressiv  ist.  Beeinflusst  wird  durch 
regressive  von  o  gewirkte  assim.  in  erster  reihe  a.  Hervorzuheben  sind  die  verba 
auf  -alon  -anön  -aron,  welche  fast  durchaus  ihr  a  einbüssen.  unter  diesen  verben 
weisen  in  TP.  nur  diejenigen  öfter  a  in  der  ableitnngssilbe  auf,  bei  welchen  das- 
selbe durch  stammhaftes  a  einigermassen  geschüzt  war.  So  findet  sich  nur  afalön 
(I,  23,  21;   rV,  7,  43  in  V.;  PF.  afolön);   samanön  (I,  27.  67;  HI,  26,  35.  47; 

IV,  7,  43;  darnach  ist  Keiles  angäbe  s.  452  zu  berichtigen)  und  abgesehen  von 
giaforöt  IV,  31,  30  nur  afaron  (1,  3,  10;  9,  12  V.;  IV.  26,  20;  V,  9,  49).  Erhal- 
tung des  a  bei  verben ,  deren  stamm  einen  andern  vocal  enthält,  ist  ganz  selten : 
giuuidaron  I,  1,  60  (sonst  uuidorön);  bisegandt  V,  3, 15  (sonst  segonon).  Zu  erwäh- 
nen ist  ferner  das  durchstehende  holon  (T.  halön  (ebenso  LS.  10.);  2  m.  holön)  und 
folgende  vereinzelte  fälle:  ruarto  thö  III.  18,  67.  68;  uuanto  tho  IV,  36,  23;  ruarto 
mo  IV,  18,  40;  samo  sd  V,  8,  43  P.  Seltner  wirkt  o  regressiv  auf  e:  selbomo 
I,  4,  39;  iuomo  III,  22,  40  VF.:  seragorao  V,  9,  4  P.  usw.;  bruadoron  IV,  13,  20; 

V,  7,  59;  gouuon  I,  13,  4;  III,  14,  75  (geuui  11,  14,  2)  und  in  einigen  schon  8.338 
aufgeführten  formen.  —  Auf  i  hat  o  regressiv  gewirkt  in  nur  wenigen  formen: 
siintolöso  III,  21,  4  (suntiloscr  HI,  17,  39);  formonänti  I,  4,  65;  unforholan  I,  15, 
42  (sonst  steht  stets  fir-).    Zweifelhaft  ist  bigonöto  (»  vollständig)  V,  19 ,  12.  20. 

ZBITSCHB.    F.  DBUT8CHB    THILOLOaiR.     VII.  BD.  24 


3G4  PIRTSCH 

42.  5G.  G4,  wofUr  F.  3m.  biglnoto  bietet.  In  nuuanosamo  V,  23,  5  (nunniiiaaiii 
II,  6,  11;  V,  23,  20)  und  fridosamo  L.  29  (fridusame  II,  16,  25  VP.,  fride-  P.) 
scheint  reimassini.  vorzuliegen.  —  Für  die  von  o  auf  u  ausgeübte  regressive  assim. 
weiss  ich  nur  mannnonto  (molliter)  II,  14,  42;  III,  19,  20  u.  ö.  (neben  mammunti, 
mammunti),  ferner  thusonton  III,  G,  4.  53  (sonst  nur  unflectiert:  thüsunt)  und  fado- 
mon  IV,  29,  7  (vgl.  unten)  anzuführen.  —  o  wirkt  schliesslich  regressiv  auf 
die  diphthonge  ua  ia;  fiber  uo  vgl.  s.  355  (bluomun  Schreibfehler  oder  halbe 
nssim:?).  —  io  ist  nicht  in  dem  grade  durch  folgendes  o  bedingt,  es  findet  sich 
meist  au  stellcu,  wo  von  assim.  keine  rede  sein  kann.  Docli  ist  leztere  wol  als  sicher 
anzunehmen  in  formen  wie  zioro  (10  m.;  ziaro  I,  2,  41;  IV,  28,  8;  ziero  I,  4,  19) 
gegenüber  ziara  I,  21.  13;  ziarara  II,  10,  11;  ferner  sdoro  (9m.;  sciaro  II,  11,  49) 
gegenüber  gisciari  IV,  12,  44  und  miotono  V,  19,  57  gegenüber  miata  III,  14, 
100  usw. 

Progressiv  wirkt  o,  so  viel  ich  sehe,  nur  auf  a.  So  in  botoscaf  II,  13,  7; 
forosagon  I,  5,  19  V.;  gotouuebbi  V,  19.  46;  lobosam  III,  26,  13;  IV,  1,  39;  obo 
IV,  28,  20;  H.  131  usw.  In  uuorolt,  wofür  nur  V,  1,  2  V.  uuoralt  sich  findet, 
scheint  die  assimilationskraft  des  o  und  der  einfluss  des  1  auf  a  (vgl.  oben  unter  a) 
zusammengewirkt  zu  haben. 

Progressive  und  regressive  assimilation  hat  stattgefunden  in  uuolkono,  -onon 
I,  5,  6;  IV,  7,  40;  19,  54;  V,  17,  40;  offono  IE,  20,  12  usw.  durchweg  (K.373); 
offouOn  III,  15,  23  usw.  durchweg  (K.  452);  Ostoron-Ono  III,  6,  13;  7,  5  usw. 

Was  die  von  e  gewirkte  assimilation  anlangt ,  so  Ifisst  sich  auch  bei  0.  nicht 
in  allen  f&llen  genau  entscheiden,  ob  nicht  ein  einfaches  herabsinken  des  vocals  zu 
e  vorliegt.  Unzweifelhaft  scheint  mir  assim.  in  formen  wie  fehes  I,  12,  2;  13,  14 
u.  5.  (fihu  I,  11,  57;  IV,  5,  3.  7);  niuenes  (nuper)  V,  9,  19  (niuuanes  III,  20,  76); 
offenen  >emo  III,  21,  33.  35  (sonst  ist  nur  offan,  offanaz  (2);  offonoro  (2)  offono  (7) 
belogt);  kciseres  IV,  6,  30;  20,  22;  24,  6  VF.  für  keisores  in  P.  (vgl.  8.838); 
mammonteru  IV,  11,  25;  sorgilechemo  IV,  35,  32  V.  (sorgilichemo  PF.).  Durch 
regressive  assim.  ist  wahrscheinlich  auch  ze  hervorgerufen  an  folgenden  stellen: 
ze  ther  I,  6,  2;  ze  thero  I,  11,  62;  ze  herzen  I,  23,  27;  ze  theru  IV,  27,  2.  Sonst 
steht  in  VP.  immer  zi.  —  Hervorzuheben  ist  schliesslich,  dass  e  auch  auf  die 
diphtlionge  ua  ia  seine  assimilierende  kraft  ausübt.  Wie  uo  nur  vor  o,  so  findet 
sidi  ue  (von  duent  usw.  abgesehen  vgl.  oben)  in  VP.  nur  vor  folgendem  e  und  auch 
ie  begegnet  vorzugsweise  vor  e,  besonders  in  den  formen  des  praes.  der  st  verba 
mit  wurzelhaftem  u. 

Ziemlich  häufig  ist  auch  von  i  assim.  ausgegangen.  Betroffen  wird  von  der- 
selben vorzugsweise  a:  zahirin  V,  6,  36;  ubiri  V,  23,  75;  armilih  III,  14,  120; 
IV,  16,  24  usw.  (armalih  IV,  24,  24  u.  ö.);  göriglicha  IV,  26,  8;  giuuariltcho  H, 
5,  4  (giuuaraHcho  III,  16,  22  u.  ö.);  leitiri  IV,  16,  23;  diufil  ir  üi,  14,  53  (vgl. 
E.  163).  —  e  ist  von  i  verdrängt  in  kundinti  I,  23,  10;  uuis  iz  I,  9,  36  V.  für 
uues  iz  PF.  —  1  hat  sich  o  assimiliert  in  friuntilih  V,  1,  17.  30  usw.  durchweg; 
mannilih  I,  3,  40  usw.  13m.,  nur  I,  6,  15;  23,  12  VP.;  lU,  20,  39  P.  steht  man- 
nolih  (vgl.  K.  443;  gram.  If,  569);  femer  sogar  o  in  namiti  I^  9,  14. 

Progressive  durch  i  gewirkte  assim.  finde  ich  nur  in  scinintaz  V,  22,  7,  vgL 
jedoch  auch  s.  338.  —  Progressive  und  regressive  assim.  hat  stattgefunden  in  spihiri 
I,  28,  16;  bilidi  IV,  15,  35  usw.  durchweg;  bittiri  ü,  11,  47;  V,  8,  50;  nidiri 
L.  26;  H.  155;  nidiri  (adj.)  III,  3,  19;  V,  4.  18,  neben  denen  formen  mit  -ar  nicht 
begegnen,  femer  in  himilis  gi-  I^  1,  56;  sibini,  -in  I,  3,  36;  V,  14,  20.  24  (siban 
IV,  6,  47,  sonst  sibun;  sibino  I,  4,  59). 


DIR  OBEBFRANK.  LAÜTSTAND  IM  IX.  JAHRH.  365 

Etwas  häufiger  als  bei  T.  wirkt  bei  0.  a  assim.  Dieselbe  trifft  regressiv  e: 
bruadarscaf  V,  23,  119  P.  (in  V.  ist  a  in  e  corrigiert);  scinantaz  I,  17,  65;  II,  17, 
11;  V,  22,  7  P.;  fliaxzantaz  II,  14,  30  (sonst  -enti).  —  Ferner  n:  santar  III, 
23,  3  D.  und  vieUeicht  gehört  hierher  auch  fadamä  lY,  29,  13  VF.  (fadumä  P.); 
das  a  in  fadamon  IV,  29,  32  V.,  welches  neben  faduiu  IV,  29,  41;  fadumä  IV,  29,  24 
und  dem  bereits  oben  erwähnten  fadomon  begegnet,  erklärt  sich  wol  am  besten 
durch  die  annähme  eines  Schreibfehlers  für  u,  welches  PF  an  dieser  stelle  bieten. 

Progressiv  hat  a  assim.  gewirkt  in  farantemo  II,  14,  3;  uualtanteru  V,  25,  92; 
uualtantemo  V,  25,  91;  allan  V,  3,  12  (für  allon).  —  Regressive  und  progressive 
assim.  liegt  vor  in  andaraz  11,  22,  30;  andara  I,  17,  77;  18,  33  (sonst,  von  anda- 
remo  V,  9,  17  abgesehen,  nur  ander). 

Am  seltensten  ist  assim.  von  u  ausgegangen:  thuruh  durchweg;  nagultun 
IV,  27,  7;  drüstun  III,  24,  3;  ungumachu  III,  7,  18.  Vielleicht  verdankt  auch 
hugulust  n,  11,  64;  IV,  37,  38,  das  nur  bei  0.  belegt  ist,  sein  zweites  u  der 
assim.  an  die  beiden  andern  u  des  compositums.  (vgl.  hugilustin  IV,  37,  38  F., 
bugulistin  P.,  welches  leztero  wol  ft)r  hugilustin  verschrieben  ist.)^ 

Über  die  zwischen  cons.  eingeschobenen  hilfsvocale  lässt  sich  wenig  mehr 
sagen,  als  dass  dieselben  sich  bei  weitem  nicht  so  sehr  nach  den  umgebenden  voca- 
len  richten  wie  im  T.  So  hält  forahta,  forahtcn  fast  durchweg  a  fest,  welche 
vocale  immer  in  der  endung  folgen  mögen:   forahtun  III,  8,  25.  38  usw.;  forahten 

1,  1,  84  u.  ö.;  forahtist  IV,  31,  7;  forahtentc  V,  20,  61.  Nur  I,  4,  27  VPF.  steht 
forihti  und  V,  4,  37  VP.  forehtet.  Von  ferah  findet  sich  ferahes  III,  14,  106,  dage- 
gen ferehes  ni,  23,  31;  ferehe  IV,  33,  27;  V,  11,  26.  Von  bifelhan  begegnet  bifa- 
lah  IV,  15,  62;  32,  8;  bifolahan  V,  3,  18;  bifiluhu  IV,  33,  24;  von  beraht:  berahta 
rV,  83,  11;  berehtera  V,  17,  32. 

Die  kleineren  denkmJUer  bieten  folgende  belege  flir  die  assim. :  FgL  uuidomo  145; 
bilidi  142 ;  muaza  141  ist  gegenüber  dem  4 maligen  uo  (sonst  ö)  vielleicht  als  durch 
assim.  entstanden  anzusehen ;  hitumum  118.  —  gl.ID,  faliuuisca  499*  für  falanuisca 

2.  b.  ü.  V,  20, 27;  fingirin  499»» ;  giuuittiu  499»»  für  giuuätiu.  —  gl.  C.»  gariuuis  978*.  — 
gl.  c.«  giholut  978';  gefremitiu  978*»  (sonst  gi-);  hazzigirö  979";  btgariuui  (fundi- 
tus)  979 1*  d.  i.  bi  garauui;  mesbrahantä  (abusi)  978".  Auch  eichene  (vindicasse) 
978"  verdankt  sein  e  wol  der  assim.  an  das  e  der  endung  (das  wort  wird  nicht  mit 
Gr.  I,  127  zu  eichOn,  sondern  mit  annähme  von  bair.  ch  für  g  zu  eiganjan  (eigiue 
0.  III,  16,  18;  eichine  Diut  III,  68)  zu  stellen  sein).  —  gl.  £z.  Über  drihtdin 
vgl.  8.347.  —  Wb.  alengomo  9;  fergoumolos(d)ta  7.  23;  itelen  11  (italiu  12.  21); 
liheme  15,  dessen  e  jedoch  nicht  sicher  ist,  vgl.  MSD.  zu  LXXVI,  15;  trunchini 
26;  gilüttiri  32;  armaro  6;  auch  en  für  in  zwischen  mez  und  demo  15  gehört  wol 
hierher.  —  Mgl«  dougini  284",  ahurborini  285^  Vielleicht  gehören  auch  .forscelOn 
282,  unsüberent  283*  hierher.  —  Mb.  uncldigimo  7  (2).  In  gsesähi  20  ist  viel- 
leicht a  (sonst  steht  gi-  ge-)  in  e  corrigiert.  —  Bb.  domo  7;  so  uo  für  sO  ni  9; 
gilosön  15  ist  aus  golosOn  corrigiert.  —  Lb.  ruoholOso  27;  gisuenen  18  (gisuonda 
18) ;  in  sedelo  22 ,  stadalo  legero  23  scheint  der  vocal  der  ableitungssilbe  durch  den 
der  Stammsilbe  bestimt.  —  Lbs*  comonne  2.  In  hurolob  4  scheinen  sich  die  bei- 
den 0  gegenseitig  zu  bedingen.  —    lYk.  In  heilag  richtet  sich  der  vocal  der  ablei- 

1)  Dass  auch  ei  bei  0.  assim.  zu  wirken  scheint,  ist  bereits  oben  unter  a 
erwähnt  worden,  ebenso  dass  vielleicht  von  e  1  eine  art  halber  assim.  ausgeht, 

24* 


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366  PIBTSCH 

tnngssilbe  im  ersten  teil  des  Wk.  (1  —  65)  nach  dem  vocal  der  endung:  heilegemo 
45,  heilegero  50,  beilegen  57.  58,  heilogo  59.  60.  61.  62;  im  lezten  teil  dagegen 
wird  a  gewahrt:  heilago  65  (doch  scheint  hier  a  aus  o  corrigiert),  66.  68.  74.  76; 
beilage  74.  vgl.  MSD.  zu  LVI,  65.  —  Femer:  gomoheit  55  (gomaheit  56.  69); 
gimartoröt  94;  minneren  77;  einezem  69;  mannisginimo  88.  Für  guodes  22  war 
ursprünglich  guedes  geschrieben.  —  Lid.  holöda  4;  yielleicht  gehört  auch  urlub  27 
hierher.  —  SG.  gewormot  (vermiculata)  248'»;»  ratiri  246»»;  piliri  248 *»;  ridirodin 
249*^;  vulhiri  263^;  erhabenem  266^  (sonst  ist  a  im  st.  prtc.  prt.  constant);  trnn- 
kini  269*;  segesna  277*  f.  segansa;  firiuuizzi  277».  —  Pb.  Für  ubilero  3  war 
ursprünglich  ubelero  geschrieben.  —  Dass  in  diesen  belegen  o  nicht  in  dem  masse 
als  hauptfactor  der  assim.  hervortritt,  wie  bei  T.  0.,  bemht  wol  auf  zufall.  Betrof- 
fen wird  von  der  assim.  auch  hier  besonders  a.  —  Bei  Is.  ist  die  assira.  ziemlich 
beschränkt.  Ich  begnüge  mich  mit  einem  hinweis  auf  das  von  Weinh.  Is.  s.  62.  63 
bemerkte,  wonach  assim.  nur  von  o  auf  a  (und  i  in  gimartorOdan  25,  9  neben 
gimartiröt  27,  20)  ausgeübt  wird  und  füge  demselben  nur  bei,  dass  auch  Is.  stets 
edhili  hat,  dass  famuu  21,  15  vielleicht  =  faruwu  (s.  Weinh.  69)  und  dass  heilegim 
quhidim  23,  31  wol  auch  auf  assim.  beruht. 

Die  vocalische  assimilation  beherscht  den  vocalismus  des  oberfrk. 
des  IX.  jh.  und  besonders  den  des  evangelienbuches  in  weit  grösserer 
ansdehnnng  als  den  des  oberd.  derselben  zeit  Scherer  hat  in  der 
ztschr.  f.  d.  österr.  gymnas.  XXIV,  289  fg.  eine  vorläufige  regel  fBr  das 
eintreten  der  assim.  aufgestellt,  welche  durch  die  obigen  belege  sich 
als  fQr  das  oberfrk.  im  ^gemeinen  zutreffend,  aber  doch  als  verschie- 
dener ergänzungen  und  einschränkungen  bedürftig  erweist.  Scherer  sagt : 
^der  assimilierte  vocal  gehört  der  ableituDg,  der  assimilierende  der 
flerionsendung  an:  der  veränderliche  und  darum  charakteristischere  teil 
des  wertes  trägt  es  über  den  constanten  und  unveränderlichen  davon 
(und  daher  von  zwei  ableitungssilben  die  neu  hinzutretende  über  die  der 
Wurzel  näher  verbundene  z.  b.  suntiringon  für  suntaringon).^*  (s.  289.) 
So  ist  es  allerdings  meist,  keineswegs  aber  immer.  Nicht  nur,  dass, 
wie  auch  Scherer  (s.  290)  andeutet,  der  vocal  der  wurzel  auf  den  vocal 
von  Vorsilben  (gohörta  T.  unforholan  formonänti  0.  gefremitiu  gl.  c* 
gffisähi?  Mb.)  und  ableitungs-  oder  iiexionssilben  (gicoronS -onerö  zese- 
uuä  uuereltl  mittimen  uuizzit  f.  uuizzut  T. ;  obo  uuorolt  sclnintaz  faran- 
temo  ttualtantemo  allan  f.  allen  0. ;  thuruh  T.  0. ;  armaro  Wb. ;  sedelo 
legere  stadalo  Lb.  segesna  SG.)  wirkt,  oder  dass  ferner  in  compos. 
zwei  Wurzelsilben  in  streit  geraten  über  die  förbung  des  compositions- 
vocals  (gotouuebbi  (gotauuebbi).  mittiligart  (mittilagarte  25,  1)  T.; 
suntoldso  botoscaf  forosagon  gotouuebbi  lobosam  armilth  (armaUh)  giuua- 

1)  Dass  hier  älteres  o  gewahrt  sei,  glaube  ich  nicht.  Gr.  I,  10i4  gibt  mit  o: 
tmormo  gl.  Emmer.,  geuuormöt  Mep.,  die  sich  beide  durch  assim.  erklären;  ausser- 
dem aber  allerdings  auch  uuorma  aus  den  gl.  in  vitas  patram  (VF.)- 


DER  OBBBPBÄNK.  LAUTSTAND  IM  IX.  JABBH.  367 

rillcho  (giauaialicho)  0.;  faliuuisca  gl.  ID.  (fala-  0.)  gomoheit  (goma- 
heit)  Wk.),  sondern  die  assimilation  breitet  sich  auch  noch  viel  wei- 
ter aus.  Zuweilen  wird  sie  von  dem  einen  vocal  (nur  o)  einer  zwei- 
silbigen flexionsendung  auf  den  andern  derselben  (nur  e)  ausgeübt: 
selbomo,  cinomo,  seohhorö  rehtord  usw.  T.;  sclbomo,  iuomo  seragomoO. 
alengomo  Wb.;  zuweilen  gehören  assimilierender  und  assimilierter  vocal 
einer  ableitungsendung  an :  -iri  f.  -ari.  (Die  belege  oben  unter  a.)  Fer- 
ner geht  die  assimilation  einigemal  von  dem  vocal  einer  ableitungs- 
endung  aus,  wodurch  der  vocal  der  endung  verdrängt  wird:  iuua- 
ramo  T.;  hazzigiro  gl.  c*  uncidigimo  Mb.  (2);  mannisginimo  Wk.  und 
auch  heilizinues  T.  niheinagamo  T.  werden  hierher  zu  ziehen  sein. 
Auch  der  stamm  vocal  bleibt  nicht  unangetastet:  io  ie  bei  0.  gehören 
nur  teilweise  hierher,  wol  aber  Otfrids  uo  ue  und  fälle  wie  getes  T. 
fehes  niuenes  sorgilechemo  santar  drüstun  gouuon  0.  holdn  0.  durch- 
weg, T.  2  m.;  gl.  c*  Auffallend  und  vielleicht  blosse  Schreibfehler 
oder  falsche  lesungen  sind  ginuittiu  gl.  ID.  mesbrahantä  gl.  c'  Damit 
noch  nicht  genug ,  greift  die  assimilation  auch  über  die  grenze  des  einen 
Wortes  hinaus  in  benachbarte  Wörter:  hafte  geleitit,  üzvvurphin  inti, 
gibetis  ir,  ni  uirstantet,  naman  thaz,  thiu  da  salböta,  thia  dar,  thiu 
du  T.;  ruarto  thö,  uuanto  thö,  ruarto  mo,  samo  so,  diufll  ir,  himilis 
gi-,  uuls  iz,  ze  für  zi  vor  ther  (3)  herzen  0.;  s6  no  Rb. 

Scherer  a.  a.  o.  s.  289  sagt  weiter  ^  der  assimilation  erleidende  vocal 
sei  stets  a.  Dass  er  auch  e  sein  kann  haben  uns  die  oben  angeführten 
-omo  -orö  schon  gezeigt.  Zu  diesen  treten  noch  andre,  so:  fatoron 
bruodoron  aftoro ;  naman  thaz ,  thia  dar  usw.  T.  bruodoron  gouuon  0. 
domo  Bb.  comonne  Lbs.  Ferner  kann  u  object  der  assimilation  sein: 
sihhoron  murmorötun^  gibuliht!  T.;  fadomon  thusonton  mammonto  0./ 
und  i :  richosön  T. ;  suntolöso  formonänti  unforholan  fehes  0.  ja  auch 
o:  getes  T.  keiseres  0.  Die  assimilation  wirkenden  vocale  sind  nach 
Scherer:  e  i  o  oder  u.  Zunächst  niuss  entschieden  o  vorangestellt  wer- 
den,' schon  darum,  weil  man  bezüglich  des  e  meist  nicht  mit  Sicher- 
heit entscheiden  kann,  ob  dasselbe  nicht  durch  einfaches  herabsinken 
entstanden  ist.  Hinzuzufügen  ist  ferner  a,  wenn  es  auch  in  sehr 
beschränkter  sphäre  wirksam  ist.    Wie  anders  als  durch  die  annähme 

1)  Wenn  bei  0.  sibini,  -Id  (3)  neben  gewöhnlichem  sibnn,  einmaligem  siban 
erscheint,  80  kann  man  vielleicht  mit  Seh.  annehmen,  dass  hier  i  nicht  n,  sondern 
a  verdrängt  habe,  dagegen  ist  eine  gleiche  annähme  bezüglich  des  im  T.  neben 
ansschliesslichem  sibnn,  sibnn!  begegnenden  sibinn  (wol  f.  sibiniu)  kaum  zulSssig. 

2)  In  manchen  oberd.  dcnkm.  scheint  als  activer  factor  der  assim.  mehr  das 
i  in  den  Vordergrund  zn  treten,  so  z.  b.  in  der  Benedictinerregel  (vgl.  Seiler  in 
PB.  beitr.  1 ,  430)  nnd  in  den  Mnrbacher  hymnen  (Sievers  s.  11). 


368  I>IETSCH,  DER  OBBIIFBImK.  LAUTSTANB  IM  IX.   JAHBH. 

eiuer  assimilation  lassen  sich  formen  wie  mihhala  iuuaramo,   naman 
thaz  usw.  T.    bruadarscaf  scfnantaz  fliazzantaz  santar  0.  erklären? 

Wenn  ein  vocal  (besonders  a)  zwischen  zwei  silben  steht,  die 
gleichen  vocal  haben,  so  widersteht  er  nur  selten  der  doppelten  bedro- 
hang  seiner  integiität.  Doch  findet  sich  bei  T.  offauo  -ön  öfter  als 
offono  -öu,  ferner  -nidarit  (3)  neben  nidirit.  Über  thegane  sedale, 
legare  usw.  bei  0.  s.  oben  unter  a. 

Dass  grade  o  in  so  hohem  masse  sich  durch  die  assimilation  aus- 
breitet, scheint  seinen  grund  in  einer  auch  sonst  hervortretenden  Vor- 
liebe des  hd.  für  diesen  vocal  zu  haben.  Ich  erinnere  z.  b.  an  die 
Übertragung  der  ondung  -dno  des  g.  pl.  der  sw.  f.  nicht  allein  auf  die 
sw.  m.  n.,  sondern  auch  auf  die  st.  f.  mit  a- stamm ^  an  die  vielfache 
Wandlung  von  ursprgl.  u  in  o  durch  folgendes  a,  während  ursprgl.  i 
unversehrt  bleibt,  ferner  an  die  bewahrung  der  participialendung  -öt 
noch  im  mhd. ,  an  nhd.  dero  iro ,  an  ausrufe  wie  feueijo  diebjo ,  mordjo, 
feindjo  (vgl.  auch  wafend  Parz.  675,  18). 

BRESLAU.  P.  PIETSGH. 

(Schlius  folgt.) 


ZU  PILATUS. 

(Massmann,  deutsche  Gedichte  des  11.  und  12.  jrh.  I,  145  fgg.) 

Vorrede:  34.  schreib  min  st.  miY  mit  Wackernagel;  41.  dakomei 
doch  (da^)  also ;  50.  di  ,,.  sint  min ,  es  ist  etwa  werc  zu  ergänzen ; 
56.  enÜo^en;  74.  vühtet;  81.  äweffic;  87.  unseres  viendes  (des  teufeis)?; 
91.  guotende.  Wackernagel;  118.  gib  mir  (da^)  zelone?;  132.  stt  (ich)^ 
151.  di  sin  (er)  gez.;    173.  gdeit^  st.  gelert  (:  arheit). 

9.  nigen  (alle)  an;  14.  des  st.  de^;  33.  e  (nach)  ^nem  rehte; 
34.  dem  st.  den;  40.  ne  häe;  57.  Tyro;  68.  hete :  spete;  73.  komma 
st.  kolon;  185.  und  i^  bleibt;  157.  hugen  :  zugefi;  183.  im  so  voU 
jgoclh  =  gab  ihm  so  volles  mass;  294.  Pylatus  h....  etwa  honete? 
299.  300.  Payno  und  Pilato  müssen  die  stelle  wechseln;  316.  hegunde 
Paynus;  352.  van  großer  st.  an  groze;  355.  santen  in  üf;  383.  Mit; 
390.  siner;  439.  in  fremUiche. 

GÖTTINGEN.  R.  SPRENGER. 


OSWALD  BERTRAM. 

Oswald  Bertram  war  geboren  am  15-  uctobcr  1S27  in  Eriiu leben,  einem 
in  der  provinz  Sachsen  uuferu  Ballenstcdt  gclogcnon  Ktädtchen.  Nachdem  er  seinen 
▼ater,  der  daselbst  einnehmer  war,  schon  in  seinem  IVmften  lobennjahro  verloren 
hatte,  kam  er  zu  ostern  1838  als  orphanns  in  die  waiscnanstalt  der  Franckeschcn 
Stiftungen  zu  Hallo.  Hier  giong  er  in  der  lateinischen  schule  (dem  gymnasium) 
bis  prima,  und  trat  dann  18-lG  als  lehrling  in  die  buchhandlung  des  Waisenhauses, 
wo  er  bereits  nach  zwei  jähren  so  weit  gediehen  wai*,  dass  er  die  Stellung  eines 
gehilfen  auszufAlleu  vermochte.  Nachdem  er  darauf  noch  in  einer  Berliner  und 
einer  Leipziger  buchhandlung  tätig  gewesen  war,  kaufte  er  1852  die  Luckhart« 
sehe  sortimeutsbuchhandlnug  in  Kassel,  fand  aber  dort  keinen  günstigen  boden 
für  seine  bestrebungen.  Im  jähre  1«S58  zu  michaelis  kehi*te  er  an  den  ausgangs- 
punkt  seiner  berufstätigkcit,  nach  Halle,  zurück,  um  die  leituug  der  Waisenhaus- 
buchhandlung  und  der  mit  dieser  zusammenhängenden  anstalten,  der  buchdruckerei 
und  der  Cansteinschcu  bibelunstalt ,  zu  übernehmen,  und  hiermit  hatte  er  seinen 
richtigen  Wirkungskreis  gefunden. 

Die  buchhandlung  des  Hallischcn  Waisenhauses  ist  ein  altehrwürdiges  Insti- 
tut, fast  gleichzeitig  mit  dem  waisenhausc  selbst  entstanden,  ebenso  wie  dieses  aus 
den  kleinsten,  bescheidensten  anfangen  hervorgegangen,  und  eben  so  wie  dieses 
schon  unter  der  gesegneten  band  ihres  trcflichen  begrüuders  zu  hoher  blute  und 
fruchtbarer  Wirksamkeit  gediehen.  August  Hermann  Francke,  der  unvergessliche 
gründer  des  Waisenhauses ;  hatte  in  seiner  pfarrkirchc  in  der  damaligen  Hallischen 
Vorstadt  Glaucba  am  ersten  sonn  tage  nach  Trinitatis  1697  eine  predigt  gehalten  „von 
der  pflicht  gegen  die  armen."  Sein  schüler  und  freund  Hemrich  Julius  Elers  (geb. 
1667»  gest.  1728)  Hess  sie  drucken  und  verkaufte  sie  auf  der  Leipziger  messe  zum 
besten  des  Waisenhauses,  und  der  reiche  ertrag  ward  ihm  ein  wink  gottes  auf  die- 
ser bahn  weiter  zu  gehen.  So  gründete  er  1007  die  buchliandlung  und  kurz  dar- 
nach auch  die  buchdruckerci  mit  so  glücklichem  erfolge ,  dass  die  tüchtigsten  kräfte 
der  ebenfalls  erst  neugegründeten  Hallischen  Universität  und  auch  namhafte  aus- 
wärtige gelehrte,  männer  wie  Francke,  Freylinghausen,  Spener,  Lange,  Michaelis, 
Porst,  Bambach,  Stryk,  Boehmer,  Hcineccius,  Stahl  u.  a.  sich  ihm  vertrauensvoll 
zuwanten,  wodurch  die  buchhandlung  sich  binnen  wenig  Jahrzehnten  zu  einem  der 
bedeutendsten  damaligen  verlagsgeschäfto  aufschwang.  Damit  war  ihr  solider  ruf 
für  immer  begründet,  und  wenngleich  Elers  seine  seltene  tüchtigkeit  und  tatkraft 
nicht  auf  seine  nachfolger  vererben  kontc,  blieb  der  verlag  doch  immerhin  ein  gedie- 
gener und  wertvoller,  und  ward  durch  manches  wichtige  und  umföngliche  werk 
vermehrt.  In  den  siebziger  jähren  nahm  er  wiederum  einen  mächtigen  aufschwung, 
als  in  folge  der  Verbindung  mit  Emesti  und  F.  A.  Wolf  die  Hallischcn  testaus- 
gaben griechischer  und  römischer  klassikcr  allgemeine  Verbreitung  bis  über  Deutsch- 
lands grenzen  hinaus  gewannen  und  durch  fast  ein  halbes  Jahrhundert  behielten. 

Als  Bertram  1858  die  Verwaltung  der  buchhandlung,  bibelanstalt  und  drucke- 
rei  übernahm,  gewann  er  damit  für  die  entfaltung  seiner  tätigkcit  den  geeignet- 
sten und  fruchtbarsten  boden.  Denn  diese  altberühmten  Institute  harrten'  gleich- 
sam nur  eines  frühlingshauches,  um  widerum  zu  neuem  blühenden  leben  zu  erwa- 


j*  ^         mjr       mf^  M I 


370  0.   BBBTBAX 

chen.  Und  wie  er  selbst,  in  den  Franckoschen  stiftangen  erzogen  und  herangebil- 
det, widerum  die  volle  pictät  gegen  die  Stiftungen  uiitbracbtc,  so  fand  er  auch 
andrerseits  bei  ihren  leitcrn  und  angchörigcu  da^  vollste  vertrauen  und  freund- 
lichste entgegenkommen.  Aber  freilich  Avar  er  auch  ganz  der  mann  dazu,  diese 
Institute  widerum  zu  veijungcn  und  ihnen  einen  grossartigen  aufschwung  zu  geben. 

Bei  einem  von  kind  auf  nicht  kräftigen  körpcrbau  war  er  begabt  mit  einem 
geweckten  geistc,  der,  unterstflzt  von  reichen  und  mannigfaltigen  kontnisscn,  sich 
überall  leicht  zurechtzufinden  wüste,  mit  einem  festen,  beharrlichen  willen,  einem 
auf  das  edlere  gerichtülcn  sinne  und  einem  wolwollcudcn  gemüte.  Dazu  kam  ein 
vorzügliches  praktisches  geschick  und  gcwantheit  des  Umganges,  gefordert  durch 
eine  angenehme  äusserliche  erscheiuung.  Neben  seinem  eigentlichen  berufe,  dem  buch- 
handel,  hatte  er  überdies  bei  seinem  freunde  Bobardt,  dem  ebenso  unterrichteten 
als  praktisch  tüchtigen  Vorsteher  der  buchdruckerei  des  Waisenhauses,  auch  die  buch- 
druckerkunst  praktisch  erlernt,  und  darnach  auch  die  damals  noch  übliche  prüfung 
in  Merseburg  bestanden,  und  diese  praktische  kentnis  der  buchdruckerei  kam  ihm 
nun  bei  seiner  Verwaltung  aufs  treflichste  zu  statten. 

Wie  einst  Elers  so  suchte  nun  auch  Bertram  namentlich  auch  anknüpfnng 
mit  der  universit&t  und  fand  hier  auch  widerum  das  freundlichste  entgegenkommen. 
So  entwickelte  sich  zwischen  ihm  und  mehreren  Universitätslehrern  freundschaft- 
licher verkehr  und  gegenseitige  forderung,  und  bei  seinem  unternehmenden  geiste, 
seinem  leicht  fassenden  und  verarbeitenden  köpfe,  seiner  rastlosen  tatigkeit,  dehn- 
ten sich  die  kreise  und  spannen  sich  die  faden  seiner  Wirksamkeit  immer  weiter 
und  weiter,  und  von  jähr  zu  jähr  wuchs  er  gleichsam  mit  seinen  zwecken.  Als 
geschäftsmann  wüste  er  zwar  den  ertrag  gangbarer  Schulbücher  und  jugendschrif- 
ten  wol  zu  schätzen,  imd  pflegte  deshalb  nicht  nur  die  im  vorläge  vorgefundenen 
brauchbaren  unter  beständigem  sorglichem  bedachte  auf  ihre  verbessening  (wie  z.  b. 
die  vielverbreitete  Eehtermeyersche  Auswahl  deutscher  gedichte  unter  seiner  Verwal- 
tung wesentliche  Verbesserung  erfuhr),  sondern  er  fügte  auch  nicht  wenige  andere 
neu  hinzu,  auch  bei  diesen  bedacht  nur  wirklich  gutes  und  nützliches  zu  gevrin- 
nen,  und  die  herstellung  blosser  gehaltloser  oder  gar  schädlicher  fabrikwaare  ver- 
schmähend. Aber  daneben  hatte  er  sich  von  vorn  herein  noch  ein  höheres  und 
edleres  ziel  gesteckt,  dem  er  unverwant  zustrebte  durch  Schaffung  eines  gehaltvol- 
len wissenschaftlichen  Verlages,  der  sich  allmählich  immer  weiter  ausdehnte  über 
verschiedene  föchcr,  unter  natürlicher  durch  die  Verhältnisse  gegebener  bevorzugung 
der  philologisch -historischen.  Der  einst  so  blühende  verlag  altklassischer  littera- 
tur  konte  freilich  unter  gänzlich  veränderten  Verhältnissen,  denen  rechtzeitig  rasch 
und  rüstig  zu  entsprechen  man  verabsäumt  hatte,  nicht  wider  gewonnen  werden. 
Als  ersatz  dafür  suchte  Bertram  andere  disciplinen  heranzuziehen,  und  mit  rich- 
tigem blicke  besonders  solche,  die  in  frischem  aufschwunge  begriffen  sind,  wie 
namentlich  deutsche  philologie,  Sprachwissenschaft  und  deutsche  geschichtliche 
quellenforschung.  Und  mit  wie  günstigem  und  fruchtbar  wachsenden  erfolge  er 
seine  bestrebungen  ausdehnte,  bekunden  die  1873  und  1875  ausgegebenen  verlaga- 
kataloge.  Daher  ward  es  ihm  möglich,  auch  solche  wissenschaftliche  Unternehmun- 
gen zu  unterstützen  und  zu  fördern,  die  keinen  unmittelbaren  geldgewinn  eintru- 
gen, oder  auch  wol  kaum  die  herstellungskosten  erreichten,  zumal  er  mit  sicherem 
praktischem  blicke  die  grenzen  des  möglichen  und  der  buchhandlung  zuträglichen 
stets  fest  im  äuge  behielt.  Und  so  weit  er  vermochte,  tat  er  solches  auch  gern, 
und  zwar  nicht  blos  um  die  ehre  und  den  glänz  des  altberühmten  namens  der 
Verlagshandlung  zu  wahren  und  zu  erhöhen,   sondern  auch  deshalb,  weil  ihm  die 


0.  BEBTBAX  371 

erkentnis  nicht  verborgen  geblieben  war,  dass  das  wahre  gedeihen  einer  grossen 
würdigen  buchhandlnng  und  des  buchhandels  überhaupt  schliesslich  doch  auf  der 
pflege  eines  reichen  und  gediegenen  wissenschaftlichen  Verlages  beruht»  und  weil 
er  auch  selbst  einen  auf  das  höhere  und  ideale  gerichteten  sinn  besass. 

Die  Cansteinsche  bibclanstalt,  deren  Verwaltung  Bertram  1858  ebenfalls  über- 
nahm, hatte  ihr  erstes  neues  testament  1712,  ihre  erste  vollständige  bibel  1713 
ausgegeben,  mit  einem  von  dem  candidaten  der  thcologie  Job.  Heinr.  Grischow 
besorgten  texte.  Ihre  eigene  druckerei  war  1734  gegründet  worden.  Weil  aber 
diese  druckorei  dem  gestiegenen  bedürfnisse  nicht  mehr  genügte,  kam  jezt  der 
bereits  angebahnte  und  vorbereitete  plan  einer  Verschmelzung  der  Oansteinschen 
bibeldruckerei  mit  dem  g^östen  teile  der  waiseuhausbuchdruckerei  zur  ausföhrung, 
und  die  also  vereinigte  druckerei  ward  unter  bedeutendem  kostenaufwande  mit 
maschinen  und  verraten  derart  ausgestattet,  dass  sie  unter  der  treflichen  leitung 
ihres  kundigen  Vorstehers  Bobardt  allen  ansprächen  des  schwierigsten  werk-  und 
auch  des  kunstdruckes  so  wie  der  Stereotypie  in  eben  so  gediegener  als  geschmack- 
voller ausstattung  entsprechen  konte.  Damit  hob  sich  der  j&hrliche  durchschnitt- 
liche absatz  an  deutschen,  polnischen,  wendischen  und  littauischen  bibeln  und  testa- 
menten  auf  ungefähr  50,000  exemplare,  und  die  summe  der  sämtlichen  von  der 
Oansteinschen  bibelanstalt  seit  1712  gedruckten  bibeln  und  testamente  erreichte 
bereits  1872  die  stattliche  ziffer  von  5,7d9,874  exemplaren.  Auch  der  text  der  deut- 
schen bibel  ward  jetzt  einer  durchgreifenden  revision  unterzogen.  Den  theologischen 
teil  dieser  aufgäbe  besorgte  eine  von  den  evangelischen  kirchenbehörden  Deutsch- 
lands damit  betraute  commission  namhafter  theologen;  die  eigentliche  philologische 
bearbeitung  dagegen  führte  professor  Frommann  in  Nürnberg  aus.  Wie  gewissen- 
haft, wie  g^ründlich,  wie  sachkundig,  wie  geschickt,  mit  wie  richtiger  philologischer 
methode  diese  bearbeitung  ausgeführt  ist,  das  lernt  man  erst  dann  vollkommen 
erkennen  und  würdigen,  wenn  man  sich  die  mühe  nimt,  einen  bogen  dieser  neuen 
ausgäbe  mit  dem  alten  Oansteinschen  texte,  mit  dem  texte  der  Lutherschen  Origi- 
nalausgabe lezter  band  von  1545  und  mit  dem  grundtexte  wort  für  wort  prüfend 
zu  vergleichen.  —  Die  vervolkomnete  waiseuhausbuchdruckerei  lieferte  jetzt  nament- 
lich eine  betrachtliche  reihe  schwieriger,  und  zum  teil  sehr  schwieriger  sprachwis- 
senschaftlicher werke  mit  musterhafter  correctheit  und  in  würdiger  und  geschmack- 
voller ausstattung.  So  vorzügliche  leistungen  fanden  denn  auch  bald  überall  die 
wol verdiente  anerkennung,  so  dass  der  druckerei  selbst  aus  weiter  ferne,  aus  Lon- 
don, Edinburgh,  Oxford,  Paris,  Smyma  usw.  ehrende  und  lohnende  auftrage  zugien- 
gen,  und  dass  sie  zeitweilig  den  andrang  des  fremden  und  des  gestiegenen  eige- 
nen bedarfes  selbst  mit  höchster  anstrengung  kaum  zu  bewältigen  vermochte. 

Aber  mit  dieser  fruchtbaren  tätigkeit  für  buchhandlnng,  bibelanstalt  und 
druckerei  war  Bertrams  tätigkeit  noch  nicht  erschöpft;  vielmehr  verfolgte  er  mit 
lebhaftem  eifer  das  gesamte  Interesse  des  deutschen  buchhandels  und  buchdruckerei- 
wesens  und  war  eben  so  emsig  als  einsichtig  um  die  förderung  beider  unablässig 
bemüht.  Für  all  das  ward  ihm  denn  auch  die  ungeteilte  anerkennung  und  Wür- 
digung seiner  berufsgenossen  zu  teil,  die  auch  darin  sich  aussprach,  dass  er  schon 
vor  länger  als  einem  Jahrzehnte  ausschussmitglied  des  börsenvereins  der  deutschen 
buchhändler,  und  vor  Jahresfrist  Vorstandsmitglied  desselben  ward.  Namentlich 
aber  erwarb  er  sich  hohes  verdienst  um  gründung  und  leitung  des  deutschen  buch- 
dmckervereins,  und  war  als  dessen  Vorstandsmitglied  und  als  versitzender  des  thü- 
ringischen bezirksvereines  ebenso  einsichtig  als  unermüdlich  tätig  für  eine  gesunde 
Organisation  und  fortentwickelung  des  druckereiwesens.     Die  Überstürzungen  der 


•  * 


372  O.   BEBT&AM 

lezten  jähre,  die  fiberspanten  und  törichten  fordernngen  und  ansprüche  der  einen, 
die  teils  notgedmogene,  teils  egoistisch  bequeme  nachgiebigkeit  und  gleicbgütig* 
keit  der  anderen  seite  machten  ihm  zwar  manchen  schweren  verdmss,  und  konten 
ihm  zuweilen  wol  gar  seinen  beraf  fast  yerleiden ,  dennoch  liess  er  sich  in  seinen 
zugleich  verständigen  und  wohlwollenden,  gerochtigkoit  und  billigkeit  vereinenden 
und  vcrsönondcn  bcstrebungen  nicht  irre  machen  und  nicht  abschrecken.  Wahr- 
lich nicht  seine  schuld  ist  es,  wenn  yor  einigen  jähren  ein  tarif  yereinbart  wurde, 
welcher  verschiedene  bestimmungon  cnthftlt,  die  dem  deutschen  buchhandd  und 
damit  auch  dem  durch  ihn  vermittelten  edelsten  teile  des  nationabeichtnmes,  dem 
geistigen,  zu  schwerem  schaden  gereichen:  wol  aber  wird  es  zum  guten  teile  sein 
verdienst  sein,  wenn  eine  vernünftige  und  heilsame  reform  dieses  tarifes  gelingt, 
der  er  bereits  so  tOchtig  vorgearbeitet  hat. 

Endlich  noch  hat  Bertram  sich  auch  schriftstellerisch  betätigt,  teils  durch 
aufsätze  in  dem  auch  zeitweilig  von  ihm  redigierten  Hallischen  tageblatte,  in  der 
Magdeburger  zeitung  und  in  buclihändlerischen  Zeitschriften,  teils  aber  auch  durch 
selbständig  erschienene  Schriften.  Eine  6  bogen  starke  geschichie  der  Cansiein- 
sehen  bibelanstalt  hat  er  bereits  1863  veröffentlicht.  Eine  geschichte  der  buch- 
handlung  des  Waisenhauses  hat  er  begonnen  mit  einer  biographie  ihres  gründers 
Elers,  aber  noch  nicht  zu  ende  führen  können.  Und  die  jüngsten  bewegungen 
innerhalb  des  buchdruckereigewerbes  mit  dem  daraus  hervorgegangenen  buchdrucker- 
normaltarif  haben  ihn  veranlasst  zur  abfassung  und  Veröffentlichung  eines  48  sei- 
ton starken  bfichleins  unter  dem  titel:  Manuscript  und  correctur,  dessen  klare  und 
verständige  erörterungen  und  eingestreute  anregende  gedanken  nicht  bloss  von 
Schriftstellern  und  budihändlem  beachtet  zu  werden  verdienen. 

Eine  so  vielseitig  angestrengte  und  andauernde  tätigkeit  hätte  selbst  einem 
kräftigeren  körper  nachteilig  werden  können.  Um  so  grössere  besorgnis  hegten 
Bertrams  freunde  schon  seit  längerer  zeit,  wenn  er,  selbst  ernstere  unpässlichkei- 
ten  nicht  achtend,  bei  jeder  Jahreszeit  und  Witterung  nicht  nur  in  seinen  geschäfts- 
räumen  tätig  war,  sondern  sogar  weite  und  angreifende  reisen  im  Interesse  seiner 
bcstrebungen  fUr  buchhandlung  und  buchdruckerei  ausf&hrte.  Selbst  als  im  ver- 
flossenen sommer  ärztliches  gebot  ihm,  wegen  eines  schweren  und  bedrohlichen 
lungenleidens,  f&r  längere  zeit  den  besuch  von  kur-  und  erholungsorten  und  gänz- 
liche enthaltung  von  aller  geschäftstätigkeit  anbefahl,  konte  er  so  völlige  Untätig- 
keit sich  nicht  abgewinnen,  sondern  besorgte  immer  noch  eine  wichtige  correspon- 
denz.  Gegen  winters  anfang  kehrte  er  von  ländlichem  aufenthalte  nach  Halle  zu- 
rück, und  folgte  im  beginne  des  Januar  der  ehrenden  ladung  des  ihn  sehr  hodi- 
schätzenden  preussischen  Unterrichtsministeriums,  als  Vertreter  des  deutschen  buch- 
druckervereines  an  den  beratungen  der  conferenz  für  regelung  der  deutschen  recht- 
schreibung  teil  zu  nehmen.  Sehr  lebhaft  und  wirksam  beteiligte  er  sich  an  den  Ver- 
handlungen, aber  schwer  angegriffen  kehrte  er  wider  heim.  Bald  darnach  sank  er  aufs 
krankenlager,  von  dem  er  nicht  wider  erstand.  Am  10.  april  1876,  im  noch  nicht 
vollendeten  49.  lebensjahre,  entriss  ihn  der  tod  seiner  gattin,  die  mit  ängstlicher 
sorge  und  in  treuester  pflege  seit  monaten  schwer  um  ihn  gebangt  hatte,  und  sei- 
nen drei  kindem.  —  Sein  frühes  hinscheiden  ist  ein  schwerer,  schmerzlicher  Ver- 
lust nicht  nur  für  seine  familie  und  für  das  Waisenhaus;  aber  wie  er  das  seine 
redlich  und  reichlich  getan  hat,  so  wird  sein  andenken,  die  erinnerung  an  das  was 
er  als  geschäftsmann  und  als  mensch  gewirkt  hat  und  gewesen  ist,  dauernd  geseg- 
net bleiben. 


O.  BBBTBAK  378 

Um  den  lesern  dieser  von  ihm  gegründeten  Zeitschrift  eine  Übersichtliche 
YorsteUung  der  förderiing  zu  geben,  welche  die  deutsche  philologie  seiner  verlags- 
tätigkeit  verdankt,  lasse  ich  in  chronologischer  reihe  die  titel  der  bedeutenderen 
werke  aus  dem  gebiete  deutscher  philologie  folgen,  welche  unter  seiner  Verwaltung 
der  buchhandlung  erschienen  sind,  und  füge  zur  Vervollständigung  auch  das  wich- 
tigste aus  den  n&chstverwanten  gebieten  der  litteratur,  der  Sprachwissenschaft  und 
der  deutschen  geschichtlichen  quellenforschuug  hinzu. 

1860.  Schade,  Paradigmen  zur  deutschon  grammatik.    (2.  a.  1868.    3.  a.  1873). 

1861.  San-Marte  (R.  R.  Schulz),  Parzival -Studien.    1  —  3.    1861—62. 

1862.  Koberstein,  Laut-  und  flexiouslehre  der  mhd.  und  nhd.  spräche.    (2.  a.  1867. 

8.  a.  1873). 
Schade,  altdeutsches  lesebuch. 

1866.  Schade,  altdeutsches  Wörterbuch.    (2.  a.  heftl  — 3.    1873—76). 

1867.  Heyne,  altniederdeutsche  eigennamen. 

1868.  Weinhold,  Boie. 

Zeitschrift  für  deutsche  philologie ,  herausg.  v.  HÖpfner  und  Zacher.    Bd.  1 
bis  7,  3.    1868—76.    Ergänzungsband  1874. 

1869.  Germanistische  handbibliothek ,  herausg.  von  J.  Zacher: 

1.  Walther  von  der  Vogolweide,  herausg.  von  W.  Wilmanns  1869. 

2.  Endrun,  herausg.  von  E.  Martin.  1872. 

3.  Yulfila,  herausg.  von  E.  Bernhardt.    1875. 
Opitz,  über  die  spräche  Luthers. 

Visio  Tnugdali  ed.  Schade. 

Liber  de  infantia  Mariae  ed.  Schade. 

1870.  Höfer,  altvil  im  Sachsenspiegel. 

Narrationes  de  vita  et  conversatione  Mariae  ed.  Schade. 

Thomson,  einfluss  der  germanischen  sprachen  auf  die  finnisch  -  lappischen, 

übs.  von  Sievers. 
Weinhold,  die  deutschen  monatsnamen. 
Weinhold,  die  gotische  spräche  im  dienste  des  kristentums. 
Wendeler,  de  praeambuUs.  1. 

1871.  Taciti  Germania  ed.  Schweizer -Sidler.    (2.a.  1874). 
Wimmer,  altnordische  grammatik,  Übs.  von  Sievers. 

1872.  Fridankes  bescheidenheit,  herausg.  von  H.  £.  Bezzenberger. 
Hansen,  Johann  Bist 

Leo,  angelsächsisches  glossar.   1. 
Möbius,  über  die  altnordische  spräche. 

Hildebrandslied,  Merseburger  Zaubersprüche,    fränkisches   taufgelöbnis  (mit 
photographischer  abbildung),  herausg.  von  Sievers. 

1873.  A.  Bezzenberger,  Untersuchungen  über  die  gotischen  adverbien  und  partikeln. 
Lehmann,  Luthers  spräche  in  seiner  Übersetzung  des  Neuen  Testamentes. 
Wolframs  von  Eschenbach  Wilhelm  von  Orange,  übs.  v.  San-Marte  (B.  B.  Schulz). 
Wilmanns,  die  entwickelung  der  Kudrundichtung. 

1874.  Erdmann,    Untersuchungen    über   die    syntax   der    spräche   Otfriede.     1.  2. 

1874—76. 
Die  Murbacher  hymnen,  herausg.  von  Sievers. 
Sievers,  paradigmen  zur  deutschen  grammatik. 

1875.  Die  deutschen  mundarten.    Zeitschrift,   herausg.  von  K.  Frommann.    Bd.  7. 

(Neue  folge  bd.  1). 


874  O.  BEBTBAK 

1876.  VerhandluDgen  der  zur  herstellnDg  grösserer  einigung  in  der  deutschen  recht- 
schreibnng  berufenen  konferenz.  Berlin,  den  4. — 15.  Januar  1876.  Ver- 
öffentlicht im  auftrage  des  königl.  preussischen  Unterrichtsministers. 


1864.   Stephens,  geschichte  der  w&lschen  litteratur  vom  12.  bis  zum  14.  Jahrhun- 
dert, übers,  von  San-Marte  (B.  R.  Schulz). 

1867.  Zacher,  Pseudokallisthenes. 
Julii  Valerii  epitome  ed.  Zacher. 

1868.  Pott,  Sprachverschiedenheit  in  Europa. 

1869.  Guillaume  le  Clerc,  le  besaut  de  dien  ed.  Martin. 
Bumpelt,  das  nat&rliche  system  der  sprachlaut«. 

1870.  Delbrück  und  Windisch,    syntaktische  forschungen.    1.     (=  Delbrück,    der 

gebrauch  des  conjunctivs  und  optativs  im  sanskrit  und  griechischen). 
Knrschat,  Wörterbuch  der  littauischen  spräche.   1.  2.    (1870—74). 

1871.  Boehmer,  Romanische  Studien.   1.  2.    (1871—72). 

1872.  Ascoli,  Glottologie.  1.  übers,  von  Bazzigher  und  Schweizer -Sidler. 
Guillaume  le  Clerc,  Fergus  ed.  Martin. 

1873.  W.  Wackemagel,  poetik,  rhetorik,  Stilistik. 

1874.  Delbrück,  das  altindische  verbum. 
Delbrück,  vedische  Chrestomathie. 

1875.  Verzeichnis  der  handschriften  der  Stiftsbibliothek  zu  St  Gallen. 


1870.   Geschichtsquellen  der  provinz  Sachsen  und  angrenzender  gebiete: 

1.  Erfurter  denkmäler  1870. 

2.  Urkundenbuch  der  stadt  Quedlinburg.  1873. 

3.  „  „       „     Mühlhausen.  1874. 

4.  „  des  klosters  Stötterlingenburg.  1874. 

5.  „  „        „        Drübeck.  1874. 

6.  „  „        „       Ilsenburg.  1875. 

1873.  Richter,  annalen  des  fränkischen  reiches  im  Zeitalter  der  Merowinger. 

1874.  Böttger,  diöcesan-  und  gaugrenzen  Norddeutschlands.   1—3.    1874—76. 

1875.  Hansische  geschichtsquellen.  1.  2. 

1876.  Hansisches  urkundenbuch,  herausg.  von  Höhlbaum.  1. 


Ausserdem  noch  befinden  sich  bereits  im  druck: 

Germanistische  handbibliothek.   4.    Heliand,  herausg.  ron  Sievers. 

Delbrück  und  Windisch,  syntaktische  forschungen.  2.  »  Delbrück,  gebrauch  der 

tempora  in  der  ältesten  indischen  litteratur. 
Leo,  angelsächsisches  glossar.  2.  (besorgt  Yon  M.  Heyne). 

und  endlich  der  erste  band  der  mit  kaiserlicher  Unterstützung  durch  B.  Suphan 
bearbeiteten  kritischen  ausgäbe  von  Herders  sämtlichen  Werken.  —  Einige  andere 
in  Vorbereitung  begriffene  werke  sind  noch  nicht  bis  zur  drucklegung  gediehen. 

HALLB.  J.  ZACBEB. 


Aufruf 

znr  Errichtung  eines  Grabdenkmals  für  Heinrich  Rflckert. 


Am  11.  September  vorigen  Jahres  verschied  zn  Breslau  der  ord.  Professor 
der  deutschen  Sprache  und  Literatur,  Dr.  Heinrich  Rückert.  Mit  ihm  ist  ein 
gelehrter  Forscher  auf  dem  Gebiete  der  Sprachwissenschaft,  ein  gedankenreicher 
Geschichtsschreiber,  ein  ebenso  tiefer,  als  umfassender  Geist,  ein  patriotischer 
Charakter  von  glühender  Vaterlandsliebe,  ein  deutscher  Mann  im  besten  Sinne  des 
Wortes  von  uns  geschieden.  Sein  Andenken  lebt  unauslöschlich  fort  im  Herzen  sei- 
ner Freunde,  wie  in  der  Geschichte  seiner  Wissenschaft,  aber  es  ist  ein  Bedürfuiss 
der  Pietät,  dieses  Andenken  auch  durch  ein  äusseres  Zeichen  der  Erinnerung  unter 
uns  zu  verewigen.  In  diesem  Sinne  sind  wir  heute  zusammengetreten,  um  dem 
Dahingeschiedenen  ein  einfaches,  aber  würdiges  Denkmal  zu  errichten.  In  die- 
sem Sinne  wenden  wir  uns  an  die  zahlreichen  Freunde,  Verehrer  und  Schüler  des- 
selben mit  der  herzlichen  Bitte,  diesem  unternehmen  ihre  werkthätige  Unterstützung 
angedeihen  zu  lassen.  Möchte  unser  Aufruf  von  reichem  Erfolge  begleitet  und  uns 
so  vergönnt  sein,  recht  bald  auf  Heinrich  Bückerfs  letzter  Ruhestätte  durch 
Künstlerhand  ein  Grabdenkmal  zu  errichten,  welches  seinen  Freunden  zur  Freude, 
unserer  Stadt  und  ihrer  Hochschule  zur  Ehre,  kommenden  Geschlechtem  zur  Erin- 
nerung dienen  wird. 

Breslau,  den  25.  Februar  1876. 

Commercien-  und  Admiralitätsgerichtsrath  Dr.  Abegg  zu  Berlin.  Geh.  Hofrath 
Prof.  Dr.  Karl  Bartseh  in  Heidelberg.  Dr.  W«  Brachmann,  Secretär  des  evang.- 
lutherischen  OberkirchencoUegiums.  Dr.  Alois  Eisner ,  ordentl.  Lehrer  am  kathol. 
Gymnasium.  Dr.  Karl  Frommann,  Director  des  germ.  Museums  zu  Nürnberg. 
Prof.  Dr.  Galle  9  z.  Z.  Bector  der  Universität.  Dr.  Gustaf  G&rtner.  Ministerial- 
director^  wirkl.  Geh.  Ober  -  Regierun gsrath  Dr.  Gretff  zu  Berlin.  Archivrath  Prof. 
Dr.  €•  Orttühagen*  Karl  von  Holtet«  Provinzial  -  Schulrath  Dr.  HQpftaer  in  Coblenz. 
Reinhard  Juriseh,  ordentl.  Lehrer  an  der  Bealschule  am  Zwinger.  Privatdocent 
Dr.  Engen  K91bing.  Rob«  Merkelt ,  ordentl.  Lehrer  am  kathol.  Gymnasium. 
Prediger  Meyer«  Dr.  Möller  in  Ketting  bei  Augustenburg  (Schleswig -Holstein). 
Prof.  Dr.  Carl  Kenmann«  C«  Petzet,  Bedacteur  der  Schles.  Ztg.  Dr.  Panl  Pietseh. 
Dr.  Pfeiffer  9  Professor.  Dr.  Pobla,  ordentl.  Lehrer  am  Magdalenäum.  Jnllan 
Beiehelt,  ordentl.  Lehrer  am  Magdalenäum.  Dr.  AI«  Beifferseheid,  Docent  an 
der  Universität  zu  Bonn.  Prof.  Dr.  Emil  Riehter«  Prof.  Constantin  RQssler  zu 
Berlin.  Geh.  Bath  Prof.  Dr.  Hermann  Sebnlze«  Prof.  Dr.  Spiegel  zu  Erlangen. 
Prof.  Dr.  Stenzler«  Schulrath  Prof.  Dr.  Stoy  zu  Jena.  Prof.  Dr.  Karl  Weinhold 
in  Kiel.    Prof.  Dr.  Zaeber  in  Halle.    Prof.  Dr.  Zupitza  in  Wien. 


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876 


LITTERATUR. 

K«  G*  Andresen  ttber  deutsche  Volksetymologie.    Heilbronn,  Gebr.  Hennin- 
ger.   1876.    VIII.  146  8.    8. 

Der  berr  Verfasser ,  darch  seine  orthographischen  and  namenkundlichen  arbei- 
ten weiteren  kreisen  bekant,  hat  sich  in  diesem  büchlein  die  aufgäbe  gcstelt,  einem 
gebildeten  Icserkreise  jene  Veränderungen  fremder  und  Umbildungen  verdunkelter 
deutscher  worte  zusammenhangend  und  umfassend  vorzulegen,  die  der  sogenanten 
Volksetymologie  zugewiesen  werden,  deren  wesen  darin  liegt,  dass  fremdartiges  und 
unverstandenes  nach  anklang  und  anschein  gedeutet  wird.  Zwar  ist  der  einschlägige 
Stoff  nicht  unbearbeitet;  der  herr  Verfasser  konte  also  das  meiste  als  bereits  gefun- 
den bezeichnen.  Allein  mit  ausnähme  einer  etwas  längeren  abhandlung  von  E.  För- 
stemann,  mit  welcher  die  Zeitschrift  fttr  vergleichende  Sprachforschung  eröffnet 
wurde,  ist  gröstenteils  sehr  verstreut  und  an  hundert  orten  ttber  diese  etymologien 
gehandelt  worden.  Es  ist  ein  verdienst  des  herm  prof.  Andresen,  dass  er  umsich- 
tig und  übersichtlich  diese  dinge  zusammenstelte.  Dabei  hat  er  selbst  manchen 
fund  getan  und  sich  den  auslegungen  andrer  gegenfiber  besonnen  und  selbständig 
verhalten.  Wir  glauben  datier,  dass  das  b&chlein  von  vielen  mit  nutzen  und  ver- 
gnflgen  gelesen  werden  wird ,  und  wir  empfehlen  es  also  den  freunden  der  deutschen 
spräche.    Ein  genaues  und  sorgfältiges  register  erleichtert  die  benutzung  sehr. 

BRBSLAU,  MAI   1870.  K.   WEINHOLD. 


PHILOLOGENVERSAMMLUNG  IN  TÜBINGEN. 

Die  31.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schul- 
männer wird  vom  25.  bis  28.  September  d.  J.  lu  Tflbiugeu  abge- 
halten werden.  Indem  das  unterzeichnete  Präsidium  zum  Besuche  der- 
selben freundlichst  einladet,  ersucht  es  diejenigen  Facbgenossen,  welche 
dabei  Vorträge  zu  halten  oder  Thesen  aufzustellen  gedenken,  ihm  hier- 
von bis  zum  31«  Juli  d.  J.  Kenntniss  zu  geben.  Yorti-äge  oder  The- 
sen für  die  pädagogische  Sektion  bitten  wir  bei  Herrn  Oberstudien- 
rath  Dr.  Schmid  in  Stuttgart  anzumelden.  Auf  Einzeleinladungen 
und  das  Nachsuchen  von  Eisenbahnvergünstigungen  bitten  wir  nicht  zu 
zählen.    Preis  der  Mitgliedkarte  6  M. 

Teufel.  Schwabe. 


HAMBISMAL. 

AUS    DXN    VO&ABBEITEN    ZU    BINEB    NEUEN    AUSGABE    DES   BOOENANNTEK 

B^BfUNDAB    EDDA. 

L    Text  des  Codex  Regius. 

hampis  mal 

Oprvtto  atdi  tregnar  idir  gr^ti  alfa  in  gly  lla/mo.  är  (fol.  44**) 

vm  morgm  maNa  bjylva  fvtir  hveriar  forg  vm  qveyqra.   Va 

30  ra  ^  nv  ne  ig^r  pa^  heftr  langt  li|>it  fit>an  er  fät  forua 
ra  freiwr  var  J)at  halfo  er  hvatti  gvdrvn  givca  borin 
IT.  fina  vnga  at  hefna  IVanhildar.    Syiter  yar  yccor  f^a  / 
nbildr  vm  heitin  f?  er  lormvnrecor  lom  vm  traddi  hntom  oc  fvor 
tom  ahervegi  gräm  gang  tvmom  gotna  hros^om.    Epfor  er 

35  ycr  {»rvngit  t)iod  konung^  hhp  eintr  er  pätta  Qttar  miNar 

ein  ilod  em  ec  ordin  fem  w!p  iholb  fallin  at  fr^ndom  fem        (fol.  45*) 
fvra  at  qt;titi  yadin  at  vilia  fem  ai{>r  at  larfi  {>a  er  in 
qtnlb  fc^t)a  kqmr  vm  dag  varman.  hit^  qva{>  t)a  ham{)»r  in  hvgom 
flK^n  hti  myndtr  ^y  t>a  gvdrvn  1.  d.  b.  er  {>.  Ckgvrd  f.  or.  v.  faztv  a 
5  bep  ON  banar  hlögo  beer  voro  {>.  i.  b.  b.  ofnar  vivlondom  flf  to 
1  verf  dreyra.    Svalt  |ya  figvrjyr  faztv  yfer  darJ)om  glyia  pv 
ne  gadir  gvNaR  t)er  8t;a  vildi  Atla  f)ottiz  {>v  Itnpa  at  er 
pf  mordi  oc  at  eitilf  morpi  aldr  lagi  ]fat  var  {>er  on  v^rra.  fva 
fcyldi  hver  iv{>rom  vena  ttZ  aldr  laga  [verpi  far  beito  at  ser  ne 

10  Itnddit.    Hitt  qväp  {)a  fsvrli  fviNa  bafdi  bann  byoio  vilcat 
ec  vid  mofwr  malom  fcipta  orz  J)icc*r  on  vant  ycro  bväro  bv^f 
bil>r  J)v  nv  gvdrvn  ^  J)v  at  grati  ne  fqrat.    Brqpr  grat  J)V  J)fna 
oc  bvn  fvafa  nit>ia  na  boma  leit)a  n^r  rögi  ocr  fcaltv  oc 
gvdrvn  grata  ba|Mi  er  her  fitiom  feigir  amarrom.  fiam  mvnom 

15  deyia.    Gengo  or  gardi  gorvtr  at  Qifcra  li{>o  {>a  yftr  vngir  v  / 
rig  fioll  nu^rom.  hvnlenzcom  morpz  at  hefiia.    ]^a  qva{)  ^ 
erpr  erno  üni  mQR  vm  l^c  amarf  bacrilt  er  blart>om  hal 
bnvtir  koNa  ko|>o  bar{>an  nuoc  hornvng  vera.    Fvndo  & 
ftr^ti  ftör  bnvgd  ottan  bve  mvn  larp  fcamr  ocr  fvltingia 
S  varat>i  inn  fvndr  mqj^n  8t;a  qt;az  veita  mundo  fvltmg  frön 

IBITSGHa.  V.  DSUT80HB  PHILOLOOIB.     BD.  VIL  25 


378  s.  BüooB 

dom  fem  fötr  s^prom.  hvat  megi  fotr  foti  veita  ne  hold 
gröin  hond  aNam  drögo  ^r  or  rci|)i.  rci{)i  larn  m^kis 
eaiar  at  mvw  flagdi  J)verJ)o  ^etr  ]^roU  fiN  at  J)nl)ivwgi  leto 
ma^g  VDgan  tu  moldar  hniga.    Scöko  lopa  fcalmir  festo  oc 

25  godbornir  fmvgo  igvdv^fi  fram  lago  br^tir  fvndo  va  ftigo 
oc  fyftt?r  fon  faran  ameipi  varg  tre  vind  carld  v^ftan  bq 
lar  trytti  ^  trarno  hvöt  tltt  var  at  bidia.    Glarmr  var  i 
b»llo  bahr  arlreifrr  oc  tu  gota  ecci  gcrJ)ot  b^}^ra  al)r  halr 
hvgfvllr  ihorn  vm  pa't.    Segia  foro  lormvnrecci.  at 

30  fenir  voro  feoir  vndir  hialmo9>»  r^J)it  er  vw  rdp  nktr  ero  commr 
fyr  matkom  hafi|)  er  ma^Nom  mey  vm  tradda  Hlö  pa  lor 
mvnr  . .  .  bendi  drap  akampa  beiddiz  at  brarugo  bard 
va|>iz  at  vim  fcoc  hann  fcst^  iai*pa  fa  a  fciold  bvitan 
let  hann  Her  ihendi  hvarfa  ker  gvUit.     SqU  ec  pa  pQttvmc 

35  ef  ec  fia  knetta  hampi  oc  fa^rla  i  hs^Uo  miNi.  byn 

mvnda  ec  pa  bmda  meß  boga  (trengiom  god  born  givca  fefta    (fol.  45**) 
a  galga.    Hitt  qvaj)  J)a  hropr  glarj)  fto})  vf  hlepow  mefingr 
mcelti  vid  ms^g  I)eNa  |>nat  pa^  heita  at  hlypigi  myni  mega 
tveir  menn  eimr  X  hvndropom  gotna  bmda  epa  bcria  iborg  ini 
5  ha.    StyR  varp  a^  raNi  ftvcco  a^IfcahV  ibIot>i  bragnar  la 
go  comip  or  bnofti  gotua.    Hit^  qva^  {>a  hamptr  in  hvgom  fton 
Qflar  lormvnrecr  occaRar  qi;amo  brQpra  fam  mqdra  maN 
borgar  piNar.    F^tr  fer  I)ina  hondow  f6r  pv  ^imm  lorm 
ynrecr  orpit  i  cid  heitan  pa  hra't  vip  in  regm  kvnngi 

10  baldr  i  bryaio  fem  biorn  hryti.    Crytip  6v  agvmna  allz  gei 
rar  ne  bita  eoiar  ne  larn  lonacrs  IT.    Hit^  qväp  pa  hamptr 
IN  hvgom  A(jrn  barl  vantv  broptr  er  pv  paN  belg  leyftir  opt  or 
t>eim  belg  barll  rap  coma.    Hvg  hefpir  pv  hampir  ef  pv  hefdtr 
hygiandi  micili  er  amaN  hveni  vant  er  manviz  er  af  yqn  nv 

15  hdtfvp  ef  erpr  lifdi  bropir  occan  in  bard  frQcni  er  vip  abrsH 
vagow  vaR  m  vip  frQcni  hvottvmc  at  disir  gvmi  in  gvN 
hqlgi  gorpvmz  at  vigi.    Ecci  hyo  ec  ycr  vera  vlfa  dQmi  at  vit 
mynim  fialfer  vw  facaz  fem  grey  norna  pr^  er  gräpvg  ero  i  ar 
pn  VW  alin.    Vel  hofowt  vip  vegit  ftondow  aval  gotna  ofiin 

20  ecmopom  fem  emir  a  qvilti  gopf  hofom  tirar  fengid  pott 
fcylim  nu  epa  ig^r  dseyia  queld  bf^r  madr  ecki  epttr  qvid 
norna  par  feil  fs^rli  at  falar  gafli  cn  haml)tr  hne  at 
hvf  baki.    j^tta  ero  cvUol)  hampis  mal  m  forno 


HiJIDISMAL 


379 


Fol.  44\  27. 

28. 

«     45%     4. 

8. 

17. 

32. 

35. 


»» 


45^     3. 

5. 

7. 

11. 

12. 


hampts  mal  (rot). 

iS  in  SprvUo  gross ,  grün. 

/a^er^,  nicht  fattv. 

morpt  durch  die  punkte  als  unrichtig  bezeichnet. 

emo  zu  eine  corrigiert. 

durch  ein  loch  des  pergaments  sind  nach  iarmvnr  die 

buchstaben  ecr  (d.  h.:  eecr)  oder  ecr  verschwunden. 
byrt  sehr  undeutlich;  jedoch  schien  mir  eher  byri  als 

bvri  geschrieben. 
Zweifelhaft,  ob  hetta  oder  heüa. 
ai  (a  sehr  undeutlich)  zu  %  corrigiert. 
In  timN  ist  a  mit  zweitem  n  verschlungen. 
bdd  zu  bdg  corrigiert. 
ß(irt  (d.  h.  ftqrri)  nicht  ftan. 


n.    Hergestellter  tezt. 


Hamdismäl. 


Yara  t)at  nü 

n^  f  gaer, 
{>at  hefir  langt 

lidit  sldan: 
er  hvatti  Gudrun 

Gjüka  borin 
sonu  sfna  unga 

at  hefna  Svanhildar: 


„eptir  er  ykkr  {»rungit 

Ijödkonunga, 
lifid  einir  it 

pätta  settar  minnar. 


4.  Einstoed  emk  ordin 

sem  Qsp  f  holti, 
fallin  at  frsendum 

sem  fiira  at  kvisti, 
vadin  at  vilja 

sem  vidir  at  laufi, 
{>ä  er  in  kvistskoeda 

k0mr  of  dag  varman. 

5.  Systir  var  ykkur 

Svanhildr  of  heitin, 
sü  er  jQrmunrekkr 

jöm  of  traddi, 
hi^tum  ok  svQrtum 

ä  hervegi, 
gräm,  gangt^mum 

Gotna  hrossum. 


1.   Sprutta  i  tai 
tregnar  Idir, 

groeti  al& 
in  glfstqmn; 

dr  of  morgin 


2,  5  -e. 


manna  bplva 
sötir  hveijar 

sorg  of  kveykva. 
er  fätt  fomara, 

fremr  var  pat  halfa. 

26* 


.»  1 


380 


s.  BüGea 


[6K  ürdttda  it  glikir 

Gunnari, 
n6  in  heldr  hngdir 

sem  rar  HQgni; 
bennar  munduS  it 

hefha  leita, 
ef  it  mtfd  settid 

mfnna  broedra/^] 

6.  Hitt  kvad  I>ä  Hamdir 

inn  hngumstöri: 
„litt  muudir  J)ü  |)ä,  Gudrun! 

leyfa  däd  HQgna, 
er  t)eir  Sigurd  VQkdu 

svefni  <5r, 
sazta  &  bed, 

en  banar  hlöga. 

7.  Boekr  väru  plnar 

inar  bl&hyftu 
rodnar  valondum, 

flutu  i  verg  dreyra; 
sTalt  {>ä  Signrdr, 

sazta  yfir  daadnm, 
gl:^ja  I)ü  ne  gädir, 

Gannarr  p^r  S7ä  vildi. 

8.  Aüa  I)öttisk  t)ä  strfda 

at  ErpB  mordi 
ok  at  Eitils  aldrlagi, 

^6r  var  [)at  enn  Terra; 
8vä  gkjldi  hverr  Qdrum 

verja  til  aldrlaga 
Bverdi  särbeitu, 

at  s4r  ne  striddit/' 

9.  Hitt  kvad  t»4  Sörli, 

svinna  hafdi  bann  hyggju: 
f^Yilkat  ek  vid  mödur 
mflam  skipt«, 


5",  9—10.  eda  hardan  hng 
H^konnnga. 


ords  {>ykkir  enn  vant 

ykkru  bvdra; 
hvers  bidr  {>ü,  Gudrun! 

er  t)ä  at  gr&ti  ne  ferat? 

10.  Broedr  gr&t  t)ä  pfna 

ok  buri  syäsa, 
nidja  n4boma, 

leidda  nsr  rögi! 
okkr  skaltu  ok,  Gudrdn! 

gr&ta  bida, 
er  h^r  sitjum  feigir  &  m^rum, 

garri  munum  deyja.*' 

11.  Hitt  kvad  t>&  brödrglqd, 

stöd  of  hl^dum, 
msefingr  mselti 

vid  mQg  svinnan: 
„pvi  er  t)ar  bsetta, 

at  bl^digi  myni: 
mega  tveir  menn  einir 

tfu  hundrudum.^^ 

12.  G4nga  ör  gardi 

gQrvir  at  eiskra 
[SQrli  ok  Hamdir 

synir  Gudrünar]; 
fondu  ä  strseti 

störbrQgdtfttan  : 
,,Hv^  mun  jarpsk^r 

okkr  fultingjaP'' 

13.  Svaradi  inn  sundrmoedri, 

svä  kvadsk  mundu 
frsendum  fiiltingja 

sem  fötr  Qdrum. 
„Hvat  megi  fötr 

foßti  veita 
ni  holdgröin 

hqnd  annarri?'^ 

14.  i&  kvad  t)at  Erpr 

einu  sinni. 


ß* 


381 


msürr  of  16k 

ä  mars  baki: 
„lUt  er  blaudum  hal 

brauür  kenna; 
ködu  bardan  mJQk 

hornung  vera." 

15.  Drögu  J)eir  ör  skidi 

sködgjarnir 
maikis  eggjar 

at  mun  flagdi; 
pverdu  peir  l>rött  sinn 

at  I)ridjungi, 
l^tu  lUQg  uügan 

til  moldar  hnfga. 

16.  Sköku  loda, 

sk&lmir  festa, 
ok  gödbornir  smugu 

f  gadvefi; 
lidu  {>ä  yfir  ungir 

ürig  QqU 
mQrum  hünlenzkum 

mords  at  hefna. 

[16^Land  sä  peir  Gotaa 

ok  lidskjüfar  djüpa, 
—  Bikka  greppar  stauda 

&  borg  inni  hä,  — 
sal  of  sudrtgödum 

sleginn  sessmeidutn, 
bundnum  rQndtun, 

bleikum  skJQldum.] 

17.  Fram  lägu  brautir, 

fandu  västfgu 
ok  systur  son 

sdran  &  meidi, 
vargtr^  vindkQld 

vestan  boejar; 
tr>Hti  se  trqnu  br&d, 

titt  varat  bida. 


18.   Glaumr  var  f  bqllu, 
halir  Qlreifir 

ok  til  gota  ekki 
gordut  heyra, 

ddr  halr  hugfuUr 
i  hom  of  {)aat 


19.  Segja  för  ärr 

jQrmunrekki, 
at  s^nir  väru 

seggir  und  hj&lmum: 
„Roßdid  6t  of  räd! 

rikir  *ro  komnir, 
fyr  m&tkum  hafid  6t  niQnnum 

mey  of  tradda.^' 

20.  Hlö  t>4  jQrmunrekkr, 

hendi  drap  &  kanpa, 
beindisk  at  br^nga, 

bQdvadisk  at  vfni; 
sktfk  haan  skqr  jarpa, 

sä  ä  skJQld  hvitaii; 
Ut  bann  s^r  {  hendi 

hvarfa  ker  gullit 

21.  „Saell  ek  t>ä  t^oettamk, 

ef  ek  sjä  knsetta 
Hamdi  ok  S^rla 

i  bQllu  minni: 
buri  myndak  pä  binda 

med  boga  strengjum, 
göd  Ix^rn  Qjüka 

festa  ä  gälga.'' 

22.  Styrr  vard  (  ranni, 

stokkn  Qlskälir 
i  blöd,  er  bragnar  lägu, 

komit  ör  brjösti  Gotna; 
[mättnd  tvä  menn  eina 

tfu  handrud] 


882 


s.  Buoei 


binda  eda  beija 
f  borg  inni  hä. 

Hamdir: 

23.   „^stir,  jQrmonrekkr! 

okkarrar  kr&mu, 
broßdra  sanuncBdra 

iiman  borgar  t>(nnar; 
ftftam  8^r  t>ti  {>innm, 

h<}ndum  s^r  pA  t)lniun, 
jQrmnnrekkr!  orpit 

f  eld  heitan/' 

34.  pä  hraat  vid 

inn  reginkunngi 
baldr  i  bryiiju, 

sem  bJQm  hryti: 
„Or^d  6r  &  gnmna! 

alls  geirar  ne  bfta, 
eggjar  n6  jäm, 

Jönakrs  sonu.'^ 

SQrli: 

25.   „BqI  yanntu,  brödir! 

er  I)ü  t>aaiL  belg  leystir, 
opt  ör  I>eim  belg 

b^U  rid  koma; 
hug  hefir  I)ü,  Hamdir! 

ef  pü  hefdir  hyggjandi; 
mikilg  er  &  mann  hvem  vant, 

er  mannvits  er." 


28,  1—2:  Hitt  kva«  pi  Hamffir 
inn  hiignmstori : 


Hamdir: 

26.  „Af  vsri  nü  h^ftid, 

ef  Erpr  lifdi, 
brödir  okkarr  inn  b^dfroekni 

er  Vit  &  braat  vägom, 
halr  inn  hrödr  fdsi, 

—  hvQttomk  at  dlsir  — 
gmni  inn  gmmhelgi, 

—  gordnmk  at  v(gL 

27.  Ekki  hygg  ek  okkr  vera 

ülfa  doemi, 
at  Vit  mynim  själfir  of  gakask, 
sem  grey  noma 

t>au  er  grädug  eru 
f  andn  of  alin. 

28.  Yel  hQfum  vit  vegit, 

stQndnm  &  val  Gotna 
ofan  eggmödnm 

sem  emir  &  kvisti; 
göds  hQfam  tirar  fengit, 

I)ött  skylim  nü  eda  i  gaer 

deyja; 
kreld  lifir  madr  ekki 

eptir  kvid  noma." 

29.  j^ar  f^U  S^rli 

at  salar  gafli, 
en  Hamdir  hnö 
at  hüsbaki. 

petta   era  k^llnd   Hamdismü   im 
foma. 


m.    Allgemeine  bemerkungen. 

Für  die  texteskritik  der  Hamdismäl  haben  wir  ausser  der  auf- 
Zeichnung  dieses  gedichts  und  verwanter  lieder  im  cod.  reg.  nur  wenige 
Äussere  hilfsmittel. 

Der  Verfasser  der  Y^lsungasaga  hat  das  gedieht  benuzt ,  jedoch 
nur  in  geringem  um£uige ;  auch  ist  es  ihm  bei  der  erz&hlung  von  Hamdir 


HAMDUMAL  383 

uud  SQiii  nicht  die  einzige  quelle  gewesen.  In  der  saga  findet  sich 
keine  spur  von  Hamdismäl,  str.  1 — 11  incL;  der  Wortwechsel  mit  der 
mutter  ist  cap.  41  ausschliesslich  nach  GuctrüuarhvQt  gegeben;  bei  der 
erzählung  von  der  reise  und  dem  tode  der  brüder  cap.  42  finden  sich 
mehrere  züge,  die  den  Hamdismäl  nicht  entnommen  sind. 

Cap.  42  begint:  pdt  er  nü  at  segja  frei  sonum  Gudrünar,  at  hon 
hafäi  svd  biiit  peira  herklceäiy  at  pd  bitu  eigi  jdrn.  Dieser  albekante 
zug  braucht  den  Hamdismäl ,  wo  er  nur  schwach  betont  ist  (11,  2  hUä- 
um;  24,  6  —  8  geirar  ne  bUa,  eggjar  nö  jdrn,  Jönakrs  sonu)^  nicht 
entnommen  zu  sein.  Die  saga  sezt  fort:  ok  hon  baä  pd  eigi  skeäja 
grj'öti  ne  qitrum  störum  Mutum,  ok  kvaä  peim  pat  at  meini  mundu 
venia,  ef  eigi  geräi  peir  svd;  dem  entsprechen  die  werte:  i  pvi  Jiqfdu 
peir  af  brugSit  boäi  möätir  stnnar^  er  peir  hqfäu  grjöti  skatt,  welche 
unmittelbar  nach  der  anführung  von  Hamd.  26,  1  —  4  folgen.  Der  nur 
hier  vorkommende  dunkle  zug  scheint  mir  in  Hamdismäl  nicht  seine 
quelle  zu  haben;  der  Verfasser  wird  ihn  wol  aus  der  volkssage  gekaut 
haben,  womit  nicht  geleugnet  werden  soll,  dass  der  zug  einst  in 
poetischer  form  behandelt  war.  Die  werte  ne  qdrum  storum  hlutum 
scheinen  ein  unrichtiger  zusatz  des  Verfassers;  dadurch  vielleicht  tuen 
die  bnlder  den  steinen  einen  schaden  an  {skeäja  grjöti)^  dass  sie  die 
steine  der  Strasse  mit  dem  blute  Erps  besudeln.  Ok  er  peir  vdru 
komnir  dleiä,  finna  peir  Erp  brödtir  sinn  ok  spyrja,  hvat  hann  mundi 
veita  peim,  Hann  svarar:  „slikt  sem  hqnd  hendi  eda  fötr  foeti}^  peim 
pötti  pat  ekki  vera,  ok  drdjpu  haun.  Dies  scheint  eine  kurze  paraphrase 
von  Hamdismäl,  str.  12 — 15;  freilich  konte  der  Verfasser  leicht  so 
erzählen  ohne  die  Hamdismäl  zu  benutzen.  Den  zug,  dass  die  brüder 
der  eine  nach  dem  andern  straucheln,  fand  er  nicht  in  Hamdismäl, 
sondern  wahrscheinlich  in  der  volkssage  vor.  Foru  nw,  unz  peir  komu 
til  Jqrmunreks  kmiungs,  ok  gmgu  fyrir  hann  ok  veitiu  hdnum  pegar 
tilrcedi  —  mag  wider  nach  Hamdismäl  kurz  erzählt  sein,  wiewol  dies 
nicht  notwendig  ist.  Das  gedieht  sagt  nichts  davon,  dass  Hamdir  die 
bände  und  S^rli  die  füsse  abhaut.  Dagegen  würde  im  folgenden  bei 
den  werten  Hamdis:  Af  mundi  nrf  hqfudity  ef  Erpr  lifdi  brödir  okkarr, 
er  vit  vdgum  d  leidinni,  ok  sdm  vit  pat  of  sid  benutzung  der  Ham- 
dismäl unzweifelhaft  sein,  selbst  wenn  Hamdismäl  26,  1  —  4  nicht 
dazu  angeführt  wäre.  Abweichend  von  den  Hamdismäl,  allein  über- 
einstimmend mit  Snorra-Edda,  wird  erst  nach  dieser  äusserung  Ham- 
dis das  wort  gesprochen,  das  die  Steinigung  der  brüder  gebietet. 
Dies  wort  spricht  in  der  saga  wie  bei  Saxo  Odinn.  Auch  hier  vermute 
ich  in  der  volkssage,  nicht  in  Hamdismäl,  die  quelle  des  Verfassers. 


■  a 


884  8.  BÜGOS 

Denn :  itm  regihkunngi  baldr  i  hrynju  (Hamd.  24 ,  2  —  3)  verstehe  ich 
von  jQrmnnrek. 

In  der  kurzen  darstellung  der  sage,  welche  Snorra-Edda 
(I,  368 — 370)  gibt 9  ist  nur  bei  Hamdis  äusserung:  afmundt  nü  hqf- 
uäü,  ef  JSrpr  lifäi  —  kentnis  einer  strophe  der  Hamdismäl  zu  bewei- 
sen. Der  Verfasser  erzählt  sonst  teils  nach  der  volkssage,  so  das  strau- 
cheln Sqrlis ,  teils  nach  den  von  ihm  mitgeteilten  Strophen  der  Bagnars- 
dräpa.  Nach  dieser  berichtet  er  den  lezten  kämpf:  die  brüder  überfal- 
len jQrmunrek  während  des  Schlafes;  er  erwacht,  ruft  seine  männer 
und,  da  waffen  sich  wirkungslos  erweisen^  werden  nach  dem  geböte 
des  königs  steine  gegen  die  brüder  geschleudert. 

Der  unsre  sage  betreffende  teil  der  Ragnarsdräpa  (SEI,  370— 
374)  fängt  mit  dem  erwachen  des  königs  an.  Diese  dräpa,  welche 
die  Verknüpfung  der  Niflungensage  und  der  J^rmunrekssage  vor- 
aussezt,  ruht  wahrscheinlich  auf  mehr  volkstümlicher  grundlage.  Sie 
scheint  ein  im  fornyrdalag  verfasstes  lied  vorauszusetzen ,  das ,  wenn 
auch  wenigstens  in  einem  zuge  von  unseren  Hamdismäl  ganz  abwei- 
chend, sich  zuweilen  mit  diesen  nahe  berührte.  Jessens  alternativ 
(Eddalieder,  s.  61),  dass  Kagnarsdräpa  in  den  Hamdismäl  benuzt  sei, 
ist  mir  unwahrscheinlich.  Hamd.  22,  1 :  Styrr  varä  %  ranni  findet  sich 
in  dem:  Bösta  vard  i  ranni  der  Ragnarsdräpa  wider.  Dass  die  dräpa 
gleich  den  Hamdismäl  die  abgehauenen  bände  und  füsse  nent,  kann  eine 
specielle  verwantschaft  nicht  begründen.  Dagegen  findet  Svend  Grundt- 
vig  wol  mit  recht  in  der  dräpa  benützung  von  Hamd.  22,  2  —  4.  Nur 
lese  ich  jezt  nicht  mit  ihm: 

Fm  {  bim  blandinn 
brunn  qlskdlir  runna, 
pat  er  d  Leifa  landa 
lauft  fdtt  at  hqßi. 

(blandin  le/9,  brunninn  cod.  reg.;  aul$kali  le/^,  (dskacki  cod.  reg.) 
denn  so  ist  f^  immerhin  bedenklich;  auch  kann  ich  at  hqfdi  nur 
vom  könige,  nicht  vom  Schilde  verstehen.    Ich  lese: 

FiU  %  blödi  blandinn 
brunn  qhkdla  {runna 
fai  er  d  Leifa  landa 
lauft  fdtt)  at  haufdi. 

Als  subject  zu  feU  ist  sohnar  cUfr  (der  könig)  zu  verstehen.  Hiermit 
stimt  Saxo  s.  415  MV:  Jarmericus  utroque  pede  ac  manibus  spoliatus 


HAMDISlCilL  385 

truDco  inter  exanimes  corpore  rotabatur.    Dennoch  erinnert  der  aus- 
dnick  i  hUäi  Mandinn  brunn  qlshdla  an  HamSismäl. 

Die  in  der  V<}lsungasaga,  von  Snom  (SE),  in  der  Ragnarsdräpa 
und  von  Saxo  Grammaidcus  mitgeteilten  behandlungen  derselben  sage 
lassen  vermuten^  dass  die  uns  vorliegenden  Hamdismäl  nicht  das  ein- 
zige in  volkstümlichem  versmaasse  verfasste  lied  war,  welches  den  tod 
Sqrlis  und  Hamdis  besang.  Die  aufzeichnung  im  cod.  reg.  gibt  uns 
wol  nur  eine  von  mehreren  unter  einander  verwanten  formen,  in  denen 
die  dichtung  in  nordischer  mündlicher  tradition  gekant  war.  Diese  for- 
men berührten  sich  gewiss  in  vielen  Strophen  mehr  oder  weniger ,  wäh- 
rend sie  in  manchen  von  einander  abwichen. 

GudrünarhvQt  und  Hamdismäl  behandeln  zum  teil  denselben 
gegenständ.  Das  Verhältnis  dieser  lieder  hat  man  richtig  so  aufgefasst^ 
dass  das  lied  Hamdismäl  ursprünglich  allein  vorhanden  war.  Ein  spä- 
terer dichter  trente  von  demselben  diejenigen  Strophen,  welche  die  auf- 
reizung  der  Gudn\n  behandelten,  um  sie  als  einleitmig  eines  neuen 
gedichts  zu  benutzen.  Selbst  dichtete  er  als  fortsetzung  den  monolog 
der  Gudrun  hinzu.  Damals  waren  einige  Strophen,  welche  jezt  in  der 
aufzeichnung  der  Hamdismäl  weggefallen  sind,  noch  vorhanden,  wie 
dieses  namentlich  bei  Ghv.  3  klar  ist;  mehrere  habe  ich  in  den  anmer- 
kungen  genant.  Andererseits  fehlten  mehrere  Strophen  und  zeilen, 
welche  in  Hamdismäl  später  hinzugedichtet  wurden,  so  z.  b.  Hmd.  1. 
8,  5  —  8.  Auch  konte  der  dichter  der  GudrüuarhvQt  mehrere  zeilen 
der  Hamdismäl  in  einer  ursprünglicheren  gestalt  als  der  uns  vorliegen- 
den benutzen.  Jedoch  wurden  auch  die  den  Hamdismäl  entnommenen 
Strophen  in  dem  neuen  liede  GudrünarhvQt  mehrfach  geändert  und 
durch  zudichtung  erweitert,  z.  b.  Ghv.  1,  1  —  4.  Vielleicht  ist,  wie 
Jessen  (Eddalieder  s.  53)  meint,  noch  aus  der  zeit  des  samlers  eine 
erinnerung  von  dem  genanten  Verhältnisse  beider  lieder  in  dem  namen 
Hdmdisnuil  in  fomu  bewahrt. 

Die  aufzeichnung  im  cod.  reg.  gibt  die  Hamdismäl  in  einer  stark 
corrumpierten  gestalt.  Entstellungen  aller  art  liegen  darin  vor:  werte, 
Zeilen,  ja  ganze  strophen  sind  weggefallen.  Die  namen  der  redenden 
sind  unrichtig  angegeben.  Hier  ist  eme  strophe  in  mehrere  bruch- 
stücke  zersprengt,  dort  verschiedene  strophen  vermischt.  Namentlich 
ist  die  richtige  reihenfolge  der  verszeilen  und  der  strophen  überaus 
häufig  gestört.  Diese  fehler  sind  wahrscheinlich  teils  durch  die  nach- 
lässigkeit  des  ersten  auf  Zeichners  sowie  späterer  abschreiber,  teils  durch 
die  Verdunklung  der  mündlichen  tradition  bewirkt.  Selbst  wo  sie  wahr- 
scheinlich schon  dem  samler  vorlagen,  habe  ich  sie,  wenn  ich  sie 
erkante,  entfernt. 


386  8.  BUOOB 

Doch  auch  wenn  wir  von  allen  solchen  fehlem  absehen,  sind  wir 
bei  diesem  gedichte  von  seiner  ursprünglichen  form  noch  immer  weit 
entfernt.  Hier  wie  in  andern  liedern  der  sogenanten  Saem.  Edda  sind 
mehrere  schichten  zu  erkennen.  Die  Strophen  rühren  nicht  alle  von 
derselben  zeit  und  von  demselben  dichter  her;  ja  in  einer  und  dersel- 
ben Strophe  finden  sich  altertümliche  verszeilen  neben  moderneren.  Wie- 
derholt ist  das  lied  in  der  mündlichen  tradition  geändert  worden.  Jün- 
gere Skalden  haben  das  alte  und  einfachere  teilweise  durch  neues  ersezt 
oder  sprachlich  und  metrisch  modernisiert,  aber  daneben  auch  manches 
unverändeii  beibehalten.  Namentlich  in  der  Atlakvida  erkenne  ich 
ein  nah  -  verwantes  Verhältnis,  nur  dass  erneuemng  und  verkünstelung 
hier  noch  mehr  um  sich  gegriffen  hat.  Dagegen  find'  ich  die  Atlamäl 
ganz  verschiedenartig;  dies  gedieht  scheint  mir  eine  aus  einem  gusse 
hervorgegangne  spätere  behandluug  der  alten  sage. 

Anfangs  war  die  darstellungsweise  der  Hamdismäl  gewis  mehr 
episch.  In  den  ursprünglichsten  Strophen  des  gedichts  finde  ich  volks- 
tümlichen ,  einfachen  und  klaren  ausdruck  und  die  alte  form  des  kvidu- 
hättr  (zwei  hebungen).  Altertümlich  klingt  z.  b.  die  halbe  schluss- 
strophe : 

par  feil  8(^li 

at  soiar  gafli, 
en  Hamäir  hne 
(U  hüsbaki. 

Die  einfachere  behandlung  ist  in  demjenigen  abschnitte,  welcher 
von  der  reise  und  der  begegnung  nüt  Erpr  erzählt,  am  besten  bewahrt, 
wenn  auch  mehrere  der  betreffenden  Strophen  von  einer  Überarbeitung 
berührt  sind. 

Die  gewiss  von  mehreren  dichtem  und  von  verschiednen  zelten 
herrührende  Umänderung  des  gedichts  lässt  sich  zunächst  in  der  her- 
vorhebung  des  lyrischen  Clements  und  in  der  Verstärkung  der  dialogi- 
schen Partien  erkennen.  Die  neubearbeitung  zeigt  sich  ferner  in  der 
metrischen  form:  die  erweiterung  der  verszeile  zu  drei  hebungen  greift 
um  sich,  wenn  auch  bei  einzelnen  jungen  Zusätzen  das  alte  versmaass 
bewahrt  ist  (so  in  str.  1).  In  betreif  des  stils  verrät  sich  die  emeue- 
rung  durch  wortreiches  verweilen  bei  demselben  gegenstände  (26,  5—8), 
durch  verkünstelte  9  unklare  ausdrücke  und  constmctionen  (1.  22,3—4), 
überhaupt  dmch  unnötige  oder  störende  zusätze.  Einige  der  neubear- 
beiteten  Strophen  der  Hamdismäl  (namentlich  8),  wie  einige  der  Atla- 
kvida, haben  einen  den  Atlamäl  naheverwanten  Charakter.  Der  unge- 
nante Grönländer,  der  die  Atlamäl  verfasst  hat,  kann  jedoch  meines 


HAMDI81CAL  387 

erachteng  anmöglich  der  eigentliche  dichter  jener  lieder  sein,  wenn  sie 
auch  vielleicht  hier  und  da  durch  seine  hand  umgeformt  sind. 

Die  hestinmiung  des  alters  und  der  heimat  der  Hamdismäl,  wie 
der  meisten  gedichte  derselben  samlung,  ist  eben  darum  so  schwierig, 
weil  die  yerschiednen  bestandteile  des  gedichts  nicht  gleichzeitig  ent- 
standen sind,  weil  es  sich  vielmehr  in  der  mündlichen  tradition  allmäh- 
lich erneuert  hat.  Wie  von  einem  Isländer  aufgezeichnet  ^  hat  es  auch 
—  darf  man  voraussetzen  —  auf  Island  mancherlei  neue  zusätze  erfah- 
ren, während  alte  stücke  dort  vergessen  oder  herausgedrängt  wurden. 
Wir  haben  es  schon  als  möglich  oder  wahrscheinlich  angedeutet,  dass 
das  lied  auch  in  Grönland  bekannt  war  und  dass  dort  einzelne  vers- 
zeilen  oder  Strophen  neueren  gepräges  die  uns  überlieferte  form  empfan- 
gen haben. 

Das  lied  war  jedoch  gewiss  nach  den  norwegischen  colonien  aus 
Norwegen  hinübergefahrt;  in  der  uns  vorliegenden  form  wird  es  wol 
wesentlich  ein  norwegisches  lied  sein.  Womit  weder  geleugnet  werden 
soll,  dass  im  übrigen  norden  volkstümliche  lieder,  die  dieselbe  sage  in 
verwanter  form  behandelten,  verbreitet  waren,  noch  auch  dass  unsre 
Hamdismäl  im  wesentlichen  den  gang  der  erzählung,  die  meisten  epi- 
schen motive,  ja  sogar  die  form  einzelner  Strophen  aus  einem  vom 
Süden  her  nach  Norwegen  eingewanderten  Rede  bewahrt.  Der  dichter, 
welcher  Gudrun  über  ihre  einsamkeit  klagen  liess,  hatte  gewiss,  wie 
von  Jessen  hervorgehoben,  norwegische  natur  mit  kieferwäldern  vor 
äugen;  jedoch  gehört  diese  lyrische  strophe  kaum  zu  den  ältesten  des 
gedichts  — : 

einstcsä  enik  oräin 
Sem  qsp  i  hoUi. 

Hier  konte  man  für  JmU  (trotz  dem  %)  vielleicht  die  bedeutung  anneh- 
men, die  dem  werte  im  isländischen,  in  nördlichen  und  westlichen  nor- 
wegischen mundarten,  endlich  in  nördlichen  schwedischen  dialekten 
ssusteht,  nämlich:  steiniger  hügel  -  eine  bedeutung,  die  jedoch  nicht 
passend  ist  in  einem  andern  heroischen  liede  der  Saem.  Edda,  derV^lund- 
arkvida  16 :  ör  holü  ferr  (obwol  widerum  passend  in  H^m.  27 :  hoUriäd). 
In  dem  östlich  -  norwegischen  Gudbrandsdalen  bezeichnet  holt  speciel 
einen  häufen  nadelbäume ,  und  man  darf  hiernach  die  verse  in  Hamdis- 
mäl auffassen:  „ich  stehe  allein  wie  eine  espe  unter  nadelbäumen.*' 
In  allen  andern  liedern  kann  das  wort  freilich  nicht  so  verstanden  wer- 
den. —    Ferner: 

vadin  (xt  vilja 
sem  viäir  ai  läufig 


888  8.  Büoes 

pd  er  in  hmstskoeäa 
kemr  of  dag  varman. 

Ist  das  unbestimte  kvistskceda  von  einem  weibe  zu  verstehen,  das  den 
bäum  entlaubt?    Die  werte  würden  sich  dann,  wie  Gudr.  I,  19: 

nü  emk  svd  läil, 

sem  lauf  se 
(jpt  jqUtrum  — 

auf  die  sitte  beziehen ,  dass  man  die  weidenbäume  im  sommer  entlaubt, 
um  die  blätter  als  futter  zu  benutzen. 

Auch  der  zug  „über  die  nassen  gebirge  (jffir  ürig  fjqU  16,  6)^' 
ist  in  einem  norwegischen  gedichte  ebenso  natürlich^  als  er  in  einem 
dänischen  aufläUig  wäre;  der  genante  ausdruck  findet  sich  in  einer 
Strophe,  die  wahrscheinlich  zu  den  älteren  gehört. 

Wenig  ist  darauf  zu  bauen ,  dass  sich  die  werte  (25 ,  3 — 4) : 

opi  ör  peim  belg 
bqU  rdd  koma 

mit  den  werten:  apt  ör  skqrpum  belg 

shüin  ord  koma 

eines  gewiss  norwegischen  abschnittes  der  Hävamäl  (134 ,  9  — 10)  nahe 
berühren. 

Im  übrigen  f&hrt  die  betrachtung  der  sprachformen,  des  wortror- 
rates  und  des  poetischen  ausdrucks  zu  wenig  bestimten  ergebnissen. 
Nur  ist  für  die  lieder  der  Saem.  Edda  überhaupt  hervorzuheben,  dass, 
wie  uns  die  runeninschriften  lehren ;  die  nordische  spräche  in  der  zeit 
vor  den  Vikingzügen  einen  in  mehrfacher  hinsieht  stark  abweichenden 
Charakter  hatte. 

Die  allitteration  in  24,  l  —  2:  raut  (älter  wol  hraut)  —  regiiv^ 
hunngt  scheint  wie  ras  (statt  hrds)  —  rötum  Hävam.  151 ,  ratar  (statt 
hratar)  —  rdd  Grfp.  36  —  in  später  zeit  entstanden ,  stimt  aber  nicht  mit 
gewöhnlicher  isländischer  ausspräche.  Die  allitteration  in  26,  5  —  6: 
varr  —  vipfrqcni  —  hvqttvmc  scheint  nur  einem  Schreiber  zu  gehören. 

Das  lied  hat  viele  alte  Wörter,  die  sonst  im  altnorwegischen  ent- 
weder überhaupt  nicht,  oder  nicht  in  dieser  bedeutung  vorkommen: 
hiedum,  mafingr,  Jd^digi^  vdstigir,  vargtre  (altsächs.  waragtreo),  branga, 
bqdvask,  gunnhdgiy  i  g<sr  (cras)  usw.  Daneben  fällt  strcsti  (von 
^strdJt  =  schwed.  str&l  aus  lat.  strata)  auf,  da  das^wort  in  gedichten 
sonst  nicht  früher  als  in  der  mitte  des  12.  Jahrhunderts  erscheint.  Ist 
es  hier  aus  einem  niederdeutschen  Ermanrikliede  bewahrt?  —   gctar 


HAMPTtMAL  889 

in  18,  8  scheiut  „ rosse ^^  za  bedeuten,  goti,  ross,  ist  nach  meiner 
meinnng  ans  dem  namen,  den  das  ross  Gannars  trägt,  zu  erklären, 
sezt  also  eine  lange  entwicklung  der  Niflungen  -  dichtung  voraus.  Jedoch 
komt  das  wort  in  einer  Strophe  auf  dem  ostgötischen  Rök  -  steine  (wahr- 
scheinlich aus  dem  10.  Jahrhundert)  vor ;  siehe  meine  abhandlung  über 
diese  runeninschrifk  in  Antiqv.  Tidskr.  f5r  Sverige  V,  1  (1874),  s.  45. 
Die  geschmacklose  kenning  trqnu  brdä  (17,  7)  ?mrd,  wenn  richtig, 
durch  eine  spätere  Überarbeitung  eingeführt  sein.  —  Str.  27,  worin 
sich  grey  noma  fax  wölfe  findet^  ist  wol,  wie  Möbius  meint,  dem 
gedichte  ursprünglich  fremd. 

Das  lied  hat  die  gewiss  spätere  sagenform,  wonach  Sigurdr  im 
bette  erschlagen  wird.  Wenn  ich  unter  vergleichung  von  Gudr.  11,  19 
mit  recht  vermutet  habe,  dass  der  dichter  sich  das  land  Jonakrs  im 
slavischen  osten  vorstellt  und  demnach  die  ausrüstung  der  brüder  schil- 
dert, darf  ich  doch  nicht  behaupten,  dass  dies  eher  auf  das  10.  Jahr- 
hundert, als  auf  eine  frühere  zeit  hinweist.  Wenigstens  war  der  keim 
dieser  auffassung  ursprünglich  in  der  sage. 

Ein  äusserer  anhaltspunkt  fllr  die  Zeitbestimmung  lässt  sich  fol- 
gendermassen  gewinnen.    Atlakvida  14*  lautet: 

Land  sd  peir  Ätla 
6k  liäskjdlfar  c^jüpa, 

—  Bikka  greppar  stände 
d  borg  inni  hd  — 

sai  of  suärfjoäum 
sleginn  sessmeiäum, 

bundnutn  rqndum^ 
Ueikum  skjqldwn. 
Ich  glaube  erwiesen  zu  haben  (Ssem.  E.  s.  429  —  430  und  439), 
dass  diese  strophe  einem  gedichte  über  die  sage  von  Hamdir  und  Sqrli 
entnommen  ist  (nur  dass  hier  statt  Atla  ein  andrer  name,  wol  Gotna, 
genant  war).  Dies  erhellt  1)  aus  Bücka^  das  nicht  m  Atlakvida,  son- 
dern nur  in  der  jQrmunreksage  passt;  2)  daraus,  dass  Saxo  Gram- 
maticus  die  bürg  Jarmeriks  in  ausdrücken  beschreibt,  welche  von  der 
benutzung  dieser  strophe  zeugen.  Man  braucht  bei  der  genanten  folge- 
rung  nicht  stehen  zu  bleiben;  man  darf  annehmen,  dass  die  strophe 
ursprünglich  einer  vollständigeren  form  eben  der  Hamdismäl  gehörte. 
Der  rhythmus  und  stil  derselben  scheint  mit  den  Strophen  der  Hamdfs- 
mäl,  die  den  auftritt  bei  J^rmunrek  behandeln,  gleichmässig ,  nament- 
lich mit  19  (5—8),  20,  23;  d  borg  inni  hd  findet  sich  in  •  borg  inni 
hd  Hamd.  22 ,  8  von  J^rmunreks  bürg  wider.  Die  Atlakvida  ist  also 
jünger  als  HamdismäL 


390  8.  BUGOB 

Nun  finde  ich  f&r  Aüakvida  eine  Zeitbestimmung  in  dem  h&tta- 
lyldll,  der  von  dem  orkneyischen,  in  Norwegen  gebornen  jarl  B<}gn- 
valdr  Brüsason  und  dem  isländischen  dichter  Hallr  ^örarinsson  zwischea 
1142  und  1158  verfasst  ist.  Dies  gedieht,  von  dem  ich  eine  ausgäbe 
vorbereite,  gibt  proben  der  verschiednen  versarten,  so  dass  für  jedes 
neue  strophenpaar  ein  verschiednes  versmass  angewendet  ist.  Dem 
inhalte  nach  preist  es  nach  einem  einleitenden  strophenpaare  erst  alte 
sagenhelden,  dann  die  norwegischen  könige,  indem  jedes  strophenpaar 
einen  verschiednen  beiden  besingt.  Der  sagenmdssige  Inhalt  wird  in 
der  einleitung  durch  die  äusserung: 

forn  hvtBäi 

Imt  ek  fram  um  barin 

bezeichnet.  Die  Verfasser  haben  offenbar  ältere  in  volkstümlichen  vers- 
massen  gedichtete  heroische  lieder  benuzt  Wir  dürfen  voraussetzen, 
dass  diese  lieder  nicht  erst  um  1150  gedichtet  waren,  sondern  dass 
vielmehr  die  Verfasser  des  hättalykill  sie  für  alt  ansahen.  Ich  werde 
in  meiner  ausgäbe  beweisen,  dass  die  Verfasser  im  3.  und  4.  strophen- 
paar Atlakvida,  namentlich  die  Strophen  19.  22.  26.  27.  31  benutzt 
haben.  Hiernach  wird  man  die  entstehung  der  Atlakvida  gewiss  nicht 
ins  12.  Jahrhundert  setzen  dürfen;  die  benutzung  im  hättalykül  spricht 
vielmehr  (wenn  auch  nicht  entscheidend)  dafür,  dass  Atlakvida  nicht 
viel  jünger  als  1050  ist  (wobei  das  genante  moment  uns  natürlich  nicht 
darüber  belehrt,  wie  weit  zurück  wir  die  entstehung  des  gedichts  setzen 
dürfen).  Wenn  dies  richtig,  müssen  die  Hamdismäl  noch  älter  sein. 
Nun  trägt  die  den  Hamdismäl  entnonmiene  strophe 

Land  sd  peir  Ätla 
ök  lidskjdlfar  djüpa  usw. 

ein  neueres  gepräge,  als  mehrere  andre  Strophen  der  Hamdismäl.  Ich 
lege  auf  grq^ary  das  in  der  alten  samlung  sonst  nur  Atlakv.  10  vor- 
komt,  nicht  gewicht;  denn  dies  wort  kann  nach  Bikka  leicht  spä- 
tere änderung  statt  liäar  oder  dergl.  sein.  Dagegen  hebe  ich  den 
rhythmus:  Bikka  greppar  standa  \  scd  of  suärpjöäum  |  sleginn 
sessmeiäum  hervor;  ferner  den  ausdruck  lidskjdlfar  djüpa  und  die 
allitteration  land  —  lidskjdlfar  (ursprünglich:  hlidskjdlfar)^  die  eine 
spätere,  allein  im  isländischen  nicht  gewöhnliche  ausspräche  zeigt  Ich 
beanstande  mit  Vigfdsson  und  Hildebrand  Hqll  (statt  Land)  und  Mid- 
sk/dlfar  zu  schreiben ;  denn  1)  lidskjdlfar  —  hki  findet  sich  FJQlsv.  34 ; 
2)  lidskjdlf  ist  analog  mit  ratU  statt  hraut,    rds  statt  hrds,    ratar 


,  r.jf^ 


HAHDIBMAL  391 

statt  hratar;   3)  ziehe  ich  land  vor,  weil  die  folgende  Strophe  begint 
mit:  En  par  draikk  AÜi  .  .  .  vin  i  valhQllu, 

Nach  dem  hier  entwickelten  darf  ich  die  ältesten  bestandteile 
unsrer  Hamdismäl  nicht  für  jünger  als  das  10.  Jahrhundert  halten. 

Für  ein  noch  höheres  alter  des  gedichts  führt  mau  Zeugnisse  aus 
skaldenliedern  an.  Am  meisten  gewicht  legt  man  hierbei  auf  die  schon 
erwähnte  Ragnarsdräpa  (SE.  I,  370  —  374  und  436  —  438).  Sie 
besingt,  wie  sie  selber  bezeugt,  die  bilder  eines  Schildes,  den  Ragnarr 
Sigurdarson  dem  dichter  schenkte.  Dieser  Ragnarr  wird  von  Snorri 
gewiss  mit  recht  als  Ragnarr  lodbrök  gefasst.  Allein  mit  diesem  namen 
ist,  wie  Jessen  in  seinen  höchst  scharfsinnigen  und  wichtigen  „Under- 
S0gelser  til  nordisk  oldhistorie '^  (Ebb.  1862)  nachgewiesen  hat^  „ein 
blosser  sagenkönig,  ein  typus  der  vikingszeit  bezeichnet,  der  wol  erst 
im  verlaufe  des  10.  Jahrhunderts  aus  demjenigen  Regner  (d.  i. :  Regin- 
fridus,  in  deutschen  quellen),  nebenkönige  eines  Harald  (Harioldus), 
hat  emporwachsen  können,  der  nach  Einhards  zuverlässigem  berichte 
im  jähre  814,  nach  zweijähriger  bedeutungsloser  regierung,  in  einem 
bürgerkriege  umkam.*^  Jessens  kritik  hat  sich  sodann  auch  gegen  Bragi 
den  alten  und  seine  lieder  gewendet;  er  leugnet  (Eddalieder  s.  21)  seine 
existenz  und  die  authentie  seiner  gedichte.  Gustav  Storm  (Histor. 
Tidsskr.,  Kristiania,  III.  [1873],  71)  hält  dagegen  die  tradition  im 
wesentlichen  aufrecht,  indem  er  die  dräpa  vor  dem  dänischen  könige 
Reginftid  (1814)  recitiert  sein  lässt.  Wenn  die  dräpa,  welche  gewiss 
die  Hamdismäl  voraussetzt,  so  alt  wäre,  wäre  es  ganz  müssig,  wie  im 
vorhergehenden  geschehen,  nach  späteren  anhaltspunkten  für  die  Zeit- 
bestimmung der  Hamdismäl  zu  suchen.  Nun  sehe  ich  freilich  keinen 
grund ,  die  existenz  des  norwegischen  dichters  Bragi  Boddason  zu  leug- 
nen; Storm  bemerkt  mit  recht,  dass  der  name  keinen  grund  zum  ver- 
dachte gibt.  Dagegen  kann  ich  ebensowenig  als  Jessen  an  die  authen- 
tie der  ihm  beigelegten  gedichte  glauben.  Die  ganze  behandlung  der 
spräche  und  des  poetischen  ausdrucks  scheint  sich  nicht  damit  zu  ver- 
tragen, dass  die  gedichte  um  812  oder  spätestens  um  830  verfasst  sein 
sollen.  Dies  fällt  namentlich  bei  den  verkünstelten  kenningar  in  die 
äugen.  So  nent  der  dichter  (SE.  I,  350)  den  „freigebigsten*^:  verstan 
vagta  undirktUu  Äla  rqdd  d.  i.:  den  ärgsten  feind  der  stein -sitz - 
königs  -  stimme  (des  goldes);  die  „halle**  wird  (SE.  I,  372)  bezeichnet 
durch  gölßelkvir,  von  gölf:  fussboden,  gemach,  und  Helkvir:  name  von 
Hqgnis  pferd.  Aus  dem  wortvorrate  nenne  ich  iMng:  schiff  (SE.  II, 
134);  das  durch  den  reim  gesichert  ist;  obwol  ungewis^  ob  der  betref- 
fende vers  Bragis  seiner  Ragnarsdräpa  angehört  Das  wort  ist  vom 
gaeL  ir.  long  =  cymr.  llong  entlehnt;    das  celtische  wort  wider  vom 


4  ^        K.«      •  ^-  «■  & 


392  B.  Büoos 

lateinischen  (navis)  longa;  es  findet  sich  bei  dem  isländischen  dichter 
Hallfr0dr  vandrsectaskäld  in  einer  erfidräpa  (1001  —  1002)  auf  Öläfr 
Tryggvason^  und  bei  späteren  dichtem  auf  Island  nnd  den  schottischen 
inseln.  S.  meine  bemerkungen  aber  SE.  und  Bjarni  Kolbeinsson  in 
den  Aarb.  1875,  s.  228.  —  Bedenkt  man,  dass  die  ersten  vikingschiffe 
aus  Norwegen  nach  England  im  jähre  787  kamen,  dass  femer  die 
vikingzüge  nach  Irland  und  Schottland  erst  im  jähre  794  oder  795 
begannen  (s.  Munch,  Det  norske  folks  bist  I,  360),  so  scheint  es  wenig 
glaubhaft^  dass  ein  norwegischer  dichter  das  wort  luttg  schon  um  812 
angewendet.  —  Wenn  man  lieder  in  Starkads  und  Ragnars  namen 
dichtete,  wird  man  ohne  bedenken  die  authentie  der  Bragi- lieder 
bezweifeln  oder  geradezu  leugnen  düifen.  Die  zeit  der  Hamdismäl  wird 
also  durch  den  namen  Bragis  nicht  bestimt  werden  können. 

Aus  den  gedichten  namhafter  isländischer  skalden  lassen  sich 
sonst  nur  Zeugnisse  für  die  sage  beibringen.  Bei  Stein n  Herdfsar- 
son  (2.  hälfte  des  11.  Jahrhunderts):  Hamäis  kUeäi  Heimskringl.  Öl.  s. 
Tryggv.  c.  21. 

Bei  ^<5rdr  Sjäreksson  (1.  hälfte  des  11.  Jahrhunderts):  koäut 
Hamäi  hjqrleik  spara  SE.  I,  260  fgg. 

Bei  Hallfredr  vandraedaskäld  (ende  des  10.  und  anfang  des 
11.  Jahrhunderts):  Hamäis  shyrtur  und  Sqrla  fqt  SE.  I,  422. 

Bei  Einarr  skälaglamm  (ende  des  10. Jahrhunderts):  Sqrlarann 
Heimskr.  Ol.  s.  Tryggv.  c.  28. 

Bei  Tindr  Hallkelsson  (ende  des  10.  jahrhundeits) :  8(^la  serkr 
hringofinn  Heimskr.  Ol.  s.  Tryggv.  c.  43. 

Ich  sehe  keinen  grund  die  authentie  der  genanten  verse  zu  leug- 
nen, unzuverlässiger  wird  ein  vers  sein,  den  Egill  Skallagrfmsson 
um  990  gedichtet  haben  soll  und  worin  Haindis  geirr  für  steinn  vor- 
komt  (Egils  s.  cap.  89). 

Besonders  hervorzuheben  ist,  dass  Arnörr  jarlaskäld  (mitte  des 
11.  Jahrhunderts)  aUar  hlaedi  Gjiika  sagt,  denn  dies  bezeugt  die  Ver- 
knüpfung der  Nifluugen-  und  der  Jqrmunrek  -  sage. 

Wir  dürfen  voraussetzen,  dass  die  sage,  wenn  sie  allbekant  war, 
in  einem  oder  mehreren  fornkvsedi  behandelt  worden;  allein,  weisen 
auch  die  genanten  skalden  -  ausdrücke  auf  forakvaedi  zurück,  lässt  sich 
doch  deren  Verhältnis  zu  unsern  Hamdismäl  nicht  näher  bestimmen. 
Dass  die  benennung  der  brünne  nach  Hamdir  und  S^rli  nicht  speciell 
auf  unser  lied  hinweist,  ist  daraus  zu  vermuten,  dass  der  zug  von  den 
verzauberten  brünnen  in  demselben  nur  wenig  deutlich  hervortritt. 

Als  ein  zeugnis  für  die  sage  schon  aus  der  mitte  des  9.  Jahr- 
hunderts  hat   man  Janahrs  ^  suna  -  harmr  =  steinar  im  Ynglingatal 


"Sl  .^    _■      .         ,»     -•  -i»*  ■    ■ 


HAMDI8MAL  893 

(Heimskr.  Yngl.  c.  39)  augeführt.  Das  gedieht  soll  um  850  von  Jjöd- 
ölfr  von  Hviu  verfasst  sein.  Aueh  die  authentie  des  Yngliugatal 
ist  von  Jessen  geleugnet,  von  Storm  verteidigt.  Der  streit  ist  noch 
nicht  entschieden;  allein  jedenfalls  scheint  es  vorsichtiger,  auf  einen 
einzelnen  ausdruck  dieses  gedichts  nicht  fest  zu  bauen.  Denn  man  wird 
es  nicht  erweisen  können,  dass  die  verse  sich  in  mündlicher  tradition 
ungefähr  350  jähre  wort  für  wort  unverändert  erhalten  haben.  Jedoch 
scheint  mir  nichts  dagegen,  wol  aber  —  wenn  auch  nur  indirect  — 
viel  dafür  zu  sprechen,  dass  die  Jqrmunreksage  schon  im  9.  Jahrhun- 
dert in  Noi*wegen  y  ja  im  ganzen  norden  bekant  war ,  und  gewiss  nicht 
nur  in  der  freieren  form  der  sagenerzähhing ,  sondern  als  lied  im  volks- 
tümlichen versmasse. 

Wo  und  wann  die  unursprüugliche,  in  Deutschland  nicht  nach- 
gewiesene Verknüpfung  der  Niflungen-  und  J^rmunrek  -  sage  zu  stände 
gebracht  worden,  lässt  sich  nach  den  bekanten  quellen  nicht  bestim- 
men. Dass  sie  auch  in  Sigurdarkvida  (in  skamma),  in  Gudrünarhvqt 
und  in  den  Hyndluljöd  vorhanden  ist,  g^ibt  keinen  nennenswerten  bei- 
trag  zur  beantwortung  der  frage. 

Wenn  die  brüder  nach  Saxo  Grammaticus  (s.  414  MV)  bei  einer 
Zauberin  Guthruna  hilfe  suchen  undüuden,  so  hat  man  dies  gewöhn- 
lich so  gefasst,  dass  es  die  Verknüpfung  voraussetze;  Jessen  hat 
umgekehrt  im  namen  Gudrun  den  anlass  der  norroenen  Verknüpfung, 
die  der  quelle  Saxos  fremd  wäre,  gesehen.  Weder  das  eine  noch  das 
andre  lässt  sich  streng  beweisen.  Mir  ist  das  erstere  alternativ  wahr- 
scheinlicher: 1)  weil  Jordanis  und  andre  nichtnordische  daistellungen 
kein  zauberkundiges  weih ,  speciel  kein  weih  des  namens  Gudrun  in  die- 
ser sage  nennen;  2)  weil  Saxos  erzählung  von  Jarmerik  zwar  nicht 
durchgängig,  jedoch  in  vielen  zügen  den  isländischen  berichten  näher 
liegt  als  den  nichtnordischen;  3)  weil  Saxo  in  der  beschreibung  der 
bürg  Jarmeriks  eine  strophe  benuzt  hat,  die  auch  auf  Island  (wie  der 
name  Bikka  greppar  in  Atlakv.  14  zeigt)  die  bürg  jQrmunreks  schil- 
derte. Dies  ist  nicht  das  einzige  mal,  dass  eine  sagenkette  bei  Saxo 
in  bruchstücken  zersprengt  vorliegt.  Er  hat  fQr  Jarmerik  unzweifel- 
haft dänische  quellen  benuzt,  und  man  wird  die  möglichkeit,  dass  er 
seinen  tod  nicht  nur  nach  dänischer  quelle,  sondern  auch  nach  einem 
isländischen  gedichte  erzähle,  nicht  wahrscheinlich  finden. 

Ich  fasse  die  sache  hiemach  so:  die  erzählung  Saxos  bildet  ein 
mittelglied  zvrischen  den  isländischen  berichten,  denen  sie  im  ganzen 
näher  liegt,  und  den  nichtnordischen.  Er  hat  ein  dänisches  lied 
benutzt,  das  die  Verknüpfung  mit  der  Niflungensage  schon  kannte  und 
das  auch  in  der  poetischen  behandlung  im  einzelnen  mit  isländischen 

ZRIT80HR.   r.   DBUTflCIlB  PHILOLOGIE.     BD.    VII.  26 


394  8.  BÜG0B 

versen  über  denselben  gegenständ  berührungspnnkte  hatte.  Aufftllig 
genug  zeigen  sich  diese  berührungspunkte  bei  einer  strophe,  die  ein 
jüngeres  gepräge  hat  als  mehiere  andre  auf  Island  bewahrte  Strophen, 
die  zur  J^rmunreks - dichtung  gehören.  Ich  bezweifle  nicht,  dass  die 
sage  in  liederform  aus  Dänemark  —  vielleicht  in  mehreren  Strömun- 
gen —  nach  Norwegen  und  weiter  nach  Island  geföhrt  wurde.  Allein 
auch  in  Dänemark  kann  diese  eigentlich  wol  gotische  dichtung  ursprüng- 
lich nicht  einheimisch  gewesen  sein.  Bei  den  Goten  (wenn  wir  unter 
diesem  namen  Ermanriks  volk  verstehen)  haben  die  Dänen  diese  dich- 
tung gewiss  nicht  kennen  gelernt.  Denn  erst  einige  zeit  nach  dem 
tode  Ermanriks  kann  sich  die  sage  fixiert  haben,  und  damals  waren 
die  Goten  schon  aus  den  Ostsee  -  gegenden ,  wo  sie  mit  skandinavischen 
Völkern  verkehren  konten,  verdrängt.  Die  Dänen  haben  die  dichtung 
wahrscheinlich  nicht  wenige  Jahrhunderte  nach  dem  tode  Ermanriks 
von  den  Niederdeutschen  empfangen. 

Man  hat  diese  entlehnung  in  namen  spüren  wollen.  Hamdir  beweist 
nichts ;  denn  es  ist  richtige  nordische  form  statt  Hamper;  p€r=pewaß  in 
der  ältesten  nordischen  ruuensprache  (s.  Tidskr.  f.  philol,  VIII  (1868— 
69),  s.  180-181).  Jacob  Grimm  (Hz.  III,  156  und  GDS.  747)  hat 
in  Jönakr  eine  entstellung  aus  einer  niederdeutschen  form  von  Aufiaharis 
vermutet,  aber  nicht  erwiesen.  Vielmehr  wird  der  name,  wenn  ger- 
manisch (vgl.  zu  str.  16),  mit  vakr  zusammengesetzt  sein.  Munch 
(Det  norske  folks  bist.  I,  238)  vermutet,  dass  Adaccarus  (oder  Odo- 
acn^)  in  den  Annall.  Quedlinb.  (Pertz,  monum.  V,  31)  eigentlich  der 
name  des  vaters  des  Hamide  und  Sarilo,  nicht  ihres  bruders,  war.  Ist 
Jönakr  entstellung  aus  Odakr^  einer  deutschen  form  statt  Audvakr? 
Jedenfalls  scheint  Jönakr  nicht  nordischer  name.  Auch  bei  Erpr  ist 
die  Sache  streitig.  Man  hat  gesagt,  Erpr  sei  echt -nordische  neben- 
form  zu  jarpr,  wie  herg  zu  hjarg,  feil  zu  fjcM.  Dadurch  ist  jedoch 
noch  nicht  der  umstand  erklärt,  dass  der  bruder  Hamdis  und  Sqrlis, 
wie  auch  der  söhn  Atlis,  immer  Erpr^  nie  Jarpr  heisst,  dagegen  das 
adjectivum  stets  jarpr j  niemals  erpr.  Darum  sieht  Jessen  nach 
J.  Grimm  in  der  namensform  Erpr  nicht  unwahrscheinlich  eine  spur 
der  entlehnung  der  Ermanrik  -  sage ,  und  consequent  folgert  er,  dass 
diese  im  norden  erst  bekant  wurde,  nachdem  sich  die  „brechung"^a 
entwickelt  hatte  (was  wohl  im  8.  Jahrhundert  geschah).  Möglich  bleibt 
es  freilich,  dass  der  vocalunterschied  der  namensform  Erpr,  dat  Erpi 
und  der  adjectivischen  form  jarpr,  A.^i,  jqrpum  mit  der  verschiednen 
bildung  des  dat.  sing.  masc.  bei  subst.  und  bei  adj.  in  Verbindung  steht 
Denn  nebenformen  wie  herg  und  Ijarg  (bearg)  erkläre  ich  folgender- 
massen:   in  der  ältesten  ruuensprache  wurde  flectiert  nom.  und  acc.: 


HAXDISMAL  895 


berga  (beraga),    gen.  hergas,   dat.  herge;   daraus  wurde  später   nom. 
und  acc.  hearg,  gen.  heargs,  dat.  berge. 


IV.    Eritisclie  und  exegetisclie  anmerkungen. 

1.    Das  lied  fieng  ursprünglich  mit  str.  2  an. 

1,  2.  idir  (nicht  iäir);  vgl.  die  actalhcndingar:  id  und  tidum^  Eloengr 
(SE  I,  666),  iä  und  siäan,  Sigvat  (Hkr.,  Ol.  h.  c.  41),  iäir  und 
riäa,  ders.  (ebd.  c.  70),  und  die  skothending:  iäir  und  ]^6d 
(SE  I,  332),  wo  die  erste  silbe  von  iäir  nach  der  Stellung  im 
verse  lang  sein  muss. 

1,  3.    Hildebrand  „Versteilung"  s.  618  verwirft  mit  unrecht  die  Schrei- 

bung groeti.  Dies  wort  lässt  sich  vom  verbum  groeta  nicht  tren- 
nen; die  form  grosia  wird  durch  folgendes  als  richtig  erwiesen: 
1)  gretti  Msk.  144  ^  2)  norweg.  greta,  greteleg.  3)  altschw.  gröta^ 
noch  in  schwed.  mundarten  gebräuchlich.  Das  causativum  grceta 
(ursprünglich  gröfjan)  stimt,  in  betreff  des  vocals  der  Wurzelsilbe, 
mit  dem  prseteritum  des  stammverbum  got.  gaigröt  überein,  wie 
das  got.  causativ  ranr^an  mit  dem  praet  rann,  —  Grundtvig  ver- 
mutet (üda  (statt  dlfd). 

1,5.    of  habe  ich  überall  statt  des  synonymen  um  und  uf  geschrieben. 

%y  3.  pat  von  siäan  regiert,  wie  siz  V^lnnd.  31,  4  mit  accus,  verbun- 
den ist. 

3,  5  —  6  nach  Lüning  gestrichen. 

2,  7  — 10.    Ghv.  1,  5 — 8  scheint  die  ursprüngliche  form  der  zweiten 

halbstrophe  besser  bewahrt  zu  haben ;  namentlich  scheint  grimmum 
oräum  ursprünglicher  als  QjüJca  borin. 

3 ,  10.    systiMT  at  hefna  würde  besseren  rhythmus  geben ;  vgl.  Ohv.  5,  8 

und  moräs  at  hefna  Hamd.  16,  8. 

3  xmd  4  vor  5  von  mir  gestellt. 

3.  Die  erstere  hälfte  scheint  mir  zu  fehlen ;  dem  Inhalte  nach  ist  diese 
wahrscheinlich  Ghv.  2,  1  —  4  gleich  gewesen :  Hvi  siüä^  \  hvi  sofiä 
Ufi,  \\  hm  tregrat  ykkr  \  teiti  at  mcela?  Ich  darf  diese  zeilen  aus 
Ghv.  hier  nicht  geradezu  einsetzen,  weil  Ghv.  3,  1—8  als  ui-sprüng- 
lichere  behandlung  der  späteren  erweiterten  behandlung  Hamd.  3. 
4.  5  zu  entsprechen  scheinen. 

3,  5—6.  „Vos  rejecti  estis  post  principes,  vos  viris  principibus  in- 
feriores estis,  ab  its  degenerastis.^'    SEg. 

26* 


■•«-         m.t     .fc/*  WÄ. 


596  s.  BüGOS 

3^  7.  it  habe  ich  als  den  ursprünglicheu  ausdruck  eingesezt;  er  ist 
jedoch  nicht  Schreibfehler;  so  ist  öfter  die  plurale  form  ungenau 
statt  der  dualen  angewendet.  Akv.  3 ,  5.  Ohv.  2 ,  6.  Ebenso  in 
der  prosaischen  spräche. 

3,  8.    ßdUay  das  die  hds.  vor  (ßttar  hat,  ist  hier  wie  in  einer  vfsa  des 

Egill  Skall.  (Egils  s.  k.  62):  snarpdttr  Haralds  dttar  angewendet. 
Hildebrand  (Versteilung  ^  s.  138)  wendet  gegen  den  gewöhnlichen 
text  ein,  dass  pdtta,  wenn  davon  attar  abhängt,  nicht  zu  anfange 
des  zweiten  halbverses  ungereimt  stehen  könne.  Die  hdss.  geben 
jedoch  im  kviäubättr  öfter  das  nomen  ungereimt  vor  dem  abhän- 
gigen genetive^  und  wir  dürfen  kaum  solche  stellen  sämtlich  ändern : 
er  engl  shal  \  suna  Eyfuru  in  Hervar.  s.  215.  316  (Bgg.);  mann 
Ängan^s  \  kominn  af  Arheimum  ebd.  284;  tdknar  edli  \  taidrar 
skepnu  Merl.  11^  97;  vgl.  im  Ijödahättr:  maeran  dryhk  mjadar 
Lok.  6.  Gleichwol  sehe  ich  jezt  nach  einem  früheren  vorschlage 
Grundtvigs  in  pdtta  einen  späteren  zusatz,  wie  die  verszeilen  im 
Hamd.  öfters  erweitert  sind.  Statt  attar  war  vielleicht  ursprünglich 
hier  die  genitivform  dttar  angewendet. 

4,  4.    hvisti  neutr.,  collectivum  von  hvistr, 

4,  6.    vidir  so  von  mir  geändert. 

5,  3.    In  Jqnnunrel^  ist  rekkr  (ags.  rinc)  volksetymologische  ände- 

rung  von  rekr,  rikr  (got.  reiks). 

5^  ^  Ghv.  4,  von  mir  hier  eingesezt. 

5^  1.     Uräuda  statt  Urpua  geändert 

6^,  2.  Vor  Ghtnnari  habe  ich  ßeim  gestrichen.  Der  Zusammenhang 
fordert  hier  „Gunnar,^^  nicht:  „Gunnar  und  seine  mannen.'^  Dass 
Gunnari  dem  rhythmus  genügt;  wird  durch  die  zeile  en  Hreidari 
(Hälfs  8.  k.  6)  gestüzt ,  deun  en  kann  hier  gewiss  nicht  eine  hebung 
tragen;  peim  hat  sich  vielleicht  aus  Akv.  14,  13  eingedrängt. 

6^  8.  Hiemach  habe  ich  mit  Grundtvig  eda  hafdan  hug  \  Hünkon-^ 
unga  gestrichen. 

6,  1.    Hamdir  sezt  eine  ältere  form  Hamper  voraus;  siehe  zu  11,  2. 

6,  3.  myndir  in  B  ist  seltnere  form  des  indicativs. 

6;  5.  vqkdu  von  Munch  umgestellt. 

6,  7.  vgl  Vit  d  bed  hsdi  sdtum  Gudr.  hv.  19,  3  —  4. 

7,  3.  rodnar  vdlundum  so  in  meiner  Eddaausgabe  geändert. 

7,  6.    Statt  yfir  ursprünglich  vielleicht:  of  (uf);  vgl.  Gudr.  H,  U,  10. 

Hamd.  11 ,  2. 

8 ,  4.   per  var  pat  so  in  meiner  Eddaausgabe  geändert. 


fUXDoauL  397 

8^  5—8  haben  Möbius  und  ich  als  spätere  erweiternng  erkant  Ursprfing- 
lieh  begann  wol  die  strophe  mit  Ghv.  5 ,  1  —  4 :  Uräu  p6r  \ballr- 
rd]  I  hrceära  hefndir  \  slidrar  6k  sdrar,  \  er  pü  sonu  myrSi/r,  Die 
leztere  hälfte  dieser  strophe  scheint  im  Hamd.  8,1  —  4  dem  aus- 
drucke nach  erweitert. 

8^  6.    verja  kann  so  wenig  wie  got.  vasjan  und  die  entsprechenden 

Wörter  andrer  sprachen  „schwingen*'   bedeuten.    Vielleicht  hier: 

„anwenden,"   vgl.  verja  ser  oder  valdi  sinu  oder  fe  sinu  oder 
ähnlich,  tu  einhvers. 

8.  9.  Zwischen  8  und  9  müssen  mehrere  Strophen  fehlen,  wie  dies 
dartut  10,  7:  er  her  sitjum  feigir  d  mqrum-,  die  strophe,  die 
erwähnt  haben  muss  dass  die  brüder  auf  die  rosse  steigen,  kann 
nirgends  sonst  einen  platz  finden.  Doch  diese  strophe  fehlt  nicht 
allein;  in  einer  vorausgehenden  strophe  müssen  die  brüder  aus- 
gesprochen haben ,  dass  sie  zum  zuge  bereit  sind ,  und  unmittelbar 
vor  str.  9  muss  Hamdir  das  wort  gehabt  haben.  Die  fehlenden 
Strophen  sind  daher,  wie  ich  glaube,  eben  Ghv.  5,  5  —  8.  6.  7.  8 
oder  eher  Variationen  derselben: 

8*  „hfkjettim  [cMir] 

Jqrmunrekki 
samhyggjendr 

systur  hefna. 
Beriä  hnossir  fram 

Hünkonunga! 
hefir  pü  okkr  hvaUa 

at  hjqrpingi/^ 

8*  HUejandi  Gudrun 

hvarf  tu  skemmuj 
kunibl  konunga 

CT  kerufn  valdi, 
sidar  brynjury 

ok  Sanum  fcerdi; 
hlodusk  modgir 

d  tnara  bögu. 

H'*  pd  kvad  pat  Hamdir 
inn  hugumstdri: 
yfSvd  komumk  meir  aptr 
mödur  at  vitja^ 


»M-m^ma^tm  jma 


398  8.  BÜOGS 

atpü  erfi 

at  qll  08S  drekkir, 
at  Svanhüdi 

oh  sanupina/' 

Zwischen  8 '  und  8  *  fehlt  wahrscheinlich  noch  eine  Strophe ,  worin 
Oudrün  gefragt  hat:  „Wann  kernt  ihr  zur  mutter  wider?**  vgl. 
das  dänische  lied  von  Svend  Vonved  (Danmarks  gamle  Folkeviser, 
von  Sv.  Grundtvig,  nr.  18)  A  str.  6  —  9. 

8',  3  habe  ich  komumk  statt  comcuf  geschrieben. 

nach  8',  4  sind  nach  einem  früheren  vorschlage  Grundtvigs^  den  die- 
ser später  aufgegeben  hat,  zwei  zeilen  gestrichen:  gevmjqrär  hnig- 
inn  I  d  Ghdfy'ödu.  Jedenfalls  sind  diese  zeilen,  wie  ich  glaube, 
von  Hamäir,  nicht  mit  Grundtvig  von  Sigurär  zu  verstehen. 

8',  5—6.  Vielleicht:  at pA  at  qll  oss  \  erfi  drekhir;  drekkir  habe  ich 
statt  drykkir  geändert. 

8'  wird  neben  10  wol  kaum  bedenklich  sein ;  Sqrli  bestätigt  die  werte 
HamäiSy  dass  sie  im  fernen  lande  sterben  werden. 

9,  7  —  8.    „Was  verlangst  du  das  du  nicht  zum  weinen  bekomst?  d.  h.: 

alles,  was  du  verlangst,  wird  dir  gewährt;  du  verlangst  aber  nur 
dasjenige ,  was  dir  selbst  schmerzen  bringt**  Das  specielle  nü  (in : 
hvers  biär  pü  nuy  G.)  passt  nicht  zum  generellen  ausdruck;  ich 
habe  es  daher  gestrichen. 

10,  4.     IMda  Munch. 

11,  Hierher  von  mir  gestellt.  Diese  Umstellung  wird,  wie  Möbius 
mir  bemerkt,  dadurch  gestfizt,  dass  die  YqIs.  s.  die  rede  der 
Gudrun  unmittelbar  vor  dem  auffinden  Erps  hat. 

U,  1.    hrödrglqä:  die  ruhmfrohe  (Gudrun). 

11 ,  2.  hlMt4m  fasse  ich  als  pcp.  part.  von  hl^ja,  prses.  3.  sing.:  JU^r, 
praet.  3.  plur.:  Kloßäu,  Uiäu;  von  älteren  formen  Ideujan^  prara. 
2.  sing.:  hlet^,  3.  sing.  Ueujip,  prset.  3.  plur.:  Mgioidun.  Ebenso 
flectierte  man  einst  *8fija  =  got:  siujan,  praes.:  *s$r,  prset: 
*8(BäUy  sSäu,  pcp.  prsßt.:  scedr,  s^är,  —  Mfy'a  heisst:  obdach  geben, 
schützen,  wärmen;  es  ist  abgeleitet  von  K14,  n.  obdach,  schütz, 
grundform:  Mgi/oa^  welche  sich  auf  dem  goldnen  home  von  Gal- 
lehus  findet.  Das  verbum  wird  eben  vom  schütze  der  brünne 
angewendet;  so  Einarr  skälaglamm  (SE  I,  418): 

Ne  sigbjarka  serhir 
•  sommidjungum  romu 
Hdrs  vid  Hqgna  skurir 
KUSut  fast  of  s6äir. 


HAMDI8MAL  399 

Hallfredr  (SEI,  432): 

Oh  geirrotu  gqtvar 

gagls  viä  strengjar  luigli 
hungreyitundum  hatiga 

hUäut  jdmi  seäar. 

Beidemal  die  Varianten:  Jdcectut  und  sosäar.  —  hledir  nun  bezeich- 
net liier  die  brüder,  welche  durch  undurchdringliche  brünnen 
geschüzt  sind.  VqIs.  s.  cap.  42  sagt:  hon  hafdi  svd  buit  peira 
lierMeeäi,  at  pd  bitu  eigi  jdrn.  Damit  stimt  SEI,  368.  Nach 
diesen  brünnen  sind  die  brüder  genant:  Hamäir  statt  Hamper, 
älter  ^Hami'Petvaiij  got.  Hamipitis,  und:  Sqrli,  urspr.  *Sanda. 

Grundtvig  und  Vigfüsson  lesen  hledum  von  hleäi.  Damit  ver- 
trägt sich  weder  die  bedeutung  dieses  wertes  („tür,  welche  einem 
alkoven  vorgeschoben  wird"),  noch  die  praeposition  of,  noch  die 
pluralform. 

11,  3.    auefingr:  die  zartfingrige  (^Griidrun). 

11,  4.  pemia  in  der  hds.  Eine  solche  anaphorische  anwendung  die- 
ses pronomens  ist  in  den  mythisch -heroischen  gedichten  sehr  sel- 
ten :  meyjar  pessar  Herv.  (Bgg.)  1 ,  str.  7 ;  sjd  mödr  konungr 
Oddr.  15.  Hier  scheint  pcnna  unstatthaft,  wenn  man  hledum  von 
den  brüdern  versteht;  daher  habe  ich  es  in  svinnan  geändert 
Gudi*ün  redet  hier  S^rli  an.  Weniger  wahrscheinlich  ist  mir: 
niqgu  sina, 

11,  5.  pvi  er par  Juetta,  so  von  mir  geändert;  pvi —  at:  dadurch  — 
dass,  nur  in  dem  falle  dass  (vgl.  Hävam.  14,  4);  par:  in  dem  fer- 
nen lande;  hcetta:  gefahr. 

11 ,  6.  hl^digi  ist  *hl0i,  f.  schweigen  (von  hljodr)  mit  dem  negativen 
gi  verbunden.  Wenn  einer  der  biüder  das  stillschweigen  unter- 
bricht, wird  der  zauber,  der  sie  schüzt,  gelöst,  vgl.  str.  25.  — 
myni,  conjunctiv,  indem  ein  (unwahrscheinlicher)  fall  für  den  äugen- 
blick  angenommen  wird. 

11,  7  —  8.  7nega  tveir  nienn  einir  \  tiu  hundruäum:  „zwei  männer 
können  allein  zehn  hunderten  widerstehen."  mega  manni  hier  = 
^nega  vid  nianniy  ebenso  in  der  dichtersprache :  vtnna  einhverju 
(z.  b.  vinna  skqpum)  ==  vinna  vid  einhverju;  inega  (statt  inegu) 
wie  z.  b.  an  lians  rdde  niega  himintunglin  echi  Alex.  s.  55  (hds. 
um  1300). 

11,  8.  Goina  habe  ich  entfernt;  denn  1)  wird  dadurch  der  rhythmus 
schlecht;  2)  streitet  es  gegen  die  Symmetrie  des  ausdrucks,  da 
man  nämlich ,  wenn  tveir  menn  einir  nicht  näher  bezeichnet  wird, 


iOO  8.  BÜQGX 

die  blosse  zahl  tiu  hundruäum  erwartet;  str.  22  wird  einen  dritten 
grund  zur  entfernung  von  Gotrui  bringen. 

Die  versetznng  der  11.  str.  in  der  hds.  ist  durch  die  ähnlich- 
keit  der  vei-se  11,  7  —  8: 

mega  tveir  uicnn  einir 
tiu  hundruäum 

und  der  von  mir  22,  5  —  6  vermuteten  verse: 

tndttuä  ivd  menn  eina 
tiu  hundruä 

veranlasst    Diese  ähnlichkeit  führte  zur  auslassung  von  22,  5—6 
und  zur  fehlerhaften  Verbindung  von: 


mit  22,  7  —  8; 


mega  tveir  menn  einir 
tiu  hundruäum  Grotna 

binda  eäa  berja 
i  borg  inni  ha. 


Ebenso  bewirkte  in  V^luspä  die  ähnlichkeit  der  verspaare: 

aUt  veit  ek^  Öäinn! 
hvar  pü  auga  falt 

und  veit  hon  Oäins 

auga  fSlgü 

dass  das  letztere  paar  ausgelassen  wurde  und  dass  zwei  verschie- 
dene Strophen  vermischt  wurden;  siehe  meine  ausgäbe  s.  37. 

13 ,  3  —  4 ,  von  mir  eingesetzt  Die  reihenfolge  Sqrli  6k  Hamäir  findet 
sich  z.  b.  auch  SE  I,  368  fgg.  Die  bezeichnung  der  brüder  durch 
synir  Ouärunar  ist  hier,  wo  sie  dem  Erp  entgegengesezt  werden, 
am  rechten  platze.  Statt  der  werte  Sqrli  ok  Hamäir  ist  jedoch 
auch  ein  epitheton  zu  synir  Gruäru^ujvr  möglich. 

18,  6.  storbrqgäottan  ist  mir  zu  wenig  charakteristisch;  ich  vermute 
daher:  stjup  brqgäöttan.  Wenn  der  ausdruck  synir  Guärunar 
unmittelbar  vorhergeht,  kann  Erp  als  stjüpr  nach  seinem  Verhält- 
nisse zu  Gudrun  (nicht  als  halbbruder)  bezeichnet  sein. 

13,  7.    jarpskqr  so  von  Qrundtvig  geändert. 

13,  8.  fuUingja;  die  Schreibung  mit  einem  ly  die  sich  auch  pidr.  279'^ 
findet,  lässt  sich  durch  ags.  fuüum  stutzen. 

13,  2  —  3.  mundu  \  frtßndum  fultingja  so  von  mir  geändert.  Die 
handschriftliche  lesart  gibt  schlechten  rhythmus,  man  teile  nun: 


HAMDI8MAL  401 

svd  hoaäsk  veita  mundu  \  ftüting  frcendum,  oder:  svd  kvaäsh 
veita  I  mundu  fidting  frcendum.  Für  meine  änderung  vgl.  z.  b. 
Oddr.  12:  sliks  dcemi  hoadaüu  \  sutan  mundu  \  meyju  veräa^  und 
Oddr.  23 :  en  mik  Atli  kvad  |  eigi  myndu  \  lyti  räda.  Erst  durch 
diese  änderung  wird  die  antwort  mit  der  frage  in  betreff  des  aus- 
druck  symmetrisch.  Freilich  darf  ich  die  möglichkeit  nicht  läug- 
nen ,  dass  der  handschriftliche  ausdruck  von  einem  manne  herrfihre, 
der  sonst  durch  ganze  verszeilen,  welche  in  meinem  texte  beibehal- 
ten sind,  das  lied  erweitert  hat. 

14.    Diese  strophe  ist  von  mir  umgestellt. 

14,  7  —  8.  Diese  verse  fasse  ich  jezt  mit  Grundtvig  als  zur  rede  Erps 
gehörig,  ködu  leitet  ein  altes  Sprichwort  ein  (=  kveäU  er,  forn- 
kveäit  er)]  wegen  des  prat.  koäu  vgl.  Jcödui  Hamdi  hjqrleik  spara 
SE  I,  262.  —  homung  verstehe  ich  gegen  Giamdtvig  als:  nothus. 
Vgl.  Shakespere,  king  Lear  I,  2;  „bankarte  sind  tapfre  leute** 
Logau. 

15,  2.  skidijdrn  kann  gewiss  nicht  das  richtige  sein,  denn  die  müssige 
widerholung  von  skia  ist  höchst  anstössig.  Auch  solte  man  skia" 
jdrn  erwarten,  vgl.  skiSlauss  in  Yngl.  30.  In  fcipitarn  vermute 
ich  einen  lesefehler  statt:  fcopgiaim*;  dies  adj.  lese  ich  Hyndl.  30: 
pö  var  pjassi  \  peira  frcendi  \  sköctgjarn  jqtunn,  \  lians  var  Skadi 
döttir.  Hier  ist  das  skantgjarn  der  Flateyjarbök  sinlos,  während 
sködgjam  als  epitheton  für  den  vater  der  Skadi  treflich  passt. 

15 ,  5—8.    Vielleicht  7  —  8  vor  5  —  6  ? 

16.  Man  erlaube  mir  hier  eine  bemerkung,  welche  die  texteskritik 
nicht  berührt.  Es  findet  eine  gewiss  nicht  zufällige  Übereinstim- 
mung statt  zwischen  16,  1—4  und  Gudr.  II,  19.  A.n  beiden  stel- 
len werden  loäar  (vgl.  altruss.  Inda,  das  vom  altnord.  lodi  ent- 
lehnt ist)  und  skdlmir  genant;  die  in  Gudr.  II  erwähnten  männer 
haben  skarar  jarpar,  wie  EiTpr  jarpskqr  genant  wird.  Dieselbe 
Strophe  der  Gudr.  II  nent  zwei  slavische  namen  Jarizhifr  und 
Jarizsiuirr,  Vielleicht  darf  man  daher  in  der  nachgewiesnen  Über- 
einstimmung eine  andeutung  finden ,  dass  für  den  dichter  der  Ham- 
dismdl  wie  für  Saxo  Grammaticus  die  heimat  der  brüder  im  osten 
der  Ostsee  neben  dem  Slavenlande  lag.  Der  name  Jmdkr  scheint 
fremdartig.  Man  darf  denselben  kaum  mit  J.  Grimm  als  entstel- 
lung  aus  Äumdiaris  fassen.  Ich  habe  früher  nikr  aus  vakr  erklärt, 
dabei  bleibt  mir  aber  Jan-  unverständlich.  Später  habe  ich 
bei  JönaJcr  an  die  entstellung  eines  slavischen  namens  gedacht, 
und  der  hochverdiente  russische  historiker  Kunik,   bei  dem  ich 


402  B.  BüOOB 

nachfragte,  leitet  den  namen  von  slav.  yumt;  „jnng^*  ab.  Wie  ist 
B^8(ynumorum  bei  Jordanis  cap.  24  zu  verstehen? 

Möbins  vermutet,  dass  16,  1—4  unmittelbar  vor  str.  18: 
Glaumr  usw.  stehen  solte.  Dies  ist  an  sich  ansprechend,  jedoch 
kaum  notwendig;  dabei  würden  wir  zwei  Strophenfragmente  statt 
einer  vollständigen  Strophe  erhalten. 

16,  5  —  8  von  Qrundtvig  umgestelt. 

16**  von  mir  nach  Atlakv.  14,  1  —  8  gebildet  und  nach  der  anleitung 
von  Saxo  Gramm,  p.  411— 414  (MV.)  hier  ergänzt;  siehe  meine 
Edda-ausg.  s.  429  fgg. 

16  ^  1.  Gotna  vgl.  Gotna  landi  in  Grfmn.  2.  Man  könte  vermuten, 
dass  in  Hamd.  nach  16**  die  verse  der  Atlakv.  14,  10 — 16  in 
einer  etwas  verschiednen  form  ursprünglich  gestanden: 

En  ßar  draJck  [Jqrmunrdckr 

med  drottmqgum  sinum\ 
vin  i  vaihqllu, 

veräir  sdtu  üti, 
at  varda  ßeim  [Hamdi], 

ef  peir  hattö  vitja  kvcenii 
med  geiri  gjcdlanda 

at  veJcja  gramhüdi. 

vgl.  Saxo  p.  412:  secus  undique  juges  excubias  fixü.  Allein  dies 
ist  kaum  wahrscheinlich,  denn  wesentlich  dasselbe  wird  Hamd.  18 
erzählt. 

17,  1  —  6.    Vielleicht  ist  die  ursprüngliche  reihenfolge  der  verse: 

Fram  Idgu  hrautir, 

fundu  vdstigu 
oh  vargtre  vindkqld 

vestan  bcsjoTy 
systur  son 

säran  d  meidi  — 

es  scheint  natürlich,  dass  der  galgen  vor  dem  gehängten  genant 
wird. 

17,  2.  Dass  stigu  in  vdstigu  langes  i  hat,  wird  z.  b.  durch  sUgu  ^ 
vig  in  SE  1 ,  606  erwiesen. 

17,  3.  systur  son  versteht  man  gewöhnlich  von  Randver.  Eine  solche 
bezeichnung  scheint  aber  unnatürlich.    Eher  ist  das  ursprüngliche 


HAMDIBMAL  408 

systur  sijtip  (vgl.  Saxo,  p.  413:  naverca).  In  meiner  ausgäbe  habe 
ich  systur  son  als  schwestersohn  jQrmunreks  verstanden ;  die  Har- 
lunge  werden  von  Saxo  s.  413  als  schwestersöhne  Jarmeriks  erwähnt; 
allein  diese  auffassung  ist  bedenklich.  Da  JqrmunreJckr  hier  nicht 
genant  ist,  versteht  man  systur  am  natürlichsten  von  Svanhildr. 
Auch  wird  Bandver  eher  als  ein  Harlung  hier  erwähnt  sein,  weil 
das  Schicksal  Bandves  ein  glied  der  in  Hamd.  behandelten  sage 
bildet.  Endlich  wäre  kaum  grund  dazu  nur  den  einen  der  Har- 
lunge  zu  erwähnen.  In  systur  habe  ich  entstellung  aus  einer 
bezeichnnng  für  „des  schwestermannes^^  vergebens  gesucht. 

17,  4.  särr  ist  hier  als  geiri  undaär  (Häv.  138,  4)  zu  verstehen;  es 
wird  öfter  erwähnt ,  dass  der  an  den  galgen  aufgeknüpfte  mit  einem 
geer  dmchbohrt  wurde. 

17,  7.  hvot  ist  mir  in  dieser  Verbindung  unverständlich ;  ich  habe  daher 
eine  entstellung  aus  hrop^  d.  h.  hrdä  vermutet,  trqnu  hrdd  wie 
brdd  trqnu  hals:  serpens,  in  Fas.  I,  259  (wo  ich  lese:  $d  ek  engum 
sveini  |  nema  Siguräi  einum  \  i  brünsteinum  brüna  \  brdd  hals 
trqnu  lag  da  statt  lagdann  der  besten  hds.;  logda  ist  entstelt).  — 
tr^ta  bedeutet  in  den  volksmundarten  Norwegens:  „schwach  oder 
mit  geschlossenem  maule  brüllen,'^  ebenso  —  nach  Vigfüsson  —  in 
Island:  „to  growl,  murmur.**  Allein  diese  bedeutung  passt  nicht 
Thomas  s.  360^  (hds.  aus  dem  ende  des  14.  jahrh.):  kerling  trptir 
€6  sem  tidast  at  bera  fyrir  Thomam  . . .  pat  er  hm  hefir  besst 
til,  ertmar,  eplin  oh  ostana.  Hier  scheint  tr^ta:  „hin  und  her 
trippeln"  zu  bedeuten,  vgl.  neuisl.  trita:  volutari,  gyraii;  tritiU: 
instrumentum  quod  continuo  rotatur ;  triUa:  gyro  vagari  (Björn  Hai- 
dorsson);  tritla:  trippe  frem  eller  omkring  (Erik  Jonsson).  In 
Hamd.  scheint  tr^tti  das  hin-  und  herkriechen  der  schlangen  zu 
bezeichnen.  Auch  nach  Aüamäl  22  verzehren  die  schlangen  den 
am  galgen  hangenden  leichnam. 

17,  8.    btda  so  edit.  AM.     In    einer   rima  komt   ein   ganz  analoger 

satz  vor. 

18,  6.    Grundtvig  ergänzt  die  strophe: 

pd  er  tirargjamir 
i  tun  ridu, 

19,  1.  far  drr  nach  meiner  Vermutung  statt  foro;  ursprünglich  viel- 
leicht: for  OR.  Früher  vermutete  ich  foru  jarlar;  auch  an  foru 
odla  liesse  sich  denken. 

19,  4.    und  edit  AM. 


404  8.  BüGcn 

19,  5.    ro  80  von  Ornndtvig  und  mir  geändert. 

30,  2.  hanpa  so  von  mir  geändert.  Die  schreibang  mit  np  findet  sich 
im  cod.  reg.  der  SE  I,  540  (cod.  Ups.  in  SE  II,  348),  in  der 
Stockholmer  hds.  der  Öläfs  s.  helga  von  Snorre  (Ghra  1853) 
cap.  244  (s.  229'^),  und  in  mehreren  andern  hdss.  Die  form 
hanpr  ist  die  ursprünglichere.  Hier  wie  regelmässig  bei  der  laat- 
verbindung  np  (hanpr,  Danparstaäir)  ist  ein  vocal  zwischen  n 
and  p  ausgedrängt:  hanpr  =  altiries.  han^,  kenep.  Nach  ka/npr 
wird  auch  das  fremdwort  henpa  mit  np  geschrieben. 

20,  3.  beindisk  so  von  mir  geändert.  —  branga  vom  verbum  brengja 
(hrengäa)  abgeleitet.  Dies  verbum  ist  jetzt  in  Hallingdal  (Norw.) 
gebräuchlich;  Aasen  erklärt  es :  „verdrehen,  renken  (vraonge,  vride, 
bryde  paa  noget),"  und  trent  es  von  vrengja,  rengja.  Ein  subst. 
brengja  ist  auch  gebräuchlich  und  bedeutet:  „1)  verkehrte  Stel- 
lung, 2)  klemme,  Verlegenheit.''  unser  branga  ist  von  brengja 
wie  talga  von  tdgja,  sola  von  sdja,  krafa  von  krefja,  hvaää  von 
kvei^'a  gebildet;  es  verhält  sich  zu  brengja,  f.  ungefilhr  wie  altn. 
tdka  zu  tekja.  —  beindisk  at  brqngu  bedeutet  also,  wie  ich  ver- 
mute: er  richtete  sich  bei  verkehrter  Stellung,  d.  h.  er  zeigte  sich 
vertrauensvoll,  obgleich  er  in  der  klemme  war. 

30,  4.    bqßvask  wie  stqßvask  gebildet. 

^0,  7.  hann  ist  wol  hier  späteres  flickwort;  so  in  Skim.  15,  3  hat  B: 
j6  hetr  tiljaräar  taka,  A:  latr  hann  tu  —;  in  Yspä  19,  7  sUndr 
BH,  stendr  hann  rW;  in  Häv.  64,  4:  pd  hann  pat  finnr  und 
Fä&.  17,  ^:  pd  ßat  finnr.    Vgl  Hildebrand,  Versteilung  s.  83. 

81,  5.  b^in;  vgl.  byrir  in  Vsp.  II,  60,  8  und  byr  in  V(}lund.  12,  3. 
Ist  hier  y  nur  graphisch?  kaum  verhält  sich  byrir  zu  burir  wie 
z.  b.  kvaen  zu  kvdn  vom  ursprünglichen  stamme  koani. 

31,  6.  Die  praeposit.  med  scheint  mir  hier  erst  später  nach  jünge- 
rem sprachgebrauche  eingefügt.  Die  mythisch  -  heroischen  gedichte 
bezeichnen  regelmässig  das  Instrument  durch  den  blossen  dativ. 
Daher  scheint  mir  med  Helg.  Hund.  I,  36.  Fäfii.  30.  Hyndl.  15, 
wahrscheinlich  auch  Grfp.  15  unursprünglich.  Dagegen  Atlam.  59 
ist  med  mit  instrumentaler  bedeutung  ursprünglich.  Häv.  52  and 
100  ist  med  nicht  einfach  instrumental  zu  nehmen.  Für  die  Ver- 
änderung des  Sprachgebrauches  vgl  z.  b.  SE  II,  259 :  fyJÜig  med 
fjqrvi  in  der  prosa,  fyUig  fjqrvi  im  verse.  Im  Gotischen  bezeich- 
net  miß  niemals  (auch  nicht  Matth.  26,  72)  das  Instrument. 

31,  8.    Die  Umstellung  d  gäiga  festa  scheint  nicht  nütig. 


J.  • 


BAMDIBMAL  405 

22.  Ich  glaube  mit  Qinndtvig,  dass  diese  atrophe  auf  den  ausdruck 
<ler  Bagnarsdräpa  (SE  I,  372),  nicht  umgekehrt  Ragn.  auf  Hamd. 
einfluss  gehabt  hat 

SS,  3.  Uöä  er  so  von  mir  geändert;  er:  worin.  Früher  lauteten  die 
verse  3  —  4  wahrscheinlich: 

i  Uöd  of  komit 
ör  hfjösü  Ootna. 

Dies  gibt  besseren  rhythmus  und  einfachere  darstellung. 
SS,  5  —  6  von  mir  ergänzt,  tvd  und  eina  nach  Grundtvig.    Nach  hund- 

ruä  wäre  Gotna  unstatthaft,  da  es  22,  4  steht. 
SS,  7 — 8  von  mir  umgestellt;    eäa  (nicht  ne)  nach  dem  negativen 

mdttuä,  vgl.  z.  b.  eigi  skidußeirpar  eta  eäa  (var.  ne)  drekka  Spec. 

reg.  (Chra)  58*;  eru  eigi  attir  iafnskjötir  at  vexti  eäa  purdi  ebd. 

13  — 14;    eigi  munu  vdpn   eäa  (ne  Ups.)    viäir  granda  Baldri 

SE  I,  172  «1;  vgl.  auch  ok  in  H^.  4,  3. 
S3 ,  (1  —  2)  Hitt  kvaä  pd  Hamäir  \  inn  hugumstari  von  mir  gestrichen. 

Dass  Hamdir  diese  strophe  spricht ,  ist  auch  ohne  die  zeile  1  —  2 

verständlich;   denn  die  werte  stimmen  nur  mit  seinem  Charakter. 

stcerri  (mit  bezug  auf  SQrli)  lässt  sich  hier  und  6,  2  kaum  vertei- 
digen. 
S3,  3.    (BsHr,  nicht  oßstir,  ist  die  richtige  form. 

53,  7.  fötum  pinum  so  von  mir  geändert;  pu  in  der  edit.  AM.  ergänzt 
Wenn  man  pü  hier  nicht  ergänzen  wolte ,  müste  man  pü  im  fol- 
genden verse  streichen;  vgl.  23,  3. 

54,  1.  hraut  ist  hier  wegen  der  allitteration  mit  reginkwnngi  wol  als 
raut  auszusprechen;  vgl.  z.  b.  Häv.  151,  3:  d  rötum  rds  (=  hrds) 
viäar.  (Vgl  jedoch  auch  26,  5—6).  Dass  Är;oto,  nichirjota  (wie 
im  Oxford.  Wb.)  die  ursprüngliche  form  ist,  wird  durch  ags.  hrütan 
bewiesen.  Hierher  gehört  wahrscheinl.  altn.  hrütr  (vgl.  norweg. 
dial.  rüt  bei  Aasen),  vielleicht  auch  ahd.  hroZy  rote.  Auch  im 
Hättalykill  Bögnv.  39,  13  findet  sich  ratit  (statt  hraut)  blöä. 

54,  2.  inn  reginkunngi  verstehe  ich  von  Jqrmunrekkr ,  nicht  von 
Oäinn. 

55.  Die  Überschrift:  Sqrli  habe  ich  statt:  Hitt  kvaäpd  Hamäir  \  inn 
hugumstari  eingesezt.  Wie  Hamäir  in  dieser  strophe  erst  als  brödir^ 
dann  v.  5  durch  seinen  namen  angeredet  wird ,  so  wird  Beginsmäl 
12  Fdfnir  erst  als  bröäir,  dann  unter  seinem  namen  erwähnt. 

S5 ,  5.  h^r  so  von  mir  geändert.  Hier  haben  wir  dieselbe  elliptische 
Satzverbindung  wie  z.  b.  Härb.  18:  Sparkar  dttu  ver  konur^  ef  oss 
at  spqkum  yräi,    siehe   Nygaards  syntai  I,  62;  Nj^  s.  192^®: 


406  8.  BÜOGX,  HAlfDISKAL 

vSr  hqfum  cmt  moH,   ef  oss  kcemi  ßat  vd  at  Juüdi,   siehe  Lund, 
oldnord.  Ordföjn.  §  119,  a. 

35,  7.    Der  ausdruck  scheint  hier  später  erweitert. 

S5,  8.  manvü  ist  ältere  form  als  mannvit,  siehe  meine  Eddaaasgabe 
s.  341. 

86.    Die  überschrifk  Hamäir  von  mir  ergänzt. 

36;  5  —  8.  Hierin  haben  Möbins  und  ich  spätere  zudichtung  erkant; 
die  ursprüngliche  leztere  vershSlfte  ist  verdrängt  Vielleicht  hat 
derselbe  mann  v.  3  inn  bqdfrcBkni  hinzugedichtet. 

36,  5.  halr  inn  hrödrfüsi,  so  nach  meiner  Vermutung  (vgl.  hrödr- 
fiisa  hali  Beginsmäl  21,  6)  statt:  vcm  ix  viß  frqcni;  wol  kaum 
hrödrrcßkni  (von  rcekja)  ?  Früher  vermutete  ich ;  verr  inn  vidfrtegi, 
indem  ich  das  varr  der  hds.  als  seltnere  und  unursprüngliche 
nebenform  von  verr  betrachtete  (vgl.  Vermundr  und  Varmundr 
bei  Langebek  Scr.  r.  D.  I,  5;  gagn-vart  und  ^vert,  s.  Leffler 
in  Nord.  Tidsskr.  f.  philol.  NR  11  (1875),  7).  Dies  kann  aber 
nicht  richtig  sein,  weil  verr  im  sing,  nur  maritus  bedeutet;  auch 
ist  die  aUitteration  von  verr  und  vidfrcegi  mit  hvqttumk  —  trotz 
hratU  mit  regin  in  24,  1 — 2  —  bedenklich. 

37,  38  noch  Hamdis  werte. 

37.  Wol,  wie  Möbius  meinte  hier  uuursprünglich.  Hat  sich  die  Stro- 
phe aus  einem  andern  gedieh te  hier  eingedrängt?  Ist  das  hand- 
schriftliche ycr  so  zu  erklären,  dass  der  ausdruck  da,  wo  die 
Strophe  ursprünglich  zu  hause  war,  ykhr  . . .  U  myniä  lautete? 

37,  1.    Vielleicht  ursprünglich:  hyick.  —  okkr  die  herausgeber. 

38,  3.  eggmodr  von  moär:  müde,  vgl.  ags.  güäwSrig;  nicht  mit  Vig- 
flisson  von  md, 

38,  5  —  8.    Vielleicht  ursprünglich: 

g6ds  fengum  tirary 

ßott  shylim  %  gaer  deyja; 
kvdd  Ufira  mcidr 

eptir  kvid  norna. 

38,  7.    i  gar:  morgen. 

39.  Hierin  veimute  ich  die  2.  halbstrophe;  die  1.  erzählte  vielleicht, 
dass  die  brüder  gesteinigt  wurden. 

CHRISTIANIA.  SOPHUS  BUGQE. 


407 

DER  OBERFRÄNKISCHE  LAUTSTAND   IM  IX.  JAHR- 
HUNDERT. 

(Schlnss.) 

Consonantismus. 

Die  dentalen. 

d. 

Tatiau. 

d  ist  zu  t  verschoben.  Anlautend  ist  jedoch  d  gewahrt  fast  durchweg  in  den 
Wörtern  diuual  (nur  3  t  gegenüber  etwa  48  d),  diuri  nebst  seinen  ablcitungen  (7  t, 
etwa  26  d);  häufig  femer  in  dohter  (5  d,  7  t),  ausserdem  aber  besonders  in  C 
(duon  21m.).  In  a  findet  sich  nur  t.  S.  10.  Inlautend  ist  d  h&ufiger  gewahrt  nur 
in  eldiron  (9  m.  und  elthiron  132,  12;  auch  44,  14  steht  eldiron,  nicht  eltiron, 
wie  S.  angibt),  femer  einigemal  im  sw.  prt.  aber  nur  in  J.  Auslautendes  d  ist 
gewahrt  nur  in  kind,  sculd. 

Otfrid. 

d  ist  anlautend  gewahrt,  einzeln  findet  sich  jedoch  t,  so  besonders  in  tod 
und  ausserdem  in  10  vereinzelten  formen.  K.  492.  In  keinem  der  angeführten 
falle,  ausser  terren  IV,  26,  52,  wo  biginnent  vorangeht,  lässt  sich  ein  grund  f&r 
diese  ausnahmen  in  dem  endconsonanten  des  vorhergehenden  Wortes  finden.  Der 
annähme  eines  Schreiberirrtums  widerspricht,  wie  K.  a.  a.  o.  hervorhebt,  der  umstand, 
dass  von  einer  stelle  abgesehen,  in  V  t  seine  entstehung  stets  einer  correctur  aus 
d  verdankt;  also  absichtlich  gesezt  sein  muss.^ 

Inlautend  ist  d  zu  t  verschoben ;  gewahrt  in  den  flectierten  formen  und  ablei- 
tungen  von  kind,  sculd,  den  flectierten  formen  von  hald.  uuald  und  dem  compos. 
uuuastuueldi;  ferner  in  fremeder,  muadi,  ödeg,  sceidan,  jugundi  und  vielleicht  in 
menden  (as.  mendjan  vgl.  jedoch  menthenti  V,  25,  100  und  menthit  mendhendi 
gl.  K.)  Ausserdem  findet  sich  un verschobenes  d  4  m.  im  prtc.  prs  und  in  dem  sw. 
prt  ougda  I,  1,  5.  6;  I,  8,  14  ist  uuolta  aus  uuolda  corrigiert.  Die  sw.  prt. 
bigonda  (23)  onda  (3)  konda  I,  27,  31  gehören  wegen  des  hier  wol  zu  gmnde  lie- 
genden p  nicht  hierher.  Überhaupt  wird,  wenn  auch  Otfr.  das  suffix  des  sw.  prt. 
sonst  stets  durch  t  bezeichnet,  nicht  überall  die  ten.  anzunehmen  sein.  —  Schliess- 
lich begegnet  d  in  12  formen  von  Wörtern ,  die  sonst  t  zeigen.    E.  495. 

1)  E.  493  führt  als  nicht  hierher  gehörig  auf:  inträtan  (ags.  ondraedan)  = 
in  furcht  setzen ,  erschrecken ,  welches  durchweg  t  zeigt.  Er  erklärt  dies  durch  die 
annähme,  dass  Otfr.  das  wort  als  int-rätan  aufgefasst  habe.  Es  ist  mir  unerfind- 
lich, durch  welche  fäden  Otfr.  sich  die  begriffe  des  erschreckens  und  des  beratens 
verknüpft  gedacht  haben  solte  und  ich  glaube  daher,  dass  es  einfacher  ist,  hier 
ebenfalls  eine  der  oben  erwähnten  ausnahmen  zu  constatieren.  Dass  grade  bei  die- 
sem Worte  allein  t  durchgeführt  ist  (nur  I,  27,  11  ist  in  V  t  aus  d  corrigiert), 
kann  nicht  wunder  nehmen,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  es  ein  relativ  selten 
vorkommendes  und  wie  man  vieUeicht  aus  seiner  beschränkten  sphäre  (es  findet  sich 
ausser  bei  0.  nur  noch  3  m.  im  Tat.)  schliessen  darf,  auch  ein  nicht  mehr  recht 
lebendiges  ist. 


406  PIBTBCH 

Die  kleineren  denkmäler. 

Fb*  t  ausser  in  kindisgi  6.  —  F^L  anlaut  t,  doch  steht  daomenös  53,  gede- 
rita  61;  inlaat  t  ausser  in  snndrot  0,  habandi  45,  gisceidan  49,  sedale  115;  ans- 
lant  t.  —  Ft.  anlaut  t  (2);  inlaut  t,  doch  begegnet  lud!  (3)  neben  inti,  enti  (2), 
geldom  B  neben  gelton  5;  auslaut  kein  bei.  —  LS.  anlaut  nur  tuent  II,  4;  inlaat 
t,  doch  indi  II,  2  neben  iuti  (12);  aaslaut  t.  —  Arg.  diurliches,  inti.  —  gL  JD. 
an-,  auslaut  kein  bei.;  inlaut  t  ausser  in  gisceidida  499'^  ende  499 '^.  —  gl.  Ir* 
inlaut  t,  sonst  kein  bei.  —  gl.  e.^  anlaut  dam  977^;  in-,  auslaut  t.  —  gL  c* 
und  rec.  an-,  in-,  auslaut  t.  —  gl.  Ez.  anlaut  drihtdin;  inlaut  uuanda.  —  gl.  A. 
au-,  in-,  auslaut  t,  doch  steht  framhald  191.  —  Wb.  anlaut  t  ausser  in  dioreran 
29;  inlaut  t  ausser  in  sculdic  23,  bigouda  2,  uuisada  6/7  (sonst  im  sw.  prt.  12  m. 
t).  -.  Mgl.  anlaut  11  d;  3  t  (truganara  282  ^  tuoches  283*",  tragu  284'').  Dem- 
gomäss  ist  Keiles  angäbe  (Otfrid  II,  s.  XXVIII)  zu  berichtigen.  Inlaut  33  d,  16  t 
(Kelle  a.  a.  o.:  „inlautend  d  zu  t  (d)"!).  Besonders  überwiegt  d  im  sw.  prt  und 
prtc.  prs.  (19  d,  6  t).  Auslaut  t  ausser  in  sculd,  uuird  (hospes)  283  \  —  Hb. 
anlaut  d  (3);  inlaut  d  ausser  in  släfanti  18  und  in  13  formen  des  sw.  prt.,  denen  nur 
11  mit  d  gegenüber  stehen:  solta  (9);  solda  9.  11  etc.;  auslaut  t.  --  Ag.  anlaut 
kein  bei.;  inlaut  d;  auslaut  t.  —  St.  anlaut  dage  17,  duo  19;  inlaut  haldih  18, 
indi  (3).  —  Rb.  an-,  inlaut  d,  auslaut  sculd  (7),  neben  ant-2G,  vergalt.  hialt28. 
Schwanken  zwischen  med.  und  ten.  in  betdi  22.  —  Lb.  anlaut  d  (11),  doch  steht 
-tnmchi  8;  inlaut  d  etwa  40m.  im  sw.  prt.,  welches  t  nur  in  fehOta  17,  scolta  21, 
scolti  32  (sonst  stets  scolda),  erfulta  30,  gifrumita  35  aufweist.  Ausserdem  finden 
sich  10  d,  52  t  (inti  (43);  indi  13.  14)  und  td  in  bitdiu  42.  Auslaut  t,  doch  begeg- 
net kind  12.  —  Wk.  anlaut  20  t,  9  d;  inlaut  61  t,  59  d  (endi  indi  (40),  enti  43 
vgl.  MSD.  zu  LVI,  2;  sw.  prt.  nur  durch  datun  99  (2)  belegt);  auslaut  t.  Die 
Schreibung  schwankt  auch  bei  denselben  Wörtern :  doodeni  49 ,  sonst  toot  (4) ;  diic  21, 
duat  22,  datun  99  (2^,  neben  gitau  73.  74,  gitätom  98;  guodiu  8  neben  guates 
102.  —  Lid.  anlaut  d  (6)  ausser  in  trnhtin  4.  59;  inlaut  18  d,  12  t  (sw.  prt.  9  d, 
6  t);  auslaut  t  (7),  nach  1  n  jedoch  von  giuualt  38  abgesehen  stets  d:  kind  3, 
ingald  20,  gund-  27,  gisund  40,  skild  42.  —  SO.  anlaut  d  (10),  doch  steht  tre- 
stir  247 N  getuuerc  307,  -trunkini  209^  inlaut  32  d,  43  t  *  (sw.  prt.  3  d,  2  t).  Zu 
bemerken  ist,  da.ss  von  den  32  d  16  nach  l  n  stehen.  Auslaut  t,  doch  begegnet  d 
nach  n  in  indOruoga  248»  (intoret  248*),  gund-  267»,  270»'  (gunt-2G9"),  band-  277* 
und  in  hard-  291».  Abgefallen  ist  -d  in  hau(d)-drüliin  (manicis)  269**,  hauscuah 
277».  —    Pb.  anlaut:  drinkanti  6,  -daga  9;  in-,  auslaut  t. 

1)  Bezüglich  der  versclüedenen  behandluug  des  an-  und  inlauten- 
den d  lässt  sich  als  ergebuis  nur  feststellen,  dass  im  ostfrk.  an-  und 
inlautendes  d  meist  verschoben,  im  rheinfrk.  d  im  an-  und  inlaut  meist 
gewahrt;  im  sudfrk.  anlautend  meist  gewahrt,  inlautend  meist  verscho- 
ben ist.  Durchgeführt  ist  leztere  regel  nur  in  Pb. ,  einem  freilich  sehr 
wenig  umf&nglichen  denkmale  und  im  grossen  und  ganzen  bei  0.   Auffal- 

1)  Zweifelhaft  ist  ludihom  (lituus,  sistrura)  269»  (2).  Gr.  IV,  1037  belegt 
das  wort  nur  noch  aus  Pt.  ludi-  könte  zu  hlüdjan  gehören,  das  com])08.  also 
„tonendes  hörn"  bedeuten,  vgl.  keribescmo,  hengilachan  usw.  gram.  II,  681.  Oder 
liegt  lat.  lituus  zu  gründe?  Zu  erwägen  wäre  vielleicht  auch  kelt.  llugoru  *-> 
kriegshom.  —    fJber  andari  307  vgl.  oben  s.  340. 


DSR  OBXBFBAMK.  LAÜTBTAND  DC  IX.  JAHBH.  409 

lend  ist  die  aasnahme,  welche  Wk.  macht  (20  t,  9  d  im  anlaat;  61  t, 
59  d  im  inlaut).  Auf  dieses  factum  und  auf  die  bemerkung,  dass  kei- 
nes der  yei*wanten  denkmäler  einen  solchen  unterschied  in  der  behand- 
lung  der  an-  und  inlautenden  dentalmedia  mache,  stözt  Braune  (bei- 
trage I,  52)  seine  annähme  (vgl.  auch  Paul  „mhd.  Schriftsprache'' 
s.  26),  dass  die  mit  den  erwähnten  wenigen  ausnahmen  im  anlaut  con- 
stante  media  des  evangelienbuches  einer  willkürlichen  regel  Otfrids  ihr 
dasein  verdanke,  zu  welcher  ihm  die  analogie  der  anlautend  gewahrten 
Spirans  th  den  anlass  gab.  Braune  gelangt  zu  dem  Schlüsse,  dass  der 
südfrk.  dialekt  die  flüstermedia  besass.  Leztere  annähme  hat  viel  Wahr- 
scheinlichkeit angesichts  des  Schwankens  zwischen  d  und  t,  doch  meine 
ich ,  dass  dieselbe  im  anlaut  entschieden  der  media  zuneigte  und  Otfrid 
aus  diesem  gründe  hier  d  schrieb,  während  sie  im  inlaut  der  ten. 
näher  lag.  Dass  0.  in  der  tat  nicht  willkürlich  verfuhr,  zeigen 
die  verwanten  denkmäler,  in  denen  der  unterschied  in  der  behand- 
lung  des  an-  und  inlautenden  ursprünglichen  d  durchaus  nicht  fehlt. 
Dass  in  Pb.  die  otfridische  regel  ganz  durchgeführt  erscheint^  ist  schon 
oben  erwähnt  worden.  Ferner  finden  wir  in  Mb.  dranche  daga  (2)  und 
im  inlaut  34  d,  14  t;  in  Lb.  im  anlaut  11  d,  1 1,  im  inlaut  56  t, 
48  d  (darunter  besonders  viele  im  sw.  prt.) ;  im  Lid.  anlautend  6  d ,  l  t, 
inlautend  18  d,  12  t  (d  wider  meist  im  sw.  prt.);  in  SG.  im  anlaut 
10  d,  dt,  im  inlaut  32  d,  43  t.  Wir  sehen  aus  dieser  zusammen- 
steUung,  dass  im  anlaut  d  überall  ganz  entschieden  überwiegt^  im  inlaut 
dagegen  die  t  immer  mindestens  eine  sehr  achtenswerte  minorität  bilden, 
wenn  sie  nicht  in  der  mehrzahl  sind.  Man  wurd  demnach  wol  Braunes 
resp.  Pauls  annähme  einer  willkürlichen  regel  Otfrids^  dahin  zu  modi- 
ficieren  haben,  dass  man  sagt,  Otfrid  habe  einen  in  seiner  mundart 
festbegründeten  unterschied  der  behandlung  des  an-  und  inlautenden 
ursprünglichen  d  fast  ganz  consequent  durchgeführt.  Für  den  Wk. 
bleibt  dann  immerhin  noch  die  annähme  eines  oberdeutschen  Schreibers 
übrig,  der  ihn  nach  einer  frk.  vorläge  kopierte  und  dabei  einiges  von 
seiner  eignen  mundart  hineintrug. 

Übrigens  bestätigt  auch  Is.  den  oben  festgestelten  unterschied  zwi- 
schen an-  und  inlautendem  d.  Während  er  nämlich  im  anlaut  nur 
ein  einziges  t  zeigt  (chiteda  15,  6  neben  chideda  11,  26.  30)  begeg- 
net im  inlaut  solches  durchweg  in  fater,  muoter,  ausserdem  in  muotes 

1)  Aach  Müllonhoff  neigt  dieser  ansieht  zu ,  denn  er  meint  (MSD.  s.  XX), 
hinsichtlich  der  erw&hnten  abweichnng  des  Wk.  von  OtMds  regel,  dass  derselbe 
wol  in  Weissenbnrg  geschrieben  sei  zn  einer  zeit,  als  sich  die  spätere  otfridische 
Orthographie  noch  nicht  festgestelt  hatte. 

IVXTSOSB.  V.  DBUTSOHB  PHIXiOL.   BD.  VH.  27 


410  PIXTSCB 

25 ,  23 ;  33 ,  5  (sonst  sind  fonnen  dieses  wortes  mit  inlautendem  deni 
nicht  belegt),  dhräto  9,  6;  17,  29  (drado  39,  24),  höhsetli  (3). 

um  schliesslich  noch  der  in  urkmiden  jener  zeit  und  jener  gegend 
erhaltenen  namen  zu  gedenken ,  so  bestätigen  die  von  Müllenhoff  (MSD. 
s.  XV  fg.)  aufgeführten  in  ihrer  überwiegenden  mehrzahl  die  otfridische 
regel  und  die  ausnahmen  fallen  dagegen  so  wenig  ins  gewicht,  wie  die, 
welche  man  bei  0.  selbst  constatieren  muss.  Kelle  (Otfr.  11 ,  s.  XXY) 
gibt  für  den  anlaut  nur  talastat. 

Von  den  ausnahmen  der  für  die  drei  dialekte  geltenden  regeln 
hebe  ich  einiges  hervor: 

1)  anlaut.  Das  fast  durchstehende  diuri  des  T.  erhält  eine  bestä- 
tigung  durch  diurliches  frg.,  ebenso  das  11  malige  duom,  duomen  durch 
duomenes  (sie)  Fgl.  Ebenso  findet  das  schwanken  zwischen  töd  und 
död  bei  0.  ein  analogen  im  Wk.  (vgl.  dödes  -e  T.  84,  2 ;  90,  6)  und 
trenken  0.  II,  9,  64.  94  P  in  tninchl  Lb.,  trunkini  SG. 

2)  Inlaut.  Sowol  das  ostfrk.  als  das  südfrk.  (und  auch  das  rhein- 
frk.)  schwanken  zwischen  d  und  t  im  sw.  prt.,  besonders  wenn  ein  I  n 
vorangeht,  welche  laute  auch  ausserdem  häufig  ihre  erweichende  kraft 
geltend  machen  (vgl.  besonders  SG.) 

3)  Das  auslautende  d  ist  fast  überall  zu  t  verschoben ;  die  ausnah- 
men sind  entweder  dieselben  wie  im  hd.  dieser  zeit  überhaupt  (kind, 
sculd  usw.)  oder  erklären  sich  wie  diese  aus  dem  erweichenden  einfiuss 
eines  vorhergehenden  1  n  (ingald,  gund,  skild). 

4)  Ob  man  berechtigt  ist,  dem  zuweilen  altes  d  vertretenden  th 
(dh)^  jeden  phonetischen  wert  abzusprechen,  wage  ich  nicht  zu  ent- 
scheiden. Jedenfalls  bleibt  die  erscheinung,  die  sich  bekantlich  auch 
in  oberdeutschen  denkmälem  findet  (vgl.  Weinh.  a.  gr.  170.  173.  176 
z.  b.  chinth  gl.  Jun.;  b.  gr.  144  z.  b.  thrahtOnter  gl.  Teg.  90.),  auffal- 
lend ,  zumal  sie  auf  einen  bestirnten  kreis  von  Wörtern  beschränkt  scheint. 

t. 

t  ist  mit  den  gemeinahd.  geltenden  ausnahmen  verschoben.  Ganz 
vereinzelt  begegnet  unverschobenes  t  in  kurti  (:  vuurti)  0. 1,  1,  22  und 
ausserhalb  des  reimes  in  kurt  11,  3,  28  YPF;  that  I,  17,  62  P.  Ausser- 
dem steht  in,  18,  37  P  suazzat  (oder  suazzac). 


1)  T.  liefert  nur  3  beispiele,  vgl.  S.  11;  0.  dagegen  eine  ganze  anzahl: 
öfter  thräti  thräto;  thod;  sceithist,  kinthes,  oth,  gisceintha  I,  20,  33  usw.  Die 
belege  bei  K.  503  fg.  96.  Ans  den  übrigen  denkmälern  führe  ich  an :  kinthisg! 
Fb.  A.  6 ;  throhtin  Fb.  C  22;  gibennithero  (so  die  hs.),  cnicithrahto  Lb.  30;  sculdhi 
Wk.  3.  20.   —    Is.  bietet  cliindh  19,  27;  ziidh  23,  10;  25,  4;  33,  2. 


DBB  OBKRFBlNK.  LAüTSTAHD  IM  DE.  JAHBH.  411 

Was  die  bezeichnung  des  nenen  lautes  angeht,  so  wird  im  anlant  fast  durch- 
weg z  verwendet,  vereinzelt  c  vor  e  i  bei  T.  0.  (S.  13;  K.  521);  in  Fb.  Rb.  Wk. 
steht  c  durchweg,  in  Mb.  überwiegt  es  und  in  gl.  c<  hält  es  dem  z  die  wage. 
Auffallende  Schreibungen  sind  zurndon  Mgl.  285^  (sonst  z);  magaczogo  Lid.  4,  czala  8 
(neben  ce  53).  Im  inlaut  wird  nach  langem  vocal  meist  z ,  nach  kurzem  zz  geschrie- 
ben. (S.  13;  K.  500  fg.),  doch  begegnet  ebensowol  z  nach  kurzem,  wie  zz  nach 
langem;  nur  z  findet  sich  in  Pb.  und  mit  einer  ausnähme  in  Fgl.  Ziemlich  selten 
ist  c,  das  in  Mgl.  vor  u  begegnet  (naficudun  286*).  Andre  bezeichnungen  sind  sz 
(T.  Im.  vgl.  S.  14;  Wb.  (2));  zs  (heizsit  Lid.  1);  zc  (gewizci  St  17);  tz  (Wk.  (1); 
SG.  (2));  ztz  (gimeztzdt  SG.  247*).  —  Im  auslaut  begegnet  z  fast  durchweg,  nur 
Mgl.  weisen  daf&r  s  auf  in  ezzihfas  286^,  vgl.  Sievers,  „Murbacher  hymnen"  s.  14. 
Ausserdem:  lietz  Lid.  11  (vgl.  MSD.  zu  XI,  21);  lazc  (amentum^^  SG.  269*;  uurc 
291  *>  (2). 

1)  Als  eine  specielfrk.  erscheinung  ist  die  erweichung  von  ursprüng- 
lichem t  zu  d  anzusehen,  welche  sich  auch  schon  bei  Is.  findet:  eouuihd 
23,  6;  unrehd  23,  24;  neouuihd  29,  14.  Das  oberd.  kent  dies  nicht, 
vgl.  Weinh.  agr.  180  fg.;  bgr.  145  fg.,  nur  in  den  vielleicht  elsässischen 
gl.  Ker.  findet  sich  eine  nicht  geringe  anzahl  hd ,  fd,  vgl.  MSD.  s.  XX. 

Unsre  denkmäler  bieten  folgende  belege:  Tat.  drisiuuit  105,  3  (zu  treso); 
dünichün  236,  6.  —  gl.  ID.  unsempdiu  499^,  wofür  wol  unsemphdiu  oder  unsempf- 
diu  zu  lesen  sein  wird,  vgl.  Gr.  VI,  225  fg.  —  gL  £z.  drihtdin.  —  Wb.  drägo  7,  drä- 
gor  8.  —  MgL  slahdu  283^,  gizumfdi  285%  geznmfdüst  285^,  ilohdend6  286  % 
zuohafdun  287.  (ft  in  numftarä  283^;  ht  in  drohtin  284^).  Für  sonst  constantes  t 
steht  d  in  üzargeden  (colligimus)  284^  (ebenso  in  den  gl.  Xani).  —  Mb.  almah- 
digen  1.  21.  bigihdic  3.  21.  unrehdes  3.  4.  manslahdu  8  (ht  6m.).  •—  St.  mahd 
18  (hs.  madh).  —  Rb.  bigihdic  1.  unrehda  14;  dursdagö  19;  durfdigo  21.  Daneben 
htd  in  almahtdig  (8).  gidähtdin  3.  unrehtdes  14;  ausserdem  td  in  metdina  12. 
funtdiviUolä  25;  (ft  ht  nirgends,  st  in  nähiston  23).  —  Lb.  gidrdsda  17;  bigihdt  6. 
nnrehdero  22  (2).  rehde  36;  priesdä  31.  hdt  in  druhdtin  43.  (sonst  ht,  st).  — 
SG.  abedrunniger  263^.  277*.  erdruasnita  (defecauerat)  266  *>  (aus  lat  trusare  vgl. 
Weigand  wtbch.  I>,  347);  cUfdra  247*;  galsderon  (incantare)  262^;  esdri  (paui- 
mentum)  263*,  ehsdrhi  (sie!  cementum)  264*;  ieda  (runcina)  247^  (zu  jetan); 
crida  (creta)  277*  (nur  noch  in  Pt.  belegt).  —  Pb.  manslahdä  7;  für  das  bihit- 
dig  der  hs.  ist  wol  bigihtdig  zu  lesen.  —  Ottr*  t  im  anlaut  von  fremdwörtem 
ist  meist  zu  d  erweicht:  drahta,  drahton  (trahta  nur  IV,  31,  17  VP.;  dreso  (nur 
rV,  35,  13  VP.;  m,  7,  85  P.  steht  treso);  dünicha  (2)  neben  tünicha  (4).  K.  493.— 
tr  im  anlaut  deutscher  worter  ist  in  VP.  durchweg  zu  dr  erweicht  (tr  nur  in  F.) 
K.  493. 

Im  einzelnen  stelt  sich  demnach  die  sache  so,  dass  das  ostfrk. 
diese  erscheinung  nur  ganz  vereinzelt,  das  rheinfrk.  besonders  in  den 
inlautenden  Verbindungen  ht  ft  (st) ,  das  südfrk.  in  der  anlautenden  Ver- 
bindung tr  und  im  anlaut  von  fremdwörtem  kent.  Neben  einander 
finden  sich  beide  arten  der  erweichung  nur  in  Lb.  und  SG. 

Was  die  Schreibweise  td  anlangt,  so  möchte  ich  dieselbe  nicht 
mit  Müllenhoff  (MSD  zu  LXXV,  1)  =  tt  setzen,  sondern  darin  ein 
zeichen  schwankender  ausspräche  sehen.    Vgl.  Holtzmann  gram.  290. 

27* 


412  PIBT8CH 

2)  Der  abfall  von  auslautendem  t  besonders  nach  f  h  n  (r  1), 
selten  nach  vocalen  (und  der  ausfall  eines  inlautenden  t)  ist  im  IX.  jh. 
ebenfals  nur  im  frk.  nachweisbar.  Vgl.  Weinh.  agr.  177;  bgr.  143. 
Man  ist  berechtigt  darin  die  ersten  aniUnge  der  im  späteren  frk.  aus- 
gebildeten lautneigung  (vgl.  auch  bei  n,  r)  zu  erblicken,  deren  Hug 
von  Trimberg  gedenkt: 

wan  T  und  N  und  R 

sint  von  den  Franken  verre 

an  maneges  wertes  ende.  Renner  22252. 

Unsro  denkm&ler  liefern  folgende  belege:  Tat.  S.  11  gibt  8  belege»  denen 
vielleicht  noch  tatan(t)  =»  fecistis  84,  3.  4  hinznzafügen  ist,  welche  form  S.  (glos- 
sar)  als  3  pl.  auffasst,  vgl.  jedoch  Sievers:  tabellen  bl.  22.  Auch  wird  die  annähme 
eines  Schreibfehlers  in  uQor(t)  170,  2  durch  zuouuer(t)  185,  1  einigermassen  zwei- 
felhaft gemacht,  vgl.  Harczyck  Hztschr.  XVII,  80.  Auch  nach  vocalen  fehlt  t 
zuweilen:  ginaenti(t)  136,  3;  gibereht5(t)  159,  8.  —  Vgl.  gezunf(t)  37;  biteli(t) 
11;  inlautend  nach  nf:  af(t)er-  15  (after  86),  nn(t)ar-  11,  (untar  62);  in  gihefit  7 
scheint  t  erst  nachgetragen  zn  sein.  —  LS.  eowih  4.  —  gl*  TD*  bi(s)unihen 
(decipiant)  499*.  —  gl.  c.>  en(t)3aztan  978^  —  Ag.  eigenhaf(t).  —  St.  geal- 
nissi  17,  t  erst  übergeschrieben.  —  Pb.  infiang  13  (nintfiang  11).  —  Otfkr.: 
kunf(t)  II,  12,  44  P.;  ÜI,  24.  5  P.  nnthurf(t)  ü,  4,  80  V.;  n6tthurf(t)  U,  14, 
100  F.;  gei8(t)lichftn  IV,  5,  1;  8izzen(t)  V,  20,  17  VP.;  unizen(t)  IV,  26,  16  V. 
In  rihtent  IV,  19,  11 ;  meinent  V,  6,  29  ist  t  in  V.  erst  vom  corrector  hinzngefägt 
In  einigen  andren  f&llen,  wo  die  3.  pl.  des  t  zn  entbehren  scheint,  ist  ein  modns- 
wechsel  anzunehmen,  vgl.  E.  35.  87. 

Der  abfall  des  t  ist  also  von  0  abgesehen  im  wesentlichen  auf 
das  ostfrk.  beschränkt;  auch  Is.  kent  ihn  nicht 

3)  Diesem  abfall  gegenüber  steht  das  unorganische  antreten  eines 
t:  T.  bietet  feraht  168,  2  und  einige  andre,  wol  auf  schreib  versehen 
beruhende  falle,  welche  Harczyck  a.  a.  o.  aufführt;  gl.  c^  federaht  977*; 
gL  e*  samant-  978**;  0.  thuruht  IV,  7,  77  V.  Sehr  häufig  ist  dagegen 
das  antreten  eines  solchen  t  in  der  2  sg.  besonders  des  prs.  Ind.,  doch 
bieten  die  kleineren  denkmäler  nur  wenige  belege,  was  erklärlich  ist, 
wenn  man  bedenkt,  dass  in  den  beichten,  wo  immer  eine  person  von 
sich  spricht,  zur  anwendung  der  2.  pers.  wenig  anlass  war. 

Ft«  forsahhistft  (3),  gilaubistü  (7).  Ich  schliesse  ans  der  in  B.  begegnenden 
form  gilanbisthü,  dass  das  pron.  an  die  anf  -s  ausgehende  form  angelehnt  wurde. 
Ausserdem  darf  für  das  erste  drittel  des  IX.  jh. ,  in  welches  dieses  denkmal  zu 
setzen  ist,  -st  wol  noch  nicht  angenommen  werden.  —  gh  e«^  mahhös  (cj.)  977% 
gariuuis  978*.  —  MgL  gezumfdüst,  sihist  285^.  —  Lbs«  nindrinnds;  nintnuin- 
n£st.  —  Wk.  nimis  106.  sizzis  108.  Ud*  gibiudist  26.  Ausserdem  begegnet 
bist  (4).  Bei  T.  ist  -st  sehr  häufig;  es  findet  sich  in  allen  conjugationen ,  tempora 
und  modi  vgl.  S.  11.  Auffallend  findet  sich  bis  8  m.  neben  häufigerem  bist.  — 
0«  Die  2.  sg.  prs.  ind.  aller  st.  und  der  sw.  verba  auf  -jan  hat  fast  immer  -st  In 
den  beiden  andern  sw.  conj.  stehen  sich  5  -6s,  3  -dst  und  8  -^s,  3  -est  gegenlLber. 


DXR  OBBBFBIMK.  LAüTBTAMD  DC  IX.  JAHBH.  418 

Id  den  übrigen  tempora  ond  modi  überwiegen  die  formen  auf  -b  bedeutend.  Immer 
steht  bist  (bistü). 

Ich  habe  diese  erscheinung,  welche  man  vielleicht  als  in  das 
gebiet  der  flexionslehre  gehörig  ansehen  könte,  hier  erwähnt,  einmal,  weil 
ich  nicht  recht  glauben  kann,  dass  dieses  t  wirklich  rest  des  inclinier- 
ten  pron.  pers.  der  2.  person  sei,  sondern  es  für  eine  dem  s,  lediglich 
aus  phonetischen  gründen  beigegebene  stütze  halte;  andrerseits  aber, 
weil  dieses  -t  im  wesentlichen  als  ein  charakteristisches  Zeichen  des 
oberfrk.  des  IX.  jh.  gelten  darf.  Die  belege ,  welche  Weinhold  in  der 
alem.  und  bair.  gram,  für  dasselbe  beibringt,  sind  durchweg  viel  jünger. 
Eine  ausnähme  macht  nur  die  form  bist,  welche  schon  in  sehr  frühen 
oberd.  denkmälern  (in  den  Murbacher  hymnen  z.  b.  durchweg)  erscheint, 
wonebeu  aber  „bis''  noch  sehr  lange  fortgeht,  vgl.  Weinh.  agr.  353; 
bgr.  298. 

th. 

Tatian. 

th  ist  anlautend  gewahrt;  verschiebnng  zu  d  findet  sich  häufiger  nnr  in  y  ((} 
und  ist  daher  wol  auf  rechnung  dieser  schreiber  zu  setzen.  Ein  schwanken  zeigt 
sich  in  bitherbi,  das  nur  28,  2;  185,.  11  init  th,  6m.  dagegen  mit  d  erschemt. 
Dagegen  findet  sich  nur  bitherbison  (2).  Ausserdem  erscheint  das  dem  relativnm 
gewissermasseu  inclinierte  thar,  besonders  in  ^  y  6  ^  (nie  in  ß)  hftufig  als  dar 
(der  de).  Ähnlich  beurteilt  es  sich  wol,  wenn  wir  in  C  du  fQr  thü  finden,  sobald 
es  dem  relativum  nachfolgt:  ther  du  usw.  Die  vorläge  hatte  wol  durchweg  th, 
ygl.  8. 11.  12.  —  Einzeln  begegnet  tu  ftir  thü  nach  einer  auf  t  auslautenden  ver- 
balform  und  sehr  oft  mittiu.  Auch  in  trü6n  227, 2 ;  tröSn  282,  2  wird  t  für  th  (ygl. 
ags.  prövian)  durch  das  vorhergebende  Christ  und  in  temo  88 ,  13  ftkr  themo  durch 
das  vorangehende  mit  hervorgerufen  sein. 

Inlautend  ist  th  zu  d  verschoben.    Die  6  ausnahmen  s.  S.  11. 

In  einigen  formen  und  ableitungen  von  findan,  stets  im  prtc.  prt.  von  uuer- 
dan,  quedan  (nur  116,  3  giqusedan),  snidan,  midan  findet  der  sog.  grammatische 
Wechsel  statt,  indem  für  d  (==  got.  !>)  t  eintritt,  vgl.  S.  13. 

Auslautend  ist  th  verschoben;  zuweilen  ist,  abgesehen  von  den  bekanten  ver- 
balendungen  (im  n.  sg.  m.  n.  des  prtc  praet.  der  sw.  verba  ist  wol  nicht  Verhär- 
tung, sondern  angleichung  an  die  übrigen  formen  dieses  prtc.  anzunehmen)  Verhär- 
tung zu  t  eingetreten,  besonders  häufig  in  der  form  fant  (vgl.  jedoch  oben)  und 
in  einigen  anderen ,  welche  S.  28  aufführt. 

Otfrid. 

th  ist  anlautend  gewahrt. 

K.  502  fg.  gibt  aus  V.  29  und  aus  P.  6  formen  mit  d,  doch  findet  sich  dih 
an  der  angegebenen  stelle  (IV,  18,  30)  nicht  und  H.  65  steht  im  text  thulta.  K. 
a.  a.  0.  meint ,  dass  diese  media  der  spräche  von  VF.  fremd  zu  sein  und  nur  dem 
schreibvr  anzugehören  scheine,  da  der  corrector  die  ihm  auffallenden  medien  stets 
in  th  corrigiert  habe.  Wenn  Keiles  annähme  (s.  VIII),  dass  P.  eine  verbesserte 
abttchrift  von  V.  sei,  richtig  ist,  —  und  es  spricht  in  der  tat  alles  dafür  —  ^  so 


414  FIBT80H 

Iftsst  sich  die  aiuicht,  dass  diese  d  nur  dem  Schreiber  angehdren,  durch  die 
bemerkuDg  bestätigen,  dass  wir  in  P.  an  20  steUen  th  finden,  in  welchen  V.  d  anf- 
weist,^  dass  beide  gemeinschaftlich  nnr  7m.  d  haben,  nämlich  III,  4,  28;  IV,  4, 
62;  5,  42;  80,  14;  V,  7,  34;  12,  50;  17,  13.  P.  weist  selbständig  eigentlich 
nur  1  d  auf,  nämlich  in  gidigini  Y,  20,  7,  da  IV,  1,  4,  wo  P.  firdnesben  bietet, 
th  in  y.  erst  durch  correctnr  hergestelt  ist.  Man  sieht,  dass  der  Schreiber  von  P. 
dieses  d  als  fehlerhaft  erkante  und  es  auszumerzen  suchte,  in  den  ersten  3  b&chem 
ist  ihm  dies  nahezu  vollständig  gelungen,  in  den  beiden  letzten  scheint  seine  auf- 
merksamkeit  einigermasscn  erlahmt  zu  sein. 

Inlautend  ist  th  zu  d  verschoben. 

Doch  ist  zuweilen  th  gewahrt.  K.  494  gibt,  abgesehen  von  dem  constanteu 
ethes-  88  belege  aus  Y. ,  19  aus  P.  Yon  diesen  th  sind  14  YP.  gemeinsam ,  19  fin- 
den sich  nur  in  Y.,  3  nur  in  P.  Das  Verhältnis  ist  also  ähnlich  wie  oben,  doch 
scheint  dem  Schreiber  von  P.  das  inlautende  th  nicht  so  anstössig  gewesen  zu  sein, 
wie  das  anlautende  d. 

Yon  bitherbi  (vgl.  Tat.)  kenne  ich  bei  Otfr.  nur  eine  form  und  zwar  mit  d: 
lY,  26,  51  YP. 

Auslautend  ist  th  zu  d  verschoben. 

Yerhärtung  von  anlautendem  d  (<»  got.  th)  nur  in  F.;  K.  497. 

Grammatischer  Wechsel  tritt  regelmässig  ein  im  prt.  und  prtc.  prt.  von  uuer- 
dan ,  findan ,  nur  Y,  4,  20  YP.  steht  fnndun.  E.  27.  Bei  quedan  tritt  t  nur  in  der 
2.  sg.  prt.  ind.  und  der  3.  sg.  prt.  cj.  immer  ein,  dagegen  überwiegt  in  der  1/3.  pL 
prt.  ind.  in  YP.  d.  Andere  formen  des  praet.  sowie  das  prtc.  prt  sind,  so  viel  ich 
sehe,  nicht  belegt- 

Auslautend  tritt  Verhärtung  ein  in  einer  reihe  von  Wörtern,  welche  K.  496 
aufzählt,  ausserdem  in  den  bekanten  fledonsendungen  des  verbums. 

Die  kleineren  denkmäler. 

Fb.  anlaut  th  durchweg;  inlaut  d;  auslaut  uuizzod  12;  frammort  20.  —  Fgl. 
anlaut:  th  in  tholen  8.  34.  bitbi(h)an  8.  thiurf  (egeat)41.  thorp  87.  120.  thera 
135.  thero  145,  d  in  doh  5.  dese  11.  diu  15.  82.  dreuuom  34.  fordunsan  35. 
dencenti  40.  deru  57.  diccane  danne  118.  Inlaut  d;  auslaut:  ford  15,  cund-  37. 
uuizzod  69.  Grammatischer  Wechsel:  harmquetdta  8.  -snitan  22.  34.  —  Ft.  anlaut: 
thSm  5.  thrinisse  14.  thuruh  18,  daneben  den  5  (2);  inlaut  d;  auslaut  kein  bei.  — 
I^.  anlaut  d  durchweg,  ebenso  im  inlaut,  doch  steht  gicunde  1,3  neben  urcundeöm 
1,3;  auslaut:  mit,  haubit.  —  fk*g«  dinero,  dinän.  —  gL  ID.  anlaut  d  (4),  th  in 
thiu  499*  und  in  the  . .  illa  499^;*  inlautend  d;  auslaut  aruuntid  (adnuntiate)  500*,* 
golt  499*.  —  gl.e.^  anlaut  k.  bei.;  inlaut  d,  doch  steht  th  in  eunithessa  (lacerta) 
978^  wol  »  altem  th,  vgl.  eithesaBib.  9.  as.  egithassa  Diut.  n,  193*;  ags.  ädexe. — 
gL  c«*  an-  inlaut  d;  auslaut:  zuifalt,  mit,  liut.  Yerhärtung  zu  t  in  bituuungan  979* 

1)  gidigini  L.  26  fehlt  in  P. 

2)  Man  könte  zu  thehsilla  *==  ascia  (Gr.  Y,  124)  oder  zu  theihsilla  »  temo 
(Gr.  ebend.)  ergänzen,  wo  bleibt  aber  dann  das  dabeistehende  linteamina? 

8)  Es  ist  wol  aruundit  zu  lesen,  obgleich  das  inlautende  t  nichts  auffalliges 
hätte,  vgl.  fintit  T.  96,  2.  5,  uintint  90,  5.  Die  glosse  gibt  das  lat  wort  nicht 
genau  wider,  denn  arfondjan,  welches  Gr.  (in,  539)  nicht  belegt,  kann  nach  ana- 
logie  von  ags.  fundian,  ahd.  fanden  (Mcp.  Boeth.)  und  gifundta  0.  Y,  8,  45  doch 
nur  „sich  auf  den  weg  machen,  gehen '*  bedeuten. 


DBB  OBEBFBANK.  LAX7T8TAND  IM  IX.   JAHBH.  415 

(T.O.  tbningen.  Gr.  Y,  270  fg.  belegt  anlautendes  t  noch  3m.  vgl.  Mgl.);  bisenkitu 
(subversio)  979»  (vgl.  gram.  II,  242;  Gr.  V,  XI).  —  rez.  anlant  k.  bei.;  inlant  d. 
Vcrhai-tung  vielleicht  in  tosto  (origano).  Vgl.  Gr.  V,  232.  —  gl.  Ez.  an-  inlaut  d; 
anslaut:  quat.  —  gl.  A.  anlaut:  durah;  inlaut  d;  auslant  unslit  (wol  zu  ags.  slid 
=»  glatt).  —  Wb.  an-  inlaut  d;  auslaut  quath  16.  —  Mgl.  anlaut  d;  inlaut  d 
ausser  in  forthora  287''  (forderra  285^);  auslaut  d  (3);  th  in  claflföth  (stridor)  284», 
manothwilino  (lunaticus)  284»».»  Verhärtung  in  tuuah  (lava)  283»  ^Gr.  V,  267), 
tuuingen  285*;  riten  283*  (vgl.  ags.  hride),  heimortes  285**.  —  Mb.  anlaut  th  in 
thaz  7.  thiubu  8.  thui-phtigon  12.  thien  14.  thcs  15. 16  (2).  thir  21  (also  nicht 
lim.,  wie  K.  XXVII  angibt);  d  in  dir  dero  2.  gidanco  5.  daz  13.  17.  gidähti20. 
Inlaut  d;  auslaut:  uuizzüth  11  (hs.  uuizzuht).  —  Ag.  anlaut  th;  inlaut:  genäthih; 
auslaut:  genäd.  —  St.  anlaut  th;  inlaut  dh;  auslaut:  mid  19,  eid  28;  mit  18.  — 
Bb.  anl.  d,  ausser  in  thie  26  (2).  thesemo  31;  inl.  d;  ausl.:  uuizzüd  16,  uuard  26.  — 
Lb.  anlaut  th  (36),  d  in  descn  1/2.  daz  (9).  gidähda  3.  gidanco  22;  inlaut  d 
(doch  steht  uuithar  35  nach  dem  abdr.  in  d.  Germ.);  ausl.:  uuizz6d27.  —  Lbs.  an- 
u.  inlaut  d;  auslaut  k.  bei.  —  VTk.  anlaut  th  (136),  dh  in  dhir  103;  inlaut  dh  (33), 
th  (7),  d  in  quedem  10.  antuuerden  17.  erdä  43.  inagadl  45.  dood^m  49.  thiu- 
unidero  89.  thiuuuideru  90.  gotchundi  58.  gotcundnisse  88  (gotcundhi  91).  dh  th 
(d)  schwanken  auch  bei  denselben  wertem:  erthu  2.  12.  14.  erdhu  13.  102.  erdä 
43.  usw.  Auslaut  nur  t  belegt.  Graramat.  Wechsel  in  giquctan  79.  — -  Lid.  anlaut 
th,  inlaut  d  ausser  in  Icidhor  20.  quadhun  30;  auslaut  th  (12,  darunter  8m. 
uuarth);  dh  in  sidh  16,  sonst  d.  —  SG«  anlaut  d  (14),  th  in  thahinc  247*,  thuer- 
hchfis  247^  thonahti,  thona  thihsla  266«,  thalia  276%  (thosto  291*).  Inlaut  d; 
auslaut:  pestoceth  248''.  Verhärtung  anlautend  in  tümo  269*  (Schreibfehler?  Gr.Y, 
140  belegt  sonst  keine  form  mit  t),  auslautend  in  suindilüt  (vertigo)  264^  (Pt. 
-lud).  —    Pb«  anlaut  th  ausser  in  dir  2,  gidanko  3/4;  inlaut  d;  auslaut  k.  bei. 

1)  Mit  recht  hebt  Brauue  (beitr.  I,  s.  54)  hervor,  dass  man  die 
erhaltuDg  nur  des  anlautenden  th  nicht  als  ein  merkmal  des  ostfrk. 
resp.  südfrk.  dialektes  überhaupt  anzusehen  habe,  sondern  blos  sagen 
dürfe,  dass  zur  zeit  des  Tat.  und  Otfrids,  bei  welchem  lezteren  auch 
hier  orthographische  regelung  anzunehmen ,  die  analogie  des  ostfrk.  ver- 
biete ,  anlautendes  th  noch  meist  erhalten  gewesen  sei.  Wir  finden  die- 
ses anlautende  th  ausser  in  T.  0.  noch  herschend  in  den  ostfrk.  denk- 
mälem  Fb.  Ft.  LS.  (3) ,  in  den  rheinfrk.  Mb.  Ag.  St  Lid. ,  in  den  südfrk. 
Pb.  Lb.  Wk.  (vgl.  unter  2).  Das  gleichgewicht  mit  d  behauptet  th 
noch  in  Fgl.  (10  d,  9  th).  In  allen  übrigen  denkmälern  hat  d  bereits 
die  Oberhand  und  zwar  vollständig  in  frg.   gl.  c.^  gl.  c'  gl.  A.  gl.  Ez. 

1)  d.  i.  manöth-willno  (schw.  m.).  Das  adj.  uuilin  temporalis  findet  sich  bei 
T.  75,  2  und  im  voc.  St.  G.  (Hattl,  13').  Das  in  gl.  Xant.  (Mone,  queUen  und 
forschuugen  I,  276^)  stehende  manOdiulino  fügt  sich  mit  einer  leichten  änderung 
dieser  crklärung.  Ebenso  bietet  das  in  SG.  264"  sich  findende  mänöt  uuiliger  keine 
Schwierigkeit,  wenn  schon  ein  ahd.  adj.  hwilag  oder  hwilig  nur  unsicher  aus  gl. 
Jun.  zu  belegen  ist  (Gr.  IV,  1227).  Dagegen  ist  das  in  den  gl.  Xant.  neben  manod- 
iulino  begegnende  manotuldo  dunkel.  Zu  vergleichen  ist  auch  noch  das  bei  Gr.  VI, 
142  2m.  belegte  mänotstnntig. 


416 

Wb.  MgL  Wir  würden  mitbin  diese  denkmäler  an  das  ende  des  IX.  jh. 
setzen  mfissen ,  doch  widerspricht  bei  gl.  c.  ^  manches  altertomliche ,  wie 
die  erhaltung  des  auslautenden  -m  in  der  flexion  dieser  datierung.  Wir 
werden  demnach  wol  eine  ältere  vorläge  annehmen  müssen.  Isidor 
weist  im  anlant  ein  einziges  d  auf:  drädo  39,  24  (dhräto  9,  6 ;  IT,  29). 
Im  oberdentscben  dieser  zeit  ist  th  dh  schon  durchaus  verschwunden, 
Tgl.  Braune  beitr.  I,  53  fg.    MSD.  s.  XVIIL 

2)  Inlautendes  th  dh  (d)  ist  im  oberfrk.  des  IX.  jh.  ausser  in  LS. 
St  Wk.  und  von  vereinzelten  ßlllen  —  T.  (6).  MgL  (forthora).  Ag.  (ge- 
nftthlh).  Lid.  (leidhor  quädhun).  0.  (ethes-  und  ausserdem  33  m.)  — 
abgesehen  in  d  verschoben.  Auch  bei  Is.  findet  sich  schon  so  häufig 
d  neben  dh,  dass  es  ihm  an  Verbreitung  beinahe  gleichkomt  (vgl. 
Weinh.  s.  70).  Dem  gegenüber  ist  es  ai^Uig,  dass  in  Wk.  neben 
33  dh  7  th  nur  11  d  erscheinen,  um  so  auf&Uiger,  als  man  in  dem 
so  nahe  an  das  oberdeutsche  grenzenden  südfrk.  doch  eher  das  gegen- 
teil  erwarten  solte.  Müllenhoff  (MSD.  s.Xyin,  XX)  hat  daran  keinen 
anstoss  genonunen,  und  das  denkmal  besonders  in  rücksicht  auf  das 
schwanken  zwischen  uo  und  ua  dem  südfrk.  zugewiesen.  Auch  Müllen- 
hoffs  hinweis  auf  die  gl.  Ker.,  welche  etwa  dasselbe  Verhältnis  zwi- 
schen inlautendem  th  dh  und  d  zeigen,  kann  es  wegen  des  viel  höheren 
alters  der  lezteren  nicht  unzweifelhaft  machen,  dass  der  dialekt  des 
Wk.  wirklich  ganz  derselbe  ist,  wie  der,  dem  wir  dann  bei  0.  begegnen. 
Es  gehört  Wk.  vielleicht,  wenn  auch  noch  der  südfrk.  mundart,  so 
doch  einer  mehr  nördlich  an  der  grenze  des  rheinfrk.  gelegenen  abart 
derselben  an.  Selbstverständlich  kann  Wk.  deshalb  immerhin  in  Weis- 
senburg  geschrieben  sein. 

3)-  Auslautend  ist  th  nur  sehr  selten.  Es  findet  sich  quath  Wb. 
clafiSth  manöth  Mgl.  uuizzftht  Mb.  pestöceth  SG.  und  ausserdem 
12  th,  1  dh  in  Lid.    Im  Is.  steht  meist  dh,  aber  stets  quhad. 

4)  Was  das  neben  th  vorkommende  dh  anlangt,  so  bezeichnet 
dasselbe  ofTenbar  die  Zwischenstufe  zwischen  th  und  d.  Im  Is.  ist 
bekantlich  dieses  dh  überall  gebraucht  (nur  3,  11  steht  ithniuuues), 
und  ebenso  zeigt  LS.  d  im  an-  und  inlaut,  es  lässt  sich  also  hier  ein 
schluss  auf  die  ausspräche  nicht  ziehen,  denn  dass  sie  an  allen  stellen 
die  gleiche  gewesen,  wird  man  wol  nicht  annehmen  dürfen.  Dagegen 
zeigt  die  Verteilung  von  th  und  dh  in  St.  und  Wk.  (anlautend  th ,  inlau- 
tend dh),  dass  die  anlautende  spirans  ihre  tonlosigkeit  noch  gewahrt 
hat ,  während  die  inlautende  schon  meist  tönend  geworden ,  einzeln  sogar 
schon  in  die  media  gewandelt  ist.  Die  beispiele  des  Lid.  (dh  2  m. 
inlautend,  Im.  auslautend,  sonst  stets  th)  scheinen  damit  nicht  zu 
stimmen,  doch  ist  zu  erwägen,  dass  dieses  bedeutend  jüngere  denkmal 


DBB  OBSBFBÄNK.   LAUT8TAND  IM  IX.  JAHBH.  417 

in  eine  zeit  fallt,  wo  das  schriftzeichen  dh  schon  fast  ausser  gebrauch 
gekommen  war.    Vgl.  MSD.  s.  XVin. 

5)  Die  Verhärtung  eines  anlautenden  th  resp.  d,  welche  T.  Ft. 
gl.  c*  rez.  Mgl.  SG.  vereinzelt  aufweisen,  findet  sich  auch  im  ober- 
deutschen, besonders  häufig  bei  tuingen  tuahen,  vgl.  Weinh.  b.  gr.  140. 
agr.  169.    Is.  kent  diese  erscheinung  nicht. 

6)  Zuweilen  erscheint  im  inlaut  statt  der  nach  dem  got.  zu  erwar- 
tenden media  die  tenuis.  Dies  ist  zunächst  der  fall  in  gewissen  for- 
men (besondera  im  prt.  und  prtc.  prt.)  der  verba  findan,  uuerdan,  que- 
dan,  sntdan,  mtdan.  Eine  meines  erachtens  befriedigende  erklärung 
dieses  sog.  „grammatischen  wechseis"  hat  neuerdings  Braune  (bei- 
trage I.  s.  513  fg.)  gegeben.  Er  nimt  an,  dass  die  tonlose  spirans  der 
pi'äteritalformen  sich  zunächst  in  die  tönende  wandelte  und  dann  zu  d 
verschoben  wurde.  Diesen  stand  zeigt  das  ags.:  weordan  —  wurden; 
cwedan  :  cwaedon ,  wo  natürlich  das  p  der  übrigen  formen  erst  nach  der 
Verschiebung  jenes  d  des  praet.  seinerseits  zu  d  erweicht  wurde ,  weil 
es  sonst  ebenfalls  zu  d  hätte  verschoben  werden  müssen.  Fast  ebenso 
steht  es  bei  Isid. ;  es  erscheint  im  praes.  meist  dh ,  im  prt.  d.  Im  ober- 
deutschen aber  wurde  das  d  des  praet.  zu  t  verschoben  und  so  finden 
wir  in  den  gl.  Ker.  chuuethandi,  quethanni,  quhidit,  aber  kikhuuetan. 
In  unsem  denkmälern  ist  dann  auch  die  spirans  der  präsensformen  in  d 
verschoben;  auch  muss  sich  der  eben  erwähnte  Vorgang  in  den  formen 
des  prt.  teilweis  auf  die  des  prs.  erstreckt  haben,  wie  fintu  fintis  fintit 
bei  T.  beweisen.  Ein  ähnlicher  Vorgang  muss  ferner  in  einer  reihe 
von  nom.  stattgehabt  haben,  wie  z.  b.  bei  arbeit,  bluot  naccot  und 
besonders  bei  got,  welche  mit  nur  ganz  vereinzelten  ausnahmen  (z.  b. 
arapeid  gl.  K.  Ra.  ploades  gl.  K.)  in  oberdeutschen  denkmälern  durch- 
aus die  tenuis  aufweisen.  Ein  gleiches  ist  auch  in  der  mehrzahl  der 
oberfrk.  denkmäler  der  fall,  doch  findet  sich  noch  häufig  genug  d  in 
den  formen  von  got.  Nur  t  weisen  bei  diesem  werte  auf  die  ostfrk. 
denkmäler,  ausserdem  0.  Lb.  d  findet  sich  noch  in  Wk.  (gode  92), 
Lbs.  (2) ,  Pb.  (godes  2  (2) ;  gote  1)  und  fast  ausnahmslos  in  den  rhein- 
fränk.  denkmälern.  Es  bieten  Mb.  godes  1  (2).  2.  21.  22.  gode  1.  21. 
St.  godes  16.  Bb.  godes  2.  15.  gode  1.  7.  10  u.  ö.  Lid.  godes  36. 
27.  39.  55.  gode  2.  29.  45.  Daran  reihen  sich  blüdes  Mgl.  286**. 
arbeidi  Ud.  lO.    Vgl.  auch  noch  K.  Verner  Kztschr.  XXIII,  103  fg. 

7)  Auslautend  begegnet  t  für  d  (==  {>)  ausser  in  den  bekanten 
endungen  des  verbums,  meist  nur  bei  den  Wörtern,  die  es  auch  im 
inlaut  haben.  Doch  findet  sich  got  Mb.  16,  Bb.  10.  13.  17  u.  ö.,  Lid. 
21  (god  9,  33),  in  welchen  denkmälern,  wie  oben  erwähnt^  godes  usw. 
durchsteht. 


418  FIBT8CH 


8. 


Das  entweder  schon  ursprünglich  tönende  oder  im  ahd.  tönend 
gewordene  s  ist  in  den  flexionsendungen  des  adj.,  im  comparativ  und 
den  betreffenden  formen  der  auf  s  auslautenden  verba  wie  gewöhnlich 
in  r  übergegangen.  Eine  etwas  weitere  ausdehnung  erhält  dieser  Über- 
gang, indem  er  bei  0.  T.  im  gen.  dt.  sg.  f.^  und  gen.  pl.  von  thesSr 
auch  das  stammhafte  s  ergreift,  ja  bei  0.  findet  derselbe  sogar  n.  sg.  m. 
durchweg  statt  und  auch  T.  bietet  therSr  111,  3;  117,  1  statt  des 
gewöhnlichen  thesSr  these.  Mgl.  bietet  d.  den  dt.  demi  286**.  Alle 
diese  formen  finden  sich  ausserhalb  des  fränk.  nur  noch  bei  Notk. 

Ausgefallen  ist  s  vielleicht  in  8eh(s)ta  T.  198,  3,  vgl.  jedoch  S.  22,  anin.  4 
(in  ahnnstes  Lh.  6  ist  das  erste  s  nachträglich  eingefügt)  und  in  hi(8)aaihen  (te 
dedpiunt)  gl.  ID.  499  •. « 

Abgefallen  ist  s  in  8eh(8)  T.  117,  5 ;  aaestd(s)  149,  7. 

Eingeschoben  ist  s  bei  0.  in  gionsta  (2),  gidorsta  (3),  konsti.  Vgl.  £. 
108.  508. 

8  hat  eine  sonst  nicht  belegte  (Gr.  I,  140)  metathesis  erlitten  in  ochansa  S6. 
248^  f.  uohsana  (za  ahsa). 

Ober  die  beschaffenheit  des  s  ist  zu  bemerken,  dass  dasselbe  in 
der  weiter  unten  näher  zu  betrachtenden  Verbindung  sg  weicher  spirant 
gewesen  sein  muss^  da  es  sich  sonst  mit  einer  media  nicht  hätte  ver- 
binden können. 

Auf  eine  änderung  in  der  ausspräche  des  s  scheint  die  Schreibung 
sc  (sk)  zu  deuten,  welche  wir  in  scläphun  Mb.  6;  skluog  Lid.  52; 
sclafte  (sie)  0.  III,  23,  43  D.  f.  släfit  VPF.  finden.  Es  scheint  dies 
eine  eigentümlichkeit  der  rheinischen  dialekte  zu  sein.  So  haben  die 
Murbacher  hymnen  ausser  den  von  Sievers  s.  17  aufgeführten  4  belegen 
noch  sc(l)af  15,  2,  2;  16,  4,  1  und  sclaf  18,  4,  2,  vgl.  auch  Weinh. 
agr.  190;  E.  506.  Holtzmann  gram.  320.  339  sieht  wol  mit  recht  in 
diesem  sei  einen  Vorläufer  des  späteren  sohl. 

Die  Schicksale  des  n  beschränken  sich  im  wesentlichen  auf  aus- 
resp.  abfalL     Beide  erscheinungen  kent  auch  das  oberdeutsche,   aber 

1)  Dass  bei  T.  die  im  g.  sg.  f.  allein  vorkommenden  formen  therrä  -u  -o 
nicht  ans  *the8rä  entstanden  sind,  beweist  d.  g.  pl.  therorö  232,  3  n.  d.  n.  sg.  m. 
therer.  (2). 

2)  Lezer  verweist  auf  Gr.  I,  701,  will  also  -uuihen  identificieren  mit  -ane- 
han  in  nbamnehan  =»  übertreffen.    Es  liegt  wol  näher  an  bisnichen  zu  denken. 

3)  Obgleich  hier  eigentlich  nnr  der  dentale  nasal  zu  betrachten  wäre,  habe 
ich  doch  die  fälle,  in  denen  n  gutturaler  nasal  ist,  mit  aufgeführt,  um  nicht  gleich- 
artige erscheinungen  zu  trennen. 


DER  OBSBF&ÄNK.  LAVT8TAND  IM  IX.  J^HBH.  419 

wesentlich  erst  in  späterer  zeit,  vgl.  Weinh.  agr.  200.  202.  350.  370; 
bgr.  166.  167.  288.  311.  Ausserdem  findet  sich  Vertretung  desselben 
durch  1  in  dem  bei  T.  0.  durchstehenden,  sonst  aber  von  2  stellen  bei 
Notk.  und  einer  in  den  glossen  Db.  abgesehen  nicht  belegten  sliumo 
(Gr.  VI,  848).  Eine  metathesis  hat  n  erfahren  in  segesna  (falx)  SG. 
277'  (ebenso  Pt.)  f.  segansa  (vgl.  Gr.  VI,  89). 

1)  Ausfall  des  n  begegnet  vor  t  (d)  g  k  und  darf  im  wesentlichen 
als  eine  frk.  erscheinung  angesehen  werden,^  welche  über  das  ganze 
oberfrk.  gebiet  verbreitet  gewesen  zu  sein  scheint.  Die  belege  sind 
folgende : 

Tat«  jagiron  (3)  Tgl.  Hei.  C.  1149;  intfiegon,  intfagana,  gagantan,  cunig  (3), 
phennige  -on ,  suntrigon ,  uorstotun  -staotun.  Diesen  14  von  S.  22  gegebenen  bei- 
spielen  sind  noch  beizufügen:  naa(n)tih  205,  3;  aaa(n)tum6s  225,  3;  Qaere(n)tan 
194  y  2;  nnerpfe(n)t  167,  5;  ausserdem  stehen  phenninga  109,  2  (2);  suntringon, 
intfieng^  109,  2  auf  rasur.  Harczyck  Hztschr.  XVII ,  79  macht  auf  einige  ähnliche 
falle  im  lat.  text  aufmerksam.  —  Mgl.  antleheön  (mutuari)  282.  —  Mb«  nintphiec 
12.  —  VHl»  arstuat  47  (arstuant  49).  —  Lid«  kunige  57,  wie  nach  Arndt  zu  lesen 
ist  Sonst  zeigt  das  wort  st^ts  n  (nur  in  unflectierter  form  belegt).  -—  SG«  8ci(n)do- 
lün  249*  (nach  Gr.  VI,  523  steht  in  der  hs.  scidelü),  ausserdem  ist  291*  nachHat- 
temers  angäbe  grensinc  aus  grensich  corrigiert.  —  Otfr.  gistuat  (:  guat)  U,  6,  40 
YP.;  I,  17,  42  P;  gistuatun  I,  9,  23  VPF.;  I,  20,  5  V.  Sonst  nur  stuant,  auch  im 
reim  :guat  V,  4,  2;  :muat  V,  4,  62;  12,  11. 

2)  Abfall  des  n  zeigt  sich  besonders  beim  inf.  und  ist  im  wesent- 
lichen auf  das  ostfrk.  beschränkt.  Die  oberd.  mundarten  zeigen  diesen 
abfall  erst  viel  später.  Vgl.  Weinh.  agr.  202;  bgr.  167.  (Vgl.  oben 
unter  t  nr.  2).    Es  bieten : 

Tat.  Die  inf.  fara,  arouge,  uoruuerda,  uucrde,  sihhoro;  femer  unza  thur- 
stenta,  oi,  brach!,  forstuonti.  Ausserdem  ist  an  3  stellen  n  nachträglich  hinzu- 
gefügt. An  diese  von  S.  22  gegebenen  belege  reiht  sich  noch  uuizzu(n)uuir  132, 17.  — 
FgL  bifinda  (repperiri)  58.  spaue  (sollicitare)  122.  Wahrscheinlich  auch  inf. ,  wenn 
gleich  der  lat.  text  andre  formen  hat,  sind:  geantuurtie  (occurrens),  cundic  (persua- 
dens),  cund'e  (monstrantur)  55,  zile  (curans)  143,  möglicherweise  auch  missa  (deli- 
querit)  41,  vgl.  jedoch  unter  e.  —  gl«  IB.  lachi  (vestimentum)  499*.  Gr.  II,  156 
belegt  öfter  lahhin  statt  des  gewöhnlichen  lahhan.  —  gl.  e.>  uuese  978*,  979*  (3); 
nüidard978^;  uuihe,  Tito  979*,  erspane  (sollicitare)  979^und  wol  auch  eichene  (vindi- 
casse),  forsnide  (amputasse)  dlS**  und  fordorö  odu  framgifuore  (proTchere)  979*,  deren 
auffassnng  als  imper.  das  -e  in  fuore  verbietet,  -n  zeigt  der  inf.  nur  in  uuihen  (exor- 
cizare)  979*;  ausserdem  begegnet  uuihs  978*,  uuese  979*.  —  Wb.  fursta  2  uuasge  7. 
faste  10.  gihöre  21  und  der  dai  sg.  m.  almahtige  31  (vgl.  sinen  14  s.  unter  m).  — 
SG.  andor  (marrubium)  291*.  Gr.  I,  384  gibt  andorn  (3),  andor  (2),  doch  ist  in 
gl.  Trevirens.  andor  nach  Weigand  (wtbch.  I',  47)  falsche  lesung  f.  andorn.  — 
Otfr.  uuesa  S.  6  in  V. 

1)  Wenigstens  sind  die  belege,  welche  Weinh.  a.  a.  o.  gibt,  fast  durchweg 
aus  jüngeren  denkmälem.     Vgl.  jedoch  Sievers  „Murbach,  hymn.*'  s.  19. 


420  PIBT8CH 

Die  labialen. 

b. 

Die  Yerschiebong  des  b  zu  p  ist  bis  nach  Oberfranken  nicht  vor- 
gedrungen.   Dennoch  aber  begegnet  zuweilen  p  und  zwar: 

1)  im  anlant.  Im  T.  findet  sich  dasselbe  5  m.  in  py:  intprennent  (sonst  in- 
brennen),  bröt  prah,  habSt  perahtnissi  doch  auch  taonti  prah;  sie  pittent,  vgl. 
S.  14.  —  1^1.  pi-  10;  gipingit  85.  —  gl.  ID.  pluomöt  500^.  —  gllr.  poUün 
501*  (wol  zu  bolla  Wasserblase;  ein  entsprechendes  lat.  wort  steht  nicht  dabei).  — 
gl«  e.'  heimpmngc  978%  pi-  979*  (bi-  6  m.).  —  rez.  pipöz  (artemisia)  zn  bdzan. 
Weigand  wtbch.  I>,  158.  ^  Mgl.  petürison  282%  pni8t283%  pe-  284%  (2),  sonst 
b  (14).  -    8G.  pestdceth  248^,  piollida  263*  (d.  i.  binaiUida) ,  merispoto  268*.' 

2)  im  inlant  (schwanken  zwischen  bb  und  pp):  Fgl.  unsipbi  16.  —  LS.  haa- 
pit  II,  1,  2  (haabit  (6)).  —  gl.  e.*  ubpig  979*.  —  rez.  sunnenuirpila  (solseqnia).  — 
Lb.  nnsipberon  19;  gilonpda  (sie)  giloupta  20.  —  SG.  gotennppe  264*  (gotennebbi 
268^).  —  Otfr.  b  ist  dfter  zn  p  verhärtet,  wo  es  stammanslantend  mit  dem  t  des 
sw.  prt.  zasammentrift  K.  474  fg. 

8)  im  anslaut:  Tat.  giscilp  (4),  arstarp  107,  2  (2);  halp-,  selp-,  lamp-, 
gap  je  Im.,  doch  sind  ausser  bei  halp  nnd  lamp,  welche  sich  sonst  nicht  finden, 
daneben  die  formen  mit  b  viel  zahlreicher,  vgl.  S.  28.  —  Fb.  gap  12  (forgib  22).  — 
Fgl.  naip  16.  —  gl.  e.«  giscrip  979*.  —  Mgl.  selp-  284*  (selb-  284*).  —  Bb. 
lop  15.  gap  21.  —  Lb.  nuip  11.  —  Wk.  lamp  106.  —  SO.  scrip.  stap  277*.  — 
Otfir.  bileip  :  kleip;  grap  :  gap.  dreip;  leip  :  g^screip;  llphaftes  in  VP.,  ansserdem 
noch  2m.  bileip  und  Im.  giscilp  in  2,,  femer  dnmp  (2),  irstarp  (6),  lamp  (2), 
selp  (1)  in  yP.  nnd  halp  in  P. ,  vgl.  E.  475  fg. ,  welcher  jedoch  nur  die  lezteren 
falle,  in  denen  p  nach  m  r  1  steht,  als  der  spräche  von  VP.  angemessen,  die 
ersteren  aber,  abgesehen  von  den  beiden,  wo  p  durch  das  akrostichon  gefordert 
war,  als  irrungen  des  Schreibers  erklftrt. 

Was  die  p  im  anlant  anlangt ,  so  erklären  sie  sich  nur  zum  klein- 
sten teil  durch  die  annähme  einer  von  dem  auslautenden  consonanten 
des  vorhergehenden  wertes  gewirkten  Verhärtung,  meist  wird  man  eine 
Willkür  des  Schreibers  annehmen  müssen.    Ähnlich  steht  es  mit  den 

1)  „vacua  anena."  Gr.  11,  841  belegt  das  wort  nur  ans  dieser  steUe,  er 
erinnert  an  das  nur  bei  T.  vorkommende  beresboto  —  zizania,  lolch,  schwindel- 
hafer,  welches  er  unter  boto  (III,  81)  aufffthii  Grimm  (gram.  II,  602)  vermutet, 
dass  das  wort  „baccae  nuntius,  index**  bedeute.  Aber  diese  bezeichnung  einer 
ährentragenden  pflanze  wäre  doch  sehr  auffallend  und  wunderlich,  merispoto  führt 
Grimm  (gram.  III,  371)  ohne  eine  erklftrung  auf.  Dass  beresboto  mit  merispoto 
etymologisch  zusammenfalt,  ist  wol  kaum  zweifelhaft,  welches  aber  ist  das  ursprüng- 
liche? Nimt  man  beresboto  als  solches  an,  so  könte  man  an  got  *baris  (vgL  bari- 
zeins)  denken,  welches  wort  sich  in  einigen  dialekten  erhalten  hat,  vgl.  Diefenbach, 
got.  wtbch.  I,  287.  Sezt  man  merispoto  als  ursprünglich  an,  so  hat  dies  vielleieht 
die  bedeutung  „maris  index"  mit  beziehnng  auf  das  vorkommen  des  riedgrases  und 
ähnlicher  pflanzen  am  meere.  Vielleicht  entstand  die  leztere  form  aus  der  ersteren 
durch  eine  Volksetymologie. 


BXB  OBKRFBAKK.  LAUTSTAHD  IM  IX.  JAHRH.  421 

inlautenden  p ,  doch  scheint  die  Schreibung  bp  pb  in  der  tat  ein  schwan- 
ken in  der  ausspräche  der  gemination  anzudeuten,  (pp  nur  ein  mal!) 
Den  in  Lb.  0.  begegnenden  p  vor  dem  t  des  sw.  prt.  vergleicht  sich 
hapta  Is.  11  y  13.  Bei  den  im  auslaut  erscheinenden  p,  die  zweifellos 
als  Verhärtungen  aufzufassen  sind,  ist  nicht  zu  übersehen,  dass  sie  auf 
einen  bestirnten  kreis  von  werten  beschränkt  zu  sein  scheinen ,  was  noch 
evidenter  wird,  wenn  wir  die  bei  Is.  vorkommenden  fälle:  chiscrip, 
chilaupnissa ,  chalp,  halp  je  Im.,  selp  (4)  daneben  halten.  Auch  ph 
in  bileiph  31,  27;  33,  7;  screiph  21,  9  von  billban,  scriban  ist  wol 
=  p  (vgl  auch  üph). 

P- 

Tatian. 

p  anlautend,  nur  in  fremdwörtern ,  ist  zu  ph  yerschoben,  wofftr  ohne  äusse- 
ren grund  3ni.  pf.  in  d  '5  m.  f  (4m.  in  y)  gesezt  ist.  Die  Verschiebung  war  also 
jedenfalls  über  die  aspirierte  tenuis  noch  nicht  fainausgelangt.  Ünyerschoben  ist 
anlautendes  p  in  jüngeren  fremd  Wörtern  wie  paston ,  postnl,  predigön,  piminzä. 

Inlautend  ist  p  nach  und  besonders  zwischen  yocalen  meist  schon  in  die  Spi- 
rans f  übergegangen,  die,  wenn  von  einem  Tocal  gefolgt,  nach  kurzem  vocal  meist 
geminiert  wird.  Nach  consonanten  dagegen  gelangt  die  Verschiebung  meist  nur  bis 
zur  aspirierten  tenuis  ph  oder  zu  der  af&icata  pf.  S.  15  (und  ihm  folgend  Braune 
beitr.  I,  8.46)  fasst  ph  ebenfalls  als  zeichen  der  affricata;  ich  glaube  jedoch,  dass 
der  umstand ,  dass  pf  nur  bei  dem  jüngsten  Schreiber  C  überwiegt ,  bei  den  übrigen 
aber,  ausser  Im.  in  /  gar  nicht  vorkomt,  wol  für  die  auffassung  des  ph  als  zei- 
chen der  älteren  stufe  dieser  lautentwicklung  sprechen  dürfte.  In  y^S*  herscht 
allerdings  f  anch  nach  consonanten,  meist  r  1,  vgl.  Braune  beitr.  I,  s.  47.  8.  15. 
Vielleicht  war  Schreiber  y  ein  Oberdeutscher,  spedel  ein  Baier,  vgl.  Harczyck, 
Hztschr.  X\ni,  s.  82. 

Unverschoben  ist  inlautendes  p  nur  in  crippea  (0.  krippha),  sonst  wird  p 
vor  ableitendem  j  gewohnlich  in  ph  pf  yerschoben,  vgl.  unter  j. 

Auslautend  ist  p  zu  f  verschoben  und  zwar  nach  vocalen  immer  (nur  133,  11 
steht  scaph,  doch  folgt  unmittelbar  darauf  3m.  scaf ,  das  auch  sonst  durchsteht): 
couf,  scef,  släf  usw.;  nach  cons.  meist  f,  doch  nicht  selten  ph  pf.  So  z.  b.  uuirph 
28,  2;  39,  6;  121,  3  (uuirf  98,  3  und  öfter  uuarf);  gilampf  97,  8;  141,  18;  149,  7 
(gUamf  99,  4;  103,  5;  138,  3.) 

Erweichung  von  anlautendem  p  in  biminz-  (2). 

Otfrid. 

p  ist  anlautend  unverschoben :  päd,  pluag,  pina,  puzzi,  pruanta,  pending, 
helliporta,  plegan ,  porzih.    K.  476. 

p  ist  inlautend  verschoben  und  zwar  nach  kurzem  vocal  zu  ph  in  aphul, 
gescephen,  kuphar  ophar  opharon,  scepheri;  zu  pf  in  intslupfen,^  kapfen;  zu  f  in 
allen  übrigen  hierher  gehörigen  werten  (E.  477) ;  ff  findet  sich  fast  durchweg  in 
ofhn  offono  offonön  und  ausserdem  in  giscafföta  lY,  29,  31  VP.     Nach   langem 

1)  intslnpta  Y,  10,  26  ist  wol  Schreibfehler. 


422  piSTScff 

Tocal  findet  sieb  nur  f,  doch  steht  bislipfit  Y,  21,  9  YP.  ff  soll  nach  K.478 
in  nuäffanon  I,  20,  3  VP.  stehen  (neben  nuäfonon  F.)  und  nach  den  werten  Kei- 
les mnss  es  scheinen  als  ob  ff  in  diesem  werte  durchstehe.  Aach  in  dem  Ter- 
zeichnis  der  flexionsformen  gibt  K.  (157  fg.)  stets  ff.  Es  ist  dies  ein  irtaro ,  denn 
der  text  bietet  weder  an  der  oben  angeführten  stelle,  noch  an  irgend  einer  anderen 
in  VF.  uuäffan,  sondern  stets  anäfan  Tgl.  I,  1,  64.  82;  15,  45;  19,  15;  20,  3; 
II,  11,  48;  rV,  14,  18;  16,  16;  37,  7;  V,  1,  16.  —  Nach  cons.  steht  ph  in  harpha 
helphant  limphan  sarphida  and  in  den  flectierten  formen  Ton  gelph,  sarph  durch- 
weg. Das  II,  23,  16;  TV,  29,  2  V.  sich  findende  limpit  (PF.  limphit)  ist  im  hin- 
blick  auf  das  4  m.  (£.  478)  vorkommende  gilumplih  VPF.  wol  nicht  als  Schreibfeh- 
ler aufzufassen.  Schwanken  zwischen  ph  pf  f  findet  statt  bei  helpha  helphan  (5  ph, 
2  pf ,  6  f);  uuerfan  (uuerpfe  III,  10,  34  V;  firuuirphit  n,  17,  9  P.,  sonst  f); 
uuelpfa  III,  10,  37  V.,  uuelfa  P.,  uuelpha  F. 

Auslautend  ist  p  nach  vocalen  stets  zu  f  yerschoben ;  nach  consonanten  steht 
meist  ph,  doch  begegnet  auch  pf  (3)  f.    E.  478. 

Bezüglich  der  behandlung  des  anlautenden  p  finden  wir  einige 
Verschiedenheit  zwischen  T.  und  0.  Während  nämlich  bei  ersterem 
dasselbe ,  von  neuaufgenommenen  fremdwörtern  abgesehen ,  zu  ph  (f,  pf) 
verschoben  ist ,  finden  wir  es  bei  0.  durchweg  gewahrt.  Dass  der  gmnd 
des  p  nicht  etwa  in  gelehrten  velleitäten  Otfrids  zu  suchen  ist,  sondern 
in  dem  verhalten  der  mundart,  beweist  auch  die  Übereinstimmung  von  SG. 
Es  begegnet  hier:  peffares  246',  putzi  ptliri  248^  pruanta  262^  giplfi- 
mftt  (indumenta  plumea)  268%  panna  277%  pedena  246%  247%  .pusilin 
267%  welche  alle,  mit  ausnähme  der  beiden  leztgenanten ,  sonst  vor- 
wiegend ph  pf  aufweisen.  ^  Die  wenigen  belege  der  übrigen  denkmäler 
(prasma  Fgl.  12.  135;«  pfancuoho  gl.  c.%  977^;  plez  Mgl.  283*')  lie- 
fern weiter  kein  ergebnis. 

Im  in  -  und  auslaut  sehen  wir  die  Verschiebung  des  p  nach  voca- 
len am  weitesten  gediehen,  es  ist  hier  das  ziel  derselben,  die  spirans  f 
meist  schon  erreicht;  nach  und  zum  teil  auch  vor  consonanten  dagegen 
ist  der  process  meist  erst  bis  zur  afTricata  oder  tenuis  aspirata  gelangt. 
Über  ff  vgl.  gemination  und  bei  j. 

1)  inlaut.  Mit  T.  stimmen  die  Fgl.  (-staftun  19.  forcauften  36.  gisloufit 
134;  o£fan  17.  41 ;  helphanne  116)  und  Wb.  (släfe  4.  sarphi  6) ,  mit  0.  im  allgemei- 
nen Wk.  (giscaffan  (5);  helphe  19.  scepphion  43)  und  SG.  (nach  vocal  f  ff  (12) 
ausserdem  seipha  263*,  kraphilin  (cilindros)  270*;  nach  cons.:  girumpfan  270*  und 
herdehu  (sugillo)  264%  was  zu  herde(mp)hu  zu  ergänzen  ist,  vgl.  erdempfu  Pt). 
Die  belege  in  den  übrigen  denkmälem  lassen  wegen  ihrer  allzu  beschrankten  zahl 
keine  schlösse  fiber  die  mehr  oder  minder  grosse  Übereinstimmung  zu,  docherwfihne 
ich  noch,  dass  gl.  c.^  nur  pf  (pff,  fpf),  gl.  C  nur  ph  (3)  kennen.  —  Is.  hat  auf- 
fallend genug  yon  hilpit  21,  4;  aruuorpanan  27,  3  abgesehen  nur  f  ff. 

1)  ph  haben  SG.  in  pharan  (campestria)  246*,  phederari  268^. 

2)  Das  wort  begegnet  nur  bei  T.,  welcher  phrasamen  151,  8;  pfrasamen 
149,  7  bietet. 


;  ^     .* 


DER  OBBRFRÄNK.  LAÜTSTAHI)  IM  IX.  JAHRH.  428 

2)  aus  laut.  Hier  ist  es  noch  weniger  möglich  zu  einem  hestimten  resnltat 
zu  kommen,  im  allgemeinen  gelten  dieselben  regeln  wie  bei  T.  0.  Is.  hat  auch 
im  auslant  stets  f.,  doch  findet  sich  pb  in  dph  (2);  üf  ist  nicht  belegt. 

Schliesslich  erwähne  ich  noch,  dass  die  bei  T.  sich  findende  erweichung  des 
p  zu  b  nur  in  blastar  SG.  264^,  cbahi,  cnbilin  266%  berelon  268*^  ein  seitenstück 
findet. 

Über  einige  überladene  Schreibweisen  bei  T.  (bph)  und  0.  (pph)  s.  S.  15  anm.; 
K.  478,  vgl.  napffa  gl.  c,\  978 •,  cofpfa  978^;  scepphion  Wk.  43. 

f  (Y). 

Zweierlei  f&lt  bei  dem  verhalten  des  alten  f  in  den  oberfrk.  mund- 
arten  des  IX.  jh.  ins  äuge:  seine  Vertretung  durch  u  (v)  und  durch 
ph  pf. 

1)  Es  unterliegt  keinem  zweifei ,  dass  u  (v)  für  f  die  weiche  spirans 
bezeichnen  soll;  dass  dieses  zeichen  nicht  consequent  gesezt  wird,  mag 
seinen  grund  in  der  schwankenden  ausspräche  haben.  Da  das  lat.  v 
sich  in  der  gemeinsam  europäischen  ausspräche  allmählich  verhärtete^ 
so  lässt  sich  nicht  ausmachen,  ob  die  ausspräche  des  durch  dieses  zei- 
chen widergegebenen  deutschen  lautes  wirklich  so  weich  war  wie  die 
unseres  nhd.  w.  Man  darf  vielleicht  an  einen  laut  denken,  der  zwi- 
schen der  tönenden  und  der  tonlosen  spirans  mitten  inne  liegt,  wie  das 
V  des  heutigen  holländischen  (vgl.  jedoch  Rumpelt ,  „  system  der  sprach- 
laute ^^  s.  61  fg.).  Im  auslaut  findet  dieser  weiche  Spirant  keinen  platz, 
sondern  nur  im  an  -  und  inlaut  und  fast  durchaus  nur  vor  vocalen  (wo 
u  vor  consonanten  erscheint,  dürfte  ihm  wol  nur  graphische  bedeutung 
zukommen). 

Bei  Is.  findet  sich  dieses  v  anlautend  gar  nicht;  inlautend  nur  in 
zuuiuün  23,  28;  hreue  21,  19.  22;  arhevit  29,  23,  chiuuoruan  37,  22, 
wie  überhaupt  die  ganze  erscheinung  mehr  auf  das  ostfrk.  beschränkt 
scheint.  Das  alem.  kent  dieses  u  v  häufiger  erst  seit  Notk.  (agr.  160  fg.), 
das  bair.  nur  vereinzelt  (bgr.  131  fg.). 

T.  hat  dieses  a  (=  v)  im  anlaut  nicht  selten,  (nor-)  besonders  in  y^  häufiger 
jedoch  im  inlaut,  aber  stets  vor  voc:  diuual  durchweg,  nur  152,  6  diufale;  stets 
reues,  reue,  aber  ref;  häufig  heuen  usw.  S.  16.  —  0.  kent  u  im  anlaut  nur  14m., 
zuweilen  ist  es  in  f  corrigiert,  gehört  also  vielleicht  dem  Schreiber  an.  Inlautend 
ist  es  fest  in  frauili,  frauili,  zuiual  und  den  flectierten  formen  von  ref.  .  Nur  lY, 
29,  53  steht  zuifolö  VF,  K.  479  fg.  —  Fgl.  -uaUan  11  (T.);  zuu!ualt44.  —  gl.  ID. 
uellit,  aruuntid  500',  uer-,  inuühtinun  500**.  —  gl.  c.«  forbreuit  (proscribatur) 
979*  (T.  0.)  —  Wb.  uier-  17.  uilo  28.  uona  32.  —  Mgl.  ualcta  282.  uierdeling 
284 •.  giuuore  285*»,  vueht  uilo  286*»,  violic  (d.  i.  fihulih)  287  und  sogar  vor  cons. 
in  ulozze  286*»  (flazzi  »  tenne  Gr.  III,  777).  —  Bb.  giuiröda  9.  uehdda  17. 
uader  23.  uer-  27 ;  vor  cons.  in  urouün  1.  —  Lbs.  uihu  uilu.  —  Mb.  uehönti  7, 
iruultall,  uer-  14;  vor  cons.:  giuremidi  3.  —    Lid.  anlaut  11  u,  8  f ,  vor  cons.: 


424  PIBTBCH 

uranko  (4),   dagegen  frönisk  usw.  —    SG.  weaal  uvrt  346%   keuera  268*  (nie  f. 
Gr.  IV,  378);  reiniuano  291  •.  —    Pb.  giuulta  11. 

2)  Die  vergröbernng  der  anssprache  des  f^  welche  sich  darin 
zeigt,  dass  ph  (pf)  für  dasselbe  geschrieben  wird,  seheint  sich  anf  das 
ostfrk.  und  rheinfrk.  (Is.  bietet  hepfu  11,  6,  nbarhepfendi  5,  6)  beschränkt 
zu  haben  nnd  in  den  meisten  fällen  durch  ein  vorangehendes  oder 
folgendes  t  veranlasst  zu  sein.  Dieselbe  erscheinung  kent  auch  das 
bair.,  aber  meist  erst  in  späterer  zeit  (Weinh.  bgr.  128.  129);  dem 
alem.  ist  sie  fast  fremd  (Weinh.  agr.  157).  Man  darf  wol  Ostfranken 
fQr  den  ausgangspunkt  ansehen. 

Unsre  denkmäler  liefern  folgende  belege:  T«  ndtnunipfü  141,  19;  phigbonm 
102,  2  (2),  sonst  f!g-;  inphahan  (26),  intphähan  (9),  neben  in-  intfähan.  S.  15/16 
sieht  in  lezterer  Schreibweise  mit  recht  eine  Vorstufe  unseres  pf  iu  empfangen.  — 
Fb«  intpfieng  13.  —  gl.  ID.  nnsemp(h)diu  oder  an8emp(f)diu  499*,  (vgl.  unter  t 
nr.  1).  —    Wb.  -zuraphti  9.  27.  —    Mb«  thurphtigon  12. 

W. 

Tatian. 

w  wird  durch  uu  gegeben  vor  voc.  (ausser  u)  im  anlaut  und  zwischen  voe. 
im  inlaut.  vu  findet  sich  nur  in  y;  häufiger  ist  vv.  Nach  k  (geschrieben  q) 
erscheint  stets  u  (einzige  ausnähme  quuat  106,  1),  ebenso  meist  nach  andern  cons. 
(uu  überwiegt  jedoch  in  y^J').  Vor  dem  vocal  u  wird  entweder  u  oder  noch  öfter 
vv  geschrieben  (uu  findet  sich  nur  in  uuurm  öuun,  welches  leztere  ausser  an  der 
von  S.  23  angegebenen  stelle  auch  7,  2.  3.  5.  11  begegnet). 

Das  dem  q  folgende  u  des  verb.  queman  verschmilzt  mit  dem  i  e  der  Stamm- 
silbe häufig  zu  u  0.    In  y  erscheint  jedoch  nur  cu-.    S.  17. 

Für  ursprüngliches  w  ist  g  eingetreten  in  big!  147,  1,  higisgi  147,  8.  10, 
vgl.  got.  heiva(frauja). 

Ob  die  wechselnden  Schreibungen  iuuu  ouuu  und  iuu  ouu  wirklich  nur  gra- 
phische bedeutung  haben,  wie  S.  24  anm.  1  annirot,  erscheint  mir  im  hinblick  auf 
das  fast  durchstehende  (nur  243,  2  steht  niuunon)  niuui,  von  welchem  77,  5  sogar 
niwu  erscheint,  mindestens  nicht  unanfechtbar. 

uu  ist  ausgefallen  in  dem  instrum.  hiu  fttr  huuiu  (26).  Ausserdem  findet  sich 
13  m.  zusammengezogen  ziu ;  nur  159,  5  begegnet  uuiu. 

Otfrid. 

w  ist  im  anlaut  und  nach  vocalen  durch  uu  bezeichnet,  woftür  sich  einzeln 
vu  u  (uv  w)  findet    K.  481  fg. 

Nach  cons.  erscheint  fast  durchweg  u  (nur  lim.  uu),  dessen  consonantische 
natur  durch  den  accent,  der,  von  einigen  irtümem  abgesehen,  stets  auf  dem  fol- 
genden vocal  steht,  bewiesen  wird. 

Vor  u  na  steht  meist  uu  vu  (vgl.  Otfr.  ad  Liutb.  62—64),  doch  findet  sich 
hier  häufig  einfaches  u,  oft  hat  jedoch  der  corrector  über  lezteres  ein  u  oder  v 
übergeschrieben.    K.  484. 

qu  ist  nirgends  mit  dem  folgenden  i  e  zu  ku-  ko-  verschmolzen,  es  steht 
nur  queman  usw.    Geschwunden  ist  der  labialspirant  in  kunft,  künftig. 


BSB  OBBBniÄNK.  LAÜT8TAND  IM  IX.  JAHBH.  42Ö 

Bei  den  verben  garaunen,  faraunen  ist  im  prt.  nach  aasfall  des  i  das  a  mit 
un  zu  0  verschmolzen;  garota,  farota.    (T.  kent  nur  garanuita). 

Ausgefallen  ist  uu  in  dem  1dm.  erscheinenden  instrum.  hin,  wofür  sich  nur 
5m.  uniu  findet;  II,  14,  19.  20.  stehen  beide  formen  neben  einander.  Das  von 
Gr.  IV,  1184  aufgeführte  zi  hin  III,  13,  45  ist  wol  in  zi  thiu  zn  bessern.  Mit 
der  praep.  zi  verschmilzt  der  instrum.  immer  zu  ziu,  nur  IV,  18,  3  findet  sich  zi 
uuiu.  K.  366  fg.  Dagegen  dürfte  in  formen  wie  riuag,  riuön  wol  nicht,  wie 
K.  487  annimt,  ausfall  des  uu  stattgefunden  haben;  es  sind  dies  wol  einfache 
schreibversehen, 

Auslautend  steht  uu  nirgends,  es  ist  zu  o  vocalisiert  oder  ganz  verschwun- 
den. K.  489.  In  formen  wie  scöuuer  III ,  23,  40  usw.  ist  uu  durcli  die  inclination 
des  pron.  inlautend  verblieben. 

1)  Die  halbvocalische  natur  des  ahd.  w  ist  durch  die  Schreibung 
uu  (vu,  vv  ausser  bei  T.  0.  häufiger  nur  noch  in  SG.)  ausser  zweifel. 
Aus  dieser  beschaffenheit  des  lautes  erklärt  es  sich,  dass  nach  cons. 
meist  nur  u  geschrieben  wird  (huu  durchweg  in  Wk.,  dagegen  qu); 
hier  kann  eben  nur  der  reine  labialspirant  ohne  vocalischen  vor- 
schlage wie  wir  ihn  im  nhd.  haben,  gesprochen  werden.  Dass  vor 
dem  vocal  u  sehr  häufig  w  durch  einfaches  u  bezeichnet  wird,  ist 
wol  nicht  mehr  als  eine  graphische  tatsache  (uu  auch  vor  u  zeigen 
durchweg  gl.  c.^,  vgl.  oben  s.  356;  Lid.).  An  sich  wäre  es  meines 
erachtens  nicht  unmöglich ^  dass  uu  grade  vor  u  zuerst  an  seinem  voca- 
lischen (u-)  verschlag  einbusse  erlitten  hätte,  doch  scheint  mir  nur  die 
scheu  vor  alzu  grosser  häufung  des  Zeichens  u  veranlassung  gewesen 
zu  sein,  denn  man  versucht  dieses  3 fache  u  auch  auf  andre  weise^ 
nämlich  durch  die  zeichen  vv  (T.)  und  vu  (0.),  die  sich  grade  vor  u 
besonders  häufig  finden,  zu  vermeiden.  —  In  LS.  ist  für  w  durch- 
gehends  das  ags.  zeichen  (p)  gebraucht.  —  Isoliert  steht  uuh  in  uuhahs- 
men  Mgl.  283  *. 

Is.  zeigt  im  wesentlichen  dasselbe  Verhältnis:  fQr  gewöhnliches 
uu  steht  vor  dem  voc.  u  meist  u ,  welches  auch  sonst  einigemal  begeg- 
net. Nach  cons.  jedoch  steht  abweichend  von  der  mehrzahl  der  späte- 
ren frk.  denkmäler  ebenfalls  uu:  suuebul,  snueran,  zuuSne  usw. 

2)  Die  Verschmelzung  des  dem  k  folgenden  w  mit  dem  folgen- 
genden i  e  zu  u  0  scheint  auf  das  ostfrk.  beschränkt  zu  sein.  Ausser 
den  schon  erwähnten  fällen  im  T.  weisen  noch  die  Fgl.  niuuicumo  15 
und  niuuicamo  119  auf  (das  a  in  lezterer  form  beruht  wol  auf  einem 
Schreibfehler).  In  den  rhein-  und  sfidfrk.  denkmälern  finden  wir  nur 
comonne  Lbs.,  sonst  steht  immer  qu;  bei  Is.  quh,  vgl  darüber  Holtz- 
mann ,  gramm.  276.  —  Ausserdem  verschmilzt  W  mit  a  zu  o  in  garota, 
farota  0.;  in  anagizeot  (infucatum)  Fgl.  50  f[lr  -gizauuit  ist  w  mit  i 
zu  0  verschmolzen,  dagegen  liegt  in  piullida  SG.  263*  f.  piuuillida 
wol  nur  ein  seh  reib  versehen  vor. 

IVITSOHB.   V.  1>«UT8CH«    PHILOLOGIE.     BD.  VII.  28 


4«. 


*  ■  f  ■  -  *  ^ 


4S^ 

Das  ursprängliche  w  vor  cons.  im  anbint  ist  in  onsern  denkmä- 
lern  Terschwunden.  Nnr  bei  Ig.  (unrehban  27,  4)  und  in  gl.  ID.  (orob- 
han  499*)  begegnen  wir  noch  2  nachzüglem. 

4)  Vereinzelt  findet  sich  eine  Vertretung  des  w  durch  g.  Dem 
erwähnten  beispiel  aus  T.  fuge  ich  (uuerden)  haberhougen  (praeciden- 
tnr)  gl.  ID.  500**  bei,  (sonst  g  für  w  in  diesem  werte  nicht  belegt); 
umgekehrt  steht  uu  für  gewöhnliches  g,  r  zur  Vermeidung  des  liiatus 
in  erscriuun  Mgl.  284*. 

m. 

1)  Die  einzig  nennenswerte  einschränkung ,  welche  inlautendes  m 
erfährt ,  ist  sein  wandel  in  n  vor  C.  Sievers  Tat.  s.  20  nent  diesen  Vor- 
gang eine  Schwächung,  was  doch  nur  heissen  kann,  dass  mf  der  beque- 
meren ausspräche  wegen  —  denn  das  streben  nach  dieser  ist  ja  immer 
der  grund  der  sog.  Schwächungen  —  sich  in  nf  gewandelt  habe.  Es 
ist  nun  aber  doch  vollkommen  undenkbar,  dass  ein  wie  immer  organi- 
sierter mund  sich  die  ausspraclie  dadurch  erleichtem  solte ,  dass  er  für 
zwei  homorgane  laute  zwei  heterorgane  eintreten  lässt  Vielleicht  war 
in  der  zeit  vor  unsern  denkmälern  nach  ahd.  weise  zwischen  m  und  f 
ein  vocal  eingetreten  und  m  dann  in  n  übergegangen  (vgl.  z.  b.  haran- 
Lld.),  später  fiel  aber  der  vocal  wider  aus  und  n  wurde  allmählicJi  in 
m  zurQckversezt.  Aus  dem  noch  nicht  vollständigen  durchdringen  des 
lezteren  lautüberganges  würde  sich  dann  das  schwanken  der  Orthogra- 
phie erklären.  Das  alem.  dieser  zeit  bietet  trotz  seiner  ueiguug,  stamm- 
baftes  m  in  n  umzusetzen ,  keine  belege  (Weinh.  agr.  203) ,  ebenso 
wenig  das  bair.  (W.  bgr.  169). 

Dieses  nf  finden  wir  bei  T.  stets  in  /)'',  zuweilen  in  C;  die  übrigen  Schreiber 
kennen  es  nnr  in  finf.  0  hat  durchweg  finf»  kauft,  künftig,  ausserdem  merke  ich 
noch  an:  sunftin  :  ungizunftin  V,  23;  110.  mf  findet  sich,  so  viel  ich  sehe,  nur  an 
stelle  von  altem  mp:  lamf  V,  9,  45;  gilumfllh  I,  25,  25  usw.  Von  den  übrigen  denk- 
mälern bieten  FgL  geznnf  37.  gezunft  47  (6  mf);  gl.  c^  muoterunfter  (consobrinus) 
977  **;  Wb.  uotnunfti  27  (3mf).  —  Is.  kent  nur  mf;  im  rheinfrk.  ist  vielleicht  die 
alte  Verbindung  mf  immer  erhalten  geblieben ,  da  auch  von  den  andern  rheinfrk. 
denkm.  keines  ein  nf  aufweist. 

2)  Auslautendes  m  der  flexion  ist  meist  schon  in  n  gewandelt 
Müllenhoff  (MSD.  s.  XIII  fg.)  hat  diesen  lautübergang  als  höchst  wich- 
tig iur  die  datiorang  der  deukmäler  nachgewiesen,  indem  er  an  der 
band  der  Urkunden  zeigte,  dass  derselbe  sich  im  frk.  etwa  im  beginn 
des  zweiten  vierteis  des  IX.  jh.  vollzieht.  Sievers  hat  darauf  gestüzt 
die  abfassung  der  Tatianübersetzung  vor  jenen  Zeitpunkt  gesezt.  Im 
oberd.  ist  -n  schon  früher  in  grosser  menge  vorhanden.    So  hat  die 


DER  OBBAFBAUK.  LAUTSTAND  IM  IX.  JAHBH.  427 

benediktreg.   bereits  29  -n,   die  Murb.  Hymn.  21  -n  (Siev.  20),   Musp. 
nur  -n;  gl.  Teg.  meist  -n. 

a)  -m  im  dt.  pl.  ist  erhalten  in  Tat«  18 ni.  in  a;  ausserdem  begegnet  im  94,  1; 
simblum  97,  8;  simbolura  131,  11.  S.  20.  —  Vgl.  19  -m  neben  forcauftdn  36. 
hrofungun  (vocationibus)  48.  —  Ft.  7  -m,  daneben:  dßn  (2),  gelton.  —  LS.  nr- 
cundeoro  I.  3;  farahum  II,  6;  mägnn  3;  sin6  3.  —  gl.  c.^  rotem,  linlnem,  elffan- 
tinem,  camararim  (arcariis)  978*;  hloufön  (per  veredarios)  978*,  houfun  (de  acer- 
vis)  978  ^  —  gl.A.  heiluuim  aicüs)  191,  vgl.  Gr.  IV,  929;  -n  (4).  —  Wk.  -m 
(22),  nur  z.  98  stellt  lichamön,  doch  ist  hier  vielleicht  a.  pl.  anzunehmen,  vgl. 
gram.  IV,  707;  Gr.  II,  660.  —  In  allen  übrigen  denkmälern  steht  -n  durch;  Is. 
hat  natürlich  durchweg  -m. 

b)  -m  in  der  1.  sg.  prs.  ind.  der  sw.  verba  auf  -ön  und  -6n,  von  uuesan, 
gän  and  stan  ist  meist  zu  -n  geworden.  Doch  bietet  T.  noch  etwa  30m.  bim,  das 
der  corrector  aber  meist  in  bin  geändert  hat.  S.  20.  Nicht  aus  ursprünglichem  -m 
entstanden,  sondern  durch  formübertragung  hervorgerufen  ist  -n  in  gihun  Mb.  1. 
uuirdon  20;  üzsnüzon  (emungor)  SG.  248*»,  vgl.  Scherer  z.  gesch.  s.  176  fg. 

c)  Im  dt.  sg.  m.  n.  der  st.  adj.  haben  T.  0.  noch  -mo  gewahrt,  ebenso  auch 
die  andern  denkmäler.  Nur  in  Wb.  begegnet  almahtigem  1  und  sogar  sinen  14. 
almahtige  31 ,  vgl.  MSD.  zu  LXXVI ,  14.  Damit  vergleichen  sich  pontisgen  Wk.  46. 
thritten  47,  doch  liegen  hier  wol  sw.  formen  vor,  vgl.  gram.  FV,  574  fg.  Über  das 
8 malige  feste  bei  0.,  in  welchem  Gr.  III,  713  den  dt.  sg.  des  adj.  sah,  vgl.  E.  231. 

d)  Die  endung  der  1.  pl.  -mes,  welche  bei  Is.  noch  uneingeschränkt  herscht, 
besteht  auch  noch  meist  bei  T. ,  doch  begegnet  schon  28m.  -n  (nie  -m),  besonders 
vor  dem  nachgestelten  pron.  S.  21.  Bei  0.  ist  -mes  auf  den  Imperativischen  conj. 
des  prs.  beschränkt,  abgesehen  von  läzemes  III,  3,  13;  finnonämes  lU,  3,  14. 
Sonst  steht  -n.  Von  den  übrigen  denkmälern  hat  es  Wk.  noch  9  m.,  doch  begegnet 
daneben  -m:  farläzzem  4.  20.  qucdhem  7.  10.  bittem  7.  10;  -n  findet  sich  in  scn- 
lun  12,  das  vielleicht  nur  schreibversehen  ist  und  in  uuerdhdn  28.  Zu  erwähnen 
sind  schliesslich  noch  die  formen  auf  -nmos  bei  T.,  vgl.  S.  21,  und  das  ganz  iso- 
lierte duomends  (censemus)  Fgl.  53,  welches  trotz  der  vollen  endung  n  zeigt. 

3)  Stammhaftes  m  ist  nur  selten  zu  n  geworden.  Ich  weiss  nur 
haran  Lid.  14  f.  härm;  lobduan  0. 1,  2, 17  V  (:ruam);  girein  I,  3,  17  P 
(:  ein)  anzuführen. 

Ausfall  des  m  oder  vielleicht  blosse  schreibversehen  liegen  vor  in  g^zuf- 
tigönt  T.  98,  3;  giliphantä  gl.  c.>  979«'  (kurz  darauf  steht  gilimphant);  horodnbil 
(onogratulus)  SG.  248»,  vgl.  Gr.  V,  427. 

-m  in  clagungom  Fgl.  137  ist  wol  veranlasst  durch  den  auslaut  der  lat. 
Worte  „ quaerimoniam  iustam,"  welche  das  deutsche  wort  glossiert,  vgl.  jedoch  über 
ähnliche  -m  Gr.  II,  590.  Auch  in  hitumum  118  für  hitamun  dürfte  -m  durch  das 
lat.  demum  hervorgerufen  sein.  Doch  steht  nach  Gr.  IV,  697  dieselbe  form  in 
gl.  Juv.  2. 

Die   gutturalen. 

g  bleibt  durchweg  unverschoben ,  auch  in  der  gemination,  doch 
findet  sich  zuweilen  k  im  inlaut,  veranlasst  durch  ein  folgendes  t  und 

28* 


428  PIBTSCB 

im  aoslaut,  wie  es  scheint  besonders  nach  kurzer  silbe,  wie  denn  ja 
auch  nhd.  im  auslant  die  wirkliche  tenuis  nur  nach  kurzem  yocal 
gesprochen  wird,  vgl.  H.  Rfickert  Oerm.  XVI,  238  fg. 

a)  inlant:  Tat.  eroucta  134,  6  (sonst  araagta) ;  mucgün  141,  18  (sonst  gg).  — 
Vh.  gihancti  4.  —  Vgl.  diccanne  118  (vgl.thiggen  0.  Y,  23,  49).  —  MgL  mnk- 
kün  286*;  nalcta  282  (zn  felgjan).  geainikton  287.  —  Mb.  gihancdi  4.  gehancti 
19.  —  SO.  bisanctSr  264*  (zu  bisengjan);  sekela  (vela.  carbasa)  269^  {vgl.  sege- 
lath  269«'.  segale  270*.)  ki-  277*.  Femer  wird  bolcon  (bullis)  269"  wol  zu  dem 
von  Gr.  lil,  107  aufgeführten  bulga  gehören  und  für  aneherciken  (vecordem,  sine 
corde  stultum)  248"  ist  wol  äneherzlnen  (so  in  Pt  Diut  11,  176")  zu  lesen,  da 
*herzig  sonst  nicht  belegt,  ineherzin  aber  sich  durch  zahlreiche  andre  bildungen 
st&tzen  lässt,  Tgl.  Gr.  IV,  1046.  —    Ph.  gihancti  3.  —    Otfr.  gihuct  II,  8.  38  P. 

b)  auslaut:  Tat.  Verhärtung  besonders  in  C'  nuek  (4),  thinc  (2),  gienc,  berc 
usw.  im  ganzen  etwa  30m.,  vgl.  S.  28,  wo  zu  gibarc  149,  2  (nicht  145,  2)  noch 
148,  7 ;  149,  6  hinzuzufügen  ist  Meist  nach  kurzem  voc.  —  VgL  bnrclfchdm  91.  — 
gLe.*  heimprungk  978*.  —  Wb.  sculdic  23.  —  Kb.  bigienc  10.  nintphiec  12 
Bculdic  16.  bigihdic  21.  (bigihdig  3).  —  Bb.  bigihdtc  1.  sundic  3.  8  (dag  9).  — 
Lb.  heilac  26.  unbigihtSc  27.  unuuirdic  28  (dag  15.  37).  —  Lbs.  fliuc  flüc.  — 
SG.  getuuerc  307.  grcnsinc  291*.  sprincunrc  291".  -bürg  307.  scereling  291"). — 
Otfr.  gank,  gifank,  sank  (2),  edilinci  Ludouuic  uuirdic  (2),  githic  in  VP,  soweit 
die  betreffenden  stellen  in  beiden  hs.  überliefert  sind.  Diesen  von  E.  518  gegebe- 
nen stellen  ist  noch  ginathic  H.  158  VP  beizufügen.  Ausserdem  steht  noch  gifank, 
thrank  zigianc  in  P. 

Im  Is.  ist  g  ebenfals  an-  inlautend  gewahrt,  doch  wird  es  im  anlaut  vor  e  i 
consequent  (gerdndi  39,  5,  geilin  27,  3  sind  wol  flüchtigkeiten  des  Schreibers)  durch 
gh  und  in  dem  praefiz  gi-  durch  ch  bezeichnet.  Im  inlaut  wechseln  vor  e  i  g  und 
gh  (ch  nur  in  blüchisöo  9, 17).  Von  unsem  denkmäiem  zeigt  nur  Wk.  dieses  gh  in 
eittarghebon  38.  ghiuuizzinöt  45,  vgl.  MSD.  zu  LVI,  45.  Holtzmann  (gram.  265) 
und  Müllenhoff  (MSD.,  s.  XXIi)  sind  der  ansieht,  dass  dieses  gh  die  ausspräche 
des  g  vor  e  i  als  j  verhüten  solle ,  während  Weinhold  (Is.  73.  87) ,  indem  er  Grimm 
(gram.  I>,  183  anm.)  folgt,  dasselbe  als  zeichen  einer  weichen  aspiration  ansieht 
Für  die  erstere  ansieht  spricht  der  umstand,  dass  gh  nur  vor  e  i  erscheint,  ganz 
analog  der  Vertretung  des  anlautenden  j  durch  g ,  welche  vor  denselben  vocalen 
stattfindet,  um  vocalischer  ausspräche  vorzubeugen.  —  Im  auslaut  erscheint  bei 
Is.  im  gegensatz  zu  der  in  den  meisten  anderen  oberfrk.  denkm.  geltenden  regel 
durchweg  c. 

2)  Die  in  einigen  denkmäiem  sich  findende  aspiration  der  auslau- 
tenden media  ist  eine  dem  frk.  eigentlich  fremde  erscheinung.  Der 
Vorgang  ist  im  wesentlichen  nur  dem  bair.  eigen,  vgl.  gram.  U,  310; 
Weinh.,  bgr.  174.  186.  196;  Holtzmann,  gram.  268. 

Die  bel^e  aus  unsem  denkmäiem  sind  folgende:  gizumMhlih  Fgl.  119. 
ginathlh  Ag.  grensich  SO.  291*  (vgl.  unter  n  nr.  1).  sanch  0.  lY,  4,  53  P.  (sehr 
häufig  in  F.).  Dazu  einlch  Is.  38,  7.  9.  In  Lid.  deuten  vielleicht  die  reime  Hlud* 
uig  :  ih  1.  25  :  gellh  50  auf  diese  ausspräche  des  auslautenden  g.  Inlautend 
scheint  diese  Vertretung  vorzuliegen  in  eichene  (vindicasse)  gl.  c*  978**,  vgL  oben 
8.  365.  —  Schliesslich  reihe  ich  hier  noch  einen  fall  an ,  in  welchem  inlautendes  g 


DBB  OBBBVBAUK.  LAÜTBTAIO)  Df  IX.  JAHBH.  439 

Yor  t  in  h  Übergegangen  ist:  yneht(i)  Mgl.  286^  zn  fnogjan,  ygl.  kivoehte  Oan.  13. 
f&chte  Diut.  m,  110,  z.  7  y.  unt. 

k. 

Tatian. 

Anlautend  ist  k  gewahrt,  inlautend  wird  es  nach  yoc.  zu  hh  ch  h  (vor  cons. 
findet  sich  nur  h)  verschoben.*  Erhalten  bleibt  geschärftes  und  nach  cons.  stehen- 
des k.  Den  von  S.  17  gegebenen  6  ausnahmen,  von  welchen  sehhil  138,  3  hervor- 
zuheben ist,  füge  ich  noch  uorsenchit  94,  4  hinzu.  Der  umstand,  dass  5  von  die- 
sen 7  y  angehören,  dürfte  vielleicht  wider  für  den  von  Harczyck  vermuteten  bair. 
Schreiber  sprechen.  Auslautendes  k  ist  zu  h  verschoben,  ausser  nach  cons.,  erwei- 
chung  zu  g  findet  sich  in  trang  82,  11.  —  Geschwunden  ist  inlautendes  k  in  sal 
197,  6;  sulut  156,  2;  solta  138,  9  (2),  neben  den  bei  weitem  überwiegenden  formen 
mit  sc.  —  Geschrieben  ist  im  anlaut  vor  a  o  u  und  cons.  meist  c,  vor  e  i  fast 
durchweg  k  (2  m.  cind);  im  inlaut  findet  sich  vor  a  o  u  und  cons.  ebenfalls  meist 
c  (k  öfter  nur  in  den  betreffenden  formen  von  trinkan  uuirken) ,  vor  e  1  durchweg  k. 
Ebenso  findet  sich  cc  nur  vor  a  o  u  (und  cons.).  Im  auslaut  steht  durchweg  c;  k 
nur  in  skalk  99,  4;  trink  105,  2.  Femer  wird  im  anlaut  vor  a  o  u  r  stets  sc 
geschrieben  (nur  53,  10  biskrenkit);  in  afi  wird  vor  e  i  nur  sk  (und  3  m.  seh) 
gesezt,  in  yJ<f  C  dagegen  auch  hier  sc.  Ebenso  verteilen  sich  in  a^  sc  sk  im  inlaut, 
y^^i  haben  dagegen  hier  stets  sg  (sc  ausser  in  discu  85,  4;  biscofo  112,  1  auch 
in  öbreiscün  88,  1).  Im  auslaut  steht  sc  und  einigemal  sg  (ausser  in  fleisg  (7) 
und  himilisg  (S.  18)  auch  in  fisg  93,  3;  237,  1.  5). 

Otfrid. 

Anlautendes  k  ist  gewahrt,  doch  findet  sich  7m.  in  VF,  4m.  in  V,  Im.  in 
P  ch.  £.  520.  Inlautend  ist  k  zu  ch  verschoben,  wofür  h  eintritt  stets  in  bouh- 
nen  und  wenn  die  spir.  vor  fiexivisches  t  zu  stehen  komt.  Einige  vereinzelte  h 
s.  K.  522.  ünverschoben  bleibt  geschärftes  (meist  ist  die  schärfuDg  nicht  graphisch 
bezeichnet,  vgl.  E.  523  fg.)  und  nach  cons.  stehendes  k.  Von  den  ersteren  finden 
sich  in  YP  10  (bemerkenswert  sechil  III,  14,  91  neben  sekil  lY,  14,  5),  in  Y  3, 
in  P4  ausnahmen,  vgl.  K.  521  fg.;  von  den  lezteren  nur  2:  archa  lY,  7,  51;  scal- 
ches  lY,  31,  19.  Im  auslaut  ist  k  ausser  nach  cons.  zu  h  verschoben;  ch  findet 
sich  nicht,  da  in  fällen  wie  spracher,  bracher  die  spirans  tatsächlich  in  den  inlaut 
getreten  ist. 

Für  inlaatendes  k  tritt  vor  flexivischem  t  zuweilen  g  ein.  K.  523 
nent  dies  eine  er  weichung,  sagt  aber  nichts  darüber,  wie  er  sich  diesen 
scheinbar  durch  eine  tenuis  hervorgerufenen,  also  allen  Sprachgesetzen 
ins  gesicht  schlagenden  Vorgang  denkt.  Auch  Holtzmanns  erklärung 
(gram.  264.  266)  ist  ganz  unbefriedigend  schon  deshalb,  weil  sie  nur 
auf  den  kleineren  t^eil  der  hier  in  rede  stehenden  formen  passt  Es 
sind  dies  nach  K.  523  folgende:  drangta  (2)|  uuangta  (7),  thagta  (4), 
uuagta  (3),   scrigta  (1)  und  sangta  im.  in  P,  während  in  V  g  in  k 

1)  Aus  der  von  S.  18  au^estelten  Übersicht  ergibt  sich,  dass  im  algemeinen 
lih  überwiegt,  dasselbe  erscheint  ausschliesslich  in  /S^c,  meist  in  aa\  y6d  kennen 
fast  nur  ch  (1  hh,  7  h);  in  (  halten  sich  (neben  J8  ch)  hh  und  h,  welches  bei  den 
andern  Schreibern  ziemlich  selten  ist,  die  wage. 


480  PISTBCH 

gebessert  ist.  Daneben  stehen  mit  kt :  drankta  (2) ;  sankta  (3) ;  uaaulcta 
thakta  uuakta  scrikta  je  einmal,  ausserdem  biscrankta  (1),  scankta  (4), 
smakta  (1),  irquicta  (5).  Diese  formen  mit  gt  für  kt  begegnen  sonst 
in  grösserer  anzahl  nur  noch  bei  Notk. ,  vgl.  Holtzmann  a.  a.  o.  und 
E.  a.  a.  0.,  wo  das  aus  Rb.  (Wien.  cod.  1815)  angeführte  gidrangda  zu 
streichen  ist;  in  MSD.  steht  gidrancda.  Am  einfachsten  könte  es  schei- 
nen, diese  gt  durch  die  annähme  zu  erklären,  dass  der  Schreiber  von 
den  zahlreichen  föUen ,  wo  er  etymologisch  gt  schrieb ,  diese  Schreibung 
zuweilen  aus  versehen  auch  dahin  übeiiragen  habe,  wo  er  kt  setzen 
muste.  Dagegen  spricht  aber  meines  erachtens  die  relativ  grosse  anzahl 
dieser  gt  (18,  gegenüber  20  kt).  Ich  glaube,  dass  man  die  formen, 
in  welchen  dem  gt  nasal  vorhergeht,  von  den  übrigen  trennen  muss. 
Die  Schreibungen  drangta  uuaugta  weisen  darauf  hin,  dass  die  aus- 
spräche des  nkt  in  diesen  werten  zusammenfiel  mit  ngt,  z.  b.  in  hangta, 
wie  dies  auch  in  der  heutigen  mundart  jener  gegend  der  fall  ist.  Die 
übrigen  werden  sich  anders  beurteilen.  Ich  glaube,  dass  g  hiei'  den 
Spiranten  bezeichnen  soll  und  zwar  nicht  den  tonlosen,  sondern  den 
tönenden.  Das  eintreten  des  lezteren  erklärt  sich  daraus,  dass,  wie 
schon  oben  erwähnt,  das  ursprüngliche  d  im  südfrk.  jener  zeit  wahr- 
scheinlich tenuis- media  oder  flüstermedia  war.  Da  für  g  +  t  bei  0. 
immer  gt,  (nur  in  F  ein  et)  geschrieben  ist,  während  dagegen  für 
b  + 1  sich  neben  bt  auch  häufig  pt  findet ,  so  liegt  die  annähme, 
dass  g  vor  t  in  die  weiche  spir.  übergegangen  war,  ziemlich  nahe. 
Auf  diese  weise  würde  es  dann  erklärlich,  wie  0.  dazu  kam  auch  in 
den  obigen  fällen  g  zum  zeichen  der  weichen  spir.  zu  verwenden.^ 
Dass  übrigens  die  leztere  k  vor  t  noch  nicht  ganz  ersezt  hatte,  beweist 
das  häufige  vorkommen  von  kt.  Keines  unsrer  denkmäler  liefert  übri- 
gens ein  analogen  zu  diesen  gt  fQr  kt,  auch  wird  g  +  t  meist  nicht 
durch  gt  widergegeben.  Bei  T.  finde  ich  für  k  + 1  Im.  kt ,  7m.  et  Lez- 
teres  könte  möglicherweise  die  spir.,  hier  allerdings  sicher  die  tonlose 
bezeichnen  (vgl.  rect  Fgl.),  um  so  mehr  als  neben  uuacta  137,  1.  2 
auch  uuahtun  52,  4  sich  findet.  Für  g  +  t  finde  ich  14m.  gt;  et  nur 
in  oucta  134,  6.  Die  übrigen  denkmäler  liefern  noch  folgende  formen, 
die  aber  einen  bestirnten  schluss  meines  erachtens  nicht  zulassen:  l)für 
k  + 1:  gidrancda  Rb.  19.  ualcta  Mgl.  282  skancta  Lid.  53;  2)  für  g  + 1: 
gihancti  Fb.  4;  Mb.  19;  Pb.  3;  gihancdi  Mb.  4;  (bisanctSr  SG.  264'). 

Im  auslaut  finden  wir  nach  1  n  einige  mal  g  für  k,  welches 
E.  524  im  hinblick  auf  häufige  correcturen  als  nur  dem  dialekt  des 
Schreibers  angehörig  betrachtet. 

1)  Übrigens  hatte  g  ja  auch  anlautend  in  gener,  gihn  usw.  den  wert  der 
tönenden  gnttoralspirans,  vgl.  unter  j. 


DBB  OBBBFBInk.  IäAXJTBTAKD  dc  ee.  jahbh.  431 

sk  ist  in-  aaslantend,  von  eiscdn  biscof  und  drei  vereinzelten 
formen  (K.  507)  abgesehen,  stets  zu  sg  ei*weicht. 

Geschrieben  ist  in  VP  k,  vereinzelt  c  vor  a  o  r;  für  anlautendes 
sc  begegnet  hingegen  nur  selten  sk  (K.  506);  seh  in  gischrenke  I,  27, 
60  V.  —  Für  ch  findet  sich  4  m.  kh,  om.  hh.  Über  einige  überla- 
dene Schreibungen  vgl.  K.  526. 

Die  kleineren  denkmäler. 

Fb.  anlaut:  kindisgi  6;  cbirichün  9  A  (kiri-  B.  C);  inlant  ch  (4),  nach  cons. 
c  (4),  doch  trinchanti  13  A  (trinc-  C);  auslaut:  ih.  —  Erweichung  in  kindisgi  6. 
Stets  c  sc  geschrieben,  doch  kindisgi  kristanheiti.  —  Fgl.  anlant:  k  (14);  inlaut 
nach  voc.  ch  (hh  in  frihhidse  135),  nach  cons.  c;  anslaut:  h.  >  Erweichung  in  gla- 
gön  137  (clagungam  137).  Geschrieben  c  sc  auch  vor  e  i:  ciricha  87.  91.  scem 
7.  75  usw.  —  Ft.  anlaut:  chirichun;  inlaut:  chirichün;  forsahhan  (6);  auslaut: 
Quere.  —  LS.  anlaut:  gicunde  cninnges  I,  3;  urcundeon  I,  3  (ö  irische  Schreibung 
für  ch,  vgl.  MSD.  zu  der  stelle);  auslaut:  sih.  Stets  c  (sc),  geschrieben  auch  in 
cuimit  cueme  cuenün.  —  ttg.  ouh  (2).  —  gl.  ID.  anlaut:  gicurcit  500^;  inlaut: 
zwischen  voc.  h  (2),  hh  (3),  ch  (2),  ausserdem  inuühtinün  (inrigua)  500^,  (Gr.  1II| 
446  belegt  ein  adj.  fühtin  nicht);  auslaut  h.  g  für  gewöhnliches  k  in  st(r)igilo 
(funiculus)  499'*,  (r  habe  ich  ergänzt^ ;  sg  in  furifaasgi  (praefascia)  500^,  ezzisgä 
(segetes)  500^.  —  gl.  Ir.  anlaut:  kebsa  lichcar  (llcar);  inlaut:  banclachin  501%' 
suuäsprechon  50P;'  auslaut:  gisdh:  lichcar;  banc-.  —  gl.  e.^  anlant  c.  (4);  inlaut: 
hh  (3),  auffallend  in  sahhil  977%  h  (4);  nach  cons.:  scencho;  auslaut:  sih  (2). 
Geschrieben  durchweg  c  sc  (scifi-  scencho).  —  gl.c.''  anlaut:  giclophöt  cuzindn; 
chlüsün  979**;  inlaut:  zwischen  voc:  h  (4),  sahhonu  978^;  ch  (8);  nach  cons.  k  c. 
Ei*weichung  in  bisgerit  (2),  misgentau  979%  Geschrieben  c  sc,  vor  e  i:k  (2).  — 
ree.  anlaut:  clenicleta  (zu  klenan;  an.  klena  «=  kleben) ,  kervola;  cholsamo,  chrane- 
uuito;  inlaut:  steinprehha;  auslaut  h.  —  gl.  Ez.  giolichi.  —  gl.  A.  anlaut:  cumin; 
hantcunni  (exenium  euloia)  191;  inlaut:  bleiha  191;^  erquiccento;  auslaut:  uuerc. 
Geschrieben  durchweg  c  sc.  —  Wb.  anlaut:  carcar  7,  uricundi  17;  chelegiridu  4; 
chirihtin  10/11;  inlaut:  h  nach  langem  voc.  (6)  und  in  sprehe  22;  hh:  sahhun  16; 
sahhunga  33;    ch  nach  cons.  (6),    ausser  in  gidancun  2.  34.    Erweichung  in  sgä- 

1)  llchof  69  wol  =  lih-hoff  nicht  «=  lic-hof.  Der  Schreiber  war  sich  über 
die  bestandteile  des  Wortes  wol  nicht  klar  und  wendete  daher  ch  an,  wie  sonst  im 
Inlaut.    Vgl.  lichamin  Hymn.  2,  8,  4;    16,  6,  2;    22,  3,  2;    24,  3,  3;    unrachaft 

6,  1,  2. 

2)  „statoria:  banclichan.**  statoria  ist  verschrieben  für  stratoria  =>  strato- 
riac  vestes.  Für  banclichan  wird  -lachin  (^d.  i.  -lachan)  zu  lesen  sein,  vgl.  laehi 
gl.  ID.  499*.    Gr.  11,  158  belegt  banclahhan  stragulum  5  m. 

3)  Das  wort  findet  sich  eingeklammert  am  rande  ohne  ein  entsprechendes 
lateinisches.  Ist  suuäs  «=  privatus,  familiaris,  das  compositum  identisch  mit  hüs- 
prehho  Gr.  IH,  268? 

4)  stibio  (d.  i.  augenschwärze).  bleiha  gehört  wol  mit  bleich  zu  der  wz. 
blic  =  glänzen  (gr.  (fXfynv,  lat.  fulgere).  Der  bogrifsübergang  wäre  ähnlich  zu 
denken  wie  bei  dem  zur  selben  wz.  gehörigen  engl,  black,  vgl.  deutsches  wtbch 
II,  59. 


V*  . 


482 

hxiagQ,  5,  Bgerne  28,  nnasge  7,  nncftsj^roo  18  (d.  i.  uncftsgi  in  demo).  k  ist  abge- 
fallen in  gien  23.  Geschrieben  c  sc.  —  Mgl.  anlant  k  (5);  geebnet  284*  (geknet 
unmittelbar  darauf)  cbonf  284^,  chumin  285**,  chophe8  286*;  inlant  nach  70c.  di  (14), 
aber  sekkilon  288*",  bakkanne  284*,  nach  cons.:  dankes  283*»,  aber  fironischo  283% 
taschftn  283**,  nnegescheid  285*";  anslaut  h,  viollc  287  ist  wol  scbreibyersehen,  vgl. 
fiolihc  gl.  Xant.  Geschrieben  ist  c  für  k  nur  vor  cons.  nnd  a  o  q,  ausserdem  in 
forsceUn  282.  —  Mb.  an-  inlant  ch,  doch  steht  neben  dranche  7:  nuerco  4» 
gidanco  5;  anslaut  h.  Erweichung  in  mennisgln  (so  d.  hs.)  chindesgl  17.  Ausge- 
stosten ist  k  durchweg  in  solta.  —  Ag»  keünftn.  —  8t.  anlaut:  Karl  -e  christia- 
nes;  inlant:  forbrihchit  29;  folches  16;  anslaut  h.  —  Bb«  anlaut:  chirichön; 
Inlaut  nach  yoc.  ch  (6),  hh  in  siehhero  19;  nach  cons.  c,  doch  -drunchidu  5;  ans- 
laut h,  dranc  21.  Ausgefallen  ist  k  in  solda  27.  Geschrieben  ist  c  ausser  in  nner- 
kon  4.  —  LK  anlaut:  kind  cosso  cruci-;  inlaut:  h  nach  langem  voc.  (4)  und  in 
gisahan^  18,  hh  in  uuahhftndi  37;  nach  cons.  c  (5),  ch  in  trunch!  8;  auslaut  h.  — 
Lba«  kirst  comonne;  nuirki.  —  Wk«  anlaut  c  ausser  in  -chundi  58,  und  91  hat  der 
text  zwar  -cundhl,  aber  in  der  anm.  zu  LVI,  58  heisst  es;  „gotchundi  ebenso  z.  91"; 
inlaut  nach  langem  yoc.  ch,  nach  kurzem  cch  (39.  49)  und  ch  in  michila  104; 
nach  cons.  c ,  ausser  in  giuuurchen  15 ;  auslaut  h.  Geschrieben  stets  c  sc.  —  IJ4. 
anlaut  k;  inlaut  nach  langem  yoc.  ch,  nach  kurzem  hch  (43  (2));  auslaut  h.  Geschrie- 
ben meist  k  sk;  c  (4);  sc  in  frdnisc  5.  —  SG.  anlaut  k  c,'  kh  in  khirici  263^; 
inlaut  zwischen  vocalen  nach  kurzer  silbe:  ch  (4),*  hch  (6),'  hh  (2),  h  in  lohdnti 
270^,  letaha  (lapacium)  291**  (aus  lapatica),^  cch  in  acches  268*»;  nach  langer  silbe 
ch  (4),  h  in  flrcouflihdn  269**;  yor  cons.:  h  (3).  Ausserdem  begegnet  co  in  stecco 
(2),  uuicca  brocco;  kk  in  heuuiscerkko  iukke;  ck  in  iuckenti  lockdta  80ck&  krucka 
(2).  Auffallend  ist  daneben  steche  277*.  Auslaut:  meist  h,  daneben  ch  in  sarch 
262^,  8dl!ch263*,  duach  264  %  blech  269*,  carchlih  (lichnus)  276**  (nur  hier  Gr.  lY, 
490).  Erweichung  in  kruagon  (aus  lat.  crocus)  247**,  ungfisgida  249**,  scinga  262*, 
gurb&  264*  und  vielleicht  in  gufia  (bigorriga  yestis)  264  **.  Zu  vergleichen  sind  auch 
Schreibungen  lai  werte  wie  furcga  264^,  bigerriga  264**  (2)  fAr  bigerrica.  Femer 
begegnet  sg  in  nusga  246*,  dasga  247*,  flasg&  249*,  ungüsgida  asgfaz  249  %  mas- 
gon  musgulon  268*,  hSmesgiu  269  %  küsgi  270**  (inlautendes  sc  nur  in  flsciüh  (fis- 
cale)  263**,  nusca  269**).  —  k  ist  abgefallen  in  melcubilin  266*  (so  auch  Pt) ,  aus- 
ge&Uen  in  intnusta  (ezfibulabat)  269**  für  intnuakita  (oder  intnustita?  vgl.  die 

1)  Gr.  II,  817  zweifelt  ob  k&m.  mindil  (Inpatnm)  269*  (Ft  kamindil)  =  ga- 
mindil  oder  kam -mindil.  Zweifellos  lezteres,  darauf  deutet  schon  die  trennung  in 
SG.  Ausserdem  hat  SG.  nirgends  ka-,  sondern  gi-  ge-  und  schliesslich  passt  ksm- 
mindil  ganz  ausgezeichnet  auf  ein  mit  stacheln  („wolfszähnen.")  beseztes  pferde- 
gebiss  (lupatum),  mindil  begegnet  auch  sonst  z.  b.  Diui  U,  340**. 

2)  Hierher  auch  m'chlo  (manica)  263*,  welches  nur  eine  abkllrzung  f&r  meni- 
ohilo  ist,  womit  in  Pt.  (Diut.  n,  335**)  manica  glossiert  ist.  Eine  sonst  nicht 
belegte  -1-ableitnng  von  menihha  (aus  lat.  manica). 

3)  rahchinza  (baga)  268**.  baga  bedeutet  hier  wol  ^,ferrum,  quo  captiva  saepe 
maneipia  strictis  coUis  et  manibus  aguntur  "  (vgl.  Du  Gange  unter  boia)  und  tir.  n, 
443  vergleicht  mit  recht  ags.  raccenta  «  catena. 

4)  Hierher  wol  auch  spha  (sarmentum)  263*  nach  Hattemer;  (hsM,  Diut  U,  180; 

sprsdh.  jy,  320  gibt  sp.    Pt  bietet  späh.    Da  sonst  nur  spahho  -a  belegt  ist,  so 
wird  ipaha  zn  lesen  sein. 


DER  OBEBFBXMK.  LAüTSTAin)  IM  IX.  JAHBH.  433 

nebenform  nnsta  Gr.  11 ,  1107).  Derselbe  ansfiEdl  von  stammanslaatendem  k  nach  s 
beim  antritt  des  t  in  kihurista  Diut.  11 ,  321^,  kihnrstaz  Pmd.  1;  kihurstemBb.  von 
hnrskjan;  arlastiu  (extincta)  Ja;  genunnster  Notk.  Boeth.  Geschrieben  ist  meist  k, 
c  nur  vor  a  o  a,  dagegen  von  skenko  264*,  skibahten  268*  abgesehen  nur  sc:  sci- 
delün  249",  sc'nga  262*,  seilt  307  nsw.  —  Pb.  anlant  k  (c);  inlaut  ch  nach  voc., 
k  nach  cons.;  aaslaut:  h.  —  sc  in  scolta. 

1)  k  ist  im  anlaut  gewahrt,  eine  ausnähme  machen  nm*  Ft.  Mb. 
Bb.y  welche  gar  kein  k  im  anlaut  aufweisen.  Ausserdem  findet  sich 
noch  vereinzelt  ch  in  Fb.  (1)  gl.  c.«  (1).  rec.  (2).  Mgl.  (4).  St  (1). 
Wk.  (1).  SG.  (1).  0.  (13)  und  6  in  LS.  Is.  kent  im  anlaut  nur 
ch  und  es  ist  wol  kein  zweifei,  dass  sich  die  meisten  der  in  unseren 
denkmälern  erscheinenden  ch  ebenso  beurteilen,  wie  das  des  Is.,  wel- 
ches ich  mit  Holtzmann  (gram.  261  fg.)  ffir  die  tenuis  halte,  während 
Weinhold  (Is.  74.  89)  in  ihm  die  wirkliche  oberdeutsche  fricativa  sieht. 
Er  erklärt  ihr  vorkommen  bei  Is.  durch  seine  hypothese  einer  „mecha- 
nischen mischung"  fränkischer  und  oberdeutscher,  speciel  bairischer 
lautverhältnisse.   Vgl.  Sievers  in  der  Jenaer  literaturzeitung  1874  nr.  25. 

2)  Inlautend  ist  k  nach  geschärfter  silbe,  d.  h.  wenn  k  guniert 
(oder  verlängert)  ist,  und  wenn  es  als  zweiter  bestandteil  einer  conso- 
nantenverbinduug  steht,  unverschoben  erhalten.  Einige  wenige  ausnah- 
men von  ersterer  regel  finden  sich  bei  T.  0.;  hervorzuheben  ist:  seh- 
hil  T.  sechil  0.  sahhil  gl.  c.^  Von  lezterer  regel  macht  nur  Wb.  eine 
ausnähme,  wo  nach  cons.  stets  ch  eingetreten  ist.  Die  übrigen  denk- 
mäler  weisen  nur  einige  vereinzelte  ch  nach  cons.  auf.  Müllenhoff 
(MSD.  s.  XXII)  sieht  in  allen  diesen  ch  nur  das  Isidorische  zeichen  für 
die  tenuis ;  ob  durchaus  mit  recht ,  wird  mir  durch  die  erwähnten  Schrei- 
bungen sehhil  sahhil  zweifelhaft. 

Im  übrigen  ist  die  Verschiebung  des  inlautenden  k  durchgedrun- 
gen und  zwar  ist  dieselbe  im  T.  schon  bis  zur  spirans  hh  gelangt,  in 
welcher  von  der  gutturalen  tenuis  nichts  mehr  vorhanden  ist;  bei  0. 
dagegen  herscht  durchweg  ch  und  ebenso  verhält  es  sich  in  den  mei- 
sten der  übrigen  denkmäler.  hh  und  das  damit  wol  auf  einer  stufe 
stehende  h  überwiegen  in  gl.  ID.  (3  hh,  2  h,  2  ch)  und  stehen  aus- 
schliesslich in  gl.  c.^  Wb.  Lb. 

3)  Im  auslaut  ist  k  nach  cons.  gewahrt  ^  nach  vocalen  zu  h  ver- 
schoben,  woför  nur  selten  ch  begegnet:  T.  (2).    SG.  (i). 

4)  k  ist  an-  und  inlautend  besonders  in  fremdwörtem  zuweilen 
zu  g  erweicht.  Diese  erscheinung  ist  nicht  ausschliesslich  frk.,  vgl. 
Weiflh.  agr.  211.  212;  bgr.  176.  Über  das  otfridische  gt  für  kt 
vgl.  oben. 

5)  Eine  besondere  besprechung  erfordert  die  Verbindung  sk ,  wofür 
sich  auch  sc  sg  (seh  wol  ein  Überrest  jener  alten  bei  Is.  herschonden 


4S4 


PIBT8CH 


bezeichnung  der  ten.  durch  ch)  finden.  Wie  sich  diese  auf  die  einzel- 
nen denkm.  und  innerhalb  derselben  verteilen,  ist  bereits  oben  gezeigt 
worden;  sg,  welches  in-  auslautend  bei  0.  SG.,  inlautend  in  T.  yöi^t 
durchsteht,  findet  sich  bei  Is.  nirgends  und  auch  von  unsern  rheinfirk. 
denkmälern  weisen  nur  Mgl.  Mb.  je  ein  sg  auf.  Da  im  T.  aß  dieses 
sg  nicht  kennen  ^  so  wird  man  nicht  fehlgreifen ,  wenn  man  es  der  vor- 
läge abspricht,  zur  zeit  der  niederschrift  von  Q  aber  muss  es  auch  im 
ostfrk.  schon  sehr  ausgebreitet  gewesen  sein.  Selten  ist  anlautendes 
sg,  das  nur  in  gl.  c*  und  Wb.  je  2m.  begegnet,  vgl.  Holtzmann 
gram.  335. 

Da,  wie  ei-wähnt,  im  T.  die  Schreiber  ydÖZ  zwar  nie  c  (sondern 
k),  welcher  durchweg  sc  vor  e  i  gebrauchen,  so  folgert  S.  18  daraus, 
dass  sich  diese  leute  der  verschiedenen  ausspräche  des  c  vor  e  i  bewust 
waren,  und  demnach  für  sc  vor  e  i  zur  zeit  der  abfassung  von  G  — 
nicht  der  vorläge,  welche  im  gegenteil  fiberall  sk  gehabt  habe  min- 
destens schon  die  ausspräche  s-ch  angenommen  werden  mfisse.  Dies 
scheint  mir  doch  sehr  zweifelhaft,  um  so  mehr  als  S.  dadurch  genötigt 
wird,  dem  inlautenden  sg  vor  e  i  dieselbe  ausspräche  zu  vindicieren. 
Es  entsteht  da  die  frage ,  wie  die  Schreiber  yd&C  dazu  kommen  konten, 
denselben  laut  (s-ch),  den  sie  im  anlaut  durch  sc  gaben,  im  inlaut 
durch  sg  auszudrücken.  Viel  einfacher  und  ungezwungener  dftnkt  nur 
die  annähme,  dass  den  scbreibem  yö^ß  f&r  die  lautverbindung  sk  nur 
das  zeichen  sc  geläufig  war,  und  dieses  wendeten  sie  im  an-  und  aus- 
laut  an;  im  inlaut  aber,  wo  beide  laute  dieser  Verbindung  tönend  wur- 
den, schrieben  sie  sg.  Auf  diese  weise  ergibt  sich  ein  Verhältnis,  welches 
dem  bei  0.  und  in  SG.  bestehenden  ganz  nahe  komt,  nur  dass  bei  lez- 
teren  k  vorherseht  (dass  aber  Otfrid  sowie  der  Schreiber  von  SG  den 
unterschied  zwischen  c  vor  hellen  und  c  vor  dunklen  voc.  kanten,  ergibt 
sich  daraus,  dass  sie  es  nur  vor  lezteren  verwendeten)  und  neben  dem 
vor  allen  voc.  erscheinenden  sc  sich  zuweilen  sk  findet. 

Tatian  (yd^C)                    Otfrid  SG. 

anlaut:  cvoraour            k  vor  allen  voc.  k  vor  allen  voc. 

:  k  vor  e  i         (dafür  zuweilen  c  vor  a  o  u)  (zuweilen  c  vor  a  o  u) 

:  sc  vor  allen  voc.      sc  vor  allen  voc.  sc  vor  allen  voc. 

(dafür  zuweilen  sk)  (daneben  2  sk) 

inlaut:  sg  sg  sg 

Bei  Is.  steht  sc  vor  a  o  u  r;  seh  vor  e  i,  welches  ich  mit  Holtzmann 
=  sk  setze.  Durch  versehen  findet  es  sich  auch  in  schameen  21,  10; 
himilischun  31,  2.  5.  Wie  das  Isidorische  seh  beurteilen  sich  auch  die 
wenigen  bei  T.  0.  begegnenden. 


--  *■ 


DBB  OBBBFBÄinL  LAUT8TAKD  IM  IX.  JAHBH.  435 

h. 

Die  hauptsächlichsten  bei  h  zu  t£^e  tretenden  erscbeinungen  sind 
sein  schwinden  und  andrerseits  sein  unorganisches  eintreten.  Im  anlaut 
vor  cons.  verklang  h  im  oberfrk.  in  der  ersten  hälfte  des  IX.  jh.  (im 
oberd.  besonders  im  alem.  falt  dies  h  schon  viel  früher  dem  schwinden 
anheim.  Schon  in  der  benediktinerregel  begegnen  neben  92  hw  hl  hr 
hn,  58  einfache  w  1  r  (n  fehlt).  Dieselben  verteilen  sich  allerdings, 
wie  Seiler  (beitr.  I,  411  fg.)  nachgewiesen,  sehr  ungleichmässig  auf  die 
verschiedenen  partien,  da  aber,  wie  Seiler  (s.  479)  wol  mit  recht  annimt, 
die  verschiedenen  Verfasser  nicht  nur  gleichzeitig  sind,  sondern  auch 
derselben  schule  angehörten  und  denselben  bildungsgrad  besassen,  so 
ergibt  sich  daraus ,  dass  dieses  anlautende  h  vor  cons.  im  alem.  jener 
zeit  (um  760)  stark  im  schwinden  begriffen  war.  Im  anfang  des  IX.  jh. 
ist,  wie  die  Murb.  hymn.  zeigen,  der  abfall  des  h  vollendet.)  und  ein 
gleiches  scheint  vereinzelt  auch  inlautendem  h  vor  cons.  widerfahren  zu 
sein.  Ganz  anders  beurteilt  es  sich,  wenn  wir  h  im  anlaut  vor  voc, 
im  inlaut  zwischen  voc.  (selten  im  auslaut)  zuweilen  nicht  geschrieben 
finden.  Der  grund  hiervon  ist  darin  zu  suchen ,  dass  das  frk.  h  in  die- 
sen lagen  die  neigung  hatte  zu  einem  blossen  Spiritus  lenis  herabzusin- 
ken, den  dann  der  Schreiber  gelegentlich  unbezeichnet  Hess.  Meist 
aber  behielt  man  doch  h  bei  und  so  gewöhnte  man  sich  dasselbe  als 
zeichen  f&r  diesen  sanften  hauch  anzusehen  und  es  dann  auch  zum  aus- 
druck  der  aspirierten  ausspräche  zu  verwenden,  welchen  die  anlauten- 
den vocale  im  frk.  angenommen  hatten.  Beide  erscbeinungen,  beson- 
ders das  antreten  des  h  vor  voc.  finden  sich  auch  im  alem.,  vgl.  Weinh. 
agr.  230.  231.  Sievers  Murb.  hymn.  s.  18,  selten  im  bair.;  Weinh. 
bgr.  190.  191. 

1)  an(in-)laTitendes  h  vor  cons.  Ersteres  ist  bei  T.  0.  dnrchaas 
geschwunden,  (über  den  instrum.  hin  vgl.  unter  w),  bei  Is.  haftet  es  noch  überall, 
80  dass  man  wol  berechtigt  ist,  chilothzssom  5,  28;  cbinuoioian  37,  22  als  schreib- 
versehen  aufzufassen.  Ebenso  wird  sich  das  Vereinzelte  weo  LS.  1,  3  beurteilen, 
da  dieses  denkmal  sonst  durchweg  hw  aufweist  (ausserdem  hr  in  hros  8).  In  Wk. 
ist  dieses  h  durchweg  gewahrt  (huu  13  m.;  blöttru  31;  antbruoft  39.  hruaraames 
103).  Ferner  findet  sich  noch  vereinzelt  hröfungun  Fgl.  48,  hrömes  121  (arröftint, 
arruofa,  leumunt,  uuolih);  -hros,  hloufon  gl.  c.»  978*  und  anahlin^s  (innitaris)  977% 
wie  für  das  analihenes  der  hs.  zu  lesen  sein  wird.  Mit  einem  bei  namen  leicht 
erklärlichen  archaismus  ist  hl  gewahrt  in  Hluduig  Lid.  —  Inlautendes  h  vor  cons. 
(t,  s)  ist  ausgefellen  in  uuesal  Fgl.  21;  quatala  (coturnix)  SG.  246»,  vgl.  Grimm, 
gesch.  d.  d.  spr.  s.  73;  uuesales  0.  V,  19,  57;  knet  III,  6,  27;  giflat  II,  11,  9  P. 
bratter  lY,  17,  1,  d.  i.  brahta  er.  Hierher  sind  auch  zu  ziehen:  nä(h)lichdta 
T.  97,  6;  gli(h)ni88i  91,  1.  (vgl.  auch  baununc  Is.  15,  16,  welches  nach  Kölbing 
(Germ.  XX,  379)  in  der  hs.  abgeteilt  ist  und  dessen  u  so  nahe  am  rande,  dass  es 
firaglich  ist,  ob  h  je  dagestanden  habe.) 


436  mTBOH 

2)  an  (in-)  lauten  des  h  vor  yoc.  Es  finden  sich  folgende  belege  tBa 
dessen  ab-  resp.  ausfall:  T.  immine  (hymno)  166,  5;  scinafÜn  91, 1;  höisten  3,  5.  7; 
hdan  91,  1;  gineen  gineo  (gandio  gandimn)  21,  6;  gisSntd  121,  1.  In  fihn  87,  8; 
g^isihn  87,  5  scheint  hu  yom  corrector  fUr  n  gesezt  zn  sein.  8. 19.  —  I^L  nnsi- 
toafteni  58;  bithian,  uofari  8.  fia  91.  ni  sean  138.  —  gL  c^  elffa  978\  ~  Wb. 
inteiz  33;  näisten  29.  —  8t.  gealtnissi  17.  —  Bb.  In  hüs  21  ist  h  erst  überge- 
schrieben. —  Lb.  gin  6  (gihn  10m.).  —  80.  agastalt  249«,  arfa  (fistnlal)  248^ 
albgfartilla  (semizintia  d.  i.  semidnctia)  263^  und  eriberdil  (castrensis  portae)  269^ 
(Pt.  hereherdil),  dessen  erster  bestandteil  doch  zweifellos  her!  ezercitus  ist;  b&unga 
(fomentum)  26^^  —  0.  el£ft  I,  28,  5  V;  rediafto  U,  9,  92  P;  siuh  UI,  20,  116  P 
für  sihu  ih;  bifilu  V,  25,  87  VPP.  öfter  in  P,  z.  b.  bithian  I,  7,  27.  —  Im.  bie- 
tet  nur  späida  5,  3  (spähida  3,  20).  —  Abfall  eines  auslautenden  h  finde  ich 
nur  in  intfaa  Ag.;  csdri  SG.  263*;  gisa  0.  III,  20,  60  P.  —  (müunerpf  gl.  c.>  978^ 
f&r  mfth-). 

3)  unorganisches  h  im  anlaut  vor  yocalen  [und  cons.].  Dasselbe 
findet  sich  zuweilen  auch  in  lat.  Wörtern,  z.  b.  harundo  SG.  269*-^.  Obgleich  auch 
alem.  denkmäler,  z.  b.  die  Murbacher  hymn.  (ygl.  Sievers  s.  18)  und  andre  (Weinh. 
agr.  229),  ja  auch  einzelne  bair.  (W.  bgr.  190)  ein  solches  h  aufweisen,  so  wird 
man  diesen  Spiritus  lenis  doch  als  eine  wesentlich  frk.,  ihm  zum  teil  mit  dem  nd. 
gemeinsame  eigentümlichkeit  anzusehen  haben.  Die  h  der  oberd.  denkmMer  erklä- 
ren sich  gewiss  zum  grossen  teil  am  besten  durch  annähme  einer  frk.  yorlage  oder 
eines  frk.  Schreibers.  Holtzmann ,  welcher  dieses  h  ebenso  wie  den  erwähnten  abfidl 
eines  stammhaften  h  yor  vocal  romanischen  Schreibern  in  die  schuhe  schieben 
mochte,  wird  man  schon  in  anbetracht  des  häufigen  yorkommens  nicht  beistimmen 
können,  ünsre  denkmäler  liefern  folgende  belege  für  h  yor  yoc:  Tat.  her  begeg- 
net häufiger  als  er,  ferner  findet  sich  hdht  (5),  h&htenton,  hiuuarä,  hiyuuih,  hörfin 
je  Im.  8. 19.  —  Fgl.  höht  19.  56.  86.  94.  143.  huobti  (celebratur)  4.  —  Ft.  B. 
heinan  14.  •  LS.  her  I,  3  sonst  er.  —  gl*  ID.  haberhougen  (praecidentur)  500*" 
d.  1.  ab-er-houwen,  ygl.  gram.  II ,  930.  —  gl.  A.?  hantcunni  (exenium,  euloiaj 
191.  —  Mgl.  herbarmida  284S  hösthalbün  285",  her  285^.  —  Lb.  heit  (iusiuran- 
dum)  24  (2).  —  Lbs.  hüze  1.  hurolob  4.  —  Wk.  her  (10);  er  21.  52  (nach 
thaz).  —  Lid.  her  (23);  er  steht  nur  wo  das  pron.  an  das  yorhergehende  wort 
incliniert  ist:  gideilder  7,  ind  er  15.  18.  uuisser  uuold  er  43.  söser  58.  Für  nam 
er  42  in  MSD.  ist  nach  Arndt  nam  her  zu  lesen  (so  auch  in  Wackem.  lesebuch). 
Femer  hin  32.  34.  35.  hin  54  (inan  4.  59.  imo  5).  hio  54.  58.  —  SG.  her- 
de(mp)hu  (sugillo)  264^  herholdth  (dolata)  269^  herdmiz  (tubaura)  291^  —  Otfir. 
her  n,  7,  34;  hiltun  V,  4,  10;  gihilit  V,  16,  33  V;  gihöreti  lY,  4,  25  V.  —  Zu 
yergleichen  ist  zu  der  erscheinung  MSD.  zn  XYI,  1,  wo  an  den  ausruf  des  ster- 
benden Ludwig  des  frommen:  hützl  hützl  (forasl  forasi)  und  die  zahlreichen  mit 
h  statt  mit  yoc.  anlautenden  namen  im  cod.  Lauresham.  erinnert  wird.  —  Yor 
cons.  (nur  r)  begegnet  ein  solches  h  in  hrect  Fgl.  91.  hrähün  (radüs)  gl.  A.  191. 
Es  erinnert  dies  an  die  yon  Weinhold  bgr.  160  erwähnte  tatsache,  dass  im  heuti- 
gen bair.  anlautendes  r  mit  einem  scharfen  hauch  gesprodien  wird.  Zu  yergleichen 
ist  auch  blöd  Hei.  (M)  2398  (Schm.  73,  18)  für  löd  prt  y.  Hodau. 

4)  In  (und  aus-)  lautend  scheint  h  nach  kurzem  yoc.  zuweilen  eine  gröbere 
ausspräche  angenommen  zu  haben.  Es  zeigt  sich  dies  in  den  Schreibungen  hh  (oh 
cch  hc  g  c),  welche  sich  für  ursprüngliches  h  finden.  Tat.  nihhein  (2),  nohhein  (4), 
nihein  (1),  aber  stets  niheinig  (6),  noheinlg  (1).  —  Fgl.  rect  58.  62.  91.  118.  122. 
145.  —    gl.  0.^  nohheiua  97 9  ^  —    gl.  A.  fluctira  (consuta  palmaram  plecta)  190 


DKB  OBBBFBInK.  LAÜTBTAVD  IM  IX.  JAHBH.  487 

ZU  flehtaD.  Qr.  III,  771.  —  8t.  nohheinin  20.  nohhein  dO;  mig  19.  —  Bb.  dnruhc 
11.  —  Wk.  thohheinaz  26.  —  Lid.  nicheiD  50.  —  SG.  lietaccher  291^  —  Otfr. 
nihhein  II,  12,  7  7;  tbihhein  IV,  4,  24  P;  iannicht  8.  7  P,  vgl.  auch  nohc,  rehcto 
in  F.  K.  526.  —  Nach  langem  voc.  begegnet  diese  bezeichnung  nur  in  bijächi 
T.  182,  18;  firüche  S.  47  V,  (firliache  P).  8.  87  P  (in  V  ist  c  ansgekrazt,  wie  noch 
an  einigen  andern  stellen  in  diesem  werte  K.  528).  —  Diese  erscheinung  ist  auch 
den  oberd.  mundarten  nicht  fremd,  vgl.  Weinh.  agr.  206.  222.  225;  bgr.  178. 
181.  188. 

5)  8chliessUch  erwfthne  ich  noch  die  auch  in  alem.  denkm&lem  dieser  zeit 
begegnende  (W.  agr.  178;  MSD.  zn  XXXIII,  C^.  14)  Schreibung  th  für  ht:  nath 
Lb.  87;  ftzBoth  (dissenteria)  SQ.  268«,  segelath  (carbasea)  269  *;  lioth  O.I,  18,  9  7 
und  öfter  in  F,  vgl.  E.  528. 

j. 

Tatian. 

Anlautendes  j  wird  vor  e  i  in  den  formen  von  jehan  stets  durch  g  vertreten; 
fttr  iu  (iam)  erscheint  in  aaß  consequent  giu.  Inlautend  findet  sich  g  für  j  in  frigd 
181,  18.  15;  215,  1  (filiu  93,  8;  filie-  211,  1).  —  Für  j  ist  uu  eingetreten  in 
säuuen  durchweg,  nur  87,  8  war  2m.  sahit  geschrieben,  doch  ist  h  ausradiert 

Das  ableitungs-j  der  sw.  verba  ist  nur  in  der  1.  sg.  prs.  ind.  in  /<f(rc>  das 
der  neutralen  -ja-st&mme  im  instr.  sg.,  n.  a.  pl.  in  ßyÜ^  einigemal  erhalten,  im 
ganzen  25  m.  Die  quantit&t  der  Stammsilbe  scheint  nicht  von  einfluss  auf  die 
bewahrung  zu  sein  (lim.  nach  langer;  4m.  nach  kurzer  auf  consonanten Verbindung, 
10m.  nach  kurzer  auf  einfiachen  cons.  ausgehender  Stammsilbe),  wol  aber  die  stamm- 
auslautenden  cons.  selbst  (nach  t  d  7m. ,  nach  z  4m.,  nach  n  8m.,  nach  r  1  m  s 
je  2m.,  nach  k  uu  h  je  Im.).  Ausserdem  ist  j  gewahrt  als  e  2m.  nach  t.  Im. 
nach  d,  2m.  nach  p.    Die  belege  bei  S.  24.  25. 

Im  Übrigen  ist  das  ableitende  j  überall  verloren  und  zwar:^ 

1)  spurlos  nach  langer  oder  durch  consonantenverbindung  geschärfter  Stamm- 
silbe (nur  57,  5  steht  hörrenne),  ebenso  nach  den  auf  Spiranten  ausgehenden  Stamm- 
silben. 

2)  nach  kurzer  auf  ein&ohen  cons.  (ausser  w  v  s)  auslautender  Stammsilbe 
mit  zurücklassung  einer  allerdings  nicht  überall  durchgeführten  gemination  des 
schlusscont».  Leztere  ist  nicht  belegt  bei  d  (»»  got.  p),  m,  r.  Gemination  des  n 
findet  sich  nur  in  den  sog.  flectierten  Infinitiven,  hier  aber  auch  durchweg.  Dage- 
gen ist  die  gemination  regel  bei  g,  k,  b,  p,  z,  t  und  1.  Häufig  findet  sich  aber 
auch  besonders  k ,  z  (durchweg  in  den  verben  auf  -azjan  und  den  subst.  auf  -azunga, 
aus  dem  einfachen  gründe,  weil  die  vorhergehende  silbe,  als  nicht  haupttonsilbe, 
der  schärf ung  nicht  bedarf)  und  1  (z.  b.  steht  stets  seien,  ausser  seilen ne  98,  1) 
einfach  geschrieben.  In  diesen  fällen  beweist  jedoch  häufig  das  verkürzte  pri  die 
eingetretene  schärfung  der  Stammsilbe. 

Komt  j  in  den  auslaut  oder  vor  cons.  zu  stehen,  so  geht  es  wie  überall  in 
i  über.  Was  den  ausfall  desselben  im  prt.  und  prtc.  prt.  der  sw.  verba  auf  -jan 
angeht,  so  stelt  sich  die  sache  in  T.  folgendermassen :  > 

1)  Ich  folge  im  wesentlichen  der  darstellung  bei  8.  25  fg. 

2)  Ich  lege  dieser  darstellung  des  sachverhältnisses  die  von  Begemann  „Das 
sciiwache  Präteritum  der  germanischen  sprachen"  1878,  s.  182  fg.  gegebene  Zusam- 
menstellung der  foniien  zu  gründe. 


M-M^  ■ 


«■    '^         -mßi. 


S      ' 


438  PIBTSCH 

Im  prt.  bewahren  die  verba,  welche  zwischen  stamm  und  flexion  eine  ablei- 
tangssilbe  haben,  1  durchweg  mit  einziger  ausnähme  von  tongilta  2,  II.  Dervocal 
der  ableitnngssilbe  &lt  dagegen  meist  ans.  Die  kurzsilbigen  verba  verlieren  i  nur 
dann,  wenn  der  vocal  der  Stammsilbe  a  ist,^  and  zwar  steht  ausschliesslich  sazta, 
salta,  uuacta  (uuahta),  thacta,  lacta  (1)  und  andrerseits  nur  legita,  thenita,  ferita, 
uuerita,  rekita;  ein  schwanken  scheint  bei  den  einzelnen  werten  nicht  statt  zu  fin- 
den. Die  verba,  deren  Stammsilbe  einen  langen  vocal  oder  einen  diphthongen  ent- 
hält, werfen  das  i  fast  durchgehends  aus,  es  finden  sich  etwa  260  formen  ohne  i 
und  nur  20  mit  i  (aroug^  14  m;  arougita  229,  2);  von  den  verben,  deren  Stamm- 
silbe durch  consonanten Verbindung  resp.  alte  gemination  geschärft  ist,  begegnen 
etwa  140  formen  mit  i^  denen  allerdings  etwa  122  ohne  i  gegenüberstehen;  doch 
sind  unter  lezteren  etwa  100  (santa  etwa  86  m.),  in  denen  der  sog.  ruckumlaut  ein- 
getreten ist. 

Die  unflectierten  formen  des  prtc.  prt.  der  mehrsilbigen  und  der  kurzsilbigen 
verba  bewahren  i  durchaus,  ein  gleiches  ist  meist  auch  bei  den  verben  mit  langer 
oder  durch  consonantenverbindung  geschärfter  Stammsilbe  der  fall ,  doch  findet  sich 
giuuant  (2)  neben  7 maligem  giuuentit  und  je  Im.  giruort  (giruorit  7ro.),  erduompt 
(furtuomit  2m.)  >  giuuorht.  S.  27.  —  In  den  flectierten  formen  des  prtc.  prt.  zeigen 
die  mehrsilbigen  verba  5  m.  bewahrtes  1  (Begemann  s.  136)  und  nur  in  g^mahaltero 
3,  1 ;  5,  12  ausfall  desselben.  Die  kurzsilbigen  verba  haben  den  ausfall  nur  in  weni- 
gen formen  mit  „ruckumlaut":  blthäctes  (1),  gisaztu  (2),  gisaztcro  (1),  sonst  ist  i 
gewahrt  (gisezzitu  2  m.).  Bei  den  verben  mit  langem  vocal  oder  mit  diphthong  in 
der  Stammsilbe  fiberwiegen  wider  die  formen  ohne  i  bedeutend  (33;  17  mit  i),  dage- 
gen scheint  sich  das  oben  fftr  das  prt.  festgestelte  Verhältnis  bei  den  verben  mit 
durch  consonantenverbindung  geschärfter  Stammsilbe  umzukf  hren ,  wir  finden  23  for- 
men ohne,  12  mit  i.  Doch  hat  dies  nicht  so  viel  zu  sagen,  da  von  den  ersteren 
18  auf  das  verb.  füllen  (nur  136,  1 :  g^^^^^)  kommen  und  unter  den  übrigen  sich 
5  mit  „  ruckumlaut'*  befinden. 

Auffallend  scheint  (vgl.  Begemann  s.  136) ,  dass  neben  salta  namta  nur  gise- 
liter,  ginemnitdr,  neben  uuanta  und  giuuant  nur  giuuentit^r  sich  findet,  doch  kann 
dies  leicht  auf  zufall  beruhen,  da  giseliter  ginemniter  nur  je  Im.,  giuuentiter 
nur  2  m.  begegfnet  und  ihnen  allen  die  volle  unflectierte  form  sehr  zahlreich  zur 
Seite  steht. 

Otfrid. 

Über  stammhaftes  j  ist  nur  zu  bemerken ,  dass  es  in  jenSr  und  vor  e  i  in 
den  formen  von  jehan  stets  durch  g  ersezt  ist.  Ableitendes  -j  ist  in  30  formen 
kurzsilbiger  auf  -r  auslautender  sw.  verba ,  die  K.  45  aufführt ,  und  in  suerien  IV, 
18,  29;  firsuerie  II,  19,  7  vor  e  §  der  flexion  gewahrt,  nirgends  jedoch  in  der 
1.  sg.  prs.  ind.  Desgleichen  ist  j  gewahrt  in  folgenden  vereinzelten  formen  der 
nomina  auf  -ja:  heries  herie  (2),  brunia  redia  redion  (3),  redie  vgl.  K.  531. 

Im  übrigen  ist  auch  bei  0.  -j  verloren  und  zwar 

1)  spurlos  stets  nach  langer  oder  durch  consonantenverbindung  geschärfter 
oder  auf  Spiranten  auslautender  Silbe.  Als  ausnähme  weiss  ich  nur  uuänne  I,  23, 
64  VP,  IV,  22,  3  P  anzuführen. 

1)  d.  h.  wenn  im  prt.  der  sog.  ruckumlaut  eintreten  kann.  Bezüglich  der 
entstehung  dieser  prät.  stimme  ich  der  zuerst  von  Bopp  aufgestelten,  neuerdings 
auch  von  Begemann  vertretenen  ansieht  bei,  dass  dieselben  durch  unmittelbares 
antreten  von  -ta  an  die  unumgelautote  wz.  gebildet  wurden. 


DBB  OBBBFBAMK.   LAirT8TA.ND   IM  DL.   JAHBH.  439 

2)  nach  kurzer  auf  einfachen  cons.  (ausser  den  spir.)  ausgehender  Stammsilbe 
mit  zurücklassung  einer  fast  überall  durchgeführten  gemination  des  schlusscons. 
Die  belege  für  diese  Verdopplung  mangeln  bei  d  (>^  got.  p);  mm  weiss  ich  nur  in 
gifrummet  IV,  20,  ^  zu  belegen.  Dagegen  findet  sich  nn  ausser  in  dem  bereits 
oben  angeführten  uuanne  und  dem  sog.  iiectierten  Infinitiv,  durchweg  in  \iuunna 
II,  16,  4;  m,  9,  15;  IV,  3,  24  u.  ö.;  it  in  terren  I,  4,  27;  IV,  26,  52;  giburren 
V,  25,  29;  errent  11,  4,  43;  gikerre  I,  27,  65;  uuerren  II,  19,  8;  III,  1,  42;  IV, 
14,  16;  suerreut  II,  19,  8,  welche  alle  bei  T.,  so  weit  sie  dort  belegt  sind,  nur 
einfaches  r  aufweisen. 

Unbezeichnet  bleibt  die  eingetretene  Verschärfung  der  Stammsilbe  nie  bei  1, 
sehr  häufig  dagegen  bei  k:  gismekSn  :  intheken  11,  9,  5,  reken :  gismeken  ü,  9,  69; 
irreke  II,  4,  79;  gUmekent  III,  10,  40;  intheket  III,  24,  82;  thekent  IV,  29,  12; 
irzuken  IV,  8,  15;  37,  12;  klekent  V,  7,  52;  usw.  Dagegen  findet  sich  gemination 
in:  irquigken  I,  23,  48V;  (-quicken  P)  nidarskrikke  II,  4,  79;  zukke  III,  10,  33; 
irquicM  III,  1,  22;  irquickit  IV,  19,  37. 

Tritt  dieses  j  in  den  auslaut  oder  vor  cons.,  so  geht  es  natürlich  in  i  über. 
Im  prt  der  sw.  verba  Hllit  es  aus  nach  langer  oder  durch  consonanten Verbindung 
resp.  alte  gemination  geschärfter  Stammsilbe.  Einzige  ausnähme  dieser  regel  ist 
antuuurtita  IV,  23,  39.  Von  den  kurzsilbigen  verben  zeigen  auch  bei  0.  nur  die- 
jenigen den  ausfall  des  i,  deren  stammvocal  a  ist  und  zwar  findet  sich 

1)  nur  sazta,  scafta,  gismakta  thakta  uuakta,  quatta,  dualta  (daneben  dua- 
16ta  2  m.). 

2)  zalta  (110),  qualta  (4),  salta  (3)  neben  zelita  (35);  queütl  III,  17,  48; 
firseliti  IV,  11,  4. 

3)  bei  allen  übrigen  nur  die  volle  form. 

Auch  die  verba,  welche  zwischen  stamm  und  endung  eine  ableitungssilbe 
haben,  bewahren  i,  doch  sind  die  belege  sehr  sparsam:  boubnita  IV,  12,  31;  loug- 
nita  V,  15,  24;  angustitun  III,  20,  103;  24,  111.  Ihnen  stehen  ohne  i  gegenüber 
nur  mahalta  I,  8,  1  und  bilidta  IV,  13,  8.^  Die  bedingungsweise  auch  hierher  gehö- 
rigen verba  garauuen  farauuen  bilden  garota  (8  m.  und  auffallend  IV,  2,  7  gare- 
tun),  farota  (1),  vgl.  E.  58. 

Im  prtc.  prt.  behalten  die  kurzsilbigen  verba  (zu  denen  doch  auch  bithekjan 
gehört,  diüier  bithekitaz,  vgl.  E.  123  unten),  mag  dasselbe  fiectiert  oder  unfiecüert 
sein,  stets  i  bei.  Eine  ausnähme  macht  Zeilen,  dessen  prtc.  prt,  gizelit  II,  21,  44 
ausgenommen ,  stets  gizalt  (4)  lautet.  Die  langsilbigen  und  mit  einer  consonanten- 
verbindnng  auslautenden  verba  dagegen  behalten  i  in  der  unfiectierten  form  (aus- 
genommen biknät  (biknät  (:  rät)  II ,  6,  47;  ginant  III,  22,  51),  werfen  es  aber  in 
der  flectierten  aus  (ausgenommen  zispreititd  III,  26,  36).  Von  den  verben,  welche 
zwischen  stamm  und  endung  eine  ableitungssilbe  haben ,  ist  nur  eine  flectierte  form 
belegt,  welche  wie  die  unfiectierten  i  gewahrt  bat:  giuuafhitSn  IV,  36,  19. 

1)  Wie  bei  T.  0.  ist  auch  in  den  übrigen  denkm.  das  ableitende 
j  bereits  stark  im  schwinden  begriffen,  doch  findet  es  sich  noch  30m. 
als  i  (j?),  6m.  als  e  gewahrt,  so  dass  das  gesamte  oberfrk.  noch  etwa 
100  solche  formen  aufweist.  Am  häufigsten  finden  wir  die  erhaltung 
in  LS.  (urcundedm  I,  3;   wirdriün  II,  1  (2);   drittiün  II,  1;   diubiu 

1)  Sonst  lautet  dies  verbum  auch  bei  0.  bilidon. 


440  PIBTBCH 

n,  5  neben  here  6;  snnne  I,  1,  2;  giconde  I,  3;  menen  I,  3  (2)). 
Wk.  (giterian  30.  gihörie  31.  ellies  32.  secchia  39.  gilaubiu  43.  49. 
scepphion  43.  hellin  47;  uoilleo  2.  13.  15.  sandeöno  50  neben  gUau- 
ban  31.  gilaube  83.  gilaabamgs  84.  citeilentö  56.  henge  81.  son- 
tä  107)  und  Lid.  (nnunnidno  8.  gendiöt  9.  sondidno  12.  gisellion  32. 
ellian  39.  42.  uuiUion  39.  kunnie  41.)  Von  den  übrigen  denkm.  bie- 
ten Fb.  buozziu  20;  Fgl.  geantunrtie  cundie  55  (2)  :  giscerie  18;  Ft. 
nerienton  10.  sonteöno  18;  gl.  A.  zurgengidn  (dispendiom)  191;  Lb. 
sneriennes  6.  bitdiu  42;  8&.  keui&n  266*,  cräia  267%  bmnia  268\ 
Wenn  wir  damit  die  sich  bei  T.  0.  findenden  belege  vergleichen,  so 
ergibt  sich  eine  bestätigung  der  von  Sievers  (Murbacher  hymn.  s.  21) 
gemachten  beobachtung,  dass  j  resp.  i  sich  am  längsten  nach  dentalen 
zu  halten  scheine.  Wir  finden  dasselbe  gewahrt  am  häufigsten  nach 
r  (48  m.  besonders  bei  0.),  nach  d  t  23  m.,  nach  z  5  m.,  nach  n  7  m., 
nach  8  2  m.,  nach  d  2m.^  dagegen  nach  labialen  nur  10  m.,  nach  gut- 
turalen nur  4m.  Ausserdem,  besonders  in  Wk.  Lid.,  nach  1  lim.  In 
den  meisten  fällen  wird  auch  da,  wo  wir  i  geschrieben  finden,  schon 
der  Yocalische  laut  anzunehmen  sein  (vgl.  Braune,  beitr.  II,  165  anm.), 
sicher  ist  dies  in  den  fällen,  wo  neben  i  schon  die  gemination  einge- 
treten ist.  Den  Übergang  zu  dem  völligen  schwinden  bilden  die  for- 
men mit  e.  Dass  wirklich  ein  solches,  nicht  aber  eine  assim.  des  j  an 
den  vorhergehenden  cons.  statthatte,  wird  meines  erachtens  durch  die 
i  e  neben  der  Verdopplung  des  endcons.  zeigenden  formen  unzweifelhaft 
gemacht.  Die  gemination  —  ich  gebrauche  diesen  ausdinick  hier  nur 
im  hinblick  auf  die  graphische  bezeichnung  —  trat  ein  zum  ersatz  fHi* 
die  durch  vocalisieining  des  j  zu  verlust  gegangene  position,  natürlich 
aber  nur  dann ,  wenn  der  stammauslautende  cons.  überhaupt  verdoppe- 
lungsfähig war.  Die  oben  angeführten  formen^  welche  über  die  voca- 
lische  natur  des  ableitungslautes  keinen  zweifei  lassen  —  ich  meine  die, 
in  welchen  er  als  e  erscheint  —  zeigen  daher  die  möglichen  gemina- 
tionen  schon  eingetreten.  Gegen  die  gewöhnliche  annähme  einer  assim. 
spricht  schliesslich  auch  der  umstand,  dass  die  meisten  der  hier  in 
frage  kommenden  cons.  sonst  weit  entfernt  sind,  eine  so  staike  assi- 
milationskraft  zu  bewähren,  und  grade  die  sonst  so  häufig  assim.  aus- 
übenden cons.  m  n  meist  nicht  verdoppelt  werden. 

Betrefs  dieser  nach  dem  ausfall  eintretenden  geminationen  stim- 
men im  wesentlichen  alle  unsre  denkmäler  überein.  Sie  findet  nie  statt, 
wenn  die  Stammsilbe  auf  eine  consonantenverbindung  ausgeht,  ebenso- 
wenig, von  hörrenue  T.,  uuänne  0.  abgesehen,  wenn  sie  langen  vocal 
enthält.  Natürlich  —  denn  ein  ersatz  für  j  war  hier,  wo  die  silbe  das 
nötige  gewicht  bereits  hatte,   überflüssig.     Bei  kurzsilbigen  auf  ein- 


DBE  OBBRFRANK.  LAUTSTAKD  IM  IX.  JAHRH.  44l 

fachen  cons.  ausgehenden  stammen  trat  dagegen  gemination  ein^  die 
bei  0.  fast  vollständig,  bei  T.  nur  zum  teil  durchgeführt  ist.  Die 
belege  der  kleineren  denkm.  liefern  weiter  kein  ergebnis,  doch  erwähne 
ich  das  vielleicht  auf  blossem  schreibversehen  beruhende  diccane  Fgl. 
118  (sonst  auch  hier  stets  nn  in  diesen  foimen),  äuachenes  Pb.  4  (lia- 
gennes  4)  und  ägenggün  SG.  247^.  ^ 

2)  Die  behandlung  des  im  sw.  prt.  für  j  eintretenden  i  ist  bei  T. 
und  0.  wesentlich  dieselbe  bei  den  mehrsilbigen  und  den  kurzsilbigen 
Verben:  die  ersteren  wahren  das  i  fast  durchgehends ,  die  lezteren  lassen 
es  nur  ausfallen,  wenn  der  sog.  rückumlaut  eintreten  kann.  Während 
dagegen  bei  0.  die  mit  langem  vocal  in  der  stamtmsilbe  sowol,  wie  die 
mit  consonantenverbindung  nach  derselben,  i  consequent  auswerfen, 
findet  ein  gleiches  bei  T.  vorwiegend  nur  bei  jenen  statt,  diese  hinge- 
gen wahren  ihr  i  in  der  grösseren  anzahl  der  fälle  und  werfen  es  meist 
nur  dann  aus,  wenn  der  „rückumlaut"  statthaben  kann.  Die  formen 
der  übrigen  denkmäler  liefern  kein  bestimtes  ergebnis,  doch  finden  wir 
das  bei  T.  bestehende  Verhältnis  im  kleinen  wider  in  Mb.  (givremidt 
3.  18.  geburidi  17.  18.  gihancdt  4.  19.  besuonda  14.  irvulta  11) 
und  Lb.  (giunsübrida  34.  gifrumita35;  leerda  12.  13.  14.  märda  15. 
gidrösda  17.  gisuonda  18.  giloupta  20  (2)).  Schwanken  zeigt  sich 
in  Fb.  (Srita  12.  gisuonta  10)  und  Fgl.  (antuuertitin  139.  conftt 
(aestiment)  9).'  —  Is.  kent  den  ausfall  ausser  im  prt.  der  pri-prs. 
und  in  giuuorhta  nur  in  chihördon  13,  7;  bichnädi  17,  28;  chirista 
27,  20,  und  auch  hapta  11,  13  neben  hebit  ö|  12  (weshalb  auch  33,  1 
wol  nicht  habendin,  sondern  habendin  anzusetzen  ist)  gehört  hierher. 
Die  formen  sind  gesammelt  von  Begemann  a.  a.  o.  s.  131  fg. 

3)  Die  unflectierte  form  des  prtc.  prt.  bewahrt  bei  T.  0.,  abge- 
sehen von  den  wenigen  oben  erwSümten  ausnahmen,  das  i;  von  den 
kleineren  denkmälern  bietet  nur  FgL  gihefit  7.  In  den  fiecüerten  for- 
men der  mehrsilbigen  und  der  kurzsilbigen  verba  finden  wir  bei  T.  0.  i 
gewahrt  (ein  gleiches  ist;  von  inbispartä  Wb.  7.  binazztSr  SO.  276" 
abgesehen ,  in  den  übrigen  denkmälern  der  fall) ,  dagegen  ist  es  bei  den 
übrigen  im  T.  meist,  bei  0.  immer  ausgefallen.    Die  kleineren  denkm. 

1)  ,,laroia8.'*  Gr.  I,  133  zweifelt,  ob  zn  gangan.  Höchst  wahrscheinlich, 
a-  ist  das  präf.,  welches  gegensatz,  trennung,  böses  bezeichnet,  ägeDgjo  (oder 
agengjä?)  bezeichnet  demnach  den  anheil  bringenden  schreiter.  ÄhnUche  compos. 
mit  -gengjo  bei  Gr.  IV,  103  fg.,  vgl.  auch  Holtzmann,  gram.  274. 

2)  Massmann  yermntete  consti,  wobei  er  wol  an  das  0.  III  t  16,  7  belegte 
konsti  für  kondi  dachte.  Vielleicht  ist  jedoch  knsti ,  d.  i.  kustiti  zu  lesen,  kusljan 
als  simpl.  ist  zwar  nur  unsicher  za  belegen  (Gr.  IV,  518),  doch  darf  es  nach  fer- 
kustjan  unbedenklich  angesezt  werden. 

ZRITSCHB.    V.  DEUTSOHB  PHILOLOGIK.      BD.  VIII.  29 


442  VIBTBCfi 

bieten  ohne  i  nur:  forcauften  Fgl.  36.  ongesträltemo  SG.  270  ^  bisanc-* 
ter  SG.  264'.  kibrant§(r)  SG.  277';  mit  i:  galeritß  Fgl.  15.  gindtita 
gl.  c.*,  978'.  errimitiu  Wb.  34.  gameinito  Wk.  17;  für  arcuinitfi  (quae- 
sti)  Fgl.  144  ist  wol  arcundite  zu  lesen,  gibennithero  Lb.  30.  —  Is. 
kent  den  ausfall  gar  nicht,  vgl.  Begemann  a.  a.  o. 

4)  Als  eine  graphische  eigentümlichkeit  ist  die  widergabe  des 
an-  (in-)  lautenden  j  durch  g  anzusehen.  Es  hat  diese  Vertretung  wol 
lediglich  den  zweck,  die  consonantische  natur  des  vom  voc.  i  graphisch 
nicht  unterschiedenen  j  ausser  zweifei  zu  setzen.  Dass  man  diese 
bezeichnung  nui*  vor  e  i  (abgesehen  von  giu  für  iu  =  iam,  welches 
man  so  von  iu  =  vobis  trennen  wolte)  für  nötig  hielt ,  hat  seinen  grund 
wol  darin,  dass  vor  den  anderen  (dunklen)  voc.  halbvocalische  aus- 
spräche, zu  welcher  das  anlautende  j  jener  zeit  jedenfals  neigte,  leich- 
ter zu  ertragen  war.  An  einen  Übergang  des  j  in  g  ist  sicher  nicht  zu 
denken,  ebenso  wenig  wird  man  annehmen  dürfen,  dass  anlautendes  g 
in  der  ausspräche  mit  j  zusammengefallen  sei.  —  Es  begegnet  dieses 
g  ausser  bei  T.  0.  in  den  betreffenden  formen  von  jehan  und  den  ablei- 
tungen  bigiht,  bigihtig  in  Fb.  (2);  Wb.  (2;  1  j);  Mb.  (3);  Kb.  (11); 
Lb.  (14);  Wk.  (1;  1  j);  Pb.  (1).  Ferner  findet  sich  giu  MgL  283*' 
(hs.  gkv),  Wk.  79  und  SG.  263**  gendra  (citerior),  welches  buch- 
stäblich dem  got.  jaindre  zu  entsprechen  scheint.  Gr.  I,  601  belegt 
es  nur  noch  aus  Pi 

Ein  besonderes  zeichen  fOr  j  begegnet  sonst  nicht ,  doch  liegt  viel- 
leicht in  lung  Lid.  10,  das  nicht  am  anfang  einer  halbzeile  steht  ^  wo 
sonst  allein  die  hs.  diemajuskel  hat,  ein  versuch  vor,  j  und  i  graphisch 
auseinanderzuhalten.  Bei  0.  werden  ja  jo  ju  von  den  diphthongen  ia 
io  iu  dadurch  unterschieden,  dass  erstere  ii  usw.,  leztere  fa  usw.  oder 
i&  usw.  accentuiert  werden.  Grade  umgekehrt  ist  der  accent  in  Kb. 
verwendet,  wo  stets  foh  geschrieben  ist,  vgl.  MSD.  zu  LXXV,  3. 

Die  liquiden. 

1. 

Über  1  ist  wenig  zu  bemerken  (vgl.  jedoch  unter  assim.). 

Zu  erwähnen  ist  nur  die  metathesis,  welche  1  in  naldüu  T.  106,  4  und  in 
sclud  Kb.  10,  13  erlitten  hat,  vgl.  MSD.  zu  LXXV,  10.  Ferner  der  singulare  Über- 
gang desselben  iu  r  in  suiarz  (liquamcu)  SG.  277  ^  (auch  Pt.  hat  smarz). 


r 


r  zeigt  im  frank,  die  neigung  zum  ab-  resp.  ausfall,  andrerseits 
aber  tritt  es  auch  unorganisch  ein. 


DSB  OBBSFBiKK.  LAUTSTAMB  IM  IX.  JAHRH.  443 

1)  Abfall  eines  auslautenden  r  finden  wir  bei  T.  im  pron.  dem.  ther,  wenn 
dasselbe  als  relativum  verwendet  ist,  etwa  10m.;  ebenso  findet  sich  etwa  20m. 
these  für  theser  und  für  thar  erscheint,  wenn  es  nur  als  Verstärkung  dem  relati- 
vum nachfolgt  (nie,  wenn  es  ortsadverb  ist)  nicht  nur  tlier,  sondern  auch  the,  de, 
besonders  in  d  vgl.  S.  41;  Harczyck  Hztschr.  XYU,  77  fg.  —  0.  kent  nur  ther 
therer,  für  thar  aber  findet  sich  the  L.  75;  lY,  35,  11;  Y,  11,  39.  Is.  hat  durch- 
weg jdhese,  aber  nur  dher  dhar.  Yon  den  übrigen  denkmälern  weisen  Fgl.  dese  11, 
Wb.  diude  13.  21  und  sogar  diud  2  auf. 

T.  kennt  ferner  6  m.,  aber  nur  in  y,  he  für  her.  Ausserdem  findet  es  sich 
Lid.  40  für  gewöhnliches  her;  0.  hat  nur  er,  Is.  nur  ir. 

Ausserdem  ist  -r  abgefallen  in  di  mi  Wb.  1.  14.  31 ;  20  (dir  mir  findet  sich 
nicht),  wo  vielleicht  ersatzdehnung  anzunehmen  ist.  Gr.  U,  593;  Y,  80  gibt  keine 
belege  für  den  abfall  des  r  in  diesen  Wörtern;  bei  T.  0.  Is.  findet  er  sich  nicht. 

Auch  sonst  weisen  noch  einzelne  spuren  auf  schwache  und  unvollkommene 
articulation  des  auslautenden  r  hin.  Hierher  gehören  ubatruncani  Fb.  7  (C;  A: 
ubar-);  arbe'ote(r)  (commodans)  Fgl.  10.  foläzzanne  137  (forläzzanne  120).  uuei- 
d6nd§(r)  (pascens),  uohalde(r)  (peripreceps)  Mgl.  283*;  kibrante(r)  (abustus)  SG.  277*; 
0.  Y,  22,  4  ist  hia  in  hiar  corrlgiert,  (vgl.  auch  E.  512).  Aus  T.  weiss  ich  keine 
belege  beizubringen;  Is.  bietet  feozug  24,  5. 

2)  Ein ,  wie  ich  glaube ,  nur  scheinbarer  ausfall  von  inlautendem  r  findet  sich 
in  den  pronom.  poss.  unsar,  iuuuar.  T.  bietet:  unsa  50,  2;  unserö  (g.  pl)  4,  16; 
141,  26;  unsen  4,  8;  iuuarä  (g.  sg.  f)  13,  14.  18;  iuuaru  131,  5.  6.  8;  iuuueru 
134,  8;  145,  7;  194,  3;  iuuuerö  (g.  pl.  m.)  141,  27.  Bei  unsar  steht  etwa  24m., 
bei  iuuuar  etwa  54  m.  die  volle  form  gegenüber.  —  0.  zeigt  ein  entschiedenes 
überwiegen  der  verkürzten  formen,  sie  verhalten  sich  zu  den  vollen  wie  3:1.  Bei- 
spiele sind:  unses  Y,  23,  114;  unsemo  Y,  2,  4;  unsan  (10);  unsa  lY,  32,  12  usw.; 
iues  S.  12;  15;  iuan  II,  19,  15;  iu  (n.  pl.  n.)  III,  16,  85.  41  usw.  Yon  den  übri- 
gen denkmälern  zeigt  nur  noch  Lid.  unsa  38.  (Is.  hat  unseru  (dt.  sg.  f.)  7,  30). 
Hervorzuheben  ist,  dass  0.  gern  die  volle  form  beibehält^  wenn  die  endung  ein  r 
enthält,  z.  b.  unsererö  (g.  pl.)  III,  25,  23;  H.  118;  iuerero  Y,  9,  14,  T.  dagegen 
grade  in  diesem  falle  den  ausfall  eintreten  lässt  (von  den  oben  aufgezählten  formen 
steht  nur  bei  unsa  und  unsdn  die  volle  form  5  m.  resp.  4  m.  zur  seite;  es  findet 
sich  überhaupt  in  den  casus,  welche  in  der  endung  r  haben,  nie  die  volle  form). 
Zweifeln  kann  man,  ob  unsar  unser,  iuuuar  iuuuer,  wenn  es  bei  dem  n.  sg.  m. 
steht,  als  flectierte  kürzere  oder  als  unflectierte  volle  form  oder  als  gen.  des  pron. 
pers.  zu  fassen  sei.  Da  diese  formen  jedoch  auch  sehr  häufig  beim  n.  sg.  f.  n. 
begegnen,  so  wird  eine  der  beiden  lezteren  erklärungen  vorzuziehen  sein.  \'on  ober- 
deutschen denkmälern  dieser  zeit  bieten  nur  die  hymnen  unserä  (g.  sg.  f.)  24,  7,  4; 
13,  4.  Weinh.  a.  gr.  417  gibt  noch  einige  vereinzelte  derartige  formen  aus  späte- 
terer  zeit;  im  bair.  fehlen  dieselben  ganz,  vgL  Weinh.  bgr.  362.  —  Obgleich  es 
im  hinblick  auf  den  gebrauch  der  kürzeren  formen  bei  T.  und  auf  fälle  wie  lüttero 
für  lütterero  Wb.  30  (vgL  auch  MSD.  zu  LIY,  23)  scheinen  könte,  als  habe  hier  in 
der  tat  ein  ausfall  stattgefunden,  so  wird  doch  die  annähme,  dass  dieselben  orga- 
nisch aus  uns  iu  gebildet  sind,  den  vorzug  verdienen,  einmal  weil  es  auffallen 
müste,  dass  derselbe  ausfall  nicht  gleich  häufig  bei  anderen  adj.  auf  -ar  statt  hatte 
und  dann ,  weil  diese  formen  des  pron.  poss.  von  den  gleichgebildeten  im  nd.  allein 
herschenden  nicht  zu  trennen  sind.  Möglich  bleibt  es  dabei  immer,  dass  das  frk., 
dem  vermöge  seiner  mittelstellung  beide  formen  zu  geböte  standen,  bei  der  wähl  mit 
einem  von  dem  umstände,  ob  r  in  der  fiexion  folgte  oder  nicht,  nicht  ganz  unab- 

29* 


444  ftETBOfi 

hängigen  eklekticismas  verfahr.  0.  vermied  die  kürzeren  formen  bei  folgendem  r 
der  endung  vielleicht  aus  rücksicht  auf  die  deatliehkeit,  während  fQr  den  Über- 
setzer des  Tat  phonetische  rttcksichten  massgebend  waren. 

Ausserdem  ist  inlautendes  r  ausgefallen  in  uuidarot  (retrorsum)  0.  I»  11, 
21  V ;  III,  8,  7  P ;  an  anderen  stellen  ist  zwar  uuidarort  geschrieben ,  doch  weisen 
die  reime,  welche  Wilmanns  (Hztschr.  XYI,  120)  zusammengestelt  hat  (uuidarort: 
not  (4),  :  gebdt  (2)  und  nur  Im.  :  uuort),  deutlich  auf  das  verklingen  dieses  r  hin. 
Zu  vergleichen  sind  auch  die  reime  imbot :  uuort;  amon  :  kom;  gab  :  uuarb;  uuort : 
gisamanot ;  scaf :  darf. 

3)  Diesem  ab-  und  ausfall  gegenüber  steht  die  unorganische  an-  resp.  ein- 
schiebung  eines  r.  Erstere  weiss  ich  nur  aus  Lid.  57  zu  belegen,  wo  wir  (u)uolar 
für  uuola  finden,  um  den  hiatus  mit  dem  folgenden  abur  zu  vermeiden,  vgl.  MSD. 
zu  XI,  57.  öfter  findet  sich  einschiebung  von  r:  erdo  LS.  I,  3  (2);  H,  1;  wirdriün 
n,  1  (2)  und  öfter  abgekürzt  wird  (zu  uuidar,  vgl.  Grimm  bei  Merkel:  Lex  Salica 
8.  LXXXY  fg.);  Order  Mb.  20  neben  häufigem  oder;  erdho  Wk.  71.  77  (2);  s<7imn 
0.  IV,  24,  14;  26,  7.    forderört  lU,  18,  41.  42  V.    (PF  fordorot.) 

4)  Metathesis  des  r  findet  sich  in  kirst  Lbs.  1,  welches  der  erste  beleg  für 
die  in  diesem  namen  in  der  späteren  mittel-  und  niederdeutschen  Volkssprache 
gewöhnliche  Umstellung  ist,  vgl.  MSD.  zu  XVI,  1.  Femer  in  ekordo,  ekord(i), 
welche  formen  sich  bei  0.  7m.  neben  4 maligem  ekrodo(-i)  finden,  vgl.  E.  511. 
Schliesslich  vielleicht  auch  in  heuniscerkko  SG.  266  ^ ,  wenn  hier  nicht  wegen  der 
geminatiou  des  k  Schreibfehler  anzunehmen  ist. 

Hervorzuheben  ist,  dass  es  fast  durchweg  dentalen  sind,  vor  denen  inlau- 
tendes r  ausfällt  oder  unorganisch  eintritt.  Alle  diese  erscheinungen  sind  den  ober- 
deutschen mundarten,  so  weit  sie  dieselben  überhaupt  kennen,  in  dieser  zeit  fast 
noch  ganz  fremd,  vgl.  Weinh.  agr.  197;  bgr.  162. 

5)  Übergang  des  r  in  1  findet  sich  in  murmnlötun  T.  109,  2;  114,  2  neben 
murmuron  (5),  murmurunga  (1)  und  in  murmulö  0.  V,  20,  35;  murmulunga  III, 
15,  39,  neben  welchen  formen  mit  r  nicht  begegnen. 


Es  erübrigt  nun  noch  zwei  allgemeine  erscheinungen  des  conso- 
nantismus  zu  betrachten,  nämlich  assimilation  und  gemination. 

L  AssimilatioD* 

Die  assimilation  ausQbenden  cons.  sind:  m  n  1  s  r;  die  assimila- 
tion erleidenden :  t  d  n  (h  f).  ^  Über  die  Verdopplung  der  einem  ablei- 
tenden j  vorangehenden  cons.,  die  ich  nicht  als  assimilation  fasse,  s. 
oben  unter  j. 

1)  m  verdrängt  n  in  stemma  T.  (22),  woneben  nur  7  m.  stemna  (6  m.  in  aa) 
sich  findet.  0.  hat  14  m.  stimma,  8  m.  stimna,  da  aber  in  V  5  m.  mm  in  mn  cor- 
rigiert  ist,  so  schliesst  E.  491  daraus,  dass  der  spräche  Otfrids  die  anassimilierte 
form  gemäss  war.    Leztere  findet  sich  auch  in  gl.  c^:  gistimnitun  978^. 

m  verdrängt  n  ferner  in  ummaht  T.  (3  m.  in  ß),  ummahtig  (5).  Auf&Uend 
ist,  dass  die  beiden  sich  findenden  unassimilierten  formen  des  adj.  (44,  5;   78,  6) 

1)  Von  den  allgemein  hd.  fällen  der  assimilation,  wie  merran  irran,  thorren 
usw.  sehe  ich  hier  ab. 


DBA  OBBAFKANK.  LAÜT8TAND  IM  IX.  JAHBH.  445 

grade  ß  angehören ,  welches  allein  die  assimilierte  form  des  subst.  aufweist.  0.  hat 
nmmaht  nmmahtig  13m.,  ausserdem  weist  er  nmmezlicha  IV,  5,  12;  lunmez^gaz 
V,  23,  93 ;  ummezze  V,  23,  109  auf,  vgl.  K.  490. 

Derselbe  assimilationsvorgang  liegt  Yor  in  mammnnti  (subst.  und  adj.)  und 
dem  ady.  mammnnto,  die  bei  0.  sehr  häufig  sind.  (T.  Is.  kennen  das  wort  nicht). 
Auch  Bb.  bietet  mammendi  11. 

Eine  von  m  gewirkte  assimilation  will  Harczyck  (Hztschr.  XVn,  80)  auch  in 
trohtira  mit  T.  135,  1  (vgl.  quadum  fon  195,  2)  annehmen,  doch  sind  die  beispiele 
zu  wenig  zahlreich,  als  dass  sie  nicht  die  annähme  von  Schreibfehlern  nahe  legen 
solten.  Überdies  ist  in  beiden  fallen  m  in  n  gebessert.  Zu  vergleichen  ist  jedoch 
im  mitten  0. 1,  22,  36  P. 

m  hat  sich  wol  das  folgende  f  assimiliert  in  hammes  0.  m,  4,  8  fdr  ham- 
fes  (manci). 

2)  n  hat  sich,  wie  die  bei  0. 1,  5,  17  begegnende  form  anluzzes  zeigt,  nach 
ausfall  des  t,  1  angeglichen  in  dem  bei  T.  (20)  und  0.  (4)  durchstehenden  annuz 
annnzzi. 

n  hat  sich  d  assimiliert  in  phenning  T.  (6)  neben  phending  (4).  0.  bietet 
nur  pending,  III,  14,  92:  aber  irstannisse  III,  7,  7  VF  (irstandnisse  P)  und  in  frg. 
begegnet  arstannesses  (arstantnessi  T.  110,  4). 

n  hat  sich  m  assimiliert  in  ginennit,  welche  form  T.  154,  1;  199,  2  neben 
gewöhnlichem  nemncn  begegnet.  Ausserdem  ist  einigemal  das  ursprünglich  geschrie- 
bene mn  in  nn  corrigiert,  vgl.  S.  27  anm.  2.    0.  kent  nur  nennen. 

3)  1  hat  t  verdrängt  in  gualltchi,  guallichon,  guallicho,  die  bei  0.  durch- 
stehen. T.  bietet  guollSchi  111,  3  (sonst  ist  das  wort  nicht  belegt)  und  ausserdem 
gl.  Ez.  gioltchi.  Dieselbe  assimilation  liegt  auch  vor  in  amballahchan  (mappa) 
8G.  277"  aus  amba(h)tlahchan.  Gr.  11,  157  gibt  die  volle  form  4  m.  und  aus  uns- 
rer  stelle  ambat-. 

4)  1  hat  sich  r  assimiliert  in  fiUorane  0. 1,  23,  37;  fillorinu  I,  20,  6. 

5)  s  hat  sich  t  assimiliert  in  uuessi  T.  138,  7;  uuessls  87,  3  (sonst  uuesta); 
bei  0.  findet  sich  uuessa  (6)  neben  uuesta  (38) ,  vgl.  K.  112.  Ausserdem  bieten  Mgl. 
uuessun  286",  Lid.  uuisser  21.  Derselbe  assimilationsvorgang  in  missin  0.  11 ,  5, 
18  (:  uuessin)  (mista  V,  7,  10),  femer  in  cosso  Lb.  24  für  costo. 

Eine  von  s  ausgeübte  assimilation  liegt  auch  vor  in  uuas  so  für  uuaz  sd, 
das  sich  in  VP  9ra.  findet  (5m.  in  II,  1)  und  in  uuas  siez  IV,  30,  22,  vgl.  E.d67. 
Ebenso  uuas  sds  Bb.  31. 

s  hat  sich  h  assimiliert  in  euuithessa  (lacerta)  gl.  c  \  978''  {j^\*  as.  egithassa 
Diutn,  193"). 

6)  r  hat  sich  n  assimiliert  in  dem  bei  T.  0.  durchstehenden  sterro  (vgl.  as. 
stcrro,  ags.  steorro;  Holtzmann  gram.  I,  (2.  abteiig.),  67  hält  sterro  für  die  urspr. 
form  =s  lat  Stella). 

Wie  die  belege  zeigen,  üben  s  r  nnr  progressive  (uuessa  missin 
cosso;  sterro),  1  nur  regressive  (guollich!  usw.,  fiUorane,  amballahchan) 
assimilation.  ^ 

Innerhalb  der  hd.  mundarten  nur  dem  frk.  eigentümlich  ist  die 
in  annuzzi  sterro  auftretende  assimilation,  vgl.  Gr.  II,  322;  VI,  722. 
Doch  findet  sich  habandsterre  hymn.  14,  2, 1  neben  gewönlichem  stern. 


446  PIBT8CH 

Is.  zeigt  von  allen  diesen  assimilationen  keine:  er  hat  guotlih, 
stimna,  antlutti,  nemnan,  uuista.  Doch  finde  ich  bei  ihm  assimilation 
in  frammert  19,  22;  39,  15  für  framuuert^  und  in  foluuassan  33,  25. 

n.  Gemination. 

Die  gemination  der  cons.  ist  entweder 

1)  ursprünglich  oder 

2)  erst  im  ahd.  aufgekommen  und  zwar  ist  sie  eingetreten: 

a)  durch  assimilation, 

b)  zur  schärfnng  einer  kurzen  stamm-,  d.  i.  tonsilbe,  wenn  dieselbe 

a)  mit  einfachem  cons., 

ß)  mit  cons.  schliesst,  dem  ein  ableitendes  j  folgt. 

c)  durch  aneinanderrücken  zweier  cons.  nach  elision  des  zwischen- 
liegenden vocals. 

Da  über  die  durch  assimilation  entstandene,  sowie  über  die  nach 
ausfall  eines  ableitenden  zu  i  (e)  yocalisierten  j  eingetretene  gemination 
schon  oben  gehandelt  ist,  so  haben  wir  uns  hier  nur  noch  mit  den 
unter  a)  und  c)  genanten  fällen  zu  beschäftigen.  Principiell  fallen  aller- 
dings a)  und  ß)  zusammen. 

Wir  wenden  uns  zunächst  zu  denjenigen  gcminationen,  welche  in 
folge  der  geschärften  ausspräche  der  tonsilbe  eingetreten  sind  oder  ein- 
getreten zu  sein  scheinen  ^  jedenfalls  aber  an  stelle  von  ursprünglichem 
einfachen  cons.  stehen.  Man  nent  diese  geminationen  (im  gegensatz  zu 
den  ursprünglichen  und  den  durch  assimilation  entstandenen,  zu  wel- 
chem man  dann  auch  die  gg  kk  11  usw.  für  gj  kj  Ij  usw.  zu  rechneu 
pflegt),  zuweilen  „unorganisch"  oder  „nicht  wirklich."  Mit  lezterem  aus- 
druck  kann  Kelle,  der  ihn  gebraucht,  doch  nur  sagen  wollen,  dass  die- 
sen geminationen  eine  lediglich  graphische  bedeutung  zukomme;  erstere 
bezeichnung  scheint  darauf  abzuzielen,  die  in  rede  stehenden  Verdopp- 
lungen als  solche  hinzustellen,  welche  einem  im  wesen  der  hd.  spräche 
nicht  begründeten  streben  ihr  dasein  verdanken.  Beide  ansichten  sind 
entschieden  nicht  zu  billigen.  Über  die  entstehung  dieser  geminationen 
kann  man  allerdings  verschiedener  ansieht  sein ,  ebenso  über  ihren  pho- 
netischen wert. 

Keinem  zweifei  dürfte  die  annähme  unterliegen,  dass  geminatio- 
nen wie  mm  in  stummer,  grimmer,  cc  in  accar,  tt  in  bittar  fatter 
tetta  usw.  die  geschärfte  ausspräche  der  kurzen  tonsilbe  bezeichnen 
sollen.    Ein  gleiches  könte  man  a  priori  auch  für  die  gen^nationen  der 

1)  Über  die  bei  0.  durchstehenden  formen  frammort,  -es  (frammordes  St.  17) 
Tgl.  unter  gemination. 


■V-* 


U£B  OBBAFR.iNK.  LAUT8TAMD  IM  IX.  JAHBH.  447 

spüanten:  zz  ff  hh  annehmen.  Nun  hat  aber  Braune  nenerdings  (beitr. 
1 ,  49)  eine  ansieht  über  die  entstehung  dieser  Verdopplungen  aufgestelt, 
welche  die  bezeichnungen  „unorganisch'^  und  „nicht  wirklich '^  ganz 
und  gar  ungerechtfertigt  erscheinen  lässt.  Er  meint,  dass  zz  ff  hh 
(==  goi  t  p  k)  durch  assimilation  aus  den  affrikaten  entstanden  seien, 
welche  sich  zunächst  aus  jenen  alten  lauten  entwickelten,  dass  also 
ezzan  =  etzan,  släffan  =  släpfan,  sahha  =  sakcha  sei.  Auf  diese 
weise  würden  sich  vor  allem  die  geminationen  der  Spiranten  nach  lan- 
gem vocaly  die  man  schon  im  hinblick  auf  ihr  häufiges  vorkommen 
sicher  nicht  (vgl.  z.  b.  Holtzmann,  gram.  295)  als  orthographische 
Schrullen  ansehen  darf,  vortreflich  erklären  und  scheint  mir  diese 
annähme  überhaupt  die  einzige  erklärungsmöglichkeit  zu  sein.  Ob  aber 
auch  für  die  nach  kurzem  vocal  stehenden  spirantengeminaten  ein  glei- 
ches anzunehmen  sei,  oder  ob  nicht  vielmehr  hier  grade  in  folge  des 
vorhergehenden  kurzen  vocals  der  Übergang  von  der  affrikate  zur  Spi- 
rans unmittelbar,  d.  h.  ohne  die  Zwischenstufe  einer  durch  assimilation 
entstandenen  gemination  eifolgte,  und  erst  das  bedürfnis,  der  tonsilbe 
ein  grösseres  gewicht  zu  verleihen,  die  gemination  hervorrief,  darüber 
wage  ich  keine  entscheidung.  Für  Braunes  annähme  scheint  mir  jedoch 
der  umstand  zu  sprechen,  dass  sich  geminationen  von  nichtspiranten 
an  stelle  von  älteren  einfachen  lauten  relativ  selten  finden.  Sind  die 
spirantengeminaten  erst  secundär  zur  schärfung  der  tonsilbe  eingetre- 
ten, so  muss  es  im  höchsten  grade  auffallen,  dass  die  Verdopplung 
nicht  gleich  oft  eintrat,  wenn  die  silbe  auf  einen  anderen  sonst  der 
gemination  im  hd.  sehr  wol  fähigen  consonanten  auslautete.* 

Was  nun  ferner  die  ausspräche  der  ahd.  geminationen  anlangt,  so 
darf  die  annähme  einer  wirklichen  doppelten  articulation  derselben  doch 
nicht  so  ohne  weiteres  von  der  band  gewiesen  werden,  wie  dies  Kum- 
pelt  (System  der  sprachlaute  s.  109  fg.)  getan;  was  unserm  organ 
unmöglich  oder  schwer  ist,  warum  solte  das  dem  in  so  mancher  hin- 
sieht ich  will  nicht  sagen  anders  gearteten,  aber  doch  anders  gewöhn- 
ten unserer  vorfahren  auch  unmöglich  gewesen  sein.^  Für  die  durch 
assimilation  entstandenen  geminationen,  zu  welchen,  Braunes  ansieht 
zugegeben,  auch  zz  ff  hh  aus  got.  t  p  k  gehören,  scheint  mir  die 
annähme  doppelter  articulation  wenigstens  für  die  älteste  zeit  ganz 
unabweisbar.  Bezüglich  unserer  oberfrk.  denkmäler  glaube  ich  jedoch 
annehmen  zu  dürfen,  dass  an  stelle  der  zweifachen  articulation  schon 
die  blosse  verlängeiomg  oder  Verschärfung  des  cons.  zu  treten  begann. 

1)  Gar  nicht  findet  sich  pp,  selten  dd  ss  bb  gg  11  rr,  etwas  häufiger  kk 
tt  Ulm  nu. 


448  PIBTSCH 

Zunächst  mochte  man  wol  nach  langem  vocal  die  doppelte  articula- 
tion  —  dass  in  diesem  falle  jemals  verschärfte  ausspräche  stattgefun- 
den habe,  scheint  mir  unwahrscheinlich  —  aufgegeben  haben  und  so 
ist  denn  einfacher  cons.  in  diesem  falle  regel.  Der  grund  liegt  nahe: 
eine  langvocalige  silbe  war  eben  schon  als  solche  vollkommen  zu  der 
hervorragenden  rolle  geschickt ,  welche  ihr  durch  den  hauptaccent  zuer- 
teilt wurde;  es  war  also  eine  erhöhung  ihres  gewichtes  durch  Verlän- 
gerung ihrer  Zeitdauer  nicht  weiter  nötig.  Dass  auch  nach  kurzer  silbe 
schon  die  blosse  Verschärfung  des  cons.  eingetreten  war,  scheint  mir 
daraus  hervorzugehen ,  dass  doch  ziemlich  häufig  anstatt  zz  ff  hh  die 
einfachen  zeichen  begegnen.  Man  kann  wol  eher  annehmen,  dass  die 
Schreiber  die  vei*schärfung  des  cons.  unbezeichnet  liessen,  als  dass  sie 
ein  gleiches  wirklich  doppelter  ausspräche  gegenüber  taten. 

Ich  gebe  nun  im  folgenden  ausführlich  an,  welche  geminationen  sich  bei 
T.  0.  finden, 1  werde  aber  ans  den  kleineren  denkmälem  nur  die  geminationen  nach 
langem  voc.  und  nach  cons.,  ausserdem  die  aufführen,  welche  in  irgend  einer  hin- 
sieht auffallend  sind. 

Tatian. 

1)  nach  kurzem  voc. 

ZK  überwiegt  bedeutend.  S.  13.  14.  So  finden  sich  in  den  kursvocaligen  for- 
men von  ezzan  etwa  30  zz,  8  z;  von  uuizzan  41  zz,  19  z,  femer  meist  sizzon, 
sozzen;  nezzi  (9),  nezi(3);  uuazzar  (25),  uuazar  (7);  hazze  (7),  mezze  (3),  mezzö  (1), 
nie  z;  phuzzi  (2).  phuzi  (1)  usw.  Von  annuzi  (etwa  I8m.),  woueben  sich  auch 
annuci  136,  1.  2  findet,  zeigen  dagegen  nur  zwei  formen  (4,  17;  35,  1)  zz. 

tt  findet  sich  in  bittaro  188|  6  (sonst  ist  das  wort  nicht  belogt)  und  auffal- 
lend in  /:  betton  87,  5  (2);  101,  1;  fatter  97,  6;  tetta  100,  3  (2). 

ff  durchweg  in  offan  und  seioen  ableituugen;  bisgof,  scef  haben  in  den  flec- 
tierten  formen  etwa  ebenso  oft  ff  wie  f.     Oberhaupt  ist  die  gemination  regel.  S.  15. 

mm  z.  b.  in  den  flectierten  formen  von  stum  durchweg  (5);  auffallend  in  y 
nammen  88,  13;  neromenna  88,  4;  nemmenti  93,  3. 

hh  steht  durch  in  uuahhcn  (10);  sihhordn  (2);  sihhura  (1);  neben  roihhil  (28) 
findet  sich  mihil  (17),  miehil  (8),  in  ähnlicher  weise  wechseln  hh  h  (ch)  bei  breh- 
han,  lahhan,  rahha,  sahba,  sahhan,  sprohhan. 

kk  (kc  cc)  ist  häufig:  ekkorödo  eccrödo  (6),  ckorodo  ecrödo  (3);  accar  (21) 
(acar  167,  1;  acre  147,  3;  achre  97,  6);  naccot  (3),  nacot  (4);  accus  13,  15;  broc- 
cöno  80,  6;  seckü  (3),  sekii  (1),  sefahil  (1). 

2)  nach  langem  vocal. 

zz  findet  sich  nach  S.  14  etwa  87m.  (z  186  m.),  so  z.  b.:  heizzan  (9),  hei- 
zan  (11);  fnozzi  4,  18;  138,  12  usw.  neben  gewöhnlichem  fuozt;  s&zzun  138,  14; 
141,  1  (sonst  säzun  usw.);  äzzun  (5),  äzzin  192,  3  (sonst  äzun  usw.).  In  f  über- 
wiegt auch  hier  zz. 

1)  Ich  meine  hier  natürlich  nur  die,  welche  an  stelle  von  älteren  einfachen 
cons.  stehen ,  schliesse  aber  auch  die  scheinbar  einen  cons.  mit  folgendem  j  ver- 
tretenden, weil  schon  oben  besprochen,  aus. 


DBB  OBSBFBANK.  LAÜT8TAND  IM  IX.  JAHBH.  449 

tt  nur  in  Inttar  (2);  gileittit  202,  1  scheint  auf  einem  Schreibfehler  zu  beru- 
hen (vgl.  unten  leitta  gUeitte). 

ff  nur  in  y\  touffari  90,  1;  91,  5;  louffanto  92,  6;  louffenti  97,  4. 
bb:  äleibbä  231,  2  (äleiba  4  m.). 

3)  nach  cons. 
In  y\    oftto  84,  4;    süfttota  86,  1   (urccundöno  98,  2).     Ausserdem:    altteri 
141,  15  (2). 

Otfrid. 

1)  nach  kurzem  vocal. 

KZ  steht  durch  in  einigen  Wörtern,  welche  K.  501  aufführt  In  einigen 
anderen  ündet  es  sich  neben  z. 

tt  in  betti  bittar  bittiri.  Auffallend  in  drettanue  1 ,  4,  46  P.  Ferner  gehört 
hierher:  bratter  IV,  17,  1,  d.  i.  brahta  er. 

ff  ist  ziemlich  beschränkt,  doch  findet  sich  dasselbe  meist  in  offan  und  sei- 
nen ableitungen  (f  in  YP  nur  6  m.)  K.  478.  Ausserdem  führe  ich  giscafföta  IV,  29, 
31  VP  an. 

hh  findet  sich  nicht.  Über  nihhein  thihhein  vgl.  unter  h.  Es  steht  durch- 
weg ch,  jedoch  ist  gimahcbaz  V,  12,  16  VP,  sprihchu  HI,  18,  45  P,  und  gimach- 
chaz  IV,  4,  42  F  zu  bemerken. 

kk:  quegkaz  II,  1,  43  VP;  gilockö  IV,  37,  18  V. 

mm:  durchweg  in  den  fiecticrten  formen  von  stum,  fcnier  in  emmiz,  cmmizig 
und  frammort(es) ,  in  welchem  w  mit  «dem  vocal  verschmolzen  und  mm  nicht  durch 
assim.  des  w  an  m,  sondern  zur  schärfung  der  tonsilbe  eingetreten  zu  sein  scheint. 

nn;  binnih  I,  25,  5  V;  biganncr  IV,  2,  30;  V,  9,  49  P;  kanuinan  IV,  5, 10; 
mannes  IT,  3,  22;  11,  24. 

SS  in  thesses  (theses  nur  III,  17,  18;  H.,  126  V.). 

2)  nach  langem  vocal. 

zz  ziemlich  selten:  giuucizzit  I,  1,  67  PF;  heizzit  I,  5,  46;  ituuizzi  IV,  30,  21 ; 
lazzu  II,  4,  85;  IV,  15,  45  P;  feizzit  I,  1,  67  PF;  heizzaz  IV,  21,  25.  Etwas 
häufiger  in  F. 

tt:  eittar  U,  12,  65  (eitere  III,  1,  16);  lütteren  II,  9,  ^%  P;  lüteren  V 
(Kitaraz  II,  8,  42;  lütaran  II,  9,  15  auch  in  P). 

ff  weiss  ich  aus  VP  nicht  zu  belegen.    Dass  stets  uuafan ,   nicht ,  wie  K.  478 
angibt,  uuaffan  stehe,  ist  bereits  oben  unter  p  erwtähnt  worden, 
hh:  kriahhisgon  III,  4,  4. 
nn:  birinne  I,  25,  6P. 
rr:  huarrnn  III,  17,  8. 

3)  nach  cons. 

Ich  weiss  nur  dencken  IV,  17,  5  F.  auznfllhren. 

Die  kleineren  denkmäler. 

1)  nach  kurzem  vocal. 

Ich  hebe  folgendes  hervor :  bissprächidu  Rb.  4.  Man  wird  hier  betontes  kur- 
zes präf.  anzunehmen  haben,  vgl.  MSD.  zu LXXV,  4;  gram.  II,  718.    Ähnlich  steht 


450  P1ET8CH,   DER  OBEBFBÄITK.   LAUT8TAKD  IM  IX.   JAHBH. 

bisaprächida  gl.  Mons. ;  bissvichide  MSD.  XCI,  146.  —  uaillih  Lid.  36.  Die  gem. 
ist  in  folge  der  inclination  des  pron.  eingetreten  (vgl.  bei  0.),  wie  sich  ans  nnili  37, 
noil  her  38  ergibt.  —  Wol  anf  einem  Schreibfehler  beruht  das  ganz  unerhörte  tt 
in  sittlöse  S6.  264**  (so  nach  Hattemer;  Graff  Diut.  II  gibt  aus  S6.  wie  aus  Pt  site- 
löse).    Auffallend  ist  auch  11  in  bigouggellön  SG.  270% 

2)  nach  langem  vocal. 

Es  finden  sich  folgende  falle:  halsbougga  gl.  ID.  499^  (gleich  darauf  folgt 
bouga);  uuuntalgiuuittiu  (sie)  gl.  ID.  499^,  d.  i.  uuantalgiuuätiu  (mutatoria);  tt  ist 
in  giuuäti  auch  sonst  belegt  Gr.  I,  741;  strüzza,  houffo  gl.  ID.  500^,  in  welchen 
die  gem.  ganz  singulär  ist;  scriggent  (dicentes)  gL  Ir.;  üzzeer-  d.  i.  üz-ar  gl.  c* 
979"»;  lüttero  Wb.  30;  gilüttiri  Wb.  32;  foruuazzanör  Mgl.  285*;  ferliezzi  Mb.  17; 
forlazzem  Wk.  20,  läzzit  26,  lazze  27,  giuuizzinöt  45,  helleuuizze  95,  üzzar  (sed) 
62.  68  u.  ö.,  eittar  38,  hlüttru  31;  kyrriclcison  Lid.  47;  rnzzöt  SG.248^,  hüffo 
(strues)  216^,  249^,  hüffin  (clunes)  246^  (ü  fär  uo),  gouggilari  266'',  bigouggellön 
270*,  üzzcr-  277 «». 

3)  nach  consonanten. 

Ich  weiss  nur  elffantin^m,  elffa  gl  c.<,  978^  anzuführen. 

Es  erübrigt  nun  noch  die  nicht  allzu  zahlreichen  f&Ue  aufzuzäh- 
len, in  welchen  gemination  eingetreten  ist,  nachdem  der  zwischenlie- 
gende vocal  elidiert  worden.  Dieselben  zeugen  davon,  dass  man  die 
entstehung  dieser  formen  noch  sehr  wol  fühlte.  Für  die  älteste  zeit 
wird  auch  hier  doppelte  articulation  anzunehmen  sein. 

Tat.:  santta  88,  12;  santtnn  203,  4  (an  ersterer  stelle  ist  ein  t  ausradiert; 
sonst  steht  immer  santa);  leitta  16,  4;  128,  9;  leittun  132,  7;  185,  10;  200,  4;  leit- 
ten  19,  9  usw.,  im  ganzen  zeigt  dieses  praet.  17m.  tt,  wozu  noch  gileittd  (ducti) 
44,  12  komt,  und  4m.  t;  erbeitti  151,  8  (beitun  228,  2);  spreitta  4,  7;  149,  6.  7. 
(zispreito  176,  3).  Ferner  steht  stets  herro,  nur  85,  4  herono.  —  MgL  herro  for- 
derra  285*».  —  St.  honro  29.  —  Wk.  gileitto  28.  —  Otfr.  Die  sw.  verba  auf 
-jau,  deren  stamm  auf  t  mit  vorhergehendem  voc.  ausgeht,  haben  im  prt.  fast 
durchweg  tt.  Ausgenommen  sind  nur  santa,  wofür  sich  nie  santta  findet,  ferner 
beitun  V,  10,  14;  leita  leitun  I,  16,  7;  IV,  27,  3;  V,  10,  14,  ausserdem  leita  IV, 
16,  12  P  (leitta  V).  Die  belege  bei  K.  56.  Das  prtc.  prt.  dieser  verba  zeigt  tt 
nur  in  gistättaz  I,  5,  47  P.  Die  auf  cons.  -|- 1  auslautenden  verba  haben  in  diesen 
formen  stets  einfaches  t,  nur  in  P  begegnet  uuanttiu  II,  8,  37. 


Ich  gebe  zum  schluss  eine  Übersicht  aber  die  Stellung  der  oberfrk. 
dialekte  des  IX.  jh.  zu  einander  und  zu  den  oberd,  mundarten  dersel- 
ben zeit.  (Die  angaben  über  das  verhalten  der  lezteren  beruhen  vor- 
wiegend auf  Weinholds  alem.  u.  bair.  gram.) 

BRESLAU.  P.  PIETSCH. 


451 


DIE  DEUTSCHEN  AUF  DEN  KREUZZÜGEN. 

Ergänzungen  und  berichtigungen. 

A.    Erster  krenzzag. 

1096  —  1101. 

Oben  8. 128.  Unter  dem  grafen  Friedrich  I.  von  Bogen,  welcher 
nach  Aventin  (ann.  Boi.  YII.  c.  1)  am  ersten  kreuzzuge  teil  nahm  nnd 
in  Jerusalem  starb,  ist  der  domvogt  Friedrich  I.  von  Begensburg 
zu  verstehen,  der  demselben  geschlechte  wie  die  grafen  von  Bogen  ange- 
hörte, selbst  aber  diesen  namen  nicht  gefuhrt  hat«  Nach  Braunmüller 
(beitrage  zur  gesch.  des  östl.  Donaugaues  und  der  grafen  von  Bogen, 
progr.  des  gymn.  zu  Metten  v.  1873,  s.  22)  müste  übrigens  Friedrich 
damals  schon  über  80  jähre  alt  gewesen  sein.  Es  ist  deshalb  kaum 
glaublich,  dass  er  noch  einen  so  beschwerlichen  zug  mitmachen  konte. 
Aventin  wird  ihn  mit  seinem  enkel  verwechselt  haben,  der  mit  Konrad 
zog  und  1148  wirklich  in  Palästina  starb.  Dass  die  angaben  Aven- 
tins  auch  sonst  nicht  ganz  zuverlässig  sind,  darüber  vgl.  s.  132  unter 
Scheyren. 

C«    Zweiter  kreiizzng.^ 

1147  —  1149. 

S.  187.  Graf  Friedrich  IV.  von  Bogen  ist  dieselbe  person, 
wie  Fridericus  junior  advocatus  (s.  138)  und  domvogt  Frie- 
drich II.  von  Begensburg  (s.  141);  am  richtigsten  würde  er  dom- 
vogt Friedrich  III.  v.  R.  genant  (Braunmüller  a.  a.  o.  s.  34  fg.). 
Er  ist  des  ebenerwähnten  Friedrichs,  der  nach  Aventin  den  ersten 
kreuzzug  mitgemacht  haben  soll,  enkel.  Sein  tod  erfolgte  11.  apiil 
1148  (so  richtig  s.  141),  nicht  1149  (wie  s.  137  angegeben  wird). 
Übrigens  starb  Friedrich  wahrscheinlich  nicht  in  Jerusalem,  sondern 
schon  in  Ptolemais,  wo  Konrad  „in  ipsa  paschali  hebdomada*'  landete 
(ostem  fiel  gerade  auf  den  11.  april).  Otto  von  Freisingen  erzählt 
(Gesta  Friderici  Imp.  I  58):  „Mortuus  tunc  fuit  in  comitatu  regis  vir 
clarissimus  Fridericus  Batisponensis  ecclesiae  advocatus^,  ac  ad  urbem 
sanctam  deportatus  et  in  cimiterio  militum  Tempil  non  longo  ab  anti- 
quo  templo  Domini  sepultus.'^ 

1)  Der  an  diesem  kreuzzug  teilnehmende  graf  von  Berg,  welcher  s.  137 
Adolf  IV.  genant  wird,  ist  mit  Lacomblet  richtiger  als  Adolf  IL  zu  bezeichnen  (er 
war  der  zweite  graf  dieses  namens).  Sein  söhn,  der  vor  Damaskus  fiel,  ist  a.  a.  o. 
Adolf  y.  genant:  da  er  aber  nicht  zur  regierung  gelangte,  so  pflegt  man  seinem 
namen  keine  zahl  beizufügen. 


452  CRBCEUUS 

Der  auf  s.  139  erwähnte  Gozbert  von  Harde  gehörte  zu  den 
dienstmannen  des  domvogts  Friedrichs  III. 

8. 140.  Nachzutragen  ist  noch  der  markgraf  (später  herzog) 
Heinrich  von  Ostreich,  gen.  Jasomirgott,  herzog  von  Baiern, 
Stiefbruder  Konrads,  dessen  teilnähme  am  kreuzzuge  sein  eigner  bruder 
Otto  von  Freisingeu  (Gesta  Friderici  Imp.  I  cap.  40)  bezeugt 

Zu  den  kreuzfahrem  von  1147  —  1149  kommen  vom  Nieder rhein 
noch  folgende  zwei  hinzu: 

1)  Heinrich  von  Easter,  ritter.  Ihm  kauft  abt  Lambert  von 
Werden  1148  den  hof  Angern  ab  (Lac.  I  364,  s.  traditiones  Werdinen- 
S6S  in  Zeitschr.  des  Bergischen  geschichtsvereins  YII  s.  26);  dass  Hein- 
rich am  kreuzzug  teilnehmen  wolte,  geht  aus  folgenden  werten  der 
kaufnrkunde  hervor:  „curtim  quQ  dicitur  Angera  quam  contra  dominum 
Heinricum  de  Eestere  emimus  XL.  marcis  examinati  argenti.  eo  sane 
tempore  et  anno  quo  Hierosolimam ,  [quam]^  expeditionem  uniuersitas 
christianorum  maiore  principio  quam  fine  reddidit  mirabilem,  ducenti- 
bus  aut  sequentibus  tantam  mnltitudinem  domino  Conrado  romanomm 
et  domino  Ludowico  francorum  regibus,  iturus  erat/'  Die  Übergabe 
fand  statt  vor  dem  schefFengerichte  zu  Ereuzberg,  wo  an  stelle  des 
pfalzgrafen  Hermann  der  graf  Hermann  von  Hardenberg  den  Vorsitz 
führte. 

2)  Graf  Hermann  von  Hardenberg  (schloss  Hardenberg,  zwei 
stunden  von  Elberfeld) ,  den  wir  in  der  obenerwähnten  Urkunde  als  ver- 
sitzenden finden,  nahm  1148  gleichfalls  das  kreuz;  ein  kauf  des  abtes 
Lambert  wird  vor  demselben  gerichte  zu  Ereuzberg  beurkundet  (Eremer 
Akadem.  beitr.  II  s.  220;  vgl.  zeitschr.  des  Berg,  gesch.  v.  YII  s.  27) 
mit  folgender  Unterschrift:  „factum  est  hoc  anno  dni  M.  C.  XL V 111. 
Cruceberg  in  placito  comitis  Herimanni,  presidente  uice  eins  fratre 
suo  Niuulungo  de  Hardenberg  —  Idem  autem Niuilungus  uice  fra- 
tris  sui  Hierosolimam  euntis  in  aduocatiam  suscepif  Im  jähr  1150 
finden  wir  den  grafen  Hermann  wieder  in  einer  Urkunde  des  abtes  Lam- 
bert (Lac.  I  368).  Über  denselben  vgl.  meine  abhandlung  ,,  die  herren 
von  Hardenberg"  in  der  zeitschr.  d.  Berg.  g.  v.  VIII  s.  194. 

L.    Fflnfter  kreuzzug. 

1217  —  1221. 

An  dem  fünften  kreuzzuge  nahm  graf  Adolf  III.  von  Berg 
teil  (er  wird  von  Röhricht  s.  304  nach  der  frQhern  zählweise  als  der  Y. 
bezeichnet).     Derselbe  starb  vor  Damiette  am  7.  august  1218.     Von 

1)  Dies  in  der  nrkande  fehlende  wort  verlangt  der  znsammenhang. 


ttA  BBÜTBCHBN  AÜV   DBN  tAVü2ZtQEK  453 

der  auf  s.  305  angeführten  nrkuDde  Adolfs  über  die  Schenkung  des  hofes 
Diderin  an  den  deutschen  orden,  die  den  15«  juni  1218  „in  obsidione 
Damiete  ^^  ausgestelt  wurde ,  gibt  es  ein  zweites  exemplar  (s.  Lac.  urk.  -  b. 
n  s.  39  fg.  unter  note  4),  in  welchem  als  zeuge  und  folglich  als  kreuz- 
fahrer  noch  graf  Adolf  von  Dassel  (comes  Adolfus  de  Dahsel)  vor- 
komt;  ausserdem  sind  einzelne  namen  der  übrigen  zeugen  richtiger 
geschrieben,  so  Bembodo  de  Orsbech  statt  Bembodo  de  Hurs- 
beke  oder,  wie  BOhricht  a.  a.  o.  wahrscheinlich  nach  Hennes  drucken 
lässt,  Bemboldus  de  Hurbeke,  femer  Bernsowe  (Bernsau)  statt 
Bernsoyle  oder  Bernsoole.  Die  Bernsau  gehören  zur  Bergischen 
ritterschafty  zu  derselben  oder  der  benachbarten  niederrheinischen  über- 
haupt die  meisten  der  zeugen.  Die  von  Alfter  sind  Kölnische  Vasal- 
len (ihr  Stammsitz  Alfter  liegt  bei  Bonn);  die  von  Koslar  oder  Gos- 
lar Jülichsche;  Wikardus  de  Linnefe  oder  Wichardus  de  Len- 
nepe  (so  in  der  Urkunde  Lac.  II  71,  die  vom  grafen  Adolf  in  Bens- 
bure d.  h.  Bensberg  y,cum  essem  in  procinctu  versus  terram  sanctam^ 
ausgestellt  ist)  trägt  seinen  namen  von  Linnep  bei  Batingen;  Gerardus 
de  TJp laden  sass  zu  Opladen  dicht  bei  dem  schloss  der  grafen  von 
Berg  an  der  Wupper,  vgl.  Fahne  forschungen  I  s.  12;  die  vonScherve, 
von  Schonrode  und  von  Stamheim  heissen  so  nach  rittersitzen  im 
Bergischen  amtePortz  (zumDeutzgau  gehörend);  Svikerus  de  Lintlo 
hat  den  namen  von  dem  hofe  Lindlar,  früher  Lintlo,  im  Bergischen, 
welcher  bereits  vor  1266  in  den  besitz  des  Severinstifts  zu  Köln  über- 
gieng  (Lac.  n  566);  Henricus  de  Yileke  oder  Yilcke  ist  wol  nur 
schreib-  oder  lesefehler  für  Henricus  Ylecke  oder  Flecke  (diesen 
namen  fahrten  ursprünglich  mehrere  Bergische  rittergeschlechter,  wie 
die  Stael  von  Holstein,  die  Nesselrode  usw.);  die  von  Mendorp  oder 
Meindorp  wohnten  nach  Fahne  bei  Siegburg.  Damit  sind  die  unrich- 
tigen deutungen  bei  Böhricht  s.  305  gröstenteils  beseitigt. 

Graf  Wilhelm  von  Jülich  starb  nach  einer  Urkunde  von  1218 
(Lac.  n  72)  „in  peregrinatione  sancte  crucis.'^  Nun  ist  aber  die  Urkunde, 
vermittels  deren  graf  Wilhelm  dem  deutschen  orden  das  reichslehn 
Berinstein  schenkt,  welche  nach  der  bestfttigungsurkunde  seines  sohnes 
(Lac.  II  132  von  1225)  „in  partibus  transmarinis ^'  ausgestellt  wurde, 
noch  vorhanden  (Lac.  II  82) :  es  ist  die  nämliche ,  die  Böhricht  s.  307 
aus  Hennes  anführt.  Sie  ist  nach  Lacomblets  angäbe  augenscheinlich 
in  Egypten  angefertigt  und  trägt  ohne  weiteres  genaueres  datum  die 
Jahreszahl  1219.  Die  auflösung  dieses  scheinbaren  Widerspruchs  beruht 
auf  der  Verschiedenheit  des  Jahresanfangs.  Lacomblet  bemerkt  darüber 
(a.  a.  0.  s.  46):  „Beide  Urkunden,  nr.  76  und  die  vorliegende  (nr.  82), 
sind  ohne  angäbe  des  tages  ihrer  ausfertigung,  jene  aber  ist  in  unserer 


454  C&BCELIUS,   DIE  DBÜTSCHBK   AtJF  DBH  KBEÜZZÜGEK 

pro vinz ,  diese  hingegen  in  Egypten  aufgenommen ;  es  verschwindet  also 
der  scheinbare  widersprach ,  wenn  man  mit  rücksicht  auf  den  damaligen 
Jahranfang  hierselbst  annimt^  dass  die  erstere  im  märz  des  nach  unse- 
rer Zählung  folgenden  Jahres  1219,  die  vorliegende  aber,  da  die  kreuz- 
fahrer  den  römischen  kalender  befolgten^  im  januar  1219  geschrieben 
worden.  Graf  Wilhelm  hat  dann  auch  noch  den  anfang  des  jahres  1219 
erlebt/^  In  der  diöcese  Köln  wurde  nämlich  das  jähr  mit  ostera  begon- 
nen, eine  vor  ostern  1219  ausgestellte  Urkunde  muste  demnach  noch 
von  1218  datiert  werden,  unter  den  zeugen  werden  zuerst  graf  Hein- 
rich von  Sayn,  Heinrich  von  Okkenheim  und  ,,  Theodericus  de  Ysen- 
burg^^  genant  Der  leztere  soll  nach  Röhricht  a.  a.  o.  von  einem  Isen- 
bürg  bei  Duisburg  seinen  namen  fuhren.  Was  dies  für  eine  besitzung 
sein  soll,  ist  mir  unklar.  Der  erwähnte  Dietrich  von  Isenburg  ist  der 
Stifter  der  jüngsten  Grensauischen  linie  des  bekanten  dynastengeschlech- 
tes,  welches  sich  nach  der  Isenburg  bei  Neuwied  benante.  Am  zusam- 
menfluss  des  Sayn-  und  des  Iserbaches  im  Sayntale  sind  ihre  reste  noch 
heute  zu  sehen.  Dietrich  komt  1218 — 1253  in  Urkunden  vor.  Die 
übrigen  zeugen^  die  in  der  Schenkungsurkunde  des  grafen  von  Jülich 
vom  jähre  1219  aufgeführt  werden,  sind  nach  der  ausdrücklichen  angäbe 
derselben  ,,ministeriales  et  homines''  des  grafen.  Demnach  sind  die 
beigefügten  erklärungen  Böhrichts  auch  hier  meist  nicht  zutreffend,  da 
sie  über  das  Jülichsche  territorium  hinausführen. 

Dietrich  von  Isenburgs  grossvater  Bembold  II.  (1137  — 1162) 
hatte  einen  söhn  Salatin.  Simon  (Geschichte  des  reichsständischen 
hauses  Tsenburg  und  Büdingen  II,  s.  80)  vermutet  deshalb,  Bembold 
sei  auf  einem  kreuzzuge  mit  dem  sultan  Salatin  in  berührang  gekom- 
men und  habe  daher  den  namen  dieses  seines  ältesten  sohnes  entlehnt. 
Der  leztere  starb,  wie  es  scheint,  frühe  und  ohne  erben,  der  name  aber 
erhielt  sich  in  der  familie,  später  in  der  form  Salentin. 

ELBERFELD,   AUG.  1876.  W.   CRECELIU8. 


HamdlsmäL 

Zusätze  zu  8.  396—404. 

5^  4.  Ursprünglich  wol:  sem  Hqgni  vor.  17,  8.  Skidarf ma  161,  4: 
hvergt  vor  friät  ad  bida.  21,  8.  Ursprünglich  gewiss  mit  Bask: 
d  gdlga  festa.  sophus  bugge. 


• .  •-    •• 


456 

BERICHTIGUNG 
zu  der  abhandlang  Aber  Groethlsche  gedielite  in  ältester  gestalt. 

(S.  208  —  237.) 

Ehe  ich  meinen  zweiten  beitrag  über  Goethische  gedichte  aus 
Herders  papieren  liefere,  sehe  ich  mich  veranlasst  auf  jene  drei,  mit 
denen  ich  den  ersten  beitrag  beschloss ,  mit  erneuerter  prfifung  zurück- 
zukommen. Mein  anteil  an  derselben  ist  jedoch  nur  der  eines  beisitzers ; 
für  mehrere  wertvolle  bemerkungen  bin  ich  kritischen  freunden  verpflich- 
tet, das  beste  hat  G.  Kedlich  beigesteuert,  von  dessen  beihilfe  schon 
die  erste  besprechung  des  „  kleeblattes ''  zeugte.  Eine  entdeckung,  die 
ihm  gelungen  ist ,  hat  die  lange  schwebende  Untersuchung  zum  abschluss 
gebracht.    Von  ihr  muss  ich  hier  ausgehen. 

Das  gedieht  „Umschwebst  du  mich,  Götterbild'^  steht  überarbei- 
tet und  verbessert  in  Friedrich  Hildebrand  von  Einsiedeis  „Neuesten 
Vermischten  Schriften"  II  s.  45,  mit  der  Überschrift  „Auf  einer  Reise 
im  Winter."  Die  Einsiedeische  samlung  ist  1784  erschienen,^  man 
darf  sagen,  unter  Goethes  äugen;  irrtümliche  oder  unrechtmässige  auf- 
nähme eines  Goethischen  stückes  ist  also  nicht  denkbar.  Somit  besitzen 
wir  an  diesem  gedichte  sicherlich  eine  mit  nicht  geringem  geschick 
über  ein  Goethisches  motiv  (Harzreise  im  Winter)  in  Goethes  manier 
ausgefQhrte  nachahmung. 

Der  fall  des  „  Götterbildes '^  ist  verhängnisvoll.  Der  hauptgrund, 
weswegen  Goethes  name  unter  die  drei  unbekanten  gedichte  gesezt  wer- 
den solte,  war  vom  fundorte  entlehnt.  Sie  waren  einer  eng  geschlos- 
senen reihe  von  bekanten  gedichten  Goethes  einverleibt  ^  einer  samlung, 
die  von  einem  kundigen  zum  grösten  teile  aus  einem  vom  dichter  selbst 
überwiesenen'  vorrate  angelegt  war:   dies  gab  der  annähme,  auch  sie 

1)  Dessau  und  Leipzig,  auf  Kosten  der  Verlags -Kasse,  und  zu  finden  in  der 
Bachhandlung  der  Gelehrten.  Das  exemplar,  ans  dem  Redlich  abschrift  genommen 
hat,  gebort  der  Weimariscben  bibliothek.  Es  ergeben  sich  folgende  Varianten: 
Z.  4.  Tannen -Waldes.  Z.  8.  9  bilden  eine  zolle.  In  der  dritten  strophe  ist,  wie 
ich  vermutete,  das  f^ümschwebst/'  womit  Herder  anfängt,  dittographie.  Die  dritte 
und  vierte  stropbe  sind  stark  geändert: 

Neben  Dir,  o  Götterbild  Holdere  Göttin  der  Zeit, 

Ruht'  ich  einst  sanfter  im  Thal;  Eil*  im  Blnmen- Gewände 

Als  May-Lnft  uns  wehte.  Bald,  ach!  balde  zurück.  — 

Als  rosiger  Duft  Einsam  wandeln  wir  dann 

Unser  Lager  bethante.  —  Wieder  im  Buchen -Hajn, 

Himmlisches  Götter- Bild. 

2)  Den  termin  der  Überweisung  habe  ich  zn  spät  angesezt.  Er  ergibt  sich 
aus  folgender  stelle  in  Herders  brlef Wechsel  mit  Goethe,  auf  welche  mich  M.  Ber- 


456  8Ut>HAM 

seien  kinder  des  Goeibischen  geistes,  die  hauptsächlichste  stütze.  Jezt 
ergibt  sich,  eines  ist  von  fremdem  geblüt;  wer  will  für  die  beiden 
andern y  die  nicht  besser  legitimiert  sind,  noch  furder  einstehen? 

Und  femer:  drängte  vormals  der  durch  ort  und  art  der  Überlie- 
ferung geweckte  glaube  an  die  ächtheit  dazu,  dieser  auch  in  einzelnen 
Zügen  sich  bewust  zu  werden,  so  wird  jezt  jeder,  auch  der  kleinste 
zug  bedeutsam ,  an  dem  ein  abfall  von  Goethes  kunst  merklich  ist  Bei 
der  früher  berechtigten  auffassung  durfte  man  eine  schwächere  stelle 
mit  in  kauf  nehmen  —  um  ihretwillen  mochte  das  gedieht  zurückgehal- 
ten sein  —  jezt,  da  der  glaube  erschüttert  ist,  wird  sie  zu  einem 
beweise  der  unächtheit. 

Das  zu  zweit  veröffentlichte  „Schottische  Lied'*  enthält  aber  eine 
stelle,  die  einem  Goethe  nur  in  der  schwächsten  stunde  aus  der  feder 
geflossen  sein  könte.  So  hart  und  ungelenk,  an  zweiter  stelle  überdies 
dem  sinne  hinderlich,  wie  hier  z.  7.  8  die  objecto  „mich'*  und  „dich'^  in 
den  reim  gesezt  sind ,  finden  wir  sie  wol  nirgends  bei  ihm ;  selbst  in  den 
Singspielen  hat  er  sich  diese  nachlässigkeit  nicht  gestattet.  Mein  glaube 
war  fest  genug,  um  sich  von  diesen  beiden,  obzwar  harten,  steinen 
des  anstosses  nicht  erschüttern  zu  lassen.  Er  geriet  ins  wanken,  und 
zuerst  bei  diesem  liede,  als  mir  ein  musikalischer  freund  eine  compo- 
siüon  desselben  von  Ludwig  Spohr  zeigte.  Auch  das  Schottische  Lied 
also  kein  anekdoton!  Ich  sah  den  text  mit  der  composiüon  zuerst  in 
dem  verbreiteten  „  Liederschatz '*  der  edition  Peters  (II,  131  nr.  327). 
Das  lied  steht  ausserdem  bei  Erlach ,  Volkslieder  der  Deutschen ,  band  5 
8.  495  (1836).  Es  findet  sich  doii;  unter  der  übei*schrift  „Lied  (Musik 
von  Ludwig  Spohr)*'  in  der  „Dritten  abteilung.  Von  ungenanten  und 
weniger  bekanten  dichtem.*'  ^  Der  brief  meines  freundes  L.  Bellermann, 
der  mir  diesen  nachweis  erbrachte,  sprach  zugleich  die  stärksten  zwei- 
fei an  der  ächtheit  des  liedes  aus;  er  bezeichnete  z.  7.  8  und  11 
(ergiessen  sich)  als  entschieden  ungoetbisch. 

Ob  der  text  der  Spohrschen  composition,  oder  ein  anderer  druck 
Erlach  als  vorläge  gedient  hat,  liess  sich  nicht  ermitteln.  Meine  wei- 
teren nachforschungen ,  bei  denen  mir  widerum  liedlich  zu  hülfe  gekom- 
men ist,  knüpften  also  an  den  componisten  an.  Sie  führten  bis  in 
Goethes  nähe,  doch  ohne  über  seine  schwelle  zu  treten. 

nays  anfmerksarn  gemacht  hat:  „Herder  hat  von  m'^inen  gcdichtcii  verlangt.  Hier 
ist  alles,  was  ich  einmal  znsammongcscbrieben ;  es  fehlen  einige,  die  folgen  so11*mi. 
Lagst  sie  niemand  sehen."  Goethe  an  Herder  und  d^'ssen  gattin,  21.  Rept.  1781. 
Ans  Herders  Nachlass  I,  67. 

1)  Variante:  z.  3  ,yMein  tiefstes  Herz*'  statt  ,,Meiu  Innerstes/* 


HBBICHTiGUNti  ZV  DBB  ABfiAKDLUNG  ÜBER  G0BTHI8CHB  GBDICHTB  457 

Der  original  druck,  den  Redlich  aasßndig  gemacht  hat,  ist  beti- 
telt: Sechs  deutsche  Lieder  mit  Begleitung  des  Pianoforte  in  Musik 
gesetzt  und  der  Frau  von  Heigendorf  geb.  Jagemann  in  Weimar  hoch- 
achtungsvoll zugeeignet  von  L.  Spohr.  25.  Werk.  Hamburg  bei  J.  A. 
Böhme  (o.  j.).    Folgendes  sind  die  componierten  lieder : 

Nr.  1.   Schottisches  Lied  (ohne  ünterschr.). 

Nr.  2.   Gretchen.    Meine  Ruh  ist  hin  (Aus  Goethes  Faust). 

Nr.  3.   Lied   der  Freude.     Rauschet   ihr  Meere    und   wehet   ihr 

Winde!    (E.  Gross). 
Nr.  4.   Wiegenlied.    Eya  popeya,   so  leise  so  lind  (E.  v.  Göch- 

hausen). 
Nr.  5.   Zigeunerlied.   Im  Nebelgeriesel ,  im  tiefen  Schnee  (Goethe). 
Nr.  6.   Das    Schiffermädchen.      Schwebe   mein    tanzender    Kahn 

(Agnes  Gyr  von  Einsiedlen).  ^ 

Wann  hat  Spohr  diese  sechs  lieder  componiert?  Seine  Selbst- 
biographie führt  mit  Sicherheit  auf  das  jähr  1807.  Damals,  und  damals 
allein ,  stand  er  mit  dem  vornehmen  und  litterarischen  kreise  von  Wei- 
mar in  verkehr.  Nachdem  er  in  einem  „hofconcert'^  grossen  beifall 
gefunden ,  bot  er  seine  oper  Alruna  zur  aufführung  an.  „  Ich  reiste  selbst 
dahin,  erzählt  er,  um  herrn  von  Goethe,  den  Intendanten  des  theaters, 
und  frau  von  Heigendorf  (die  geliebte  Karl  Augusts)  günstig  dafür  zu 
stimmen.  Ersterem  überreichte  ich  das  buch,  der  lezteren  die  partitur 
der  oper.  .  . .  Nach  etlichen  monaten  lud  mich  frau  v.  H.  zur  orche- 
sterprobe ein.  . . .  Die  probe  fand  im  saale  der  frau  v.  H.  statt.  Es 
hatten  sich  ausser  herrn  v.  Goethe  auch  die  Weimarer  musikfreunde, 
Wieland  u.  a.  eingefunden.  Die  oper  gefiel  algemein.  . . .  Auch  herr 
V.  Goethe  sprach  sich  lobend  darüber  aus.''  Schliesslich  kam  dennoch 
die  Alruna,  vornehmlich  wegen  der  strengen  censur,  die  Goethe  am 
libretto  übte,  nicht  zur  aufführung.  Nur  in  dieser  Zwischenzeit  von 
dem  anerbieten  bis  zur  Zurückziehung  desselben  konte  der  componist 
sich  veranlasst  fühlen ,  der  Jagemann ,  deren  einfluss  er  kante ,  als  einer 
gönnerin  zu  huldigen.  Leider  erwähnt  er  in  seiner  biographie  nichts 
von  diesen  compositionen.  Wer  ihm  die  texte  der  ungedruckten  lieder 
geliefert,  bleibt  also  völlig  im  unklaren.  Wer  indessen  nach  den  vor- 
angehenden formalen  erörterungen  das  Schottische  lied  noch  für  Goethisch 
halten  könte,  würde  es  höchst  befremdlich  finden  müssen,  dass  man  es 
dem  componisten  als  ein  herrenloses  stück  anvertraut  hätte. 

1)  Diese  Unterschrift,  ein  beispiel  von  der  fohlerbaftigkeit  des  stichs,  entzif- 
fert Redlich  als  „Agnes  Gräfin  von  Einsiedel.'* 

ZB1TS0HB.    V.   DBUTSCHK  PHILOLOGIE.      BI>.   VII.  30 


458        SUPHAN,   BERICHTIGUNO  ZV  DEB  ABHANDLDKG   ÜBBB  GOETUISCHB  GEDICHTE 

Wessen  name  in  der  „  Urne "  verborgen  liegt ,  dies  bleibt  für  jezt 
eben  so  im  dunkel.  Wie  sich  Goeüies  vorstellungsart  seinem  kreise 
mitgeteilt  hat,  das  beweisen  uns  die  dilettantischen  naturstudien  und 
kunstübungen  der  herren  und  damen  des  Weimarer  hofes.  In  dem 
V.  Einsiedeischen  gedichte  zeigt  sich  in  überraschender  weise,  wie  auch 
der  dichter  damals  schule  machte.  Und  Einsiedel  ist  nicht  der  einzige, 
nicht  der  reichste  geist  aus  jener  tafeirunde,  die  sich  an  dem  reinen 
feuer  der  Goethischen  poesie  entzündete.  Wer  es  für  möglich  hält^  ein 
schwächeres  product  des  meisters  von  einer  in  des  meisters  manier 
gehaltenen  schülerarbeit  „aus  inneren  gründen^*  zu  unterscheiden,  der 
wage  den  versuch.  Ich  aber  meine,  ohne  äussere  gründe  solte  das  ein 
kritiker  nicht  unternehmen.  „Denn  mit  den  göttern  soll  sich  nicht 
messen  irgend  ein  mensch." 

Mislingt  der  versuch,  wie  diese  erörteruugen  bewiesen  haben, 
doch  auch  dem,  der  beiderlei  gründe  combiniert.  Oar  mancher,  an 
dessen  Vertrautheit  mit  Goethe  ich  längst  nicht  heranreiche,  hat  meine 
gründe  hinlänglich  gefunden.  Ja  auch  Herder  selbst  muss,  da  er  die 
drei  gedichte  aufnahm,  sie  für  Goethisch  gehalten  haben  —  oder  man 
müste  die  erhaltene  abschrift  der  36  gedichte  für  ein  ungeordnetes 
gemisch  ausgeben.  Für  meine  ansieht  ist  es  von  gröster  bedeutung, 
dass  die  drei  gedichte  sämtlich  auf  dem  siebenten  blättchen  stehen,  in 
folgendem  zusammenhange:  Auf  der  Vorderseite:  (1)  Meine  Ruh  ist  hin. 
(2)  Auf  der  Jagd.  (3)  Dem  Schnee ,  dem  Regen.  (4)  Schottisches  Lied 
(dieses,  wie  die  lezte  strophe  von  nr.  3  zur  ausfüllung  des  raumes 
auf  der  langseite  des  blattes  stehend).  (5)  Ich  armer  Teufel,  Herr 
Baron.  (6)  Der  Segen  wird  gesprochen.  (7)  Ein  junger  Mensch,  ich 
weiss  nicht  wie.  (8)  Als  auf  einem  Landgute  usw.  (9)  Über  allen 
Gefilden  ist  Ruh.  Gerade  diese  neun  gedichte  hat  Herder,  wie  ich 
s.  230  bewiesen  habe^  aus  fremder  haud  bekommen.  Sie  haben  ihm  viel- 
leicht sämtlich  in  abschrift  vorgelegen.  So  befindet  sich  noch  jezt  bei 
seinen  handschriften  von  einer  mir  unbekanten  frauenhand  geschrieben 
das  lied  vom  köuig  in  Thule  in  seiner  ältesten  form,  betitelt  „Romanze.*.' 
Er  schrieb  sie  ab  in  gutem  glauben,  Goethische  und  fremde;  so  kam 
ein  kleeblatt,  das  draussen  am  gartenzaune  gewachsen  war,  in  einen 
kränz  von  bluten  und  kräutern  iron  des  dichters  eigenem  gefilde. 

BERLIN,  DEN  23.  SEPTEMBER  1876.  B.  SUPHAN. 


-   '»> 


K.  BACHBB,   ÜBER  BRAÜIVE,  AHD.   LEBEBUCH  459 

LITTERATUR 

Althocbdeutsches  Lesebuch.    Zusammengestellt  und  mit  glossar  ver- 
sehen von  WUhelm  Braune«    Halle,  Niemeyer  1875.    VIII.    226  s.  8.    4  M. 
Für  die  althochdeutschen  Studien  an  unseren  Universitäten  mangelte  bisher 
ein  lesebuch,  das  als  geeignete  grundlage  zu  akademischen  Vorlesungen  hätte  die- 
nen können,   welches,   zu  geringem  preise  käuflich,  reichliche  auswabl  von  lese- 
stücken auch  aus  den  umfangreicheren  denkm&lem  nebst  einem  glossar  dargeboten 
hätte.    Diesem  man  gel  wird  durch  das  vorliegende,  von  herrn  Braune  zusammen- 
gestellte lesebuch  in  erwünschter  weise  abgeholfen.    Auf  dem  geringen  räume  von 
157  Seiten  ist  vermöge  compressen  aber  deutlichen  druckes  ein  sehr  reicher  stoff 
zusammengedrängt,   sodass  alle  wichtigeren  kleinen  denkmäler  vollständig  aufge- 
nommen, die  grösseren  zum  teil  durch  sehr  umfangreiche  proben  vertreten  sind. 
Die  prosaischen  denkmäler  stehen  voran,   wie  es  der  didaktische  zweck  des  buches 
mit  sich  bringt,  darauf  folgen  die  poetischen,   in  einem  anhange  sind  einige  alt- 
niederdeutsche proben  zur  vergleichung  beigegeben  (aus  dem  Heiland  v.  1  — 191, 
zwei  Segensformeln  MSD.  IV,  4.  5,  das  sächs.  taufgelöbnis ,  die  sächs.  beichtformel 
MSD.  LXXU,  und  stücke  aus  den  altniederfränk.  psalmen).    Innerhalb  jedes  der 
beiden  abschnitte  sind  die  denkmäler  im  wesentlichen  chronologisch  geordnet.    Mit 
der  auswahl  der  proben  kann  man  vom  grammatischen  wie  litterarhistorischen  Stand- 
punkt aus  in  gleicher  weise  zufrieden  sein ,  nur  einzelnes  möchte  man  anders  wün- 
schen.   Aus  Isidor  sind  drei  volle  capitel  (3 — 5),  aus  den  Monseer  fragmenten  fast 
alle  in  leidlicher  Vollständigkeit  erhaltenen  stücke  mitgeteilt,   aus  dem  Tatian  zu- 
nächst einige  zusammenhangende  stücke  (I— VI;  LXXXVII;  CXXXVI — IX;  CLXIX, 
CLXX),  dann  diejenigen  stücke  aus  dem  Matthaeusevangelium,   welche  den  vorher 
aus  den  Monseer  bruchstücken  ausgehobenen  entsprechen ,  zur  vergleichung  mit  die- 
sen.   Zu  bedauern  ist  für  den  gebrauch,   dass  bei  diesen  stücken  aus  dem  Tatian 
die  hergebrachte  einteilung  der  capitel  in  verse  weggelassen  ist.    Reichlich  vertre- 
ten ist  die  Notkerische  litteratur.    Die  auf  s.  67  abgedruckten  Sprichwörter  hätten 
aber  nicht  aus  ihrem  Zusammenhang  gerissen  werden  sollen,   obwol  das  stück  de 
partibus  logicae  im  übrigen  rein  lateinisch  ist,  denn  dies  und  das  bei  Hatt.  III,  541 
darauf  folgende  de  syllogismis  sind  in   ihrer  mischung  von  latein  und  deutsch  für 
die  Notkersche  schule  so  charakteristisch ,  dass  sie  wol  verdient  hätten,  durch  pro- 
ben vertreten  zu  sein.    Bei  den  meisten  aus  Notker  mitgeteilten  stücken  ist  auch 
der  lateinische  text  mit  abgedruckt,  und  meistenteils  hängt  in  der  tat  der  deutsche 
und  lateinische  text  so  zusammen,   dass  das  nicht  vermieden  werden  konnte:   wir 
hätten  aber  gewünscht,  dass  auch  bei  andern  denkmälem  das  lateinische  original 
mit  aufgenommen  worden  wäre.    Wir  halten  dies  für  nötig,  teils  um  anfängern, 
namentlich  in  schwierigeren  stücken,  wie  Isidor  und  den  Monseer  homilienfragmen- 
ten,  das  Verständnis  zu  erleichtem,  teils  um  das  Verhältnis  der  Übersetzung  zum 
urtext  deutlich  hervortreten  zu  lassen:   denn  zu  diesem  zwecke  ist  es  nicht  hinrei- 
chend,  dass  an  einigen   stellen,  namentlich  wo  Übersetzungsfehler  vorliegen,   in 
einer  anmerkung  der  lateinische  text  angegeben  ist    Zum  mindesten  hätte  dies  in 
umfangreicherem  masse  geschehen  sollen ,  so  ist  z.  b.  Tat.  138,  9  (Braune  p.  42,  25) 
der  lat.  text  nicht  angegeben ,  obwol  er  für  das  Verständnis  der  stelle  unentbehrlich 
ist.    Denn  das  ther  in  z.  26  ist  nur  verständlich,  wenn  man  weiss,  dass  vorher  im 
lat.  texte  steht  quis  eum  plus  düiget,  woraus  der  Übersetzer  durch  ein  wunderbares 
misverständnis  gemacht  hat  üueäaran  minmta  her  mir,    Dass  aber  die  vollstän- 
dige hinznfügung  des  lateinischen  textes  zu  den  stücken  aus  Isidor  und  den  Monseer 

30* 


460  K.  ZACHEB 

bmchstücken ,  und  wenigstens  einem  teil  der  aus  dem  Tat.  gegebenen  stücke  das 
buch  nur  um  wenige  seiten  vermehrt  haben  würde,  beweist  der  geringe  räum,  den 
der  lat.  tezt  der  stücke  XIY.  XV  (frank,  bruchst.  der  lex  Sal.  und  Trierer  capitu- 
lare)  einnimt.  —  Die  zweite  abteilung  enthSlt  zun&ehst  die  allitterierenden  gedichte, 
dann  auf  nicht  weniger  als  55  seiten  stücke  aus  Otfnds  evangelienbuch;  darauf 
folgen  die  kleineren  gedichte  gleicher  form  aus  dem  9.  und  10.  jahrh.:  den  schlnsa 
macht  der  Merigarto.  —  In  einem  anhange  sind  für  die  einzelnen  stücke  die  wich- 
tigsten litterarischen  nachweisungen  gegeben. 

In  der  textbehandlung  ist  das  vorsichtige,  conservative  verhalten  des  Verfas- 
sers zu  loben.    Von  den  meisten  denkmälem  ist  der  handschriftlich  überlieferte  tezt 
nach  den  besten  vorhandenen  collationen  einfach  abgedruckt,  und  nur  kleinigkeiten 
der  Orthographie,   oder  offenbare  Schreibfehler  geändert.    Zum  teil  hätte  herr  Br. 
hierin  weiter  gehen  können,    denn  ob  formen  wie  hreuue  (Y,  1,  19),   leot  (XI,  8), 
fursahu  (XU,  1),  uuihc,  piehc^  uuelihc  (XXX,  89,  60,  92),  liath  (XXXU,  12,  9) 
solche  grammatische  bedeutung  haben,  dass  sie  verdienen  im  tezt  zu  stehen,  möchte 
ich  doch  bezweifeln.    Wo  von  der  lesart  der  handschrift  abgewichen  ist,   ist  dies 
meistens  angegeben,    aber  nicht  immer,   und  nicht  consequent.     Fast  ganz  fehlen 
diese  angaben  in  stück  XV  (Trierer  capitulare),   welches  im  wesentlichen  nach  sei- 
ner Constitution  in  MSD.  gegeben  ist.    Sonst  ist  mir  von  einzelnen  Versäumnissen 
folgendes  aufgefallen :   als  handschriftliche  lesart  war  anzugeben :   V ,  1 ,  6  arcennU 
A  uuir  daer.    13  scribero  enti  enH.    VIII,  4  sunt  A.    9  deru  AB.    85  m  |  m  A. 
IX,  d,  90  m  fleiscnisse,  gthwielih  truhtin  unaeran  heilantan  christes.    XI,  11  ehist. 
XVI,  10,  7  senunu  al  thisiu.     XXXVni,  28   des  du  tati.     In  den  Notkerschen 
stücken  sind  einige  fehler  in  den  accenten,  so  muss  gleich  auf  den  beiden  ersten 
Seiten  gelesen  werden  XXm,  1,  7  stüonden.    28  dis,    2,  29  i^     8,  16  miu.    4,  8 
ist.    Also  auf  zwei  seiten  fünf  fehler.    Ich  würde  darauf  kein  gewicht  legen,  wenn 
nicht  herr  Braune  selbst  in  seinem  aufsatz  über  die  quantität  der  ahd.  endsilben 
(Paul  und  Br.,  Beitr.  11,  s.  181***)  Hattemer  schwer  getadelt  hätte,   dass  er  auf 
30  Seiten  40  accentfehler  gemacht  habe.    Auf  wessen  seite  das  Verhältnis  sich  gün- 
stiger stelle,  ist  klar.    Inconsequenz  zeigt  sich  anch  in  der  anwendung  von  eursiv- 
buchstaben  im  tezt.    Bald  ist  durch  dieselben  bezeichnet,  dass  der  betr.  buchstabe 
in  der  hs.  undeutlich  ist,   wie  im  Muspilli  (XXX),  bald  dass  die  hs.  an  der  stelle 
beschädigt  ist,  wie  in  den  Mens.  fir.  (V);  und  im  Otfrid  sind  statt  der  unterpnngierten 
vocale  der  handschrift  cursive  gesezt.     Dies  lezte  ist  wahrscheinlich  dem  drucker 
zu  liebe  geschehen^   doch  ist  dies  auskunftsmittel  nicht  gerade  praktisch,   da  cur- 
sive vocale  leichter  übersehen  werden  als  unterpungierte ,  und  andererseits  die  leser 
des  buclies  durch  das  vorausgehende  an  eine  andere  bedeutung  der  cursivbuchsta- 
ben  gewöhnt  sind.     Zu  den  Monseer  fragmenten  gibt  die  litt  nachw.   an:   „Die 
grösseren   ergänzungen  der  lücken  in  der  hs.  sind  oursiv  gedruckt;   bei  einzelnen 
buchstaben,  über  welche  kein  zweifei  obwalten  kann,  ist  dies  unterblieben."    Aber 
in  der  tat  ist  es  oft  auch  bei  mehreren  buchstaben  unterblieben,   und  wo  ist  die 
grenze  zwischen  unzweifelhaften  und  zweifelhaften  ergänzungen?  dadurch  wird  der 
Willkür  zu  viel  Spielraum  gelassen.    Das  zeigt  die  vergleichung  weniger  zeilen  mit 
den  fragm.  theot.     In  dem  stück  fr.  th.  VIII  (Br.  V,  2)   ist  die  angäbe  der  hand-> 
schriftlichen  lücken  durch  cursivbuchstaben  in  folgenden  Wörtern  unterlassen :  x.  2 
enü  ubiltatun,    8  ovan,   4  refttuuisigun ,    5  himilo,    7  mendento  gefigit,   8  Aopet 
gacAaufit  Aimilo,  9  demo  ein,  10  fore^aufta  d&r,  11  himilo,  12  gasezsitem  aOero, 
13  ttfcarth  uz  Stade  siezentun,  14  ubilun,  15  demo  galidontin,  16  arscheldant  rdit- 
uuMigom  usw.    In  dieser  beziehung  würde  einer  neuen  aufläge  grössere  oonseqnens 


V. 


ÜBER  BRAUNE,  AHD.   LESEBUCH  461 

zn  wünsohen  sein.  Um  gleich  noch  auf  einen  anderen  mehr  änsserllchen  pimkt  zu 
kommen,  so  ist  herr  Braune  in  der  qnantitatsbezeichmmg  den  grundsätzen  gefolgt, 
die  er  in  seinem  schon  erwähnten  anfsatz  über  die  quant.  der  ahd.  endsilben  ent- 
wickelt hat,  und  mit  denen  man  ja  wol  im  ganzen  einverstanden  sein  kann.  In 
den  nach  der  handschrift  accentuierten  texten  ist  natürlich  die  quantitatsbezeich- 
nnng  anterblieben ,  in  den  donkmälem ,  welche  die  länge  durch  doppelvocal  bezeich- 
nen, sind  nur  die  in  der  hs.  unbezeichnet  gebliebenen  längen  mit  einem  circumflex 
versehen.  Aufgefallen  ist  mir  nur  Is.  V,  2,  19  hichndän,  Solte  das  bichnaan  der 
hs.  nicht  lieber  mit  Haupt  und  Weinhold  als  biehnän  zu  fassen  sein? 

Von  besserungen  anderer  sind  fast  nur  die  selbstverständlichen,  selten  und 
mit  vorsieht  weitergehende  aufgenommen,  ein  verfahren,  das  bei  dem  zwecke  des 
buches  nur  zu  billigen  ist.  Namentlich  ist  es  erfreulich,  das  Hildebrandslied  und 
Muspilli  von  den  vielfältigen  änderungen,  die  sie  besonders  in  Müllenhoffis  und 
Scherers  denkmälem  haben  erleiden  müssen,  frei  zu  finden.  Das  Georgslied  ist 
neben  seiner  handschriftlichen  gestalt  auch  in  der  von  Zamcke  gegebenen  restitu- 
tion  vertreten.  Im  einzelnen  werden  natürlich  auch  über  die  von  herm  Braune  auf- 
genommenen oder  nicht  aufgenommenen  änderungen  meinungsverschiedenheiten  mög- 
lich sein.  So  scheint  mir  im  Hildebrandsl.  v.  81.  32  der  Wackernagelschen  Umstel- 
lung entschieden  die  leichte  änderung  von  Grein  vorzuziehen:  mü  stis  ndhsippan 
man,  da  in  dem  ersten  halbvers  nur  neo  stark  betont  sein  und  den  Stabreim  tra- 
gen kann.  Entschieden  zu  tadeln  ist  aber  die  aufnähme  einiger  Schererscher  emen- 
dationen  in  der  predigt  des  Augustin  aus  den  Monseer  fragmenten  (V,  10).  Daselbst 
steht  nämlich  Y,  10,  25  (fr.  th.  XXXV,  18)  in  der  hs.:  Manage  at4h  forscrenchü  fona 
festin  gemein  nan  dune  festnissaj  und  im  entsprechenden  latein.  texte  3fu^• 
tos  autem  inpedit  a  firmiiate  praesumptio  infirmitatis.  Nach  diesem  latein. 
Wortlaut  hat  zuerst  Graff  II,  701.  1098  gebessert  gameiti  nand  unfestnissa,  indem 
er  gameiti  als'  adjectiv  fasste,  und  dann  Scherer  Denkm.  LX  Graffs  tmfestnisaa  beibe- 
halten ,  aber  auch  das  ntmdunc  der  hs. ,  welches  er  als  glossem  zu  dem  subst  gameiti 
fasst.  Was  zunächst  die  conjectur  unfestnissa  betrift,  so  scheint  dieselbe  durch 
das  lat.  infirmitatis  ja  allerdings  gefordert  zu  werden.  Wenn  man  aber  nicht  blos 
mechanisch  wort  mit  wort  vergleicht  und  übersezt,  sondern  sinn  und  Zusammen- 
hang der  stelle  ins  äuge  fasst,  da  gewint  die  sache  doch  ein  ganz  anderes  ansehen. 
Augustinus  spricht  von  den  infirmis  ecdesiae.  „Neque  enim  agendum  est  cum  firmis, 
ut  sint  infirmi,  sed  agendum  est  cum  infirmis,  ut  sint  firmi.  Multos  autem  inpe- 
dit a  firmitate  praesumptio  infirmitatis."  Dazu  fügt  er  erläuternd  hinzu:  „Nemo  erit  a 
deo  firmus,  nisi  qui  se  a  se  ipso  sentit  infirroum."  Also  nur  wer  sich  als  infirmus 
fühlt,  wird  zur  firmitas  gelangen,  und  doch  hindert  die  praesumptio  infirmitatis 
das  gelangen  zur  firmitas?  Es  ist  klar,  dass  im  lateinischen  text  ein  fehler  steckt, 
und  zu  lesen  ist  firmitatis.*  Das  gibt  den  tref liebsten  sinn:  Man  muss  die  schwa- 
chen zu  stärken  suchen.  Viele  aber  hindert  eben  die  einbildung  auf  ihre  eigne 
vermeintliche  stärke  daran,  die  wahre  stärke  zu  erlangen,  denn  vor  gott  ist  nur 
der  stark,  der  sich  selbst  schwach  fühlt.  Und  so  lautet  in  der  tat  unsere  stelle  in 
der  Pariser  ausgäbe:  „multos  autem  impedit  a  firmitate  praesumptio  firmitatis.*' 
DaH  festnissa  des  deutschen  textes  ist  also  vollkommen  richtig  und  bedarf  keiner 
änderung.  Weniger  sicheres  resultat  ergibt  die  betrachtung  von  gameiti  nandunc. 
Aus  der  ursprünglichen  bedeutungvon  gameit,  „gebrechlich,  verkrüppelt,"  die  nur 

1)  was,  wie  ich  jezt  sehe,  schon  M.  Haupt  vermatete,  in  seiner  reo.  der  fragm. 
theot.;  Wiener  jahrb.  1834,  s.  196. 


462  K. 

im  got.  gamaids  erhalten  ist  (ob  vielleicht  davon  noch  eine  spnr  in  gameiU  bei 
Otfr.  y,  25,  30:        Si  thar  thaz  ni  dohta,  so  mir  gibürren  mohta^ 

zälet  thio  gameüi  minera  dnmpheiti  — 

so  rechnet  diese  versehen ,  mängel ,  gebrechen  meiner  nnerfahrenheit  zu  ?)  entwickelt 
sich  zanfichst  die  bedentung:  stoltns ,  baridas ,  die  im  ahd.  die  allgemein  verbreitete 
ist.  Die  weitere  bedentnngsentwicklang  ist:  plump,  unverschämt,  übermütig,  und 
daraus  entsteht  zulezt  die  mhd.  bedentung  von  gemeit,  fröhlich.  Für  diese  bedeu- 
tungsübergänge  gibt  Graff  II,  701  folgende  belege:  contumacem  gimeiten  6d.  jac- 
tantlor  gimeüoro  VA.  insolentia  eamaithait  Pa,  kimeitheü  Ba.  gl.  E.  Die  beden- 
tung „übermütig*'  scheint  gameit  auch  zu  haben  bei  Otfr.  HI,  19,  9:  dass  wir 
schimpf  nicht  ruhig  als  Christen  ertragen  können, 

thaz  duat  uns  uharmwtH,  nalas  unsu  guati, 
mihiln  gdpfheity  ioh  unser  het'za  gimeitf 
wo  also  herza  gimeU  als  synon.  von  ttba/rmuaH  und  gdpfheU  gebraucht  ist.  So 
konte  auch  an  unsere  stelle  gameiti  in  der  bedentung  „übermütiges  vertrauen  auf 
die  eigene  kraft"  gebraucht  sein.  Weniger  gut  lässt  sich  diese  bedeutung  für 
na/ndwnc  erweisen.  Denn  aus  allen  von  Graff  11 ,  1092  fg.  angeführten  belegen 
für  nenda/n  und  seine  composita  ergibt  sich  nur  die  bedeutung;  „unternehmen, 
angreifen,  wagen,  streben,'*  und  so  finden  sich  auch  die  davon  abgeleiteten 
abstracta  na/nd  zur  Übersetzung  von  temeritas  (Notk.  Bo.  28*  Hatt.  certamen  cum 
temeritate  stultitiae:  %m^  müder  dero  göudio  ndnde)  und  nendigt  für  audacia 
(Notk.  ps.  36,  8.  121^  Hatt.:  in  dSro  huozzen  sie  Wo  audaciam  (nendigi)  unde  iro 
inpndenUam  (üneri);  audaciam  {nindtgi)  nUt  pudore  (scdmo),  ifipudenUam  (unlrt) 
mit  retterenUa  (eräfti)).  Allerdings  hat  in  beiden  stellen  das  lat.  wort  schon  die 
übertragene  bedeutung  „Unverschämtheit,"  also  könte  nandunc  wol  auch  an 
unserer  stelle  in  diesem  sinne  gebraucht  sein.  Indessen  war  doch  gameiti  unstrei- 
tig in  dieser  bedentung  weit  bekanter,  und  somit  wäre  es  wahrscheinlicher,  dass 
fuindwne  das  ursprüngliche  war  und  durch  gameiU  erklärt  wurde  als  umge- 
kehrt. Diese  Vermutung  gewint  an  Wahrscheinlichkeit  dadurch,  dass  kurz  vor- 
her praesumere  mit  nendan  übersezt  war  (XXXY,  26  dcus  ih  ni  mac  nef%danto, 
du  truhtin  mäht  gäbeoianto,  quod  ego  non  ualeo  praesumendo,  tu  potes  jubendo), 
woraus  man  fast  sohliessen  möchte,  dass  an  unserer  stelle  mechanisch  das- 
selbe wort  im  deutschen  gebraucht  sei,  was  dort  zur  bedeutung  des  lat.  wertes 
passte,  hier  aber  nicht,  und  dass  dann  später  gameiti  als  correctur  hinzugefügt  sei. 
Andererseits  ist  bedenklich,  dass  gameit  in  den  Monseer  fragmenten  sonst  nur  in 
der  bedeutung  fiatuus,  stultus  gebraucht  wird,  und  es  fragt  sich,  ob  Haupt  nicht 
recht  hat,  wenn  er  übersezt:  vana  opinio  (audacia)  finnitatis,  wobei  allerdings 
gameitiu  emendiert  werden  müste.  —  In  demselben  bruchstück  (fr.  th.  XXXV,  28fgg., 
Er.  V,  10,  8.  9)  hat  herr  Braune  eine  andere  emendation  Scherers  aufgenommen, 
die  schwerlich  richtig  ist.  Es  heisst:  Petrus  za  uuorte  gabeotantemo  andres  antha- 
bemes  az  awtuurtin  des  gauualtes  .  . .  arsericta  in  uuazar.  Der  lat.  text  ist  nicht 
erhalten:  in  der  Pariser  ausgäbe  lautet  er  so:  Petrus  ad  uerbum  jubentis,  ad  prae- 
sentiam  sustentantis,  ad  praesentiam  regentis  ....  desiluit  in  aquas.  Danach  hat 
Massmann  schon  gebessert  anthabentes,  und  Scherer,  dem  Braune  folgt:  Petrus  za 
uuorte  gabeotantemo,  az  antuurün  andres  aiUhaibentes  usw.  Aber  es  liegt  doch 
wol  entweder  eine  grössere  Verderbnis  des  textes  vor,  oder  der  Übersetzer  hat  einen 
anderen  lat.  text  vor  sich  gehabt.  Das  zeigt  der  dat  gabeotantemo  und  die  Über- 
setzung von  regentis  durch  gawualtes.  Wenn  aber  ein  fehler  vorliegt,  so  muss  er 
in  cmdres  stecken,   das  auf  keinen  fall  neben  cut  antuurtm  stehen  bleiben  kann. 


ÜBEB  BBAUN£,   AHD.   LBSBSUCU  463 

Nor  selteD  hat  hen*  Br.  den  text  selbständig  geändert.  Sehr  einfach,  und 
wol  unbestreitbar  richtig,  ist  die  emendation  lyuzüiin  statt  des  lytmlim  der  hs. 
Is.  V,  2,  12 y  bedenklicher,  weil  unnötig,  die  Vermutung  chunnit  statt  chunnH  fr. 
th.  XVII,  12  (Br.  V,  6,  9:  vgl.  kunnin  Graff  ITI,  411),  ganz  zu  misbilligen  aber 
ist  die  Streichung  von  ivti  an  zwei  stellen  des  Tatiau.  Es  heisst  nämlich  Tat. 
LXXXVII,  4,  14.  Siev.  (XVI,  8,  17  Br.):  thö  antuurtanti  ther  lheil(mt  in  quad  iru, 
respondit  Jhesus  et  dixit  ei,  und  ib.  5,  30  Siev.  (8,  24  Br.):  AntunHanti  daz  umb 
inti  qiiad,  respondit  mulier  et  dixit.  In  beiden  föUen  hat  Braune  das  hUi  einge- 
klammert, und  dadurch  als  zu  streichen  bezeichnet.  Aber  in  derselben  weise  findet 
sich  inti  nach  dem  particip  den  nachsatz  einleitend  noch  öfter  bei  Tatian,  z.  b. 
IX,  3  her  thö  arstantanti  inti  nam  then  Jcneht,  qui  consurgens  acoepit  puerum: 
CII,  2:  senu  ml  sint  thriu  idr  fon  thin  ih  qiiementi  suochen  uuahsamon  in  ihe- 
setno  figboume  inti  m  fintn^  ecce  anni  tres  sunt,  ox  quo  venio  quaerens  fructum 
in  iiculnea  hac  et  non  invenio.  Dieselbe  coustruction  findet  sich  schon  im  goti- 
schen, z.  b.  Marc.  VIII,  1  athaitands  siponjans  qapuJi  du  im,  TTootfxaltadfjievog 
Tovg  fjtnd^rjTttg  Xfyfi  ni'Torg  u.  a.  m.;  sogar  an  solchen  stellen,  wo  das  got.  partic. 
nicht  ein  partic,  sondern  ein  verbum  finitum  der  vorläge  übersezt  (was  ja  auch  in 
drei  von  den  oben  angeführten  stellen  des  Tat.  der  fall  ist) :  Matth.  27,  53  inat- 
gaggandmi8  in  po  reihon  haurg  jah  ataugidedun  sik  vianageim :  etaijK^ov  . . .  xal 
iffrtviaS-tjanvy  s.  Gering  in  dieser  ztschr.  V,  401  anm.,  VII,  110.  Es  liegt  nahe, 
einen  Zusammenhang  dieses  gebrauchs  der  copulativen  partikel  mit  dem  den  nach- 
satz beginnenden  inti  anzunehmen,  von  (3cm  Kölbing  in  dieser  ztschr.  IV,  347  fgg. 
gehandelt  hat.  Doch  mochte  ich  den  gebrauch  des  inti  nach  dem  particip  nicht 
als  eine  eigentümlich  und  alt  germanische  coustruction  auffassen,  mir  scheint  es 
vielmehr,  als  ob  sich  in  ihr  die  Verwirrung  des  Übergangsstadiums  vom  paratak- 
tischen zum  hypotaktischen  Satzgefüge  offenbare.  Denn  da  dieses  aus  jenem  sich 
nicht  mit  innerer  notwendigkeit,  sondern  in  folge  eines  von  aussen  an  die  spräche 
herantretenden  Zwanges  entwickelte,  so  ist  es  erklärlich,  dass  bei  den  versuchen  hypo- 
taktischer fligung  sich  noch  oft  genug  die  partikeln  der  altgewohnten  parataxe  ein- 
drängten ,  dass  die  aus  dem  lateinischen  herübergenommenen  hypotaktischen  fügun- 
gen,  wozu  ja  namentlich  auch  die  participialconstruction  gehörte,  nicht  ins  Sprach- 
gefühl übcrgiengen ,  sondern  mehr  etwas  äusserlich  angelerntes  blieben.  Dies  scheint 
sich  mir  ganz  klar  aus  folgender  stelle  des  Tat.  zu  ergeben  CCV,  2:  thie  furiva^ 
renton  bismarottoi  i7ian,  ruortuti  irö  liotibit  inti  qnedenti:  iiuctfi!  Pretereuntes 
autem  blasphemabant  cum  moventes  capita  sua  etdicentesiva.^  Ob  auch  der 
sonstige  gebrauch  von  inti  im  nachsatz  in  dieser  weise  zu  erklären  ist,  ist  hier 
nicht  der  ort  zu  untersuchen ,  doch  will  ich  bei  dieser  gelegenheit  noch  zwei  stellen 
aus  Istdor  als  belege  für  jenen  gebrauch  anführen.  Is.  VIII,  2  (s.  31,  27  Weinh.) 
Saar  so  dhtu)  so  uuard  chidaan  endi  bileiph  dhiw  leididhduom  fona  Jüdases 
sdmin  endi  qiiham  der  chisendii  scölda  uuerdhan:  St^tim  enim,  ut  hoc  factum  est 
et  defecit  dnx  ex  semine  Judao,  advcnit  illc  qui  mittendus  erat.  IX,  7  (s.  37,  1) 
Dher  dhurdh  NatJutnan  ntuirdh  chiheizsan  fona  Dävides  sä  min  ioh  auh  dfierselbo 
uiinrdh  dhurah  Esaian  dlien  forasagtin  chiforabodot:  iste  est  qui  per  Nathan  .  .  . 
promittitur,   qui  etiam  . .  .  pronuntiatur.     Fälschlich  wird  dagegen  von  Gering  in 

1)  Dass  lateinische  hypotaxis  in  der  deutschen  Übersetzung,  wenn  dieselbe  freier 
auftreten  will,  gern  durch  parataxis  widergegeben,  und  die  sätzc  mit  inti  verknüpft 
werden,  beweisen  u.  a.  folgende  stellen  aus  Isidor:  Weinli.  s.  6,  12;  7,  13.  '25;  15,  17; 
27,  14;  37,  20;  39,  27  (g. 


464  K.  EACHIB 

dieser  zsehr.  VI,  2,  anm.  2  hierher  gezogen  Tat.  133,  1  uuer  ist  iz,  trohHn,  inH  ih 
ffihuhu  in  inan,  denn  hier  ist  nar  ein  mittelglied  aosgelassen,  das  ganze  aber 
parataktisch:  Wer  ist  es?  zeige  mir  ihn,  und  ich  werde  an  ihn  glauben  (vgl.  Tat.  79,  5 
2»»^  von  mir  thoM  ihu  uuüi,  inti  ih  gibu  thir:  pete  a  me  quod  vis,  et  dabo  tibi) ;  eine 
art  der  parataktischen  constmction  mit  latenter  hypotaxe,  die  noch  hent  im  gebrauch  ist. 

Sehr  zu  loben  ist  die  Sorgfalt,  die  der  heransgeber  anf  die  interpnnction  yerwant 
hat;  dadurch  ist  der  sinn  mancher  stellen  in  besseres  licht  gestellt.  Mit  recht  ist 
z.  b.  Is.  III,  4,  47  nach  inu  m  statt  des  fragezeichen ,  welches  Weinhold  (s.  9,  8) 
hat,  ein  punct  gesetzt.  Denn  inu  ist  an  sich  kein  fragwort  und  am  wenigsten  hier; 
der  fragesatz  des  lateinischen  teztes  ist  hier  durch  einen  negativen  mit  „denn''  ange- 
schlossenen satz  widergegeben,  wie  dies  ja  öfter  stattfindet.  So  darf  kein  frage- 
zeichen gesetzt  werden  in  folgenden  stellen:  Is.  IX,  3  (s.  35,  18):  Neo  nisi  H 
chüaub<mne  dhaga  fona  cUhemu  Salomöne  sii  dlm  chiforabodöt :  Numquid  de  iUo 
Salomone  creditur  prophetatum?  fragm.  theot.  XXXVI,  7:  neo  Patdus  furi  inuuih 
in  eruci  gitiagan  ni  uuard:  Numquid  Paulus  pro  uobis  crucifixus  est?  Tat.  XL,  6: 
Odo  uuer  ist  fona  iu  nMnno,  then  oba  htüt  sin  sttn  hröies,  id  ni  gibU  her  imo 
gtein,  oba  her  fiskea  Utit,  iä  ni  gibü  her  imo  thanne  natrün:  aut  quis  est  . . . 
quem  si  petierit  filius  . . .  numquid  lapidem  porrigit  ei,  aut  si  piscem  petit,  num- 
quid serpentem  porrigit  ei?  (und  so  in  allen  den  stellen  des  Tat,  die  Graff  I,  569  f. 
als  mit  einer  fragepartikel  ja  s-  nonne  versehen  aufftkhrt.  Sievers  hat  von  ihnen 
nur  38,  1  und  129,  7  das  fragezeichen  getilgt).  XLI,  3  noh  gii  ni  lesent  fon 
ihormin  uuinberu:  numquid  colligunt  de  spinis  nva?  (Vgl.  H.  Gering,  die  causal- 
sitze  und  ihre  partikeln  bei  den  i^d.  Übersetzern,  s.  36  ff.).  Auf  andere,  zweifelhaf- 
tere interpunctions&nderungen  Braunes  einzugehen,  verbietet  der  räum. 

Es  bleibt  noch  übrig,  einige  werte  über  das  angehängte  glossar  zu  sagen, 
Auch  dies  entspricht  der  bestimmung  des  buches,  ein  handbuch  für  Vorlesungen  zu 
sein,  es  ist  knapp,  aber  im  ganzen  tfXr  die  präparation  ausreichend.  Freilich,  eige- 
nem Studium  würde  es  nicht  wol  genügen.  Und  das  ist  überhaupt  der  hauptvor- 
wurf,  den  wir  dem  Brauneschen  buche  machen  müssen,  dass  es  zu  einseitig  jenen 
zweck  ins  äuge  fasst.  „Wer  sich  ohne  lehrer  mit  diesen  studien  beschäftigt,"  sagt 
herr  Br.  Vorwort  s.  V,  „der  wird  doch  immer  zu  den  in  den  nachweisungen  angeführten 
weiteren  hülfsmitteln  greifen  müssen."  Er  müste  es  wol  eigentlich,  aber  dann 
würde  dies  Studium  dem  Studenten  unverhftltnismässig  viel  zeit  kosten,  die  er,  wenn 
er  nicht  germanist  von  fach  ist,  zweckmässiger  auf  andere  gegenstände  verwendet: 
eine  Vorlesung  über  althochdeutsch  zu  hören  ist  aber  nicht  zu  jeder  zeit  und  nicht 
überall  möglich.  Geringe  änderungen  würden  das  lesebuch,  ohne  es  für  Vorlesungen 
untauglich  zu  machen,  zu  einem  auch  für  privatstudien  recht  brauchbaren  hilfs- 
mittel  gestalten,  und  zwar  erstens  die  schon  oben  von  mir  geforderte  hinzufügung 
des  lateinischen  teztes  wenigstens  zu  den  schwierigeren  prosastücken,  dann  aber 
eine  nicht  gerade  bedeutende  erweiteruiig  des  glossars.  Angelegt  ist  dasselbe  sehr 
praktisch:  dass  der  lautstand  des  Tatian  zu  gründe  gelegt  ist,  ist  nur  zu  billigen, 
sehr  zweckmässig  scheint  mir  auch,  was  ich  hier  zum  erstenmal  angewant  sehe, 
dass  die  declinationsclasse  der  subst  durch  den  stammauslaut  (a,  i,  u,  n)  bezeichnet 
ist.  Zu  kurz  aber  komt  meistens  die  bedeutungsentwicklung,  die  z.  b.  bei  Schade 
durchschnittlich  besser  ist,  und  wenn  auch  meistens  das  entsprechende  gotische 
wort  angegeben  ist,  so  würde  doch  oft  für  den  anf&nger  das  Verständnis  erheblich 
erleichtert  worden  sein,  wenn  bei  abgeleiteten  Worten  öfter  als  es  geschehen  ist, 
das  althochdeutsche  primitivum  angegeben  wäre.  Dass  ausführliche  dtate  in  einem 
glossar  von  solcher  bestimmung  nicht  erwartet  werden  dürfen,  ist  klar,  doch  hätte 


OBBB  BBAÜNB,   AHD.   LB8SBÜCH  465 

auf  schwierigere  oder  grammatiBch  wichtige  steUen  des  textes  immerhin  in  etwas 
grösserem  umÜEuig  im  glossar  rücksicht  genommen  werden  können.  Im  einzelnen 
ist  mir  folgendes  aufgefallen. 

Vermisst  habe  ich  im  glossar  folgende  werte:'  anaebanliihlB,  (IV,  3,  &OBr.). 
anapringan  inferre  Murb.  h.  (YII,  8,  3).  githigini  Ludwl.  (XXXVI,  5).  inge' 
legan  cognatns  Notk.  (XXIII,  7,  13).  farcnitan  delere  Murb.  h.  (Vn,  1,  3)* 
increhön  increpare  Tat.  (XVI,  9,  8).  chundida  indicium  Exh.  (VI,  1,  3).  kaläz 
dero  wego  exitus  viarum  Mens.  (V,  3,  13).  Jaeeen  tardare  Tat.  (XVI,  3,  30). 
forlörjan  perdere  Mens.  (V,  3,  10).  maginna  Otfr.  (XXXII,  9,  2).  mannoUh 
Otfr.  (XXXII,  9,  15).  mihhüöaön  magnificare  Tat.  (XVI,  4,  32).  gimanton  Otfr. 
(XXXII,  8,  51).  garehtsamön  justificare  Mons.  (V,  1,  12).  seid  laqueus  Psalm 
123  (XIII,  15.  16).  uhiltäto?  Mons.  [V,  2,  2.  wenigstens  muss  man  glauben,  Br. 
fasse  ubütdtun  als  subst.  auf,  da  er  nicht  getrent  schreibt  dea  ubü  tätun,  während 
er  doch  sonst  falsche  trenr.ung  oder  zusammenschreibuug  der  werte  in  der  hs.  zu 
beseitigen  pflegt.  Vgl.  5,  7  ir  füllet  (hs.  irfullet  ?  vgl.  Massm.  in  HZ  I,  571  s.  fln.), 
8,  22  inMierthUJhho  (hs.  in  utierthlihho)].  ungatoerit  non  vestitus  Mons.  (V,  3, 18). 

Zu  angusten  war  hinzuzufügen  „sich  &ngstigen,''  was  sogar  die  haupt- 
beileutung  des  wertes  ist  (Graff  I,  343).  Bei  Braune  z.  b.  IX,  46.  —  bouhnen 
innuere  Tat.  (Br.  XVI,  3.  32.  5,  47).  —  in  thiu.  Für  die  bodeutung:  „in  der 
absieht,  dass,  dass*'  ist  als  beleg  angeführt  Otfr.  I,  7,  12  (Br.  10,  12),  aber  hier 
bedeutet  in  thiu  „insofern  als,  wenn,  unter  der  bedingung  dass",  wie  der  lat.  text 
zeigt,  Luc.  1,  50  et  misericordia  eius  in  progenies  et  progenies  timentibus  eum, 

—  thiggcn.  Bei  angäbe  der  constr.  ist  vergessen:  acc.  der  pers.  und  sache,  und 
ze,  —  thuh  vielmehr.  Otfr.  (XXXII,  8,  57).  —  ernust  und  ableitungen.  Die  grund- 
bedeutung  scheint  zu  sein  vigof;  Graff  I,  429  ff.,  daher  emusthaft  strenuus,  efficax, 
fervens  Graff  I,  431,  mit  ernustlidien  oujon  ardentibns  oculis  Notk.  (XXIII,  3,  6). 

—  hant,  anan  henti  Otfr.  (z.  b.  XXXII,  11,  8).  —  giheizzan  bürgen,  sponsorem 
^xistere.  Exh.  15.  —  her,  heriro  senior,  fanu  herorin  a  priore  Eero,  reg.  Bened.  63 
(Hatt.  I,  119).  So  auch  zu  fassen  im  Hildebrl.  v.  7.  —  Zu  hreo  fehlt  die  bedeu- 
tung  ganz.  Durch  die  bemerkung  „hreuue  M.  1,  19,  s.  unter  href^^  muss  der  an- 
fanger zu  der  meinung  kommen,  hrio  und  href  seien  identisch.  —  leideg  nicht  nur 
„betrübend"  sondern  auch  „betrübt"  Notk.  (XXIII,  2,  4).  —  mer.  diu  marnidanne 
nihilo  magis  quam  Mons.  (V,  9,  2\  —  ougen,  augit  profert  Mons.  (V,  1,8).  — 
rät  ob  hiu  rät  thisJUi  Ludwl.  34  ist  durch  keine  der  angegebenen  bedeutungen 
erklärt  (cf.  Otfr.  II,  12,  42).  —  biruohhen  auch  refl.  Otfr.  (XXXII,  12,  2).  —  sah- 
han,  Mons.  1,  12  wird  condemnaberis  nicht  mit  dih  gasahhis,  sondern  mit  suHti- 
gan  dih  gcisahhis  übersetzt  —  «o.  eo  so  sicut  Murb.  h.  2,  9,  4.  3,  7,  2.  3.  9,  2,  4. 

—  spilöff.  Grundbedeutung,  sich  munter  bewegen.  So  auch  Ludwl.  49.  —  sülag 
(nur  vorkommend  in  dem  ostfränk.  brachst,  der  lex  Sal.  Br.  XIV,  21,  MSD  LXV,  II,  2: 
sohwerso  faraih  forstilü  fon  dcMO  sülctge  der  slozhaft  ist:  si  quis  porcellum  de  sude 
furaverit,  quae  clavem  habet)  ist  falschlich  mit  langem  u  geschrifben  (so  auch 
Wackemagel,  Schcrer  und  Schade).  Nach  dieser  Schreibung  und  der  angegebenen 
bedeutung  „saustall"  fasst  Br.  dies  wort  als  compositum  von  sü  und  *Iag  von  ligan. 
Aber  Ictg  komt  als  zweiter  teil  eines  comp,  in  dieser  bedeutung  nie,  und  überhaupt 
nur  in  dem  zweifelhaften  urlag  vor.  Dazu  komt  die  glosse  solagun  volutabris, 
Graff  VI,  186  und  die  von  Wöste  in  dieser  ztschr.  V,  78  fg.  angeführten  niederdeutschen 
formen  solig  ttUU,  solag  tiiht,  die  er  mit  recht  als  „schwcmmenzucht,  zucht  auf  eigener 

1)  Ich  gebe  in  klammern  die  zahlen  der  stücke  bei  Braune  an. 


466  SCHÖlfBACH 

miste'*  erklärt  Demnach  gehört  suicu:  zu  ahd.  und  ags.  sei,  mhd.  sol,  söl,  nhd. 
BuU,  sole  voltttabnim,  kotlacbe,  ahd.  bisuljan  besudeln,  alts.  suljan,  ags.  sflan, 
selan  im  schmutze  wälzen,  nhd.  sich  siäen,  nnd  bezeichnet  eigentlich  den  pfähl,  in 
dem  die  Schweine  sich  w&lzen.  Dass  jedoch  an  der  betr.  stelle  der  lex  Sal.  wenig- 
stens unter  lat.  sudea  ein  bedeckter  raom  verstanden  ist,  zeigt  L.  Sal.  tit.  18,  3:  si 
qnis  sndem  cam  porcis  . . .  incenderit  —  unnan  gewähren,  zn  gefallen  tan  Notk. 
(XXIII,  1,  15}.  —  wolago  „wolan,  anf.'*  Dies  ist  weder  die  nrsprfingliche,  noch 
die  einzige  bedentnng  des  wertes,  noch  kernt  es  in  dieser  bedeatung  allein  im  lese- 
bnch  vor.  Allerdings  wird  meist  als  erste  bedentung  angegeben  etige,  und  Wack. 
führt  demnach  das  wort  auf  tvela,  wola  zurück.  Aber  sehr  häufig,  und  grade  in 
den  ältesten  denkmälem,  bedeutet  es  nur  o!  und  zwar  mit  schmerzlichem  ton  und 
klagender  bedeutung.  Beg.  Bened.  Hatt.  1,  30  hlose,  noelago  ehind,  ansculta,  o  fili! 
Rh.  p.  633:  uuolago  uuafane  o  mucro!  Hildebrl.  49:  welaga  nu  waitant  got,  wetDurt 
skihit  0  gott!  ach  gott!  Tat.  92,  3:  touolago  ungitritiui  cunni  o  gencratio  infidelis! 
Otfr.  1,  18,  25  wolfiga  elüenti,  harte  histu  herti;  in  verblassterer  bedeutung  1,  8,  67 
wcHaga  öttnuati!  So  dient  auch  toela  und  toola  zu  klagendem  ausrufe,  ebenso  wie 
alts.  fvela,  toola,  z.  b.  wöla  waldandgod  Hei.  4434,  wola  kraftag  god  5013,  und 
ags.  vä,  väld  (Gen.  368),  vdldvd  (Bed.  Sem.  bOV*),  Demnach  sind  diese  interjec- 
tionen  als  ursprünglich  klagende  anzusehen  und  mit  Grimm  (gr.  III,  292)  auf  got. 
wU,  ahd.  toi  zurückzuführen. 

HALLB.  KONRAD  ZACHER. 


Altdeutsche  predigten  und  gebete  aus  handschriften.  Gesammelt 
und  zur  herausgäbe  vorbereitet  von  Wilhelm  Waekemagel.  Mit 
abhandlungen  und  einem  anhang.  Basel,  Schweighauserische  Verlagsbuchhand- 
lung (Hugo  Richter)  1876.    XI.    611  selten.    12  mark. 

üeber  Wackemagels  arbeiten  waltete  nicht  immer  ein  günstiger  stern.  Das 
Wörterbuch  zu  dem  Nibelungenliede,  die  literaturgeschichte,  die  predigten  liefern 
beweise  davon.  Seine  eigenart,  lieber  einzelne  kleine  probleme  ins  feinste  auszu- 
arbeiten, als  Untersuchungen  grossen  stils  zu  führen,  mag  doch  wol  einen  teil  der 
schuld  tragen.  Mit  freude  ist  wahrzunehmen,  dass  die  berufensten  kräfte  sich 
einen,  die  fallen  gelassenen  arbeiten  Wackernagels  aufzunehmen  und  auszubauen. 
So  ist  es  der  litteraturgeschichte  durch  Ernst  Martin  geworden.  Die  altdeutschen 
predigten  sind  von  den  erben  in  die  hände  Maz  Riegers  gelegt ,  der  mit  Weinholds 
Unterstützung  und  unter  mannigfachen  Schwierigkeiten,  die  aus  der  beschaffenheit 
des  torso  erwuchsen,  das  mühevolle  werk  zu  ende  gebracht  hat 

Das  buch  zerfällt  in  mehrere  teile.  S.  1  —  248  enthalten  die  texte,  249^290 
geben  auskunft  über  die  benutzten  handschriften,  eine  geschieh te  der  altdeutschen 
predigt  wird  auf  den  Seiten  291—445  geliefert,  446—516  erörtert  Weinhold  mit 
gewohnter  Sorgfalt  die  spräche  der  predigten,  endlich  handelt  ein  anhang  517  —  611 
widerum  von  den  handschriften  und  bringt  wertvolle  nachtrage. 

Im  Vorworte  berichtet  Max  Rieger  über  die  geschichte  des  buches.  Daraus 
geht  hervor,  dass  nur  dessen  erste  17  bogen  von  Wackernagel  zum  drucke  besorgt 
worden  sind,  bis  seite  264.  Doch  scheint  zn  Wackemagels  Übersicht  der  hand- 
schriften nichts  neues  hinzngetan  und  alles  hierher  gehörige  für  den  von  Rieger 
gearbeiteten  anhang  verspart  worden  zu  sein. 

Von  den  texten  sagt  Wackernagel  selbst  s.  251  f.:  „Bei  der  auswahl  der 
stücke  ist  auf  den  saehgehalt  derselben  und  demnächst  auf  den  gewinn,  welcher 


..  «1 


ObBR  WACKEBNAOBL,    ALTD.   PRBDIQTSN  467 

daraus  fßr  grammatik  und  lezikographie  zq  schöpfen,  vorzüglich  aber  darauf  geachtet 
worden,  dass  sie  neben  dem  von  Grieshaber,  Hof&nann,  Kling,  Leyser,  Massmann, 
Mone,  Pfeiffer,  Koth  n.  a.  schon  gelieferten  stoffe  als  ein  nrknndenbuch  znr  geschichte 
der  altdeutschen  predigt  und  des  altdeutschen  gebetes  dienen  möchten.  Darum  hier 
predigten  mehr  als  eines  Verfassers,  aus  mehr  als  einer  handschrift,  von  charakte- 
ristischer beschaffenheit  und  in  geschichtlicher  anordnung  durch  eine  reihe  von  vier 
Jahrhunderten  hindurch;  und  ebenso  geböte  aus  Zeiträumen  und  richtungen,  wo  die 
litteraturgeschichte  ihrer  bisher  noch  kaum  gedacht  hat."  Es  liess  sich  erwarten, 
dass  der  herausgeber  des  altdeutschen  lesebuches  auch  in  dieser  auswahl  den  dort 
bewiesenen  unübertrefflichen  litterarhistorischen  takt  bew&hren  werde.  Fast  jedes 
in  die  sammlang  aufgenommene  stück  dient  verschiedene  zwecke  zu  erfüllen,  ist 
nach  mehreren  richtungen  hin  bedeutsam  und  die  gesamtheit  der  texte  kann  wirk- 
lich nach  Wackernagels  ausdruck  ein  Urkunden  buch  abgeben.  Diess  darf  allerdings 
nicht  hindern,  festzustellen,  dass  der  begriff  „ urkundenbuch **  seit  den  ersten  vier- 
ziger Jahren,  in  welchen  Wackernagel  sammelte,  wesentliche  Veränderungen  erfahren 
hat.  Historiker  pflegen  heute  nicht  mehr  aus  den  urkundlichen  schätzen  des  XII. 
und  XIII.  Jahrhunderts  diess  und  jenes  vorzügliche  specimen  und  sei  es  nach  den 
trefflichsten  gesichtepunkten  auszuwählen,  diese  proben  dann  zu  einer  mustersam- 
lung  zu  verbinden,  sondern  sie  bestreben  sich  durch  vollständige  Zusammenstellung 
des  urkundlichen  materials  die  notwendige  grundlage  für  sicher  gehende  forschung 
zu  gewähren.  Was  auf  jenem  gebiete  zur  f orderung  geworden  ist,  wird  auch  in  der 
deutschen  philologie  begehrt  werden  müssen.  Klar  genug  bat  für  die  altdeutsche 
dichtung  Steinmeyer  unlängst  (Zeitschrift  für  deutsches  altertum  XX,  anzeiger  s.  15) 
die  notwendigkeit  vollständiger  ausgaben  hervorgehoben,*  wir  halten  uns  für  berech- 
tigt, auch  fQr  die  deutsche  prosa  bis  1350  erschöpfende  publicationen  zu  wünschen. 
Damit  soll  gegen  das  vorliegende  werk  des  geschiedeneu  meisters  auch  nicht  der 
leiseste  tadel  erhoben  sein,  nur  das  eine  soll  deutlich  werden:  fühlte  sich  heute 
jemand  berufen,  ein  urkundenbuch  der  altdeutschen  predigt  auszuarbeiten,  dann 
würde  das  werk  kaum  in  form  einer  auswahl  angelegt  werden,  es  bestünde  aus 
einzelnen  teilen,  in  welchen  die  alten  predigtsaromlungen  kritisch  ediert  wären. 
So  hätte  die  grosse  Sammlung,  welcher  die  stücke  XLII — LH  entnommen  sind, 
über  deren  Wichtigkeit  und  Verbreitung  Wackernagel  s.  262 — 271  ganz  vorzüglich 
handelt  und  von  der  Rieger  s.  517  —  544  noch  reichliche  auskunft  erteilt,  gewiss 
in  einer  eigenen  ausgäbe  erscheinen  müssen. 

Die  texte  sind  natürlich  mit  grosser  Sorgfalt  hergestelt  worden.  Dass  Wacker- 
nagel keine  interpunctionszeichen  beigefügt  hat,  darf  sicher  nur  der  meinung  zuge- 
schrieben werden,  welche  man,  von  der  heutigen  verschieden,  1847  über  die  auf- 
gaben eines  herausgebers  hatte. 

In  der  abhandlung  II  „die  altdeutsche  predigt"  steckt  die  hauptarbeit  Max 
Riegers.  Zwar  fand  sich  ausser  einem  dutzend  gedruckter  blätter  noch  ein  heft  vor, 
nach  welchem  Wackemagel  im  Wintersemester  1866/67  Über  diesen  gegenständ  gelesen 
hatte,  allein,  wenn  ich  Rieger's  vorwort  recht  verstehe,  so  war  von  dieser  arbeit 
mit  ausnähme  des  abschnittes  über  Berthold  von  Regensburg  nur  weniges  in  der 
vorhandenen  form  verwendbar.  Nicht  nur  musten  viele  perioden  anders  gefasst, 
durch  beisatz  von  anmerkungen  den  heutigen  kentnissen  angenähert  werden,  ganze 
und  zwar  nicht  kleine  abschnitte   (z.  b.  s.  376—439)  rühren  vollständig  von  Rieger 

1)  Was  Haupt  und  Hoflmann  in  der  vorrede  zu  ihren  altdeutschen  blättern  8.  III 
sagen,  gilt  eben  so  gut  noch  für  uns. 


468  BCHÖHBACB 

her,  das  WackemagelBche  heft  kann  kaum  viel  mehr  abgegeben  haben  als  die  aus- 
gangsponkte. 

Ob  aber  wol  die  zeit,  eine  geschichte  der  altdeutschen  predigt  zn  schreiben, 
schon  gekommen  ist?  Aus  dem  oben  angedeuteten  geht  hervor,  dass  wir  noch  sehr 
weit  davon  entfernt  sind,  zureichendes  material  gedruckt  und  damit  der  forschung 
zng&nglich  zu  besitzen.  Wir  kennen  eine  bedeutende  anzahl  kleiner  altdeutscher 
predigtsamlungen,  von  deren  existenz  wir  wissen,  gar  nicht  näher,  wir  entbehren 
noch  der  grossen  predigtbücher,  wie  des  vorhin  genannten,  wie  des  von  St  Paul 
in  Eamtiien  (vgl.  altdeutsche  bl&tter  II,  159  f.).  Auch  glaubt  wol  niemand  ernst- 
haft, dass  was  weniges  wir  von  Berthold  von  Begensburg  in  Pfeiffers  ausgäbe  haben, 
genDge,  da  wir  ja  seine  lateinischen  predigten  nicht  lesen  können,  von  denen 
J.  Schmidt  (Wien  1871)  eine  interessante  probe  veröffentlicht  hat  Genügt  ja  nicht 
einmal,  wie  wir  es  haben.  £s  ist  ein  offenes  geheimnis  und  wird  von  den  berufenen 
nicht  verschwiegen,  dass  der  text  der  Bertholdschen  predigten  von  Pfeiffer  mit 
einor  souverainit&t  behandelt  worden  ist,  die  mit  der  vorsieht  nicht  stimt,  an 
welche  die  neuere  forschung  einen  herausgeber  bindet  Wie  bescheiden  unsere 
kentnis  von  Eckard  ist,  lehrt  aufs  deutlichste  die  durch  Sievers  veranstaltete  Publi- 
kation einer  anzahl  Eckard^scher  predigten  im  XV.  bände  der  Zeitschrift  f&r  deut- 
sches altertum.  Ich  spreche  gar  nicht  über  die  anonymen  lateinischen  homilien 
des  mittelalters.  Zum  teil  sind  sie  wirklich  unbekant,  wie  das  insbesondere  für 
stücke  aus  dem  X.  und  XI.  Jahrhundert  gilt,  zum  teil  sind  sie  vorhanden  aber  nicht 
wissenschaftlich  verwertet  Gibt  es  ja  noch  nicht  einmal  eine  umfassende  arbeit 
über  Honorius  Augustodunensis.  Wer  also  jezt  über  die  altdeutsche  predigt  schreibt, 
wird,  ich  will  es  nicht  l&ngnen,  wol  die  hauptcüge  richtig  zu  erkennen  vermögen, 
aber  viele  beziehungen  werden  erst  durch  neues  material  klar  werden,  und  zwar 
nicht  nur  unwesentliche  details. 

Freilich,  undankbar  darf  man  eine  arbeit  nicht  nennen,  welche  auf  einem 
wenig  von  der  forschung  begünstigten  gebiete  die  wege  bahnt,  manch  unnützes 
gestrüpp  mühsam  forträumt  und  das  Unterholz  lichtet  Es  muss  für  die  Wert- 
schätzung einer  wissenschaftlichen  arbeit  sehr  schwer  ins  gewicht  fallen,  wenn  sie 
arbeiten  vorbereitet,  anregt,  erleichtert,  vielleicht  erst  ermöglicht,  durch  welche 
sie  selbst  überholt  wird.  Niemand  wird  Wattenbachs  geschichtsquellen,  als  sie  in 
erster  aufläge  erschienen,  nachgesagt  haben ,  es  sei  in  ihnen  eine  undankbare  arbeit 
geliefert  und  wie  wenig  doch  von  dem  damals  gebotenen  hat  der  autor  in  der  dritten 
ausgäbe  unangetastet  gelassen.  Nicht  immer  kann  die  zahl  abgeschlossener  resul- 
tate  allein  einem  werke  die  achtung  der  fachgenossen  erwerben. 

Diess  mag  entschuldigen,  wenn  wir  für  Wackemagel- Biegers  abhandlung 
unsem  herzlichen  dank  aussprechend  doch  eingestehen  müssen,  dass  im  einzelnen 
schon  jezt  manches  wird  nachgetragen  werden  können,  mehreres  aus  vollständiger 
herausgäbe  der  grossen  samlungen  sich  besser  ergeben  wird. 

Der  unterzeichnete  referent  kann  für  seine  person  der  dankbarkeit,  welche 
ihn  gegenüber  den  resignationsvollen  bemühungen  Max  Biegers  um  ein  ihm  ursprüng- 
lich fremdes  werk  erfült,  nicht  besseren  ausdruck  geben,  als  wenn  er  versuch t» 
aus  den  kärglichen  mittein,  die  ihm  zu  geböte  stehen,  einiges  zur  etwaigen  förde- 
rung  beizusteuern. 

Zu  8.  254.  lateinische  recepte  des  XII.  Jahrhunderts  finden  sich  ziemlich  viele  in 
den  handscbriften  der  Grazer  Universitätsbibliothek,  meist  verknüpft  mit  sogen  und 
heilkräftigen  Zauberformeln.  Von  deutschen  dieser  zeit  dagegen  ist  nur  wenig  vor- 
handen.   So  enthalt  die  hds.  39/62  8<*  170  blätter  pergament  am  obem  rande  von 


v* 


i^Bll  WACKSENAOSt,  ALTD.  PllfiDlGVäM  469 

blatt  165**  folgende  woite :  Swelhcm  toibe  ze  vü  werre  van  dem  siechhMme  der  men- 
struwn  der  achribe  an  dise  karakteren:  j?.  x-  &•  c.p,o.  x-  a*  9,  a.  p.  a,  VI.  l.  n.  Auch 
der  seitenrand  ist  daroh&ns  beschrieben,  nur  hat  der  bachbin  der  vieles  wegge- 
schnitten, aus  dem  übrig  gebliebenen  wird  der  sinn  nicht  vollkommen  klar:  du 
def  wiht  . .  .  oM^en  Itu  ,  .  ,  ofn  eifti  mt  , , , ,  vnd  stich ....  /%ran  da  ... .  er  hltiote 

....  nütt  ....  sweih  ir  »  , . ,  hros  fdht  ....  der  einde  . , . ,  an  ein  a el 

oder  an  ein  , , , .  ezten  also.  Es  folgen  lateinische  recepte  zar  conservatio  nteri» 
contra  capitis  dolorem,  contra  fluxnm  sanguinis,  ad  paralisin,  ad  tussim,  ad  soln- 
cionem,  am  rande  von  166*  steht:  dem  der  mufit  ubd  schmecfvt  der  neme  ephich 
würze  mit  hanec,  cdose  %md  eze  daz;  ez  vertribet  aXlen  hosen  smach  des  mmides» 
Darauf  weitere  lateinische  recepte,  folgende  trotz  der  fehlenden  stellen  deutliche 
anweisung,  von  der  man  nur  nicht  weiss  ob  sie  therapeutischen  oder  kosmetischen 
zwecken  dienen  soll :  daz  den  vromoen  die  brüste  groz  werdent  ....   eines  hosen 

....  gen  und  viuhte  die  brüste st  werdent  grozer,  und  zum  schluss  ein  gar 

merkwürdiges  recept :  mulier  si  vidt  impregnari  desiccet  testicutos  viri 

et  faciat  i'nde  puiverem  et  bibat  cum  vino  post  proflusionem  menstruum,  dum  inde 
eoncumbat  cum  viro  et  condpiet.  Am  biait  1*  hat  eine  band  des  XY.  Jahrhunderts 
einen  kunstgriff  gelehrt,  um  frösche  zu  fangen:  pohingail  pint  in  ein  hmben,  da 
geent  die  fröschh  zue.  mm  auch  papdn  (mhd.  wtb.  II»,  468**)  an  einen  faden,  da 
geent  auch  die  fröschh  zue. 

Der  sogen  für  wundwasser,  den  Wattenbach  aus  einer  Olmützer  handsohriffc 
im  archiv  der  gesellschaft  für  ftltere  deutsche  geschichtskunde  X.  679  f.  veröffentlicht 
hat,  findet  in  Grazer  hdss.  des  XY.  Jahrhunderts  sich  dreimal:  am  schluss  von 
36/8  4®  und  zweimal  auf  dem  eingelegten  blatt  117  des  Grazer  miscellancodez  39/28 
4^  der  auch  sonst  durch  seine  bruchstücke  von  Volksliedern  nicht  uninteressant  ist 
Nach  einer  oft  vorkommenden  formel  ist  folgender  segen  150**  derselben  handschrift 
gebildet:  für  pamwachs.  Conswmmatum  est  sprach  unser  herre  am  Jicüigen  kreuez, 
da  mit  lies  er  den  geist,  da  mit  verswant  im  sein  krafft:  also  mikestu  pamwachs 
verschwinden  und  vergen  in  dem  nam  des  vater  und  des  swns  und  des  heüigen 
geists  ctmen. 

Halb  segen  halb  gebet  und  die  spuren  älterer  nur  verdorbener  Überlieferung 
an  sich  tragend  ist  das  stück  in  der  Grazer  handschrift  41/14  49  am  vorsetzblatte 
von  einer  band  des  XV.  Jahrhunderts  eingezeichnet: 

Ich  püe  dich,  vrowe  sande  Mereie,  durdi  die  heüigen  minne  die  unser  herre 
got  zuo  dir  hete,  do  er  dir  hiez  chunden  %md  dir  einen  heüigen  enget  sande,  dcu 
er  von  dir  wolde  gd>om  werden,  und  bite  dich  durch  die  vreude  da  din  heüigez 
herce  mit  ervollet  wart,  do  du  Christ  gebere  und  in  dar  nadi  airist  an  sehe  und 
dich  erchandest  daz  du  muoier  und  maget  were,  daz  du  mir  helfest  trostes  und 
gnaden  über  ditze  dinch  und  über  aUe  mine  not  amen.  Sprich  drei  pater  noster, 
dreu  ave  Maria.  Der  vrid  unsere  herren  sei  mü  mir  und  allen  minen  veinden. 
heute  segen  ich  dich  durch  des  christes  minne,  pit  ich  dich  heute  durch  des  heüigen 
christes  pHuot^  daz  du  mir  seist  genedieh  ttnd  guot  ich  bite  dich  hewte  durch  des 
heüigen  christes  pain^  daz  du  mir  nickt  sprechest  arger  warte  dechein.  ich  pit  dich 
heute  daz  du  mir  seist  in  cUso  guten  gedingen  also  mü  vrawen  sante  Mereien  was 
ir  traut  chind,  und  daz  dir  heute  eUi  mineu  wart  und  eiliu  mineu  werch*  also 
semphte  muzen*  wesen  aiso  miner  vrawen  sande  Mereien  was  daz  hemede  da  si 

1)  pb(ote  die  hdi.  2)  Dieses  ot  stimmt  nicht  mit  der  sonstigen  lautbeieichnung 
des  Stückes.      8)  w'ehen  hds.      4)  muu  hds. 


470  8CHÖKBACH 

chrisUs  inne  genas,  und  miner  wawen  aande  Mereien  wm  der  stoau,  do  si  des 
heiUgen  chrietes  genas;  *  daz  mvr  heute  allez  daz  diso  hoU  wnd  guot  muose  toesen, 
dag  deu  sunne  ubersehtnet  sei,  daz  ich  dir  heute  liep  muze  sin  in  deinem  hereen 
und  in  deinem  muote  also  miner  vrotoen  sande  Mereien  was,  do  si  den  heiligen 
ehrist  an  sach.  in  christes  namen  AMEN.  Disiu  wort  sein  mir  heute  also  VKur 
und  cAso  guat  als  der  heüige  pater  noster  toas  den  der  aJmechtig  got  sprach,  duo 
er  an  die  martir  trat,  amen, 

Kleinigkeiten  wie  die  8.  276  %.  erwähnten  lassen  sich  ans  vielen  geistlichen 
handschriften  sp&terer  zeit  auftreiben.  In  derselben  ordnnng  wie  bei  Wackemagel 
aber  in  knittelverse  gebracht,  zeigen  diese  stficke  sieh  in  der  Grazer  handschrift 
36/16  4^  des  XV.  Jahrhunderts  f.  12^  fL    Nur  ein  paar  rerse  der  einleitung  zur  probe: 

Sünder,^  du  soU  püessen  in  der  frist 

wenn  got  den  Sündern  genädig  ist. 

hoffnung  rew  peicht  und  genuogtung  soltir  ?Mben 

und  hinfur  nyjner  dye  sund  tragen. 

vergib,  das  dir  dein  sund  werden  vergeben 

und  tue  genueg  den  dye  du  hast  gelaydigt  in  deinn  leben. 

woUust  spil  und  dye  weit  soltu  verschmähen, 

poseu  geselschaff  und  dy  gemain  soUu  flyehen. 

ein  haymleichs  gd>et  wü  got  haben  lieb 

und  ein  wareu  rew  ninit  ab  aü  swnd  dir. 

Sünder,  du  solt  merken  wye  du  dye  sund  hast  volpracht; 

die  auch  bebain  und  hab  ir  hin  für  nymer  acht. 

rewent  dich  die  sund  so  sag  seu  dem  priester  gar 

und  nicht  send  ain  prüefl  oder  ain  poten  dar, 

w<tr  ganez  rain  sneU  stark  stät  dyemutig  sol  sy  sein 

und  willig  plöz  aygen  bunstig  czaherig  lank  getreu. 

Hier  und  in  der  Grazer  handschriffc  38/37  4"  des  XV.  Jahrhunderts  finden 
sich  gereimte  gedächtnisverse  über  die  zehn  geböte,  welche  auch  sonst  (in  Wiener 
hdss.  z.  b.)  sehr  verbreitet  waren  <>  und  durch  einzelne  ausdrücke  auf  höheres  alter 
zu  weisen  scheinen.    Nach  38/37  4^  lauten  sie: 

Mensch,  gelaub  in  avnen  got, 

mit  eitler  red  seins  nam  nicht  spot, 

die  heiligen  tag  veir  gern, 

vater  und  mueter  Aa5  in  ern, 

an  recht  den  menschen  tot  nicht,* 

zu  diebrei  hab  kain  phlicht, 

wis  nicht  unkeusch  aus  der  ee, 

valsch  zeugnuz  nicht  pegee, 

beger  deins  nagsten  kanweib  nicht, 

alles  fremdez  guet  sei  dir  enwicht 

1)  Der  von  Müllenhoff,  ztschr.  f&r  deutsches  altertum  XYII,  4.H0  herausgegebene 
Bobwertsegen  enthält  v.  6  ff.:  dastu  werät  alto  ueieh  als  unser  vrautoen  ttcei$^  do  «y  ira 
kind0t  gtna*.  S)  tünd  die  hdi.  8)  Vgl.  Hoffmann  kirchenl.«  8.  223  ff.,  ans.  f.  k. 
d.  d.  V.  1874»  8.  856.        4)  an  recht  auch  die  übrigen  fassungen. 


Ober  wackernagbl,  altd.  pbbdigten  471 

Dieselbe  znlezt  genante  handschrift ,  die  ich  noch  später  erwähnen  werde, 
enthält  auch  die  beste  formuliernng  von  tischgebeten  und  stossgebetlein ,  die  einer 
grossen  beliebtheit  sich  erfreuten.  Jeitteles  hat  soeben  Germania  XX ,  443  fg.  einige 
davon  veröffentlicht,^  zn  welchen  ich  nachtrage: 

82*»    Jlerre,  in  deiner  emgkait, 

hehuet  uns  hie  vor  allem  lait, 
daz  wir  hie  leben  sichtrleich 
und  dich  dort  schawen  ewigkleich 
in  deinem  fronen  himelreich; 
des  Sprech  wir  amen  all  geleich, 

83*    Der  den  himel  hat  besessen 

der  gesegen  uns  das  trinkchen  und  das  essen, 

wir  danken  dir,  aUmächtiger  got, 

aüer  deiner  guettott 

der  du  Übst  und  herscht  ewigkUichen,  Amen, 

83»    Hilf  got,  du  ewige  vjort, 
dem  libe  hie  der  sele  dort. 

Zn  dem  stück  s.  282  über  die  wnnder  in  der  geburtsnacht  Christi  vergleiche 
man  nun  aach  Zeitschrift  für  deutsches  altertum  XIX,  s.  185  und  anmerknng. 

Das  on,  welches  man  bei  Wackernagel  s.  228  und  288  trifft,  findet  sich  auch 
in  einem  hagelsegen  des  XII.  Jahrhunderts,  ztschr.  für  deutsches  altertum  XYIU,  79. 
Üeber  ,,die  nutzen  des  gedenkens  an  unsers  herm  marter'S  in  Biegers  nachtragen 
s.  604  f.  handelt  ein  gedieht:  „von  dem  hauptneigen  Christi  am  kreuze",  in  der 
Heidelberger  hds.  nr.  341  fol.  88^  —  90»»  und  der  Wiener  hds.  nr.  2677  fol.  94»»— 96' 
enthalten,  guter  kunstübung  angehörig.  Ferner  die  Prager  hds.  XVI,  G.  19  von 
1*  ab,  die  auch  38*  ff.  die  bei  fiieger  s.  605  erwähnten  gnaden  des  frohnleichnam 
bespricht. 

In  der  abhandlung  über  die  altdeutsche  predigt  wird  s.  336  f.  und  anmerknng 
erwähnt  die  noch  im  XIII.  Jahrhundert  vorhandene  notwendigkeit,  durch  kirchliche 
mittel  zur  erlemung  von  pater  noster  und  glauben  zu  zwingen.  Das  bestätigt  noch 
für  spätere  zeit  die  Grazer  hds.  38/37  4^,  welche  auf  blatt  18**»  die  anführung  derer 
biingt,  den  gemaynlich  goczlichnam  ist  verboten.  Es  erscheinen  darunter  auch:  Item 
aiü  dy  den  pater  noster  und  den  glauben  nicht  chünen  und  nidU  lernen  weUen, 

Von  dem  s.  439  besprochenen  Johannes  Nider  enthält  die  Grazer  hds.  33/7 
40  1« — 41b  einen  tractat  de  eruditione  confessorum  vom  jähre  1446. 

1)  Von  den  gereimten  gebeten  des  15.  jahrh.,  die  Jeitteles  hier  gibt,  sind  die 
beiden  ersten  in  guter,  nnverworrener  fassung  im  liederbach  der  Hätzlerin  enthalten. 
Haltaas  ansg.  s.  81  f.  Zu  dem  vierten  bringt  jetzt  H.  Palm  (die  deutschen  mund- 
arten  I,  241)  eine  schlesische  fassung  XV.  jahrh.  —  Das  gedieht  „von  den  vier  tem- 
peramenten'*  ist  (ausser  einer  erwähnung  in  Adelungs  nachrichten  von  alttoutsoben 
gedichton,  welche  aus  der  Heidelbergischen  bibliothek  in  die  vaticanische  gekommen 
sind)  bereits  gedruckt  im  Neuen  literarischen  anzeiger  1806  sp.  SHl — 383.  Vgl.  Docen 
Miscellaneen  U,  143,  v.  d.  Hagen,  Grundriss  s.  415.  Die  ersten  14  verse  des  gedichts 
sind  ans  einer  hds.  von  s.  Georgen  (jetzt  Karlsruhe)  von  Mone  gedruckt.  Anieig.  1838, 
s.  398. 


iT2  bchonbacii 

Wenn  ich  nichts  übersehen  habe,  so  finden  sich  in  der  Bieger'schen  abhand- 
lang die  predigten  des  XII.  nnd  XIII.  Jahrhunderts  nicht  erw&hnt,  in  welchen 
lateinisch  and  deutsch  yennengt  wird.  Es  mag  sich  fragen,  ob  diese  makaronische 
prosa  vor  dem  volke  gesprochen  wurde ,  ob  sie  nur  ad  religiöses  gerichtet  war,  oder 
ob  sie  überhaupt  nur  in  predigtentwürfen  —  conccpten  vorkömt.  Ich  möchte  mich 
nach  den  wenigen  mir  bekannten  beispielen  für  das  letztere  entscheiden.  Das  von 
Leyser  in  der  vorrede  zu  seiner  predigtenausgabe  s.  XXV  f.  wieder  abgedruckte 
brnchstück  aus  dem  XII.  Jahrhundert,  die  von  J.  M.  Wagner,  Zeitschrift  für  deut- 
sches altertum  XV,  440  edierten  predigtentwürfe  gehören  hierher.  Ich  kann  ausser 
diesen  noch  ein  paar  beispiele  anführen. 

Vor  allem  in  der  sehr  merkwürdigen  handschrifb  42/102  4^  der  Grazer  uni- 
Tersitätsbibliothek.  Dieselbe,  288  bl&tter  stark,  pergament,  im  XHI.  Jahrhundert 
zweispaltig  geschrieben ,  enthält  nur  predigten  und  zwar  lateinische.  242^ — 249*  ist 
der  bekante  dialog  Anshelmus  de  passione  Christi  eingeschaltet.  Im  jähre  1692 
trug  ein  Grazer  Jesuit  ausser  der  katalogbezeichnung  als  inhaltsangabe  auf  dem 
ersten  blatte  ein:  Asumymi  cuiusdam  natione  gennani  sermones  varü  9eu  poHus 
theniata  aermonum  et  eahortationwmt  ettam  ad  religiosos.  Diese  angäbe  ist  richtig. 
Alle  stücke  sind  mehr  oder  minder  ausführliche  predigtconcepte.  Dass  ihre  yerfssser 
natione  germani  waren,  lässt  sich  aus  den  deutschen  werten,  die  allenthalben  ver- 
streut sich  finden,  erschliessen.  Von  257*  ab  sind  die  stücke  halb  lateinisch  halb 
deutsch.  Kach  der  bl.  209°  vorkommenden  erwahnung  eines  sagenhaften  rechtes 
des  dux  Carintbie  dürfte  als  nähere  heimat  Xämthen  bezeichnet  werden,  was  die 
Schreibung  der  deutschen  stücke  bestätigt  Aus  Kämthner  klöstern,  besonders  aus 
Millstatt,  sind  sehr  zahlreiche  handschriften  in  das  Grazer  coUegium  societatis  Jesu 
gelang^.  Ein  geistlicher  des  XV.  Jahrhunderts  hat  allerlei  bemerkungen  auf  die 
ränder  des  codex  geschrieben  und  dadurch  bezeugt,  das  die  samlung  noch  während 
dieser  zeit  in  der  predigtpraxis  verwendet  wurde.  Diese  bemerkungen  geben  meist 
den  Inhalt  der  predigt  kurz  an,  erleichtem  die  disposition,  machen  auf  die  haupt- 
punkte  aufmerksam  und  notieren,  ob  die  bezügliche  predigt  ein  sermo  valde  utilis 
ad  religiöses  oder  ad  populum  (sive  popularis  sive  generalis)  sei.  Sie  treffen  mit 
dem  letzteren  gewöhnlich  richtig  die  Unterscheidung  zwischen  gelehrter  und  volks- 
tümlicher rede.  Die  volkstümlichen  predigten  wiegen  allerdings  vor  und  diesem 
umstände  verdankt  die  samlung  ihren  hohen  culturhistorischen  wert.  Eine  menge 
sagenhafter  züge  werden  zur  illustration  den  dogmatischen  erklärungen  beigefügt, 
für  die  geschichte  des  deutschen  aberglaubens  (z.  b.  werwolf,  Zauberei,  finger- 
namen  u.  s.  f.)  findet  sich  manches  wertvolle  und  insbesondere  vertraut  scheinen  die 
Prediger  mit  medicinischen  dingen  gewesen  zu  sein,  da  sie  dergleichen  mit  verliebe 
zur  ezemplification  gebrauchen.  Die  samlung  verdient  eine  Specialbearbeitung  (die 
sich  auch  mit  dem  Verhältnis  der  predigten  zu  Berthold  zu  be&ssen  hätte)  und 
einer  solchen  vorgreifend  erlaube  ich  mir  die  letzte  predigt  zur  probe  hier  mitzu- 
teilen. Ich  erwähne  noch  vorher,  dass  die  handschrift  dem  loser  grosse  Schwierig- 
keiten bereitet;  nicht  etwa  weil  sie  undeutlich  geschrieben  wäre,  auch  nicht  weil 
sie  in  der  tat  ungewöhnlich  starken  gebrauch  von  abkürzungen  macht,  sondern 
weil  der  Schreiber  kentnis  der  compendien  nur  gering  war.  Für  ganz  versehiodene 
abbreviaturen  wird  dasselbe  compendium  angewandt,  die  endungen  -us,  -is,  -er 
fallen  in  ein  zeichen  zusammen,  die  pronomina  und  adverbia,  welche  mit  relativen 
zasammengesetzt  sind,  haben  zumeist  dasselbe  zeichen.  Kann  man  sich  auch  an 
vielen  stellen  durch  Überlegung  des  Zusammenhanges  helfen,  so  muss  doch  manches 
zweifelhaft  bleiben. 


ÜBEB  WACKBBNAOEL,   ALTD.  PBEDIGTEM  473 

283*^    Parata  aedea  iua  ex  tune;  a  seeido  tu  es  deual^ 

Swie  war  das  tat,  quod  ipsa  verha  scripta  in  paalmis;  quamvia  hoc  fit  verum, 
quod  dixit  aUiaaimua  onmium  prophetarum  audirique  legit  rex  David,  ao  sint  ai 
doch  aancti  apiritua  verha.  Stcie  cJäur,  awie  Urntter  tat  der  enget  aclhcin,  awie 
haitter,  awie  Hecht  iat  der  heiligen  achein,  awie  wol  nienschleich  ain  iat  genatotcert 
vnd  gewicziget  (genaiowert  von  genaden  gotea  et  eruditua  de  doctnna  hominutn), 
ao  enchunden  ai  doch  nimer  erdacht  diaeu  wort  haben  noch  erfunden,  quia  iata 
verha  ita  aunt  alta  und  hcibent  aich  alao  erawungen,  daz  aei  aenatia  humafitia  nicJU 
eratxgen  nicht  efraichen  inach,  Diaeu  wort  aunt  ita  longa  et  hahcnt  aich  alao 
gezogen  in  die  ven're,  daz  ier  nienian  £u  ende  cJ^omen  mach  noch  umhefahen,  Diaeu 
wort  deu  aenchent  aidi  ao  tieffe  et  aunt  iata  verha  ita  grünt  (284*)  loae,  quod  nemo 
ea  invenire  und  ergrunten  mach.  Diaeu  wort  aunt  ita  awer^  ita  magna,  quod  ea 
nemo  poteat  pon derare  tnetiaurare  begreiffen  erhefen  mach  an  alein  apiritua  aanclua 
qi4i  ea  de  oi'c  David  dixit  et  aic  dixit:  parata  aedea  etc.  Herre,  dein  geatuol  dein 
trone  iat  geniachet  erzeuget  heraitet  ie  und  ie  von  anigenge  an  anfandh  ewicMdche 
et  aine  fine  immer  wid  immei*,  enneher  ala  du  got  hiat.  Propter  omnipotentefn 
deum  helfet  mier  zu  merchen  diaeu  gruntlSaen  wort  que  dixit  propheta.  8i  ipae 
diceret:  aicui  tu  deua  feciati,  tunc  iata  verha  eaaent  mihi  levia,  aed  ipae  dicit:  aicut 
tu  ea;  propterea  dehetia  noscere  quod  nullua  eat  nee  habet  esae  de  ae  ipao  niai  aolus 
deua,  nie  eat  aelhen  in  im  aelhen,*  von  im  aelhen,  mit  im  selben,  bei  im  aeJben. 
Tunc  tibi  nee  in  ae  quum  aibi  aufficit  ipae,  die,  ubi  eaaet  cum  preter  cum  nt7u7 
eaaet,  Tunc  übi  nee  in  ae  ut  aupra  , , ,  et  propterea  dicit:  djo  aum  qui  aum,  qui 
eat,  miait  ine  ad  voa  et  omnia,  dicit,  preparata  aedea  aua  etc.  Et  vero  hdbent  hia 
in  verhia  (284**)  prepoaitia  Virginia  glorioae  ainguUtritaa,  dignUaa,  ingenuitaa.  Sin-- 
guUaritaa  aublimationia ,  dignitaa  glorificationia ,  ingenuitaa  propagationia  aunt  con- 
ditionea.  Ingenua  aum  et  expectabilia  genere  aum  deo  ad  auac^tionem  verhi  incar^ 
nandi.  aanetitaa,  pietaa,  congruitaa:  aanctitaa  convei'aaiionia ,  pietaa  virginalia, 
congruitaa  matemalia.  Tu  ghria  Jeruaalem,  tu  honor  populi  tui,  tu  aunne  von 
Jeruadlem,  du  vreude  der  chriatenhait ,  du  er  aller  der  werlde,  Maria,  muoter  et 
virgo,  aic  de  patre  et  fÜio  et  apiritu  incipiaa  et  finiaa  ut  aequitur . . .  die  de  angelia 
aanctia  et  electia.  die  de  honia  converaia  et  peccatoribua»  Tu  gloria  der  in  dem 
himel,  du  er  der  in  terra,  tu  gaudium  der  in  den  weizen.  aic  de  honia  et  ita  de 
convei'aia  et  peccatorihua  in  precedentibua.  Tu  gloria  anime,  du  wunne  pontificum 
et  omnium  rehter  pf äffen,  du  gaudium  predicatorum  et  omnium  rehter  (284°)  lerer j 
tu  honor  aller  der  hegchen  et  omnium  aliorum  oi'dinum.  Tu  gloria,  du  wunne  der 
wiert  und  aller  rehten  liousvrowen;  aicut  die  von  den  witweren  et  witwen.  Tu  gau- 
dium virginum,  du  er  aororum  et  omnium  geiatleicJier  chinder.  Tu  gloria  animarum, 
tu  gaudium  apiritua,  tu  Jwnor  cordia:  tu  gloria  animarum  die  aidi  nach  dier  aenent, 
tu  gaudium  dea  gaistea  der  aich  an  dich  UUnt,  tu  honor  cordia  daz  gerne  an  didi 
gedenchet.  tu  gloria  oculorum,  tu  gaudium  au/rium,  tu  honor  oria:  tu  gloria  oculorum, 
qui  te  libenter  inq^unty  tu  gaudium  awrium  qui  te  libenter  audiunt,  du  lionor  der 
munde  qui  te  libenter  laudant.  tu  honor  manuum  pedum  corporis  et  omnium  mem- 
hrorum  que  tibi  libenter  aerviunt.  „  Die  mihi,  frater  N.,  quare  ego  aum  gloria  Jeru- 
aalem?*' et  cetera  omnia  ttsque  ad  finem.  Domina,  Iwc  ego  volo  dibi  dicere:  (284*') 
quia  in  omni  gente  qua  audietur  nomen  tuum,  magia  honorabitwr  fcuUor  tuua,  deua 
ipae;  quia  in  allen  reichen,  in  allen  landen,  in  toto  mundo,  da  man  dein  geden- 
chet, da  wiert*  got  von  gehohet,  geeret  vnd  gelohet.*    Propterea  die,  domina,  quo- 

1)  Psalm  92,  2.        2)  »eben  hds.        8)  wiret  hds.        4)  geldot  hds. 

ZRIT80HB.  F.  DBUTBOHB  PHILOLOOIB.     BD.  VIU.  81 


474  80HÖNBACH 

modo  in  celis  letatur,  quod  dixi  in  terris.  y^Magnificat  modo  anivia  mea,  deu 
höhet  got,  deu  eret  got,  deu  lobet  got  et  spirüus  metut  der  spilt  in  got."  Gaudes, 
gaudeho  in  domino  etc,  letabor  et  exidtaho^;  psaUamnomini  tao,  tUtissime.*  Tertio 
iam  verbi  incarnalis  benignitus,  libercditas,  eternitas:  bentynitas  compassionis,  libe- 
rälitas  remtmerationis ,  eternitas  generationis  domine,  Generatio  eins,  qiäs  eam 
ennairdbit?  Non  idcirco  piUemas  evangelistam  prophete  esse  contrarium,  ut  quum 
ipse  inpossibile  dicit  aff'atu,  ille  narrare  incipiat  que  Jiabet  de  gener atione  divini- 
tatis  et  de  incarnatume.  est  dicendum  in  latino,  tarnen  p^'imo  dico:  laudat  eam 
Spiritus  sanctus  von  ier  iwJie  et  de  sua  singtdantate  besunderdieit ,  quam  dominus 
elegit  und  hat  sei  besundeH  de  toto  mmido  et  exaltavit  eam  (285*)  super  angelos 
et  supei'  omnem  creaturam.  Exaltata  es,  sancta  dei  genitrix,  et  facta  ad  celi 
regnum.  in  lati^io  tunc.  secundo  commendatur  de  eius  honore  et  dignüate  die  si 
hat  über  allez  weibes  gesieht  et  super  omnes  dominas.  Iwc  est  quod  dixit  angelus: 
ave  etc.  dominus  tecum.  Dominus  tccum  ante  quam  mecum.  Dominus  tecum  plus 
quam  mecum.  Dominus  tecum  andres  qiuim  mecum.  Dominus  tecum  suezleicher 
quam  mecum.  Tertio  commendatur  a  progenitorÜms  suis  et  ab  eius  nobilitate  et 
bene  de  omni  iure  laudatur  ipsa  de  suis  progenitoribus ,  quia  ipsa  habet  initium 
und  ist  ersprungen  von  dem  aller  reinisten,  von  dem  aller  heiligisten ,  von  dem 
edler  edeUsten,  hohisten,  von  dem  aller  tugentreichisten  juedisdven  gesieht  da  metisch 
ie  von  bechom,  tSi  ist  eräpiungen  und  Juibet  initium  von  den  rainen,  von  den  liei- 
ligen  vatren  hern  Abraham,  Isaach,  Jacob,  Juda  etc.  Nativitas  gloriose  mrginis 
Marie  ex  semine  etc,  in  latino  tarnen  ipsa  etc.  (285^)  et  pjstea  regali  etc.  ipsa  etc, 
et  postea  liber  generationis  etc.  in  latino  tum:  wid  daz  erscheinet  allez  an  den 
Worten  uhi  dicit:  parata  sedes  tua  etc,  propterea  debes  noscei'e  quis  sit  ille  magister 
qui  ista  preparavit,  et  scire  debes  quod  ille  nuiyister  uono  alter  est  nisi  deus. 
Quis  deus?  deus  pater,  deus  ßius,  deus  spintus  sanctus,  unus  deus  in  sancta  tri- 
nitate.  Swie  war  daz  ist  quod  pater  et  fdius,  quod  Spiritus  sanctus  possident 
potentiam,^  eqtuilem  sapienlium,  equalem  pietatem,  habent  tamen  non  quod  Iwmo 
hubeaty  ul)i  caput  suum  reclinet.*  hoc  est  quod  quicunque  possit  affectum  suum  an 
sinen  got  geleinen  muge  et  super  cum  requiescere  cum  sancto  Johanne,  possit  quod 
vtdjyes  etc.  usque  suum  quod  vulpes  etc.  mendaces,  deceptores,  caviUatores,  iwratores, 
peiieratoi'es ,  heiedid,  ypocrite,  die  siiechent  angelos^  heresis  sue  wid  hol  sue  int- 
quitatis,  wie  sie  die  gehelen  et  abscondant,  quia  omnea  heredici  sunt  ypocrite  et 
omnes  (285'')  ypocrite  die  sint  schalcheit  heier.  et  volucres  celi  (hi  sunt  angeli^  et 
sancti)  habent  nidos  fetidtatis  sue  super  quos  requiescunt;  fdius  autem  hominis  (hi 
sunt  humiles  Iwmincs)  non  habent  etc.  Ucee  quod  isti  humHes  Jwus  habeant  et  pos- 
sint  reclinare  caput  sue  affectionis  an  seinen  got  geleinen  et  quod  Spiritus  JiovUnis 
ettesleieher  hatule  weise  possit  deum  suum  videre  et  cognoscere  et  quod  aniuiu 
hominis  an  ettesleidiem  tail  mtige  genutzen  et  possit  gustare  poculum  dulcissivU 
amoris.  propterea  haizzet  man  den  vate^'  etc.  modo  pater  fecit  isiam  sedem,  hoc  est 
beatam  virginem  so  starch''  und^  so  teste  quod  ^u>n  potnit  elidi  vento  ttcinofis  et 
supei'bie,  coiTumpi^  humore  libidinis  et  immundide^  comburi  igne  indignationis  et 
vMlicie.  lioc  est,  daz  sei  der  wint  des  ubermuotes  et  supe^'bie  nüit  erbegen  mocM, 
daz  sei  diu  feucJU  der  wUugent  und  uncIieuscJ^e  (285**)  nicht  gefeulen  mocht,  guod 

l)  exuUabor  hds.  2)  Psalui  9,   3.  3)  Vor  potetitiatn  fehlt  wol    eqtialati, 

4)  Der  sinn  ist  deutlich,    weniger  die   grammatische   verknüprung,    welche    durch    die 
kürze  geschüdigt  scheint.  5)  winkel.  6)  engel.  7)  »traeh  hds.         8)  und  am 

randc  nauhgetragni.         9)  eotnipti  hds. 


ÜBKB  WACKKRNAOBL,    ALTD.   PBEDIGTEN  475 

eam  ignis  vre  et  malicie  niht  hesengen  mocht  noch  verbrennen,  Ita  dico:  pater 
dedü  ei  die  cfvraft  und  die  maht^  die  vest  und  die  sterdte^  guod  eam  ventua  der 
freveL  und  der  ttppicheit,  superlne  und  des  uhennuoies  ah  dein  tdl  sue  patientie, 
ah  der  flecke  ierer,  ouz  der  nider  su^  humilitatis  niht  gewenden^  mochte,  daz  an 
ier  geherden,  an  ier  warten,  an  ier  teerchen,  in  sim  vita  diu  hochfart  nie  erschein, 
ie  funden  wv/rde,  daz  ie  dechain  mensch  gemerchen  mocht.  Och  waz  ier  doch  ist 
die  der  tmnt  toet  ab  detn  tal  sue  patientie  und  ierer  senft,  guod  urmm  verbum, 
sileo  de  factis,*  non  poasunt  susiinere.  Och  quot  swnt  quos  iste  ventuB  superhie 
wet  ouz  der  nidei'  Jw>militati8,  guod  ojnni  tempore  sicJi  erswingen^  guffen  und  rue- 
ment^  et  credunt  se  esse  quod  non  nisi  fuerwnt,  hoc  est  quod  dicit  sapiens:  sedes 
ducum  etc.*  quod  vero  omnis  qui  se  exaltat  etc.^  Fecit  etiam  eam  ita  fm'tem  et 
festCy  daz  si  nie  gevoult  twch  bechort  wart  mit  cheinem  (286*)  gedanch.  sileo  de 
r)erbis  et  factis  die  zu  uneheusche  gehorten.  Och  waz  euer  doch  ist  under  mannen 
et  inter  domvnuSj  quorum  cor,  os,  m^nus,  corpus  totum  feulet,  quoruni  cor  de  malis 
cogitationibus ,  von  böser  gierde,  de  maio  tractaiu,  von  böser  settungCj  de  mala^ 
düeetione.  Och  quot  sunt  ora  etc.  Och  quot  sunt  mayius  eorum  qui  foulent  de 
immwndis,  von  den  verschaviten  uncheusdhen  werchen.  hoc  est  quod  dicit  propheta: 
qtMsi  iumenta  etc.''  tei'tio  fecit  eam  ita  fortem  et  solidam,  quod  nunquam  poiuit 
cmnburi  mit  deheinetn  fewer  invidie,  odii,  i^igtiationis ,  ire,  maiitie,  inimicitiarum, 
vindicie.  Och  quot  sunt  dei'  herze  in  den  ammurgen^  immo  in  caldario  invidie  et 
odii  waUet  und  sodiet.  och  quot^  quo^^m  cor  brinnet,  swent  sich,  pretet  ufid  rostet 
in  igne  ire  et  malitiey  indignationis  et  bittercJieitt  inimicitiai-um  et  invidie.  Hoc 
est  quod  dicit  propheta:  clamäbo  ad  te,  domine.  quare?  quia  comedit  ignis  ire  et 
speciosa  deserti,  quod  ignis  ire  etc.^^  hat  besenget  et  verprant  (286^)  die  guet,  die 
triwe,  düectionem  et  amorem  cordis  quem  habere  deberet  ad  deum  et  ad  homines. 
Querere  est  hoc  quod  super  cecidit  ignis  malitie  et  excecavit  eos  et  non  potuerunt 
videre  sölem  lumims  celi.  BogtUe  etc.  Modo  audi  miräbüia,  cum  filius  hoc  videt 
quod  pater^^  eam  fecerat  etc.  tunc  ipse  dedit  ei  de  sua  sapientia  tnpUcem  sapien- 
tiam,  quod  nuXli  homird  nusquam  dedit  nee  dahit.  Magna  et  inaudita  sapientia 
esset,  daz  ein  meister  posset  parare  sedem  dominiy  que  staret  super  terram  et  tarnen 
terram  non  tangeret^  que  se  inequali  et  maiori  gefueget,  que  nulli  alteri  nisi 
suo  artifici  conveniret.  Ecce  istam  triplicem  sapientiam  fUius  matn  sue  contulit. 
dedit  enim  ei  talem  sapientiam,  que  in  ipsa  stetit,  ambulavit^  wont  in  mundo 
super  terram  y  quod  ipsa  mundum  nee  terram  mit  deheiner  untugent  per  aliquid 
peccatum  nie  anngeziehet,  nie  an  gerueret.  hoc  est  quod  sancta  scripbura  de  deipara 
dicit:  non  e.  t.  m.  s.  ^."  »o«,  quod  quedam  mulier  es  morantur  super  terram,  que- 
dam  in  terra,  quedam  intra  terram  et  super  (286*^)  teiram,  quedam  super  terram, 

I)  gewm  hds.  2)  Von  tätlichen  angriffen  zu  schweigen.  ?»)  Zweimal  con- 
junctiT,  einmal  indicativ?  4)  Jea.  Sir.  10,  17:  Sedes  ducum  supcröorwn  desiruxit  deus  et 
»edere  feeit  mitea  pro  eis.  5)  Eine  der  bekanten  sechs  evangelieostellen,  wahrscheinlich 
Luc.  14,  II  oder  18,  14.  6)  malo  hds.  7)  Damit  können  verschiedene  stell'n 
gemeint  sein.  8)  "Wol  ein  compositum  von  mure,  morsch,  faul,  etwa  wie  nhd.  an- 
brüchig. 9)  quot  am  rande  nachgetragen. 

10)  Die  hier  verdorbene  stelle  lautet  Joel  1,  19:  Ad  te,  domine,  clamabo;  quia 
ignis  eomeäit  speeiosa  deserti  et  ßamma  succendit  omnia  ligna  regionis. 

II)  pater  am  rande  nachgetragen. 

12)  Judith  11,  19:  Non  est  talis  midier  super  terram  in  aspectu,  in  pulcJiHtudine 
et  in  tensH  verborum. 

31* 


47B  scnöMBACfi 

qtAedam  in  aere  oh  der  erde,   quedam   in  celo.    Quedam  morawtur  8ub  terra  cmh 
diabolis,   quedam  in  terra  mit  den  scheren,   quedam  in  terra  et  super  terram  mit 
den  zeizelen;  quedam  super  terram  cum  hominibus,   quedam  in  aere^  cum*  volu- 
cribuSf  quedam  in  celo  cum  angelis.    Quedam ,  dico,  morantur  suh  terra  in  der 
helle  dbgrund  cum  dialmlo,  quod  modo^  eUs  dicibolus  immer  deheinen  sin  gewinne, 
quod  ipse  de  feh-ibus*  de  igne,  de  fetore  infemi  velit  exire,  ita  sunt  dlique  ver- 
schamteu  versuncJ^eneu  weip,  quod  ipse  ouz  der  finster  inC9*edülitatis ,  extra  ignem 
sue  mälitie,   extra  fehrem  sue  incastitatis  et  immundicie  mit  deheiner  becherunge, 
cum  aliqua  recta  conversione,   cum  aliqua  paHentia^   cum  aliquo  iusto  proposito 
nimqtmm  velint  exire;  he  sunt  iUe  de  quihus  dicit  propheta:  suhmersi  s,  q,  p.  in 
a.  veh,^    Si  sint  ertranchen  und  versunchen  in  aqtus  sue  immunditie  et  in  mari 
sue  bos  (286*^)  heit.    Quedam  die  wonent  in  teira  et  quei'unt  angelos  in  terra  et 
faciunt  cumülos  et  morantur  in  terra,  credentes  omnes  Tiomines  esse  ceeos;  he  sunt 
hgpökrvte  que  se  ahscondunt  a  hominibus  in  incessu,  verhis,  gestibus,  exterius  castas 
et  mundas,  erber  und  frum,  et  tarnen  sunt  interius  in  c&rde  et  vüa  incaste  et  im- 
munde,  quia  querunt  angelos  et  loca  suspecta  infra  in  domo,  infra  in  aliena,  infra 
apud  istam  ruffianam  ^ ;  et  que  ipse  dbcecate  sunt  an  ier  eren  credunt  liomines  esse 
cecos,  quos  legunt  nuntios,  quos  audiunt.    Daz  gereun  daz  si  treibent,  daz  unibe 
stopfizen,^  daz  zu  wege  gen  daz  si  dem  oder  dem  tuent:  hoc  dat  inteüigere  deu 
toerch  deu  si  heimleidi  treibent  et  iüam  immunditiam  quam  habent  in  cor  de;  quod 
niMl  est  ita  ahsconditum  nisi  quod  veniat  ctd  lucem.^   Quedam  morantur  in  terra 
ei  super  terram,  aliquando  in  terra,  aliquando  sujyer  terram  als  die  zeizel  et  pHus 
in  terra  quam  super   terram.    hoc  sunt  omnes  impudice  et  inconstantes  mtdieres 
que  iam  se  crswingent  ouf  die  erde,  über  die  erde  suorum  peecatorum  (287*)  cum 
cnnversione,  cum  prima  satisfactione,  cum  recto  proposito  und  hin  wnbe,  dar  man 
umbe  gesiht.  quam  didbolus  temptaret  eas  mit  seinem  gelust  anfechtende,  deu  ><>  toerlt 
unsuocJ^endc  wiert,  zu  hant  tunc  Herum  cadunt  sub  terram  sue  immunditie,  iniqui- 
tatis,  sue  boslheit  und  treibent  die  als  ee,  quod  ad  tempus  credunt  et  in  tempore, 
Quedam  morantur  super  terram  mensMeichen  cum  hominibus  et  sicut  homines :  hoc 
sunt  omnes  frumb,  erber,  piderbe  housvrowen  die  des  wUM^^   enperen  mugen,    si 
muezen  die  erde  dierre  werlde  anrueren  mit  arwait,  unmueze,  gescitefte,  cum  ku^ 
mana  societate  maHtorum  suorum,  cum  venialibus  peccatis,  que  nie  vel  nunquam 
evadere  possunt  und  docfi  dabei  suum  disciplintim,  suum  honorem,  stMtjn  opinionem 
itn  servant,  quod  homines  per  eas  edificaniur  et  deus   laudatur.    siait  hix  etc.^* 

1)  aeir  hds. 

2)  cwn  fehlt. 
3)? 

4)  Zuerst  solte  wol  tenebrit  genant  werden. 

5)  So  die  hds.,  man  erwartet  wol  ein  anderes  wort. 

6)  Kein  prophet,   sondern  exodus  15,  10:    auötnerti  tunt  quasi  plwnbum  in  aqta'a 
ve/tetnentiöiu(. 

7)  Darnach  die  hds.  noch  einmal:  in/r*i  apud  iatatn. 

8)  Eine  art  iterativum  von  »tupfen,  dessen  bedeutung  hier  ganz  passt. 

9)  Wül  mehr  eine  erinnerung  an  ev.  Johannis  3,  20.  21  als  an  die  entsprechenden 
stellen  des  alten  testamcntes. 

10)  Vor  deu  fehlt  wahrscheinlich  eine  conjunction,  etwa:  und, 

11)  nieh  hds. 

12)  Unter  mehreren  stellen   der  hihel,    welche   hier  beigebracht  werden   können, 
ist  keine  mit  »ichrrheit  nitierbar. 


w      m^» 


ÜBEB    WACKKBNAGBL,    ALTD.   PSEDIQTEN  477 

Hya  ro8  virtuose  cofduges  scaft  iz  aiso^  quod  hominea  per  vob  hedifi  (287^)  centur, 
domina  nostra  per  vos  letifieeiurf  deus  exaltetur.  Quedam  viorantur  in  aere  cum 
volucribtM:  hoc  sunt  mites,  patiefUes,  misericardes ,  scbncte  vidue,  que  se  mit  eder 
der  senft,  der  gedult  ouf  erswungen  habent  de  teira  mundane  letitie,  transitorii 
honoris,  menschleicher  geheim,  inannes  gesellcKchaft,  in  aerem  devotioms,  casHtatis 
et  miinditie.  Eya  ier  erber  vidue,  eya  vos  begeben  domine  que  volasiis  de  terra 
coiidianorum  peccatoi-uin  in  aerem  ^  devotioniSf  castitatis  et  mwnditie,  uebet  euch 
in  bonis  opeiibus,  quod  pigiitia  euch  niht  teile  ouz  den  genaden,  ad  quam  vos  per^. 
duxit,  quod  qui  in  suam  ad  etc.  Quedam  morantur  in  celo  cum  angelis:  hoc  sunt 
immaculate,  prorsus  iyvtaete  virgines^  mtitide  in  ecclesia,  spirituales  sororeSy  gotleich 
nunnen,  que  diabolum  fugant,  mundum  spemunt,  carnem  superant  quarum*  ammas 
spirittis  sanctus  darificavit,  der  herze  diDinus  amor  ubei'sezzen  hat,  dej'  gemuet  sich 
ouf  in  cdum,  in  angehrum  choros,  in  sanctorum  agmina,  (287^)  in  soliwn  dei 
ersunmgen  hat.  Eya  matcr  domini  noatri,  eya  filia  domini  nostHy  eya  ^f>on8a 
domini  nostri,  quomodo  te  deus  separavit,  besundert,  elegit  de  toto  vitMdo,  quomodo 
te  cxaltavitf  Jwnoravit,  decoravit,  coronavit,  consecravit,  reginam  eteme  glorie  fedt; 
et  custodias  ie^  quod  tu  deu  totleicheti  dinch  que  tu  sprevisti,  voluntarie  nimmer 
umbefahest.  amen.  Fedt  etüim  eam  ita  sapientem,  quod  ipsa  Uli  conveniebaty  cui 
ipsa  simiJis  non  erat,  quod  est:  dem  hohen,  Uli  viagnOj  dem  gewaltigen  got,  quem 
omnia  fwtaricrum  scripta  etc.  Tercio  fedt  eam  per  sapientiam  suam  ita  suibtHeMf 
quod  ipsa  nulli  ita  apta  fnit  pro  inire  nisi  sali  fdio,  creatori,  qui  eam  fecerat. 
Dilectns  mens  m.  e.  e.  «.  etcß  postquam  hoc  Spiritus  sanctus  vidit  quod  pater  per 
pofentiam  suam  etc.  quod  fdius  per  sapientiam  etc.  tunc  ipse  per  bomtaie^n  suam 
fedt  eam  triplidter  bouam:  fedt  eam  (287*^)  bonam  peccatoribus.  sie  die  de  iustis 
et  sanctis,  quia  ipsa  recondliat  peccatores  et  invenit  eis  peccatorum  suorum  veniam, 
Ipsa  augmentat  iustis  devotionem  et  gratiam,  ipsa  cumuiat  sanctis  gloiiam,  gaudium  et 
honore^n  et  lioc  est  quod  dixit:  In  gloria  Jerusalem*  —  hier  bricht  die  handschrift  ab. 

Eine  kleine  an  zahl  solcher  predigten  in  mischsprache  enthält  der  anfang  des 
schon  öffer  erwähnten  codex  88/37  4^.  Anch  hier  sind  es  unzweifelhaft  nur  pre- 
digtentwürfe, welche  die  hanptpnnkte  aufgezeichnet  bringen,  die  nähere  ausführnng 
der  itnprovisation  überlassend.  £s  sind  folgende  nnmmern:  1.  1***  predigt  an  einem 
Marientago.  2.  2* — 8*  de  assamptionc  Mariae.  S.  3^  —  5^  de  nativitate  Mariae. 
4.  5^  —  lO*  de  dedicatione  ecclesiae.  5.  10* — 15*  alius  sermo  de  dedicatione  eccle- 
siae.  6.  15^—17^  predigt  an  einem  Marientage.  Nummer  2  hebe  ich  aus,  da  dieses 
stück  des  rücksichtslos  auftretenden  dialektes  wegen  nicht  uninteressant  ist.  Der 
anfang  fehlte  zwischen  dem  ersten  und  zweiten  hlatt  ist  ein  blatt  oder  sind  meh- 
rere (?)  blätter  ausgerissen. 

et  profundite.  Que  dicerent  ntmc:^  0  du  gesegente,  wer  mag  de  Ung,  de 
prait,  dii  kocJ^  und  de  tieff  deiner  pannherczikaü  dersagen  oder  genczldch  der- 
grüntten?  redit  sam  er  Sprech:  nyemant.  wen  sy  ist  aU  lang,  das  de  wert  uncz  an 
den  iungisten  tag  allen  den  de  dich  an  riieffent;  sy  ist  als  wdt,  das  sy  sich  spraüet 

1)  in  aeretn  fehlt. 

8)  quarufu  zweimal  in  der  hds. 

3)  Gant.  8,  16:  Dtlectui  meu$  tnifU  et  ego  üHy  qui  pnseifur  inter  lilia  donee  atpiret 
die»  €t  inelinetttur  timbrae. 

4)  Judith  15,  10. 

5)  Dazu  reiglfiche  mnu  in  Rertholds  lateinischer  predigt  die  stelle  n.  18  f  bri 
Schmidt  a.  a.  o. 


478  SCHÖNBACM 

in  aUe  endt  der  weit;  sy  ist  ah  hodi^  das  sy  sich  dringt  pUs  tu  got  der  nitt  ver- 
cseichen  %cül;  sy  ist  als  tieff,  das  dy  seil  in  dem  fegfewer  da  von  tröst  werden, 
Seyttenmal  dem  also  ist^  das  sy  etc.  Bei'nardus:  Ille  solus  te  invocare  eesset, 
Attgnstinkis:  Ah  inimico  reparationis  humane  eam  invoces  qttanta  mHii  gratia  de. 
Assumpta  est.  Nondum  quod  beata  virgo  assumpta  est  tripliciter:  primo  integror- 
liier  cum  corpore  et  anima,  icie  mit  leib  und  mü  sei  als  das  dy  mueter  der  heiligen 
crist^nhait  ist  und  ist  selicleiclten  zu  glaiiben,  tcie  wol  das  ist  das  dy  JieiUgen 
lerer  nicht  offentcar  sagen,  doch  pewerns  ettleich  mü  saciten.  sicut  dieit  Augustinus, 
Es  wer  nit  pilleich  gewesen  quod  deiut  recepissH  animam  matris  et  duxisfet  solam 
sine  corpore  ad  celum  und  das  ir  heiliger  leichnam  derfauit  wer  von  dem  faühmden 
edreich  und  unrainen  würm,  Nu  ist  doch  ir  leichnam  so  gar  heilig  gewesen ^  das 
er  nye  vennailigt  ist  gewesen  mü  una  minima  macula  peccati  und  got  selben  sein 
heiligen  leichnam  von  ir  nemen  und  empfahen  wolt  mit  dem  er  selb  am  dHtten  tag 
erstanden  ist  von  dem  grab  und  mit  leib  und  mit  seil  gen  himl  gevarn  isty  sicut 
dixit  evangelium.  Scholt  dan  unser  heir  den  heiligen  leichnam  seiner  werden 
muetter  auff  ädreich  lassen  haben ,  tcann  er  doch  ain  ding  mit  im  gewesn  ist? 
Dicit  evangelium  quod  muita  corpora  sanctoi'um  suirexerunt  in  die  etc.  que  secum 
duxü  in  die  ascensionis  ad  celum,  Dicit  ibi  Jeronimns,  quod  quum  Christus  mor- 
tuus  fuit,  tunc  monumenia  aperta  fuerunt  sie,  quod  corpora  videbantur  ita  iacenUa 
in  sepulchro;  nondum  adhuc  surrexerit  etc.  sun'exit  iuyxc  primo  unde  Bemigius  dicü: 
in  puncto  dicendum  est  quod  sicut  cum  Christo  surrexeHnt  sicut  aim  Christo  etscen- 
deriitt.  Anders  wem  Feto  nit  warhafft  czewgn  gewesn  der  heiligen  urstend  unsers 
herren,  schollen  sy  wider  czu  aschen  und  czu  edreich  sein  warden.  Also  ppi^echent 
vil  Jieilig  lerer:  si  Uli  fuerunt  üa  sancti,  quod  voluü  cos  secum  ducere  cum 
corpore  et  anima,  unde  non  immento  Christus  dehuit  secum  ducere  matrem  suam 
beaiissimam  corpore  et  anima  ad  celum,  wen  doch  nü  wirdiger,  seliger,  htÜiger 
ist  noc/h*  got  wed^r  in  hinü  noch  in  edreich.  Quod  ipsa  cum  corpore  et  anima 
assumpta  sit,  das  pewert  Tudt  ir  heiligs  grab,  dicit  Jeronimus,  das  da  heu>t  offen 
stet  (2'*)  zu  geficht  allen  menschen.  Wer  ir  heiliger  leic/tam  hiniden  peliben,  tunc 
demonsiraretur  aliquid  de  corpore  eius.  Nu  sprechent  dy  heiligen  lerer  das  ir 
diener  sanctus  Johannes  ewangelista  et  apostolus  et  cum  corpore  et  anima  sü 
assumptus,  quod  post  eius  obitum  in  sepulchro  non  inneniebatur,  nam  inana  erat. 
Si  deus  sie  honoravit  discipxdum  suum,  quare  non  debuit  lionorare  matrem  suam? 
Unde  Bernardus:  Si  enim  deus  preciosa  corpo^'a  sanctorum  etc.  Augustinus: 
putredo  et  vermis  etc.  Bernardus :  conregnat  audacter  dico  etc.  Secundo  assumpta 
est  honorabiliter ;  presens  rex  regum  et  dominus  dominantium  cum  omni  milüia 
celesti  in  occursu  fuü.  Unde  Ansbertus  dicit:  Hec  est  festivitas  et  sollempwüas 
omni/um  civium  superorum,  das  ist  ein  hochczeit  aller  hi^nlischen  purger,  do  gotes 
pererin  von  dem  erdreich  ist  über  alle  himl  geseczt  warden  in  das  ewig  hindisch 
paradizz.  Dariimb  schol  wir  got  grüssen  und  sein  mueter  rOemen  der  dy  drey 
person  der  Jidlign  drivaltikaü  mit  aller  gothaü  und  chrafft  und  almechtikaü  gewal- 
tideich  pegegenten:  der  sun  mü  aller  weishait,  der  heüig  geist  mü  aller  guttikaü, 
der  vater  mit  allem  gwdlt  und  dy  ewig  dnvältikaü  mit  aUer  gotleichen  czirung; 
der  dy  enget  und  dy  chor  der  cziodfpoten  und  dy  heüign  tnartrer,  dy  zal  der  jyeteh- 
tiger  und  dy  samnung  der  edel  magden  mit  herleichem  lob  pegegenten.  Propterea, 
inquit  Bernardus,  comparant  Christi  ascensionem  etc.  dieit  sie:  attölle,  inguü, 
octdos  ad  assumptvmem  virginis  et  salva  etc.    Causa  que  sibi  occurü;  deus  pater 

1)  post. 


ÜBER  WACKERNAGBL,   ALTD.    PREDIGTEN.  479 

stiscepit  eam  htmore  als  ein  lieher  vater  sein  liehe  t achter, .  et  fUius  stiscepit  eam 
tamquam  dUectam  watrem,  Unde  Alexander:  Eya  wie  gar  muetwellideich  koset 
gotes  sun  mit  seiner  werden  mueter,  do  er  sei  fröleich  mit  allen  freuden  als  heut 
emphie  und  sei  krefticleich  und  vesticleich  und  erleich  als  heut  geaniwurtet  und  sei 
empholhen  (hat)  seinem  etmgen  rater.  Der  heilig  gcist^  ah  sein  Jieilige,  toirdige  waming, 
apostoli  tamqtiam  matromnn,  em'um  matres  als  ir  wechtige  helfcrin,  deio  heiligen 
junkfratcn  und  dew  selign  engl  als  ir  wirdige  chünigin.  Unde  Bernardus:  Quis 
cogitare  suffidat  ete.  tertio  assumpta  est  excellenter.  Qnomodo  super  omnes  charos 
angelarinn,  uher  alle  chor  der  enget  und  got  seihen  an  sein  rechtew  seitn  geseczt 
wardn.  Unde  Bernardus:  Ascendit  plane  etc.  Unde  Hugo  de  sancto  Victore:  Ir 
ist  verlichn  warden  in  der  heiligen  drivaltikait  das  nyemant  in  die  Jieilige  dHvaU 
tikait  als  tieff  gehaust  hat  noch  für  pas  tuen  mach  noch  got  den  sy  aUain.  Unde 
Bernardus:  Incipimus  de  tnniiaie  etc.  All  heiligen  und  oigl  de  hahen  gnad,  loh, 
frcwd  utid  tröst  und  wünn  von  ir,  aher  sy  hat  von  yn  allen  dinst  an  widerwerti- 
kait  nie  sy  wü.  Unde  Svlomoti:  Multe  fUic  congregaverunt*,  vil  tächter  haben 
scliecz  gesampt,  aher  du  hast  sei  al  uhcrtroffn.  Unde  Bernardus:  In  ea  relucet 
(3")  clantas  angelomm.  Et  sie  lionwc  hmorifice  locafa  est  ad  dexteiam  summt 
dei,  quarc  was  uns  got  versagt  etc.  Bernnnhis:  unde  tibi  Imc  est  nohüis  puella 
qaedam.     0  nobilis  Maria,  sancte  triniiaiis  lucerna.    Ame^i, 

Damit  mögen  für  diesmal  der  spcciminn  genug  sein.  Unschwer  wird  sich 
aus  anderen  orten  weit  wertvolleres  nachweisen  lassen,  was  dann  zur  ansfiihrnng 
der  forsehnngi'n  über  die  altdeutsche  predigt  dienen  kann,  für  welche  den  gmnd 
gele;^  zu  haben  das  untilgbare  verdienst  der  männer  ist,  die  an  das  vorliegende 
buch  mühevolle  arbeit  sezten. 

GRAZ,  IM  JANUAR  1876.  ANTON  SCHÖNBACH. 


Schreyer.  Untorsuchnngcn  über  das  Loben  und  die  Dichtungen  Hart- 
nianns  von  Aue.  Programm  der  Landesscliulc  Pforta.  Naumburg 
1874.    56  8.    4. 

W.  LUngeii.  War  Hartmann  von  Auo  ein  Franke  oder  ein  Schwabe? 
Dissertation.    Jena  1876.    42  s.    8. 

Wie  schon  in  dieser  ztsclir.  VI,  488  erwähnt  wurde,  hat  sich  L.  Schmid  in 
einem  nachtrage  zu  seinem  etwa  gleichzeitig  erschienenen  buche  (^Des  Minnesängers 
Hartmann  von  Aue  Stand  usw.  Tubingen  1874)  über  die  arbeit  Schreyers  aus- 
gesprochen. Er  erwähnt  seine  Übereinstimmung  in  betreif  der  beurteilung  des  von 
Owschen  aufsatzes  i^Germ.  XVIl  und  in  der  annähme,  dass  Hartmann  dem  dienst- 
mannenstande  angehöre.  Doch  weiche  Schreyer  darin  von  ihm  ab,  dass  er  sich  für 
Franken  und  speciel  für  die  gegend  von  Botenburg  a.  d.  Tauber,  wo  sich  ein  Aub 
(früher  Ouwe)  finde,  als  heimat  des  dichters  entscheide.  „Doch  vennisst  er  dabei 
selbst  als  wesentlichen  Stützpunkt  für  seine  ansieht,  dass  sich  an  diesem  orte  (Aub) 
oder  überhaupt  in  dieser  gegend  Frankens  das  Vorhandensein  eines  reichsfreien 
goschlechtes  von  Ouwe  für  die  zeit  unsres  dichters  nicht  constatiercn  lasse/* 

Den  ausführungen  Schmids  über  stand  und  geschlecht  Hartmanns  schliesst 
sich  Lungen  (s.  29  fg.)  an.    Er  zeigt  auch,  dass  stellen  wie  MF  211),  29  fg.  Gr.  1509 

1)  Zu  ergänzen:  auscepit  canu 

2)  Proverb.  31,  29. 


480  KINZSL 

sehr  wol  zn  einer  niederen  Stellung  dos  dichter»  passen.  Im  anfange  seiner  disser- 
tation  weist  er  Bcchs  ansieht  von  der  unechthcit  des  liedes  Ich  vor  zurück.  Er 
spricht  sich  dann  (s.  1*3)  dagegen  ans,  dass  beide  kreuzlieder  in  dieselbe  zeit  fallen, 
ganz  wie  Schmid  (vgl.  diese  ztschr.VI,  486)  und  versnobt  ,,die  möglichkeit  nachzu- 
weisen, dass  Hartmann  an  beiden  krenzzftgen  teil  genommen  habe."  Zu  diesem 
zwecke  wird  die  frage  nach  der  abfassnngszeit  der  werke  noch  einmal  erörtert.  Es 
scheint  hier  wie  auch  sonst»  als  kenne  der  Verfasser  nur  die  ansgaben  Bechs  and 
seine  anctoritat.  Schon  in  der  einleitung  macht  er  eine  seltsame  Zusammenstellung. 
Auf  Seite  15  teilt  er  uns  mit:  „Bech  hat  schon  nachgewiesen,  dass  der  Erec  das 
früheste  grössere  werk  Hartmanns  ist,  und  sich  dabei  auf  die  mitunter  hervortre- 
tende unbeholfenheit  der  spräche,  das  häufige  vorkommen  französischer  ausdrücke, 
m&ngel  in  der  dichterischen  anläge  u.  a.  gestüzt.'*  Neues  erfahren  wir  nicht.  Die 
combination  ist  einfach:  Aus  den  stellen  im  Erec  (vgl.  diese  ztschr.  VI,  486)  gehe 
hervor,  dass  er  nach  einer  kreuzfahrt  gedichtet  sei;  unmöglich  nach  1197;  sonst  fiele 
Hartmanns  dichtertfitigkeit  in  die  wenigen  jähre  1197 — 1204.  Also  muss  er  den 
kreuzzug  von  1189  auch  mitgemacht  haben. 

Schreyer  hat  (s.  17  igg,)  durch  seine  sachliche  erwägung  die  Unsicherheit  des 
beweises  aus  Erec  dargetan  und  dabei  an  Schiller  erinnert,  der  „dem  erz&hlenden 
freunde  die  Leuchtenden  färben  zu  verdanken  hatte,  mit  denen  er  die  alpcnwelt  im 
Teil  malte."  Dem  gegenüber  stelt  Lungen  die  kühne  behauptuog,  „dass  er  des- 
halb einzig  unter  unscm  neuern  deutschen  dichtem  dasteht."  Hat  er  Freiligrath 
vergessen,  der  uns  die  tropen  „mit  solcher  Wahrheit  vor  die  seele  führt,  dass  man 
staunen  muss,  wie  er,  der  die  fremde  weit  nie  betreten  hat,  uns  eine  so  lebendige 
anschauung  davon  zu  geben  weiss?"  „Es  steht  schlimm,"  sagt  Schreyer  (s.  18), 
„mit  der  these:  der  Erec  Ist  nach  dem  kreuzzuge  geschrieben,  und  darum  auch 
schlimm  mit  der  andern:  der  kreuzzug  ist  der  von  1189  —  91."  Er  tut  dar,  dass 
die  kreuzlieder  in  dieser  rcihenfolge  gedichtet  sind  (s.  23):  1.  Dem  krituse  zimt 
frühj.  1196.  2.  Min  fröude  wart  sonimer  1196.  3.  Ich  var  herbst  1196.  4.  Stodch 
vrauwe  winter  1196/97. 

Schreyer  beschäftigt  sich  im  folgenden  mit  der  Untersuchung  über  die  rei- 
henfolge  der  lieder  und  ihre  nbfas$uiig!<zelt  (s.  20  —  43).  Dann  folgt  eine  beson- 
dere untere ..chung  über  das  zweite  büchloin,  als  deren  resultat  sich  ergibt,  dass 
diese  dichtung  Hartroann  abzusprechen  ist  Gründe  sind  der  mangel  an  mäze  und 
triuwe  und  der  untersclüed  in  der  spräche.  „Diese  ist  in  dem  zweiten  büchlein 
von  einer  so  naturwüchsigen  kraft,  von  einem  so  sinlichen  feuer,  von  einer  solchen 
rückslchtslosigkeit,  wie  wir  sie  in  keinem  echten  werke  Hartmanns  antreffen"  (s.46). 
Femer  das  citat  MF  214 ,  12  vgl.  2.  bchl.  121  ig, ,  wobei  auf  die  worte  oueh  ich 
besonders  gewicht  gelogt  wird.  Zum  Schlüsse  wird  die  Vermutung  aufgestelt  uud 
zu  stützen  versucht,  dass  der  „jugendliche  Gottfried  von  Strassburg'*  der  Verfas- 
ser sei. 

Der  lezte  abschnitt  des  programms  ist  „Hartmanns  lebenscnde.  Seine  hei- 
mat"  überschrieben.  Das  erstere  sezt  der  Verfasser  um  1210  und  spricht  sich  dafür 
aus,  dass  der  Iwein  1203,  als  ihn  Wolfram  kent,  noch  nicht  vollendet  gewesen 
sei.  Die  leztere  ist  ihm  Franken.  Hier  treten  wir  nun  entschieden  auf  Lüngena 
Seite.  Er  schlägt  (gleichzeitig  mit  Martin  Anz.  f.  d.  A.  1 ,  128 ,  wo  auch  der  nach- 
weis  geführt  wird)  eine  neue  erklärung  der  stelle  MF  218,  18 — 20  vor:  „Unter  Vran- 
ken  ist  weder  die  landsehaft  noch  Deutschland  zu  verstehen,  sondern  das  gesamte 
abendland."  Über  a.  Heinr.  1422  ist  schon  in  dieser  ztschr.  VI,  487  das  nötige 
bemerkt.    Auch  aus  der  stelle  Gr.  1401  wird  nach  Schmids  Vorgänge  für  Schwaben 


ÜBBB  SCHaSYEB  UND  LÜNGKK,   HABTMANN  481 

ariipuneniiert,  und  in  der  Krone  von  der  Sfcdbe  lande  ein  tihUere  verbunden,  dabei 
aber  seltsamer  weise  hinzugefügt,  dass  «^Wilmanns  an  diese  möglichkeit  nicht 
gedacht  zu  haben  scheine'^  nnd  dass  dieser  auffassung  ., durchaus  nichts  im  wege 
stehe/'  Schreyer  meint  (8.54):  „selbst  wenn  Heinrich  von  dem  Tfirlin  sagen  will: 
ein  dichter  ans  der  Schwaben  land  seheukte  uns  den  £rec,  selbst  dann  ist  noch 
nicht  Schwaben  im  gegensatz  zu  P^ranken  als  heimat  erwiesen."  Diese  paradoxe 
ansieht  stüzt  er  darauf,  dass  mit  dem  zerfall  des  herzogtums  Franken  ein  teil  in 
die  engste  Verbindung  mit  Schwaben  kam,  und  führt  als  aualogie  den  Franken 
Wolfram  an,  der  sich  e'nen  Beiern  nent.  Sehr  richtig  verlangt  Lungen  in  seiner 
entgegnung  (a.  28)  zuuächst  „den  nach  weis,  dass  Hartmann  in  dem  fr&nkischen 
teile  Schwabens  geboren  war.*' 

Lungen  nimt  a.  Heinr.  303  die  lesart  der  hs.  B  ein  kint  von  zioelf  jdren^ 
die  Grimm  empfohlen,  wider  auf.  Das  passt  dann  zu  Hartmanns  schwäbischer 
heimat.  „  Denn  grade  nach  dem  schwäbischen  landrecht  war  mit  zwölf  jähren  ein 
mädchen  zu  seinen  jähren  gekommen,  d.h.  mündig  geworden  (Gr.  RA.  414.)"  Diese 
lesart  scheint  uns  freilich  passender,  „da  Heinrich  sein  gemahele  gleich  nach  sei- 
ner i-ückkehr  von  Salemo  heiratet.**  Aber  was  kann  (kritisch  betrachtet)  den 
Schreiber  von  A  bewogen  haben,  ahte  zu  schreiben  für  zicelf?  Drum  sagt  Haupt 
(Lied.  Bchl.  s.  X):  „es  schien  mir  447  manh{ti'e  an  sich  and  wegen  der  deutlich 
beabsichtigten  widerholung  der  wortc  des  arztcs  (225^  mit  erbare  zu  vertauschen." 
B  hat  225  rriebere,  Bech  schreibt  hier  und  447  h'ibare,  lässt  aber  trotzdem  303 
ein  kifit  von  cfhte  jären  stehen ! 

Über  das  sprachliche  ist  Lungen  sehr  wenig  orientiert.  Wie  wenig  aus  der 
spräche  zu  schliesscn  sei ,  ersieht  er  gleich  daraus ,  dass  sie  sowol  für  als  gegen 
Schwaben  geltend  gemacht  worden  ist,  nämlich  wie  das  citat  besagt  von  Bech  und 
Schreyer  (s.  40).  Ersterer  sagt  a.a.O.  nur,  „dass  er  in  Schwaben  daheim  war,  ver- 
raten die  eigentümlichkeiten  seiner  spräche"  und  der  Verfasser  selbst  gibt  an  „ein- 
zelne unrcgelmässige  contractionon,  wie  er  seit,  er  treitj  oder  Unterlassung  des 
nmlauts,  wie  funde  Gr.  1037.  a.  H.  1349.  alter  Iw.  5737."  Das  ist  oberflächlich. 
Auch  ist  es  falsch  zu  behaupten,  Schreyer  mache  die  8))rachlichen  eigentümlichkei- 
ten gegen  Schwaben  geltend.  Sie  sind  ihm  nur  zu  gering.  Er  verlangt  „andre 
beweise,  als  zwei  oder  drei  reime;  diese  lassen  sich  aus  der  nachbarschaft  und 
engen  Verbindung  Frankens  mit  Schwaben  und  aus  dem  einfluss  des  hohenstau- 
fischen  hofos  hinreichend  erklären"  (s.  53).  Xun,  wenn  die  specifisch  schwäbischen 
reime  für  Schreyer  kein  zwingender  beweis  für  die  schwäbische  hcrkunft  des  dich- 
ters  sind,  so  kann  man  dies  verstehen;  nicht  begreiflich  ist  es  aber  und  ohne  ana- 
logie,  dass  einem  fränkischen  dicliter,  der  nach  reinheit  der  reime  strebt  und  sie 
auch  erreicht,  in  folge  der  ,, engen  Verbindung  Frankens  und  Schwabens"  schwä- 
bische reime  selten  mit  untergelaufen  sein. 

BERLIN,   APRIL    1876.  KARL   KINZEL. 


Emil  Heiirici,  Zur  Geschichte  der  mittelhochdeutschen  Lyrik.    Berlin, 
Calvary.    1876.    IV,  74  s.    8.    Mit  einem  kärtchen. 

Der  erste  teil  der  vorliegenden  arbeit  handelt  von  der  gnomik,  ihrer  aus- 
dehnung  und  ihrem  begin  um  1100.  Als  die  ältesten  Vertreter  gelten  Denkm.  XLDC, 
1  —  4,  woran  unmittelbar  die  älteren  S]>ervoffellieder,  d.  h.  die  des  anonymus 
geschlossen  werden.    Damit  ist  das  hauptresultat  der  ersten  Untersuchung,  in  der 


482  EINZKL 

das  gewicht  der  arbeit  berabt,  schon  angedeutet,  nämlich  dass  diese  spräche  in 
die  erste  hälfte  des  12.  Jahrhunderts  gehören.  Es  wird  zunftchst  ans  den  erzäh- 
lenden gedichten  der  zeit  nachgewiesen,  wie  beliebt  der  gebrauch  der  gnon^en  im 
12.  Jahrhundert  war,  dann  aber  ins  besondere,  wie  grosse  fihnlichkcit  die  Sper- 
Yogdlschen  gcdanken  mit  denen  jener  spräche  haben.  Doch  wird  dabei  vielfach 
▼on  eigentlichen  Sprüchen  abgesehen  nnd  im  allgemeinen  berührung  im  reim  und 
ausdruck  aufgezeigt.  Vielleicht  hätte  betont  werden  können,  dass  es  sich  nicht 
um  entlehnungen  u.  a.  handelt,  sondern  einzig  um  den  ideenkrois. 

Dies  führte  den  Verfasser  auf  die  Vermutung,  die  Spervogellieder  gehören 
der  ersten  hälfte,  vielleicht  dem  ersten  viertel  des  12.  Jahrhunderts  an  (s.  7). 
„Hierzu  komt  als  ein  unmittelbares  zeugnis,  dass  die  kaiserchronik  um  1140  diese 
lieder  in  der  gewönlichen  compilatorischen  weise  benuzt  hat."  Er  geht  von  Sperv. 
MF  25,  29—31  im  vergleich  zu  Kehr.  495,  19—21  aus  und  erhebt  den  allge- 
meinen satz  zu  hoher  Wahrscheinlichkeit:  „wenn  ein  liederdichter  und  ein  erzäh- 
lender denselben  ausdruck  haben,  und  die  entlehnung  sicher  ist,  so  ist  der  lieder- 
dichter original"  (s.  10).  Er  zeigt  an  beispielen^  wie  „der  rühm,  den  ein  dichter 
seinem  herm  verschaüt  hat,  von  späteren  auf  personen  der  geschichto  und  sage 
übertragen  wird.'*  Die  Übereinstimmung  der  beiden  stellen  war  bisher  unsres  Wis- 
sens unbekant.  Man  könte  Spervogel  für  den  plagiator  halten.  Aber  ist  dies  schon 
an  s'ch  zweifelhaft,  da  man  grade  den  compilatorischen  Charakter  der  kaiserchro- 
nik kent,  so  wird  es  noch  mehr  bei  der  erwägung,  dass  es  „einem  armen  hofdich- 
ter wenig  gnade  und,  worauf  es  doch  besonders  ankomt,  wenig  lohn  eintragen 
kann,  wenn  er  seinem  herm  alte  und  jedem  bekante  rcdensarfcn  als  lobsprücho 
vorträgt**  (s.  10). 

Aber  MF  25,  21  Walthcr  von  Hausen,  der  bis  1173  urkundet?  Diesen  ein- 
wand zu  entkräften  untersucht  Henrici  die  geschichte  derer  von  Hausen,  deren 
Stammsitz  er  bei  Worms  nachweist.  Walther  komt  urkundlich  zuerst  1124,  dann 
ununterbrochen  von  1157  —  1173  (oder  1175,  wie  der  Verfasser  aus  Pridericus  filius 
Waltberi  de  Husen  annehmen  zu  müssen  glaubt)  vor.  Der  annähme  zweier  Wal- 
tber  von  Hausen  steht  also  nichts  entgegen,  und  damit  der  Zeitbestimmung  des 
älteren  Spervogel  vor  1140  (s.  17).  Im  folgenden  wird  der  auf  eine  Vermutung 
Längs  MF  z.  25^  25  gestüzten  ansieht  vom  sitze  der  Steinberg  widersprochen. 
Sie  gehören  nicht  an  die  Donau,  sondern  in  den  Elscnzgau  östlich  vom  Eraicbgau. 
Über  die  gegend  orientiert  uns  eine  beigefiigte  karte.  Damit  lässt  sich  auch  die 
Öttinger  erbschaft  vereinigen;  der  Womher  von  1165  braucht  nicht  derselbe  zu 
sein,  wie  Wemhart  von  1128,  und  in  bezug  auf  Staufen  (gegen  MF  a.  a.  o.)  „ist 
08  nötig,  dass  die  gegend  festgehalten  wird,  in  der  Hausen  und  Steinberg  erwie- 
sen sind.**  So  lautet  das  resultat  (s.  21) :  „  Der  Spervogel  ist  ein  rheinischer  dich- 
ter, im  besondern  ein  Pfälzer,  und  seine  erhaltenen  godichte  gehören  vor  das 
jähr  1140.** 

Die  Untersuchung  ist  scharf  und  klar.  Jeder  grund  für  sich  genommen  ist 
zwar  ohne  zwingende  bcweiskraft;  alle  zusammen  aber  gestalten  sich  zu  einer  wie 
es  scheint  unzerrcissbaren  kette. 

Ein  zweiter  abschnitt  ist  „Liebesdichtung**  überschrieben  und  behandelt 
zuerst  die  frage  nach  der  entstehung  der  deutschen  lyrik.  Es  wird  aus  dem 
umfang  derselben  die  „niedere  volkslyrik**  ausgeschieden,  die  mit  den  Worten 
gekenzeichnet  wird  (8.24):  „Sie  ist  zeit-  und  beziehungslos,  entsteht  zu  jeder  zeit, 
aber  immer  in  derselben  veise,  und  besteht  heute  noch,  wie  sie  immer  war.**  Davon 
ist  die  „höhere  volkslyrik"  unterschieden  und  zu  ihr  werden  gelegenheitsgedichte 


;»       ^  ••  --f.  •■» '  .    ■  *k 


ÜBER  HSNKICI  Z.   eEBCH.  D.   MHB.  LTBIK  483 

wie  die  anter  Bietmar  überlieferten  atrophen  IfF  37,  4  fg.  und  die  Kürenbergs- 
lieder gerechnet.  Diese  ,, gehören  nicht  der  knnstpoesie  an,  wie  die  lioder  des 
Hnsen,  denn  es  fehlen  ihnen  die  kunstprincipien,  und  besonders  sind  es  keine  min- 
nelieder,  denn  vom  ritterlichen  dienst  haben  sie  keine  spur."  „Die  höhere  volks- 
lyrik  sezt  einen  verkehr  zwischen  den  beiden  geschlechtcrn  vorans.*^  Er  war 
anfangs  gering.  Erst  seit  dem  11.  Jahrhundert  niint  die  frau  regelmässig  an  allen 
Vergnügungen  teil.  Die  Zeugnisse  daiür  finden  sich  in  geistlichen  und  weltlichen 
gedichten  dieser  vAt  und  werden  zusam mengest elt.  In  diesem  verkehre  wurzelt  die 
lyrik  der  höheren  stände.  „Für  diese  war  ein  umstand  wesentlich^  der  dem  leben 
des  niederen  Volkes  ziemlich  fremd  war :  der  reiz  des  geheimnisses.  taugene  miwu 
soll  man  betreiben,  aber  mit  triuwen,  sich  nicht  der  genossenen  gunst  rühmen. 
Dies  lehrt  MF  3,  12,  davon  wissen  auch  die  erzählenden  gedichto,"  wie  nachge- 
wiesen wird.  (Ein  excurs  gibt  über  Alex.  3362  und  ülr.  Frauenb.  618,  11  aus- 
kunft.    Man  vergL  QF  12  s.  71). 

Bei  dieser  betrachtung,  die  der  ernsten  prüfung  wert  ist,  kann  die  bisherige 
auffassung  von  der  entwicklung  der  mhd.  lyrik ^  welche  sie  in  die  kurze  zeit  von 
1170 — 90  zusammendrängte,  nicht  bestehen. 

Im  12.  jahrhxmdert  trat  nun  ein  Umschwung  im  Verhältnis  des  mannes  zum 
weihe  ein.  Der  Verfasser  erörtert  d^her  von  s.  34  an  die  frage:  woher  stamt  das 
rittortum ,  das  höfische  wesen  und  der  mit  beiden  verknüpfte  minnedienst.  Er  stelt 
sich  darin  besonders  der  von  Weinhold,  Freytag,  Wackcrnagel  vertretenen  ansieht 
entgegen^  die  alles  auf  das  französische  Vorbild  zurückführt  und  verfolgt  widerum 
die  spuren  des  rittertums  und  höfischen  Wesens  durch  das  11.  und  12.  Jahrhundert 
und  noch  weiter  zurück  im  Roland,  Rother,  Rudlieb  usw.  „Dass  das  sogenanto 
höfische  wesen,  sagt  er  s.  42,  erst  seit  dem  12.  Jahrhundert,  wie  Wackernagel  will, 
oder  seit  dem  11.  nach  der  sonst  gangbaren  meinung  in  Deutschland  eingedrungen, 
kann  nur  als  eine  wol  bequeme,  aber  nicht  bewiesene  theorie  betrachtet  werden, 
deren  aufgeben  für  das  richtige  Verständnis  unsrer  älteren  dichtung  notwen- 
dig ist.'* 

Zum  Schlüsse  gibt  der  Verfasser  seine  h3'potheti8che  auffassung  vom  Ursprünge 
des  minnedienstes.  Schercr  sagt  ztschr.  18,  150,  „dass  der  frauen<Uonst  etwas 
verhältnismässig  spätes,  in  das  deutsche  lebon  von  aussen  eiugodrungenes  sei^  ist 
eine  sehr  bekante  tatsaohe.*'  Dem  gegenüber  ist  es  interessant  zu  sehen,  in 
welchen  Verhältnissen  die  möglichkeiten  seiner  existenz  in  Deutschland  liegen. 
Dass  Henrici  den  romanischen  einfluss  und  den  der  krenzziige  so  ganz  herabsezt, 
darin  geht  er  zu  weit  (vgl.  Scherer  QF  12,  87  fg.).  Aber  immerhin  ist  auch  hier 
in  seinen  zusammenhängenden  erwägungen  manches  beachtenswerte. 

Die  beigefügten  excurse  (s.  52  —  74)  sind  schätzbar.  Es  werden  darin  die 
bisher  bekanten  und  einige  neue  Urkunden  für  die  von  Hausen,  Steinberg  und 
Oettingen  abgedruckt ,  die  nicht  leicht  jedermann  zugänglich  sind.  E>rc.  I  gibt  eine 
neue  Interpretation  von  Sperv.  MF  30,  4.  Nr.  V  z.  MF  3,  7  handelt  von  mer,  ast 
und  west.  Kr.  VI  Über  „das  Verhältnis  von  mann  und  frau  im  12.  Jahrhundert" 
sucht  Strophen  herzustellen  in  der  gebundenen  rede  der  Tegcrnseer  briefstellerin, 
welche  „in  zukunft  der  älteren  liederdichtung  zugerechnet  werden  können,'*  und 
gibt  noch  einige  interessante  Zusammenstellungen.  Nr.  VIII  handelt  vom  ritter- 
tnm,  IX  vom  höfischen  wesen  und  X  von  franenstrophen. 


Nachträglich  macht  mich  hr.  Henrici  darauf  aufmerksam,  dass  ihm  die  fol- 
gende stelle  bisher  unbekant  geblieben  sei.    Lachmann  über  den  oingang  des  Par- 


■  ••  »  -vt^.  fKi        .  ^         a 


484  KINZBL,  ÜBBB  HENRICI   Z.  6B80H.   D.  HHD.  LTRIK 

zival  8.  229  (Kl.  Schriften  s.  482):  ,,Maii  hat  aach  in  Handschriften  einzelne 
gereimte  Sprflche  oder  mehrere  unzosammenhangende  gefanden  und  der  PfaiT  Kon- 
rad in  seinem  Roland  s.  13«  [ed.  Schilter  »  71,  14  ed.  W.  Grimm»  1956  ed. 
Bartsch]  bezeichnet  ein  altes  Sprichwort  als  schon  aufgezeichnet: 

er  rörte  thaz  ait8i>rochene  wart 

ja  ist  geschriwe  thort 

„vnder  sc&neme  scathe  lüzet: 

iz  ne  ist  niht  aUez  galt  thaz  tha  glizzet^* 

In  mehreren  ganz  verschiedenen  teilen  der  sogenanten  kaiserohronik  xind  ganze 
reihen  von  gereimten  Sprüchen,  die  einen  gemeinschaftlichen  inhalt  tind  oft  einen 
fortschritt  des  gedonkens  haben.  Diese  weise,  in  der  die  sprtkche  dnrch  keine  wei- 
tere betrachtung  ausgeführt  werden ,  ist  in  erzühlenden  gcdichten  eine  beliebte  form 
der  belehmng/* 

BERLIN,  EKDB  MAI  1876.  KABL  KINZBL 


Ign«  Peten,  gotische  conjccturon.    Progr.  y.  Leitmeritz.    1876.    10  s.    8. 

Dem  regen  Interesse ,  das  nach  wie  vor  den  got.  Sprachdenkmälern  zngcwant 
wird,  verdanken  wir  ancli  die  vorstehend  bezeichnete  kloine  schrift,  fftr  deren  gütige 
Übersendung  ich  dem  hm.  vcrf.  hierdurch  meinen  dank  ausspreche. 

Hr.  Peters  hat  es  unternommen,  fftnf  gotische  ("nn^  fiorjfj^vu  zu  beseitigen 
und  dafttr  neue  lesarten  einzusetzen.  Ich  muss  gestehen,  dass  ich  kein  freund 
einer  derartigen  radicalcu  kritik  bin.  Der  umstand,  dass  ein  gotisches  wort  nur 
einmal  vorkonit  und  sonst  in  keiner  anderen  germnn.  spräche  sich  nachweisen  lässt, 
ist  doch  noch  kein  grund.  einen  Schreibfehler  anzunehmen.  Eine  ändening  ist  nur 
dann  geboten,  wenn  sich  Verstösse  gcfrcn  die  bckanten  got.  oder  germ.  lautgesetze 
nachweisen  lassen.  Anderen  falls  ist  jede  änderung  zu  vermeiden:  die  möglichke.t 
eine  richtige  conjectur  zu  machen  wiegt  den  nachteil  nicht  auf,  den  dio  scbmälerung 
unseres  leider  so  sehr  dürftigen  gotischen  Wortschatzes  mit  sich  br&chte. 

Wie  steht -CS  nun,  von  den  principiellen  bedenken  abgesehen,  mit  den  conjec- 
turen  des  hm.  Peters?  Einen  hohen  grad  von  Wahrscheinlichkeit  hat  für  mich  nur 
die  eine,  diejenige,  welche  er  an  die  spitze  seines  schriftchens  gestelt  hat.  Luc.  1,  5 
will  hcrr  P.  statt  afar  Ahijuis  lesen  afaram  Ahtjins.  Wir  gewonnen  dadurch  ein 
got.  wort,  das  dem  alts.  abaro  (Hei.  2126:  nndnr  Israhcles  abarcni),  ags.  eafara 
genau  entspräche.  Von  den  übrigen  „besserungen"  kann  ich  keine  empfehlen ;  dass 
sie  möglich  seien,  will  ich  nicht  bestreiten.  Hinsichtlich  der  stelle  Marc.  6,  19 
(wo  P.  statt  des  jezt  algemein  acceptierten  «atr  vorschlägt  naiß  zu  lesen)  muss 
ich  bemerken,  dnss  ich  mich  för  beibehaltung  der  conjectur  saisrör  nicht,  wie  hcrr 
P.  anzunehmen  scheint,  deshalb  erklärt  habe,  weil  ich  Zusammenhang  mit  dem  ags. 
syrwan  angenommen  liätte,  sondern  weil  so  mit  geringer  änderung  eine  form  gewon- 
nen wird,  die  ein  gut  gotisches  gepräge  trägt.  Die  Zusammenstellung  von  *8veran 
mit  ags.  syrwan,  die  schon  von  Junius  (nicht  erst  von  Lye,  wie  hr.  P.  angibt)  vor- 
genommen ist,  verdankt  ihren  ursprang  nur  dem  umstand,  dass  in  der  entsi»rechen- 
den  stelle  der  ags.  evangelicnversion  dieses  vcrbum  steht'  {ßd  syrtcde  Herodias 
ymbe  hine);  Gabelentz-Löhe  hätten  diesen  verfehlten  vergleich  nicht  widcrholen  sollen. 

1)  Junius  (gl ossär  8.327):  «w  iniuui  *«  Hcrodimtni:  wBidt'tthatur  tili  Kerodia*. 
Omniito  svör  ütttd,  per  Icrhnimn-m  litcrae  r  mvtathcsiu^  rcnpottdet  iUi  ayrudCf  quod  hoc  in 
loeo  habet  versto  Avgloaadomci, 

HALLE,   SEPT.   1876.  HUGO   OBKIKO. 


■v* 


I.    SACHREGISTER. 


Adjectiva,  mhd.  auf  -m  uuflectiert  92. 
althochdeutsch.      Vocalc:    a   für  e 

346  f.     für  ö  350  f.      ü  für  6  349  f. 

brechung  (a  -  umlaut)  des  t  a.  u  358  ff. 

assimilation  366  f.  —    Consonanten: 

r  statt  kt  bei  Otfr.  und  Notk.  429  f. 
vor  C011S.  abfallend  435.    vor  vocalen 
antretend  435.  436.    t  unorgan.  an  die 
2.  sg.  angetreten  412  f.     t  statt  d  im 
inlaut   für  got.  p   (grammat.  Wechsel) 
417.    gemination  446  ff.  —    Der  laut- 
stand des  oberfränk.  im  IX.  jh.  330 — 
368,  407—450.  —    Flexion:  gen.  sg. 
der  stf.  auf  -u  344.    acc.  sg.,  gen.  acc. 
pl.  der  swm.  auf  -un  oder  -on?  348  f. 
pron.  poss.  unsar  und  uns,  imiar  und 
tu  443.    pract.  n.  part.  praet.  der  swv. 
im  oberfränk.  437  ff.  441  f.  —    Wort- 
bildung:   subst.    auf  äri   oder   äri? 
340  f.  —    Syntax:   acc.  c.  inf.  244  ff. 
inti  im   nachsatz    nach  partic.   463  f. 
nach  and.  s&tzen  463.     tat.  fragesätze 
durch  affirmative   mit  inu  nt,  ja  tii, 
nio  ni  widergegeben  464.    s.  oberfränk. 
altnordisch,    e  und  ia  wechselnd  394. 
lautyerbindung  np  404.  —  dat.  instrum. 
erst  in  jung,  sprachgebr.  mit  med  404. 
deuions&ativpron.  anaphorisch  gebraucht 
399.  eigi  —  efla  405. 
altsächsisch,    alts.  A.  Test.?  115.    s. 

metrik. 
angelsächsisch,   ausspr.  des «c  17  anm. 

s.  metrik. 
Annolied,    abfassun^zeit  u.  vorläge  102. 
Avian  durch  Boner  benuzt  237  ff. 
beichtformel,  Mainzer,    ihre  spräche  331. 
Bertram,  0.,  nekrolog  369  ff. 
Boethius ,  angels. ,  metrisches  32  ff. 
Boner.    quelle :  Avian  237  ff. 
Bragi.    authontie  seiner  lieder  391. 
brechung  s.  althoohd. 
Byrhtnoth ,  metrisches  32  ff. 
Chronik,  Zimmersche  166. 
dialekte,  8.  oborfränkisch. 
gedächtnisverse^    geistliche,    aus   Grazer 

has.  470  f. 
Edda.  Atlakvida  386.  hat  Hamd.  be- 
nuzt 389.  entstehungszeit  390.  —  At- 
lamal  386.  -  ~  Gudrünarhvot.  verh. 
zu  Hamdm.  385.  —  Harn ais mal. 
abdruck  des  handschriftl.  textes  377  f. 
hergestelter  text  379.  —  kritische  hilfs- 
mittel: y^lsungasaga  382  f.  Saxo 
Gramm.  384.  393.     Snorra  Edda  384. 


Ragnarsdräpa  384.  391.    GudninarhvQt 

385.  —  ältere  und  jung,  bestandteile; 
Überarbeitung  385.     metrik  386.     stil 

386.  spräche  388  f.  39v>.  Uoimat:  Nor- 
wegen 387  f.  abfassungszeit  389  ff.  — 
Zeugnisse  ftbr  die  sage  aus  Skaldengedd. 

392  f.    mutmassl.  entwicklung  der  sage 

393  f.   kriterieu  dafDr  in  den  namen  394. 
Genesis,  angels.,  verhältn.  zum  Heiland 

114  ff. 

glos.sen ,  althochd. ,  über  spräche  und  ver- 
wantschaftsverhh.  331  f. 

Goethe,  samlung  Goetliischer  gcdichte 
unter  Herders  papieren  206.  entetehung 
der  saml.  230  f.  —  Goethes  Stellung 
zu  Herder  228  ff.  zu  Caroline  Herder 
219  f.  —  Goethische  gedd.  in  älterer 
gestalt  208  ff.  „An  Schwager  Ejronos** 
209  ff.  „Auf  dem  see*'  213  f.  „An 
den  mond*<  215  f.  „Einschränkung" 
216  ff.  „An  mein  glück*«  218  f.  „Jä- 
gers abendlied"  220  f.  ältere  epi- 
gramme  221  f.  „Geheimnisse"  224. 
„Zueignung"  224  ff.  anecdota  in  Goe- 
thescher manier  231  ff.  aber  nicht  von 
G.  verfafst  455  ff.  Übersetzungen  2331  — 
metrisches  221  ff. 

Gotisch.  Zahlzeichen  im  text  272. — 
laute:  ei  für  e  in  Esr.  n.  Neh.  287  ff. 
für  ft  vor  voc.  im  NT.  289.  j  zwischen 
i  und  voe.  ausfallend  290.  —  flexi on 
fremder  eigennamen  261  f.  der  Orts- 
namen 262.  271  f.  —  Wortbildung: 
abgeleitete  verba  mit  o  in  der  wurzd- 
silbe  283  f.  praefix  cUs-  283  anm.  — 
sy  Utax :  genit  tempor.  286  f.  jah  nach 

partic.  110.  463. Esra  u.  Ne- 

hemia.  text,  griech.  und  got  291  K 
textgrundlage  252  ff.  einwirkung  der 
vulgata  274  ff.  Überlieferung  des  got. 
textes  258  ff.  beschaffenh.  des  got  tex- 
tes u.  sein  verhältn.  zur  vorläge  255  ff. 
getreue  widergabe  des  orig.  in:  Wort- 
stellung 256.  synonjrmen  266  f.  verb. 
compos.  257.  verb.  simpl.  257.  '  abwei- 
chungen  vom  orig.  257  f.  unwesent- 
liche auslassnngcn  nnd  zusätze  273  ff. 
sprachliche  abweich ungen  vom  NT.283ff. 
eigentümlicbkeiteu  d.  Schreibweise  287  ff. 
Verfasser  der  alttest  übers.  276  ff.  — 
Yulfilas  anteil  an  der  got.  bibelübers. 
276  ff.  —  brief  des  Hieronymus  an 
Sunia  und  Frethela  278  iL 
Gurintz,  Lessing  XI,  617  »  Gneintz  91. 


48G 


bachbeoisteb 


Güthrana,  zauberin  393. 

Hamburg  s.  zunftrollen. 

Hartmann  v.  Aue,  stand,  geschlecht,  hei- 
mat  479  ff. 

Hättalykill  390. 

Heiland.  Verhältnis  zur  ags.  Genesis 
114  ff.  die  berichte  über  die  beruf ung 
des  Helianddiclitcrs  und  Cacdmous  115 
anm.    s.  altsächs.  und  metrik. 

Herder.  Goethesche  gedd.  aus  Herders 
papieren  208.  230  f.  verhältn.  zu  Goethe 
228  ff. 

Herder,  Caroline.  Verhältnis  zu  Goethe 
219  f. 

Hieronymus,  brief  an  Sunia  und  Frcthola 
278  ff. 

Johannes  v.  Würzburg,  kreuzfahrerver- 
zeichn.  aus  s.  Wilh.  v.  Österreich  168. 

Jonakr  394.  401. 

Jörmunrekssage,  im  norden  mit  d.  Nibe- 
lungensage verknüpft  392  ff. 

Isidor,  lautstand,  s.  oberfränk. 

Eaiserchronik ,  hat  spruchdifihtung  benuzt 
482.  484. 

katechismus,  Weissenburger,  dialekt409. 
416. 

kenningar  391. 

kreuzfahrer,  Verzeichnis  deutscher  kr.  127  ff. 
296  ff.  451  ff.  sagen  von  deutschen  kr. 
319  ff. 

Metrik,  altsächsische  und  angel- 
sächsische, versarteu  3f.  in  sich 
allitterierende  kurzversc  3.  Ijödahättr 
3  f.  —  Allitteration  41t*.  gcsetzo 
für  die  reimenden  hebungen  4  ff.  krit. 
grundsätze  für  behandig.  der  ausnamen 

13  f.    scheinb.  allitteration  der  Senkung 

14  f.  fehlen  des  Stabreims  15  f.  qua- 
lität  des  stabr.  16  ff.  grammatischer 
stabr.  17.  röhrender  stabr.  17  f.  ver- 
hältn. der  allitt.  zu  den  Wortarten  u.  d. 
Wortstellung  18  ff.  ausartung  der  metr. 
reg.  in  Bvrhtn.,  Boeth.,  psalm.  32  ff.  — 
caesur  u.  versschluss  34  ff.  verh. 
der  inetr.  pause  zur  s}  ntakt  pause  34  ff. 
45.  vcrh.  zu  wortarteu  u.  Wortstellung 
35  ff.  —  hebung  46  ff.  zwei  verschleifte 
Silben  auf  einer  h.  46.  48  f.  zwei  h. 
auf  einander  stossend  48  ff.  nebenton 
eines  znsammengesezten  Wortes  in  zwei- 
ter hebung  50.  tieftonige  bildungs-  u. 
beugungssilben  in  zweiter  hebung  51  ff. 
tiefen  zeichen  der  quantität  53  ff. 
Fremdwörter  55  f.  —  Senkung  56  ff. 
halbverse  ohne  senk,  unzulässig  46  ff. 
mit  einer  einsilb.  senk.  47  ff.  auftact 
57  ff.    Senkungen  nach  der  ersten  und 


zweiten  heb.  59  ff.  unterschied  zwischen 
beiden  Senkungen  60  f.  mehrsilb.  senk. 
61  ff.  —  —  altnordische,  nomen 
ungereimt  vor  d.  abhäng,  genit.  im  2. 
halbv.  des  quiduhättr  396.  metr.  des 
Hamdism.  386.  —  —  mittelhoch- 
deutsche, verse  mit  überladener  erster 
hebung  und  senk.  195  ff. neu- 
hochdeutsche, en twicklung  d .  metr. 
kunst  bei  Goethe  221  ff. 

minnedienst;  Ursprung  des  deutschen  m. 
483. 

mittelhochdeutsch,  adjectiva  auf  "in 
unflectiert  92.  —  acc.  c.  inf.  244  ff.  — 
8.  metrik. 

ob  er  fränkisch,  lautstand  des  oberfir. 
im  IX.  jh. :  gebiet  330.  quellen  330  ff. 
vocalismus  333  —  368.  consonantismns 
407—450. 

Otfrid.    lautstand  s.  oberfi-änk.  —  acc. 

c.  inf.  244.  —  verhältn.  der  hdss.  P 
und  V  413  f. 

praeiixe.    ihre  lautl.   form  im  oberfränk 

dos  IX.  jahrh.  333  ff. 
predigten,    deutsch  u.  lat.  gemengt,  aus 

d.  XII.  u.  Xm.  jh.  472  £ 
psalm  en ,  angels.,  metrisches  32  ff. 
Ragnarr  Lodbrok  391 
Ragnarsdräpa.   verhältn.  zu  Hamdism.  384. 

abfassung.szeit  391. 

rccepte  u.  segen  ans  Grazer  hdss.  468  f. 

rittcrwesen  und  minnedienst,  entstehung 
und  heimat  483. 

Rftckert,  Heinrich,  nekrolog  95  ff. 

Ruprecht  v.  Wirzburg,  zwei  kaufleute, 
krit.  bearb.  65  ff. 

Saxo  Grammat. ,  sein  verh.  zu  Hamdism. 
393. 

segen  u.  Zauberformeln  aus  Graz  er  hdss. 
468  f. 

Spervogel.  zeit  der  alt.  Spervogellieder 
482. 

Spruchdichtung  des  XIL  iahrh.  482  f. 

Syntax,  acc.  c.  inf.  im  deutschen  244  ff. 
s.  althd.,  altnord.,  gotisch. 

Tatiau.  lautbtand  s.  oberfränk.  —  spu- 
ren eines  bair.  schreib.  429. 

vocale.  brechung  (a-umlaut)  des  t  und  n 
358  ff.  s.  althochd.,  altnord.,  got.,  ober- 
fränk. 

V^lsungasaga.  verh.  zu  Ha<i  dism.  und 
GudrünarhvQt  382  f. 

Vulfilas  anteil  an  d.  got.  bibelftbers.  27G  ff. 

Walthcr  v.  Hüs  n,  lebeuszeit  482. 

Ynglingatal,  authentie  393. 

Zimmersche  chronik  16G. 

zunftrollen ,  die  ältesten  Hamburger  123  f. 


VERZEICHNIS  DKB  BttSPROCttKNBN  STELLEN 


4B7 


IL    VERZEICHNIS  DER  BESPROCHENEN  STELLEN. 


Gotisch. 

Vulfila. 
Neh.  5,  13  8.  286. 
„  14  B.  260  f. 
„  16  8.  259  f.  285. 
.,  17  s.  284  f. 
„  18  S.2Ö8.284.2Ö5. 
6, 14  a.  258. 
„  15  8.  261.  286  f. 
„  16  s.  208  f.  283. 
„  17  s.  286. 
„  18  8.  256.  262  f. 
„  19  8.  283  f. 
7,  2  8.  261. 
„  3  8.  261  f. 
Esra  2,  9  s.  268  f. 

10  8.  269. 

11  8.269. 

12  ff.  8.  263  f. 
14  8.  269. 

16  8.  263.  269. 
19  8.  269. 
21  8.  271. 
25  ff.  8.  263. 
25  8.  269. 
28  8.  269  f. 
30  8.  270. 
33  8.  270. 

37  8.  270. 

38  8.  270  f. 
42  8.  271. 

Matth.  11,  2  s.  112. 
Luc.  1,  5  8.  484. 
2,  8  8.  286  f. 
6,  21  8.  283  f. 
14,  31  8. 107. 
19,  2  8.  285. 
Marc.  6,  19  s.  112  f.  484. 
I.  Kor.  17,  16  8.  284  f. 
Eph.  6,  9  8.  113. 

I.  Thess.  5,  7  s.  286  f. 

II.  „     2,  2  8.  110. 

Althoehdeatsch. 

Hildebrandsl.  v.  31. 32  s.  461 . 
Otfrid  1,  20,  3  8.  422. 
1,  7,  12  8.  465. 
Monseerfragmente  (Fragm. 
theot) 

XXXV,  18  gameiti  nan- 
dunc  festnissa  s.  461. 

XXXV,  28  Petrus  za 
unorte  gabeotantemo 
usw.  8.462. 

XXXVI,  7  neo  Paulus . . . 
ni  uuard  s.  464. 


Tatian  40,  6  s.  464. 

87,  4,  14  8.  463. 
87,  5,  30  8.  463. 
205,  2  s.  463. 
Isidor  III,   4,  47   (s.  9,  8 
Wh.)  s.  464. 

Glossen : 
(üb.  die  bezeichuung  ygl. 
s.  330  ff.) 
Fgl.  9  confti  s.  441  a.  2. 

69  lichof  8.  431  a.  1. 
tri.  c'  977'  anaiihenes  s.  435. 

978''  eicheue  s.  365. 
gl.  Ir.  501*  banclichan 

s.  431  a.  2. 
gl.  ID  J99'^  biuuihcn  s.  418. 
499"  stigilo  8.  431. 
tbe . .  illa  414. 
uuuntalginult- 
tiu  450. 
500»  aruuntid  s.  414. 
Mgl.  283'>  sugalarä  s.  340. 
285*'  herdöora  8.356. 
SG.  292.  247"  agenggün441. 
263»  m'chio  s.  432 
a.  2. 

sphas.432a.4 
268^  rahohinza  s. 

432  a.  3. 
269*  kam.  mindil 

432  a.  1. 
269  ^    anehercikeu 
8.428. 
bolcon  8.  428. 
intnusta  8.432. 
307  andari  s.  340. 

Hitteilioehdeutsch. 

Alber,  Tundalus  53,  7  s.  94. 
Gottfrid  V.  Strassb.,  Tristan 

12449  8.  64. 

15798  s.  64. 
Hartmann  v.  Aue. 

a.  Heinrich  303  s.  481. 

Iwein  59  —  76  s.  176  ff. 
309  8. 195. 
Heinr.  v.  Krolewitz,  Vater- 

uns.  3539  s.  94. 
Pilatus. 

Vorr.  50.  55.  74.  81.  87. 

118.  132.  151.  173  8. 368. 
9.  14.  33.  34.  57.  68. 

73.  135.  157.  183.   294. 

299.  316.  352.  355.  383. 

390.  439  8.  368. 


Ulrich  V.  Zatzikhofen. 
Lanzclet  v.  77.  621.  624. 
625.  830.  1035.  1040. 
1869.  2207.  3021.  3063. 
3875.  4019.  4548.  6550. 
6786.  7789.  8024.  8075 
—  78.  8419. 8483. 8831. 
8867  6.  9J 
V.  926  8.  92  ff. 

Altsäehsiseh« 

Wessobr.  gebet  s.  116. 
Heiland  v.  1555  s.  7  f. 

2426  8.  10. 

2725  8.  7. 

3021  8.  9  f. 

3069  8. 34. 

3692  8.  10. 

5512  a.  8. 

Niederdeatseh« 

Ludolf  V.  Sueben  c.  4  aver- 
lang 8. 174. 

AngeLsüelisiseh« 

Andreas  1001  s.  20. 

1629  8. 11  f. 
Beowuif  574  s.  8  f. 
758  s.  24. 

1174  8.  29. 

1537  s.  24. 

2062  8.  24. 

2929  8.  16. 
Genesis  370  s.  5. 
625  8.  62. 

1619  8.  16. 

2046  8.  5. 
Gnom.  101  s.  60. 
Heil,  kreuz  9  s.  11. 
Reimlied  71  s.  12. 
Satan  315  s.  18. 

Altnordisch« 

Edda. 

Atlakvida  14  s.  384.  402. 
Gudronakv.  I,  19  s.  388. 
II,  19  S.401. 
Hamdismäl  8.377—406. 
Vfjluspä  28,  7  s.  400. 

Ragnarsdräpa : 

SEI,  372  f^ll  i  blödi  blan- 
dinn  usw.  s.  384. 


488 


WOBTREOISTRB 


m.    WORTBEGISTER. 


1«  Ootiseli« 

afara  484. 
aipistula  286. 
atdriusan  283. 
dis-  283  anm. 
fian  29a 
filasna  284. 
gamainps  286. 
gama  ^S4  f. 
menops  261. 
ogjan  283  f. 
gaina  113. 
skalks  285. 
Bveran  484. 
sTinpjan  259. 
J>anrp  285. 
{»ioB  285. 
{»rafstjan  258. 
nfhlohjan  259. 

2.  AlthoehdeutselK 

ägenggün  441  a.  1. 
aneherciken  428. 
andari  340. 
arfundjan  414  a.  3. 
banclicban  =»  blanclachin 

431  a.  2. 
uerala  349  a.  1. 
Wesboto  420  a.  1. 
piallida  425. 
bleiba  431  a.  4. 
bolcon  428. 
eichene  365. 
eriberdil  436. 
ernust  465. 
fadamä  365. 
foFdaijan  340  a.  1. 
gameiti  461  f. 
gameit  462. 
hSriro  465. 
intnusta  432. 
intratan  407  a.  1 . 
inu  464. 
ja  464. 


jcammindil  432  a.  1. 
knstjan  441  a.  2. 
lichof  431  a.  1. 
ludihoni  408  a.  1. 
mänOthwiltno,  maDodiiüino, 

manctaldo  415  a.  1. 
menichilo  432  a.  2. 
merispoto  420. 
nandunc  461  f. 
nand  462. 
nendigi  462. 
rabchinza  432  a.  3. 
rät  tbunken  465. 
spaha  432  a  4. 
spilön  465. 
sulag  465. 

suaäsprechon  431  a.  3. 
uuela,  uDola  466. 
unolago  466. 
uunntolgiunittiu  st.  uaan- 

talginuätiu  450. 

3.  Mittelhochdeutseh. 

abte ,  üzcr  a.  64. 
arebeit,  senedlu  190. 
entsagen  64. 
von  191  f. 
vorder  92  f. 
getrebte  94. 
boeren  von  198  f. 
manbeit  192. 
muoter  93  f. 
on  467. 

raete  dat.  sg.  88. 
senedin  arebeit  190  f. 
stinre  92. 

4t.  Nenhocbdeutseh. 

claBsiscb  121. 
bandem  213. 

5«  Nlederüeutseb. 

affdrögen  124. 
aunamen  124. 


averlang  174. 
bescbeten  124. 
furlang  174. 
gadinge  124. 
bardewickett  124. 
bof,  onime  b.  gan  124. 
buxbovet  124. 
lantvering  124. 
Ußte  124. 
mapel  124. 
musterd  124. 
palle  124. 
törnen  124. 
ungenocbte  124. 

6.  Altiiordiseh. 

branga  404. 
byrir  404. 
Erpr  394. 
faltingja  400. 
goti  389. 
grobta  395. 
Hamdir  394. 
bledum  398  f. 
blydigi  399. 
blyja  398. 
bolt  387. 
hornang  401. 
bijota  405. 
hrütr  405. 
id  395. 

Jönakr  394.  401. 
kvistskoßda  388. 
Udskjälf  390. 
long  391. 

mega  mit  dat.  399. 
ijoük  405. 
strat  388. 
tr^ta  403. 
trytti  403. 
varr  406. 
vastigu  402. 
verga  397. 


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