Skip to main content

Full text of "Die Nahrungs- und Genussmittel aus dem Pflanzenreiche : nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Waarenkunde für die Praxis und zum Studium"

See other formats


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  preserved  for  generations  on  library  shelves  before  it  was  carefully  scanned  by  Google  as  part  of  a  project 
to  make  the  world's  books  discoverable  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 
to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 
are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  culture  and  knowledge  that 's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  marginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  file  -  a  reminder  of  this  book's  long  journey  from  the 
publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prevent  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  technical  restrictions  on  automated  querying. 

We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  of  the  file s  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  from  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machine 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  large  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encourage  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attribution  The  Google  "watermark"  you  see  on  each  file  is  essential  for  informing  people  about  this  project  and  helping  them  find 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  responsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can't  off  er  guidance  on  whether  any  specific  use  of 
any  specific  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  means  it  can  be  used  in  any  manner 
any  where  in  the  world.  Copyright  infringement  liability  can  be  quite  severe. 

About  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organize  the  world's  Information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.  Google  Book  Search  helps  readers 
discover  the  world's  books  white  helping  authors  and  publishers  reach  new  audiences.  You  can  search  through  the  füll  text  of  this  book  on  the  web 


at|http  :  //books  .  google  .  com/ 


über  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Regalen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfügbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 

Das  Buch  hat  das  Urheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nutzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  partnerschaftlicher  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.  Nichtsdestotrotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  verhindern.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 

Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  für  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  für  diese  Zwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google -Markenelementen  Das  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppen  zu  erreichen. 


Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter  http  :  //books  .  google  .  com  durchsuchen. 


NEHL  TRA?»SFflR 

iniiii 


■  fCD5"e^?^ 


-OyjrS 


Verlag  von  Theodor  Fisoher  in  Cassel.        $ 


l^arbarU  College  l^ibrars. 

FROM 

THE  FUND  OF 

Mrs.  harriet  j.  g.  denny, 

OF  BOSTON. 


Gift  of  $5000  from  the  children  of  Mrs.  Denny, 
at  her  request,  "  for  the  purchase  of  books  for  the 
public  library  of  the  College.*' 


15 


v^^ 


\%^%. 


;e, 
er 


Bn 

T- 

n, 

p- 


in 

-t, 
It 

rs 


IS 

i' 
i- 
•d 
&r 
b1 
n 

i 


i. 


„\jmg9n  w  erKcnen  oimei  aas  x.  r>anuoueji  uieseB  lOüensweriae^ 
Unternehmens  und  können  wir  dasselbe  nach  eingehender  Prüfung 
(^    den  Intere?^?^^!  *     '  if^"' 


) 


iiung 


^^ ^ ^ 

Sachs.  Gewerbevereins- Zeitung,  Nr.  59.  14.  Dec.  1882. 

„In  diesem  "Werke  wird  es  zum '  ersten  Male  nnternemmen« 
das  ganze  grosse  Gebiet  der  "Waarenkunde  und  Rohstoff- 
lehre, das  von  einem  Einzigen  in  seiner  gegenwärtigen  Aus- 
dehnung nicht  mehr  bewältigt  werden  kann,  in  einzelne,  für  sich 
käufliche  und  von  verschiedenen  Fachmännern  bearbeitete  Bänd- 
chen zu  zerlegen,  so  dass  Jedermann  Gelegenheit  geboten  ist,  nur 
dasjenige  Bändchen  sich  anschaffen  zu  können,  welches  in  seine 
Branche  einschlägt.  Selbst  der  einseitigste  Praktiker  wird  auf 
diese  Weise  die  ihn  interessirenden  Abschnitte  mit  Vortheil  ver- 
wenden können,  da  die  Bearbeitung  durch  mehrere  Fachmänner 
eine  Garantie  für  gründliche  Behandlung  der  einzelnen  Capitel 
bietet.  Durch  letzteren  Umstand  wird  andererseits  dafür  gesorgt, 
dass  das  "Werk  nach,  seiner  Vollendung  und  in  seiner  Gesammt- 
heit  wohl  das  vollständigste  Handbuch  der  "Waarenkunde  und 
technischen  Rohstofflehre  darstellen  wird,  aus  welchem  sich  auch 
der  Studirende  in  jedem  einzelnen  Falle  wird  Aufklärung  ver- 
schaffen können.  "Was  speciell  den  Inhalt  des  vorliegenden  ersten 
Bändchens  betrifft,  so  kann  man  bei  näherer  Durchsicht  desselben 
wohl  sagen,  dass  es  im  Sinne  des  Ganzen  abgcfasst  ist  und  den 
im  Prospekt  aufgestellten  Zweck  erfüllt.  Hervorgehoben  zu  werden 
verdient  besonders  die  Vollständigkeit  der  Literaturbenutzung,  die 
zweckmässige  und  praktische  Eintheilung,  sowie  die  klare  und 
bündige  Behandlung  des  Gegenstandes  In  einzelnen  Abschnitten, 
besonders  in  dem  über  die  mikroskopischen  Eigenschaften,  über 
die  Prüfung  der  Stärke  und  Mahlprodukte,  sowie  in  der  Bestim- 
mungs-Tabelle der  Stärke-Arten  zeigt  sich,  dass  es  keine  compi- 
latorische  Arbeit  ist,  sondern  dass  der  Verfasser  seinen  Gegenstand 
originell  und  selbständig  zu  behandeln  versteht.  Dementsprechend 
sind  auch  sämmtliche  Holzschnitte  nach  Originalzeichnungen  des 
Verfassers  hergestellt.  Man  kann  daher  wohl  mit  gutem  Recht 
dieses  "Werkchen  den  betreffenden  technischen  Kreisen,  den  Leh- 
rern und  Lernenden  an  Hoch-  und  Gewerbeschul  3n,  sowie  Jedem, 
der  an  einer  näheren  Kenntniss  der  Nahrungsmittel  Interesse  hat, 
empfehlen." 

Populäre  Zeitschrift 

für  Spiritus-  u.  Presshefe-Industrie  v.  AI.  Schönberg.  Nr.  7.  1883. 
„Er  wendet  den  zu  Nahrungszwecken  dienenden  Stärkearten 
seine  besondere  Aufmerksamkeit  zu  und  schlägt  im  Capitel  über 
mikroskopische  Untersuchung  den  zur  Belehrung  des  Praktikers 
bestens  geeigneten  Weg  ein.  Die  Anleitungen  zur  Mehlunter- 
suchung sind  gleichfalls  derartige,  dass  man  dem  Buche  die  An- 
erkennung nicht  versagen  kann,  es  mache  seiner  Tendenz,  zum 
Gebrauche  des  Praktikers  zu  dienen,  alle  Ehre.  Die  weiss  Be- 
schränkung bei  Erläuterung  des  umfangreichen  Stoffes  ist  im  hohen 
Grade  förderlich  für  das  Verständniss  und  macht  des  Verfassers 
Arbeit  in  jeder  Beziehung  geeignet,  in  den  Kreisen,  für  welche 
(^    er  sie  bestimmt,  populär  zu  werden.**  9 

jjrv: : e^Oifi 


^ ^ 

Die   kfinstlichen    Farbstoffe.    Von  Dr.  Rudolph 

Benedikt.     Cassel  1883.     Geb.  5  M.  — . 

CJhemiker-Zeltung,  Cöthen,  Nr.  95.  29  Nov.  1883.  7.  Jahrg. 

„Ein  vortreffliches  "Werkchen,  welches  einem  langgefühlten, 
dringenden  Bedürfnisse  abhilft.  "Was  uns  noth  thnt,  sind  nicht 
langathmige  und  pretentiöse  Lehrbücher  über  Farbstoffe,  sondern 
kurze,  fachmännische  Darstellungen  dessen,  was  ins  Gebiet  der 
Farbstoffe  föllt.  Solche  Bücher  sind  dringend  noth  wendig  für 
Diejenigen,  welche  sich  mit  der  Verwendung  der  Farbstoffe  be- 
fassen, also  namentlich  für  den  Färber,  welcher  ungefähr  wissen 
will,  wie  die  Körper,  welche  er  benutzt,  bereitet  werden,  genau 
aber,  welche  Eigenschaften  sie  besitzen  und  wie  sie  auf  ihre 
Reinheit  und  Güte  zu  prüfen  sind.  Das  hat  denn  auch  der  Ver- 
fasser des  vorliegenden  Werkchens  wohl  gewusst.  Seine  Be- 
schreibungen der  Darstellungsmethoden  der  Farbstoffe  sind  mit 
Geschick  und  vielem  Verständnisse  verhandenen  Publicationen 
und  Mittheilungen  von  Fachmännern  entnommen.  Dagegen  be- 
ruhen die  Schilderungen  des  Verhaltens  der  Farbstoffe  und  der 
Erkennungsmethoden  für  dieselben  offenbar  zum  grossen  Theile 
auf  eignem  Studium  und  innigem  Vertrautsein  mit  der  Materie, 
die  er  behandelt.  Es  ist  uns  ein  wahres  Vergnügen  gewesen, 
endlich  ein  Buch  über  dieses  interessante  Thema  erscheinen  zu 
sehen,  welches  der  kritiklosen  Compilation  Valet  sagt  und  seine 
eignen  Bahnen  wandelt. 

Ein  derartiges  Buch  kann  natürlich  nicht  geschrieben  werden, 
ohne  gewisse  theoretische  Erläuterungen  über  das  Wesen  der 
Farbstoffe,  soweit  uns  dasselbe  bekannt  ist.  In  seinen  theoreti- 
schen Erläuterungen  hat  der  Verfasser,  wie  wir  glauben,  das 
rechte  Maass  gehalten.  Er  ist  nirgends  weitschweifig  geworden, 
aber  in  den  meisten  Fällen  ist  seine  Darstellung  durchaus  klar 
und  leicht  fasslich." 

„Wenn  wir  die  obigen  Punkte  hier  erwähnen,  so  möge  der 
Verfasser  daraus  ersehen,  wie  sorgfältig  wir  sein  Werkchen  stu- 
dirt  haben.  Allen  denen  aber,  die  eine  bei  aller  Kürze  ziemlich 
vollständige  Belehrung  über  den  jetzigen  Stand  der  Farbentechnik 
suchen,  sei  das  besprochene  Bach  auf  das  wärmste  empfohlen." 

Jfeve '- e^oS 


AUgemeine  Waarenkunde 


und 


Kohstoflflehre 


bearbeitet  von 


Dr.  Rud.  Jenedikt,  Dn  Herrn.  Braun,  Dr.  C.  Counoler,  Dr. 

F.  H.  HaeiiRin,  Prof.  Dr.  T.  F.  Hanausek,  Dr.  Franz  v.  Höhnel, 

Dr.  Jos.  Möller,  Ed.  Valenta,  Prof.  Dr.  WIttmaok  u.  A. 


Y.  Bändchen: 

Die  Nahmngs-  und  Genussmittel 

aus  dem 

Pflanzenreiche 

von 
Dr.  T.  F.  Hanausek. 


Kassel. 

Verlag  von  Theodor- Fierbiier. 
1884. 


o  Die 

Nahrungs-  und  Genussmittei 

aus  dem 

Pflanzenreiche. 

Kaoh  den  önrndsätzen  der  wisseoasohafüiGhen  Waarenktmde 
für  die  Praxis  -and  zram  St-adium 

bearbeitet 
von 

Dr.  T.  F.  HanatLsek. 


Mit  100  in  den  Text  emgedrucktai  meist  anatonÜBchen 
Holzschnitten. 


-4S-     I     ^ 


Kauel. 

Verlag  von  Theodor  Fischer. 
1884. 


KD  5g  ^7^ 


Vorwort 


Zu  den  hervorragendsten  Aufgaben  der  wissenschaftlichen 
Waarenkunde  gehört  die  monographische  Bearbeitung  aller  im 
Welthandel  auftretenden  Rohstoffe.  Vielfältig  fallen  diese  Auf- 
gaben mit  denen  anderer  Wissenschaften,  z.  B.  der  Chemie, 
der  Mineralogie  zusammen  und  sind  mit  den  grossartigen  Fort- 
schritten der  letzteren  in  vollem  Maasse  gelöst  oder  der  Lösung 
nahe  gebracht  worden.  Neue  Untersuchungsmethoden  haben 
auch  die  vegetabilischen  Rohstoffe  in  den  Kreis  wissenschaft- 
ficher  Erörterung  gezogen  und  imzweifelhaft  sind  es  gerade 
die  vegetabilischen  Nahrungs-  und  Genussmittel  —  die  ältesten 
imd  wichtigsten  aller  Waaren  —  denen  ihrer  Verwendung 
-wegen  die  schärfste  und  genaueste  Untersuchung  zu  Theil  wer- 
den musste;  und  in  der  That  weist  unsere  Literatur  zahlreiche 
Werke  auf,  die  sich  mit  den  genannten  Objecten  in  mehr  oder 
minder  ausführlicher  Weise  beschäftigen,  ohne  immer  eine  er- 
schöpfende Darstellung  zu  bringen  oder  zu  beabsichtigen. 

Der  Verfasser  hat  in  der  vorliegenden  Arbeit  versucht, 
den  Anforderungen,  welche  Praxis  und  Wissenschaft  an  ein  der- 
artiges Buch  stellen,  so  weit  als  möglich  Rechnung  zu  tragen 
tmd  eine,  wenn  auch  kurze,  so  doch  nahezu  vollständige  Mo- 
nographie dieser  Waarengruppe  zu  schaffen,  die  das  Wissens- 
werthe  von  jeder  hierher  gehörigen  Waare  enthält  und  über 
alle  Verhältnisse  derselben  Auskunft  zu  geben  vermag. 

Was  die  Zusammenstellung  und  Anordnung  der  einzelnen 
Artikel  anlangt,  so  ist  diese  wohl  keine  unanfechtbare,  ich 
glaube  aber,  dass  sie  den  praktischen  Bedürfnissen  am  ehesten 
entspricht   und  dodi  die  „Wissenschaftlichkeit"  nicht  ausser 


—    VI    — 

Acht  lässt.  Gerade  den  praktischen  Bediirfiiissen  musste  die 
Concession  gemacht  werden,  Waarengruppen  wie  Brotfrüchte^ 
Hülsenfrüchte,  Gewürze  zu  bilden,  während  die  übrigen  Waa- 
ren  leicht  nach  ihrer  morphologischen  Zusammeig^örigkeit 
geordnet  werden  konnten. 

Die  Bearbeitung  der  einzelnen  (wichtigeren)  Nahrungs- 
und Genussmittel  wurde  grösstentheils  nach  eigenen  Unter- 
suchimgen  unter  Berücksichtigung  der  zahlreichai  ausgezeich- 
neten Arbeiten,  die  für  viele  dieser  Rohstoffe  von  Berg, 
Dragendorff,  Flückiger,  Garcke,  v.  Höhnel,  Huse- 
mann,  Koenig,  Moeller,  Vogl,  Wiesner  u.  a.  vorliegen, 
durchgeführt;  von  jeder  Waare  werden  die  Abstammung  und 
Herkunft,  an  die  sich  häufig  eine  kurze,  hoffentlich  nicht 
unerwünschte  CharakterisLik  der  Stammpflanze  anschliesst,  eine 
ausführliche  Beschreibung  ihrer  äusseren  Gestalt,  ihre  Sorten  und 
die  geographische  Verbreitung  angegeben.  Das  Hauptgewicht 
wurde  auf  die  anatomische  Charakteristik  gelegt,  da  ja  bekannt- 
lich die  mikroskopische  Untersuchungsmethode,  nebst  der  che- 
mischen, die  einzige  ist,  die  zuverlässige  Resultate  liefert  Die 
älteren  Angaben  über  die  anatomischen  Verhältnisse  sind  viel- 
fältig controllirt  und  corrigirt  und  dem  Fachgenossen  werden 
die  neuen  selbständigen  Darstellungen  —  insbesondere  solche 
von  noch  nicht  untersuchten  Objecten  —  wohl  nicht  entgehen. 
Für  die  chemische  Charakteristik  bot  sich  unsere  Literatur, 
namentlich  die  Werke  von  Husemann^)  und  Koenig^)  als  eine 
reiche  Fundgrube  dar,  die  entsprechend  benützt  werden  konnte. 

Dass  schiesslich  durch  ausführliche  Angaben  über  die  An- 
wendung und  Verfälschung  der  Nahrungs-  und  Genussmittel 
für  die  Verwendbarkeit  des  Buches  in  der  Praxis  Sorge  ge- 
tragen und  durch  die  Mittheilung  statistischer  und  historischer 
Daten  eine  Abrundung  der  einzelnen  Artikel  erzielt  werden 
sollte,  wird  jedermann  einleuchten.  Ebenso  wird  es  begreiflich 
erscheinen,  dass  ^ine  ganze  Gruppe  von  Nahrungsmitteln  —  die 
Zuckerarten — in  diesem  Buche  nicht  abgehandelt  werden  konnte, 
da  ihre  Werthbestimmung  und  Charakteristik  nur  auf  rein  chemi- 
schem Wege  zu  erfolgen  hat  Veraltete  oder  neuere  niu:  wenig 
benützte  Nahrungsmittel,  sowie  die  niu:  in  fiischem  Zustande 


^)  Die  eben  erschienenen  neuen  Auflagen  von  Hasemanns 
Pflanzenstoffen  und  Koenigs  Nahrungs«  und  Genussmitteln 
konnten  leider  nicht  mehr  berücksichtigt  werden. 


—  vn  — 

als  Gemüse  angewendeten  Pflanzenköiper  sind  entweder  nnr 
anfgeasahH  oder  ganz  weggdassen;  es  schien  mir  nützHcfaer^ 
dnrdi  die  genaoe  Prüfung  der  voibandenen  Objecte  deren 
Eigenschaften  klar  zu  steOen  und  durch  ausföhrüdbe  stadstisdie 
Angabai  die  Handdsbew^ung  dieser  Waarengrcqppe  zu  kenn- 
zeichnen, als  durch  die  Bearbeitung  neuer  den  Umfang  des 
Budies  imgebuhrlich  auszudehnen. 

Bd  der  Beurdieihmg  des  vorU^enden  Buches  mögen  die 
ccnnpetenten  Fadikreise  die  Schwierigkeiten  berücksiditigen^ 
unter  welchen  eine  derartige  Arbeit  zustande  kommen  ksmn; 
an  Lust  und  liebe  zu  dersdben,  sowie  ^^an  Fleiss  hat  es  mir 
wahrlich  nidit  ganangelt  Doch  mödite  ich  dem  Buche  als 
Geleite  den  Wimsch  mi^ben,  dass  es  sich  brauchbar  und 
nützlich  erweise. 

Krems  an  der  Donau  1883. 

Dr.  T.  F.  Hanausek. 


Inhaltsverzeichmss. 


Seite 

iäBleitniir 1 

NahrmngsmitteL 
I.  BrotMehto 5—59 

1.  Weizen 8 

*  Gronkem 

2.  Boggen  (Korn; 20 

3.  Gerste 28 

4.  Hafer 36 

5.  Mais 39 

6.  Reis 45 

*  Zizania  palustris  L. 
Goix  laciyma  L. 

7.  Hirse 50 

8.  Glanz  oder  £[saiarienfracht 55 

*  Manna-Grütze  oder  Schwaden. 

9.  Bncliweizen •  56 

n.  Mahlproducte  derBrotMehte  (Meli!,  Starke,  Gries  etc.)       59—75 

1.  WeizenmeU 59 

2.  Boggenmehl 66 

3.  Gerstenmehl  (Griesmehl) 68 

4.  Hafermehl  (Grütze) 70 

5.  Maismehl  (Maizena) 71 

6.  Beismehl ;    .    .    .  72 

7.  Hirse-  und  Sorghostarke 73 

8.  Bnchweizenmehl 74 

*  Liebiff sches  Backmehl 
Paddingpnlver 
Nudel  (Maccaroni). 

nL  Die  Httlsenfiraehte  und  ihre  Stftrke 75-105 

1.  Erbsen 77 

2.  Kichererbsen  (Garbanzos) 84 


—   X   — 

Seite 

8.  Linsen 86 

4.  Die  Samen  der  Phaseolus- Arten  (Veits-,  Yits-» 
Saatbohnen,  Scluninkbohnen,  Fisolen) ....  88 

5.  Die  Samen  der  Yicia- Arten  (San-  oder  Bnff- 
bohnen;  Saatwicken) ^ 

6.  Qnincbonchos  (Embrevade,  Angola-Erbsen) .    .  97 

7.  Frijoles  de  Sopa  (Suppenbolmen) 98 

8.  Die  Sojabohne 99 

*  Lupinen 
Samen  von  Castanospermom  australe  Gnnn. 

9.  Erdnasssamen 108 

IT.  ünterirdiselie  PflanzeHtiidle  .........    105— 18i 

A.  Stärkemehl  enthaltende  (durch  grossen  Gehalt 
von  Stärkemehl  ausgezeichnet). 

1.  Kartoffel 106 

2.  Topinambur 111 

3.  Die  Bataten  und  ihre  Stärke     ....  111 

4.  Die  Manioc-  oder  Cassavewurzel  und  ihre 

Stärke IIA 

5.  Die  Marantawurzel  und  ihre  Stärke  .    .  114 

Anhang :  Ostind.  Arrow-root,  Tickmehl. 
Cannastärke,  Yamswurzel,  Arrow-root 
von  Tahiti  (Tacca-Stärke),  Tara  oder 
Dalo  (Arum  esculentum),  Sago     .    .    116—120 

6.  Erdeichel       120 

B.  Gemüse. 

7.  Die  Runkelrübe 124 

8.  Möhre,  gelbe  Rübe 127 

9.  Die  Zwiebel 129 

T«  Frttehte  versehiedener  Pflanzenfamilien,  durch  den 
Gehalt  von  Stärkemehl,  Zucker,  Pflanzensäuren 

und  Fett  ausgezeichnet 134—218 

Eintheilung  der  Früchte. 
A.  Echte  Früchte. 

a.  Trockenfrüchte. 

1.  Kastanien  (Maronen) 136 

2.  Die  Haselnuss 143 

3.  Johannisbrod  (Bockshorn,  Caroben, 

Siliqua  dulcis) 151 

4.  Die  Cocosnuss 166 

Anhang:  Die  Frucht  der  Oelpalme  166 

b.  Saftige  Früchte. 

*  Steinfrüchte. 

5.  Die  Wallnuss 169 

6.  Die  Olive 168 


—  n  — 


8«il« 


Alihang:  Fraohte  der  Pnmiis- 
Arten  (Pflaumen,  Kriechen, 
Kirschen,  Afkrikoaen,  Pfirsich)  165 

*•  Beeren. 

7.  Die  Mosa-Früchte  (Pisang,  Banane 
Paradiesfeige,  Plantainfrucht)     .    .  168 

Anhang:  Brodfraoht(Arto€arpa8)  170 

8.  Die  Dattel 170 

9.  Die  Früchte  des  Weinstockes    .    .  177 

10.  Die     Citrus  -  Früchte     (Citronen, 
Orangen) 184 

11.  Die  Cucorbitaceenfrüchte  (Melonen, 
Gurken,  Kürbis) 195 

Anhang:  Granatapfel,  Heidel- 
beere, Preisseibeere,  Jujaben  201 

B.  Scheinfrüchte 202-213 

12.  ApfArtige     Scheinfrüchte    (Kern- 
obst), Apfel,  Birne,  Quitte,  Mispel  202 

13.  Die  Feige.   —   Sycomore,   Cactus- 

feige 205 

Anhang:  Früchte  des  schwarzen 
und  weisssen  Maulbeerbaumes ; 
Ananas 212 

TL  Samen 213—226 

1.  Mandeln 213 

2.  Pistazien  (grüne  Mandeln) 218 

3.  Piniolen 220 

Anhang:  Zirbelnüsse 222 

4.  Die  Paranuss  (Yuvia,  Nha,  Touka) 223 

Anhang:  Sapucajauüsse 224 

5.  Mohnsamen 224 

TIL  Speisepilze 226-232 

Die  Trüffelpilze 227 

♦Hefe. 

Gewftrze. 

L  ünteiiidisehe  PflauzentheUe 232—242 

I.Ingwer 232 

2.  Zittwerwursel,  Gilbwurz  «und  Galgant  ....  238 

n.  Binden 242—256 

3.  Zimmt  (Canehl  oder  Ceylon -Zimmt;  Cassia- 
oder  chinesischer  Zimmt;  Holz-  oder  Malabar- 
zimmt) 24 


-  xn  - 

Seite 

Anhang:  Nelkenzimmt 255 

Weisser  Zimmt 256 

falsche  Winterrinde      ....  256 

nL  Blätter  (und  Kriluter) 256—260 

4.  Lorbeerblätter 256 

5.  Majoran 259 

Anhang:  Bohnenkraut 260 

Petersilie 260 

Dill 260 

Garten-Sanerampfer      ....  260 

Esdragon-Beifuss 260 

IT.  Blttthen  and  Blttthentheile 260—280 

6.  Kapern 260 

*  Deutsche  Kapern. 

7.  Gewürznelken 264 

8.  Zimmtblüthen ft 268 

9.  Safran 270 

*  Safflorblüthen. 

Anhang:  Cap-Safran 279 

V.  Früchte 280—334 

A.  Sammelfrüchte. 

10.  Sternanis  (Badian)   . 280 

B.  Capselfrüchte. 

11.  Vanille 282 

12.  Cardamomen 289 

C.  Beeren. 

13.  Pfeffer  (schwarzer  und  weisser  Pfeffer)  292 

14.  Langer  Pfeffer 300 

15.  Burropfeffer  (Frutta  de  Burro)     ...  301 

16.  Nelkenpfeffer 304 

17.  Die  Früchte  der  Capsicum- Arten  (Pa- 
prika,  Span,   oder   türk.   Pfeffer;     Ca- 

yenne-  oder  Guineapfeffer) 308 

18.  Muttemelken 318 

D.  Die  Spaltfrüchte  der  Doldenbluthler. 

19.  Kümmel 321 

20.  Römischer  Kümmel 323 

21.  Fenchel 32t3 

a.  Deutscher  oder  gemeiner  Fenchel. 

b.  Römischer  Fenchel. 

22.  Anis 325 


—     Xffl     — 

Seit« 

23,  Coriander 327 

24.  Dülfrüohte 329 

Anhang:  Hopfen 329 

TL  Samen 334—364 

25.  Senf 334 

26.  Muskatblüthe  und  Moskatnnss 344 

Anhang:    Samenmantel    und     Samenkerne 

anderer  MaskatDassb&ome  .    •  351 

Californisohe  Muskatnüsse  .    .    .  352 

27.  Piohurimbohnen  (Sassa^rasnüsse) 353 

Genussmittel. 

1.  Tabak 356 

2.  Thee 367 

Abstammung 368 

Charakteristik  und  Bau 369 

Chemische  Zusammensetzung 371 

Zubereitung 372 

Handelssorten 373 

Ausfuhrplätze  und  Versendung 379 

Backstemthee 379 

Verfälschungen 380 

Anwendung  und  Wirkunjr 382 

Statistik 383 

Geschichtliche  Notiz 386 

3.  Coca.  —  Anhang:  Pituri  (Duboisia  Hopwodii) .  386 

4.  Mate  oder  Paraguaythee 390 

Anhang:  Blätter  des  Eaffeebaumes     .    *  395 

Kaad  oder  Eat 395 

Griechischer  Thee 396 

5.  Kaffee 396 

Heimath  und  Abstammimg 396 

Kaffeefrucht 397 

Gewinnung  der  Samen 398 

Charakteristik  und  Bau ,   400 

Chemische  Zusammensetzung 404 

Veränderungen  der  Bestandtheile  durch  das 

Rösten 405 

Güte  des  Kaffees 406 

Productionssorten  und  statistische  Angaben  407 

Geschichtliche  Notiz 414 

Verfälschungen  und  Surrogate 417—431 

1.  Dattel-,  2»  Feigen-,  3.  Cichorien-, 
4.  Melilotin-,  5.  Mandel-,  6.  Eichel-, 
7.  Roggen-  und  Gersten-Kaffee.  8.  Surro- 
gate aus  Leguminosensamen.  9.Mogdad-, 
10.  Sacca-,  11.  Stragel-,  12.  Kentucky- 
Kaffee.    13.  Wilder  Kaffee. 


—    XI¥    — 

Seit« 

6.  Gola-Nu88  (6ura-Nu88) 432 

7.  Gacao  und  Gacaopraparate 435 

Heimath  und  Abstammung    ..*...  435 

Gultur  des  Gacaobaumes 435 

Gewinnung  und  Zubereitung 436 

Gharakteristik  und  Bau 437 

Bestandtheila 440 

Sorten 441 

Gacaopraparate 445 

1.  Keine  Gacaomasse;  2.  Holländischer 

Gacao;  3.  Ghokolade.  Aussereuropäische 

Ghokolade. 

Geschichtliche  Notiz 448 

Statistische  Angaben 449 

8.  Guarana       449 

9.  Tschan  (Ghan) 450 

10.  Arecasamen  (Betelnüsse) 452 

11.  Opium * 454 

12.  Haschisch 456 

Nachträge  und  Gorrigenda 462 

Namen-  und  Sachregister 466 


Einleitung. 


Die  Zahl  der  Natarproducte,  die  das  Pflanzenreich 
zur  Ernährung  des  Menschen  im  weitesten  Sinne  des 
Wortes  liefert,  ist  eine  überaus  grosse.  In  diesem  Buche 
haben  selbstverständlich  aber  nur  solche  eine  Berück- 
sichtigung finden  können,  welche  bei  den  Culturvölkem 
seit  den  ältesten  Zeiten  in  Gebrauch  stehen,  oder  erst 
nach  Entdeckung  neuer  Länder  diesen  bekannt  geworden 
sind,  oder  endlich  welche  mit  grösster  Voraussichtlichkeit 
berufen  sein  dürften,  eine  grössere  Bedeutung  auf  dem 
Markte  zu  erlangen. 

Der  steigenden  Nachfrage  hat,  um  gesunde  Zustände 
des  Handels  und  Verkehrs  zu  charakterisiren,  auch  ein 
grösseres  Angebot  das  Gleichgewicht  zu  halten.  Doch 
nicht  immer  ist  dies  der  Fall.  Man  sucht  durch  stell- 
vertretende Mittel,  durch  Surrogate  das  eigentlich  er- 
wünschte Object  zu  ersetzen  und  es  hat  sich  eine  Sur- 
rogat- und  leider  auch  eine  Veri^lschungs  -  Praxis  der 
NsOirungs-  und  Genussmittel  herangebildet,  die  zu  den 
trübsten  Erscheinungen  unseres  Gulturlebens  gehört.  Wenn 
man  erfährt,  dass  im  Brode,  dem  unentbehrlichsten  und 
allgemeinsten  aller  Nahrungsmittel,  Sand,  Asche,  und 
chemische  Materialien  oft  in  staunenerregenden  Mengen 
vorgefunden  werden,  dass  die  meisten  im  zerkleinerten 
Zustande  in  dem  Handel  erscheinenden  Waaren  zum  nicht 
geringsten  Theile  aus  fremden  und  häufig  sogar  schäd- 

Hftnauseki  Nahrnngs-  u.  Gennssmittel  a.  d.  Pflanzenreich.    1 


—    2    — 

liehen  Zusätzen  bestehen,  so  muss  dem  Wunsche,  durch 
geeignete  Hilfsmittel  sich  über  den  Werth  oder  ünwerth 
eines  der  Ernährung  dienlichen  Objectes  genügende  Aus- 
kunft verschaffen  zu  können,  die  grösste  Berechtigung 
wohl  zugestanden  werden.  Dazu  bedarf  es  vor  allem 
der  Kenntnis  entsprechender  Untersuchungsmethoden,  die 
nur  dann  ihrem  Zwecke  „entsprechen",  wenn  sie  auf 
wissenschaftlicher  Basis  ruhen.  Solche  sind  die  organo- 
graphische,  die  mikroskopische  und  die  chemische  Unter- 
suchungsmethode. Die  organographische  oder  morpho- 
logische Untersuchung  befasst  sich  mit  der  Beschreibung 
der  morphologischen  Verhältnisse,  der  allgemeinen  Gestalt 
und  Beschaffenheit  der  Oberfläche  der  Pflanzenorgane, 
sie  eignet  sich  daher  nur  für  unveränderte  grössere  Pflan- 
zentheile  und  ist,  für  sich  allein  angewendet,  in  vielen 
Fällen  nur  wenig  verlässlich.  Durch  die  mikroskopische 
(und  mikrochemische)  Untersuchung  werden  aber  der 
innere  Bau  und  die  Structur  der  Pflanzenkörper,  die 
Lagerung  und  die  Art  der  Inhaltsstoffe,  also  jener  Sub- 
stanzen, die  vornehmlich  als  Nahrungsmittel  aufzufassen 
sind,  aufgeschlossen  und  das  Studium  dieser  unveränder- 
lichen anatomischen  Verhältnisse  ermöglicht  eine  unwan- 
delbar genaue  Charakteristik.  Die  Vervollständigung  der 
letzteren  bietet  uns  die  chemische  Prüfung,  die  jedoch 
zumeist  eines  umfangreichen  Apparates  und  specieller 
theoretischer  und  praktischer  Erfahrungen  bedarf,  um 
mit  Erfolg  durchgeführt  werden  zu  können.  Die  Hand- 
habung des  Mikroskops  und. die  mikroskopische  Unter- 
suchung kann  durch  einige  Übung  und  unter  Anleitung 
eines  in  die  botanische  Mikroskopie  einführenden  Hilfs- 
buches ohne  grosse  Schwierigkeit  erlernt  werden  und 
bietet  nebst  dem  Reize,  den  die  Anschauung  der  wunder- 
baren Mannigfaltigkeit  und  Gesetzmässigkeit,  die  in  dem 
Baue  der  Naturkörper  dem  staunenden  Auge  offenkundig 
werden,  hervorruft,  auch  noch  die  Gewähr  einer  richtigen 
Beurtheilung  des  vorliegenden  Objectes. 

Die  Gruppirung  der  Nahrungs-  und  Genussmittel  in 
Rücksicht  auf  ihre  Verarbeitung  und  auf  die  verschie- 
denen Zusätze  ist  für  die  Beurtheilung  der  Reinheit  oder 
Verfälschung  derselben  nicht  unwichtig  und  von  Hager 
folgendermaassen  durchgeführt  worden: 


~     3     — 

I.  Gruppe: 

a.  Rohmaterialien:  Brodfrüclite,  Gewürze,  KaflFee; 

b.  Daraus  dargestellte  Fabrikate  ohne  einen 
dem  Rohmaterial  nicht  angehörigen  Zusatz;  Mahl- 
producte,  Cacaomasse,  gebrannter  Kaffee; 

c.  Einfache  Fabrikate:  Stärke,  Brod,  Öle, 
IL  Gruppe: 

Zusammengesetzte  Nahrungs-  und  Genuss- 
mittel oder  Fabrikate,  welche  zu  ihrer  Fertig- 
stellung eine  Mischung  aus  verschiedenen  Nahrungs- 
und Genussmitteln  oder  eine  Beimischung  von  Sub- 
stanzen erfordern,  welche  den  Geschmack  oder  die 
Farbe  verbessern  oder  durch  welche  sie  erst  geniess- 
bar  oder  für  den  Gebrauch  geeignet  gemacht  wer- 
den; Chokolade,  Mostrich. 
III.  Gruppe: 

Surrogate  für  die  den  Gruppen  I  und  II  angehörigen 
Nahrungs-   und   Genussmittel;    inländischer   Sago, 
Safransurrogat,  Kaffeesurrogate. 
Es  ist  klar,  dass  eine  eigentliche  Verfälschung  nur 
mit  den  der  Gruppe  I  angehörigen  Objecten  vorgenom- 
men werden  kann,    denn  bei  der  II.  Gruppe  ist  haupt- 
sächlich der  Geschmack  entscheidend,  der  den  Werth  der 
zusammengesetzten  Nahrungs-  und  Genussmittel  bedingt. 
In  Bezug  auf  die  Bestandtheile  und  den  Gebrauch 
theilt  man  die  hier  in  Betracht  kommenden  Waaren  ein  in : 
I.  Eigentliche  Nahrungsmittel. 
IL  Gewürze. 
IIL  Genussmittel. 
Diese  (ältere)  Eintheilung  ist  auch  in  der  vorliegen- 
den Arbeit  eingehalten  worden. 


NahningsmitteL 


!•  Die  Brodfrfichte. 

Die  Gretreidearten  (Cerealien)  gehören  mit  Aus- 
nahme des  Buchweizens  der  botanischen  Familie  der 
Gräser  (Gramineae)  an,  die,  durch  zahlreiche,  allen  in- 
begi'iifenen  Ai*ten  gemeinschaftliche  Eigenschaften  aus- 
gezeichnet, eine  gut  abgegrenzte  Gruppe  im  weiten  Reiche 
der  Pflanzen  darstellt.  Alle  Cerealien  besitzen  einen 
hohlen  Schaft  (Halm),  der  an  bestimmten  Knotenpunkten 
langscheidige  stiellose  und  parallelnervige  Blätter  trägt; 
ihre  Blüthen  sind  an  einer  Spindel  in  einem  eigenthümlichen 
Blüthenstand  —  Aehrchen  genannt  —  angeordnet,  der  eine 
bis  viele  Blüthen  enthalten  kann  und  zu  unterst  gewöhn- 
lich zwei  Hüllblätter,  die  Balgklappen,  trägt;  die  voll- 
kommene Grasblüthe  besitzt  ebenfalls  zwei  Deckblätter, 
die  Spelzen,  zwischen  diesen  drei  zur  Aehre  heraushängende 
Staubgefässe  mit  sogenannten  reitenden  Staubbeuteln  und 
einen  Fruchtknoten  mit  einer  federigen  zweitheiligen  Narbe; 
mitunter  sind  am  Grunde  des  Fruchtknotens  noch  kleine 
Schüppchen  vorhanden,  über  deren  Bedeutung  die  Bota- 
niker sich  dahin  geeinigt  haben,  dass  sie  dieselben  als 
die  Rudimente  der  eigentlichen  Blüthenhülle  "oder  des 
Perigons  auffassen.  Eine  Getreideart,  der  Reis,  besitzt 
sechs  Staubgefässe,  während  der  Mais  sich  durch  ein- 


häusige  oder  monöce  Blüthen  auszeichnet;  d.  h.'die  Staub- 
gefass-  und  die  Fruchtblüthen  an  verschiedenen  Zweigen 
getrennt  trägt.  Der  Fruchtknoten  beginnt  nach  der  Be- 
fruchtung eine  Beihe  von  Veränderungen  durchzulaufen, 
die  man  mit  den  Namen  Grün-,  Gelb-  und  Vollreife  zu 
bezeichnen  pflegt  und  stellt  nach  Ablauf  der  Vegetations- 
periode die  Frucht,  das  Getreidekorn,  (fälschlich  auch 
Getreidesamen  genannt)  dar.  Nach  der  botanischen  Kunst- 
sprache heisst  die  Frucht  eine  Caryopse,  Schliess- 
frucht,  die  mit  wenigen  Ausnahmen  zum  Schutze  von 
den  beiden  Spelzen  bekleidet  ist.  Boggen  und  einige 
Weizenarten  dagegen  lassen  die  reifen  Früchte  aus  den 
Spelzen  frei  ausfallen.  Der  Fruchtkern  besteht  aus  dem 
Eiweissgewebe  (Endosperm,  Albumen)und  dem  Keim- 
ling oder  Embryo.  Ersteres  enthält  zwei  verschiedene 
Schichten,  die  wir  als  Kleber-  (Stickstoffsubstanz-)  und 
als  Stärkeschicht  bezeichnen.  Der  Keimling,  der  die 
noch  unentwickelte  neue  Pflanze  darstellt^  besitzt  ein  be- 
sonderes auf  seinem  Bücken  liegendes  Organ,  das  Schild- 
chen (Samenlappen,  Kotyledon,  scutellum),  das  ihm  wäh- 
rend des  Keimungsprocesses  die  dazu  nöthigen  Baustoffe 
aus  dem  Einweissgewebe  zufuhrt,  bis  er  als  junge  Pflanze 
befähigt  ist,  selbstständig  unorganische  Nahrung  zu  assi- 
miliren. 

Die  in  den  Getreidefrüchten  enthaltenen  Nahrungs- 
stoffe haben  die  Chemiker  und  Physiologen  in  vier  Gruppen 
gebracht,  die  hier  nur  angedeutet  werden  sollen;  1.  Die 
Eiweissstoffe  oder  Stickstoffsubstanzen,  die  den 
grössten  Antheil  an  dem  Aufbaue  der  thierischen  Organe 
nehmen  und  von  deren  Menge  der  Nährwerth  einer  Nah- 
rungsfrucht abhängt.  —  2.  Fett.  —  3.  Stärke  und  damit 
verwandte  Stoffe  (Gummi,  Dextrin  und  stickstofffreie 
Extractivstoffe)  und  Zucker.  —  4.  Cellulose,  Faser- 
stoff (dazu  auch  Holzsubstanz)  ebenfalls  frei  von  Stick- 
stoff, die  vom  Menschen  wohl  nur  in  geringem  Maasse 
verdaut  werden  kann.  Von  sehr  verschiedener  Natur  sind 
die  Stickstoffsubstanzen  und  bedingen  dadurch  die  ver- 
schiedenartige Anwendung .  der  Brodfrüchte.  Man  unter- 
scheidet das  Pflanzen-Albumin,  das  Pflanzen-Casein 
(dieses  wieder  als  Legumin  in  den  Hülsenfrüchten,  das 
Conglutin  in  den  Lupinen  und  Mandeln,  das  Gluten- 


—     7     — 

Gasein  in  Weizen,  Boggen  und  Bachweizen),  und  die 
Kleberproteinstoffe  (Glutenfibrin  in  Weizen,  Gerste, 
Mais,  Gliadin  oder  Pflanzenleim  in  den  Cerealien, 
Mucedin  in  Weizen,  Boggen  und  Gerste).  —  In  diesen 
Nährstoffen  ist  alles  enthalten,  was  der  thierische  Leib 
zum  Aufbau  und  zur  'Erhaltung  seiner  Organe  benöthigt, 
so  dass  thatsächlich  der  Mensch  mit  pflanzlicher  Nahrung 
allein  seine  Ernährung  besorgen  kann.  (Vegetarianismus). 
Doch  spielt. in  allen. Emährungsprocessen  —  von  klima- 
tischen und  sonstigen  Lebensverhältnissen  abgesehen,  die 
Form,  in  welcher  die  Nährstoffe  den  Organen  geboten 
werden,  eine  höchst  wichtige  Bolle,  und  sie  ist  es  beson- 
ders, die  den  Menschen  auf  gemischte,  animalische  und 
pflanzliche  Nahrung  hinweist  i). 

Wann  der  Mensdi  begonnen  hat,  Getreidearten  zum 
Zwecke  seiner  Ernährung  anzubauen,  lässt  sich  wohl  nicht 
feststellen,  denn  lange  bevor  e$  eine  Geschichte  der 
Menschheit  gegeben,  scheinen  dieselben  schon  als  Nah- 
rungspflanzen benutzt  worden  zu  sein;  sie  waren  es,  die 
den  Menschen  an  die  Scholle  fesselten  und  ihm  andere 
Kampfesformen  gegen  die  Naturmächte  aufzwangen.  In 
allen  Welttheilen  mit  Ausnahme  von  Australien  sind  sie 
die  hervorragendsten  und  wichtigsten  Nahrungsspender 
geworden,  die  namentlich  bei  dem  ungeheuren  Auf- 
schwünge, den  in  unserem  Jahrhundert  die  Bodencultur, 
die  technischen  Mittel  zur  Gewinnung  und  Verfeinerung 
des  Mehls  und  die  grossartigen  Verkehrsanstalten  ge- 
wonnen, die  grösste  Verbreitung  unter  allen  Waaren  er- 
langt haben  und  für  die  gesammten  Handelsverhältnisse 
.  der  Staaten  von  grösstem  Einflüsse  sind.  Auf  gewissen 
fiir  den  Anbau  besonders  geeigneten  Gebieten  hat  sich 
die  Production  dermassen  gesteigert,  dass  diese  Gebiete 
die  Kornkammern  der  Industriestaaten  geworden  sind. 
Solche  sind  bekanntlich  Ungarn,  die  Süddonauländer,  vor 
allen  aber  Nordamerika.  Die  Vereinigten  Staaten  pro- 
duciren    die    gewaltigsten    Mengen    von   Getreide   und 


')  Es  sei  hier  attf  den  sehr  lesenswerihen  Artikel  „die  EraähruDg 
der  Menschen**  (Fleisch-  und  Pflanzen-Nahrung)  in  Königes  Nah- 
rangs- und  Genussmitiel  II.  p.  99—104  hingewiesen* 


—     8     — 

„es  ist",  wie  von  Neumann- Spallart«)  sagt,  „eine  der 
interessantesten  Thatsachen,  welche  wir  hiermit  con- 
statiren,  denn  sie  (die  Production  in  der  Union)  veran- 
lasst eine  Verschiebung  in  den  Welthandelsconjuncturen, 
die  sich  unter  unseren  Augen  in  kaum  einem  Decennium 
vollzogen  hat  und  schon  jetzt  viele  neue  geschäftliche 
Gonsequenzen  nach  sich  zieht.  Die  rasch  wachsende 
Übermacht  hängt  erstens  mit  dem  Bodenreichthum  in  den 

neu  cultivirten  Gebieten  zusammen ,  zweitens 

ist  sie  das  Werk  rationeller  Anwendung  vorzüglicher 
Genlthe  und  Maschinen,  .  .  .  drittens  beruht  sie  auf  der 
wahrhaft  grossartigen  Organisation  der  Aufspeicherung^ 
des  Transportes  und  aller  übrigen  technischen  und  com- 
m'erziellen  Vorbedingungen  eines  weitverzweigten  Korn- 
und  Welthandels."  Ausgegangen  wur  diese  Production 
vom  Staate  New- York  und  sie  rückte  immer  mehr  gegen 
Westen,  sodass  heute  Michigan,  Indiana,  Illinois,  beson- 
ders aber  die  Staaten  jenseits  des  Missisippi  —  Jowa^ 
Minnesota,  Californien  die  reichsten  Getreideländer  der 
Erde  geworden  sind. 


1,  Weizen. 

Die  wichtigste  Brodfrucht  ist  der  Weizen.  Die 
ältesten  ägyptischen  und  griechischen  Denkmäler  zeigen 
uns  in  Belief  abgebildete  Weizenähren  und  in  ägyptischen 
Mumiensärgen  sind  Weizenkömer  gefunden  worden.  Das- 
Wort  stammt  aus  dem  gothischen  hvaiteis^),  das  weisse 
Korn  im  Gegensatz  zu  dem  schwarzen  (Roggen)  und  ist 
verwandt  mit  dem  bretonischen  Gwenn,  gwiniz,  daa 
wieder  seine  Wurzel  in  dem  altgallischen  vi n das  weiss, 
hat,  was  als  Beweis  gelten  könnte,  dass  der  Weizen  seinen 
Weg  von  Gallien  zu  den  Deutschen  genommen.  Durch 
Columbus  und  Gortez  kam  er  nach  Amerika. 

Nach  dem  Deckvermögen  der  Spelzen  unterscheidet 
man  zwei  Gruppen  und  zwar  Weizenarten  im   engeren 


»)  F.  X.  von  Nenmann-Spallart,   Obersichten   der   Welt- 
wirtochaft.    Jahrgang  1880,  Stattgart  1881  p.  67. 

«)  Hehn,   Culturpflanzen  imd  Haustiere,  Berlin,  1874  p.  477. 


—    9    — 

Sinne  9  deren  Ährenspindel  zähe  ist  und  deren  Früchte 
sich  leicht  von  den  Spelzen  trennen  lassen  —  und  die 
Dinkel-  oder  Spelzarten,  deren  Körner  nicht  aus  den 
Spelzen  fallen  und  zur  Beingewinnung  eigener  Mühlen 
(Gerbgänge)  bedürfen.  Culturrerfahren,  Boden  und  Klima 
haben  die  guten  Arten  in  zahlreiche  Formen^)  zerfallt, 
deren  Werthschätzung  selbstredend  von  dem  Ertrag,  von 
d^  mehligen  oder  glasigen  Consistenz  der  Frucht  u.  s.  w« 
abhängig  ist.  Eäne  Übersicht  nur  der  wichtigeren  Formen 
gibt  nachstehende  Tabelle: 

(Siehe  Tabelle  auf  Seite  10  u.  11). 
Die  Frucht  des  gemeinen  Weizens  ist  bis  auf  die 
Spitze  haarlos,  länglich  eiförmig,  stumpf  dreikantig,  oft 
bauchig,  aber  auch  schmal  länglich,  auf  der  Bückenseite 
mit  einem  stumpfen  Kiele  ver- Figur  i.wei«eiikoni  umerik,  sort« 
sehen  und  von  diesem  zur  Basis  ^**^  ^*»^) 

herab  flach  eingedrückt,  run- 
zelig (die  Stelle  des  Keimes);  der 
Scheitel  weisslich  behaart  (Figur 
1  a — c),  die  Haare  oft  ausser- 
ordentlich fein  und  bei  den  ame- 
rikanischen Sorten  sehr  spärlich  ^^  *  ft' 
vorhanden.  Auf  der  Bauchseite  ,  ^on  d«r  B^nohMite:  b  Ton  d»r 
befindet  sich  eine  ziemlich  weite  schin»ueite ;  c  der  Länge  n^h 

,  1  •    j  j^    i*     1.       j        ftafgeschnitten ,    um  die    Lage  de« 

und     VerSCnieaen    uetgenenao     Keims  und  des  Eiweisseisu  neigen; 

LängsrinneCFig.  1  a);  die  Länge  \  «äJL"'U.t%.^-|,ällÄ'i 

beträgt  5.5 — 8  mm,  häufig  6 — 7     ««'keftlhrende«  Eiwelssgewebe. 

mm,  der  Querdurchmesser  1.5  mm.  Die  Farbe  ist,  wie  aus 
der  Übersicht  schon  zu  ersehen,  sehr  variabel;  man  unter- 
scheidet darnach  auch  braune,  rothe,  gelbeund  weisse  Sorten. 
Tief  braunrothe  Körner  bezeichnen  gemeine  Sorten;  je  heller 
die  Farbe,  desto  edler  der  Weizen,  desto  meia:  nimmt  seine 
Güte  zu,  wie  das  bei  dem  bekannten  weissen  Weizen  von 
Frankenstein  in  Schlesien,  bei  dem  italienischen  Weiss- 
weizen die  Erfahrung  gelehrt  hat.  Eine  mir  vorliegende 
spanische  Weizensorte  (von  Barcelona)  ist  scharf  drei- 
kantig, blassgelb  mit  zugespitztem  Scheitel  und  nicht 
gerade  verlaufander  Längsrinne.  Eine  ausgezeichnete 
Sorte  war  zu  Wien  im  Jahre  1873  von  Utah  am  Salzsee 

^)  England  hat  1878  zu  Wien  213  Sorten  ausgestellt. 


\-/h 


10 


B 

M 


TS 

O 


i 

e 

:o 
I 

6 

I 


.s 


f 

I 

4 


^ 


n 


S        ® 


1« 


1  § 

i 


I 

.1« 

II 

So 


I 


.3 

I 

ä 

e 

|| 

ee  s 


'S 
s 

l 

Mm 
3  g 


o 

I 


B 


I 
i 


1      § 

>     ff 


w 


3       '^       vr« 


1    ^ 


I 
I 


—        »- 

-»    ^ 


1 


i 


■oezisj/^  i»in3oi»S  <»i«3(iia 


—   11   — 


B 


li'i 


:::  i 


£  i 


ir 


js    P 

^ 


■tnaHnJi     1 


i 
g 


B        I      F^ 


& 


5     .2 


•1  s 

I  ^ 


I 


•^ 

t£ 

1 

S        j 

1J 

t' 

s 

f 

* 

^ 

E 

d 

'J3 

CS 

■£ 

-ö 

1 

g 

£3 

t£ 

-^ 

? 

Ja 

,^ 

b 

1 

1 

O 

u 

*i^. 

1    ! 

■f 

^ 

U 

a 

**- 

g 

£ 

IM 

ä 

a 

' 

1     ^ 

;j 

§           1 

1^ 

^ 

;  -5 

tn 

g-l 

e; 

Ä  ä 

O 

Sä 

"^  « 

s  ^ 

-#3 

^    o^     \ 

.^   to 

IL,     ^ 

C     4S 

■^     ü 

^  T3 

22 

»g 

sS 

i« 

i-1 

.=  s 

:<  ;i3 

Sg> 

#. 

^ 

e; 

^ 

^ 

i- 

a: 

£* 

^  '» 

03. 

^    itf 

,a 

ja     .-PS 

4 

.s^.r 

^  g 

m 

e-^ 

■5*^ 

-^ 

^■sri 

^1 

IJ5 

1 

?°| 

£ 

=1 

h^ 

_i 

^ 

1 

00-        ^     = 


^    i* 


»  ^  ^ 


c  a>   s 
©   >N   5 


S' 


^  >  «  fl 

11- E 


r^  ^  Q 


—     12 


Figur  i. 


Stück   eines  Qaersohnittes  dev 
Weizenfrnoht. 


(in  den  Vereinigten  Staaten)  ausgestellt;  das  Korn  (Fig. 
1,  a— c)  besitzt  an  dem  unteren  Theile  einen  Breitendurch- 
messer von  3  —  4.5  mm,  die  Längsrinne  verläuft  etwas 
krumm,  die  Farbe  ist  rein  weissgelb. 

Zur  Unterscheidung  der  aus  den  Cerealienfrüchten 
dargestellten  Mahlproducte  ist  die  Kenntnis  des  ana- 
tomischenBaues  derselben  nothwendig,  denn  die  che- 
mische Charakteristik,  d.  h.  die  Feststellung  der  Bestand- 
theile,  aus  denen  diese  Producte  in  stofflicher  Hinsicht  zu- 
sammengesetzt sind,  reicht  nicht  aus;  hingegen  wird  die 
mikroskopische  Untersuchung  der  Gewebselemente 
und  deren  Inhaltskörper  immer  zum  Ziele  fuhren.  Nimmt 
man  einstweilen  auf  die  letzteren  keine  Rücksicht,  so 
bringt  man  ein   möglichst  dünnes  Querschnittchen    der* 

Frucht  auf  die  als  Object- 
träger  dienende  Glasplatte 
in  Wasser  und  setzt  etwas 
Ätzkalilauge  hinzu;  letztere 
zerstört  wohl  die  Inhalts- 
körper (Stärke),  lässt  aber 
die  Hautschichten,  welche 
den  Kern  der  Frucht  umhül- 
len, durch  Aufquellung  und 
Färbung  klar  hervortreten. 
Figur  2  zeigt  uns  einen  sol- 
chen Querschnitt;  wir  be- 
merken zuerst  die  Ober- 
haut (A)  oder  Epidermis, 
aus  Zellen  gebildet,  deren 
Lumen  ziemlich  deutlich 
und  weit  grösser  ist,  als  das 
der  folgenden.  Darauf  folgt 
A  Oberhaut;    B  Mitteisohicht  cParen- das Parcuchym  der  Frucht- 

jJflTn.'cl'icS't?^"^^^^^^^  ."1^??/^^^??     ^''^^'} 

braungefärbte)    Samenhaut;     E    hyaUne    MltteiSCniCllt    genannt, 
Schicht;     F   KleberBchichte ;   O  Bi-      ^„^    „•,oo«v»*v»A*^#»Ä/^«öfo/»V»*A»» 

weissgewebe,  3  Zeueu mit stftrkekömohen;  aus  zusammengequetscüten 
X  schiauchaeuen.  häufig  nur  undcutlich  wahr- 

nehmbaren Zellen  gebildet;  kocht  man  das  Schnittchen 
längere  Zeit  in  Aetzkali,   so  erscheint  die  Mittelschicht 

*  A.  Vogl,  Nahnings-  und  Genussmittel  aus  dem  Pflanzen- 
reiche, Wien  1872,  p.  26. 


ans 


—     13     — 

anfänglich  aus  2  —  3,  später  aus  3  —  4  Schichten  (Zell- 
reihen) zusammengesetzt.  Die  Spelzarten  hingegen 
(T.  spelta,  monococcnm  und  amylenm)  lassen  sich  sofort 
durch  die  nur  aus  2  Reihen  gebildete  Mittelschicht  unter- 
scheiden.    Eine  Längsansicht   Flnr   S.     Fraelith««tMhieht6n    a 

dieserSchichten,  wie  siehäufig  7.«  wi.««ew^(L*ng,an.icht) 
im  Mehle  dargeboten  ist,  zeigt 
die  Oberiiautzellen  langge- 
streckt 4  —  6eckig  und  ihre 
Wände  derartig  derb  getüpfelt, 
dass  sie  rosenkranzfärmig  aus- 
sehen;  auch  die  Zellen  der 

Mittelschicht  sind  langge- 
streckt, und  die  Wände  ver- 
dickt (Fig.  3,  B— B).  Die  3. 
Schicht,  nach  Vogl  Quer- 
zellenschichte  genannt,  be- 
steht aus  langgestreckten, 
(Länge  0.088  —  0.1982  mm. 
Breite  0.022— 0.264)starkver- 

dickten  und  getüpfelten  Zellen  C-O  Qnenellensehieht;  B-B  Mittel- 
(¥is  2  C  •  FiffUr  a  C  —  C^  »ohioht  (Fmohtwandparenchym) ;  (Das 
\.  o\  '*»_y'»    .'*»,.      '         ,.  V    Präparat  Uegt  mit  der  Innenseite  nach 

die  im  Umrisse   (tangential,  oben)) 

von  oben  gesehen)  rechteckig  sind  und  ohne  Intercellular- 
räume  fest  aneinander  liegen  (Fig.  3,  G— G);  ihre  Längs- 
axen  kreuzen  sich  mit  denen  derOberhaut-  und  Mittelschicht- 
zellen (daher  Querzellen),  ein  Umstand,  der  diese  Schicht 
als  einen  leicht  zu  findenden  Bestandtheil  im  Weizenmehl 
charakterisirt  Durch  das  Eintrocknen  bei  der  Vollreife 
reisst  sie  sich  stellenweise  von  der  Mittelschicht  los  und  um- 
schliesst  mit  dieser  dann  unregelmässiee  Hohlräume;  auch 
die  weit  dunklere  Färbung  (eine  Folge  der  stärkeren  Wand- 
verdickung)  lässt  sie  gut  erkennen.  Unter  der  Querzellen- 
schichtfindensich  sehr  eigenthümliche verästelte  schlauch- 
artige Zellen  von  bedeutender  Länge  (in  Fig.  2  ihre 
Lage  bei  X  angegeben),  die  wieder  mit  den  Mittelschicht- 
zellen parallel  laufen  (also  sich  auch  mit  den  Querzellen 
kreuzen)  und  die  die  innere  Epidermis  ^)  der  Frucht- 

*)  F.  Eudelka,  Über  die  Entwicklang  und  den  Bau  derFrucht- 
nnd  Samenschale  unserer  Gerealien.  Inaug.-Diss.  Berlin  1875  p.  8. 
(Auch  in  den  landwirthsohaftl.  Jahrbüchern). 


—     14    — 

haut  vorzustellen  scheinen.  —  Die  nun  folgenden  Schichten 
bezeichnen  die  eigentliche  Samenhaut,  d.  h.  jene 
Haut;  welche  aus  der  Umhüllung  (Integument)  der. in 
dem  ehemaligen  Fruchtknoten  (jetzt  Fruchthaut)  befind- 
lichen Samenknospe  entstanden  ist.  Am  Querschnitte 
erscheint  dieselbe  als  ein  gelbbrauner  aus  zwei  Zellreihen 
zusammengesetzter  Streifen  (Fig.  2,  D);  den  Abschluss 
bildet  eine  glasartig  durchseheinende  (hyaline),  nicht  be- 
sonders deutliche  Zellreihe  (Figur  2,  E).  Der  Bau  der 
Hautschichten  der  übrigen  Cerealienfrüchte  entspricht  im 
Wesentlichen  dem  eben  behandelten,  der  uns  daher  zu- 
gleich das  Schema  darstellt,  nach  welchem  wir  die  ana- 
tomischen Verhältnisse  aller  anderen  Getreidefrüchte  be- 
trachten werden.  Auch  in  Bezug  auf  das  Sameneiweiss 
herrscht  bei  allen  Gattungen  viel  Übereinstimmendes. 
Zur  Betrachtung  desselben  genügt  ein  dünnes  Schnittchen, 
das  in  Wasser  suspendirt  und  nun  mikroskopisch  unter- 
sucht wird.  Es  zeigen  sich  nun  sofort  zwei  scharf  von  ein- 
ander geschiedene  Theile;  die  unmittelbar  an  die  hyaline 
Schicht  sich  anlegende  zumeist  einfache  Zellreihe  zeigt 
im  Querschnitte  quadratische,  von  der  Fläche  aus  gesehen 
aber  polygonale  Zellen  mit  ziemlich  derben,  farblosen,  in 
Wasser  aufquellenden  Wänden  (Figur  2,  F).  Ihr  Inhalt 
ist  der  sogenannte  Kleber,  wovon  diese  Schicht  Kleber- 
schicht genannt  wird,  eine  grobkörnige  Protein-  (Stick- 
stoffhaltige) Masse,  die  von  Jodlösung  gelb,  bei  Behand- 
lung mit  CooheniUelösung  schön  roth  gefärbt  wird  (während 
die  Stärkekömehen  durch  Jod  unter  Anwesenheit  von 
Wasser  blau,  von  Cochenille  aber  nicht  ÜDgirt  erscheinen), 
und  sich  in  warmer  Kalilauge  mit  gelber  Farbe  und  Aus- 
scheidung von  Öltröpfchen  löst.  Der  mehlige  Theil  des 
Eiweisses  (Figur  2,  G)  enthält  grosse,  vieleckige, 
dünnwandige  Zellen,  mit  Stärkekömern  dicht  angefüllt, 
die  in  einer  feinkörnigen  Grundmasse  von  Proteinstoflfen 
eingebettet  liegen;  Jodzusatz  lässt  Stärke  und  Protein- 
masse scharf  hervortreten,  da  erstere  blau,  letztere  gelb 
gefärbt  wird.  —  Über  Stärke  siehe  den  betreffenden- Ab- 
schnitt. Es  erübrigt  uns  nur  noch  zur  Vervollständigung 
der  anatomischen  Angaben  das  Gewebe  des  Keimes  zu 
besprechen.  Derselbe  wird  durch  einen  geeigneten  Längs- 
schnitt (Fig.  1  c)  der  Frucht  blossgelegt.   Den  Bau  des- 


—     15     — 

selben  beschreibt  Vogl  in  seinem  hier  oft  citirten  treff- 
lichen Werke  p,  24  folgendermaassen:  „Nach  abwärts  zeigt 
derselbe,  von  der  Wnrzelscheide  umschlossen,  eine  Haupt- 
und  meist  einige  Nebenwurzeln^  nach  aufwärts  ein  menr- 
blättriges  Haupt-  und  gewöhnlich  noch  einige  Seiten- 
knöspchen.  Von  semer  dem  Eiweisskörper  zugewendeten 
Seite  erhebt  sich  ein  im  Ganzen  schildförmiger  Auswuchs, 
das  Schildchen,  welcher  die  Bestimmung  hat,  während 
der  Keimung  aus  dem  Sameneiweiss  die  daselbst  an- 
gehäuften Nährstoffe  (Proteinkörper  und  Stärke)  aufzu- 
nehmen und  den  wachsenden  Theilen  des  Keimlings  zuzu- 
führen. Das  Schildchen  besteht  aus  einem  Parenchym 
vielkantiger  dünnwandiger  Zellen.  Auf  seiner  dem  Endo- 
sperm  zugewandten  Fläche  trägt  es  eine  einfache  Schicht 
aus  zartwandigen  aufrecht  säiüen-  oder  keulenförmigen 
Zellen  (ein  Epithelium),  welche  gleich  den  Zellen  des 
Schildchenparenohyms  neben  Fetttröpfchen  und  je  einem 
Zellkern  protoplasmatischen  Inhalt  führen.  Zwischen 
diesem  Schildchenepithel  und  den  nächsten  Stärkezellen 
des  Eiweisskörpers  liegt  eine  Schicht  aus  zusammengefal- 
lenen farblosen  Zellen.  Das  übrige  Gewebe  des  Keims 
besteht  wesentlich  aus  regelmässig  angeordneten,  sehr 
kleinen,  zartwandigen,  mit  protoplasmatischem  Inhalte 
dicht  gefüllten  Zellen  und  ist  von  äusserst  zarten  Gefäss- 
bündelsträngen  durchzogen.'^  —  Der  anatomische  Ausdruck 
fiir  den  Unterschied  in  der  Consistenz  des  Eiweisses  — 
nach  welcher  dieses  als  hornig  -  glasig  oder  als  mehlig 
bezeichnet  wird,  ist  nach  Milien^)  in  einem  höheren 
Klebergehält  für  die  glasigen  Sorten  gegeben,  während 
in  mehligen  Kömern  der  Kleber  durch  eine  (andere^ 
eiweissartige  Substanz  ersetzt  sein  soll.  Haberlandt^) 
(mch  Nowacki)  nimmt  aber  für  die  letzteren  an,  dass 
ihr  Mehlkörper  mit  zahlreichen  Lufträumen  durchsetzt 
ist,  die  das  Mehligsein  bedingen  —  eine  Ansicht,  die  die 
grösste  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat. 

Die  chemische  Zusammensetzung  des  Weizen- 
koms  ist  wohl  in  erster  Linie  von  Boden  und  Klima  und  von 
dem  Dünger  abhängig;  ersterer  muss  thon-  und  humus- 
reich, aber  auch  kalUiidtig  sein;  bezüglich  der  klimatischen 


»)  Pharmac.  Centralbl.  1864  p,  141. 

*)  Centralbl.  f.  d.  gesammte  Landeskultur. 


—    16    — 

Verbältnisse  ist  zu  bemerken^  dass  Weizen  noch  bis  zum 
60®  n«  B.  gedeihen  kann  und  unter  dem  45®  n.  B.  noch 
bis  ~  zu  1500  Meter  Höhe  cultivirt  wird.  Für  Europa 
würde  die  nördliche  Grenze  des  Weizen  -  Anbaues,  (mit 
eben  noch  nennenswerthem  Ertrage)  eine  Linie,  etwa  von 
Nantes  über  Bonn,  längs  des  Kiesengebirges  und  der 
Karpathen  nach  Sarepta  an  der  unteren  Wolg^  gezogen^ 
Yorstellen.  Nach  König  (1.  c.  p.  273)  hat  Weizen  fol- 
gende Zusammensetzung  in  Procenten: 

Itiser:       j^jjjjj^l      'ett:       Zteker:     Gunaii  t.  Dextrifl :      Sttrke:     Haliftier:      Asche: 

13.56,  12.42,  1.70,  1.44,  2.38,  64.07,  2.66,  1.79 
Den  stickstoffreichsten  Weizen  producirt  das  centrale 
südliche  Russland.  Der  Elebergehalt  ist  sehr  schwankend, 
es  wurden  0.0,  8  0,  17.4,  18.54  %  reiner  Kleber  gefunden. 
—  Die  Stickstoff-Substanz  enthalt  Pflanzenalbumin,  Gluten- 
Casein,  und  die  Kleberproteinstoffe.  In  russischem  Weizen 
beträgt  sie  14.62,  in  norddeutschem  14.00,  in  süd- 
deutschem 13.56,  in  schottischem  12.56  Procent.  In 
trockenen  und  heissen  Sommern  wird  die  Vegetationszeit 
abgekürzt  und  nach  Erfahrung  und  Analyse  weit  mehr 
Stickstoffsubstanz  producirt.  Von  Interesse  ist  die  Ent- 
deckung H.  Dworzak's,  (Versuchsstationen  Bd.  XVII. 
p.  398)  der  io  einem  in  Nilschlamm  gewachsenen  Weizen 
Baryt  in  ähnlicher  Vertheilung  (in  den  Weizenkömern) 
vorfand,  wie  dies  mit  Kalk  der  Fall  ist.  In  der  Asche 
des  Weizens  fand  man: 

i    t   l    i   i 
i    iiiiiiii 

1.  WintoweiMD:   31716,2.25,3.34,11.97,1.31,46.98,0.37,2.11,0.22 
k.  SomiwrweiMB:  29.99,1.93,2.93,12.09,0.51,48.63,1.52,1.64,0.48 
Die  Zasanunensetzang  des  Speltes  (mit  den  Spelzen) 
beträgt  in  <*/o: 

,.„„.  SU«kit«fr-  ,..,  MekiUJfMi«  ii.i.,.„,  »„v.. 

12.09,      11;02,       2.77,        66.44,  5.47,        2.21. 

Das  spezifische  Gewicht* des  Weizenkoms  beträgt  im 
Mittel  1 .4 1 31 .  „Mit  der  Form  und  Grösse  der  Körner",  sagt 


—     17     — 

Nobbe  ^)  „steht  deren  Dichte  in  keinem  nachweisbaren 
Zusammenhang,  eher  mit  deren  Farbe,  insoferne  die  lich- 
teren Weizensorten  eine  geringere  Dichte  zu  besitzen 
scheinen,  was  indess  der  Bestätigung  bedarf."  —  Guter 
Weizen  soll  aus  gleichartigen  vollen  schweren,  trockenen 
Körnern  bestehen,  frei  von  ünkrautsamen  (siehe  den  Ar- 
tikel unter  „Roggen"),  Spreu  und  sonstigen  Körpern  sein; 
feuchte,  unreife  Waare  wird  zum  Ansiedelungsherde  nie- 
derer Organismen,  insbesondere  der  Schimmelpilze.  Daher 
hat  auch  in  betreff  der  Aufbewahrung  die  nöthige  Ob- 
sorge getroffen  zu  werden  und  es  haben  sich  als  sehr 
zweckmässsige  Behälter  die  eisernen  oft  auch  drehbar 
Frankreich)  eingerichteten  „Silos"  bewiesen,  deren  Wände 
fein  durchlöchert  sind  und  der  Luft  Zutritt  gestatten. 
(Freilich  sollen  sich  nach  F.  Haberlandt,  Wiener  land- 
wirtsch.  Ztg.  1873  p.  126,  luftdicht  aufbewahrte  Körner 
als  weit  besser  keimfähig  gezeigt  haben,  als  dem  Luftzug 
ausgesetzte).  —  Die  mikroskopische  Untersuchung  muss 
auch  Auskunft  über  das  Vorkommen  von  Brand-  und  Rost- 
pilzen u.  s.  w,  geben.  Eine  künstliche  durchaus  zu 
verwerfende  ,»Aufbesserung"  erhalten  die  Kömer 
durch  Einfettung  (Einölung),  um  der  Waare  durch  Er- 
höhung des  Glanzes  ein  frischeres  Aussehen  zu  geben.  Ge- 
fetteter Weizen  setzt  aber  schon  dem  Mahlen  ffindemisse 
entgegen,  das  Mahlproduct  selbst  ist  nicht  haltbar,  und 
büsst  bedeutend  an  seinem  Werthe  ein.  Zur  Untersuchung 
der  Ölung  benutzt  man  eine  enghalsige  Flasche  *),  in  welche 
die  verdächtigen  Körner  gegeben  und  mit  siedendem 
Wasser  übergössen  werden.  Die  Öltröpfchen  sammeln 
sich  an  der  Oberfläche.  In  solches  Wasser  gelegte  kleine 
Kampferstückchen  rotiren  nicht,  was  sie  bekanntlich  in 
fettfreiem  Wasser  mit  grosser  Lebhaftigkeit  thun.  Wird 
die  Waare  mit  warmem  absolutem  Alkohol  oder  Äther  fest 


*)  Nobbe,  Handbuch  der  Samenkunde  p.  319. 

*)  Nobbe,  1.  e.  p.  887.  —  Daselbst  ist  auch  das  einfache  Ver- 
fahren der  Samenhändler  berichtet,  andere  Samen  z.  B.  Eleesamen 
aufzufrischen;  man  nehme  in  die  linke  Hand  eine  Probe  matter 
Samen,  fiahre  mit  der  Rechten  durch  das  Haupthaar,  welches  immer 
Spuren  von  Fett  enthält,  und  bearbeite  nun  die  Probe  zwischen 
den  Handflächen ;  der  Erfolg  ist  staunenswerth. — Die  Verfälschungen 
mit  gesiebtem  und  gefärbtem  Sand  sind  ohnehin  bekannt  genug. 
Hftnausek,  Nahrnngs-  u.  Genussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.   2 


—     18     — 

geschüttelt  und  darauf  Wasser  hinzugesetzt,  so  entsteht 
bei  Anwesenheit  von  Fett  eine  bleibende,  milchweisse 
Färbung.  Natronlauge  bildet  beim  Schütteln  mit  den 
geölten  Körnern  eine  getrübt  erscheinende  schaumige 
Masse  (Seife).  Auch  Schütteln  mit  Curcumapulver,  nach 
welchem  sich  das  Pulver  in  die  Furche  und  in  den  Haar- 
schopf der  geölten  Kömer  setzt,  fuhrt  zum  Ziele.  Be- 
züglich des  Gewichtes,  das  schliesslich  auch  als  ein  Factor 
zur  Werthbeurtheilung  herangezogen  werden  kann, 
wird  gewöhnlich  gefordert,  dass  Weizen  prima  Qualität 
80—78  kg;  secunda  Qualität  74.22  kg;  dritte  Sorte  71.66  kg 
Gewicht  pr.  Hkt.-L.  besitzen  soll.  Es  kommen  in  besten 
Jahren  auch  Qualitäten  von  82—81  kg  vor.  86 — 87  kg  sind 
wohl  nur  ausnahmsweise  gefunden  worden.  Diese  Zahlen 
sind  nur  die  Mittel  aus  den  höchsten  und  niedersten  Vo- 
lumgewichten, die  A.  Müller  ^)  als  mit  86.9  k^,  beziehungs- 
weise 55.9  kg  bewerthet  gefunden  hat.  —  Die  wichtigsten 
Daten  über  Aussaat,  Ertrag,  Keimfähigkeit  enthält  fol- 
gende (Meyers  Conversationsleidkon,  neueste  Auflage)  ent- 
nommene Tabelle: 


Aussaat  auf  1  Hektoliter. 

Ertrag  von 
1  Hektoliter. 

4l 

-i 

Jahre. 

k 

Woch. 

Ein 
Scheffel 

Weizen 

breitwürfig. 

gedriUt 

Kömei^ 

Stroh. 

wiegt 

Scheff. 

Küogr. 

Scbeff. 

Kilogr. 

Scbefi: 

Kilogr. 

Küogr. 

Winter- 

4.3 

bis 

166 
bis 

S.2 
bis 

123 

bis 

43 
bis 

S133 
bis 

3 

42 

bis 

38.68 

Weizen. 

54 

208 

4.3 

166 

66 

4700 

50 

Sommer- 
Weizen. 

4.7 
bit 
5.8 

182 
bis 
225 

4.3 
bis 
4.7 

166 
bis 
186 

84 
bis 
52 

2850 
bis 
3916 

3 

18 
bis 
20 

39.13 

Andere  Versuche  haben  bewiesen,  dass  den  höchsten 
Körnerertrag  der  ziemlich  reife  Weizen,  den  höchsten 
Ertrag  an  gutem  Mehl  der  unreife  Weizen  liefert.  (Vgl. 
Sanio  Bot.  Centralb.  I.  310). 


*)  Centralblatt  f.  d.  landwirth.  Verein  1856  p.  88. 


—     19    — 

Der  Gretreidehandel  ^)  nimmt  gegenwärtig  einen  Jahres- 
umsatz von  7  bis  8  MilUarden  Mark,  also  beiläufig  den 
achten  Teil  der  gesammten  Welthandelswerthe  für  sich  in 
Anspruch;  die  Weizen-  und  Spelzproduction  beträgt  nach 
von  Neumann -Spallart  (pag.  128)  in  Millionen 
Hektoliter: 


A.  Europa: 


im  Mittel 

(Mittolernte 

.  .     91.3 

.  •     38.8 

.  .  104.2 

.     31.7 
.  .     28.9 


Russland: 

Deutsches  Reich:  .  .  . 

Frankreich: 

Österreich-Ungarn: 
Grossbrit.  u.  Irland:  , 

Italien: .  51.8 

Spanien:  . 61.1 

Untere  Donauländer:  28,7 

Dänemark:    1.3 

Schweden: 1.2 

Belgien: 8.2 

Niederlande:    1.9 

Portugal:     3.0 

Norwegen:     0.1 

Griechenland: 1.6 


in  neuester  Zeit: 
oder  DorchschnittBrechnung). 

60.4    (1879), 

35.8 

82.1 

31.2 

19.6 

51.8 

61.1 

25.8 

1.7 

1.2 

8.2 

2.0 

3.7 

0.1 

1.6 


(1876). 

? 
(1876). 
(1879). 
(1878). 

(1877). 
(1875). 
(1875). 


Samma:  453.8 


385.3 
B.  Ausser-Europa:       im  Mittel:  in  neuester  Zeit: 

Vereinigte  Staaten 

V.  Nordamerika:    116.6 169.4 

Britisch  Ostindien:  100.0 105.0 

Canada: 6.2 13.2 

Australien:    .....      7.6 9.4 

Aegypten: 5.5 7.5 

Chile: 3.7 14.1 

Algier: 9.0 4.9 

Japan:    . 4.0 4.0 

Summa:  2ö2!6  327.5 

Die  mit  gesperrten  Lettern  gedruckten 


(1879) 

(1877) 
(1875) 
(1878—79) 
(1879) 


zeichnen  die  Exportländer. 


(1877) 
(1874) 
'Mill.  hl 
Namen  be- 
Den~Productionsdaten  sind 


')  Von  Nenmann-Spallart  1.  c.  p.  66. 


2* 


—    20    — 

auch  die  Ein-  respective  Ausftihrswerthe  entgegenzuhalten; 
so  bewerthete  sich  beispielsweise  1879  die  Einfuhr  für  das 
deutsche  Reich  auf  18  300  000  ZoU-Ctr.,  =  11  961  000  hl ; 
1880  nur  4  551 000  ZoU-Ct.  (von  Russland  und  Österreich), 
für  Grossbrit.  und  Irland  39  260  000  hl,  für  Frankreich 
28  424  000  hl. 

Über  die  Verwendung  des  Weizens  und  des  Speltes 
ist  das  Wichtigste  in  dem  Abschnitte  „Mahlproducte^^  au- 
gegeben. Eine  besondere  Erwähnung  verdient  der  aus 
dem  Spelte  bereitete  Grünkern,  ein  in  den  Speltländem 
gebräuchliches  Suppenmaterial,  durch  Dörren  und  Schälen 
unreifer  Spelzkörner  gewonnen.  Der  Ehmer  dient  beson- 
ders zur  Graupenbereitung. 

2.  Roggen  (Korn). 

Diese  für  das  nördliche  Europa  wichtigste  Getreide- 
frucht, galt  bei  den  späteren  Römern  „für  ein  hässlich 
schwarzes,  unschmackhaftes  und  unverdauliches  Kom'^. 
Noch  jetzt  ist  er  den  romanischen  Nationen  verhasst  und 
Göthe  bemerkt  mit  Recht.  (Campagne  in  Frankreich, 
24.  Sept.  1792):  »Weiss-  und  Schwarzbrod  ist  eigentlich 
das  Schiboleth,  das  Feldgeschrei  zwischen  Deutschen  und 
Franzosen.«  Unter  frumentum,  Getreide,  versteht  der 
Romane  vorzugsweise  Weizen,  unter  Korn  der  Nord- 
deutsche vorzugsweise  Roggen,  wie  der  Schwede  Gerste." 
(Hehn,  1.  c.  p.  479).  Ueber  die  verschiedenen  Namen 
Derichtet  Hehn  in  seinem  classischen  Werke  weiter,  dass 
die  Tauriner,  ein  ligurischer  Volksstamm  den  Roggen  asia 
genannt  und  dass  Plinius  zuerst  den  Namen  seoale  (etwa 
soviel  als  Sichelkorn?)  anführt,  welcher  Name  (albanisch 
thekere,  walach.  secäre,  neugriechisch  oiYxxki  (sikali), 
italien.  segola,  franz.  seigle)  in  den  romanischen  Sprachen 
wiederkehrt.  Roggen  stammt  von  dem  althochdeutschen 
rocco,  altnord,  rugr.  etc.  her.  Aber  aus  diesen  und  an- 
deren verwandten  Sprachformen  ist  die  ürheimath  des 
Roggens  durchaus  nicht  klar  geworden  und  es  hat  sich 
auch  für  die  De  Cand  olle 'sehe  Annahme,  dass  Roggen 
im  Gebiete  des  heutigen  österreichischen  Kaiserstaates 
endemisch  gewesen,  kein  unbestreitbarer  Nachweis  finden 
lassen. 


—    21     — 

Alle  durch  Cultur  und  klimatische  Einflüsse  ent- 
standenen Formen  stammen  von  einer  einzigen  botanischen 
Art,  Seeale  cereale  L.  ab,  die  aber  neuestens  wieder  mit 
der  Gattung  Triticum  vereinigt  worden  ist. 

Hier  folgen  einige  wichtigere  Formen: 

Varietäten.  Formen:  Bemerkungen: 

1.  Seeale   cereale      ^*  ^"S!!!!!^^  xr*T  ▼oUe  dü^ 

hibernum,  ^^   ^^*!'   "*   ^^^"  Sandboden. 

'  stein. 

Gemeiner  Winterroggen,  b.  Kampinerroggen  Ton            ^       ^  Sandboden. 

1.5 — 2  m  hoch.  Belgien.                ^ 

..,...,  in  den   Ostseeprovinzen   hei- 

Ahren  mit  stampfen  ^  johanniiroggen  (?)       misch,  für  Gegenden  mit 

SP^*^®°-  rauhem  Winter. 

2.  S.  c^BstiTum,  '^^^^      .^    weniger  gebaut 
Gemein.  Sommerroggen  *^     ' 

3.  S.  c  multicaule      «•  der  norwegische  ^^  ^    ^^  ^^1, 

hibernum,  Stauden-B. 

V    xri^v      A  a  -AT.        Halm  roth  angelaufen,   Mehl 
Winter-Stauden-R.      ^-  Kleb-  od.  Spatkom.  ^^^  dtmkel. 

russisches  Korn,  4 — 20    c.  böhmisch.  Staad.-B.  ziemlich  kurz. 

Halme  j-   x,  a^.    a  -o    ausgezeichnete  Sorte,  aber 

d.  «gyptuch.Staud.-E.        «^^  ^^  ^^^^  I^^^ 

4.  S.  c.  multicaule  ^      MgeapitBt,  (ober.te 

"=»*'"'»'  Ährchen  taub). 

Sommerstauden-B. 
Jerusalemskom 
5.  S.  c.  arundinaceum,  Schil&oggen  mit  breiten  Ähren. 

Eine  vorzügliche  Sorte  ist  der  spanische  Doppel- 
roggen. Seit  1880  ist  auch  Wechselroggen  bekannt, 
der  sowohl  im  Herbst  wie  im  Frühjahr  angebaut  werden 
kann.  (Allg.  Ztg.  f.  deutsche  Land-  und  Forstwirtschaft 
1880.  Nr.  1). 

Die  Roggen  fr  ucht,  gemeiniglich  Korn  genannt,  ist 
länglich-schmal,  verbreitert  sich  etwas  nach  aufwärts,  ist 
unten  zugespitzt,  am  Scheitel  stumpf  und  wollig  behaart, 
der  Bücken  ist  rauh  mit  runzeligen  etwas  glänzenden 
Erhabenheiten,  gewölbt  oder  sehr  stumpf  gekielt;  die 
Bauchseite  besitzt  eine  schmale  Längsrinne;  die  Farbe 
ist  gewöhnlich  aschgrau,  variirt  aber  wie  beim  Weizen 
in  röthlichbraun,  dunkelbraungrau,  selten  gelbgrau.  Durch 
Grösse  und  Farbe  zeichnet  sich  in  hervorragender  Weise 


-  —    22     — 

das  Jerusalemskorn  aus;  nicht  selten  sind  einzelne 
Früchte  fast  doppelt  so  gross,  dreikantig  mit  breiter, 
tiefer  Längsrinne;  die  Farbe  ist  niemals  aschgrau,  son- 
dern graugelb^  selbst  röthlichgelb,  etwas  ^asig  durch- 
scheinend. Gegenwärtig  wird  es  auch  in  Niederösterreich 
(Eggenburg)  angebaut. 

Bei  Betrachtung  des  anatomischen  Baues  der 
Frucht-  und  Samenhaut  des  Roggenkorns  treten  uns  die- 
selben Schichten  entgegen,  die  wir  beim  Weizen  kennen  ge- 
lernt haben.  Wir  finden  eine  Oberhaut,  eine  Mittelschichte, 
eine  sehr  entwickelte  Querzellenschichte,  deren  Zellen 
0.088 — 0.132  mm  lang  sind,  eine  einfache  Kleberschichte. 
Eine  ausführliche  Darstellung  der  Entwicklungsgeschichte 
des  Roggens  verdanken  wir  Kudelka  (1.  c.  p.  3  flf.),  aus 
der  wir  das  Nöthige  hier  citiren.  Die  drei  Keifezustände- 
des  Korns,  die  Grün-,  Gelb-  und  Vollreife  finden  ihren 
anatomischen  Ausdruck  in  der  Resorption  gewisser  Mittei- 
schich tpartieen,  wodurch  die  darunter  befindliche  noch 
Chlorophyll  führende  Querzellschichte  der  Oberhaut  ge- 
nähert wird  (daher  Grünreife);  nach  diesem  ersten  Stadium 
folgt  die  Verdickung  der  Zellen,  das  Chlorophyll  ver- 
schwindet, die  Lumina  der  innersten  Schichten  (Samen- 
haut) verkleinern  sich  wegen  der  Membranverdickung  sehr 
bedeutend  (Gelbreife)  und  die  endlich  eintretenden  Ver- 
zerrungen der  verschiedenen  Schichten  in  Folge  von 
Wasserverlust  und  Wachsthum  des  Endosperms  führen  die 
Vollreife  herbei.  —  Die  Mittelschichte  (Fig.  4,  1)  des 
reifen  Roggens  besitzt  weniger  Zellreihen  als  die  des 
Weizens.  Ein  gutes  Unterscheidungsmittel  für  Roggen 
und  Weizen  (besonders  im  Mehle)  bietet  die  Querzellen- 
schichte (Fig.  4,  2).  An  Tangentialschnitten  —  also 
von  der  Fläche  gesehen  —  zeigen  sich  die  Wände  der 
Querzellen  des  Roggens  an  den  kürzeren  Seiten- 
flächen stärker  verdickt  und  abgerundet,  sodass 
sie  sich  eben  nur  berühren  und  freie  Räume,  Intercellu- 
larräume,  bilden.  Ferner  besitzen  sie  nur  wenige  oder 
gar  keine  Poren.  Beim  Weizen  hingegen  ist  die  Dicke 
der  dicht  porösen  Querzellen- Wände  überall  dieselbe,  auch 
stossen  die  Zellen  dicht  —  ohne  Bildung  von  luftführen- 
den Intercellularräumen  —  aneinander.  Die  räumlich 
gleichmässige  Entwicklung  des  Kornes,  von  der  Ausbil- 


—     23     — 

düng  des  Stärke  fahrenden  Endosperms  abhängig,  (das 
natürlich  bei  seinem  Wachsthum  die  Decken  —  Frucht- 
ond  Samenhaut —  zusammenpresst),  bedingt  eine  Streckung 

Figur  4  (nach  v.  Höhnel). 


Boggen.    Stflcke  der  Schale  (Kleie),  wie  sie  in  feinem  Mehl  liegen. 

1.  Biittelschichtzellen :     2.   Qaerzellenj     3.  Schlauchsellen ;     4.  n.   5.   braune 

(Samen)- Haut  ;   7.  Kleberzellenschichte. 

der  Querzellen,  so  dass  deren  Verlauf  ein  geradliniger 
wird  und  ihr  Lumen  sich  ziemlich  verkleinert.  Ist  das 
Gegentheil  der  Fall  und  das  Korn  nicht  gut  ausgefüllt, 
dann  sind  die  Zellen  kürzer  und  grosslumiger,  „sie  ge- 
währen am  Querschnitte  das  seitliche  Bild  einer  sich 
vorwärtsbewegenden  Schlange  und  berühren  nur  mit  einem 
Theile  ihrer  Wände  die  benachbarten  Schichten;  die 
Zwischenräume  unterhalb  derselben  füllen  die  Schlauch- 
zellen aus,  die  im  Querschnitte  rundlich  erscheinen  und 
senkreöht  auf  die  Querzellen  verlaufen"  i).  —  Die  hyaline 
Zellßchichte  (Epidermis  des  Knospenkernes),  hat  nur  sehr 
undeutliche  Lumina.  Die  Kleberschichte  (Fig.  4,  7)  be- 
sitzt eine  Zellreihe,  das  Endosperm  führt  Stärke  (siehe 
den  Abschnitt  „Roggenstärke").  Unter  der  tief  in  das 
Innere   reichenden  Furche   liegt   das  Gefässbündel,    das 

^)  Kudelka,  1.  c.  p.  5  u.  6 


—     24     — 

oben  gelblich,  in  der  mittleren  Partie  rothbraun  gefärbt  ist; 
hier  reiht  sich  die  Kleberzellschichte  nicht  mehr  dicht  an, 
sondern  bildet  zwischen  sich  und  Gefassbündel  eine  grosse 
mit  Luft  erfüllte  Lücke,  die  der  Roggenfrucht  eigenthümlich 
ist  und  oft  schon  mit  freiem  Auge  gesehen  werden  kann, 
lieber  die  chemische  Zusammensetzung  giebt 
König,  L  c.  p.  278,  folgende  Procentgehalte  an: 

15.26,  11.43,  1.71,  0.95,  4.88,  62,00,  2.01,  1.77 
Die  Proteinsubstanzen  des  Boggens  bestehen  aus  Al- 
bumin, Mucedin,  und  Gluten-Casein.  Der  Kleber  lässt 
sich  aus  dem  Boggenmehl  nicht  abscheiden.  Die  Asche 
von  Winterroggenkörnem  ist  nach  E.  Wolff  zusammen- 
gesetzt aus  (in  Procenten): 

Illllllll 

3r47,    1.70,    2.63,    11*54,    1.63,    46T93,    1.10,    1.88,    0.61 
Das  specifische  Gewicht  ist  1.33 —1.58,  1  Hektoliter 
wiegt  durchschnittlich  70  kg  (häufig  72.75  kg),  schlechte 
Qualitäten  sinken  bis  64  kg. 

Die  Beschreibung  des  Boggenkornes  giebt  zugleich 
die  Merkmale  einer  guten  Waare  an;  dass  schwarze  oder 
überhaupt  dunkelgefärbte  mehligbestaubte  und  einge- 
schrumpfte (unreif  geemtete)  Kömer  eine  schlechte  Waare 
darstellen,  ist  daher  einleuchtend.  Die  meisten  in 
Handel  kommenden  Sorten  sind  durch  die  Samen 
verschiedener  Unkräuter  verunreinigt  und  dies  oft 
in  einem  so  hohen  Grade,  dass  das  Mehl  und  aas  daraus  ver- 
fertigte Brod  eine  charakteristische  Färbung  (röthlich,  vio- 
lett) erhalten.  Ich  habe  Boggensorten  untersucht,  bei  denen 
in  Stichproben  auf  je  100  Boggenkörner  20 — 30  ünkraut- 
samen  fielen.  Als  solche  sind  anzuführen:  Kornrade  (^^ro- 
stemma  Gähago  h.)  Wachtelweizen  (Melampyrum  in  verschie- 
denen Arten),  Klappertopf  [Älectorobphus  {Bhmanthua)  in  3 
Arten]^  Taume^lolch  {LoUum  temukrUum  L.),  behaarte  Wicke 
(Ermm  hirsuiurn)^  Vogel wicke  (Ftcia  Cracca  L.),  Platterbse 
(LathyrusJ,  Getreidetrespe  (Bromua  secaUnus)  u.  a.  —  Die 
häufigsten   sind   die  Kornrade,   der  Wachtelweizen 


—    25     — 


a 

Kornrade.    %.  bedeutend 

TergrOteert ;  b.  in  nfttttr- 

lioher  Grösse.    Nach 

Kobbe. 


und  die  Wicken.  Da  die  Inhaltsstoffe  der  beiden  ersteren 
verdächtig  sind  und  ihr  Genuss  für  die  menschliche  Ge- 
sundheit nachteilig  zu  sein   scheint^),  Fig.6.  sameTonAgro- 

•I         •        «i         o  atemma  Gitbago  L., 

so  mag  es  passend  sein,  ihre  Samen  zu 
beschreiben.  Der  Same  der  Kornrade 
(Figur  5,  a,  b)  fallt  sofort  durch  seine 
(im  reifen  Zustande)  tiefschwarze  oder 
schwarzbraune  Farbe  auf;  sein  grösster 
Längendurchmesser  beträgt  !2— 2.5mm, 
er  ist  plattrundlich  und  bildefc  eine  ein- 
zige schneckenförmige  Windung,  sodass 
der  (auffällig  breite)  Rücken  convex  er- 
scheint; besonders  bezeichnend  sind  die 
schon  mit  freiem  Auge,  (deutlicher  aber  mit  der  Lupe)  sicht- 
baren kegel-  oder  warzenförmigen  Erhebungen  der  Ober- 
haut, welche  auf  parallel  mit  der  Samenwindung  laufenden 
Riefen  oder  Leisten  gestellt  sind.  Der  Samenkern  ist  rein 
weiss  und  enthält  höchst  eigenthümliche  wurstartige  Stärke- 
körper (Fig.  6,  a,  b),  die  mikroskop.  leicht  nachgewiesen 

werden   kÖn-  Figur  e.    SUrke  aus  dem  Samen  der  Kornrade. 

nen.  —  Die 

Samen  des 
Ackerwach- 
telweizens, 

der  auf  den 
Wurzeln  der 

Cerealien 
schmarotzt,  ist 
länglich,  glatt, 

über  4  mm 

lang,  braun 

gefärbt  und 

besitzt  eine  wulstige  Erhabenheit  in  der  Nabelgegend. 
Sein  Gewebe  ist  durch  grosse,  ölreiche  stärkefreie  Zellen 
ausgezeichnet.  Die  Poren  der  dicken  Zellwände  sind  auf- 
fallend gross  und  rund  (Fig.  7,  w).  —  Die  Klappertopf- 
samen sind  leicht  an  ihrem  Flügel  erkennbar,  der  bei 
dem  kleinen  (A,  mtiior). und  gemeinen  {A.  major)  Klapper- 


a.  wnrstartige  Stftrkekörper  von  freien  Stärkekörnohen 
nmgeben;  b.  Formen  der  StftrkekOxper. 


*)  ülb rieht  (Landwirthscli.  Versuchsstationen  1876  XIX.  p.  53) 
wies  die  Giftigkeit  der  Agrostemma  auf  das  Bestimmteste  nach. 


~    26    — 


topf  den  flachen  unregelmässig   nierenförmigen   Samen 
einsäumt,  bei  dem  Feldklappertopf  aber  nur  rudimentär 
bleibt.   —  Eiüe   bedeutende  Sclunälerung  des  Ertrages 
Figur  7  (nach  t.  ^ 0 h n •  1).  kauu durchdasam Rog- 

^     ^       gen    ziemlich    häufige 
S^Of»  BS     Auftreten  des  Mutter- 
^^/ii/T^i    kornpilzes    (Clavioeps 
M  ^       purpurea    Tul.)  hervor- 
i  v^      gerufen   werden.     Der 
'^         Pilz  befällt  in  seinem 
ersten  Stadium  (als 
Sphacelia   aegetum   be- 
sehrieben) den  Frucht- 
knoten der  Roggenblüte 

unter  Absonderung 

eines  süssen  Saftes  und 

Abschnürung  von 

Fortpflanzungs- 

keimen;  im  zweiten 

^     ^    ^    «.  -    ,    .  ^, ,       Stadium  bildet  er  einen 

w.  Gewebe  der  Waohtelweiaeneamen  (Melam-  •-'•^*^  m»ai«/i/  «j.  ^*ix^*a 
pjrnm  arvense) ;  m.  Gewebe  des  MuUerkornei  walZilClien  nomiormig 
■pl.  Sporen  von  Tilletia  laevis,  ipe  8p.  v.  Till.  ^^u^;;^.^i.-.„  „-, J  ^iZ, 
oaries  Schmierbrand;  1.  Bacterien  und  Schim-  gekrümmten    UUd     Wie 

meipiiisporen.  Hom    schueidbaren, 

längsgefurchten,  dunkelbraunvioletten  Körper  von  süss- 
lichem  Geschmack  mit  giftigen  Inhaltsstoffen,  die  in 
der  Heilkunde  Anwendung  finden.  Mitunter  tritt  das 
Mutterkorn  so  massenhaft  auf,  dass  jede  Roggenähre 
mehrere  solcher  Gebilde  trägt  und  das  ganze  Feld  damit 
inficirt  ist  i).  —  Rost-  und  Brandpilze  sind  ebenfalls  ver- 
derbliche Parasiten  des  Roggens  (Fig.  7,  spl.  spc).  — 
Das  Roggenkorn  dient  ausser  zur  Mehlbereitung  noch  zur 
Fabrikation  des  Kombranntweins  und  des  Alkohols,  — 

Über  Aussaat,  Ertrag  u.  s.w.  orieutirt  nach  Frank: 
nachstehende  Tabelle:  (Meyers  Conv.  -  Lex.,  IIL  Aufl. 
13.  Bd.  p.  719). 

(Siehe  Tabelle  auf  Seite  27). 

Die  wichtigsten  Roggenmärkte  sind  fiir  den  Nor- 
den die  Ostseehäfen  Königsberg,  Danzig,  Stettin,  femer 
Petersburg,  Riga,  Archangel,  im  Süden  Triest,  Kertsch  und 

^)  Über  den  Nachweis  des  Mutterkornes   im  Mehl  siehe  den 
Artikel  „Mahlprodacte^^ 


—    27    — 


Boggtti. 

AoBOttt  auf  1  Hektur. 

Ertrag  von 
1  Hektar. 

4 

Jahre. 

Woch. 

Ein 
Scheffel 

breitwfiifig. 

gedriUt 

Kömer 

Stroh. 

wiegt 

Scheit 

Kilogr. 

SekefL 

Kilogr. 

Seheff. 

Kilogr. 

Küogr. 

Winter- 

roggen 

(Standen). 

S.2 

biB 

4.3 

117 
bis 
157 

2.0 
bis 
3.2 

78 
bis 
118 

— 

— 

— 

— 

— 

Winter- 
roggen 
(Probstoier). 

4.3 
bis 
4.7 

157 
bis 
172 

3.2 
bis 
4.3 

118 
bis 
157 

34 
bis 
51 

3916 

bis 

7832 

2 

40 
bis 
46 

86.4 

Sommer- 
roggen. 

4.7 

bis 
5.8 

172 
bis 
215 

4.3 
bis 
4.7 

157 
bis 
172 

22 
bis 
34 

1566 

bis 

2987 

2 

bis 
20 

31.85 

Odessa. 

Die 

Prod 

iuetio 

ns-V< 

erhält] 

ttisse 

sind 

nach    den 

Es 


„Uebersichten  von  Neumann- Spallart"  folgende 
produciren 

.     _  HitU.  Froductioa :  Prodnot.  i.  ntaest  Zeit 

A.  Europa.    . 


(Millionen  Hektoliter). 


Russland 255.8  . 

Deutsches  Reich 88.8  .  . 

Frankreich  ........  26.3  .  . 

Oesterreich-Ungarn   .  .  .  40.2 . 

Grosbritannien  u.  Irland  0.6  . 

Italien (4.8)? 

Spanien 11.6  . 

Untere  Donauländer    .  .  6.4  . 

Dänemark 4.7  . 

Schweden 6.8. 

Belgien   , 6.0 . 

Niederlande    3.5 . 

Portugal 2.3  .  , 

Norwegen 0.3 . 


(1879) 


Summa:  458.1 

B.  Ausser  -  Europa : 
Vereinigte   Staaten   von 

Nordamerika 6.7 . 

Canada OA  . 


199.8 
76.4 
19.2      „ 

31.5  „ 
0.6?    ,, 

?(4.8)(1876) 

11.6  ? 
5.5  (1876) 
4.9  (1879) 
6.8 
5.6 
3.5 
2.2 
0.4 

172^ 


(1878) 

(1877) 
(1875) 


7.9 
2.5 


Summa:  7.1 


10.4 


—     28     — 

Mithin  beträgt  die  Gesammtproduction  auf  der  ganzen 
Erde  durchschnittlich  465  000  000  Hektoliter.  —  In 
Frankreich  ist  die  dem  Roggenbau  gewidmete  Boden- 
fläche 1  848  000  Hektaren  gross,  daher  bei  einem  Ertrag 
von  19200000  Hektoliter  der  durchschnittliche  Ertrag 
per  Hektar  für  1879  10.67,  für  1880  13.7  Hektoliter.  Im 
deutschen  Reich  beträgt  die  Anbaufläche  5  928  769  Hek- 
taren, Preussen,  Baiem,  Sachsen  und  Mecklenburg- 
Schwerin  participiren  am  hervorragendsten;  eingeführt 
wurden  im  Jahre  1880  13  791  000  ZoU-Ctr. 


3.  Gerste. 

Während  Roggen  und  Weizen  die  vornehmsten  Brod- 
früchte Europas  darstellen,  war  es  der  Gerste  vorbehalten, 
durch  Verarbeitung  zu  Malz  und  Bier  eine  gar  gewaltige 
Bedeutung  im  Welthandel  zu  erringen.  Gerstenmehl  ist 
für  Mittel-  und  Südeuropa  ein  seltener,  für  Irland,  Schott- 
land, Norwegen  und  Schweden  ein  gewöhnlicher  ArtikeL 
Sonst  aber  wird  Gerste  viel  zu  „Graupen"  (Perlgraupen, 
enthülst  und  abgerundet),  in  gebranntem  und  verkleiner- 
tem Zustande  als  Gerstenkaffee  (Thüringer  Gesundheits- 
kaffee), auch  medicinisch  als  Zusatz  zu  Species  pecto- 
rales  (Brustthee)  u.  s.  w.  verwendet.  Wildwachsend  kommt 
die  zweizeilige  (jerste  in  Vorderasien  (Kaukasus,  Persien) 
vor;  als  älteste  Getreidefrucht  wurde  sie  von  den  semi- 
tischen Völkern  des  Alterthums  cultivirt  und  über  Aegypten 
nach  Europa  gebracht.  Von  den  Römern  wurde  schlechtes 
Brod  (für  in  Strafe  befindliche  Soldaten)  daraus  bereitet 
und  die  Pferde  mit  Gerste  gefüttert.  Uralt  ist  die  Be- 
reitung eines  Gerstenbieres,  dem  schon  unsere  Vorfahren 
besonders  zugethan  gewesen. 

Die  cultivirte  Gerste  tritt  in  4  Arten  mit  vielen 
Varietäten  auf;  die  wichtigsten  enthält  folgende  Zusam- 
menstellung : 


—    29 


Art: 

1.    Hordeam    TBlgare   L. 

GemeiM  G«nte 

Tierseilige  Gente. 

Je  3  Ahrchen   stehoi  beisam- 

men,  jedes  ist  fincMlAr 
(swittrig) ;  die  Aehrcha  hSkägm 
6  Reüieii,  wotob  aber  2  gogea- 
ständige  an  die  tS^undel  ange- 

druckt  sind,  die  4  übrigen 
seitlicli  abstehen  (daher  Tier- 
leUig). 


Varietäten  and  Formen: 

m.  Winter  gerate;  Perl-,  Biren-Qecsto. 
Betteraa  („rettot  da  Mann^*  durch  leiUget 
Beifwerden  bei  hohen  Getreidepreisen);  be- 
schalt, gelb  oder  schwmn,  klein,  dient  nicht 
'inr  Malabereitnng. 

b.  Sommer-  Sand-,  Spit-,  Zeilengerstc, 
beschält,  mit  groaaem  weisslichem  Korne; 
in  Beotschland  gemein, 
c  Himmels-,  Himalaya-  walachische  Gerste, 
DaTidskcm,  Aegyptisches  Korn  (H.  nndam) 
Naekt-Gerste  im  Sttden,  im  Oriente  gebaat; 
die  reifen  Körner  fallen  wie  beim  Weizen 
ans. 

d.  Dreigespitzte,  Büschel-,  Gabelgerste 
(EL  trifiircatara),  grannenlos,  die  Spelaen  tragen 
S  klone  (Gabel-)  ^tien. 


8.  Hordenm  hexastichon 

L.  Gaeilige  Gerste; 
jedes  der  3  Aehrchen  ist  firncht- 
bar,  alle  sind  gleichförmig  an- 
gOOTdnet,  bilden  daher  6  deut- 
liche Beihen  (Zeilen). 

3.  Hordenm  distichum  L. 
2seilige,  grosse  Früh- 
gerste; je  3  Aehrchen  stehen 

beisammen,  aber  nur  das 
mittlere  ist  fruchtbar, 
mit  aufrechter  Granne ;  die  seit- 
lichen sind  schmal,  ohne  Gran- 
nen; daher  nur  zwei  Zeilen 
bildend.    Besonders  in  Bayern 

und  Österreich  gebaut,  und 
allen  anderen,  angeblich  wegen 

besonders  herrorragender 

suckerbildender  Eigenschaften 

Torgezogen. 

4.  Hordenm  zeocriton  L. 
Pfauen-,  Bart-,  Fächer-,  Beis-, 
Dinkel-,  Wucher-,  Biemen-, 
türkische  Gerste.     Die  Chran- 

nen  stehen  fächerförmig  ab. 


In  Deutschland  als  Sommer&ucht  seit  300 
Jahren  angebaut 


a.  Grosse  2zeilige,  Kaffee-,  Sgyptische 
Gerste  (H.  d.  nudum).  Die  Komer  fallen  ans ; 
selten  gebaut 

b.  Gemeine  2seilige,  nickende  Gerste 
(H.  d.  nutans)  (MSrs-Ctorste) ;  als  Sommer- 
frucht, yorzüglich  su  Mals;  Kömer  beschalt, 
Ähre  nickend. 

c  Kurse,  Spiegel-,  Chevalier-,  aufrechte 
Gerste  (H.  d.  erectum),  Ähre  kurs  breit, 
Körner  in  doi  Speisen  bleibend. 


Als  Sommerfrucht,  nur  für  Südeuropa  von 
Bedeutung. 


Die  beschalte,  d.  h.  die  von  ihren  Spelzen  einge- 
hüllte und  mit  diesen  zum  Theile  verwachsene  Frucht  der 
gemeinen  Gerste  ist  ffegen  1  cm  lang  und  an  der  brei- 
testen Stelle  (gewöhnlich  die  Mitte)  3 — 4  mm  breit,  ellip- 
tisch, nach  beiden  Enden  sich  verjüngend,  auf  der  Bück- 


—     30     — 


Seite  flach  oder  sehr  schwach  convex;  mit  einer  scharfen 
Rippe  in  der  Längsmitte;  diese  und  die  etwas  schärf- 
lichen seitlichen  Rückenbegrenzungen  (Ränder)  nebst  zahl- 
reichen Runzeln  machen  den  Rucken  kantig,  im  Gegen- 
satze zum  Hafer,  dessen  Rücken  glatt  und  walzlich  ist. 
Die  Bauchfläche  ist  gewölbt,  zeigt  eine  nach  oben  zu  sich 
meist  verbreiternde  Längsrinne;  die  oft  sehr  eigenthüm-^ 
liehe  Runzelung  —  senkrecht  auf  die  Längsaxe  des 
Kornes  —  findet  sich  fast  nur  auf  der  oberen  Fracht- 
hälfte, während  der  basale  Theil  zumeist  glatt  ist.  Der 
Querschnitt  zeigt  ein  zusammengedrücktes  mit  breiter 
Basis  versehenes  Sechseck  als  Umriss.  —  Glänzendstroh- 
gelbe Farbe,  eine  weisse  (auch  glasige)  kömigfeste  Bruch- 
fläche, gleiche  Grösse  und  Schwere  der  einzelnen  Körner 
kennzeichnen  die  Vollreife  und  die  gute  Waare;  fehlerhaft 
sind  ungleichförmig  entwickelte,  flache,  graue  oder  grün- 
liche Körner  und  insbesondere  solche,  die  schon  gekeimt 
haben,  was  am  besten  aus  dem  Mangel  an  Stärkekömem 
ersehen  werden  kann,  da  diese  schon  in  Assimilations- 
stoffe sich  umgesetzt  haben;  der  Scheitel  erscheint  dann 
plattgedrückt  und  leer. 

Figur  8.    Partie  eines  Querschnittes  der  Oerstenfruoht. 


o  cutioularisirte  Oberhaut  der  Spelze ;  f  Fasersohichte  ;  p  Farenohymsohiohta 
der  Spelze:  o'  Oberhaut  der  Frucht;  m  Mittelschicht;  q  zweireihige  Quer* 
zeUenschicht ;  h  hyaline  Schicht;  kl  Kleberzellenschioht;  die  verschiedenen 
Schichten  sind  erst  nach  Iftngerer  Behandlung  mit  Kali  sichtbar;  die  Mittel- 
schicht ist  nur  schematisch  angedeutet,  en  Eiweisszellen,  die  Stärke  in  den- 
selben ist  nicht  gezeichnet. 

Die  äusserste  Hülle  bildet  die  Spelze.  Diese  besteht 
aus  einer  cuticularisirten  Oberhaut  (Figur  8  o),  aus 
einer  Faser-  und  einer  Parenchymschichte  (Fig.  8,  f.  p.). 


—     31     — 


Höchst  charakteristisch  sind  die  Oberhautzellen  gebaut; 
sie  sind  in  der  Mehrzahl  langgestreckt,  wellenrandig, 
buchtig  und  stark  verdickt  (Fig.  8  u.  9  o)  d.  h.,  ihre  Wände 
sind  wellenförmig  hin-  und  hergebogen;  an  den  schmalen 
Enden  dieser  Zellen  befinden  sich  häufig  viel  kleinere 
rundlich  -  viereckige  und  halbmondförmige  Zellen,  soge- 
nannte Kurzzellen  (auch  Kieselzellen  genanntkiu.ki^,  eben- 
falls mit  starken  porösen  Verdickungen  versehen,  die  durch 
Ealigoldgelb  gefärbt  werden;  mitunter  trägt  die  Ober« 
haut  auch  kurze  einzellige  Haare.  Die  Faserschichte  der 
Spelze  (Fig.  8  u.  9)  enthält  sehr  dickwandige  walzlich- 
runde  starre  Faserzellen,  die  parallel  zur  Längsaxe  liegen, 
und  in  ihrer  Anzahl  abwechseln;  stellenweise  sind  nur 
2 — 3  Reihen,  häufig  aber  mehr  entwickelt.  In  dem  paren- 
chymatischen  Theile  der  Spelze,  dessen  Zellen  durch  Kali 
sehr  deutlich  aufquellen,  verlaufen  10  Gefässbündel.  Pilz- 
sporen finden  sich  darin  nicht  selten  (pi).  An  der  nun 
folgenden  Fruchthaut  (Fig.  8  oO  lässt  sich  eine  Oberiiaut 
mit  Härchen  und  Spaltöffnungen  (am  Querschnitte  schwer, 

ITigar  9.    Oewebstbeile  ätu  Oentenrnthles  (Oerstenkaffee's). 


0  OberhAotzeUen  der  Spelze  von  der  FlSobe  geiehen;  ki  rnndliclie  Kiesel- 
seilen:  ki' halbmondförmige  Kurzzellen j  q  Querzellen;  f  Faseraellen  der 
Spelze  mit  daran  liegenden  Pilzeporen  pi ;  kl  Kleberzellen  (von  der  PUche). 


—     32    — 

am  Tangentialschnitte  oder  im  Mehle  leichter),  ein  Paren- 
chym  als  Mittelschicht  (Fig.  8  m  mit  strioheligeu  Lumina) 
und  eine  aus  zwei  Zelllagen  gebildete  Querzellenschicht 
(Fig.  8  u.  9,  q)  nachweisen;  die  Zellen  der  inneren  Epi- 
dermis haben  keine  auffallende  schlauchförmige  Entwick- 
lung, aber  grössere  Lumina;  der  Rest  d^s  Enospenkemes, 
die  hyaline  Schichte  ist  als  schmaler  Streifen  recht  gut 
bemerkbar  und  erscheint  optisch  röthlich.  Die  Kleber- 
schichte  besteht  aus  2 — 4,  meistens  aus  3  (Fig.  8  u.  9  kl) 
radialgestellten  Reihen;  die  Lagerung  ist  aber  oft  sehr 
unregelmässig,  daher  die  Grösse  der  Zellen  variabel  (ra- 
diale Entwicklung  0.026—0.04,  Breite  O.Ol— 0.02mm).  Am 
Schildchen  ist  die  Kleberschichte  nur  einreihig  und  fehlt 
dort,  wo  sie  an  den  Embryo  zu  liegen  käme,  gänzlich  ^) ; 
unter  der  seichten  Furche  zieht  das  Gefössbündel;  das  Ei- 
weissgewebe  führt  in  polyedrischen  Zellen  Stärke,  über  die 
in  dem  betreffenden  Abschnitte  nachzusehen  ist.  '—  Der 
anatomische  Unterschied  der  nicht  beschälten,  aus  den 
Spelzen  fallenden  Körner  liegt  in  den  weit  grösseren 
Zell  -  Lichten ,  welche  die  parenchymatischen  Zellen  be- 
sitzen, da  der  starke  Spelzendruck  bei  der  Entwicklung 
und  Austrocknung  fehlte.  —  Glasige  Körner  enthalten 
zwischen  den  Stärkekörnern  eine  stickstoffhaltige  Substanz, 
mehlige  dagegen  nur  Lufträume.  Die  Ursache  dieser  ver- 
schiedenen Entwicklung  ist  im  Saatgute  selbst,  aber  auch 
in  dem  Einflüsse  des  Bodens  und  des  Düngers  zu  suchen. 
So  soll  nach  Grönlund  (Bot.  Centralbl.  L  p.  146)  Chili- 
salpeterdüngung reichlich  Glaskömer  hervorbringen.  — 
Das  Gerstenkorn  enthält  nach  König  ^)  folgende 
Bestandtheile  (in  Procenten): 

Wasser:       l^jj^f'        '««••         Zackfif:    Dextrin  etc.:    StÄrke:       Holifaser:     Asche: 

13.78  11.16  2.12  1.56  1.70  62.25  4.80  2.63 
Boden  und  Lage  bestimmen  den  Gehalt.  Als  Protein- 
substanzen werden  Gluten-Casein,  Glutenfibrin,  Mucedin 
und  Eiweiss  (wie  beim  Weizen,  mit  Ausnahme  von  Glia- 
din)  angeführt.  —  Die  Oberhaut  und  die  Faserschichte 
der  Spelze  ist  sehr  reich  an  Kieselsäure,  die  daher  in 
der  Asche  in  hohem  Procentsatze  erscheint;  die  Asche  ist 
folgendermaassen  zusammengesetzt  (in  Procenten): 

^)  Kudelka,  1.  c.  11.  —  *)  1,  c.  II.  p.  280. 


—    33     — 


s> 


20.15     2.53    2.60    8.62    0.97    34.68     1.69     27.54    0.93 
Den  Ertrag  etc.  lehrt  nach  Frank  folgende  Tabelle: 


Aassat  auf  1  Hektar. 

Ertrag  yon 
1  HektoUter. 

Jahre 

Woch 

IT 

Gerste. 

breitwürfig 

gedrillt 

Kdmer 

Stroh 

SchefE: 

Küogr. 

Scheflf.Kilogr. 

Scheff. 

Kilogr. 

Küogr. 

Zwei- 
seitige 

4.7 
bis 
5.8 

153 

bis 
192 

4.8 
bis 
5.4 

137 
bis 
170 

48 

bis 
69 

1566 
bis 
2740 

2 

16 
bis 
18 

31.85 

Vier- 
zeilige 

5.4 
bis 
6.5 

157 
bis 
192 

4.7 
bis 
5.8 

141 
bis 
170 

34 

bis 
60 

1175 

bis 

2350 

2 

12 
bis 
14 

29.12 

Winter- 
gerste 

4.7 
bis 
5.8 

137 
bis 
168 

4.3 
bis 
5.4 

125 
bis 
157 

69 
bis 
103 

1958 

bis 

2937 

2 

40 
bis 
44 

29.12 

üeber  die  Gerötenproduction  auf  der  Erde  sprechen 
folgende  Angaben  nach  v.  Neumann-Spallart: 

riipnno-  UitiL  Product         Prod.  i.  neuest  Zeit 

"^"'^"P^"  (MiUionen  HektoUter). 

Bussland 50.0 44.4     (1879) 

Deutsches  Reich 35.6 32.6  „ 

Frankreich 20.2  . 16.2  „ 

Oesterreich-Üngam  ....  26.3 22.8 

Grossbritannien  u.  Irland  32.9 34.0? 

Italien (4.8)?  ......   (4.8)? 

Spanien .  27.8 27,8 

Untere  Donauländer  .  .  .  13.5 16.1 

Dänemark 6.9 7.1 

Schweden 5.0  ......  .    5.1 

Belgien .     1.5 1.3 

Niederlande 1.6 1.4 

Portugal 0.6 0.1 

Norwegen 1.6 1.6 

Griechenland 0.6  . 0.8 


(1876) 

(1876) 
(1879) 

(1878) 

(1877) 
(1875) 


Ha 


Summa:  228.9  216.1 

i  a  u  8  e  k  ,  Nahrangs-  u.  Genussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.   3 


—     34    — 

B.  Ausser-Europa: 

Vereinigte  Staaten  von 

Nordamerika    ....  1*1.9 13.4   (1879) 

Canada 4.2 ? 

Australien  ........    0.6  ......  .     0.6   (1878—79) 

Aegypten 3.9 0.9?  (1879) 

Chile 1.2 0.8? 

Algier 16.5 7.7    (1877) 

Japan ,  18.0  .  >  .  ....  18.0    (1874) 

Zusammen:  56.3  Mill.  hl        ITT  Mill.  hl 

auf  der  ganzen  Erde  im  Mittel  285  200  000  Hektol. 
in  neuester  Zeit .  257  500  000       „ 

An  der  bedeutenden  Menge,  die  das  deutsche  Reich 
producirt,  nehmen  Preussen  und  Baiern  den  grössten 
Antheil;  ersteres  mit  1  045  992,  Baiern  mit  406  607  Tonnen 
(eine  Tonne  zu  1000  kg);  dann  folgen  Württemberg  mit 
120  081,  Baden  mit  75  915,  Elsass-Lothringen  mit  69  208, 
Sachsen  mit  53  119  Tonnen. 

Der  von  Jahr  zu  Jahr  sich  steigernde  Bierconsum  und 
der  grossartige  Aufschwung,  den  gegenwärtig  die  Bier- 
brauerei gewonnen,  erklären  leicht  die  enorme  Höhe  der 
Gerstenproduction.  So  ist  beispielsweise  Grossbritannien 
trotz  des  grossen  Ernteerträgnisses  gezwungen,  aus  allen 
Ländern  Europas  und  selbst  aus  Amerika  Gerste  mit 
einem  Geldaufwande  von  5  Millionen  Pfund  Sterling  ein- 
zuführen ;  den  hervorragendsten  Antheil  an  dieser  Einfuhr 
nehmen  Russland,  Dänemark  und  insbesondere  das  deutsche 
Reich.  — 

Obwohl  es  nicht  in  der  Tendenz  dieser  Arbeit  ge- 
legen, über  die  Verarbeitung  der  Pflanzenrohstoffe  sich 
des  Ausführlichen  zu  verbreiten,  da  dies  der  Technologie 
anheimfällt,  so  dürfen  doch  nicht  jene  Angaben  vermisst 
werden,  welche  mindestens  zur  Orientirung  des  ganzen 
organischen  Processes,  den  die  Inhaltsstoffe  der  Gerste 
bei  der  Malzbereitung  diffchlaufen,  dienen  *).  Die  Ueber- 
führung    der    Gerste    in    Malz    ist    ein    unterbrochener 


*)  Von  der  sehr  reichhaltigen  Literatur  sei  nur  erwähnt: 
Ph.  Heise,  die  Bierbrauerei^  7.  Auflage  bearb.  v.  Emil  Leyser 
1880;   —   Josef  Bersch,  die  Fabrikation  von  Malz  etc.   Berlin 


—    35    — 

EeixnuDgsprocess.  Dieser  stellt  die  erste  Vegetations- 
periode der  Pflanze  vor,  in  welcher  die  in  den  Samen 
aufgespeicherten  Nabrungsstoffe  für  die  ersten  Wachs- 
thumsenergieen  des  Keimlings  verwendet  werden,  bis  sie 
erschöpft,  d.  h.  verbraucht  sind,  worauf  dann  aber  auch 
die  junge  Pflanze  schon  die  Fähigkeit  besitzen  muss,  mit 
den  entwickelten  Organen  den  —  Wurzeln  und  Blättern  — 
die  Nahrung  den  Medioa  zu  entnehmen,  in  denen  sie  lebt 
und  die  anorganischen  Stoffe,  die  ihr  zur  Verfügung 
stehen,  in  organische  Materie  umzuwandeln.  Durch  den 
Keimungsprocess,  der  durch  das  Einweichen  oder  Ein- 
quellen der  Gerste  eingeleitet  wird,  werden  Kleber  und 
Stärke  theilweise  in  lösliche  Substanzen  übergeführt, 
ersterer  in  sogenannte  Fermente,  (Diastase,  Peptase),  letz- 
tere (und  zwar  mit  Hilfe  der  Fermente)  in  Dextrin  und 
Maltose  (Malzzucker)  umgewandelt;  zugleich  wird  Kohlen- 
säure ausgeschieden.  Die  eingeweichte  Gerste  wird  in 
Malztennen  (oder  „Wachskellern'')  in  Haufen  geschichtet 
und  10 — 16  Tage  daselbst  belassen;  sie  erfahrt  dabei 
eine  Temperaturerhöhung  bis  IQo  über  die  Temperatur 
der  Umgebung.  Hat  die  zuckerbildende  Kraft  der  Gerste 
ihr  Maximum  erreicht,  so  wird  durch  schnelles  Entziehen 
der  Wärme  und  Feuchtigkeit  der  Keim  getödtet  (Trocken- 
boden, Schwelkboden),  die  chemische  Beschaffenheit  je- 
doch dadurch  nicht  verändert.  Zur  Bereitung  der  Bier- 
würze wird  das  Malz  geschrotet,  (verkleinert),  gemaischt, 
d.  h.  mit  Wasser  von  höherer  Temperatur  versetzt  (In- 
fusions*,  Decoctionsmethode),  und  auf  diese  Weise  eine 
Zucker-,  dextrin-  und  pepton-  (Stickstoff8ubstanz-)hältige 
Flüssi^eit  erhalten^),  die  nun  gekocht  und  mit  Hopfen 
versetzt  wird.  Durch  Zusatz  der  Hefe,  eines  Pilzes,  geräth 
die  Flüssigkeit  in  Gährung,  indem  durch  die  Hefe  die 
Maltose  in  Alkohol  und  Kohlensäure  zerlegt  wird.  Das 
Bier  ist  gegenwärtig  ein  hochwichtiges  Object  des  Gross- 


1880.  Eine  treffliche  ZusammeDstellung  des  Wissenswerthen  giebt 
R«  V.  Wagner,  Handbach  der  ehem.  Technologie  II.  Aufl.  Leipziir, 
Wigand  mo.  "K  P  K. 

*)  Erst  durch  das  Maischen  geht  die  vollständige  Verzuckerung 
der  Stärke  vor  sich.  Die  Maltose  unterscheidet  sich  von  der 
Dextrose  (Traubenzucker)  durch  ein  verschiedenes  Verhalten  gegen 
chemische  Keagentien. 

3* 


—     36    — 

handels  geworden  und  bedarf  auch  als  Nahrungsmittel 
von  internationaler  und  wirthschaftlicher  Bedeutung  der 
Obsorge  der  Behörden,  die  es  vor  Verfälschung  zu  schätzen 
berufen  sind. 

4.  Hafer. 

Obwohl  die  Gattung  -4 ve na,* Hafer,  die  wetterhär- 
teste aller  Gerealien  ist,  geht  sie  doch  nicht  so  weit 
nördlich  (bis  zu  65®  n.  B.),  als  die  Gerste,  mit  der  sie 
übrigens  die  meisten  Verbreitungsbezirke  gemein  hat; 
doch  lässt  sie  sich  in  sehr  rauhen  Gebirgsgegenden  noch 
mit  Vortheil  anbauen,  und  liefert  daselbst  auch  eine  Brod- 
frucht; grob  zerkleinerter  Hafer  heisst  „Hafergrütze", 
fein  gemahlener  und  gesiebter  „Hafergries";  Hafermehl 
scheint  wohl  kaum  Gegenstand  des  Handels  zu  sein.  In 
gemässigten  Strichen  dient  Hafer  nur  als  Pferde-  und 
Geflügelfutter.  Den  alten  Cidturvölkern  galt  er  als  Un- 
kraut, während  die  Germanen  ihn  anbauten  und  nach 
Plinius  ausschliesslich  von  ihm  lebten;  warum  er  auch 
den  Namen  Bockskraut  geführt  hat,  ist  nicht  auf- 
geklärt. 

Von  den  besprochenen  Gerealien  unterscheidet  sich 
die  Haferpflanze  durch  den  rispigen  Blütenstand  (d.  h. 
die  Aehrchen  sind  nicht  wieder  in  eine  Aehre,  sondern  in 
sogenannte  Rispen  gestellt);  von  den  cultivirten  Arten 
ist  es  besonders  der  gemeine,  Saat-  oder  Rispen- 
hafer, Ävena  sativa  X.,  der  in  zahlreichen  Formen 
auftritt.  Der  Fahnen-,  Kamm-  oder  Stangenhafer, 
A.  Orientali s^  braucht  mildes  Klima  und  hat  lichte  oder 
dunkle  Früchte  (daher  weiss-  und  schwarzkömiger  H.) 
Der  Rauch-  oder  Sandhafer,  Ä.  strigosa,  findet  sich 
mitunter  unter  dem  gemeinen  Hafer  und  wird  nur  wenig 
angebaut;  als  Formen  des  gemeinen  Hafers,  A.  satwa^ 
führen  wir  folgende  an:  1.  Gemeiner  weisser  Hafer, 
A.  8,  alba  vulgaris^  mit  und  ohne  Grannen;  2.  Früh- 
oder Augusthafer,  -4.  &  alba  prcBcox;  S.  Podolische'r 
Hafer  mit  breiten  und  kürzeren  Körnern;  4.  Doppel-, 
Klump-  oder  dreikörniger  H.,  A,  s.  alba  trisperma,  ent- 
wickelt in  jedem  Aehrchen  3  Früchte;  5.  Winterhafer, 
A.   s.   hiberna,    wird    in    England   häufig  gebaut  und  ist 


—     37     — 

eine  vorzügliche  Sorte;  6.  Goldhafer,  JL  s.  aurea,  mit 
goldgelben  Körnern;  7.  Eichel-  oder  Braun haf er,  uL  «. 
/u8ca,  mit  braunen  Körnern;  8.  Schwarzer  Berg-, 
Moo[rhafer  mit  dunklen  Kömern,  für  rauhe  Gegenden 
zu  empfehlen;  9.  Riesen  haf  er  von  Ligowo.  —  Der 
Nacktnafer,  Ävena  nuda  L.,  und  der  chinesische 
Grützhafer,  Ä.  chmensia  Fisch.,  mit  unbeschalten  Kör- 
nern liefen^  das  beste  Material  zu  Hafergrütze  und 
werden  in  Grossbritannien  cultivirt. 

Die  Frucht  des  gemeinen  Hafers  ist  von  den 
zwei  Spelzen  (die  innere  „Scheidenspelze")  eingehüllt,  aber 
nicht  mit  ihnen  verwachsen,  schmal-lanzettlich,  zugespitzt, 
etwas  walzlich;  der  Rücken  ist  glatt,  glänzend,  stark 
convex,  die  Bauchseite  etwas  flacher;  die  Frucht  ohne 
Spelzen  hat  denselben  Umriss,  ist  auf  der  Bauchseite  mit 
einer  schmalen  Rinne  versehen,  am  Scheitel  stumpf,  locker 
mit  seidigglänzenden,  weissen  Haaren  bedeckt,  der  Scheitel 
fast  zottig;  die  Länge  der  entspelzten  Frucht  beträgt  etwa 
1  cm.  Da  die  beiden  festgebauten  Spelzen  ohnedies  den 
hauptsächlichen  Antheil  an  der  Umhüllung  und  dem  Schutze 
der  Frucht  übernehmen,  so  ist  einleuchtend,  dass  die 
Frucht-Samenhaut  nur  sehr  schwach  entwickelt  ist.  Die 
Spelze  des  Hafers  besitzt  eine  cuticularisirte  Epidermis 
mit  parallel  zur  Längsaze  gestreckten  und  getüpfelten 
Zellen,  deren  Wandungen  in  das  Lumen  streckenweise 
eingestülpt  sind,  ferner  eine  4  —  7  reihige  Schicht  dick- 
wandiger Faserzellen,  eine  Parenchymschicht  und  eine 
zweireihige  Epidermis  der  Innenseite.  Die  Fruchtsame  n- 
haut  besitzt  eine  Epidermis  und  eine  aus  zwei  Zelllagen 
gebildete  Mittelschicht;  die  Epidermis  trägt  zahlreiche 
langzugespitzte  und  dickwandige  Haare.  Querzellenschicht 
und  hyaline  Schicht  fehlen  gänzlich,  doch  ist  eine  Samen- 
haut vorhanden  mit  zwei  sich  unter  einem  fast  rechten 
Winkel  kreuzenden  Zelllagen,  von  denen  die  obere  in 
Kali  sich  gelblichgrün  färbt.  (Kudelka,  1.  c.  p.  12).  Die 
Kleberzellschicht  ist  gewöhnlich  einfach,  mitunter  doppelt, 
ihre  Zellen  sind  auffallend  radial  gestreckt  (Tiefendurchm. 
0.05-28—0.066  mm,  Breitendurchm.  0,0352—0.0446  mm, 
nach  Vogl).  (üeber  die  Stärke  des  Eiweisses  siehe  den 
betreffenden  Abschnitt).  Das  specifische  Gewicht  der 
Frucht  beträgt  1.28-1.42. 


—    38 


Nach   König   ist  die   chemische   Zusammensetzung 
folgende  (in  %): 


SÜeiutoff- 


Wasser: 

SubsUtti: 

Fett: 

Zieker: 

12.92 

11.73 

6.0t 

2.22 

die  der  Asche 

, 

1 

i 

2.04    .51.17      10.83      3.05 


£  «S  M  w 

16.38     2.24     3.73    7.06     0.67    23.02     1.36     44.33     0.58 

Die  Stickstofifsuhstanz  enthält  Pflanzenleim  und  Pflan- 
zencasein,  welches  wie  das  Legumin  zusammengesetzt  ist, 
infolge  dessen  der  Hafer  den  Hülsenfrüchten  sehr  nahe 
steht.  (Haferhrod  in  Norwegen,  Schweden,  Schottland, 
im  Spessart).  Die  Production  des  Hafers  auf  der  Erde 
lehrt  folgende  Zusammenstellung  nach  von  Neumann- 
Spallart: 

Mittlere  Hafer-Prodaction 

A.   Europa:  Hafer-Production*.  in  neuester  Zeit: 

(Millionen  Hektoliter). 

Russland 210.1 188.8    (1879) 

Deutsches  Reich 106.9 94.2        „ 

Frankreich 70.3 74.3         „ 

Oesterreich-Üngarn   .  .  .    42.4  .  • 44.5 

Grossbritannien  u.  Irland    62.0  (?) 62.0(?) 

Italien 7.4 

Spanien 4.5 

Unt.  Donauländer  ....      3.0 

Dänemark 9.7 

Schweden 15.7 

Belgien 7.8 

Niederlande 4.1 

Portugal 0.4 

Norwegen 3.2 

Summa:  547.5  52K7 


8.2 

(1876) 

4.5 

? 

3.5 

(1876) 

10.3 

(1879) 

15.6 

(    „   ) 

8.3 

(1878) 

4.0 

(  .,  .) 

0.4 

(1877) 

3.2 

(1875) 

—    39    — 


B.  Autser-Europa: 

Vereinigte  Staaten  von 

Nordamerika 

Canada    

Australien 

Algier 

110.6 

16.6  .  .  .  . 
3.1  ...  . 
0.6 

.  .  .  124.9 
.  .  .     18.7 
...      4.3 
...      0.7 

130.9  148.6 

daher  in  allen  Landern  im  Mittel  678  400  000  Hektoliter. 

5.  Mais. 
(Kukomz,  türJdsoher  Weisen,  Welschkom). 

Unter  den  zahllosen  hochwerthvoUen  Geschenken  der 
wahrlich  unerschöpflich  spendenden  Tropennatur,  den 
fabelhaft  reichen  Mineralschätzen,  und  den  köstlichen 
Pflanzenwaaren,  die  der  denkbar  fruditbarste  Boden  her- 
vorbringt und  die  glühenden  Sonnenstrahlen  zeitigen, 
fanden  die  kühnen  Seefahrer,  die  zuerst  den  Boden 
Amerikas  betraten,  eine  für  Europa  neue  Getreidepflanze, 
den  Mais  {Zea  Mays  L.)  als  uralte  Culturpflanze  ^)  vor, 
deren  Anbau  gegenwärtig  fast  in  allen  Tropenländern  und 
in  den  wärmeren  Strichen  der  gemässigten  Zone  bedeu- 
tende Bodenflächen  in  Anspruch  nimmt.  Wie  alle  Cultur- 
pflibizen,  erfreut  sich  auch  der  Mais  einer  vielßlltigen 
Variirung,  die  von  zwei  Hauptformen  (ob  Arten?),  dem 
amerikanischen  und  dem  europäischen  Mais  ausgeht. 
Einige   der  wichtigsten  sollen  hier  angeführt  werden*). 


^)  So  die  gewöhnliche  Annahme.  In  neuerer  Zeit  wurde  auf 
Grund  eines  1515  veröffentlichten  Documentes  die  Ansicht  aufge- 
stellt, Mais  =  türkisches  Korn  stamme  aus  Asien.  So  sollen  2 
von  der  Belagerung  Constantinopels  zurückkehrende  Kreuzfahrer 
1204  die  „meliga*<  in  die  Markgrafischafb  Ineisa  eingeführt  haben. 
Nach  C.  Bertaffnolli  wird  das  türkische  Eom  wenigstens  hun- 
dertmal in  mittelalterlichen  Chroniken  erwähnt  und  das^lbe  sogar 
in  einem  Theilpachtvertrag  vom  Jahre  813  angeführt.  Er  nimmt  auch 
an,  dass  das  milium  indicum  des  Plinius  Mais  und  nicht,  wie  Hehn 
meint,  das  Sorghum  gewesen  sei.    (Globus  XLI  Nr.  10,  pag.  160). 

*)  Prächtige  AbbOdungen  sind  in  „Zippel  und  Bollmannj 
ausländische  Kulturpflanzen  Tafel  9,  Figur  2,  Braunschweig  bei 
Yieweg  &  Sohn  1876  einzusehen;  dazu  auch  erläuternder  Text. 


—     40    — 

A.  Formen  des  amerikanischen  Maises: 

1.  Weisser  breitkömiger  Mais. 

2.  Pferdezahnmais,  weiss,  gelbroth,  langgestreckt,  sehr 
charakteristisch. 

3.  Hühnermais  mit  kleinen,    glasigen  fast  durchschei- 
nenden Kömern. 

4.  Mandana-  oder  spitzkörniger  M. 

Diese  Formen  lassen  sich  nach  dem  Umriss  und  der 
Consistenz  in  zwei  Gruppen  vertheilen: 

a.  Kürbismais  mit  grösserem  Längen-  als  Breitendurch- 
messer; 

b.  Stein-  oder  Futterkorn,  breite  Formen,  die  haupt- 
sächlich als  Nahrungsmittel  Verwendung  finden. 

B.  Formen  des  europäischen  Maises: 

1.  Grosser  oder  hoher  Mais,  mit  langen  und  schweren 
Fruchtkolben; 

2.  Gemeiner  Mais  mit  kurzen  dicken  Kolben  und  rund- 
lichen Früchten; 

3.  Spitzkolbiger  M.  1  kleinere,     nicht    besonders    ge- 

4.  Kurzkolbiger  M.  )  schätzte  Pflanzen; 

5.  Breitkolbiger  M.,   eine   vorzügliche   und  geschätzte 
Sorte; 

6.  A  estiger  Mais.    Monströse  Formen  mit  verzweigtem 
Kolben; 

7.  Cinquantino-M.,  frühreif  (in  5  Monaten),  in  Italien 
gebaut; 

8.  Zwergmais,  frühreif,  für  die  nördlichen  Striche  ge- 
eignet ^). 

Die  Frucht  des  gemeinen  Maises  ist  rundlich  oder 
etwas  plattgedrückt,  mitunter  nierenförmig  mit  vorge- 
zogenem weissem  Basistheile;  von  diesem  geht  auf  der 
convexen  Seite  eine  breite,  seichte  quergefurchte  Rinne 
nach  aufwärts ;  die  entgegengesetzte  Fläche  ist  plan  oder 


^)  Chile  und  Brasilien  besitzen  eine  eigene  Maisspecies  Zea 
Caragua  Molin.,  die  auch  in  Nordamerika  als  „sweet  com"  an- 
gebaut wird. 


—     41     — 

schwach  ooncay.  Die  Oberfläche  des  Maiskornes  ist  glatt, 
glänzend,  weissgelb,  gold-  oder  dankelgelb,  orangeroth,  vio- 
lett, rothbraun  gesprenkelt,  auch  schwärzlich.  Der  grösste 
Durchmesser  (der  der  Fruchtbreite  entspricht)  hat  als 
Minimallänge  4  mm,  als  Maxim.  12  mm,  am  häufigsten 
6 — 7  mm;  der  darauf  senkrecht  stehende  (tou  der  Basis 
nach  aufwärts,  der  Länge  entsprechend)  misst  3  mm 
(Minimum),  8  mm  (Maximum),  am  häufigsten  4-*  5  mm. 
Im  Mittel  wiegt  die  Frucht  32.5  cg,  besonders  üppige 
50 — 60  cg.  An  normalen  Kolben  sitzen  die  Früchte  in 
6 — 12  Bßihen,  12  —  30  in  einer  Reihe,  über  hundert  an 
einem  Kolben.  Bei  Bildungsabweichungen  treten  am 
Kolben  auch  Zweige  auf,  auf  Kosten  der  in  der  Grössen- 
entwicklung  dadurch  beschränkten  Früchte.  Eine  sehr 
auffallende  Monstrosität  trug  auf  dem  Hauptkolben  noch 
36  Nebenkolben  ^),  die  bis  auf  die  Spitzen  mit  Früchten 
besetzt  waren.  Letztere  erreichten  oher  nicht  einmal  die 
halbe  Grösse  normaler  Früchte  j  waren  vollkommen  reif 
und  liessen  in  Form  und  innerer  Entwicklung  keine  Ab- 
weichung erkennen.  —  Von  der  beschriebenen  Fruchtform 
weicht  die  des  Pferdezahnmaises  am  auffälligsten 
ab;  der  Name  kennzeichnet  am  besten  die  Gestalt; 
das  Korn  ist  weit  länger  als  breit  (Längendurchmesser 
13 — 15  mm;  Breitendurchmesser  6 — 8  mm),  und  gleicht 
einem  Schneidezahne,  dessen  Schneidefläche  eine  rinnen- 
förmige  Vertiefung  trägt;  die  an  der  Bauchfläche  liegende 
Rinne  macht  den  Eindruck  eines  Bisses,  der  Basistheil  ist 
weit,  fast  zizenformig  vorgezogen.  Die  Oberfläche  ist 
glatt,  mattglänzend,  weiss  oder  weisslichgelb  gefärbt; 
sehr  häufig  ist  das  Korn  glasig  durchscheinend.  —  Am 
Durchschnitte  zeigt  der  Mais  ein  in  der  Peripherie  horn- 
artiges,  in  der  Mitte  gegen  den  verhältnismässig  grossen 
Keim  zu  ein  mehliges^  weisses  Endosperm.  Die  Schale 
der  reifen  Frucht  besitzt  eine  Oberhaut,  deren  Zellen 
langgestreckt,  welligrandig,  grobgetüpfelt  und  an  der 
Aussenseite  stärker  verdickt  sind,  als  an  der  Innenseite. 
Die  nun  folgende  Schicht  enthält  in  ihrem  äusseren 
an  die  Oberhaut  sich  anlegenden  Theile  4-5  Reihen  stark 


0  T.  F.  Hanausek,  Oesterr.  bot.  Zeitg.  1880  p.  346. 


—     42    — 

verdickter  (bei  den  rothen  Varietäten  rothgefärbten  Inhalt 
führender)  Zellen,  in  ihrem  inneren  Tbeile  einige  wenige 
Reihen  sehr  zusammengepresster  parenchymatischer  Zellen, 
deren  Lumina  als  Spalten  sichtbar  sind.  Die  übrigen 
Oewebsschichten,  die  nach  Kudelka  die  innere  Fracht- 
hantepidermis  und  eine  farblose,  einreihige  Samenhaut 
aufweisen,  sind  nur  nach  längerem  Kochen  in  Kalilauge 
zur  Anschauung  zu  bringen  und  seheinen  stellenweise 
ganz  resorbirt  zu  sein.  Die  Kleberschichte  besteht  nur 
aus  einer  einzigen  Zellreihe,  ihre  Zellen  sind  im  Quer- 
schnitte quadratisch  (Breiten-  und  Tiefendu^hmesser 
0.011—0.0528  mm).  Die  Mehlzellen  des  Endosperms  sind 
gross,  sehr  dünnwandig,  im  hornigen  Theile  dicht  erfüllt 
Ton  eng  aneinander  schliessenden,  vielkantigen,  im  weissen, 
mehligen  Theile  von  mehr  gerundeten  Stärkekömehen.  Das 
specifische  Gewicht  des  Kornes  beträgt  1.26 — 1.39. 

Nach   König   ergaben   46   Analysen    folgende  Zu- 
sammensetzung in  Procenten: 

13  88       10.05    4.76    4.59      3.83 1)    58.96»)   2.84      1.69 
die  der  Asche: 


•g.         f         I         i 

^  ^  -S  .i  J 

27.93     1.83     2.28     14.98     1.26     45.00     1.30     1.88     1.42 

Die  Proteinstoffe  sind  vorwiegend  Pflanzenfibrin 
(daher  die  hornige  Beschaffenheit)  und  Albumin  mit 
wenig  Legumin. 

Von  der  Maispflanze  werden  fast  alle  Theile 
benutzt;  in  den  Tropen  ist  der  Zuckergehalt  des 
Schaftes  so  bedeutend,  dass  man  ihn  wie  das  Zuckerrohr 
(nach  der  Blüte)  schneidet,  um  Maiszucker  Zugewinnen; 
er  wird  in  Mexiko,  den  Vereinigten  Staaten  von  Nord- 
amerika und  in  Aegypten  bereitet.  In  der  amerikanischen 

*)  In  König  1.  c.  verwecbselt. 


—    43     — 

Abtheilung  der  letzten  Pariser  Ausstellung  waren  Proben 
desselben  exponirt,  die  von  H.  Pellet*)  einer  Unter- 
suchung unterworfen  worden  sind.  Der  Maiszucker  ent- 
hielt 88.42  o/o  Zucker,  4.03  %  Glykose,  1.46  Wasser,  1.46 
Asche  und  3.58  ®/o  organische  Stoffe.  Neuestens  ist  aus 
den  Maisgriffeln  eine  Säure,  Maizensäure,  dargestellt 
worden,  die  eine  medicinische  Verwendung  (gegen  Nieren- 
und  Blasenkrankheiten)  finden  soll.  (Vauthier,  Etüde 
sur  le  Mais,  Bruxelles  1880).  —  Blätter  und  Stroh  geben 
ein  vorzügliches  Viehfutter  (aus  diesem  Grunde  vornehm- 
lich in  Deutschland  gebaut).  Die  Kolbenscheiden  ver- 
wendet man  als  Flecht-  und  mit  den  Blättern  als  Papier- 
material (Oesterreich).  Die  unreifen  Fruchtkolben  wer- 
den geröstet  oder  in  Essig  eingelegt  als  Nahrungsmittel  ver- 
speist. Die  Körner  geben  ein  ausgezeichnetes  Futter  für 
Pferde  (Italien,  Ungarn,  Croatien)  und  Geflügel  und  haben 
angeblich  den  doppeltien  Nährwerth  des  Hafers*^.  Das 
Mehl  ist  ziemlich  schwierig  herzustellen,  dafür  ist  aber 
Maisgries  und  Maisstärke  (Maizena)  ein  desto  häu- 
figerer Verkaufsartikel.  In  Mexiko  werden  Tortillas^  ein 
feines  Maisgebäck  in  Form  von  Pfannenkudien,  in  Süd- 
amerika (Venezuela)  Arepa  (Maisbrod),  in  Italien  die  Po - 
lenta  und  Maccaroni,  in  Rumänien  die  Mammeliga,  im 
Süden  Frankreichs  die  Miliasse,  im  Osten  desselben  Lan- 
des die  Gau  des  (Mehlspeisen)  aus  Mais  bereitet.  Auch 
Branntwein  wird  aus  Mais  in  Ungarn,  Mähren  und  Schle- 
sien, in  Venezuela,  Peru  (Chica)  und  in  Nordamerika 
(Pulque  de  Mahio)  hergestellt  und  das  Fett  als  Schmier- 
und  Brennöl  verwendet.  —  Ob  der  Mais  als  Nahrungs- 
mittel zu  empfehlen  ist,  dürfte  wohl  in  Frage  gestellt  sein. 
Leunis^)  sagt  darüber:  „Er  ist  durch  den  Einfluss,  den 
seine  Cultur  auf  die  geistige,  physische  und  selbst  mora- 
lische Entwicklung  der  Volksklassen  hat,  von  mehr  als 
landwirthschafüieher  Bedeutung.  So  schreibt  man  die 
Sterblichkeit  der  Kinder,  die  häufigen  Magenleiden  der 
Erwachsenen,    die  träge  Schwerfälligkeit  wie  den  harm- 


»)  Dingler's  Polytechn.  Journ.  Bd.  234,  p.  341. 

^)  Die  Maispflanze  ist  in  Venezuela  uater  dem  Namen  Malojo 
ein  allgemeines  Grünfutter  für  Pferde  und  Maulthiere  (A.  Ernst 
Die  Betheiligung  etc.  Car&cas  1873). 

«)  Synopsis;  Botanik  2.  Bd.  1186. 


—     44    — 


losen  Charakter  der  Eingeborenen  von  Costa  Bica  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  auf  Rechnung  des  übermässigen 
und  fast  ausschliesslichen  Genusses  von  Mais^^  —  (Vgl. 
auch  Artikel  „Maismehl^^)* 

Die  Maisproduction  wird  von   v.  Neuma.nn-Spal- 
lart  folgendermaassen  bewertbet: 

Mittlere  Maisprodaction 

A.   Europa:  Maisproductioii:  in  neuester  Zeit: 

'^  (Mülionen  Hektoliter): 


Frankreich 10.4 

Oesterreich-Ungarn    .  22.0 

Italien 31.1 

Spanien 13.2 

Untere  Donauländer  23.6 

Portugal  .......  7.1 

Griechenland    ....  1.0 


7.9 
30.2 
31.1 
13.2 
31.1 
6.2 
1.1 


Summa:   108.4 


120.8 


(1879) 

(1876) 

? 
(1876) 
(1877) 
(1875) 


B.  Ausser-Europa: 

Vereinigte  Staaten  v. 

Nordamerika  ....  425.0 541.3  (1879) 

Canada 1.4 1.2  (1875) 

Australien 1.8 2.2  (1879) 

Aegypten 4.8 4.6  (1879) 

Algier .  .      0.2 0.1  (1877) 

Summa:  433.2  549.4 

demnach  in  diesen  Ländern  der  Erde  im  Mittel  541 600000 
Hektoliter;  in  neuester  Zeit  aber  670200  000  Hektoliter. 
—  Aus  den  Zahlen  sind  zugleich  die  vornehmsten  Ver- 
breitungsbezirke des  Maises  ersichtlich;  der  gewaltigste 
Producent  ist  Nordamerika,  das  nicht  nur  selbst  die 
grösste  Menge  consumirt,  sondern  auch  besonders  nach  Eng- 
land einen  regen  Export  eingeleitet  hat^.)  Wie  eingangs 
angedeutet  wurde,  hat  Golumbus  den  Mais  in  HispanioTa 


^)  Neuesteos  bringt  auch  die  argentinische  Republik  Mais 
von  ausgezeichneter  Qualität  auf  den  Markt.  Im  Jahre  1882  betrug 
die  Ernte  200  000  Tonnen.  —  Die  Colonie  Blumenau  (Brasilien) 
exportirte  63044  Hektoliter  (1877). 


—    45     — 

vorgefunden  und  nach  Europa  gebracht,  wo  er  anfänglich 
nur  in  Gärten  gepflanzt  wurde;  die  Venetianer  brachten 
ihn  in  die  Türkei  und  den  übrigen  Südosten  Europa's. 

G.  Bei 8. 

Der  Reis^),  On/m  satwa^  ein  einjähriges  Sumpfgras 
ist  in  Hinterindien  und  den  Sundainseki  einheimisch  und 
wird  gegenwärtig  in  grossartig&tem  Maassstabe  in  ganz 
Ostasien  (Hinterindien,  China,  Japan),  in  Vorderindien,  im 
südlichen  Europa,  in  Afrika,  in  Westindien  und  im  tro- 
pischen Amerika  angebaut.  Die  Beis&ucht,  obwohl  wegen 
des  grossen  Stärkemehlgehaltes  und  der  geringen  Menge 
an  Kleber  am  wenigsten  nahrhaft  unter  allen  Getreide- 
früchten, ist  für  mehr  als  die  Hälfte  aller  lebenden  Men- 
schen das  wichtigste  Nahrungsmittel.  Die  verschiedenen 
Anbau  Verhältnisse  erzeugten  zwei  Hauptformen,  den 
Sumpf-  und  Bergreis,  die  wieder  in  nahezu  100  Spiel- 
arten zerfällt  worden  sind.  Wir  führen  hier  nur  einige  an : 

a)  Ostindische  Sorten: 

Bengal-Eeis,  grosskömig,  röthlich;  geht  nach  England; 

Patna-Eeis,  kleinkörnig,  Körner  dünn,  langgestreckt,  rein 
weiss  (englischer  Handel); 

Eangun-Beis,  aus  Pegu  (englischer  und  continentaler 
Verkehr); 

Arracan-Eeis,  aus  Hinterindien,  war  einst  eine  hoch- 
geschätzte Sorte  und  weit  mehr  ausgeführt,  als  gegen- 
wärtig, da  nun  die  Nachbarstaaten  den  grössten  An- 
theil  des  Exportes  an  sich  gezogen. 

Siam-  und  Annam-Beis  aus  den  gleichnamigen  Ländern. 
Man  unterscheidet  Feld-  und  Gartenreis;  der  letz- 
tere wird  umgepflanzt,  wenn  die  jungen  Pflanzen  ca.  3 

Decimeter  hoch  geworden  sind. 

Den   Transport  der  genannten  Sorten  besorgen  die 

Engländer. 

*)  Griech.  oqv^ov,  pers.  rizeh,  im  Sainskrit  richa,  soviel  wie 
Saat.  In  dem  Gedichte  Rämäyana  führen  viele  Verse  aus  Reis 
bereitete  Speisen  an.  — 


—     46     — 

b)  Java-Reis  ißt  eine  sehr  geschätzte  Sorte,  die  in  Hol- 
land geschält  wird  und  als  Tafelreis  in  den  Handel 
kommt. 

c)  Die  italienischen  Reissorten  sind  für  Mittel- 
Europa  die  gangbarsten  und  entstammen  vornehmlich 
der  Po-Ebene.    Man  unterscheidet: 

Ostiglia-  (beste  Sorte  mit  dicken,  rundlichen  Körnern); 
Veroneser-,  Mailänder-,  Piemoat-,  Romagner- 
Reis  (sehr  verunreinigt  und  gering  bewerthet). 

d)  Wenig  Bedeutung  haJben  die  mit  Salz  gemengten^) 
Levantiner  und  Alexandriner  (ägyptische)  Reis- 
sorten; brasilianischer  (von  Oryza  latifoüa  Desv.)  und 
westindischer  Reis  wird  nach  England  exportiert;  her- 
vorragende Sorten  sind: 

e)  die  Nordamerikanischen: 

1.  Carolina -Reis   (in  mehreren  Formen)  höchst  fein, 
laug,  kantig-eckig,   mattweiss  oder  durchscheinend; 

2.  Savannah-Reis  (SüdcaroUna,  Geoi^a),  kleinkörnig 
brüchig,  röthlich.  — 

Die  Rangstufen  der  Reissorten  wären  etwa:  Carolina^ 
Java,  Patna,  bester  italienischer,  Rangun,  Bengal,  Arra- 
can,  Siam  (Merk,  Waarenlexikon).  Die  Reiscultur,  eine 
mühsame  und  ungesunde  Beschäftigung,  benöthigt  Wasser 
in  grossen  Quantitäten,  daher  sind  die  Flussniederungen 
(Ganges,  Po,  Misslsippi)  die  geeignetsten  Erdstriche,  die 
nach  dem  Säen  der  Früchte  mehrmals  unter  Wasser  ge- 
setzt und  wieder  trocken  gelegt  werden  müssen.  Auch 
der  auf  hocnliegendem  Boden  gedeihende  Bergreis  be- 
nöthigt Wasser  und  wii*d  von  den  Bergbewohnern  Indiens 
und  Chinas  angebaut;  er  reift  in  4,  Sumpfreis  in  6  Mo- 
naten, Die  nördlichste  Grenze  ist  der  45.  Breitegrad, 
daher  ist  sein  Anbau  im  österreichischen  Küstenland, 
in  Südungarn  und  Südrussland  noch  gewinnbringend  und 
überhaupt  möglich. 

Die  rohe  oder  ungeschälte  Reisfrucht  (Paddy 
genannt)  ist  wie  die  Gerstenfrucht  von  den  Spelzen  um- 
schlossen. Die  Reisspelzen  sind  stroh-  oder  goldgelb, 
rothbraun  oder  selbst  schwai*z,  mit  und  ohne  Grannen  und 
fühlen  sich  rauh  an;  sie  zeigen  unter  der  Lupe  zahllose 

')  Angeblich  um    ihn   weiss  und   haltbar   zu   machen.      (In 
Aegypten  wird  er  durch  Thiere  entspelzt). 


—    47    — 

Reihen  höchst  feiner  Riefen,  und  sehr  kurze  nach  auf> 
wärts  gerichtete,  etwas  horstige  Härchen;  die  Riefen 
laufen  der  Länge  und  Quere  nach  und  verleihen  der 
Oberfläche  der  Spelzen  ein  feinnetziges  zierliches  Aus> 
sehen ;  erhabene  Längsrippen  auf  den  Breitenflächen  un- 
terscheiden sofort  die  Reisfrucht  von  anderen  bespelzten 
Getreidefrüchten.  Aus  der  durch  Druck  gebrochenen 
Spelze  springt  das  Korn  hervor  (ist  also  nicht  ange- 
wachsen); die  enthülste  Frucht  ist  länglich,  von  der  Seite 
zusammengedrückt,  kantig,  kahl,  mit  Längsrippen  ver- 
sehen, silberweiss  oder  glasig  durchscheinend.  Der  kleine 
Embryo  liegt  am  Grunde  der  schmalen  Kante  an  der 
Basis  und  erscheint,  wenn  die  Frucht  gegen  das  Licht 
gehalten  wird,  opak.  (Das  Enthülsen  geschieht  entweder 
mit  eigenen  Schlägeln  oder  mittelst  der  Poliermühle).  Die 
Länge  des  Kornes  beträgt  6 — 8  mm,,  die  Bruchfläche  ist 
scharfkantig,  glatt.  —  Die  sehr  dünne  Fruchthaut 
(Silberhäutchen^)  zeigt  eine  Oberhaut,  eine  Querzellen- 
schicht  und  die  innere  Epidermis,  aus  Schlauchzellen  ge- 
bildet. Die  Kleberzellenschicht  besitzt  eine  oder  zwei 
Zellreihen,  die  Zellwände  sind  nur  wenig  verdickt  und 
wenig  quellbar.  Die  Kleberzellen  messen  (Vogl  1.  c.  p.  31) 
0.0350—0.44  mm  in  der  Breite,  und  0.022—0.0264  mm 
in  der  Tiefe.  Die  weitaus  grösseren  Zellen  des  Endo- 
sperms  sind  dicht  mit  Stärke  angefüllt^).  Das  specifische 
Gewicht  des  Reiskornes  ist  1.37 — 1.44. 

Die  chemische  Zusammensetzung  beträgt  nach  König 
in  Procenten: 

w.««.     Stickstoff-    „.,.     Stlekgtolffrele     „..f,,^,.     .... 

Reiskorn         13.23    7.81    0.69      76.40      0.78     109 
(ohne^Ähaut)  ^^'^^     ^-^4   0.51      77.61       0.38    0.45 


^)  Dieses  wird  bei  der  Zurichtung  der  Reisfrucht  zu  Koch- 
reis zwischen  rotirenden  Gylindem  abgeschabt  und  kommt  als 
Futter  auch  unter  dem  Namen  Reismehl  in  den  Handel. 

*)  üeber  die  Anatomie  der  Reisspelze  siehe  vonHöhnel  in 
Haberlandts  „Wiss.  praktüntersuch.  a.  d.  Gebiete  des  Pflanzen- 
baues" I.  S.  149. 


—     48    - 
Die  der  Asche  ist  folgende: 


21.73     5.50     3.24     11.20     1.23     35.68     0.62     2.74     0.10 

Das  Rehkorn  esthält  Pflanzen  *  Albumin  und  dürfte 
an  Stärke  wohl  den  grössten  Gehalt  unter  allen  Cerealien- 
früchten  aufweisen. 

Der  ungeheuren  Verbreitung  des  Reises  entspricht 
auch  eine  vielfältige  Verwendung..  Ausser  zu  Reismehl, 
zu  feiner  Stärke  (weisse,  chinecdsche  Schminke,  poudre 
de  riz,  mit  SaflElor  gefärbt  eine  rothe  Schminke),  werden 
die  Reiskörner  zu  Kleister  (als  japanesischer  Kitt  von 
besonderer  Haltbarkeit  und  als  Appretirmaterial ,  zur 
Weberschlichte  in  Italien  und  Indien),  und  auch  zu  Reis- 
branntwein  verarbeitet;  so  soll  der  indische  Gange,  der 
chinesische  Dschu,  das  japanesische  Samsu  oderSakhi 
und  Koji,  welche  alle  Alkohol  führende  Getränke  dar- 
stellen, aus  dem  Reiskorne  bereitet  werden.  Die  Angabe, 
dass  der  berühmte  Arak,  der  bisher  immer  als  ein  Reis- 
branntwein angeführt  worden,  aus  der  Reisfrucht  dar- 
gestellt werde,  ist  irrig.  Nach  Goering  in  Batavia  ¥drd 
Arak  vielmehr  durch  Gährung  und  Destillation  aus  der 
mit  Wasser  verdünnten  Melasse  des  ostindischen  Zucker- 
rohrs gewonnen  und  gekochter  Reis  von  den  chinesischen 
Destillateuren  nur  als  Ferment  hinzugesetzt.  Auch  das 
Aroma  des  Araks,  der  somit  einen  ostindischen  Rum  re- 

K rasen tirt,  stammt  nicht  vom  Reis,  sondern  von  der 
[elasse  selbst,  weil  auch  andere  Fermente  als  Reis  zur 
Arakbereitung  verwendet  werden  können,  ohne  dass  das 
Getränk  das  Aroma  verliert. 

Die  Reis  producirenden  Länder  sind  oben  schon 
erwähnt  worden.  Die  statistischen  Angaben  vervollstän- 
digen das  Gesammtbild  des  Reis-Verkehrs.  Aegypten  pro- 
ducirte  1877  Reis  im  Werthe  von  6  041 000  Mark  und 
führte  1879  fast  um  3  000000  Mark  aus.  Spanien  pro- 
ducirte  1  212  000  Hektoliter,  während  der  Export  nur 
15  433  Hektoliter  betrug,  Italien  9  018  151  metrische  Cent. 


—    49     — 

—  Britisch-Indien  masste  zur  Selbstversorgung  seiner 
Bevölkerung  mindestens  1200 — 1300  Millionen  Centner 
liefern;  der  Export  an  Reis  betrug: 

1871—72    17  311285  englische  Ctr.; 
1879—80    21 908  750  „  „ 

1880—81    26  769  344  „  „ 

Bezüglich  der  Reisproduction  der  Vereinigten 
Staaten  1)  besagt  der  letzte  Nachweis  vom  Jahre  1877,  dass 
dieselbe  seit  1840  beständig  abnahm;  damals  wurde  sie 
auf  215  Mill.  Pfd.  (Ibs),  1859  auf  147  Mill  Ibs,  1869  auf 
37  Mill.  Ibs  geschätzt;  seither  dauerte  die  Abnahme  bis  1875 
fort,  in  welchem  Jahre  die  Production  ausnahmsweise  auf 
83  Mill.  Ibs.  geschätzt  wurde;  während  jene  von  1876  eben- 
falls hoch  war,  litt  die  vom  Jahre  1877  unter  der  Wit- 
terung. Dass  der  Reishandel  der  Union  nur  ein 
Zwischenhandel  ist,  beweisen  folgende  Zahlen: 

«.     ,.  V  -         Geaammt-Export    tv  ^u  •    t^  n  Davon  eigenes  Landes- 

^^y^^'  Pounds:  ^«'^  "^  ^^^^''  product  nur  in  Ibs.: 

1868  14  987  996  574  300  3  079  043 

1869  11101497  430  466  2  232  833 

1870  17  345  847  581971  2133  014 

1871  10658  762  302  965  445  842 

1872  13  055  794  407  764  403  835 

1873  20479400  611157  276  637 

1874  26  399  799  790  572  558  922 

1875  12  629  667  362  725  277  337 

1876  17  050  605  437  571  439  991 

1877  15  790  627  447  347  1306  982 

1878  10  287  698      —  631105 

1879  8046  451      —  740136 

1880  '     8  966  929      —  183  534 

1881  10  970  318      —  150  451 

Dieser  Zwischenhandel  wird  theils  mit  Mittel-  und 
Südamerika,  theils  mit  China,  Siam  und  neuestens  —  seit 


^)  Die  angeführten  lehrreichen  statistischen  Angaben  verdankt 
Verf.  gütigen  brieflichen  Mittheilungen  des  Herrn  Hofrathes  v.  Neu- 
mann-Spallart,  wofür  auch  hier  der  verbindlichste  Dank  aus- 
gesprochen werden  soll. 

Hanansek,  Nahrangs-  n.  Oenussmittel a.d.  Pflanzenreich.     4 


—     50     — 

1877  —  in  bedeutendem  Maasse  mit  Hawaii  getrieben;  die 
Importe,  die  zu  Reexporten  fuhren,  betrugen  1878:  74.5 
MilL,  1879:  75.7  Mill.,  1880:  57  Mill  Ibs.  Auch  Cochin- 
china  hat  in  den  letzten  Jahren  6.2  bis  7.4  Mill.  Zoll- 
Centner  ausgeführt.  — 

Dem  Abendlande  1)  wurde  der  Reis  durch  die  Feld- 
züge Alexanders  des  Grossen  bekannt;  audi  Hero- 
dot  erwähnt  einer  wildwachsenden  Pflanze,  deren  Kömer 
von  der  Grösse  eines  Hirsekornes  in  einer  Hülse  steckten 
und  von  den  Indem  gespeist  würden.  Die  spanischen 
Araber,  in  deren  Händen  der  indisch-äthiopische  Handel 
gelegen,  führten  den  Reisbau,  der  vorher  schon  eine  Stätte 
im  Nildelta  gewonnen,  in  den  bewässerten  Niederungen 
Spaniens  ein,  an  der  Quadiana,  dem  Quadalquivir  und  im 
Thale  von  Valencia.  Beim  Festsetzen  der  spanischen 
Macht  in  Neapel  und  Mailand,  kam  der  Reis  nach  Italien 
in  die  Poebene,  sein  Anbau  wurde  aber  (in  Süditalien) 
im  Interesse  der  öffentlichen  Gesundheit,  die  durch  die 
Entstehung  der  Malaria  u.  s.  w.  gefährdet  worden,  auf 
unbewohnte  Gegenden  eingeschränkt.  Aber  erst  die 
Versetzung  in  die  neue  Welt  hat  den  Reis  zu  einem  Welt- 
handelsproduct  gemacht. 

Anhangsweise  seien  hier  zwei  den  Reis  ersetzende 
Brodptianeen  erwähnt:  Zizania  palustris  i,  Hafer- 
reis, Wasserreis,  in  Nordamerika  einheimisch,  die 
Brodfrucht  der  Indianer,  und  Coix  lacrymaL,  Thränen- 
gras,  Christus-  oder  Marienthräne,  deren  kirsch- 
kerngrosse  violette  glasige  Früchte  in  Ostindien  und 
China   (auch   in  Brasilien)   ein  Nahrungsmittel  abgeben. 

7.  Hirse. 

.  Wir  unterscheiden  drei  Arten  von  Hirse,  die  ge- 
meine, echte  oder  graue  Hirse  (Pantcum  mtUaceum 
L.\  die  italienische,  Kolbenhirse,  un^ar.  Mohär, 
{Pankum  itcdicum  oder  Sttaria  4taUca\  und  die  Mohren- 
hirse {Sorghum  vulgare^  Kaffemkorn,  Negerkorn,  Durrha- 
korn,  Sorghohirse).  —  Auf  sandigem,  moorigem  Boden 
der  Görlitzer  Haide  (Niederschlesien)  wird  auch  die  Blut- 

*)  Hehn,  Culturpflanzen  431. 


—    51     — 

hirse  (Blutfench,  Himmelsthau,  Panicum  sanguinale 
L.)  gebaut  und  ihre  Früchte  werden  wie  die  des  Manna- 
grases verwendet.  Früher  war  ihre  Cultur  im  Norden 
Oesterreichs  nicht  unbedeutend. 

Die  echte  Hirse  ist  ursprünglich  einheimisch  in 
Ostindien  und  verbreitete  sich  von  da  aus  in  die  wär- 
meren Gebiete,  ähnlich  wie  der  Weinstock,  bis  Süd-  und 
Südosteuropa.  Als  Nahrungsmittel  konnte  sie,  obwohl  sie 
an  Ertrag  dem  Weizen  nahe  kommt,  und  der  Nährwerth 
des  Hirsekornes  den  des  Reises  weit  übertrifft,  wegen 
ihrer  Empfindlichkeit  gegen  Kälte  keine  besondere  Be- 
deutung erlangen.  Doch  ist  sie  eine  wichtige  Brodfrucht 
fiir  Ungarn  und  die  Türkei  geworden,  welche  Länder 
auch  Hirse  exportiren;  Abnehmer  sind  England,  Holland, 
Norddeutschland  (Schiffsverproviantirung);  übrigens  wird 
sie  auch  in  Nieder-  und  Oberösterreich,  vereinzelt  in 
Süddeutschland,  in  grösserer  Menge  in  Frankreich  culti- 
virt.  Man  verarbeitet  die  Frucht  zu  Grütze,  kocht  sie 
in  Milch  und  Wasser  (österr.  Prein)  und  stellt  in  Ru- 
mänien das  weingeistige  Getränk  „Braha^^  daraus  dar. 

Die  Hirse frucht  (Fennich,  Fench)  ist  von  den 
glatten,  lebhaft  glänzenden,  weissen,  strohgelben  oder  roth- 
braunen, bauchig  -  gewölbten  Spelzen  umschlossen,  aber 
nicht  mit  ihnen  verwachsen,  und  lässt  sich  demnach  leicht 
herausschälen;  sie  ist  breit  eiförmig,  wachsweiss  oder 
gelblich,  glatt,  auch  glasig  und  besitzt  eine  ziemlich 
starke  Vertiefung  an  der  Basis,  der  Eeimlage  entsprechend ; 
an  der  gegenüberliegenden  Seite  befindet  sich  ein  schwarz- 
gefärbtes Grübchen,  unter  welchem  das  verholzte  Gefäss- 
bündel  liegt.  Mit  den  knorpeligen  Spelzen  gemessen  be- 
trägt die  Länge  3  mm,  die  Breite  IV« — 2  mm;  enthülst 
ist  die  Frucht  2  mm  lang,  IVa  mm  breit.  —  Die  Ober- 
haut der  Fruchtsamenschale  besteht  aus  stark  wellen- 
förmig-buchtig-begrenzten,  dünn  wandigen  Tafelzellen;  unter 
dieser  liegt  ein  Parenchym,  das  1  —  2  Lagen  senkrecht- 
gestreckter dünnwandiger  Zellen  führt;  den  Abschluss 
bildet  ein  farbloses  zweischichtiges  dünnes  Häutchen  als 
inneres  Integument.  Die  Eleberschicht  enthält  eine 
Reihe  in  die  Breite  gezogener  Zellen.  Die  Mehlzellen 
sind  sehr  dünnwandig,  scharf  polygonal  und  dicht  mit 
den  vielkantigen  «infachen  Stärkekörnchen  angefüllt. 

4* 


—     52     — 

Die  italienische  Hirse  (Kolbenhirse,  Mohär) 
trägt  an  der  Basis  eines  jeden  Aehrchenstieles  borstige 
Hüllblätter  und  besitzt  eine  ährenförmig  zusammen- 
gezogene Rispe.  Die  Frucht  ist  durch  weit  geringere 
Grösse  (IV2— 2  mm  Länge,  1 — 1.5  mm  Breite^  und  durch 
die  fast  kugelrunde  Gestalt  leicht  von  der  der  gemeinen 
Hirse  zu  unterscheiden.  Sehr  auffällig  ist  auch  der  weit 
mattere  Glanz,  da  die  Oberfläche  der  strohgelben  Spelzen 
sehr  fein  geriffelt  und  rauh  ist,  was  nur  mit  der  Lupe 
zu  unterscheiden  ist.  Von  der  Frucht  der  verwandten 
deutschen  Borstenhirse  (Setaria  germanica  Rth]  im 
Handel  mitunter  auch  Moharhirse  genannt)  kann  die 
italienische  Hirse  ebenfalls  leicht  unterschieden  werden, 
indem  diese  eiförmig  plattgedrückte  Früchte  und  flache 
Spelzen  besitzt.  —  Der  anatomische  Bau  ist  derselbe, 
den  die  deutsche  Hirse  besitzt;  das  Parenchym  besteht 
nur  aus  einer  Zellreihe. 

Die  Mohren-  oder  Sorghohirse  (Durrhagras, 
Holcus  Sorghum  L.,  Sorghum  vulgare  2V«.),  liefert  den  Be- 
wohnern Afrikas,  Eleinasiens  und  Ostindiens  eine  wich- 
tige Brodfrucht;  den  Negerstämmen  und  den  europäischen 
Abkömmlingen  des  Gaplandes  gilt  das  Durrhabrod  als 
Hauptnahrungsmittel;  ein  aus  Sorgho  dargestellter  Brannt- 
wein heisst  Tialva.  Neuestens  wird  sie  auch  in  Süd- 
europa (Malta,  Toscana)  angebaut  und  wegen  ihres  über- 
reichen Ertrages  sehr  geschätzt.  Die  Frucht  ist  von 
röthlichbraunen,  zumeist  aber  schwarzbraunen  oder  ganz 
schwarzen,  glänzenden,  bauchigen  Spelzen  umhüllt,  die 
aber  nicht  geschlossen  sind,  sondern  am  Scheitel  klaffen; 
ihre  Ränder  sind  feinwollig  behaart;  häufig  sind  noch 
zwei  taube  vertrocknete  Blüthenspelzenpaare  an  dem  Frucht- 
stielchen vorhanden.  Mit  den  Spelzen  misst  die  Frucht 
4 — 4.5  mm  in  der  Länge,  3  mm  in  der  Breite.  Die 
Frucht  ist  breit  eiförmig,  röthlichbraun,  gegen  die  Basis 
zugespitzt  und  daselbst  mit  einem  hufeisenförmigen  Ein- 
druck versehen  (Lage  des  Keimlings);  der  Scheitel  ist 
abgerundet  und  trägt  ein  kleines  Spitzchen.  Das  Korn 
ist  hart,  glasig,  nur  in  der  Mitte  und  am  Keimling  mehlig. 
Die  Fruchtsamenhaut  zeigt  einen  sehr  interessanten 
Bau.  Ein  Querschnitt  (Figur  10)  in  Wasser  betrachtet, 
zeigt  einen  lichtgelben  (Oberhaut  und  Parenchym),  einen 


—     53     — 


braunen  (Scfalauchzellen)  und  einen  rosenrothen  bis  vio- 
letten Streifen.    Die  Oberhautzellen  sind  mit  wellen- 
förmig hin-  und  hergebogenen  Wandungen  versehen  (Fig. 
10  0  und  11  o)   und  stark  verdickt;  das 
Parenchym,    die  Mittelschicht,    ist  in  "d^^; '^iÄSch'" 
mehreren   Reihen   entwickelt,    von  denen 
insbesondere  die  äusserste  deutlich  sieht-     ^  'O  O  dÖ 
bar  ist   (Figur    10    p).      Eine    Schicht     ^».9^0550 
schlauchartiger  Zellen  lässt  sich  eben-      *-:^^e^^ 
falls  leicht  nachweisen  (Fig.  10  s  u.  11  s).    fF 
Eine   Zellschicht    grosser  parenchyma- 
tischer,  im  Querschnitte  quadratischer,  von 
der   Fläche   gesehen   polygonaler   Zellen, 
deren  Wände    an   der  Innenseite   koUen- 
chymatisch  mächtig  aufquellen  (Figur  10 
und    11    qp.)    und   deren  Inhalt  in  Kali- 
lauge  sich  rothviolett  löst,  während    die  Je^'SSJm  "SbyaiTn"; 
der    Oberhaut    zugekehrten    Wände    nur  .  ^^^^^n^^VJ^^^iwi 
wenig  verdickt  sind,    ist  eine  besondere     weitsgewebe,  in 
EigenthÜmlichkeit  der  Sorghofrucht.  Diese  **""  ^'"*  ^"'^" 


o    Oberhaut; 
p    Mittelachicht;    8 
SohlftuobseUen ;  qp 
aufquellende!     Pa- 


Fignr  11.  Gewebetheile  und  St&rke  der  Sorghofrucht. 


31^"' 


q  p  aufquellendes    Parenchym     (von    der  Fliehe);     k    Klebersellen;    o'  eine 
Oberhautselle,  darunter  Sohlauohsellen  s;  it  Stftrkekörner. 


—     54    — 

quellbaren  Zellen  zeichnen  sich  durch  ihre  enorme  Grösse 
aus;  so  haben  beispielsweise  4 — 5  Kleberzellen  in  ihnen 
bequem  Raum.  Auch  ein  hyalines  Häutchen  als  Innen- 
abgrenzung ist  vorhanden.  Die  Kleberzellen  stehen  in 
einer  Reihe  und  sind  stark  tangential  (also  nicht  radial) 
gestreckt,  unregelmässig  viereckig  oder  gar  etwas  ein- 
gebuchtet (Fig.  10  u.  11  k);  nur  in  der  Nähe  der  Basis 
treten  mitunter  zwei  Reihen  auf  und  zeigen  die  Kleber- 
zellen eine  radiale  Streckung,  (lieber  die  Stärke  siehe 
den  betreffenden  Artikel). 

Aehnlich  ist  die  Zucker-  oder  chinesische  Sorgho- 
hirse {Sorghum  saccharatum  Pers^  Hohus  aacch,  L,)  gebaut,  die 
in  China,  Ostindien,  aber  auch  in  Nordamerika  vornehm- 
lich zur  Gewinnung  von  Zucker  cultivirt  wird.  Die 
Frucht  sammt  den  Spelzen  ist  etwas  grösser  (5  mm  lang). 
Die  rothbraune  Färbung  der  letzteren  lässt  sie  sofort  er- 
kennen.   Der  anatomische  Bau  ist  derselbe. 

Die  Pariser  Weltausstellung  (1878)  zeigte  auch  amerika- 
nischen Sorghozucker,  über  dessenZusammensetzungH,  Pel- 
1  et  (Dinglerspolytech.  Jour.,Bd.  234  p.  341)berichtet:  Zucker 
93.05,  Glycose  0.41,  Wasser  1.72,  Asche  0.68,  organische  Sub- 
stanz 4.14  Proc.  —  Auf  anderweitige,  der  Hirse  verwandte 
Gräser,  deren  Früchte  in  den  Tropen  als  Nahrungsmittel  Ver- 
wendung finden,  kann  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden. 
Die  chemische  Analyse  weist  der  Hirsefrucht  einen 
weit  grösseren  Nährwerth  zu,  als  dieser  etwa  dem  Reis 
zukommt;  es  kann  also  nur  als  ein  Fortschritt  begrüsst 
werden,  wenn  der  Hirseanbau  eine  grössere  Ausdehnung 
gewinnt,  wie  es  thatsächlich  nach  den  Productionsergeb- 
nissen  der  letzten  Jahre  den  Anschein  hat.  Das  spec. 
Gewicht  der  gemeinen  Hirse  beträgt  1.23  —  1.25.  Ge- 
schälte Hirse  enthält  in  Procenten: 

Wasser:        f^^^^'        jett:         Zucker:     ^;*'""+       stftrke:        Holifaser:     Asche: 
Sabstanz :  Gommi : 

11.26      11.29      3.56      1.18      6.06      60.09      4.25      2.31 
Die  Asche  enthält  in  Procenten: 

i        i 

■s        t-       1       I        I        • 

IsTsS     3.82     —     21.44     1.82     48721     2!o2     8.33     — 


—     55     — 

Weniger  reich  an  Stickstoffsubstanz  ist  die  Sorg  ho - 
hirse^): 

13.12        9.15        3.45        1.44  3.77         66.6         2.47 

Die  Aschenzusammensetzung  weicht  wenig  von  der 
der  gemeinen  Hirse  ab,  an  Kali  sind  30.34%,  Magnesia 
14.84%  vorhanden,  die  übrigen  Zahlen  sind  nahezu  gleich. 

üeber  die  Productionsverhältnisse  ist  einiges  Detail 
bei  dem  Buchweizen  einzusehen.  —  Griechenland  produ- 
cirte  im  Jahre  1875  gegen  22.652,  Franki*eich  im  Jahre 
1880  gegen  5  Millionen  Hektoliter;  an  Sorghohirse 
wurden  in  Algier  1876  527,900,  1877  141,000  Hekto- 
liter gewonnen. 

8.  Glanz-  oder  Canarienfrucht. 
(Ganariensame). 

Die  Frucht  des  Glanzgrases,  Phalaria  cana- 
riensis  L^  dient  insbesondere  in  Südeuropa  zur  Berei- 
tung von  Mehl,  das  sehr  fein  und  weiss  ist  und  eine 
bessere  Schlichte  als  Weizenmehl  abgeben  soll.  In 
Deutschland  wird  das  Glanzgras  nur  in  der  Umgebung 
von  Erfurt,  Weissenfeis  und  Tennstädt  gebaut;  das  Korn 
dient  da  wohl  nur  als  Vogelfutter. 

Die  ährenförmige  dichte  Rispe  hat  eine  längliche, 
eiförmige  Gestalt,  die  Balgklappen  sind  stark  zusammen- 
gedrückt und  auf  dem  Rücken  geflügelt.  Die  Spelzen 
umschliessen  das  reife  Korn  vollständig,  die  äussere  um- 
fasst  die  schmälere  innere;  am  Rande  und  am  Scheitel 
sind  beide  fein  bewimpert;  die  Spitze  der  äusseren  ist 
knorpelig  verdickt.  Das  bespelzte  Korri  (und  nur  solche 
kommen  im  Handel  vor)  ist  länglich  -  lanzettlich ,  etwas 
flachgedrückt  (von  der  Seite),,  beiderseits  zugespitzt,  matt 


*j  Eine  ADalvse  von  S torer  und  Lewis  (Centralbl.  f.  Agri- 
caltarohemie.1679  p.  73)  giebt  an:  Protein  8.68,  N-frete  Extractiv- 
stoffe-f-Fett  82,87,  CeHulose  7.51,  Asche  2.28. 


—    56     — 

strohgelb,  lebhaft  glänzend,  4  —  6  mm  lang,  2 — 2.5  mnn 
breit;  auf  jeder  Seite  sitzt  am  Grunde  ein  kurzes  be- 
haartes Rudiment  eines  unfruchtbaren  ßlüthchens.  Das 
entspelzte  Korn  ist  eiförmig,  beiderseits  zugespitzt,  von 
einer  dunkelbraunen  Samenschale  bedeckt,  innen  gelblich- 
weiss,  mehlig. 

Die  Stärkekömer  der  Glanzfrucht  sind  theils  grosse 
eiförmige,  ellipsoidische,  vielfach  zusammengesetzte 
0.02 — 0.04  mm  messende  Körner,  theils  einfache,  ausser- 
ordentlich kleine,  polyedrische  Körnchen,    , 


Anhang.  Als  Mannagrütze  oder  Schwaden 
werden  in  Schlesien,  Litthauen,  Preussen  und  Polen  die 
süssschmekenden  Früchte  des  Mannaschwingels,  Oly~ 
ceria  fluitans  R.  Br,^  einer  vielverbreiteten  Grasart  ge- 
sammelt und  zu  einem  Suppenmaterial  verwendet.  Die 
Pflanze  bedeckt  weite  Sumpfstrecken  in  den  genannten 
Ländern  und  besitzt  eine  lockere,  einseitige  Bispe;  aus 
den  am  Rücken  gerundeten,  grannenlosen  Spelzen  fallen 
die  glatten,  glänzend -braunen,  später  lichter  werdenden 
Kömer  leicht  aus  und  werden  durch  Ausschütteln  der 
Rispen  über  untergehaltene  Siebe  oder  Säckchen  ge- 
sammelt. Marktplätze  dieser  Waare  sind  Danzig,  Elbing 
und  Königsberg. 


9.  Buchweizen. 

Der  Buchweizen,  {Polygmum  Fagopyrum  L^  Fagopy^ 
rum  esculentum  AInch.)  nicht  den  Gräsern,  sondern  der 
Familie  der  Knöterichgewächse  (Polygoneen)  angehörig, 
scheint  zur  selben  Zeit,  als  der  Mais  vom  Westen  zu  uns 
gekommen,  von  Osten  her  aus  dem  Innern  Asiens  (Nord- 
china, Südsibirien,  Turkestan)  nach  Europa  eingewandert 
zu  sein.  Seit  dem  Beginn  des  16.  Jahrhunderts  kennt  man 
ihn  aber  schon  längst  als  aus  der  Fremde  eingeführt;  da 
hiess  er,  wieHehn  berichtet,  frumentumturcicum^),  dastür- 

^)  Der  Name  „Saraoenisches  Kom^S  »Sarassin^'  ist  noch  im 
Französichen  erhalten. 


—     57     — 

kbche  Getreide,  was  wohl  auf  seinen  Ursprung  deuten  mag, 
— oder  frumentumTartarorum,  woraus  unsere  Ahnen  „Tater- 
kom"  und  „Tattelkom"  gemacht  haben.  Türken-  und  Mon- 
golenstamme brachten  Buchweizen  an  die  Ufer  des  sehwar« 
zen  Meeres  und  von  da  mag  er  wohl  zunächst  in  Russland  i), 
das  noch  heute  als  sein  vorzüglichstes  Productionsland  gilt, 
heimisch  geworden  sein.  In  Deutschland  wurde  er  nur  in 
der  ungeflügelten  Varietät  bekannt  und  nach  der  Aehnlich- 
keit  mit  den  Früchten  der  Buche,  den  Bucheckern,  Buch« 
weizen  oder  auch  Heidenkorn,  als  von  den  Heiden 
kommend,  genannt  (Sonach  wäre  der  Name  Heidekorn, 
auf  Heiden  wachsend,  unrichtig.) 

Buchweizen  besitzt  die  am  weitesten  nach  Norden 
gehende  Verbreitung  (bis  zum  72  ^  n.  B.),  da  die  kurze 
Vegetationszeit  des  Nordens  genügend  ist,  ihn  zur  Keife 
zu  bringen;  er  benöüiigt  dazu  circa  100  Tage.  In  Moor- 
gegenden, in  welchen  die  Moore  abgestochen  und  einge- 
äschert werden  (daher  der  „Moorrauch"),  wird  er  vielfach 
in  die  Asche  gesäet  und  kann  da  den  14fachen  Ertrag 
liefern.  Grosse  Anbauflächen  finden  sich  auch  im  Norden 
der  vereinigten  Staaten  und  besonders  in  Canada.  Be- 
züglich der  Verwendung  sei  bemerkt,  dass  die  Buch- 
weizengrütze, russisch  Kasa,  und  die  aus  dem  Mehle 
gebackenen  Vorfastenkuchen  eine  unentbehrliche  natio- 
nale Speise  der  Russen  darst^en.  Die  Italiener  bereiten 
die  Polenta  nera  (in  Tirol  Plent  genannt),  aus  B.,  in 
Steiermark  und  E^ämten  kennt  man  die  aus  B.  herge- 
stellte Speise  als  Sterz. 

Eine  andere  Art,  der  tartarische  oder  sibirische 
Buchweizen  (P.  tartartcum  L.)  *)  kam  erst  im  vorigen 
Jahrhundert  nach  Europa  und  hat  ziemlich  dieselbe  Ver- 
breitung, liefert  aber  nicdit  gleich  gutes  Mehl  und  wird 
seltener  angebaut.    In  neuerer  Zeit  ist  auch  der  chine- 


*)  Daselbst  „Gretscha,  Gretschucha,  Gretschicha  genannt.  Die 
geflügelte  Varietät  (neuer  hoher,  japanischer  Buchweizen)  wird 
m  den  Östlichen  Gouvernements  des  mittleren  Eussland  (Moskau, 
Tula,  Pensa,  Woronesch,  Saratow)  und  jenseits  des  Uralp,  die  un- 
jeflügelte  in  den  Süd- West-Gouvernements  (Volhynien ,  Kiew, 
Minsk,  Pultawa)  cultivirt. 

*)  In  Russland  versteht  man  unter  „sibirischem  Buchweizen** 
eine  Varietät  von  Polygonum  Fagopyrum  mit   geflügelten  Früchten. 


—    58    — 

Bische  B.,  P.  marginatim  BtL^  (Chinesen  -  Mehl)  nnd  der 
japanische  B.,  P.  Süboidi  Bdnu>.  bei  uns  bekannt  gewor- 
den, ohne  als  Brodfraoht  Bedeutung  zu  erlangen. 

Das  Korn  von  P.  Fagopyrum  (var,  aptera)  ist  drei- 
kantig, zugespitzt,  5 — 7  mm.  lang;  an  der  Basis  fin- 
den sich  noch  Hüllenreste  ror;  der  Dickendurchmesser 
beträgt  8 — 4  mm.  Die  Kanten  treten  sehr  scharfschneidig 
hervor,  was  als  Untersoheidungsnuttel  gegenüber  dem 
tartarischen  Buchweizen  angesehen  werden  kann,  dess^i 
Früchte  stumpfe  Kanten  besitaen,  —  Die  Flächen  sind 
conyex;  die  Oberfläche  ist  braim  und  zeigt  lichtgraue 
Strichelchen  und  Punkte,  welche  oft  ziemlich  regelmäsdg 
yerlaufende  Zeichnungen  bilden.  Die  derbe  Frucht- 
schale wird  auf  eigenen  Mühlen  von  dem  Kerne  ent- 
fernt. Die  Epidermis  der  Fruchtschale  besitzt  unregel- 
mässig gelappte,  buchtige,  im  Kali  blassgelb  gefärbte 
Tafelzellen.  Die  äusserste  Eiweissschichte  enthält 
mit  Kleber  angefüllte  Parenchymzellen.  Die  übrigen  Ei- 
wei^szellen  sind  langgestreckt,  vieleckig,  weit  grösser,  als 
die  Kleberzellen,  und  sie  lösen  sich  in  Wasser  sehr  leicht 
von  einander  los,  so  dass  sie  wegen  ihrer  Form  und  des 
dichten  Stärkeinhaltes  ein  recht  auffallendes  Bild  ge- 
währen. Das  Gewebe  des  Keims  zeigt  im  Querschnitte 
eine  kreisrunde  Scheibe  mit  einem  Ring-  (Gefässbündel) 
und  einem  Marktheil,  dessen  rundliche  Zellen  zahlreiche 
dreieckige,  mit  Luft;  erfüllte  (daher  optisch  schwarz  er- 
scheinende) IntercellularräiuBe  zwischen  sich  enthalten. 
Die  Stärke  ist  gegen  Kalilauge  viel  resistenter,  als  die 
der  Gerealien;  über  ihre  Eigenschaften  vergleidie  den  be- 
treflfenden  Artikel. 

Die  chemische  Analyse  weist  ein^i  bedeutenden 
Gehalt  an  Stickstoffsubstanz,  aber  auch  an  kaum  verdau- 
licher Cellulose  auf;  nach  König  sind  in  Procenten  vor- 
handen: 

-,.„^^.      SÜekiUff.       -„.        StiftkiUffNe        -,,,,„„.  4,,u,. 

^«"'-       Sibltioi:         '*"=        EitTMtiviUlfe:         "'''f""'  *"^*- 

11.56     10.58     2.79       55.84         16.52        2.91 

Nach  Ritt  hausen  kommen  die  Proteinstoffe  jenen 
der  Hülsenfrüchte  zunächst  Die  Zusammensetzung  der 
Asche  ist  folgende: 


—    59 


m 

l 


S  S 

?.  ^  3  i 

J  1  I         I         I 

»a  C  v>  M  «J 

23.07     6.12     4.42     12.42     1.74     48.67    2.11     0.23     1.30 

Die  statistischen  Angaben  über  die  Productions- 
ergebnisse  vereinigen  mitunter  Buchweizen  und  Hirse 
miteinander;  von  Neumann-Spallart  theilt  folgende 
Zahlen  mit: 


Ter.  Staat  t.  Nordam.     1875—76      9  669  000  Baahtls 


1878—79     13  140  000       „ 
1879—80     13  695  000       „ 
Bussland.     ....     1876     30800000,     1877    29  000  000  Hektol. 
Dänemark      ....     1877  343  052,     1879         194625        „ 

Oesterreich-Ungani      .     1879       4  356  000  Hektol.  l    t>    v     • 

(nach  anderer  BeatunnMing      5  688  000       „)  }   '^"«iweizen 

Bamänien      ....     1876  711800       „  j     «»*  H»^- 

Frankreich    ....     1878     11545000,     1879       9  169  000  Hektl. 

1880  10  448  000  „ 
Beotsches  Bekh  .  .  1878  4  323 100,  1879  8  587  700  „ 
Niederlande    .'   .     .     .     1878      1  170  871 

(die  Ausfuhr  betrug  1879  25  200       „) 

Griechenland      .     .     .     1875  46  328  Hektol. 

(nach  anderer  Bestimmung     52  331        „) 


g 


& 


II.  Mahlprodacte  der  Brodfrttchte. 

(Mehl,  Stärke,  Gries  etc). 

1.    Weizenmehl, 

(Stärke,  Gries). 

Da8  Mehl  ist  das  feinst  gemahlene  Product  der  Mül- 
lerei und  enthält  Stärke,  stickstoffhaltige  Bestandtheile 
und  Gewebsfragmente. 

Unter  Stärke  im  Allgemeinen  versteht  man  in  ge- 
wissen Pflanzentfaeilen  gebildete,  organisirte  Korper  von 
bestimmter  Gestalt  und  Grösse,  die  chemisch  aus  Stärke- 
Cellulose  oder  Farinose  und  Granulöse  bestehen,  von 
wässeriger  Jodlösung   blau   gefärbt  werden   und   durch 


—     60    — 

Einwirkung  gewisser  Substanzen  (Speichel,  Säuren)  in 
Dextrin  und  Traubenzucker  sich  umzuwandeln  fähig  sind. 
Neuere  Untersuchungen  von  Walt.  Nägeli  haben  dar- 
gethan,  dass  noch  eine  Menge  anderer  Körper  an  der 
chemischen  Zusammensetzung  der  Stärke  sich  betheiligen, 
die  sich  durch  verschiedene  Löslichkeit  und  Färbung  mit 
Jod  charakterisiren.  Die  Bildungsstätte  der  Stärke  sind 
die  Blattgrünkörper  der  grünen  Pflanzentheile ,  haupt- 
sächlich der  Blätter.  Von  ihren  Erzeugnissstätten  wird 
sie  in  besondere  Speicherräume  geleitet  und  daselbst  als 
Reservenahrungsstoff  aufbewahrt,  bis  ihre  Verwendung 
zum  Aufbaue  neuer  Pflanzentheile  nothwendig  geworden. 
Solche  Speicherräume  sind  die  Knollen,  die  Wurzelstöcke, 
das  Mark  und  die  Markstrahlen  der  Stämme,  die  Früchte 
und  Samen.  Diese  können  daher  allein  nur  auf  Stärke 
ausgebeutet  werden. 

Die  Stärkekömer  bestehen  nicht  aus  einer  homo- 
genen Masse,  sondern  setzen  sich  aus  —  angeblich  wasser- 
ärmeren und  wasserreicheren  —  Schichten  zusammen,  die 
um  einen  centralen  oder  excentrischen  Kern  (Fritsche'- 
scher  Kern)  gelagert  sind;  in  Wasser  gekocht,  zerfiiessen 
die  Körner  und  bilden  den  Kleister.  Man  unterscheidet 
einfache  und  zusammengesetzte  Stärkekörner. 

w«««, ., /«.«K,  TT«K«oi.  Die  Weizenstärke 

Figur  12  (nach  ▼.  Hohne  1).  -^.  i_      i.   i.x 

(Flg.  12)  besteht  aus  ein- 
fachen und  zusammenge- 
setzten Kömern;  im  Mehle 
sind  letztere  gewöhnlich 
nicht  mehr  nachzuweisen. 

Die  einfachen  Körner 
werden   als   Gross-   und 
Kleinkörner     unterschie- 
den ;  es  ist  charakteristisch 

für  diese  Sorte,  dass 
Uebergangsgrössen  von 
grossen  zu  den  kleinen 
Körnern  nicht  vorhanden 
sind.  Die  grossen  Kör- 
ner   sind    genau    linsen- 

WeisenstArke  (Triticam  TQlfAre).  arots«        fÖnuiff    UUd      ZCiseU      ffe- 
und  kleine  ans  kAofl.  SUrke,  1  ZeUe  mit       „-aI^^U^I.  ««-  U^;«^C^U:^U 
Sttrkeinhalt  aas  Mehl.  WOnnilCIl  gar  KCine  OCIllCn- 


—    61     — 


tuDg;  diese  kann  erst  mittelst  verdünnter  Chromsäure 
sichtbar  gemacht  werden.  Der  Kern  liegt  central;  mitunter 
ist  nur  eine  centrale,  sternförmige  Kernhöhle  vorhanden; 
auch  radiale  Streifen  werden  wahrgenommen.  Das 
Grössenmaximum  beträgt  0.04  mm;  häufige  Werthe  sind 
0,02 — 0.0325  mm.  —  Die  kleinen  kugeligen  Stärkekömer 
messen  höchstens  0.0082  mm  i). 

Im  Weizenmehl  sind  weiters  noch  die  Eiweisskörper 
und  Reste  des  Schalengewebes  anzutreifen;  um  letztere 
bequem  auffinden  und  miki*osk.  untersuchen  zu  können, 
entfernt  man  nach  Steenbuch  die  Stärkekömer,  indem 
man  sie  durch  eine  Lösung  von  Diastase')  in  Dextrin 
und  Maltose  umwandelt,  die  Lösung  abgiesst  und  die 
Eiweissstoffe  mit  verdünnter  Natronlauge  entfernt.  Welche 
Gewebetheile  vorkommen,  ist  aus  dem  Absatz  „Weizen" 
zu  entnehmen;  häufig  findet  man  Querzellen  (Fig.  13) 
mit  scharf  begrenzten  Wandungen  und  zahlreichen,  auf- 
fallend dichtstehenden  Poren.    Figur    IS.    Frachthautaohiohten    aus 


Die     stickstoffhaltigen     Be- 
standtheile   entstammen  den 
Kleberzellen.     Die  Kleber- 
körner treten  in  stets  gleich 
grossen,  0,003  mm  messenden 
Körnern  auf,  während  diese 
bei  Roggen  und  Gerste  weit 
kleiner  sind.  Mehle  mit  Kle- 
berkörnern von  zweierlei 
Grösse   sind   stets  Gemenge, 
(y.  Höhnel).  Das  Einkorn- 
mehl hat  ebenso  grosse  Kle- 
berkörner, dagegen  Querzel- 
len, wie  sie  beim  Roggen 
vorkommen.   Zur  raschen 
Orientirung,  ob  eine  vorlie- 
gende Mehlprobe  Weizen- 
mehl ist  oder  nicht,  dient  die 


rigur 
dem  Weisenmehl  (Läogsansicht). 


G-C  QuersellenBohlclit;    B  -  B  Mittel- 

Bohicht  (Frnchtwandparenchym) ;  (Das 

Präparat  liegt  mit  der  Innenseite  nach 

oben). 


^)  Die  von  Wiesner  zosammengesteUten  Dimensionen  der 
Stärkekömer  verschiedener  Weizenspecies  lassen  nur  geringe  Un- 
terschiede erkennen. 

*)  Zur  Darstellung  der  Diastaselösung  werden  20  gr  Mehl  eine 
Stunde  mit  200  gr  kaltem  Wasser  unter  mehrmaligem  Schütteln 


—     62    — 

vortreffliche  Methode  von  Tomaschek.  Dieselbe  beruht 
auf  der  starken  Cohäsionskraft  des  Klebers.  Bringt  man  ein 
wenig  Weizenmehl  auf  den  Objectträger,  legt  das  Deck- 
gläschen darauf,  und  schiebt  dieses,  nachdem  man  zu  sei«* 
nem  Bande  Wasser  gebracht  hat,  welches  das  Mehl 
durchfliesst  —  sanft  hin  und  her,  so  vereinigen  sich  die 
Kleberkörner  zu  kleinen  würmchenartigen,  cylin- 
drischen  Körpern,  die,  im  Mikroskope  besehen,  einem 
feinkörnigen,  gallertigen  Strome  gleichen,  der  von  Stärke- 
körnchen rings  umgeben  ist.  Weder  Roggen-  noch  andere 
Getreidemehle  zeigen  ein  solches  zähflüssiges  Kleber- 
magma. 

Verfälschungen  des  Weizenmehles  mit  ßoggenmehl 
(auch  das  Umgekehrte  ist  vorgekommen)  sind  durch 
Prüfung  der  Stärkekörner,  der  Gewebetheile  und  insbe- 
sondere der  etwa  vorkommenden  Haare  nachzuweisen. 
Wittmack  hat  folgende  Angaben  in  praktischer  Weise 
zusammengestellt : 

Verhältnisse  der  Schale  bei   Weken:  bei  Roggen: 

a.  Die  Dicke  der  Schale  be- 
trägt im  Durchschnitt    .    43— 50mkm.  ^)  31 — 40mkm, 

b.  Die  Epidermiszellen  der 
Fruchtschale  (die  Längs- 
zellen) sind  lang    .     .    116— 160mkm.l36~400mkm. 

„    breit   .     .    .     20-28mkm.     26— 32mkm. 
ihre  Wandung   im    Durch- 
schnitt dick  .     ^    .     .     .     5.8—6.0     „     4.3—5.8     „ 

c.  Die  unter  der  Längszellen- 
schicht liegenden  Quer- 
zellen  der    Fruchtschale 


hingesetzt  und  dann  durch  ein  doppeltes  Filter  Ültrirt.  Von  der 
zu  untersuchenden  Mehlprobe  werden  10  g  mit  80 — 40  g  dest. 
Wasse  •  zu  einem  homogenen  Brei  ausgerührt,  das  Gemisch  wird 
in  ein  Becherglas  gebracht  und  ca.  150  g  kochendes  destillirtes 
Wasser  unter  Umrühren  mit  einem  Thermometer  zugesetzt.  Hier- 
durch wird  die  Kleisterbildung  eintreten,  indem  die  Tempe- 
ratur bis  75—80®  steigt.  Man  lässt  bis  55--60<*  erkalten  und  fügt 
80  ccm  von  dem  Eltrirten  klaren  Malzauszug  zu,  rührt  um,  BteUt 
das  Becherglas  auf  ein  Wasserbad  und  hält  die  Temperatur  wäh- 
rend 10  Minuten  auf  55—60°.  (Steenbuch,  Ber.  deutsch,  ehem. 
Ges.  XIV.  17). 

M  1  Mikromillimeter  =  0.001  mm. 


--     63    — 

(GürtekellenWittmack)       l>«im  Wei*ai:  beim  Eoggen: 

sind  iMig 114— 192mkm.  72— 90mkm; 

sind  breit 14 — 17mkm.      11 — 14mkm. 

ihre  Wandung  dick  .     .     .     5.8—8.7     „     3.3--5.0    „ 

rp"^/.  i„„^  f  sehr  deutlich    weniger   dicht 

lupieiung  ^     g^j^^  ^^j^^       ^^  undeutUch 

d.  Die  Kleberzellen  haben 
einen  längeren  Durch- 
messer von 56 — 72mkm.     40— 64mkm. 

einen  kürzeren  Durch- 
messer von 32 — 40    „         24—40     „ 

die  nahezu  isodiame- 
trischen Kleberzellen, 
welche  die  Mehrzahl 
bilden,  haben  einenDurch- 
messer  von 40 — 48    „         32 — 36     „ 

Die  Haare  erweisen  sich  als  gute  Unterscheidungs- 
mittel. Obwohl  das  Korn  entspitzt  wird,  ehe  es  gemahlen 
wird  —  es  wird  einerseits  der  die  Mühlsteine  mit  seinem 
Fette  verschmierende  Embryo  entfernt,  andererseits  der 
behaarte  Scheitel  abgebrochen,  damit  nicht  die  schmutz- 
sammelnden Haare  das  Mehl  verunreinigen  —  so  ge- 
langen doch  einzelne  Haare  oder  Theile  von  Haaren  in 
das  Mehl.    Es  beträgt  nun: 

beim  Weizen:  beim  Boggen: 

die  Länge  der  Haare      .  120 — 742  mkm.  50 — 420mlan. 
der      Durchmesser      der 

grössten 15—21  „  9—17  „ 

derselbe  an  der  zwiebel- 

fÖrmigen  Basis    ...  28  „  23  „ 

der  kleinsten      ....  9 — 10  „  8  „ 

an  der  Basis      ....  14  „  11 — 14  „ 

Weizen  hat  dickwandige  Haare  mit  engem 
Lumen,  Roggen  dünnwandige  Haare  mit  weitem 
Lumen. 

Die  Dicke  der  Wand  des  Haares  beträgt: 

beim  Weizen:  beim  Boggen: 

Durchschnittlich  ...  7  mkm.  3 — 4  mkm. 

Das  Lumen  ist  weit     .        1.4 — 2      „  7      „ 

selten  bis  5      „ 


—     64    — 


Figur  14,    Stärke  ans  dem  Samen  der  Kornrade.  - 


Andere  Verunreinigungen  des  Mehles  überhaupt 
rühren   von    den    mitgemahlenen    Samen    verschiedener 

Getreideun- 
kräuter (s.    S. 
24)  her,  insbe- 
sondere      der 
Kornrade, 
deren    auffal- 
lige     Stärke- 
kornmassen 
(Fig.  14)   und 
des   Wachtel- 
weizens , 
dessen       Ge- 
webeschichten 
(Fig.  15)  mi- 
kroskopisch 

leicht   nachweisbar   sind.      Sporen    des    Schmierbrandes 
(Fig.  15  spc.)  schädigen  den  Werth  des  Mehles.    Mutter- 


a  wurstartige  Stärkekörper  von  freien  Stärkekömohen 
umgeben;  b  Formen  der  Stärkekörper. 


Figur  15  (nach  v.  H  ö  b  n  e  1). 


korn  findet  sich  wohl 
nur  im  ßoggenmehl. 
Ein  sehr  einfacher 
chemischer  Nachweis 
verschiedener  Mehlver- 
unreinigungen besteht 
nach  Vogl  in  der  An- 
wendung einer  Mischung 
von  70procentigem  Al- 
kohiol    und    5  Procent 

concent.  Salzsäure. 
Eine  Mehlprobe  mit 
der  4— 5fachen  Menge 
dieser  Flüssigkeit  ge- 
^  mischt  und  geschüttelt, 
gibt  nach  einiger  Zeit 
—  meist  erst  nach  er- 

w.   Gewebe  der  Wachtelweiaensamen  (Melam- r-.i„|p.,.  ■pT»«rärmunff   bc- 
pyrum  arvenge);  m.  Gewebe  des  Mutterkornes  tOlglCr  r.rwd.ruiuug    ue 

spl.  Sporen  von  TiUetia  laevis,  apc  8p.  v.  TiU.     stimmte    rarDUngOn: 

caries  Schmierb^nd;^!.  Ba^^^^^^^  WeizCU-      Uud 

Roggenmehl    farblos    bis    schwach    gelblich;    —   remes 
Hafer-  und  Gerstenmehl  strohgelb;  reines  Kornradenmehl 


doDDC 
DqGC 


TU 


—    65     — 

und  Taomellolchinehl  orangegelb;  —  Wicken  und  Bohnen- 
mehl  pnrpnrroth; ' —  Erbsenmehl  und  Maismehl  gelb;  — 
Mutterkorn  blutroth«  —  Schon  5  Proc.  Kornrade  zu  Ge- 
treidemehl geben  eine  orangegelbe  Farbe;  —  5 — 10  Proc. 
Wicken  rosenroth  und  mehr  als  10  Procent  Tiolett;  — 
Mutterkorn  (bei  5  Proc.  schon  sehr  intensiT)  fleischroth. 
—  Weizen-  und  Roggenmehl  mit  Gersten-,  Hafer-  oder 
Maismehl  Terfalscht  geben  eine  blassgelbe  Farbe.  Korn- 
rade macht  das  alte  Brod  blaulich,  Wachtelweizen  und 
Elappertopf  violett  —  In  nassen  Jahren  sind  häufig 
schon  ausgewachsene  (in  Keimung  begri£fene)  Kömer 
das  Mahlobject  und  es  kann  eine  derartige  Beschaffen- 
keit mikrosk.  leicht  durch  die  in  Auflösung  begriffenen 
Starkekömer,  die  dabei  meist  eine  ausgezeichnete  Schich- 
tung zeigen,  nachgewiesen  werden. 

Chemische  Untersuchungen  ergaben,  dass  die  feineren 
und  feinsten  Mehle  wohl  mehr  Stärke  und  weniger  Stick- 
sto&ubstanzen  enthalten,  als  die  gröberen  (dunkleren), 
dass  aber  letztere  einen  weit  höheren  Gehalt  an  Cellu- 
lose  (und  Fett)  aufweisen  und  daher  an  Verdaulichkeit 
den  feineren  weit  nachstehen.  Insofeme  kann  daher 
den  feineren  Mehlen  eine  grössere  Nahrhaftig- 
keit zugesprochen  werden. 

Die  Güte  des  Mehles  hängt  in  erster  Linie  von 
der  Menge  und  Beschaffenheit  des  Klebers  ab;  so  ist 
beispielsweise  ein  Weizenkleber  von  vorzüglicher  Güte, 
der  200  Proc.  Wasser  zu  binden  im  Stande  ist,  ohne  zu 
zerfliessen.  Feines  Weizenmehl  soll  nicht  mehr  als  0.5 
bis  1.5  Procent  Kleie  enthalten;  der  Wassergehalt  des 
Mehles  darf  18  Procent  nicht  übersteigen,  da  es,  sonst 
schlecht  (dumpfig,  muffig,  mulstrig)  ¥drd.  (Weitere  De- 
tails siehe  Allgemeine  Waarenkundfe  I.  Bd.)  — 

Andere  Mahlproducte  des  Weizens  sind  die  Kleie 
(grobe  Sorte:  Schalkleie;  feine:  Grand-  oder  Gries- 
Üeie),  ein  vortreffliches  Futtermittel;  —  und  die  Griese, 
gröbere  Zerklein erungsproducte  mit  verschiedenem  Korn; 
die  feinsten  heissen  Dünste.  Schrot  wird  zu  Fütte- 
rungszwecken und  als  Brodmaterial  dargestellt. 


Hanausek,  Nahmngs- u.  Genussmittel a. d.  Pflansenreioh.     5 


66 


3.  Roggenmehl. 

Selbst  die  feinsten  Roggenmehle  sind  nie  so  weiss, 
wie  Weizenmehl  und  haben  immer  einen  Stich  in's  Grau- 
gelbe.  —  Die  Stärkekörner  (Fig.  16)  sind  denen  des 

Weizens  sehr  ähn- 

Fig.  16,      Boggttnstärke  aas  Mehl  (Seeale  cereale)     lich.  Werden  ebeu- 
(naoh  y.  Höhne  1).  i?  n        •  •    /•      i 

ialls  in  einfache 
und  zusammenge- 
setzte, erstere  in 
Gross-  und  Klein- 
körner unterschie- 
den. Die  Gross- 
körner sind 
linsenförmig  und 
messen  0.03  bis 
0.0528  mm,  am  . 
häufigsten  0.0369, 
0.04,  0.046  mm, 
sind  also  zumeist 
grösser  als  Wei- 
zenstärkekörner. 
Kern  und  Schich- 

Einfache,  Kasammenges.  («),   grosse,  kleine  Körner,       x„„^     ^«««l»«:^^«* 
*  z.  Th.  mit  radialen  Sprttigen.  tung     erschemeu 

selten  deutlich, 
dafür  sehr  häufig  eine  einfache,  oder  3  —  4-  und  mehr- 
strahlige Kernhöhle,  die  im  Weizenstärkekom  nur  selten 
wahrzunehmen  ist.  —  Von  Geweberesten  im  Roggenmehl 
sind  insbesondere  die  Querzellen  (Fig.  17,  2,  S.  67)  ein 
gutes  Erkennungsmittel,  da  sie  nur  spärliche  oder  gar 
keine  Poren  besitzen,  und  breiter  als  die  des  Weizen- 
komes  sind.  Die  Zusammenstellung  dieser  Unterschiede 
siehe  beim  Weizenmehl;  daselbst  sind  auch  die  wich- 
tigsten Verunreinigungen  angegeben.  Häufig  enthält  es 
Mutterkorn,  Raden,  Wicken  (Samen  von  Wicke,  Platt- 
erbse, Linse,  Schneckenklee,  Senf,  Leindotter  etc.).  —  Die 
Körner  des  Klebers  messen  O.OOIÖ— 0.002  mm.  Je  feiner 
das  Mehl,  desto  grösser  ist  der  Stärkegehalt,  und  desto 
weniger  kommen  Stickstoffsubstanzen  vor.  —  Auffallend 
weisses  Roggenmehl  ist  nach  Vogl  mit  Raden  verfälscht. 


—     67     — 

Auch  mit  Mehl  von  am  Feld«  ausgewachsenem  Getreide 
wird  in  regenreichen  Jahren  häufig  manipulirt.  „Solches 
Mehl    zeigt  die  sonst  fast   structurlosen  Getreidestärke- 


Figur  17  (nach  v.  Höhnel). 


Bog  gen.    Stttcke  der  Schale  (Kleie),  wie  sie  in  feinem  Mehl  liegen. 

1,  Mittelsohichtzellen :     2.   Qnerzellen ;     3.  Schlanchsellen ;     4.   n.   5.   braune 

(Samen)* Haut;   7.  Kleberzellenschiohte. 

körner  mit  schönen,  concentrischen  Schichten,  Spalten, 
Rissen,  Löchern  etc.  versehen,  auch  viele  verschrumpfte, 
unregelmässige  Körner".  In  England  und  Russland  mischt 
man  Durrah  (siehe  dieses)  und  „Com  flour"  (Revet,  Ge- 
menge von  Weizen-,  Reis-  und  Bohnenmehl)  hei.  An- 
organische Beimengungen  (Gyps,  Schwerspat,  Kreide, 
Sand)  weist  man  durch  Aschenbestimmungen  nach.  Der 
normale  Aschengehalt  beträgt  bei  feinem  Roggenmehl 
1.0—1.2  Proc,  bei  mittelfeinem  1.2—2.5  Proc.  —  Das 
„Kunstmehl"  ist  vornehmlich  Gyps. 

Das  Roggenmehl,  häufig  noch  mit  feiner  Kleie  ver- 
setzt, wird  zu  Schwarzbrod,  in  Nord  Westdeutschland  zu 
Pumpernickel  verbacken.  Die  Abfälle  sind  Futtermehl 
und  grobe  Kleie. 

5* 


—     68     — 


3.  Gerstenmehl  (Griesmehl). 

Eigentliches  Gerstenmehl  kommt  im  deutschen  Han- 
del nur  sehr  selten  vor;  es  ist  dann  nur  Nebenproduct 
bei  der  Gries-  und  Graupenfabrikation  (Gerstel,  Roll- 
gerste). In  Schweden  und  Norwegen  verwendet  man  es 
zur  Brotbereitung.  In  Weizen-  und  Roggenmehl  bewirkt 
es  einen  leicht  fliessenden  Teig  und  ein  dichtes,  brüchig 
und  hart  werdendes  Brod.     Dieser  Zusatz  gilt  als  eine 


Verfälschung,      Die   Firma 

Figur  18  (nach  v.  H  ö  h  n  e  1). 
Oeratenstärke    (Hordeam    sp.) 

(^  0 


OQ 


^% 


Grosse  und  kleine  Körner. 


Knorr  in  Heilbronn  bringt 
Gerstenmehl  als  Suppen- 
material in  den  Handel.  Es 
sieht  gelblich  aus  und  ist  sehr 
fein.  Die  Gerstenstärke 
(Fig.  18)  enthält  grosse  und 
Ueine  Körner;  die  grossen 
sind  denen  des  Weizens  und 
Roggens  ähnlich,  kleiner  als 
Roggenstärkekörner ;     sie 


Figur  19.    Oewebstheile  des  aeratenmehles  (Gerstenkaffee' s). 


o  OberhautzeUen  der  Spelze  von  der  Fläche  gesehen;  ki  rundliche  Kiesel- 
zellen:  ki' halbmondförmige  Kurzzellen;  q  Querzellen;  f  Fasersellen  der 
Spelze  mit  daran  liegenden  Pilzsporen  pi;  kl  Kleberzellen  (von  der  Fläche). 


—    69     — 


Figur  80  (nach  t.  HOhnel). 


messen  bis  0.035  mm,  häufig  0.012—0.02  mm.  Schich- 
tung und  radiale  Streifung  ist  sehr  selten  wahrzunehmen; 

sehr  häufig  sind  die  Kömer  nicht  vollkommen  kreisrund, 

sondern  elliptisch   oder  an    einer  Seite  schwach  concav. 

Die  Gewebestücke  der  Spelze  und  der  Fruchtschale  (Fig. 

19  u.  20)  finden  sich  immer  im  Gerstenmehl  und  lassen 

dasselbe   leicht   erkennen.    Die 

Spelzenoberhautzellen   mit   den 

wellenförmig  gebuchteten  Wän- 
den (Figur   19),  Bastfasern, 

Mittelschicht-    und    Querzellen 

mit  undeutlichen  Wänden  imd 

undeutlichen  Poren  kennzeich- 
nen das  Gerstenmehl  genügend. 

Behandelt  man  solche  Gewebe- 

theile  mit  Salzsäure,  so  zeigen 

sie  nach  Veraschung  die  Kiesel- 
skelete  von  Gefässbündeln, 

Haaren  und  Oberhautzellen  (Fig. 

20).    „Erstere  sehen  aus,    wie 

quergestreifte  Muskelfasern;  die 

Haare  sind  gross,  kegelförmig, 

mit    eben   solchen   Kappen  an 

der  Spitze,  die  Spelzenoberhaut- 

skelete  sehen  fast  gekröseartig 

aus;    helle,    wellig  gekräuselte 

Streifen  mit  gezackten  dunkleren 

abwechselnd"  (V.  HÖhnel).  Das  Glasartige  Kieselsäareskelete  der 
"a/ri.ij  ix         /^        i.  'A   Asche  von  Gerstenmehl  nach  Be- 

Meni    der    naCKten    IjerSte    zeigt   handlang  derselben  mit  Salzsänre; 

keine  Spelzengewebe.  —  Die  «  ^•*""'  ^  ^»»"»  «  Oberhaut. 
Aleuronkörner  messen  0.005  bis 

0.0015  mm.  —  Die  Aschenbestandtheile  des  Mehls  und 
der  Kleie  sind  in  ähnlichen  Mengen  wie  beim  Weizen  vor- 
handen; der  Stickstoffsubstanzen-Gehalt  beträgt  11  %,  — 

Die  Abfälle  bei  der  Rollgerstenfabrikation,  als 
Gerstenfuttermehl,  Gerstenfuttergries,  Grau-^ 
penfutter,  Graupenschlamm,  Gerstenkleie  sind 
gut  verwendbare  Futtermittel  und  enthalten  12.4—9.8  Vo 
Stickstoffsubstanzen.  — 

Aus  Gerstengries,  Fett  und  Salz  wird  die  conden- 
sirte   Griessuppe  dargestellt,   ein,  die   Reinheit  des 


—    70    — 

Products  vorausgesetzt,  wohl  vortreffliches,  aber  im  Ver- 
gleich zu  dem  Nährwerthe  viel  zu  theures  Nahrungsmittel. 

4.  Hafermehl  (Grütze). 

Nur  im  Spessart,  Schwarzwald  und  im  schottischen 
Hochland  wird  Hafermehl  mit  anderen  Mehlen  zu  Brod 
verbacken;  als  Grütze  zu  Suppen  dagegen  wird  Hafer 
ziemlich  häufig  verwendet.  Neuestens  wird  Hafermehl 
als  diätetisches  Nahrungsmittel  (Kindernährmehl)  viel- 
fältig angepriesen;  bei  der  Billigkeit  dieser  Waare  — 
500  Gramm  kosten  50  —  60  Pfg.  —  und  bei  einem  Stick- 
stoffsubstanzengehalt von  9.78  Proc.  (nach  König  14,29 
Proc.)  leistet  sie  mindestens  dasselbe,  wie  die  theuren 
Arrow-root's  und  mag  der  Empfehlung  wohl  würdig  sein*). 
Figur«!  (nach  v.Höhnei).^  Die  Haforstärke  (Fig.  21) 
besteht  fast  nur  aus  zusammenge- 
setzten Körnern;  2—300  Theil- 
kömer  bilden  kugelige  oder  ellip- 
soidische  Körper;  die  Theilkörner 
sind  kantig  polyedrisch,  ohne  deut- 
lichen Kern;  einzelne  Körner  sind 
rundlich,  citronen-  oder  spindel- 
förmig, nicht  geschichtet;  sie  ge- 
fnXM^Vt:!^mmTnglt  ^ören  ZU  dou  kleinsten  und  messen, 

e  einfache  und  Bruchkömer.    0.005  —  0.0125      mm,       Schr     häufig 

0.007 — O.Ol  mm.     Sehr  ähnlich  der  Haferstärke  sieht  die 
Taumellolch  stärke  aus  (Lolium  temulentum  L.)  (Fig.  22) 

nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  die  Theil- 
nach  v^^Höhnei).    kömcr   der  letzteren   noch  kleiner  sind 

und  0.0015 — 0.006  mm  messen. 

Im  Hafermehl  finden  sich  ausser  den 

schon     bekannten    Gewebresten     immer 

lange,  schmale,  dickwandige  Haare,  deren 
Taumeiioich  (Lolium  Bruchstückc  wio  sohr  regelmässige  Röbr- 
mJigeTeteTesärkS-  cheu  aussehcn;  im  Taumellolchmehl  fehlen 
körner.  <iiese  gäuzUch. 

^)  C.  H.  Knorr  in  Heilbronn  lu  Neckar  bringt  Hafermehl  in 
den  Handel  und  gibt  einen  Gehalt  von  9.78  Vo  Stickstoffsubstanzen 
und  0.678  %  Phosphoraäare  an ;  die  mikroskopische  Untersuchung 


—     71     — 

Die  Abfälle  bei  der  Grützebereitung  werden  als 
Hafer- Weissmehl,  Hafer-Rothmehl  und  Haferhtilsen  (Kleie) 
zu  \iehfutter  verwendet. 

5.  Maismehl  (Maizena). 

In  Nordamerika  und  in  den  europäischen  maisbauen- 
den Ländern  (Ungarn,  Rumänien)  wird  Maismehl  und 
Maisstärke  in  grosser  Menge  dargestellt.  Maizena  ist 
eine  sehr  reine  Maisstärke  aus  dem  mehligen  Theile  des 
Kornes.  Das  sogenannte  Amylum  dauci  ^)  ist  ein 
schmutziggelbliches,  schwach  riechendes  Mehl  von  Mais, 
in  dem  noch  grössere  goldgelbe  Stücke  (Kornstücke)  ent- 
halten sind.  In  NordamerDiia  mischt  man  Maismehl  mit 
Weizenmehl  und  bäckt  daraus  das  Steamed-Corn- 
bread.    (Siehe  übrigens  Mais.) 

Die  Stärke  (Figur  23)  besteht  aus  rundlichen,  und 
aus  scharfkantig-polyedrischen  Körnern, 
von  denen  erstere  insbesondere  im  meh-    (aach^?Hö*hnei). 
ligen,   letztere  im  hornigen  Theile  des     ^         ^ 
Maiskornes  sich  vorfinden;  auch  zu-      (  X  j  (^\  ^ 
sammengesetzte  sind  häufig;  beide  For-     ""^ —  f^^   {P 
men  besitzen  einen  centralen  Kern  oder     *^   0  L/    \J 
eine   centrale   Kernhöhle    mit  radialen     /J^  |^  ^ 
Spalten  in  Kreuz-  oder  Stemform.    Da     V^    ^  [^j 
sie   isodiametrisch   entwickelt   sind,   so 
geben  selbst  die  runden  Körner  von  ahn-      MaUstarke  (Zea 
Uchen  (linsenförmigen,  z.  B.  Gerstenstärke*  ^*^'»>' 

kömern)  ein  verschiedenes  Bild,  man 
merkt  die  „Körperlichkeit"  d^  Stärkekornes  sehr  auf- 
fällig. Sie  mess^i  0.008—0.035  mm,  meistens  0.0175  bis 
0X)2  mm.  Mitunter  ist  das  Korn  zerbrochen  und  fein 
ges^j^ift.  Ganz  ähnlich  sieht  die  Durrahstärke  (siehe 
diese)  aus. 


weist  aber  noch  andere  Stärkekömer  —  wahrsdieinlioh  von  der 
Gerste  —  nach,  die  vielleiclit  nur  zufälUig  in  dem  Producte  ent- 
halten sind. 

^)  Bas  mir  vorliegende  Amylnm  datioi  besteht  nur  ans 
Maismehl',  nach  Yogi  kommt  aneh  untar  diesen  Namen  Weisen- 
stärke vor.  Der  Name  ist  ein  ganz  willkührlioher,  denn  Daucus 
carota  bezeichnet  die  gelbe  Rübe. 


—     72    — 

Das  sehr  fette  Maismehl  wird  leicht  ranzig,  was 
durch  Zusatz  von  weniger  schwefeliger  Säure  verhindert 
werden  kann.  Verdorbenes  Mehl  und  Brod  wird  zum 
Heerde  von  Schimmelpilzen  und  entwickelt  ein  Gift  von 
strychninähnlichen  Eigenschaften,  das  als  Ursache 
der  Pellagra  (mailändische  Rose,  lomhardischer  Aus- 
satz), einer  in  Oberitalien  vorkommenden  gefährlichen 
Krankheit,  angesehen  wird.  — 

Der  Fettgehalt  des  Maismehles  beträgt  3.8  Proc; 
der  Stickstoflfsubstanzgehalt  14.00  Proc.  — 

6.   Reismehl. 

In  England  dient  Reismehl  als  Nahrungsmittel, 
bei  uns  als  Zusatz  zu  Ghokoladen,  zur  Appretur,  neuestens 
auch  als  Suppenmaterial.  Reisstärke  ist  ein  wichtiger 
Klebestoflf  und  ein  bekanntes  kosmetisches  Mittel.  Das 
Silberhäutchen  (siehe  Reis)  dient  als  Reiskleie  oder 
Reisfuttermehl  (auch  schlechtweg  Reismehl)  zu 
Thierfutter.  Die  Reisspelzen  (Reisschalen)  haben  gar 
keinen  Nahrungswerth  und  dienen  zur  Verfälschung  von 
Kleie  und  Reismehl.  — 

Die  Reisstärke  (Fig.  24)  ist  der 
.     i.^**S'n?^  -n      Haferstärke   ähnlich   und   besteht   aus 

(nach  ▼.  Höhn  Ol).  .    ,         ^_..  ,.  .     , 

zusammengesetzten  Körnern;  diese  smd 

0   4?^  kegel-   oder  eiförmig  und  enthalten  2 

^  O  5>  Q  bis  1 00  Theilkörner;  letztere  sind  scharf- 

&^^        a>    kantig    polyedrisch,    fast    krystallartig 

^  und   zeigen   mitunter    eine  Kemhöhle, 

aber  keine  Schichtung;  sie  messen 

0.006-0.008-0.012  mm.  Rundliche  Kömer 

fehlen.  —  Reismehl  ist  sehr  stärkereich, 

aber  arm  an  IQeber,    lässt  sich  daher 

nicht  gut  verbacken.     Vom  Hafermehl 

Fabrii^urke;  'm^^aat  kauu  man  CS  mikroskopisch  leicht  un- 

Äti^  'nSSShe'       terscheiden,  weil  im  Hafermehl  die 

Bruchkörner.  Stärke  uoch  iu  Zusammengesetzten  Kör- 
nern erscheint,  während  im  Reismehl  die  meisten  Stärke- 
kömer  einzeln  auftreten.  (Vergl.  auch  Buchweizen- 
mehl.) 


—    73 


7.  Hirse-  und  Sorghostärke. 

Hirsemehl  und  Hirsestarke  bilden  keinen  Handels« 
gegenständ.  Wir  beschränken  uns  hier  auf  die  Beschrei- 
bung der  Stärkekömer.  Hirsestärke  besteht  aus  ein- 
fachen, kantig  oder  abgerundet  polyedrischen  Körnern 
von  0.007—0.012  mm;  häufig  von  0.008  mm  Grösse;  fast 
bei  allen  ist  ein  Kern  angedeutet  oder  eine  kleine  Spalt- 
höhle mit  radialen  Sprunglinien  vorhanden.  Daneben 
finden  sich  immer  zahlreiche,  weit  kleinere,  fast  mole- 
culare  Stärkekörnchen  in  Häufchen  oder  Stengelchen, 
deren  Vorkommen  die  Hirsestärke  von  der  sehr  ähnlichen 
Reisstärke  unterscheiden  lässt. 

Die  Sorgho-  oder  Durrahstärke  (Fig.  25,  st)  ist  der 
Maisstärke  sehr  ähnlich;  bei  vielen  Körnern  ist  statt  der 

Figur  £5.   Qewebetheile  und  St&rke  der  Sorghofiracht. 


qp  •nfqaellendei    Farenchym     (von  (der  Fläche);     k  Klebersellen;   o' eine 
OberhautseUe,  darunter  Sohlaucbsellen  > ;  st  StftrkekOrner. 


sternförmigen  eine  einfache,  lineare  Kernhöhle  wahrzu- 
nehmen; sie  sind  auch  f  kleiner  als  die  des  Maises  und 
messen  0.014—0.02  mm,  häufig  0,016—0.018  mm. 


—    74    — 


Figur  26.    Bnehweisenttftrke. 


8.   Buchweizenmehl. 

Aus  Buchweizen  wird  Grütze  (Heidengrütze)  und 
Mehl  (eigentlich  ein  sehr  feiner  Gries)  dargestellt.  Das 
Mehl  ist  grauweiss  und  sandartig  kömig,  denn  es  ent- 
hält viele  vollständige,  mit  Stärke  strotzend  gefällte  poly- 
edrische  Parenchymzellen  (Rg.  26).  Es  dient  zur  Berei- 
tung von  Suppen,  Muss  (Sterz),  Würsten  etc. 

Es  kommen  einfache 
und  zusammengesetzte 
Stärkekömer  vor.  Die  ein- 
fachen, die  weit  zahlreiche- 
ren, sind  kugelig  oder  poly- 
edrisch,  mit  stets  deut- 
lichem Kern  oderEemhöhle, 
die  strahlige  Ausläuferzeigt. 
Grösse:  0.005—0.02,  meist 
O.Ol  mm.  —  Die  Theil- 
körner  reihen  sich  im  zu- 

•  Parenobjmsellen,  mit  Stirkekjirnern  SammengeSCtzten  KomO  SO 
erfaiU;  b  susuBmengeaetste ;  b'  unecht  ATlAlTlATlflAr  llaRR  IptTtprftR 
Bosammengesetste;    o   einf^he   StÄrke-  »"emanaor,     aabb     letzteres 

körner.  stabförmig  oder  drei-  bis 

vieleckig  erscheint.  Mit- 
unter sind  die  Berührungsflächen  der  Theilkömer  nicht 
wahrzunehmen  und  man  kann  dann  von  unecht  zusammen- 
gesetzten Stärkekömem  sprechen.  Die  stengelige  Form 
zusammengesetzter  Kömer  und  die  Kemhöhle  mit  radia- 
len Spalten  einfacher  Kömer  charakterisiren  diese  Stärke 
hinlänglich  gegenüber  der  ähnlichen  Reisstärke.  Um 
ßuchweizenmehl  von  Reismehl  zu  unterscheiden, 
kann  nebst  der  mikroskopischen  Untersuchung  auch  eine 
chemische  Probe  gemacht  werden,  die  von  Aug.  Lehn*) 
herrührt.  Man  verwandelt  die  Stärke  mittelst  conc.  Kali- 
lauge und  Wasser  unter  Erwärmung  in  Kleister  und  setzt 
nun  Salzsäure  hinzu.  Der  durch  die  E^alilauge  gelb- 
gewordene Kleister  des  Reismehles  erscheint  na^h  Zusatz 
von  Salzsäure  weiss;  der  Kleister  des  Buchweizens  wird 


»)  Pharm.  Centrh.  1883  p.  130. 


—    75     — 

durch  Kalilauge  dunkelgrün   und  hierauf  mit  Salzsäure 
behandelt  roth  gefärbt. 

Im  Getreidemehl  ist  das  Mehl  des  Windlings- 
Knöte  rieh -Samen  {Polygonim  Convotoulus^  ein  gemeines 
Unkraut)  häufig  zu  finden;  die  Stärkekömer  sind  denen 
des  Buchweizens  ähnlich,  messen  aber  0.004 — 0.008  mm. 


Anhang:  Besondere  Mehle  des  Handels  sind 
das  Liebig'sche  Backmehl,  das  Liebig'sche  Pud- 
dingpulver und  die  verschiedenen  Kindermehle. 
(Siehe  auch  Tapioca.)  Das  Liebig'sche  Backmehl 
ersetzt  die  Hefe  und  besteht  aus  Weizenmehl,  dem 
doppeltkohlensaures  Natron  und  saures  phosphorsaures 
Calcium  zu  etwa  1  Procent  beigemischt  ist.  Das  Pud- 
dingpulver enthält  Stärke,  Vanille,  Zimmt  und  andere 
Gewürze  mit  gepulvertem  Eiweiss  und  vielleicht  auch 
Mandelmehl.  — 

Aus  kleberreichem  Weizenmehl  werden  Nudeln 
(Maccaroni)  von  vorzüglicher  Qualität  in  Neapel,  Li- 
vorno,  Genua,  Turin  und  in  der  Auvergne  fabricirt  Ihre 
gelbe  Farbe  rührt  von  Eigelb  und  Safran  her.  Verwerflich 
ist  die  Anwendung  der  giftigen  Pikrinsäure;  sie  färbt 
Wolle  und  Seide  schön  gelb  und  lässt  sich  durch  Al- 
kohol oder  Aether  ausziehen. 


111.  Die  Httlsenfrttchte  und  ihre  Stärke. 

Die  Ordnung  der  Leguminosen  oder  Hülsenfrucht- 
pflanzen enthält  zahlreiche,  für  das  Menschengeschlecht 
hervorragend  nützliche  Pflanzen  i)  und  ist  durch  den  Frucht- 
bau gut  gekennzeichnet.  Die  Frucht  ist  eine  einfächerige 
(aber  auch  bei  einigen  Acacien  gegliederte)  aufspringende 
Kapsel  (zum  Unterschied  von  der  Schote,  die  zweifacherig 
ist),  in  der  gewöhnlich  mehrere  Samen  enthalten  sind. 
In  den  meisten  Fällen  sind  es  wohl  nur  die  Samen,  die 
ein  höchst  werthvoUes  Nahrungsmittel  abgeben;  doch  wer- 


^)   Insbesondere    die    Unterabtheilong    der    Papilionaceeu 
oder  Schmetterlingsblüthigen. 


—  re- 
den aber  auch  häufig  die  unreifen  Hülsen  mit  ihrem  In- 
halt (Bohne)  genossen  und  stellen  sonach  ein  eigentliches 
Gemäse  dar.  Da  sie  aber  in  diesem  Zustande  nicht 
Objecte  des  allgemeinen  Verkehrs  sind  und  nur  locale 
Bedeutung  besitzen,  sollen  dieselben  hier  nicht  weiter 
berücksichtigt  werden. 

Die  geniessbaren  Samen  der  Leguminosen,  die  im 
Handel  kurzweg  mit  Hülsenfrüchten  bezeichnet  wer- 
den,  stehen  allen  vegetabilischen  Nahrungsmitteln  an 
Reichthum  von  StickstofFsubstanzen  voran.  Sie  enthalten 
die  sogenannten  Pflanzen-Caseine  (siehe  die  Brodfrüchte), 
insbesondere  das  Legumin  und  höchstwahrscheinlich  auch 
etwas  Albumin.  Die  übrigen  für  die  Ernährung  werth- 
voUen  Stoffe,  Fett  und  Stärke  sind  ebenfalls  reichlich 
vorhanden  und  letztere  zeigt  ausser  den  morphologischen 
Eigenthümlichkeiten  auch  eine  Verschiedenheit  in  che- 
mischer Hinsicht  gegenüber  der  Gerealienstärke,  da  sie 
sich  nur  schwierig  durch  Diastase  in  Zucker  überführen 
lässt.  Zu  dem  bedeutenden  Nährwerth  der  Hülsenfrüchte 
kommen  noch  die  einfachen  Culturbedingungen  und  die 
kurze  Vegetationszeit  (3 — 4  Monate),  die  insgesammt  die 
Hülsenfrüchte  in  allen  Ländern  und  Welttheilen  zu  her- 
vorragenden Nahrungsmitteln  gemacht  haben;  durch  die 
grosse  Ausdehnung  des  Verkehrs  sind  auch  zahlreiche 
neue  Arten  in  Europa  bekannt  geworden,  die  in  vielleicht 
nicht  ferner  Zeit  Objecte  des  europäischen  Marktes  wer- 
den dürften. 

Im  anatomischen  Bau  zeigen  die  Samen  der  Legu- 
minosen, als  einer  Ordnung  angehörig,  viel  Ueberein- 
stimmendes.  .Dasselbe  gilt  mr  die  Formen  der  Stärke- 
körner der  einzelnen  Arten,  die  nur  durch  genaue 
Messungen,  insbesondere  durch  Feststellung  des  am  häu- 
figsten auftretenden  Längenmaasses  und  des  Längen- 
maximums, wie  Wiesner  ^)  nachgewiesen,  auseinander 
gehalten  werden  können.  Die  Morphologie  der  Legu- 
minosensamen wird,  da  sie  bei  allen  hiehergehörigen 
Samen  dieselbe  ist,  an  der  Erbse  ausführlich  besprochen. 


*)  Einleitung  in  die  technische  Mikroskopie,  Wien  1867  p.  208. 


—     77     — 


1.    Erbsen. 

Die  Gattung  Pisum  enthält  mehrere  Arten,  von 
denen  die  Saat-,  Garten-  oder  weisse  Erbse  (Pisum 
sativum  L,)  und  die  Acker-  oder  graue  Erbse  (Pisum 
arvense  L,)  am  häufigsten  angebaut  werden.  Die  zahl- 
reichen Sorten  des  Handels  lassen  sich  botanisch  nicht 
gut  unterscheiden;  bekannte  Sorten  sind  a)  die  weisse 
Felderbse  (Samen  klein,  kugelig,  gelb);  b)  die  gemeine 
Brockelerbse  (Samen  grösser,  kugelig,  gelb);  c)  die 
Kaiser-  oder  Klunkererbse  (Samen  länglich,  grünlich 
oder  bläulich) ;  d)  die  Z  w  e  r  g  er  b  s  e.  Nach  dem  Gebrauche 
unterscheidet  man  Zuckererbsen,  die  im  grünen  Zu- 
stande mit  den  Hülsen,  und  Schal-  oder  Pahlerbsen, 
die  ohne  diese  genossen  werden. 

Die  Gartenerbse  (P.  sativum)  besitzt  kugelige  gelblich- 
weisse,  bläuliche  oder  grünliche  Samen  von  6  —  8  mm 
Durchmesser;  ihre  Samenhaut  ist  bei  vollkommener  Reife 
(und  vollkommen  entwickeltem,  nicht  verkümmertem 
Samen)  glatt  oder  nur  sehr  wenig  gerunzelt,  matt,  kaum 
glänzend  und  zeigt  einen  kleinen  zweieckig -elliptischen 
oder  ovalen  Nabel  {HiJum^  die  Stelle,  mittelst  welcher 
der  Same  durch  einen  kurzen  Strang  an  dem  Samen- 
träger der  Hülse  festgewachsen  war);  von  diesem  ziehen 
zwei  divergirende  Streifen  im  Bogen  nach  rechts  und  links 
auswärts  und  stellen  den  Abdruck  der  seitlichen  Begren- 
zung des  darunter  liegenden  Würzelchens  vor.  Zwischen 
dem  Scheitel  dieses  durch  die  Streifen  hervorgerufenen 
Winkels  (der  Spitze  des  Würzelchens)  und  dem  Hilum 
ist  eine  nur  mit  der  Lupe  wahrnehmbare  punktförmige 
Vertiefung,  die  Mikropyle  oder  der  Keimmund  (Mund- 
närbchen)  wahrnehmbar.  Auf  der  entgegengesetzten  Seite 
des  Hilums  befindet  sich  eine  warzenförmige  Erhabenheit, 
die  Samenschwiele  oder  Chalaza  genannt,  die  mit 
dem  Hüum  durch  einen  1 — 2  mm  langen  Streifen  —  die 
Raphe  (Samennaht,  Nabelstreif)  —  verbunden  ist.  Von 
in  Wasser  eingeweichten  Samen  lässt  sich  die  Haut  leicht 
abziehen  und  wir  finden  als  Samenkern  zwei  planconvexe 
gelb    gefärbte    hornige    Keimlappen,    Keimblätter 


—     78    — 

(Kotyledonen),  die  mit  den  planen  Flächen  aneinander 
liegen  und  nur  an  einer  Stelle  miteinander  yerbunden 
sind;  dort  nämlich,  wo  die  divergirenden  Streifen  der 
Samenhaut  die  Umgrenzung  des  darunter  liegenden  Ge- 
bildes andeuteten,  finden  wir  das  Axenorgan  des  Embryo, 
das  konisch  zugespitzte  Würzelchen  (Kadicula,  ca. 
3'~4  mm  lang),  das  seitlich  an  der  Fuge  beider  Kotyle- 
donen liegt  (und  diese  als  erste  Blätter  trägt);  wir  nennen 
solche  Samen  Seitenwurzelige  oder  Pleurorhizae. 
Schlägt  man  nun  die  beiden  Kotyledonen  auseinander,  so 
erscheint  zwischen  ihnen  gewissermaassen  als  Fortsetzung 
der  radicula  der  (späterhin  oberirdische)  Axentheil 
(das  Federchen,  plumula)^  der  den  primären  Stengel 
mit  dem  ersten  Blattknöspchen  vorstellt.  Die  Samen  der 
Leguminosen  sind  demnach  eiweisslose  Samen,  d.  h.  der 
ganze  Samen  stellt  den  Keimling  dar  und  die  reichlich 
mit  ReservenährstofFen  angefüllten  Kotyledonen  ersetzen 
das  Endosperm  (der  eiweisshaltigen  Samen),  indem  sie 
der  keimenden  Pfliuaze  diese  Stoffe  zuführen,  dabei  ein- 
schrumpfen und  gewöhnlich  zuletzt  zu  Grunde  gehen.  — 
Neuere  Untersuchungen  haben  aber  gezeigt,  dass  eine 
der  Samenhaut  anliegende  Gewebeschicht  als  Eiweiss  ge- 
deutet werden  kann,  obwohl  sie  für  die  keimende  Pflanze 
wohl  keine  Bedeutung  hat.  Wir  werden  diese  Schichte 
auch  als  Eiweiss  bezeichnen. 

Die  Samen  der  Ackererbse  (P.  arvense  L.)  sind 
graugrün,  braunpunktirt  und  etwas  kantig  eingedrückt 
Trocken  und  abgelagert  erscheinen  sie  braun  mit  schwärz- 
lichen Punkten;  die  Eindrücke  correspondiren  in  der  Lage 
miteinander.  Das  Hilum  ist  oval,  lichtgefärbt,  die 
Ghalaza  als  eine  schwarzbraune  Warze  sehr  auffällig; 
die  Mikropyle  liegt  zwischen  zwei  kleinen  enge  neben- 
einander stehenden  Höckerchen,  die  meist  schwarz  sind. 
Man  unterscheidet: 

a)  F.  arvense  Schübl.,  Stockerbse  mit  kleinen  Samen; 

b)  P.  quadratum  Mill.,   Ecker-,   graue  Wintererbse   mit 
kantigen  Samen; 

c)  P.  kptobbum   Rchb.,   Holländische,   Zuckererbse   mit 
grossen  runden  Samen. 


—    79 


Die  Kotyledonen  sind  ebenfalls  bornig,  erbsengelb 
und  zeigen  an  der  Conyexäädie  die  erwäinten  Ye^ie- 
fangen  und  Buckeln. 

Der  anatomische  Bau  der  Samenhaut  und  der 
Keimlappen  ist  folgender.  Bei  P.  sativum  liegt  unter 
einer  Cuticula  eine  Schichte  sehr  charakteristischer, 
radial  gestreckter,  sehr  schmaler  und  ohne  Zwischen- 
räume aneinanderschliessender  Zellen,  (Längendurch- 
messer zumeist  0.06  —  0.1  mm),  deren  Wände  mit  dem 
Radius  parallel  und  gerade  verlaufen  (Figur  27  p);  sie 
sind    ungleichmässig    verdickt,    so 

dass  im    ersten   (äusseren   oder     mg.  a?.  Partie  einei  Quer- 
oberen) Längsdrittel  gar  kein  Lumen  «o»»»*"««  duroh  den  samen 

,         '^i'xj^        11-     i-       •       x  *•'  öartenerlwie. 

wahrzunehmen  ist;  dasselbe  beginnt 
als  Strichelchen  und  endet  im  un- 
teren (innersten)  Drittel  als  eine 
unregelmässige  mit  Farbstoff  erfüllte 
Höhlung.  Zugleich  fällt  dem  Be- 
schauer eine  quer  über  die  Mitte 
dieser  Zellen,  die  wir  ihrer  Form 
wegen  Pallisadenzellen  nennen, 
und  die  fast,  allen  untersuchten 
Leguminosensamen  eigen  sind,  eine 

bei    wechselnder    Einstellung    des        

Objectives  ebenfalls   sich   verschie-  p^-I/C 
bende  Lichtlihie  auf,  ein  optisches 
Phänomen,  über  dessen  Entstehung 
die  Ansichten  noch    getheilt  sind; 
femer  nimmt  man  insbesondere  im 
ersten  Drittel  der  Pallisadenzellen 
zahlreiche,  ein  Netz  bildende  Poren- 
canäle  wahr  (Figur  27  p),    die  die 
seitlichen   Zellbegrenzungen  verun- 
deutlichen.  An  von  der  Fläche  ge- 
sehenen Samenhautpartieen  erschei-  fj^^^l^if^:'  i  5?'*\?"k  ®^' 
nen  die  Zellumnsse  polygonal  und  une  soMohte ;  —  k  xieber- 
die   Lumina   als    dunkle,    unreeel-  .täSimhJend^s^PMen'Th^. 
massige  auch  sternförmige  Flecken 
(Figur  28  p).   Die  zweite  Schichte  der  Samenhaut  heisst 
wegen   ihrer   eigenthümlichen  Ausbildung   die    Säulen- 


—    80    — 

Zellenschichte ^).  Diese  besteht  aus  stark  verdickten 
(sklerenchymatischen)  Zellen  (Figur  27  s)  die,  im  All- 
gemeinen radial  gestreckt,  an  jenen  Stellen,  wo  sie  an 
die  Pallisadenzellen  stossen,  und.'an  dem^entgegengesetzten 
Ende  zu  beiden  Seiten  ihrer  Längsaxen  sich  erweitem 
(wie  die  Capitäler  der  Säulen),  in  Folge  dessen  die  in 
der  Längsmitte  liegenden  Zellwandpartieen  zweier  benach- 
barter Zellen  sich  nicht  berühren  können  und  daher 
weite  Tim  Querschnitte  rechteckige  oder  elliptische)  In- 
tercellularräume  schaffen,  die  Unkundigen  auch  als 
Zelllumina  imponiren  können.  Ihr  körniger  Inhalt  ist  in 
Kali  löslich.  Auch  der  Vergleich  mit  Spulen  ist  für  diese 
Zellen  sehr  zutreffend;  v,  Höhnel  nennt  sie  deshalb 
„Spulenzellen"  und  benützt  ihre  Form  (und  die  der 
Pallisadenzellen)  zur  Unterscheidung  der  Leguminosen- 
mehle. Die  dritte  Schichte  —  die  Parenchymschichte 
—  besteht  aus  stark  zusammengequetschten  Parenchym- 
zellen,  die  in  Wasser  und  noch  mehr  in  Kali  aufquellen, 
dünne  farblose  Wände  und  grosse  Lumina  aufweisen 
(Fig.  27  pa). 

Den  Abschluss  der  Samenhaut  bildet  ein  hyaliner 
Streifen,  in  dem  feine  Strichelchen  die  Lumina  zusam- 
mengequetschter (und  selbst  in  Kali  nicht  gut  kenntlicher) 
Zellen  andeuten;  wir  nennen  diese  Schichte  die  Eiweiss- 
schichte  oder  das  Album en  (Fig.  27  h). 

Das  Gewebe  der  Keimlappen  enthält  als  äusserste 
Keihe  kleine  polyedrische  nur  mit  Proteinkörnem  (Kleber) 
angefüllte  Zellen  (also  auch  eine  Art  Kleberschichte) 
und  im  übrigen  grosse  vieleckig- rundliche  Zellen  von 
0.08  —  0.10  mm  Durchmesser,  deren  Wände  glatt  und 
verdickt  sind  und  zahlreiche  im  Querschnitt  3  —  4  eckig 
erscheinende  Intercellularräume  zwischen  sich  ein- 
fichliessen.  In  den  Zellen  liegen  in  Proteinkörner  ein- 
gebettet die  Stärkekörner.  Einen  schönen  Anblick  ge- 
währen Präparate,  die  mit  Jod  behandelt  worden  sind. 
Dieses  färbt  die  Stärkekörner  tiefblau,  die  Proteinkörner 
(Kleber,  Aleuron)  goldgelb,  während  die  Zell  Wandungen 
farblos  bleiben.  Cochenillelösung  färbt  die  Proteinkörner 
sofort  Violettroth  (Figur  27  k,  z). 

')  Nach  „Sempolowsky,   Beiträge  zur  Kenntniss  des  Baues 
der  Samenschale".    Inaug.-Diss.  Leipzig  1874  (p.  25). 


—    81     — 

Die  Stärkekörner  der  Hülsenfrachte  ^)  sind  im 
Allgemeinen  oval,  breiteiförmig,  elliptisch  oder  nieren« 
fönnig,  mitunter  mit  drei  conyexen  Flächen  versehen; 
sie  zeigen  eine  fast  immer  ganz  ausgezeichnet  deutliche 
Schichtung  und  zumeist  eine  grosse  längliche  Eemhöhle, 
von  der  Sprunglinien  ausgehen,  welche  das  Korn  durch- 
setzen. Die  Aehnlichkeit  der  Stärkekömer  der  einzelnen 
Hülsenfruchtarten  ist  eine  bedeutende,  und  nur  genaue 
Messungen  und  etwaige  Qewebereste  können  unterschei- 
dende Merkmale  gewinnen  helfen.  Es  hat  sich  als  be- 
sonders werthvoU  die  Angabe  der  häufigsten  Längen- 
durchmesser und  die  der  Längenmaxima  herausgestellt. 

Die  Stärkekörner  der  Saaterbse  (Figur  28  st)  sind 
länglich- eiförmig,   eirundlich,   schmal  -  langnierenförmig, 

Figur  28.    Gartenerbse. 


p  FalliMdeiisellen  yon  oben  geiehen ;  it  Stftrkekömer. 


m  ^  0 


selten  rundlich  -  dreieckig;  die  Kemhöhle  stellt  einen 
dunklen  Spalt  dar,  die  Schichtung  ist  sehr  deutlich  und 
die  Schichtungslinien  sind  viel  zahlreicher  als  an  der 
Bohnenstärke,  was  als  Unterscheidungsmittel  reöht  gut 
verwendet  werden  kann. 

Längsdurchmesser: 

Häufigste  Längen:  Längenmaximum: 

0.03  —  0.042  mm.  0.060  mm*). 


1)  Wiesner,  techn.  Mik.  p.  208  und  Rohstoffe  289;  Vogl  1.  o. 
p.  39  u.  44. 

«)  Nach  Wiesner  techn.  Mik.  p.  208,  häufigste  Lftnge  0.057, 
Maxim.  a065. 

Hanauseki  Nahrnngt«  u.  Gennssmittel  a.  d.  Pflanzenreich.    6 


—    82 


Figur  29. 


Die  Erbse  besitzt  unter  allen  untersuchten  Hülsen- 
früchten die  grössten  (resp.  längsten)  Stärkekömer^ 

In  dem  Bau  der  Samenhaut  der  Ackererbse  (P. 
arvense)  zeigt  sich  keine  besondere  Abweichung.  Die 
Färbung  der  Decke  bedingt  das  Vorhandensein  eines  tief- 
braunen FarbstoflPes,    der  in  den  Zellräumen  der  Palli- 

saden-  und  Parenchymzellen 
enthalten  ist  und  in  Kalilauge 
sich  goldgelb  löst.  Das  Paren- 
chym  ist  etwas  schwächer  ent- 
wickelt. Die  Keimlappenzellen 
besitzen  ebenfalls  glatte  Wände. 

Die  Stärkekörner  dagegen 
haben  ein  ganz  anderes  Aus- 
sehen; sie  sind  unregelmässig 
nierenförmig  mit  scharfen  Ein- 
buchtungen und  Kerben  ver- 
sehen, so  dass  der  Contour 
der  einen  Hälfte  eines  Stärke- 
kornes mit  dem  der  andern 
Hälfte  Winkel  einschliesst  (Figur  29).  Eine  Beschrei- 
bung derselben  ist  nicht  gut  möglich  und  es  muss  daher 
auf  die  Figur  verwiesen  werden.  Sie  sind  auch  etwas 
kleiner: 

Längsdurchmesser : 

Häufigste  Länge:  iUtngeiiinaziiniim : 

0.030  —  0.033  mm  0.04  mm. 

Die  Erbsen  haben  nach  König  folgende  chemische 
Zusammensetzung  in  ^jo: 


StärkeköTBer  der  Felderbae. 


Wasser : 
14.31, 


Stickstoff- 
Substani: 

22.63, 


Fett: 
1.72, 


stickstofffreie 
Extraetstoffe: 

53.24, 


Holxfaser:  isehe: 

5.45,        2.65. 


Der  Legumingehalt  ist    nach  von   Bitthausen 
folgender: 

Felderbsen :  Gartenerbsen : 


gelbe:        grüne:         graue: 
9.45        8.95        7.30 


gelbe: 
5.40 


—    83     — 

Ausserdem  soll  noch  Eiweiss  Torhanden  sein«     Der 
Stärkegehalt  beträgt  42.55,  die  Dextrimnenge  6.50  ^/o. 
Die  Asche  enthält: 


I 


5 

1 

« 

1 

t 

1 

1 

1 

i 

SS 

0.86, 

36.43, 

3.49, 

0.86, 

1.54 

41T79,    0.96,    4.99,     7.96, 

Die  Schale  wird  bei  den  „geschälten  Erbsen"  durch 
Zerquetschen  der  Samen  und  durch  Sieben  entfernt;  solche 
Erbsen  enthalten  21.12  %  Stickstoflfsubstanz,  60  ^o  stick- 
stofffreie Extractivstoffe  und  2.64  %  Holzfaser.  — 

Erbsenmehl  ist  gegenwärtig  ein  vielgebrauchter 
Artikel  und  liefert  (z.  B.  für  Militärverwaltungen)  mit 
Speck,  Zwiebel,  Salz  und  Gewürzen  versetzt  die  Erbs- 
wurst. „Condensirte  Erbsensuppe"  ist  mit  Fett 
und  Salz  in  Täf eichen  gepresstes  Erbsenmehl;  auch  mit 
getrocknetem  und  gepulvertem  Fleisch  wird  getrocknetes 
Erbsenmehl  zu  Erbsen  fleischtafeln  gepresst.  lieber 
den  Werth  dieser  Artikel  sagt  König  1.  c.  p.  293;  „Nur 
für  die  See  und  kriegführende  Heere  können  derartige 
Präparate  Bedeutung  und  Zweck  haben,  insofern  es  sich 
darum  handelt,  aus  einem  leicht  transportirbaren  Nah- 
rungsmittel möglichst  schnell  eine  geniessbare  und  kräf- 
tige Speise  zu  erhalten.  .  .  .  Dass  derartige  Nahrungs- 
mittelpräparate, wenn  ihr  Preis  bei  Verwendung  reiner 
Materialien  ein  angemessener  ist,  auch  auf  Reisen,  für 
Arbeiterfamilien  etc.  von  nicht  zu  unterschätzender  Be- 
deutung sind,  braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden". 

Um  die  Verdaulichkeit  zu  erhöhen,  werden  die  Legu- 
minosenmehle gekocht,  getrocknet  und  können  dann  lange 
aufbewahrt  werden.  C.  H.  Kn  0  r r  (Heilbronn)  liefert  Päck- 
chen gekochten  Erbsen-,  Linsen-  und  Bohnenmehles  in 
reinem  Zustande,  was  ich  durch  meine  Untersuchungen 
bestätigen  kann.  Im  unreifen  Zustande  liefern  die  Erbsen 
ein  beliebtes  Gemüse. 

Die  Erbsen  sind  schon  im  fernsten  Alterthum  be- 
kannt gewesen:  Homer  thut  derselben  Erwähnung 
(wahrscheinlich  ist  die  Kichererbse  gemeint)  und  sie  bil- 

6* 


—     84    — 

deten  die  frugale  Mahlzeit  der  ärmeren  Yolksclasse,  da- 
her auch  bei  gewissen  Festen,  insbesondere  bei  den 
Floralien  Bohnen  und  Eichern  unter  das  Volk  ausgestreut 
wurden. 

Exportländer  für  Erbsen  sind  Deutschland,  Holland, 
Polen,  Ungarn,  Frankreich,  Nordamerika,  Aegypten;  letz- 
teres Land  producirt  Erbsen  im  Werthe  von  871.360 
Mark;  nach  England  wird  viel  importirt.  Einen  grossen 
Verbrauch  weist  auch  die  Schweiz  auf,  die  im  Jahre 
1880  21,747  Ctr.  aus  Deutschland  (und  Oesterreich)  ein- 
führte. Auf  den  Fruchtbörsen  werden  Erbsen  als  Koch- 
und  als  Futterwaare  gehandelt. 

2.  Kichererbsen  (Gaxbanzos). 

Die  Ki eher erh s e  (Cicer  arietinum L,^  Kaffee-,  römi- 
sche Erbsen,  it.  Ciceri,  span.  Garbanzos  oder  Gar- 
vanzos)  wird  in  Südeuropa  und  mitunter  auch  in  Deutsch- 
land angebaut;  im  südlichen  Frankreich  und  in  Spanien 
(Sevilla)  vertritt  sie  unsere  Erbse  und  ihre  Samen  dienen 
als  gemeines  Nahrungsmittel,  im  unreifen  Zustande  auch 
als  Gemüse;  ihr  angenehmer  Geschmack  und  der  hohe 
Ertrag  stellen  sie  aber  weit  über  unsere  Erbsen;  auch  als 
Kaffee  Surrogat  sind  sie  mehrfach  empfohlen  worden. 

Die  Samen  der  Kichererbse  sind  doppelt  so  gross, 
als  die  der  Gartenerbse;  sie  messen  der  Länge  nach  10 
bis  12  mm,  der  Breite  (und  Dicke)  nach  7 — 8  mm.  Ihre 
Gestalt  ist  schwer  zu  beschreiben,  Sie  sind  kantig-rund- 
lich und  mit  stark  vertieften  Striemen  und  entsprechend 
hohen  Buckeln  versehen.  Das  ovale  röthlichgelb  gefärbte 
Hilum  sitzt  auf  der  Vorderseite  gerade  unter  einem  horn- 
(oder  nasen-)  förmigen  Vorsprunge  (radicula),  auf  dessen 
Spitze  foder  ein  wenig  unter  dieser)  die  Mikropyle  gut 
kenntlich  ist;  von  dem  Bücken  dieses  Vorsprunges  zieht 
eine  wenig  scharfe  Kante  über  den  Samen  und  endet  in 
dem  Winkel  zweier  vertiefter  Streifen;  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite  des  Hilums  liegt  die  bräunliche  Cha- 
laza,  mit  demselben  durch  eine  zarte  Raphe  verbunden. 
Von  der  Chalaza  zieht  eine  tiefe  Furche  zwischen  zwei 
schulterartig  hervortretenden  Höckern  ab  und  theilt  sich 
in  zwei  divergirende  Streifen,  in  deren  Winkel  die  oben 


—    85     — 


Ciohererbie. 


erwähnte  Bückenkantenlinie  endet.  Die  Keim  läppen 
sind  erbsengelb  und  scbliessen  fest  aneinander,  während 
sie  bei  der  Gartenerbse  bekanntlich  sich  sofort  nach  Ent- 
fernung der  Samenhaut  von  einander  trennen. 

Die  sehr  dünne  Samenhaut  quillt  in  Wasser  bedeutend 

auf;  die  Oberhaut 

(Fig.   30,  p)    be-  Fig.  so. 

steht   aus    höchst 

charakteristischen 

Pallisaden- 

zellen  von 

0.06    mm    Länge, 

deren  Wände  nicht 

gerade,  sondern 

wellenförmig  hin- 

und  hergebogen 
oder    auch    zick-  ^ 
zackförmig      ver- 
laufen und  wenig 

verdickt  sind; 
häufig  sind  die 
Zellen  verzerrt 
und  liegen  nicht 
radial,  sondern 
schief.  Die  Säu- 
lenzellen be- 
sitzen die  bekann- 
ten polaren  u.  ba- 
salen Vorsprünge, 
sind  nur  in  ganz  geringem  Maasse  verdickt,  farblos,  und 
scbliessen  2— 4eckige  Intercellularräume  ein.  Das  dünn- 
wandige, grosszellige  Parenchym  zerfliesst  in  Kalilauge 
nahezu  völlig.  Die  Eiweissschicht(h)  erscheint  aus  ganz 
deutlichen,  tangential  gestreckten  Zellen  zusammengesetzt. 
Das  Keimlappen gewebe  hat  eine  ein-,  stellenweise 
mehrreihige  Kleberschicht;  die  übrigen  Zellen  sind  grob 

1)orös  verdickt,  so  dass  die  Contouren  zickzackförmig  ver- 
aufen  (Fig.  30,  z);   auch  sie  umschliessen  Intercellular- 
räume. 

Die  in  eine  Prote'inmasse  eingebetteten  Stärkekörner 
(Fig.  30,  st)  sind  eiförmig,  elliptisch,  rundlich-eiförmig, 


A  Queriolmitt  durch  den  Samen;  tt  Stärkekörner. 
Bezeichnung  wie  in  Fig.  37. 


—     86     — 

selbst  kreisrund;    die  Kernhöhle  ist  einfach  oder  kreuz- 
förmig.   Die  Grössenverhältnisse  sind  folgende: 

Längendurchmesser : 

Häufigste  Länge:  LäDgen-Maximum: 

0.022—0.026  mm  i)  0.030  mm. 

Der   spanische   Export   beträgt   34   Millionen    kg 

(1878).  — 

3.  Linsen. 

Die  Samen  der  gemeinen  Saatlinse  {Ervum  Lena  Z., 
Lens  esculmtus  Moench.)^  einer  wetterharten,  bis  zum  60.^ 
n.  B.  gedeihenden  Papilionacee,  erscheinen  im  Handel 
in  mehreren  Sorten,  von  denen  wir  nur  die  Sommer- 
linse mit  ihren  Spielarten:  gelbe,  grosse  Garten-,  Pfennig-, 
rothe  französische,  schwarze  Linse  und  die  Winterlinse 
anführen.  Die  Aehnlichkeit  der  Gestalt  vieler  Gegen- 
stände mit  der  des  Linsensamen  hat  jenen  den  Namen 
dieser  mitgetheilt  (optische  Linse  u.  s.  w.).  Nur  bei 
ganz  vollkommen  regelmässig  entwickelten  und  reifen 
Samen  sind  die  Begrenzungsflächen  2  sehr  flache   (d.  h. 

fressen  Radien  angehörige)  Kugelcalotten,  in  Folge  dessen 
er  Same  von  der  Fläche  kreisförmig,  im  Querschnitte 
zweieckig  erscheint  und  eine  scharfe  kreisrunde  Rand- 
kante besitzt,  die  sich  zumeist  durch  dunklere  Färbung 
von  der  im  Uebrigen  lichtgelben  oder  gelbbraunen,  auch 
röthlichen,  gefleckten  Oberfläche  abhebt.  Die  meisten 
Samen  besitzen  unregelmässige  Vertiefungen  in  der  Nähe 
der  Kante,  und  sind  matt,  untier  der  Loupe  fein  höckerig; 
der  Durchmesser  beträgt  7—8  mm;  die  dickste  Stelle 
2  mm.  Das  Hilum  liegt  auf  der  Kante  als  ein  lang- 
schmales Zweieck  und  ist  durch  eine  kurze  Raphe  mit 
der  als  kleines  Pünktchen  erscheinenden  Ghalaza  ver- 
bunden. 

Die  dünnhäutige  Samenschale  zeigt  eine  schmale, 
etwas  Farbstoff  enthaltende  Pallisadenzellschicht, 
deren  Wände  glatt,  geradeverlaufend  und  deren  Lumina 


*)  Wiesner,  techn.  Mikr.  p.208  giebt  auch  für  die  häufigste 
Länge  O.OBO  mm  an. 


—    87     — 


Fig.  81  (nach  v.  HOhnel). 
Linse   (Ervam  Leus). 


SftnlencellenBohioht  sp:  Pallisaden- 
sellen  pa  Ton  der  Oberfläche  gesehen. 


undeutlich  sind.  Die  Lichtlinie  erscheint  im  ersten 
(äusseren)  Drittel.  Aussen  (oben)  sind  sie  mit  kleinen 
spitzen  Vorsprüngen  (Fig.  31,  pa)  versehen,  die  auf  der 
Flächenansicht  als  feine  gleichmässige  Eömelung  erscheinen. 
Die  Säulenzellen  (Fig. 
31,  sp)  sind  tangential  ge- 
streckt und  die  Scheitel- 
und  Basisvorspränge  sind 
sehr    mächtig    entwickelt, 

-während  die  zwischen 
ihnen  liegenden  Zellpartien 
weit  kürzer,  als  bei  den 
Erbsen,  sind;'  es  ist  daher 
die  Entwicklung  nach  der 
Tangente  stärker,  als  nach 
dem  Radius.  Die  Paren- 
chymschicht  zeigt  zwei 
yerschieden  ausgebildete 
Abtheilungen.  Die  äussere, 
an  die  Säulenzellen  stossende  führt  zusammengequetschte 
in  Wasser  stark  aufquellende,  unregelmässige  ßarenchym- 
zellen  mit  grünlichgelbem  Farbstoffe;  die  innerste  an 
das  Eiweiss  grenzende  Reihe  (die  zweite  nur  einreihige 
Abtheilung)  enthält  stark  tangential  gestreckte  Zellen 
mit  braunem  kömigem  Inhalt.  Die  Eiweissschicht 
zeigt  die  Lumina  der  zusammengepressten  Zellen  als 
deutliche  Streifen.  —  Die 
Eeimlappenzellen  sind  wie 
bei  den  Erbsen  entwickelt, 
glattwandig,  massig  verdickt,  sie 
schliessen  Zwischenzellräume 
ein  und  enthalten  die  Stärke 
in  körniges  Plasma  gebettet. 
Die  Linsenstärke  (Fig. 
32)  besteht  aus  ei-  und  nieren- 
förmigen  Körnern  mit  deut- 
licher Kemhöhle  und  Sprung- 
linien.   Maasse: 

Längendurchmesser : 

HSufigste  Länge:  Längen-Mazimam : 

0.030—0.033  mm  0.040  mm. 


Fig.  82.    Linse  (Emun  Leng). 
StftrkekOrner. 


—    88    — 

Die  chemische  Analyse  zeigt  einen  grösseren  Stick- 
Btoffsubstanz-Gehalt,  als  er  Erbsen  zukommt: 

-,  Stiebtoff-  - ..  SUekiUfffreie         „ , ,  ,  . 

*'~'=  t^Uu:  '*=  litrutlnur.:        »*'•'""=  *"""  = 

12.51  24.81  1.85  54.78  3.58  2.47 

Der  Legumingehalt  beträgt  5.2  <*/o.  Die  Asche  ent- 
hält: 

i         t         1        i      i 

i       lall       tili 

34T76     IsTöO    6T34    2*47    gToO    36^30    —    —    4Si 

Der  Anbau  der  Linsen  geschieht  gewöhnlich  auf 
kleineren  Parzellen,  insbesondere  im  nordöstlichen  und  öst- 
lichen Böhmen  (z.  6.  um  Eöniggrätz),  in  Sachsen,  Schlesien, 
Polen.  Im  Oriente  sind  Linsen  seit  alter  Zeit  als  Nah- 
rungsmittel im  Gebrauch  und  berühmt  sind  die  ägypti- 
schen Linsenculturen  bei  Pelusium.  Im  Nildelta  lag 
Piracussa,  die  Linsenstadt;  bekannt  aus  der  Bibel  ist 
das  Linsengericht  des  Erzvaters,  für  welches  Esau  das 
Recht  der  Erstgeburt  verkaufte.  In  Athen  (Hehn,  1.  c. 
p.  184)  war  das  Linsenessen  seit  der  Mitte  des  5*  Jahr- 
hunderts V.  Chr.  eine  Sitte  des  niederen  Volkes  und 
Aristophanes  thut  derselben  Erwähnung.  Bei  den  Römern, 
die  sich  von  Aegypten  aus  mit  Linsen  versorgten,  wurden 
während  des  Todtenmahles  dem  Verstorbenen  Linsen  und 
Salz  vorgesetzt.  Von  Italien  gelangten  sie  mit  den  rö- 
mischen Kriegern  über  die  Alpen  nach  Deutschland. 

Anmerkung.  Die  in  neuerer  Zeit  als  Kraftmehl 
angerühmte  Bevalenta  arabica  besteht  nicht  aus  Lin- 
senmehl, wie  Le  Sant  angegeben,  sondern  aus  dem  Mehle 
der  weissen  Wicke  {Vtcia  scuwa  v.  leucasperfna;  siehe  unten 
die  Samen  der  Vicia- Arten). 

4.   Die  Samen  der  Phaseolus-Arten. 
(Veit-,  Vit-,  Saatbohnen;   SohminkbolineD,  Fisolen.) 

Unter  dem  Namen  „Bohnen''  kommen  die  Samen 
zweier  verschiedener  Pflanzengeschlechter,   nämlich  von 


—    89    — 

I^kaseolus  und  Vicia  (F.  faha)  in  den  Handel,  die  als 
Nahrungsmittel  wohl  sehr  yenchiedenen  Werth  besitzen« 
Wir  bezeichnen  als  Bohnen  die  Samen  der  Gattung 
I^haseohiSy  von  deren  Arten  folgende  als  Nahrungsmittel- 
pflanzen Bedeutung  erlangt  haben:  1)  Phaseolua  vulgarisy 
gemeine  Schmink-,  Veits-,  Saatbohne,  Fasel,  Fi- 
sole; 2)  Ph,  nanua  {PJu  compressus  DCj  Ph.  romanm  Savi)j 
Zwerg-  oder  Buschbohne;  3)  P^,  muäiflorua  Willd. 
(coccinem  Lam.\  türkische,  Feuerbohne).  —  DieKugel- 
'bohne,  Ph.  sphaericus^  die  Eierbohne,  PL  eUipticus,  die 
Eck-  oder  Salatbohne,  Ph.  gmospermus^  werden  theils 
als  Arten,  theils  als  Varietäten  aufgefasst.  Die  ostindi- 
schen.  Arten  Ph.  Mungo  X.,  Mungobohne,  und  Ph,  radt- 
atm  L.,  Strahlenbohne,  sind  für  Ostindien,  China  und 
die  Sundainseln  wichtige  Nahrungsmittel«  Zahlreiche  süd- 
amerikanische Formen  (Caraotos  blancas,  tartago,  tar- 
taguito,  huevos  de  paloma  [TaubeneierbohnenJ  pinta- 
das  etc.)  sind  durch  die  Weltausstellungen  nach  Europa 
gekommen. 

Die  Samen  der  gemeinen  (weissen)  Saatbohne 
sind  länglich,  nierenförmig,  zusammengedrückt,  verschieden 
gefärbt  (weiss,  gelb,  braun,  gesprenkelt,  schwarz,  blau- 
braun, blauschwarz),  messen  10 — 20  mm  in  der  Länge, 
8 — 12  mm  in  der  Breite.  Die  Oberfläche  ist  glatt,  glän- 
zend; auf  der  eingebuchteten  Bauchfläche  (der  Bücken 
ist  convex)  befindet  sich  das  elliptische  Hilum;  an  dem 
einen  Ende  desselben  unmittelbar  unter  dem  durch  das 
Würzelchen  hervoi^brachten  Höcker  liegt  die  .  punkt- 
förmige Mikropyle;  von  dem  anderen  Ende  des  Hilums 
zieht  eine  sehr  kurze  Baphe  zu  der  wulstartigen  oder 
zweihöckerigen  Ghalaza  und  von  dieser  ein  feiner  Strie- 
men über  den  Samenrücken.  An  dunkel  gefärbten  Bohnen 
ist  das  Hilum  breiter  und  weiss;  die  Ghalaza  rückt  ganz 
nahe  heran  und  ist  schwarz  gefärbt.  Kugelbohnen 
sind  ellipsoidisch  oder  walzlich  rund,  messen  gegen  10 
bis  12  mm  im  Durchmesser  und  sind  häufig  blassgelb. 
Das  Hilum  ragt  hervor,  die  Ghalaza  ist  ziemlich  weit 
entfernt  und  rückt  auf  das  Breitenende  herab;  eine 
schwarze  Kreislinie  umsäumt  das  Hilum;  der  Querschnitt 
der  Kugelbohne  erscheint  kreisrund. 


—     90    — 


Fig.  88.  Quersohnitt  durch  die  braune 
(amerikanisohe)  Bohne  (Phaseolus). 


Der  Bau  der  Samenschale  weicht  von  dem  an  der 
Erbse  ausfuhrlich  erläuterten  Schema  einigermassen  ab, 

wie  schon  Vogl  1.  c.  ange- 
geben.     Die    erste    Schicht 
der  senkrecht  auf  die  Ober- 
fläche   stehenden    Pallisa- 
den  Zellen  ist  in  der  schon 
bekannten  Form  entwickelt. 
Die  Länge  der  Zellen  ist  bei 
den  verschiedenen  Sorten  ver- 
schieden ;  die  amerikanischen 
Bohnen  haben  die  kürzesten, 
aber  mit  grossen  3  eckig  er- 
scheinenden Höhlungen  ver- 
sehenen Pallisadenzellen(Fig. 
33,  pa).    An  Stelle  der  feh- 
lenden   Säulenschicht    folgt 
nun   eine    Schicht  wenig 
verdickter    kubischer 
Zellen,  (besonders  deutlich 
bei    den    amerikan.    Sorten) 
in    denen   je  ein  Krystall 
oder  ein  Krystallzwilling 
des    kleesauren     Kalkes 
enthalten    ist 
(Fig.  33  und  34).    Von  der 
Fläche  (im  Mehl)  gesehen,  erscheinen  die  Krystalle  rhom- 
bisch.    Nach  Einwirkung   von  Kalilauge  zerfliessen   die 
Zellwände  und  es  bleiben  nur  die  Krystalle  zurück,    die 
in  bestimmte  Lagen  orientirt  zu  sein  scheinen.    Die  in 
Kali   stark   aufquellende    Parenchymschicht    zeigt   2 
bis  3  Reihen  unregelmässiger,  tangential  etwas  gestreckter, 
dünnwandiger  Zellen,  die  bei  den  farbigen  Varietäten  mit 
braunem  Farbstoffe  erfüllt  sind.    Die  Album enschicht 
ist  deutlich  sichtbar.    Die  Keim  läppen  (Fig.  33  u.  34) 
führen  zu  äusserst  nur  mit  körnigem  Plasma  angefüllte 
polyedrische  glattwandige,  im  Innern  weit  grössere,  porös 
verdickte    Parenchymzellen    (Figur    34    gew,    p),   deren 
Wände    eigenthümlich    knotig  verdickt   erscheinen 
und  ein  gut  zu  erkennendes  Merkmal  des  Bohnengewebes 
abgeben. 


pa  PaUisadenzellen-,  sp  KrystaUseUen- 
mitkKrystallen,    P    i'arenohym- ,    h 
hyaline,    kl  Kleb er-Sohi cht.   —  gew    (KalkOXalat) 
Samengewebe  mit  st  St&rkekOrnern.        -  — 


—    91     — 

Fig.  34  (nach  t.  HOhn'el).    Bestandtheile  des  Bohnenmehles  (t.  Fhas.  rulff.)* 


sp    Spulen-  (Erystall-)  cellenschichte  mit  k  Krystallen;  pa  Pallisadenzellen, 

von  der    Seite   und   pa'    von    oben,     resp.    aussen;    gew   Stärkegewebe  mit 

Stftrkekörnern  st,  —  Zwischenzellräumen  i,    Foren  p. 

Die    Stärkekörn  er  ^)    (Fig.  35)    der   Bohnen   sind 
eiförmig,   eirund,    länglich   nierenfÖrmig,   besitzen   eine 

Fig.  85  (nach  v.  Höhne l).    Bohnenstärke  (Fhaseolus). 


a  BohnenstärkekOmer  (Fhaseolus  vulgaris),  s  schwarze,  lufterfallte  Spalten. 


*)  „Im  Allgemeinen  zeigt  die  Linsenstärke  die  meisten  nieren- 
förmigen,  die  Erbsenstärke  die  meisten  länglichen  und  elliptischen, 
die  Bohnenstärke  die  meisten  eirunden  und  eiförmigen  Körner.'* 
(Yogi,  1.  c.  p.  44.) 


—    92    — 

deutliche  Eernhöhle  mit  Sprängen  und  eine  ausgezeich- 
nete Schichtung.  Die  Maasse  sind  nach  zahlreichen 
Messungen^)  folgende: 

Längendurchmesser : 

Sorte:  HSofigste  Länge:    Lasgen-Mazimiim: 

Phaseolus  mulüflorus  .    .     .    0.088  mm        0.085  mm 
Phaseolus  vulgaris  (deutsche 

weisse  Sorte)    •    .    .    .    0.040    „  0.050    „ 

(Andere  Zahlen  sind:  0.034,  0.036,  0.044) 
Phaseolus  vulgaris  (deutsche 

braune  Sorte)   ....    0.030  mm        0.040  mm 
Phaseolus  sp.  (amerikanische 

schwarze  Sorte)     .    .    .    0.027    „  0.045    „ 

Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  belehren  nach 
König  folgende  Zahlen: 

^""'^  Substan«:  ^'^'  Eitractivstoffe:       "•^'^'"'^  ^'^'' 

13.60  23.12  2.28  53.63         3.84         8.53  (%) 

Die  Schminkbohnen  sind  weit  leichter  verdaulich 
als  die  Samen  von  Vtcia  Faba  und  enthalten  Legumin  von 
einer  anderen  Constitution,  als  die  übrigen  Hülsenfrüchte. 
Die  Asche  besitzt  in  Proc: 


I 

1        I 
0.57    0786 

Die  Bohnen  werden  im  mittleren  und  nördlichen 
Frankreich,  besonders  in  der  Umgebung  von  Paris,  in 
Spanien,  in  Grossbritannien,  Holland  und  Aegypten  in 
grösserem  Maassstabe  angebaut.  Sie  dienen  auch  im  un- 
reifen Zustande  als  Gemüse  (mit  den  Hülsen). 

Was  die  Alten  unter  „phaseolus,  faselus"  verstanden 
haben,  ist  nicht  aufgeklärt.  Wittmack  (Bot.  Ztg.  1880 
p.  876)  nimmt  DoUchos  melanophthalmos  an;  selbst  im  Mittel- 
alter sind  unter  faselus  oft  die  Erbsen  verstanden  worden. 


§ 

i 

_^ 

•i. 

^ 

3 

1 

2 

1 

H 

f 

1 

tad 

am 

44.01 

1.49 

6.38 

7.62 

0.32 

35.52 

4.05 

^)  Wiesner  1.  c.   und  Hanausek,  Zeitsohr.   d.   allg.   östr. 
Apothekervereines  1878  No.  5. 


—    98    — 

Erst  nach  der  Entdeckung  Amerikas  finden  wir  unrer- 
kennbare  Beschreibungen  von  Ph,  vulgaris  und  in  peruani- 
schen Gräbern  sind  auch  Gartenbohnen  gefunden  worden. 
Auffallend  ist  femer,  dass  alle  grosskömigen  Samen  in 
Amerika,  alle  kleinkörnigen  {Ph.  Mungoj  radiatus)  in  Ost- 
indien einheimisch  sind. 

5.    Die  Samen  der  Vicia-Arten. 
(Sau-,  Baffbohnen;  Saatwicken.) 

Von  den  F^aa- Arten  sind  es  zwei,  die  als  Nahrungs- 
mittelpflanzen angebaut  werden:  die  Pferde-,  Buff-  oder 
Saubohne,  Vicia  Faba  i.,  und  die  Feld-,  Saat-  oder 
Futterwicke,  Vida  saäva  L. 

Die  Pferde-  oder  Buffbohne  wird  in  Kleinasien, 
Griechenland,  in  Oesterreich  (selbst  in  sehr  rauhen  Pro- 
vinzen, Tyrol,  Salzburg,  Kämthen),  in  Südbayem,  seltener 
in  Deutschland  cultivirt;  neuestens  ist  sie  auch  in  Ost- 
asien (durch  die  Holländer)  heimisch  geworden.  Als 
Spielaiten  sind  die  grosse  Buff-  oder  Gartenbohne 
{Vieki  Faba  major  seu  megabsperma)  und  die  kleine  Acker- 
oder Pferdebohne  (Vicia  Faba  minor  seu  equina  Pers.) 
bekannt;  letztere  findet  nur  als  Pferdefutter  Verwen- 
dung. Die  grosse  Buffbohne  wird  im  reifen  und  unreifen 
Zustande  genossen.  Sie  hat  eine  ziemlich  unregelmässige 
Gestalt;  1)  sie  ist  breit  eiförmig,  oder  rundlich  3 — 4- 
eckig,  breitgedrückt,  gelbbraun  bis  braunschwarz,  mit 
unregelmässigen  Vertiefungen  versehen,  glänzend  und 
zeigt  unter  der  Lupe  Strichelchen.  Die  Grösse  variirt 
sehr:  Längendurchmesser:  16 — 18 — 20  mm,  Breitendurch- 
messer: 10 — 14 — 16  mm;  die  dicksten  Stellen  in  der 
Nähe  des  Nabels  messen  5 — 6  mm.  Der  schwärzliche 
Nabel  liegt  nicht  wie  bei  Phaseolus  an  einer  Längs-, 
sondern  an  einer  Breitenfläche  zwischen  zwei  höcker- 
artigen Vorsprüngen,  von  welchen  er  überwulstet  ist; 
seine  Länge  beträgt  6 — 8  mm;  vom  unteren  Ende  zieht 
die  Baphe  zu  der  schwarz  glänzenden,  #ehr  auffälligen 
Ghalaza,   die  auf  einer  der  Längsflächen  liegt.    Durch 


*)  üeber  Sortenangaben  und  Cnltur  siehe  W.  Lobe  in  lUnstr. 
landwirtlisch.  Ztg.  1880  p.  2. 


—    94    — 

Verdoppelung  der  Samenhaut  wird  eine  Tasche  zwischen 
den  beiden  oben  erwähnten  Höckern  gebildet,  in  welcher 
die  tetraedrische  Badicula  zu  liegen  kommt. 

Die  Samenschale  besitzt  mächtig  entwickelte  Palli- 
sadenzellen  Tsie  messen  0.140  mm  in  der  Länge  und 
sind  vielleicht  aie  mächtigsten  von  allen  Leguminosen- 
samen), deren  weite  Lumina  mit  braunem  Farbstoffe  er- 
füllt sind«  In  der  Gegend  des  Hilums  sind,  wie  Sem- 
polowski  nachgewiesen,  zwei  Pallisadenzellreihen.  — 
Die  Säulenzellen  —  in  ihren  Hauptumrissen  denen  der 
Erbsen  gleich  —  besitzen  eineü  grösseren,  ausgeweiteten 
Basaltheil.  Die  Parenchymschichte  ist  zweifach  ent- 
wickelt; sie  enthält  nach  Aussen  grosse,  unregelmässige 
Zellen  mit  tiefbraunem  Inhalt;  die  Innenschichte  zeigt 
zwei  Reihen  langgestreckter,  im  Querschnitte  rechteckiger 
und  unregelmässig  an  einander  schliessender  Zellen,  von 
welchen  die  äussere  Reihe  einen  homogenen  braunen,  die 
innere  einen  kömigen  gelben  Inhalt  führen.  Das  Albumen 
ist  ein  deutlich  sichtbarer  Streifen.  Die  Wände  der 
Eeimlappenzellen  sind  glatt,  stark  verdickt  und  geradlinig 
verlaufend,  die  Zellen  ziemlich  regelmässig  polyedrisch 
und  mit  Protein-  und  Stärkekömem  angefüllt. 

Die  Stärke körner  der  Buffbohne  sind  eiförmig, 
elliptisch,  eingebuchtet  eckig,  und  zeigen  in  den  Grössen- 
Verhältnissen  nicht  weitgehende  Unterschiede. 

Längendurchmesser : 

HSufigste  Langen:  Längen-Maximum: 

0.04—0.042  mm  0.056  mm 

(andere  Zahlen  sind  0.038,  0.05). 

Die  Buff  höhnen  haben  folgende  chemische  Zusammen- 
setzung: 

w.«*-.  Stickrtoff-  - .,  SUekitoffTreie         „ , ,  ,  . 

^""'-  Substan«:  '•"*•  EitracUv,toffe:        ^'^^"''''  ^'^'' 

14.84  23.66  1.63  49.25  7.47  3.15 

Nach  G«  Marek  haben  die  kleinen  Samen  einen 
höheren  Sticksloffsubstanzgehalt,  als  die  grossen  Samen. 
Ritthausen  fand  in  den  kleinen  10.0  >  Legumin,  in 
den  grossen  18.7  %;  ausserdem  sind  noch  andere  nicht 
näher  bekannte  Eiweisskörper  in  den  Bohnen  nachge- 
wiesen worden.    Die  Asche  enthält: 


—    95     — 


T. 

1 

s 

i 

s 

2 

1 

i 

i 

t 

1 

1 

^ 
5 

42^49 

1.34 

4.73 

7.08 

0.57 

38.74 

2.53 

0.73 

1.57 

Die  Pferdebohnen  werden  als  die  ältesten  Nahrungs- 
mittel aus  der  Gruppe  der  Leguminosen  angesehen;  in 
uralten  Sagen  und  Sitten,  in  der  Mythologie  und  im  Cul- 
turleben  der  alten  Völker  überhaupt  spielten  sie  eine 
hervorragende    Rolle.      (Vgl.    Menke,    de    leguminosis 

Elantis  Veterum,  Göttingen,  1817.)  Sie  galten  als  Sym- 
ol  des  Todes,  und  dienten  zur  Abstimmung;  es  gab 
eigene  Bohnenfeste  (Juni),  an  denen  den  Göttern  Bohnen 
geopfert  wurden;  die  Sänger  assen  sie,  um  ihre  Stimme 
weich  zumachen  (?);  Pythagoras  aber  verbot  den  Genuss 
der  Pferdebohnen  seinen  Schülern  als  ungesund,  denn 
„Bohnengenuss  sei  so  schlimm,  wie  Mord  und  Todtschlag". 
In  der  Gegenwart  sind  sie  ihrer  symbolischen  Bedeutung 
entkleidet  und  bilden  den  Alpenvölkern  mit  Speck  eines 
der  stärksten  Nahrungsmittel;  in  grösstem  Maassstabe 
werden  sie  in  Kleinasien,  in  Tyrol  und  im  Lungau  im 
Salzburgischen  angebaut;  auch  als  Gemüse  im  unreifen 
Zustande  sind  sie  sehr  beliebt.  Die  Gesammtemt^  in 
Kleinasien  wird  für  1882  auf  13  Mill.  kg  angegeben; 
Smyma  exportirt  grosse  Mengen  nach  England,  Spanien 
und  Portugal. 

Die  gemeine  Saatwicke  (Vicia  saüva  L.)  wird  in 
der  gemeinen  Form  gewöhnlich  nur  als  Futter  verwendet, 
das  Mehl  jedoch  mit  Getreidemehl  gemengt  hie  und  da 
zu  Brod  verbacken.  Eine  grössere  Anwendung  hat  die 
weisssamige  Varietät  Vicia  satwa  var,  kucosperma  Se7\j  auch 
Erbslinse  genannt,  die  in  Schottland  angebaut  wie 
Erbsen  genossen  wird;  auch  die  viel  gepriesene  Reva- 
lenta  arabica,  Reconvalesciere  du  Bary  (deren 
Erfinder  auf  grossen  indischen  Plantagen  eine  unbekannte 
Pflanze  zur  Erzeugung  dieses  Kraftmehls  zu  cultiviren 
angab),  ist  hauptsächlich  aus  dem  Mehl  der  weisssamigen 
Wicke  zusammengesetzt. 

Die  Samen  der  gemeinen  Saatwicke  sind  sehr 
klein,  messen  4—6  mm  (die  weisssamige  Sorte  liefert  etwas 


—     96    — 


grössere  Samen)  und  halten  der  Gestalt  nach  die  Mitte 
zwischen  Erbsen  und  Linsen.  Gleich  den  ersteren  sind 
sie  rundlich,  besitzen  aber  wie  die  Linsen  eine  schwach 
entwickelte  Kante,  sind  schwarzbraun  mit  (unter  der  Lupe 
sichtbaren)  schwarzen  Punkten  und  Strichelchen,  aber 
auch  gelb  und  weissgelb;  die  Oberfläche  ist  rauh,  matt, 
glanzlos,  oft  wie  bestäubt;  das  Hilum  stellt  sich  dem 
freien  Auge  als  ein  lichter  linealer  Streifen  dar,  von  dem 
die  schwarze  Chalaza  1  mm  entfernt  ist. 

Der  Bau  der  Samenhaut  ist  im  Allgemeinen  dem 
schon  erörterten  gleich;  die  Pallisadenzellen  sind  in 
der  Basalhälfte  mit  braunem  Farbstoffe  angefüllt,  die 
Säulenzellen  sind  nur  schwach  verdickt  und  der  Breiten- 
durchmesser (in  den  bekannten  Vorsprüngen  gemessen) 
grösser,  als  der  (radiale)  Längendurchmesser;  die  von 
ihnen  eingeschlossenen  Zwischenzellräume  sind  kreisrund; 
das  Parenchym  zeigt  2  Schichten:  die  äussere  hat 
grössere  lockere  Zellen  mit  grünem  Farbstoffe,  die  innere 
besitzt  2  Reihen  enge  aneinander  schliessender  tangential 
gestreckter  Zellen  mit  dunkelbraunem  Inhalt.  Die  Ei- 
Fig.  36  (nach  v.  Höhne  1).  weissschicht  ist  als  feiner  Streifen 
stärkeköraer Jon ^der  wi 0  k  e  wahrzunehmen.  lu  dcu  dünn-  und 
glattwandigen  Kotyledonenzellen 
sind  die  Stärkekörner  in  eine 
Masse  auffallend  grosser  Pro- 
tei nkörner  eingebettet. 

Die  Stärkekörner  (Fig.  36) 
sind  eirundlich,  rundlichviereckig, 
rundlichdreieckig ,  langgestreckt, 
nierenförmig,  sehr  fein  geschichtet 
mit  kleiner,  wenige  Sprunglinien 
Bschwarae  lufterfttute  Spalten,  besitzender  Kemhöhle. 


O^  w^ 


Längendurchmesser : 


Häufigste  lilnge: 

0.03—0.032  mm 


Längen-Maximum : 

0.04  mm. 


Im  Samen  der  Wicke  kommen  nach  H.  Ritthausen^) 
zwei  eigenthümüche  stickstoffreiche  Verbindungen,  das 
Vicin  und  das  Convicin  vor,  von  denen  das  erstere  im 


»)  Journal  f.  prakt.  Chemie  1881.  XXIV.  202. 


—     97    — 

Samen  zu  0.3  ®/o  enthalten  ist;  es  bildet  weisse,  volumi- 
nöse fächerartig  vereinigte  Bündel,  die  sich  in  Wasser, 
Kalilauge,  verdünnter  Salz-  und  Schwefelsäure  lösen, 
lieber  die  Wirkung  der  beiden  Stoffe  ist  nichts  bekannt. 


6.   Quinchonchos^). 
(Embrevade,  Angola-Erbsen.) 

Die  Samen  des  indischen  Bohnenstrauches  (Cqjanus 
indicus  Sprengel)  werden  in  China  und  Japan,  in  der  Sierra 
Leone  und  in  anderen  Ländern  Afrika's  seit  Langem  als 
gemeines  Nahrungsmittel  verwendet.  Wahrscheinlich  ist 
ihre  Cultur  erst  mit  den  Negern  nach  Amerika  gekommen 
und  über  den  tropischen  Theil  von  Südamerika  und  West- 
indien verbreitet  worden;  daselbst  heissen  sie  Quin- 
chonchos,  auch  Pois  d'Angola,  brasil.  Angola- 
erbsen (zum  Unterschiede  von  Voandzeia  subterranea^  afrik. 
Angolaerbsen),  Angfouti,  Xhora-Paerou,  Ambre- 
vade  oder  Embrevade. 

Die  Quinchonchos  sind  den  Erbsen  ähnlich,  aber  um 
die  Hälfte  kleiner,  etwas  plattgedrückt;  die  Farbe  der 
Samenschale  ist  schmutzig  graugelb  mit  kleineren  und 
grösseren  dunkelbraunen  Flecken;  das  Hilum  ist  gelb 
gefärbt,  die  Chalaza  ein  schwarzbraunes  Höckerchen, 
die  Samenlappen  wachsgelb.  Die  Pallisadenzellen 
sind  in  der  bekannten  Form  entwickelt.  Die  Säulen- 
zellen sind  langgestreckt,  schenkelknochenformig,  stark 
verdickt.  Das  Parenchym  besteht  aus  unregelmässigen 
dünnwandigen  Zellen.  Die  erste  Schichte  der  Kotyle- 
donen führt  in  kleinen,  fast  kubischen  Zellen  gelbrothe 
körnige  Prote'inmassen.  Der  übrige  Theil  der  Keim- 
lappen  enthält  in  grossen  rundlich-vieleckigen,  glatt- 
wandigen  Zellen  länglich  -  elliptische  oder  nierenförmige 
Stärkekömer  (ähnlich  denen  der  Linse);  sie  besitzen  deut- 
liche concentrische  Schichtung  und  eine  wenig  deutliche 
radiale  Streifung,  eine  central  gelegene  längliche  Kern- 
höhle und  Sprunglinien. 


9 

')  T.  F.  Hanausek,  Zeitschr.  d.  a.  österr.  Apothekervereins 
1878.    No.  2. 

Hanausek,  Nahrungg-  n.  Genussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.  7 


—    98    — 
Längen  durchmesser : 

Häufigste  Länge:  Längen-Maxiinain: 

0.0375  mm  0,050  mm 

(andere  Zahlen  sind:  0.02,  0.035,  0.0425,  0.045,  0.0475). 

Die  Quinchonchos  sind  mit  den  Samen  zahlreicher 
Phaseolus-  und  Dolichos-Species  die  Vertreter  unserer 
Hülsenfrüchte  in  den  Tropenländem  und  durch  die  Welt- 
ausstellungen nach  Europa  gekommen.  Auch  die  Wur- 
zeln und  Zweige  von  Cajanus  sollen  in  Ostasien  eine 
Anwendung  (als  Heilmittel)  finden. 

7.   Frijoles  de  Sopa. 
(Suppenbohnen.) 

Unter  dem  Namen  Frijoles  de  Sopa,  Suppen- 
bohnen, sind  die  Samen  verschiedener  2>oä*cäoä  -  Arten, 
insbesondere  von  DoUchos  Jacgmrä.  DC,^)  in  Westindien, 
Venezuela*),  Brasilien  als  ein  geschätztes  Nahrungs- 
mittel in  Gebrauch.  Die  mir  vorliegenden  Suppenbohnen 
aus  Venezuela  messen  4  mm  in  der  Länge,  3  mm  im 
Querdurchmesser  und  haben  im  Allgemeinen  die  Ge-^ 
stalt  eines  kurzen  Cylinderchens,  dessen  Basisflächen  stark 
convex  sind.  Auf  der  Mantelfläche  liegt  das  weiss  ge- 
färbte längliche  Hilum  und  knapp  an  demselben  die 
schwachwulstige  Chalaza.  Die  Waare  enthält  Samen 
von  zweierlei  Farbe,  die  Mehrzahl  ist  gelblichgrün  und 
erscheint  unter  der  Loupe  fein  wellig-gestreift  und  fein 
behaart ;  die  übrigen  sind  etwas  grösser,  braun  mit  deut- 
licheren Haarstreifen  versehen;  höchst  wahrscheinlich  sind 
es  nur  verschiedene  Reifezustände,  die  den  Unterschied 
in  Farbe  und  Grösse  bedingen.  Die  Samenhaut  bietet  in 
ihrem  Baue  nichts  Besonderes;  bei  der  grünen  Form  wird 
sie  durch  Kali  lebhaft  gelbgrün  gefärbt.  Die  Palli- 
sadenzellen  haben  breite  und  deutliche  Lumina;  die 
Säulenzellen   sind  denen   von    Cajanus    ähnlich.    Das 


*)  Rosenthal,  Synopsis  p.  1020.  —  Frijoles  (auch  frisoles) 
heissen  überhaupt  Bohnen. 

>)  A.  Ernst,  die  Betheiligung  d.  ver.  Staaten  v.  Venezuela  etc. 
Caracas,    p.  82. 


—    99     — 

Parenchym  constitoirt  sich  aus  sehr  gequetschten  tan- 
gential gestreckten,  verschobenen  und  gebogenen  Zellen; 
ein  blasses  Streifchen  stellt  die  Eiweissschicnte  vor.  Die 
erste  Zellschichte  derKoty-  Fig.  st.  sarkekörner  von  noiichos 
ledonen  fiihrtProteinkömer;  J^cquini  (Frijoies  de  sopaj. 
in  den  glattwandigen,  grossen 
Parenchymzellen  liegen  die 
charakteristisch  gebauten 
Stärkekörner.  Diese  sind 
nierenförmig  (Fig.  37),  ge- 
buchtet Seckig,  mit  gespal- 
tener Kernhöhle  und  deutlicher  Schichtung.  Längen- 
maasse  sind: 

Längendurchmesser : 

Häufigste  Länge:  Längen-Maximam : 

0.022  mm  0.03  mm. 

(Das  häufigste  Breitenmaass  beträgt  0.0125  mm.)  Sie  ge- 
hören demnach  zu  den  kleinsten  Stärkekömern  der  Le- 
guminosen. 

8.    Die   Sojabohne. 

Die  Soja-  (auch  Soya-)  Bohne ^)  {Dolichos  Soya  X., 
8oya  htspida  MncL)  ist  in  Ostasien  (Ostindien,  China,  Japan) 
einheimisch  und  ihre  Samen  als  auch  der  aus  denselben 
bereitete  Salzsaft  sind  daselbst  ein  beliebtes  Nahrungs- 
mittel. (Letzterer  wird  richtiger  als  eine  Würze  zu  be- 
zeichnen sein.)  Die  Sojabrühe  ist  als  Zuthat  zu  Suppen, 
Saucen,  Braten  bei  den  Japanern  in  täglichem  Gebrauch 
und  wird  auch  nach  England  eingeführt  (1867  kamen 
11  493  Gallonen  nach  England,  das  wieder  2  166  Gallonen 
exportirte).  Die  gewöhnliche  Sojabrühe  wird  zubereitet, 
indem  man  die  Bohnen  kocht,  dann  mit  gerösteter  Gerste 
in  Salzwasser  einkocht  und  durch  2 — 3  Monate  gähren 
lässt;  darauf  wird  die  braune  salzige  Flüssigkeit  abge- 
presst,  filtrirt  und  in  Flaschen  oder  Fässchen  (Japan) 
versendet.     Grobe  Fälschungen  werden  in  England  durch 


*)  Der  Name  vom  japanischen   sooju.    —    T.  F.  Hanausek 
m  Irmischia  1882,  No.  7,  p.  44. 

7* 


—     100    — 

folgende  Probe  entdeckt  ^) :  Man  schüttelt  etwas  Soja  in 
einem  Glase;  bildet  sich  hierauf  nicht  ein  glänzendes 
gelbbraunes  Häutchen  auf  der  Oberfläche,  so  gilt  die 
Waare  für  schlecht.  Wahrscheinlich  verwendet  man  Pilze 
hierzu.  Nach  den  neuesten  Mittheilungen  von  Dr.  G. 
Wagener  ^)  in  Tokio  wird  auch  ein  anderes  Präparat 
„Miszo"  in  Japan  hergestellt:  Die  Bohnen  werden  wäh- 
rend 12  Stunden  in  Wasser  erweicht,  das  Wasser  abge- 
gossen, die  Bohnen  mit  frischem  Wasser  5  Stunden  hin- 
durch gekocht,  die  dicke,  klebrige,  süssschmeckende  Brühe 
abgeseiht  (mittelst  eines  Korbes),  und  die  Bohnen  ge- 
stampft. Zu  je  1.8  1  Bohnen  kommen  5.4  1  Koji  (ein 
durch  Gährung  des  Reises  erhaltenes  Product),  ferner 
5.4  1  Salz  und  1.8  1  Brühe.  Das  Gemisch  wird  gerührt 
und  in  Fässer  gefüllt,  die  mit  Oelpapier  zugedeckt  werden. 
Dieser  Koji  miszo  oder  Shirs  (weiss)  miszo  ist  dann 
nach  10  Tagen  geniessbar  und  gilt  als  sehr  wohlschmeckend. 
Aka  (roth)  miszo  wird  ohne  Koji  gemacht.  Auf  dem 
Lande  wird  das  miszo  anders  zubereitet  und  kann  7  bis 
8  Jahre  aufbewahrt  werden.  Die  Sojabohne  ist  auch  als 
Kaffeesurrogat  empfohlen  worden  [Schneebeli]  *). 

Die  als  Nahrungs-  und  Futterpflanze  gleich  werth- 
voUe  Soja  ist  für  den  Anbau  in  Europa  als  geeignet  ge- 
funden worden,  wie  die  Versuche  Haberlandt's*)  ge- 
zeigt haben»  Die  Samen  der  hier  angebauten  Pflanzen 
waren  sogar  schwerer  geworden,  wie  die  Zahlen  von  drei 
Proben  erweisen;  es  wogen: 

I.        n.       ni. 

1000  Körner  Originalpflanzen  105.0  92.5  81.5  g 
1000       „       reproducirte  154.5       148.0       126.0  „ 

'Man  unterscheidet  4  Varietäten:  a.  Soja  Mspida  Boxb., 
b.  castanea  Harz 9  C  atrosperma  Harz,  d.  melanosperma  Hrz» 
Alle  gedeihen  auf  kalkreichem  Boden  am  besten.    Nach 


*)  Merk,  Waarenlexikon  493. 

2)  Oest.  Monatsschr.  f.  d.  Orient  1881,  No.  12. 

^)  Der  Anbau  der  rauhhaarigen  Sojabohne,  Wien.  Landw.  Ztg. 
1876,  und  „Die  Sojabohne",  Ergebnisse  der  Studien  und  Ver- 
suche über  die  Anbau  Würdigkeit  dieser  neu  einzuführenden  Cul- 
turpflanze.    Wien,  1878. 

*)  Zeitschr.  d.  landw.  Ter.  in  Bayern  LXX,  1880,  p.  674—68 
und  714—721.  —  ühlworm,  Bot.  Centralbl.  1881.    VII.     176. 


—     101     — 


Fig.  38.    Querschnitt  darch  die 
S  oj  abohne. 


Wollnyi)  gehört  die  Soja  zu  denjenigen  Culturpflanzen, 
welche  mit  Sicherheit  nur  in  solchen  Gegenden  zur  voll- 
kommenen Reife  gelangen,  wo  der  Mais  seine  vollständige 
Entwicklung  erlangt;  S.  atrosperma  ist  die  acclimatisations- 
fähigste  Form. 

Die  Samen  der  Soja  gleichen  kurzen,  walzlich  run- 
den Schminkbohnen,  mit  denen  sie  auch  die  Lage  des 
Hilums  an  einer  der  Längsflächen  gemein  haben.  Sie 
sind  breit  elliptisch,  walzlich  cylindrisch  mit  convexen 
Basalflächen,  meist  braun  oder  schwarz  gefärbt  und 
glänzend;  sie  messen  8 — 10  mm  der  Länge,  5 -6  mm  der 
Breite  nach;  ihr  Breiten-Querschnitt  ist  kreisrund.  Das 
Hilum  erscheint  als  gelblich 
weisser,  rauher,  elliptischer, 
2  —  3  mm  langer  Fleck;  die 
Mikropyle  gleicht  einem 
Nadelstich,  die  Chalaza  ist 
als  das  Ende  eines  schwachen 

Streifens,  der  Eaphe,  wenig 
bemerkbar.  —  Die  Radicula 

ist  mehrere  Millimeter  lang 

und  so  fest  an  die  Samen- 
haut gelagert,    dass  sie  bei 

dem     Abnehmen    derselben 

mit  abreisst. 

Durch  den  anatomischen 

Bau  ist  die  Soja  gut  gekenn- 
zeichnet.     Die     Samenhaut 

(Fig.  38)  besitzt  als  äusserste 

Schicht    die     Pallisaden- 

zellreihe    von     bekannter 

Ausbildung.    Dagegen  zeigen 

die  Säulenzellen  eine  sehr 

auffallende  Form.    Sie  sind 

besonders  radial  —  also  der 

Länge    nach    —    gestreckt, 

an    ihren   Längsflächen 


pa    Pallisaden- ,    s    Säulenzellen ,    p 

äasaere,   p'  innere  Farenchymschicht, 

h  hyaline  Streifen,  gew  Samengewebe. 

StärkekOrner  fehlen. 


»)  Schweiz,  landw.  Zeitschr.  1880.  II.  p.  74.  —  Voss,  Die 
Soja-  oder  Haberlandtbohne.  Hamburger  Gartenztg.  XXXIII. 
p.  32 — 36. 


—     102     — 

stark  verdickt;  der  Scheitel  (das  den  Pallisaden- 
zellen  zugewendete  Ende)  und  der  Fusstheil  (dem 
Parenchyra  zugewendet)  sind  dünnwandig;  letzterer 
quillt  in  Kalilauge  blasenformig  auf,  zeigt  keine  Ver- 
dickungsschichten  und  macht  bei  oberflächlicher 
Beobachtung  den  Eindruck,  als  ob  er  eine  besondere 
Zelle  darstellen  würde;  durch  Macerirung  der  Säulen- 
zellen wird  jedoch  die  Zugehörigkeit  dieses  Theiles  klar 
gelegt.  Durch  das  Schneiden  und  Präpariren  werden  die 
inneren  Schichten  der  Samenhaut  von  der  Säulenzell- 
schichte  häufig  losgerissen  und  es  werden  dann  dem 
Beobachter  nur  die  verdickten,  parallel  verlaufenden 
Seitenwände  der  Säulenzellen  sichtbar,  die  lebhaft  an  eine 
römische  II  erinnern  (Fig.  38).  —  Auch  das  nun  folgende 
zweischichtige  Parenchym  zeigt  einige  Eigenthümlich- 
keiten.  Die  erste  Schicht  quillt  in  Kali  nur  ganz  wenig 
auf  und  zeigt  die  Zellwände  der  fest  zusammengepressten 
Zellen  als  zahlreiche  parallel  laufende,  wellig  hin-  und 
hergebogene  Streifen;  die  zweite  innerste  Schicht 
enthält  nur  eine  Reihe  kleiner  kubischer,  -  mit  braunem 
Farbstoff  erfüllter  Zellen.  Das  mit  feinen  Strichelchen 
(Lumen)  versehene  Albumen  schliesst  die  Samenschale 
nach  innen  ab.  Die  Kotyledonen  besitzen  zu  äusserst 
eine  Reihe  kleiner  ijellen,  im  übrigen  grosse  vier-  bis 
vieleckige,  verdickte,  glattwandige  Parenchymzellen,  die 
nur  mit  Aleuron-  oder  Proteinkörnern  fKleber)  und 
Fett  angefüllt  sind  und  keine  Spur  von  Stärke  auf- 
weisen. Dieses  absolute  Fehlen  der  Stärke,  das  die  Soja 
mit  den  Lupinen  gemein  hat,  ist  eines  der  auffälligsten 
Kriterien,  und  der  hohe  Nährwerth  der  Soja  ist  durch 
das  alleinige  Vorkommen  von  Stickstoffsubstanz  be- 
dingt, die  31.26  —  33.26  %  der  Trockensubstanz  aus- 
macht Als  Ersatz  für  Stärke  tritt  Fett  in  grösserer 
Menge  auf;  es  sind  16.21 — 18.25  %  in  der  Trockensub- 
stanz enthalten^). 


*)  Eine  andere  Analyse  (Les  Mondes  II.  1880,  No.  9.  Uhl- 
worm  ,  Bot.  Cent.  V.  p.  73)  giebt  37.13  V«  Proteinstoffe,  49.70  V« 
Fett,  und  27.60  stickstofffreie  Substanz  an.  Diese  Angaben  sind 
wohl  nicht  verlässlich.  —  üeber  Verwerthung  vergleiche  auch 
Sempolowski,   Zur   Cultur   und   Verwerthung    der   Sojabohne, 


— •    103     — 

Anhang.  Die  Lupinen,  Wolfs-  oder  Feigen- 
bohnen  {Lupmus  a&us^  varnts  etc.),  dienen  bei  uns  vor- 
nehmlich als  Futterpflanzen,  obwohl  einige  Arten  auch 
essbare  Samen  liefern,  die  schon  im  Alterthum  in  Ge- 
brauch standen.  In  einigen  Gregenden  Oesterreichs,  z.  B. 
in  Tirol  und  Salzburg,  verwenden  die  Landleute  die 
Lupinen,  in  denen  ein  giftiges  Princip  nachgewiesen 
worden,  auch  als  Kaffeesurrogat  und  cultiviren  sie  in 
Gärten.  — 

Die  Samen  von  Caatanospermum  austräte  Cunn^  dem  austra- 
lischen Kastanienbaume,  bean-tree,  der  ebenfalls  zu  den 
Schmetterlingsblütigen  gehört,  werden  von  den  Urein- 
wohnern Neusüdwales'  seit  alter  Zeit  zur  Herstellung 
eines  groben  Brodmehles  benützt.  Die  wallnussgrossen, 
„reifen  Früchte  i)  werden  durch  8 — 10  Tage  in  Wasser 
liegen  gelassen,  hierauf  an  der  Sonne  getrocknet,  auf 
heissen  Steinen  schwach  geröstet  und  zu  grobem  Mehl 
vermählen".  Das  Stärkemehl  wird  durch  Ausschwemmen 
gewonnen.  Die  Stärkekörner  sind  fast  durchweg  zu- 
sammengesetzt, die  einfachen  Körner  sind  kugelig,  die 
Theilkörner  wie  die  des  Gassavemehles  gebaut,  pauken- 
förmig,  gerundet  kantig;  sie  besitzen  einen  centralen, 
runden  oder  sternförmigen  Kern  und  haben  eine  Länge 
von  0.0027—0.017,  meist  von  0.005—0.012  mm. 


9.   Erdnuss-Samen. 

Die  Erdeichel  oder  Erdnuss*),  Arachü  hypogcea  L,^ 
wird  in  den  Tropenländern,  insbesondere  an  der  West- 
küste Afrikas  (Congo,  Senegal)  in  Japan,  China,  Ost- 
indien, Südamerika  im  Grossen  angebaut  und  liefert  in 
ihren  Samen  ein  Nahrungsmittel  und  einen  Rohstoff  für 


Fühlings  landw.  Zeitg.  XXIX,  1880,  Heft  5,  p.  278,  und  Graf 
Atteins  in  der  Hamburg.  Gartenztg.  XXXV,  S.  806.  Auf  vielen 
Landgütern  Oesterreichs  wird  den  Arbeitern  nur  Kaffee  von  Soja- 
bohnen verabreicht. 

>)  Nach  Wiesner,  Rohstoiffe  p.  277. 

*)  So  und  auch  Erdmandeln  werden  in  deutschen  Ländern 
die  Knollen  von  Lathyrus  tuberosus  L.  (siehe  diese)  und  von 
Cyperns  esculentus  L.  genannt. 


—     104     — 

Oelgewinnung.  Nach  Flückiger^)  kommen  von  den 
westafrikanisch-französischen  Colonien  jährlich  80  Mill.  kg 
Erdnüsse  nach  Europa;  ebenso  exportiren  Ostindien  und 
die  übrigen  westafrikanischen  Küstenländer  eine  erheb- 
liche Menge  dieser  Früchte  nach  Europa,  aber  wohl  nur 
zur  Verarbeitung  auf  Oel.  Spanien  exportirte  1878  von 
Erdnussöl  allein  24.6  Mill.  kg. 

Der  Fruchtknoten  dieser  Papilionacee  wächst  in  die 
Erde  hinab  und  reift  in  derselben  zur  Frucht.  Die 
Früchte  sind  18 — 30  mm  lang,  10—15  mm  dick,  stroh- 
gelb und  enthalten  2,  seltener  3  Samen,  was  durch  ent- 
sprechende einfache  oder  doppelte  Einschnürung  ange- 
zeigt wird  und  von  aussen  wahrgenommen  werden  kann. 
Die  Gefässbündel  sind  stark  entwickelt  und  rufen  eine 
Aderung  an  den  Hülsen  hervor. 

„Die  Samen  sind  länglich,  an  einem  Ende  gewöhn- 
lich abgeflacht,  bis  auf  den  weisslichen  Nabel  kupferroth 
bis  bräunlich,  oft  mit  einem  Stich  ins  Violette  gefllrbt. 
—  Das  durchschnittliche  Gewicht  der  Samen  beträgt 
etwa  0.5  Gramm.  Die  Kotyledonen  haben  die  Consistenz 
der  Haselnuss.  Der  Geschmack  ist  ölig  und  erinnert 
lebhaft  an  den  der  Bohne".  (Wiesner  1.  c.)  Geröstet 
schmecken  sie  nach  Mandeln.  —  Die  Samenhaut  ent- 
spricht in  ihrem  Bau  durchaus  nicht  dem  der  erörterten 
Leguminosensamen,  sondern  besteht  aus  platten  polygo- 
nalen mit  porösen  Wänden  versehenen  Zellen,  und  aus 
einer  mehrreihigen  Parenchymschicht.  Die  Samenlappen 
führen  in  grossen  polyedrisch  geformten  dünnwandigen 
Parenchymzellen  eine  grosse  Menge  von  Oeltropfen, 
zwischen  welchen  sich  kugelige  0.005  —  0.015  mm  im 
Durchmesser  haltende  Stärkekörnchen  und  Proto- 
plasmamassen vorfinden.  Die  Erdnuss,  auch  pistaches 
de  terre,  Ground-nut,  Earth-nut,  Pea-nut,  Manila- 
nut, Mani  (Südamerika)  genannt,  enthält  (nach  König 
1.  c.  p.  402)  Wasser  6.50  <>/o,  Stickstoffsubstanz  28.25  7o, 
Fett  46.37  %,  Asche  3.25  %.  An  Stärke  und  Cellulose 
sind  13  %,  an  Gummi  und  Zucker  7  %  vorhanden. 


*)  Flückij^er,    Archiv    der   Pharmacie    1864   p.    70    ff.    — 
Wiesner,  Rohstoffe,  p.  715. 


—     lOö     — 

IV.  Unterirdische  Pflanzentheiie. 

A.  Stärkemehlenthaltende 

(durch  grossen  Gehalt  von  Stärkemehl  ausgezeichnet). 

1.  Kartoffel!). 

Die  Kartofifelpflanze  Solanum  tuberosum  L^  der  Familie 
der  Nachtschattengewäclise  {Solanaceen)  angehörig,  hat  ihre 
Heimath  in  Peru  und  in  den  angrenzenden  Ländern  Süd- 
amerika's.  Das  krautige  durch  unterbrochen  fiederschnit- 
tige Blätter,  blassviolette  Blüthen  und  grosse,  grüne, 
giftige  Beeren  ausgezeichnete  Gewächs  besitzt  eigenthiim- 
Uche  unterirdische  Stammtheile,  Knollen,  die  nicht  als 
den  Wurzeln  angehörig  anzusehen  sind,  da  letztere  nie- 
mals blattähnliche  Gebilde  tragen.  Die  Kartoffelknollen 
an  Gestalt  und  Grösse  bekanntlich  höchst  verschieden, 
besitzen  an  ihrer  Oberfläche  in  kleinen  Grübchen  Warzen 
oder  Augen,  die  botanisch  als  unentwickelte  aber  ent- 
wicklungsfähige Sprosse,  als  Knospen  aufgefasst  werden. 
Die  verschiedenen  klimatischen  Verhältnisse  und  die  ver- 
änderlichen Culturbedingungen  erzeugten  eine  Menge  von 
Sorten  —  etwa  gegen  600  —  deren  Unterschiede  freilich 
auch  nur  zu  oft  in  dem  Namen  allein  gelegen  sind.  Durch 
den  Anbau  der  Samen  werden  fast  immer  neue  Formen 
gezogen,  dielerstinS — 3  Jahren  geniessbare  Knollen  liefern. 
Das  gewöhnliche  Verfahren  des  Anbaues  besteht  darin, 
dass  man  selbst  wieder  Knollen  als  Saatgut  verwendet, 
und  diese  Ende  April  oder  Anfangs  Mai  5 —  10  cm  tief 
und  30—45  cm  weit  von  einander  entfernt,  in  die  Erde 
legt.  Die  Erntezeit  einer  Kwi;offelsorte  (Sommer-,  Winter-, 
Früh-  und  Spätkartoffel)  wird  durch  Absterben  des 
Krautes  bezeichnet.   Der  beste  Boden  ist  lehmiger  Sand- 


^)  Ausführliche  Mittheilunffen  über  die  KartojBPel  giebt  Dr.  A. 
Burgerstein  „üeber  die  Kartoffel"  in  den  Schriften  des 
Ver.  z.  Verbreitung  naturw.  Kenntnisse,  Wien,  1880.  Bd.  20  p.  71  ff., 
die  auch  in  obigem  Paragraphen  verwerthet  worden  sind. 


—     106     — 


boden  mit  durchlassendem  Untergrunde.  Sie  gedeiht  bis 
zum  70«  n.  B.  und  liefert  hohe  Erträge  (11700  bis 
16  000  kg  pro  Hektar). 

Der  anatomische  Bau  der  Knollen  ist  ein  ziemlich 
einfacher.  Die  Schale  stellt  eine  Bindenschicht,  das 
Kork-  oder  Peridermgewebe  vor,  dessen  Zellen  tan- 
gential gestreckt  und  abgeplattet,  aber  radial  angeordnet 
sind  und  in  ihren  Wänden  sogenannte  Kork-  oder  Sube- 
rinlamellen  führen.  Den  Korkzellen  kommt  die  wichtige 
Eigenschaft  zu,  für  Wasser  undurchlässig  zu  sein  und 
sonach  einen  Schutz  gegen  das  Austrocknen  der  wasser- 
reichen Knollen  zu  bieten.  Der  Körper  der  Knollen  be- 
steht aus  ziemlich  grossen,  dünnwandigen,  rundlichen 
oder  polyedrischen  Zellen,  welche  mit  Stärkekörnern  im 
reichlichsten  Maasse  angefüllt  sind  und  ausserdem  noch 
die  echten  Krystallen  sehr  ähnlich  sehenden  aus  Eiweiss- 
substanzen  aufgebauten  Krystalloide,  ferner  gelbe  Etiolin- 
und  (grüngefärbte)  Chlorophyllkörner  enthalten. 

Die  Kartoffelstärke^),  die  in  der  Technik  als  Roh- 
stoff zur  Darstellung  des  Dextrins  (Stärkegümmi,  Leiokom), 
und  des  Kartoffelbranntweins  (Spiritus,  Alkohol),  eine  her- 
vorragende Rolle  spielt,  lässt  sich  von  der  Weizenstärke 
schon  mit  freiem  Auge  unterscheiden,  da  ihre  Körner 
zu  den  grössten  aller  Stärkesorten  gehören;  ausser  diesen 
sind  mittelgrosse  und  kleine  Körner,  oder  richtiger  ge- 
sagt  alle   Grössenabstufiingen   vorhanden,    während    die 


Figur  39  (nach  v.  H  ö  h  n  e  1). 


Eartoffelttirke« 


1)  Wiesner,  Rohstoffe  p.  Ä64. 


—     107     — 

Weizenstärke  bekanntlich  nur  grosse  und  kleine  Körner 
enthält.  Die  Stärkekörner  der  Kartoffel  (Figur  39)  sind 
meistens  einfach,  selten  zu  zweien  oder  dreien  compo- 
nirt  (Zwillings-  und  Drillingskörner);  die  einfachen  sind 
eiförmig,  mit  einem  am  schmalen  Ende  liegenden  Kerne 
(Excentricität  V* — Ve)  versehen  und  excentrisch  geschichtet; 
einzelne  Schichten  treten  mit  besonderer  Schärfe  hervor; 
durch  verdünnte  Chroinsäure  kaim  man  die  Schichtung 
höchst  scharf  hervorrufen.  Unentwickelte  Stärkekörner 
aus  unreifen  Knollen  sind  kugelig  oder  elliptisch  und 
undeutlich  geschichtet.  In  Kalilauge  zerfliesst  die  Stärke. 
Beim  Kochen  derselben  geschieht  dasselbe,  die  schleimige 
Masse  fuhrt  den  Namen  Kleister  und  dient  bekannter- 
maassen  als  Klebemittel.     Als  Maasse  findet  man: 

häufigste  Längen:  Längenmaximum; 


0.0625  0.0675  0.0725  0.085  mm  0.10  mm. 

Die  mittlere  chemische  Zusammensetzung  der  Kar- 
toffeln ist  von  König  berechnet  worden  und  weist  fol- 
gende Zahlen  auf  (in  Procenten): 

Wasser:  Stickstoff-  ^    j^  Holzfaser;  Asche: 

SobstaDi: 

75.77  1.79  0.16         20.56  0.75  0.97 

Der  Stärkegehalt  schwankt  sehr;  so  haben  gelbschalige 
runde  Sorten  17.8  %,  blauschalige  runde  15.6,  blauscha- 
lige  lange  18.5  *^^ ;  rauhschalige  grosse  22.64  >,  glatt- 
schalige  grosse  18.55  o/o  Stärke.  Das  Entlauben  der  Kar- 
toffelpflanzen vor  der  Knollenreife  ist  vom  grössten  Nach- 
theil, weil  in  denBlättern  bekanntlich  die  Bildung  der  Stärke 
vor  sich  geht,  worauf  diese  dann  in  die  Knollen  wandert. 
Der  Aufbewahrungsort  muss  trocken  und  luftig  sein,  da 
sie  leicht  faulen  und  im  Frühjahr  keimen.  Beim  Gefrieren 
geht  die  Stärke  in  Zucker  über.  —  Die  Stickstoffsubstanz 
besteht  aus  unlöslichem  Eiweiss  (0.384  ^o)?  aus  löslichem 
Eiweiss  (0.802  %),  Asparagin  (0.320  *^/o)  und  Amydosäuren 
<0.049  ^/o);  auch  das  Glykosid  Solanin  (der  giftige  Be- 
standtheil)  ist  nachgewiesen  worden  (0.032  —  0.068  ». 
Die  Asche  besteht  aus: 


—     108     — 

-■       -        i       I        i 

60.37     2.62     2.57      4.69      1.18     17.33     6.49     2.13     3.11 

Der  grosse  Wassergehalt  gegenüber  der  geringen  Stick- 
stoff-Substanzmenge zeigt,  dass  der  Nahrungswerth  der 
Kartoffel  ein  unbedeutender  ist  und  fast  nur  auf  dem 
Stärkegehalt  beruht,  die,  als  Nahrungsmittel  betrachtet, 
wohl  den  Magen  füllt,  dem  Körper  aber,  wenn  ausschliess- 
lich nur  Kai-toffeln  consumirt  werden,  wie  dies  in  den 
armen  Gegenden  des  Erzgebirges  und  Irlands  geschieht, 
nicht  alle  zum  Aufbau  und  zur  Erhaltung  nöthigen  Sub- 
stanzen darbietet.  In  richtiger  Vertheilung  mit  stickstoff- 
haltiger Nahrung  erfüllt  die  Kartoffel  vollauf  ihren  Zweck. 
Die  mikroskopische  Untersuchung  hat  gelehrt,  dass  die 
Eiweisskörper  hauptsächlich  unter  dem  Periderm  gelagert 
sind;  es  ist  daher  vortheilhaft,  die  Knollen  ungeschält 
in  kochendes  Wasser  zu  legen  und  darin  weich  zu  kochen, 
weil  dann  das  Eiweiss  an  der  Oberfläche  sehr  schnell 
gerinnt  und  beim  Schälen  an  dem  Knollen  bleibt. 

Wie  alle  Culturpflanzen,  ist  auch  die  Kartoffelpflanze 
den  Angriffen  zahlreicher  Feinde  ausgesetzt,  die  sich  aus 
der  Insectenwelt  und  dem  Pilzreiche  recrutiren.  Die 
Larven  des  Maikäfers  (Melolontha^  Engerlinge)  und  des 
Saat -Schnellkäfers  (Elater)  greifen  die  Wurzeln  an;  im 
Jahre  1874  wurde  in  Amerika  ein  neuer  Feind,  der  Colo- 
radokäfer (Doryphora  decemlineata) ^  eine  Chrysomelide,  ent- 
deckt, dessen  Larven  die  Blätter  verzehren  und  der  im 
Jahre  1877  auch  in  Europa  bemerkt  worden  ist.  Ener- 
gische Maassregeln  der  Staatsverwaltungen  scheinen  seine 
Verbreitung  hintangehalten  zu  haben.  —  Von  den  Pilzen 
ist  es  namentlich  der  Kartoffelpilz  (Phytophthora,  Peronospora 
infestans  Ca8p.\  der  die  Blätter  und  die  Knollen  befallt  und 
dieselben  zersetzt.  Auch  die  sogenannte  Kräuselkrank- 
heit wird  durch  einen  Pilz  hervorgerufen. 

lieber  die  hervorragende  Bedeutung  der  Kartoffel 
als  Handelsgegenstand  belehrt  uns  die  Statistik  (v.  Neu- 
mann-Spallart  1.  c.  p.  136).  Während  England,  Schweiz 
und  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  eine  an- 


i 


—     109     — 

sehnliche  Menge  importiren,  betreiben  das  deutsche  Reich 
und  Frankreich  einen  höchst  beträchtlichen  Export.  Der 
mehrjährige  Durchschnitt  der  Kartoffelproduction  beträgt 
in  Millionen  Hektolitern: 

(in  neaester  Zeit): 

Deutsches  Reich 272.00 218.6 

Frankreich 130.59 94.4 

Russland 127.00 122.3 

Oesterreich 87.13 57.4 

Vereinigte    Staaten    von 

Nordamerika     54.18 63.9 

Irland 43.87 43.9 

Grossbritannien 30.44 30.4 

Belgien 26.35 12.6 

Schweden 18.57 13.2 

Niederlande 17.71 15.6 

Ungarn 13.18  .  .  , 15.8 

Die    Gesammtproduction    beträgt    im    Mittel    etwa 
850.18,  in  neuester  Zeit  714.2  Millionen  Hektoliter. 

Der  Kartoffelhandel  gestaltete  sich  im  Jahre   1879 
,  ^olgendermaassen : 

Einfuhr:  Ausfuhr: 


Menge 

Werth 

Menge 

Werth 

mtr.  Tonnen: 

Mk.: 

mtr.  Tonnen: 

Mk.: 

Grossbrit.   und 

Irland  .... 

473  345 

53  937  700 

? 

? 

Deutschland  .  . 

36  700 

2  200000 

585  000 

35100000 

Frankreich    .  . 

16  630 

1  596  500 

171576 

17843  900 

Belgien    .... 

105  018 

9  211552 

21831 

1  921 100 

Ver.  Staaten  von 

Nordamerika 

21979 

1105  800 

21192 

2  088150 

Schweiz    .... 

35107 

2106000 

1203 

72180 

Oester.-Ungam 

11232 

1123220 

17453 

1  745  340 

Niederlande  .  . 

136229 

2  315  900 

31893 

542  300 

Dänemark  .  .  . 

13056 

854445 

502 

32  900 

Zus.  i.d.  Land.: 

851 296 

74451117 

850  650 

59  345  870 

Die  Kartoffelcultur  Perus  und  Chiles  ist  uralt;  auch 
andere   /Sofa/jwm- Arten    (es    giebt    deren    in   Südamerika 


—     110     — 

800)  erzeugen  Kiiollen,  die  jedoch  wegen  eines  bitteren 
Geschmackes  oder  anderer  unangenehmer  Eigenschaften 
nicht  genossen  werden  können.  Die  allgemein  verbreitete 
Meinung,  nach  welcher  Francis  Drake  (1580)  oder  der 
unglückliche  Admiral  Sir  Walther  Raleigh  0618  im 
Tower  enthauptet)  im  Jahre  1584  die  Kartoffel  nach  Europa 
gebracht  hätten,  beruht  auf  einem  Irrthum;  es  dürften 
wohl  die  mehlreichen  Knollen  der  Batatas  edulis^  die  Bataten, 
deren  Namen  patato  die  Spanier  auf  die  Kartoffel  an- 
wendeten, gewesen  sein;  denn  die  Kartoffelpflanze  war  in 
Europa  schon  vor  dem  Jahre  1580  bekannt,  da  zwischen 
1560  — 1570  spanische  Soldaten  sie  nach  Burgund  und 
ünteritalien  gebracht  hatten.  Peter  Martyr,  ein  spa- 
nischer Schriftsteller  erwähnt  zu  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts derselben  und  Don  Zarate^  1544  Schatzmeister 
in  Peru,  beschreibt  sie  als  papas's,  welchen  Namen  die 
Kartoffel  noch  jetzt  unter  den  Indianern  Peru's  führt. 
Im  Jahre  1564  gelangte  sie  durch  Fr.  Redi  nach  Italien, 
wurde  dort  bald  Gegenstand  des  allgemeinen  Anbaues  und 
„kleine  Trüffel",  tartuffoli  genannt,  aus  welcher  Be- 
nennung das  deutsche  Wort  „Kartoffel"  entstanden.  Gegen 
Ende  des  16.  Jahrhunderts  brachte  sie  ein  päpstlicher 
Legat  nach  Holland,  1587  kam  sie  nach  Belgien.  Zwei 
von  den  nach  Belgien  gelangten  Knollen  schickte  1588  Herr 
von  Sivry  an  seinen  Freund  Charles  de  l'Ecluse 
(Clusius),  Director  der  Wiener  kaiserlichen  Gärten  (1574 
bis  1593),  der  sie  anpflanzte,  Papas  Peruanorum  nannte 
und  somit  das  Verdienst  erwarb,  die  Kartoffel  in  Oester- 
reich  eingeführt  zu  haben.  Daselbst  und  in  Deutsch- 
land überhaupt  begegnete  man  der  neuen  Culturpflanze 
durch  zwei  Jahrhunderte  mit  dem  grössten  Misstrauen 
—  hatte  sie  doch  der  gelehrte  Bauhin us  als  eine  der 
Gesundheit  nachtheilige  Speise  erklärt.  Im  Anfange  des 
18.  Jahrhunderts  begann  man  in  Württemberg,  Baden, 
Mittelfranken,  Sachsen  und  Bayern  die  Pflanze  anzubauen 
und  die  Knollen  —  pomme  de  terre,  Ardappel,  Erdäpfel, 
in  Oesterreich  Erd-  oder  Grundbime  genannt  —  als 
Schweinefutter  zu  verwenden.  Erst  die  Hungersnoth  im 
Jahre  1770,  der  in  Böhmen  allein  180  000  Menschen  er- 
legen sein  sollen,  lehrte  die  Bewohner  Mitteleuropas  die 
Kartoffel  als  Nahrungsmittel  schätzen  und  anwenden. 


—   111   — 


2.    Topinambur. 

Die  knollentragende  Sonnenblume  (Helianthus  tube- 
rosus),  eine  perennirende,  den  Compositen  oder  Korbblüth- 
lern  angehörige  Pflanze,  trägt  geniessbare  Knollen,  die 
1617  aus  Brasilien  nach  England  und  darauf  nach  Deutsch- 
land gekommen  sind.  Sie  heissen  Topinambur,  Erd- 
birnen,  Bataten,  Erdäpfel,  Erdartischoke,  sind  läng- 
lich cylindrisch  oder  rübenformig,  weiss  oder  roth,  saftig, 
von  süsslichem  Geschmacke  und  werden  in  den  unteren 
Donauländern  und  sonst  hie  und  da  theils  roh,  theils  ge- 
kocht oder  in  Asche  gebraten  genossen;  als  Zuthat  zu 
Fleischbrühen  werden  sie  gesucht;  die  Hauptverwendung 
ist  jedoch  die  als  Viehfutter  (Schlesien,  Süddeutschland). 
Ihre  chemische  Zusammensetzung  ist  ähnlich  der  der 
Kartoffel;  Topinambur  enthält  nach  König  in  ^o  • 

Q,  Stickstoff-  „ .,  Stickstofffreie         ...  .   . 

Wasser:  „.,  Fett:  .  *     ..  *  »  Holifaser:  Asche: 

Substanz :  Extractivstoffe : 

79.59  1.98  0.13  15.06  1.47  1.17 

Die  Knollen  enthalten  7.53—12.64  %  Lävulin,  ferner 
Inulin  und  Zucker.    Die  Asche  enthält: 


I 


£  £ 

^       I       1       i 

g  J  -5  'S  . 

J  f  I  I  I 

47.77    10.16    3.28       2.93     3.47     uToO     4.91    10.03    3.87 

Die  Asche  enthält  demnach  mehr  Kieselsäure  und 
Natron,  dagegen  weniger  Kali  als  die  der  Kartoffelknollen. 

3.   Die  Bataten  und  ihre  Stärke. 

Die  Knollen  von  Batatas  eduUs  Chxns.  (Dioscorea  batatasy 
Ipomoea  batatas  Lam,j  CtmvolvuJm  batatas  Z/.,  Familie  der 
Convolvulaceen  oder  Windengewächse)  werden  in  Südame- 
rika, in  Ost-  und  Westindien  (Martinique,  Cochinchina, 
Reunion  (unter  dem  Namen  Bataten,  Gameten  oder 
Patatas  als  eine  wohlschmeckende  und  nahrhafte  Speise 
gegessen.  Als  Ersatz  für  die  Kartoffel  (während  der 
Kartoffelkrankheit  im  Jahre  1844)  empfohlen,  hat  sie  sich 


—     112    — 

jedoch  nicht  Eingang  verschaffen  können.  Die  Portu- 
giesen sollen  aus  den  Bataten  ein  berauschendes  Getränk, 
die  Marmoda,  bereiten.  Die  chinesische  B.  ist  durch 
Decaisne  in  Frankreich  eingeführt  worden.  Sie  enthält 
nach  König: 

w.«o-.  Stickstdff-  _,.  Stickstofffreie         „,,  .   .* 

^"'«'^  SubsUni:  '^"^  Extracüvstoffe :        "•'«f«'*^^  *^^''*- 

75.78  1,52  0.36  20.06  1.07  1.21 

Die  Batatenstärke  1)  (Fig.  40),  die  als  brasiliani- 
sches Arrow-root  (zum  Theile)  insbesondere  aus  Bri- 
tisch Guyana  in  den  Handel  kommt,  bildet  ein  graugelbes 

Fi    40  (nachv  Höhnei)        ^^^^^  ^^^^  feiucs  Pulver  uud 
g.  4    (nac  V.        n  e ).       Gesteht  grössteuthcils  aus  zu- 
sammengesetzten Körnern. 
Letztere  bestehen  aus  10 — 12, 
gewöhnlich  aus  4—5  sehr  ver- 
schieden    geformten    Einzel- 
körnern.   Es  finden  sich  halb- 
kugelförmige, keulig  verdickte, 
^Q  zuckerhutartige   und   vielkan- 

tige Einzelkörner;  alle  besitzen 
^  einen    excentrisch    gelegenen 

Kern    und    eine    Schichtung; 
Batatenstärke  (v.  Batatas  eduiis).    auffallend    ist    die    schr   Ver- 
schiedene Grösse;  es  giebt  sehr  grosse,  0.0220 — 0.0352 — 
0.050  mm,  und  sehr  kleine,  0,0132 — 0.0066  mm  messende 
Körner. 


4.   Die  Manioc-  oder  Cassavewurzel  und  ihre 
Stärke. 

Die  10  und  mehr  Kilogramm 'schweren  Wurzelknollen 
des  Manioc-  oder  Cassavestrauchee,  -^Manihot  utilissma  Pohl, 
einer  Euphorbiacee  oder  Wolfsmilchgfwächses,  dienen  in 
Südamerika  und  auf  den  caribischen  Inseln  zur  Bereitung 
des  Cassava-  oder  Cassabimehles  u.  der  Tapioca. 
Insbesondere  wird  diese  höchst  ertragreiche  Pflanze  in 
Brasilien  (wo  die  Sorten  von  Bio  und  Bahia  als  die  besten, 

^)  Wiesner,  Rohstofife  p.  278.    Vogl  1.  c.  p.  48. 


—     113     — 

von  Para  als  geringere  gelten),  in  Guyana,  auf  Mar- 
tinique und  Guadeloupe,  Reunion  und  Travancore  (Ost- 
indien), in  den  französischen  Colonien  von  Westafrika 
und  Neucaledonien  angebaut.  In  Brasilien  ernähren  sich 
nach  Guignet^)  11  MilL  Menschen  von  der  Manioc*). 
Man  unterscheidet  die  giftige,  im  Grossen  producirte 
Manioc  am  er  und  die  nichtgiftige,  nur  im  Kleinen  cul- 
tivirte  Manioc  a'ipi  oder  doux.  Sie  gedeiht  bis  1000  m 
Höhe  und  wird  mit  Steckreisern  vermehrt;  die  Knollen 
werden  vor  der  Blüthe  geemtet.  Die  frischen  Knollen 
enthalten  ein  nicht  näher  bekanntes  Gift,  das  man  früher 
für  Blausäure  gehalten  hat;  von  dem  Gifte  werden  sie 
durch  Schälen,  Waschen,  Abpressen  und  Trocknen  befreit. 
Das  Mehl  führt  im  Handel  den  Namen  Manioc,  Juca 
oder  auch  einfach  Farina,  ersetzt  in  Brasilien  unser  G^- 
treidemehl  und  dient  hauptsächlich  zur  Bereitung  des 
brasil.  Nationalgerichtes  Fejovada,  des  pirao  und 
des  Conaquebrodes.  —  Die  Stärke  heisst  Cassave- 
mehl  oder  brasilianisches  Arrow-root.  Durch 
Körnigmachen  der  feuchten  Stärke  mittelst  Sieben  und 
Erhitzen  der  Körner  auf  Metallplatten,  wobei  «eine  theil- 
weise  Verkleisterung  der  Kömchen  und  ein  Zusammen- 
backen derselben  eintritt,  erhält  man  die  Tapi o ea ').  Man 
verwendet  zum  Körnigmachen  auch  Körbe  von  eigenthüm- 
licher  Beschaffenheit*).  Ein  derartiger  Korb  stellt  ein 
vier  Fuss  hohes  kegelförmiges  Flechtwerk  vor,  das  am 
oberen  Bande  etwa  6  Zoll  im  Durchmesser  hat  und  so  con- 
struirt  ist,  dass  es,  wenn  man  es  mit  Gassavabrei  gefüllt 
und  an  der  unteren  Spitze  mit  einem  Steine  beschwert 
aufhängt,  einen  gleichmässigen  fortwährenden  Druck  auf 
die  darin  enthaltene  Masse  ausübt,  deren  wässerige  Be- 
standtheile  dadurch  schnell  ausgepresst  werden.  —  Nach 
Guignet  wird  die  gut  abgetropfte  Stärke  einfach  in 
Kupferkesseln  erwärmt,  wobei  sie  sich  in  grosse,  durch- 
scheinende   und   unregelmässige  Massen  verwandelt.   — 


')  ühlwoYm,  Bot.  Cent.  1880.  I.  p.  71. 

*)  In  der    deutschen  Colonie  Blamenau   (Brasilien)    werden 
11  239  hl  Manioc  gewonnen. 

«)  Wiesner,  1.  c.  p.  273. 

^)  F.    A.    Ober's    Aufenthalt    auf   den    Caribischen    Inseln. 
Globus  XXXVIII.    p.  267. 

Hanausek,  Kabrnngs  -  u.  Genutsmittel  a.  d.  Pflanzenreich.     8 


—     114     — 

Tapioca  wird  auch  in  Europa  dargestellt.  In  seinem 
mit  Becht  berühmten,  hier  oft  citirten  Werke  (Roh- 
stoffe etc.  p.  274)  sagt  Wiesner  hierüber:  „Die  rein 
weissen,  aus  einem  gröblichen,  nicht  zusammengebackenen 
Mehle  bestehenden  Tapiocasorten  des  französischen  Han- 
dels werden  in  Frankreich  aus  Cassavemehl  bereitet. 
Hier  erzeugt  man  auch  durch  Vermischung  von  Tapioca 
mit  anderen  conservirten  Genussmitteln  besondere  Handels- 
artikel. So  ist  z.  B.  die  Tapioca  Crecy  ein  Gemenge 
von  sehr  feiner  Tapioca  mit  zerkleinerter  und  getrock- 
neter gelber  ßübe^).  Die  Tapioca  au  Cacao  enthält 
das  Mehl  von  entfetteten  Cacaobohnen  u.  s.  w.  In  neuerer 
Zeit  stellt  man  aus  reiner  Kartoffelstärke  ein  der  Tapioca 
im  Aussehen  gleiches  Product  dar,  welches  unter  dem 
Namen  inländische  Tapioca  (t.  indigene)  in  den  deutschen 
und  französischen  Handel  eintrat"  — 

Die  Stärkekömer  des  Cassavemehles  (Fig.  41)   sind 

fast  durchweg  Zwillingskörner;  auch 

Fig.  41  (nach  v .  H  ö  h n  e  1).    jj^giu-fa^^ij  Zusammengesetzte  kommen 

vor.  Von  oben  gesehen,  erscheinen 
sie  kreisrund  mit  einer  den  Kern 
umgebenden   dunkleren    Zone,    die 

#ö>  gg&K   ^^        wieder  von  einer  lichteren  umgeben 
^P  ^^       ist.     Von  der  Seite  gesehen,  ist  jedes 
^^    ^_^  i  Theilkorn  pauken-  oder  zuckerhut- 

^^   ^^       ^        förmig;  vom  Kerne  zieht  die  schwä- 
cher   lichtbrechende    Substanz    bis 
Tapiocastftrke  (Manihot      zur  Zusammeusetzungsfläche  hinab. 
utiiissima).  j)j^    L»jjgg    beträgt    nach    meinen 

Messungen  0.008—0.026  mm  (nach  Wies n  er  bis  0.029  mm) ; 
am  häufigsten  zählt  man  0.014,  0.016,  0.020  mm. 

5.    Die  Marantawurzel  und  ihre  Stärke. 

Der  fleischige  Wurzelstock  der  Cannacee  Maranta 
arundmacea  Z.*),  welche  in  den  Tropen,  auf  Bermudas, 
Jamaica,  St.  Vincent,  auf  Keunion,  in  Guyana,  Ost- 
indien, Ceylon  u.  s.  w.  gebaut  wird,  enthält  eine  ausge- 

1)  Auch  Tapioca  lulienne.    Vergl.  S.  127—128. 
*)  lieber  die  Stärke  anderer  Maranta- Arten  vergl.  Wiesner, 
Kohstoffe  p.  269. 


—     115     — 


zeichnete  Stärkesorte,  welche  zur  Herstellung  feiner 
Speisen  und  Backwerke,  aber  auch  medicinisch  benützt 
wird;  sie  bildet  als  Araruta-  ^^^  ,^  ^^^^^  ^  Höhn  ei). 
mehl  oder  westindisches 
Arrow root  einen  bekann- 
ten Handelsartikel.  Sie  ist 
(Fig.  42)  ein  höchst  feines^ 
weisses  Pulver  mit  einfachen, 
eiförmigen,  abgerundet  drei- 
eckigen oder  stumpf  eckigen, 
deltoidischen  Körnern.  Diese 
sind  deutlich  geschichtet  und 
besitzen  einen  entweder  in 
der  Mitte  oder  dem  schmalen 
oder  dem  breiten  Ende  näher 
gelegenen  Kern.  In  den 
meisten  Körnern  ist  eine 
quergestellte  einfache,  selten 
eine  sternförmige  Kernspalte 
vorhanden.  Der  Längendurchmesser  beträgt  0.02 — 0.060 
(nach  Wiesner  0.07Ö)  mm,  am  häufigsten  messen  die 
Körner  0.03,  0.04,  0.045.  0.05  mm. 


Westindisches  Arrowroot  (v 
ranta  arundinacea). 


Fig.  43  (nach  ▼.  H  ö  h  n  e  1). 


Anhang.  Ausser  den  angeführten  Waaren  dieses 
Abschnittes  giebt  es  insbesondere  in  den  Tropen  noch 
zahlreiche  Wurzelgewächse,  die  wegen  ihres  grossen  Stärke- 
gehaltes als  Nahrungsmittel  cultivirt  werden.  Einige 
wenige  derselben  sollen  in 
dem  Folgenden  in  Kürze 
Erwähnung  finden. 

Die      Wurzelstöcke 

zweier    ostindischen 

Zingiberaceen,      Cur- 
cuma    angmtifoUa    Roxb,    und 

Curcuma     leukorrhtza    Roxb, 
(auf  Malabar)   liefern   das 

ostindische    Arrow- 
root, Tik-,  Tikur-  oder 
Tikormehl.     Die  Stärke- 
kömer  (Fig.  43)   sind  gross,       OsUndisches  Arrowroot  v.  Curcuma 

platt,   elliptisch,   eifo^rmig,  »«««tifoiia. 

8* 


—     116     — 

häufig  an  einem  Ende  in  eine  kurze,  stumpfe  Spitze  aus- 
gezogen. Der  Kern  liegt  ganz  nahe  der  Spitze,  sie  haben 
eine  halbmondförmige  (Menisken-)  Schichtung.  Die  Länge 
der  Stärkekömer  von  C.  leukorrJäza  beträgt  0.02 — 0.145  mm 
(übertreffen  demnach  selbst  die  Kartoffelstärkekömer), 
während  die  Stärkekörner  von  C.  angustifoUa  nur  bis 
0.07  mm  lang  werden  und  meistens  0.06  mm  messen. 

Die  Cannastärke  aus  dem  Wurzelstocke  der  Canna 
mdica  L,  besteht  aus  breiten  eiförmigen,  nieren-  oder 
geigenförmigen  Körnern  mit  Meniskenschichtung.  Sie 
messen  0.101—0.132  mm. 

Eine  andere  Cannastärke  von  Canna  eduUs  Botan. 
reg,  kommt  als  Arrow-root  von  Queensland  (Fig.  44) 
oder  Fecule  de  Toloman  auf  den  Markt.    Die  Kömer 

Fig.  44  (nach  v.  H  ö  h  n  e  1). 


Queentland-Arrowroot  v.  Canna  edulis. 

dieser  Sorte  sind  kreis-,  schild-  oder  bimförmig,  undeut- 
lich dreieckig  und  messen  O.Ol — 0.106  mm,  meistens 
0.06  mm.  — 

Dift.  Yamswurzel  (Dmcorea  sativa  L,)j  eine  den  Lilien- 


—     117    — 

gewachsen  verwandte  Pflanze  aus  der  Familie  der  Dios- 
coreen,  wird  tiberall  in  den  Tropen  gebaut  und  die  Knollen 
werden  wie  die  Kartoflfelknollen  genossen.  Auf  den  Viti- 
inseln  ^)  wird  die  Yamspflanze  („Uwi"  genannt)  in  20 
verschiedenen  Sorten  gebaut;  die  Knollen  erreichen  ein 
Gewicht  von  1 — 50  kg.  Die  Pflanzen  werden  in  kleinen, 
3 — 5  Fuss  hohen  Hügeln  angebaut,  Ende  December  die 
ersten  sogenannten  Kinderyams,  „uwi-ngone",  geerntet; 
die  Haupternte  erfolgt  im  März.  Die  ausgegrabenen 
Knollen  bringt  man  in  luftige,  gut  eingedeckte  Schuppen 
zur  Aufbewahrung.  Bei  Bedarf  werden  sie  je  nach  der 
Grösse  zerschnitten  oder  ganz  gelassen,  gekocht,  geröstet 
oder  gedämpft.  Auch  Dioscorea  alata  L,  wird  cultivirt  und 
besitzt  weisse  Knollen,  während  erstere  durch  rothe  und 
gelbe  Wurzelstöcke  ausgezeichnet  sein  soll  (Wiesner  I.e. 
p.  283).  Man  unterscheidet  demnach  auch  eine  gelbe, 
eine  mattpfirsichblüthrothe  und  eine  weisse  Dioscoreen- 
stärke.  Die  Stärkekörner  von  Dioscorea  alata  sind  un- 
regelmässig oval;  ein  Ende  jedes  Kornes  hat  eine  halb- 
kugelförmige oder  parabolische,  das  entgegengesetzte  eine 
keilförmige  Gestalt;  sie  sind  reich  geschichtet  und  messen 
der  Länge  nach  0.014 — 0.082  mm,  meistens  0.031  bis 
0.045  mm.  — 

Das  Arrow-root  von  Tahiti  (Wiesner  1.  c.  p.  282) 
wird  aus  den  Knollen  von  Tacca  pirmatifida  Forst,  in  Bra- 
silien und  Tahiti  gewonnen.  Die  Stärkekörner  sind  theils 
einfach,  theils  zusammengesetzt;  die  einfachen  elliptisch, 
ei-  bis  birnförmig,  die  2— 5  Theilkömer  der  zusammen- 
gesetzten polyedrisch  oder  halbkugelig.  Die  grössten  ein- 
fachen Körner  messen  0.045  mm.  Der  Kern  ist  als  dunkler 
Punkt  oder  als  feinstrahlige  Höhlung  erkennbar. 

Auch  die  Knollen  von  Arum  esculmtum  L*  (Colocasia 
esciUenta  VenL)^  Taro  oder  Dalo  genannt,  liefern  in  Poly- 
nesien (Vitiinseln  u.  s.  w.)  ein  wichtiges  Nahrungsmittel, 
Sie  sind  2 — 6  kg  schwer,  schmecken  süss  wie  eingemachte 
Birnen  und  werden  gekocht,  zwischen  heissen  Steinen  ge- 
backen oder  roh  genossen*).  Ueber  die  Stärke  vergL 
Wiesner,  Rohstoffe  p.  280.  — 

i)  Globus  XLI,  No.  15,  p.  233  ff. 

*)  Im  frischen  Zustande  sollen    sie  übrigens  giftig  sein    und 
äusserst  scharf  schmecken. 


—     118 


Sago. 

Obwohl  die  Sago  stärke  nicht  aus  unterirdischen 
Pflanzentheilen  gewonnen  wird,  so  soll  sie  doch  an  die- 
selben anschliessend  abgehandelt  werden,  weil  sie  mit  den 
Stärkearten  der  Wurzeln  etc.  die  Verwendung  theilt. 

Echte  Sagostärke  wird  aus  dem  Stammmarke 
mehrerer  Palmen,  die  in  Indien,  auf  den  Sundainseln 
und  Philippinen  einheimisch  sind,  gewonnen  und  zu  Sago 
verarbeitet.  Insbesondere  sind  es  Sagus  Eumphn  Willd. 
(Metroxyhn  Sagus  König)  ^  Sagus  laevis  Rumph  (Metroxylon  laeve 
König\  Sagus  farinifera  Lam.,  Arenga  saccharifera  Lab,  (Saguerus 
Rumjphä  Eojsb.),  und  Borassus  ßabeläformis  L.,  deren  Stamm- 
mark (bei  der  letzteren  das  Wurzelmark)  auf  Stärke  aus- 
gebeutet wird.  Man  fällt  die  Stämme  vor  dem  Blühen, 
zerkleinert  das  herausgenommene  Mark  und  wäscht  es 
auf  Sieben  aus.  Die  gewonnene  Stärke  ist  ein  bedeuten- 
der Handelsgegenstand;  grosse  Mengen  der  in  Zucker- 
hutformen gebrachten  Sagostärke  gelangen  aus  Sumatra 
nach  Singapore,  wo  Chinesen  sie  zu  Sago  umwandeln. 
Die  Sagobereitung  besteht  in  einem  Körnen  der  Stärke 
mittelst  siebartiger  Vorrichtungen.  Nasse  Stärke  wird 
durch  Siebe  verschiedener  Maschenweite  durchgepresst, 
die  noch  unregelmässigen  Körner  durch  Schütteln  in  aus- 
gespannten Säcken  oder  (in  Europa)  durch  Anwendung 
rasch  rotirender  Trommeln  abgerundet,  und  schliesslich 
in  Pfannen  unter  beständigem  Umrühren  an  einem  ge- 
linden Feuer  oberflächlich  verkleistert  und  getrocknet. 
Auch  erhitzten  Wasserdampf  benutzt  man  zum  Trocknen. 

Sago  unseres  Handels  erscheint  in  harten,  weissen, 
theils  glasigen,  in  heissem  Wasser  stark  aufquellenden 
Körnern  von  egaler  Grösse,  die  für  einzelne  Sorten  aber 
verschieden  ist;  es  gi^bt  Sorten  mit  hirsekomgrossen 
und  solche  mit  weit  grösseren,  bis  rübensamengrossen 
Körnern.  Brauner  Sago  hat  durch  gebrannten  Zucker 
braungefärbte  Körner.  Verfälscht  wird  echter  ostindi- 
scher Sago  durch  inländischen,  aus  Kartoffelstärke 
bereiteten  Sago  (Sagou  fran^aise  in  Frankreich),  der  dem 
ersteren  höchst  ähnlich  aussieht.  Singapore  setzt  jährlich 
gegen    50000  mCtr.   echten    Sago  in   den  Handel.    Aus 


—     119    — 


Japan  stammt  eine  sehr  feine  Sagosorte  von  C^ccu  ctrct- 
naUs  (Zapfen  -  Sagopalme).  Amerikanischer  Sago 
kommt  theils  von  Guadeloupe,  theils  ron  Brasilien  und 
wird  hier  aus  Gassave-Stärke  u.  a.  erzeugt. 

Die  Sagostärke  Yon  Borasms  ßoMäfimms  (Figur  45) 
enthält  einfache  und  zusammengesetzte  Körner;  die  ein- 
fachen sind  sehr  verschieden  geformt,  eilanglich  mit  vor- 
springenden Ecken,  mit  einem  centralen  Kern  und  Kem- 

Fignr  45  (nach  v.  Höhne  1).     Ssgostlrke  von  Borftssus  flabeUiformis. 


Fig.  46  (nach  v.  Höhnel).    Sagoatftrke 
▼on  Sagui.  Bamphii. 


z  zusammengesetste,    e  einfache  Körner;    r  Krystallnadel. 

spalten  und  sehr  deutlicher  Schichtung.  Zwillings-  und 
Drillingskömer  sind  häufig.  Mehrfach  zusammengesetzte 
erscheinen  traubig,  indem  die  Theilkörner  halbkugelig 
vorspringen.  Grösse:  0.003—0.06  mm;  meist  0.03  bis 
0.04  mm.  Krystallnadeln  und  stärkefiihrende  Zellreste 
kommen  häufig  in  der  Stärke  vor.  — 

Die  Sagostärke    von  Sagus  Bumphü  (Figur  46)  hat 
ebenfalls  einfache  und 

zusammengesetzte 
Köm  er;  letztere  sind 
weitaus  häufiger  vor- 
handen.   Die  ein- 
fachen   Körner    sind 
eiförmig ,     eilänglich, 
auch  rundlich ;  die  zu- 
sammengesetzten be- 
stehen     aus      einem 
grossen  und    1—5, 
meist    2—3    kleinen 
Theilkömem,  welche 


^^^^ 


Zusammengesetzte  und  Brachkörner. 


—     120    — 

am  schmalen  Ende  des  grossen  Theilkornes  sitzen;  letz- 
teres hat  eine  deltoidische,  dreieckige,  zuckerhutförmige 
Gestalt,  mitunter  kurze  seitliche  Vorsprünge,  die  dann 
kleine  Theilkörner  wie  Kugelhauben  tragen.  Die  grossen 
Theilkörner  messen  meist  0.065  mm,  die  kleinen  0.018  mm. 
—  In  echtem  Sago  finden  sich  alle  Stadien  von  unver- 
änderten bis  ganz  verkleisterten  Kömern.  Die  Körner 
schwellen  an,  die  inneren  Schichten  verkleistern  zuerst  und 
entweichen  durch  einen  trichterförmigen,  durch  Verklei- 
sterung entstandenen  Canal  nach  aussen  (Fig.  46  rechts)» 
Der  Sago  unseres  Handels  enthält  bis  13%  Wasser 
und  liefert  bis  0.5  7o  Asche.  Seine  Verwendung  als 
Suppenmaterial,  als  Zusatz  zu  Kinder-Nährmehlen  ist 
bekannt. 

6.   Er  de  ich  ein  1). 

(Erdnuss,  Erdmandel,  Kicher,  glandes  terrestres). 

Die  Wurzelknollen  der  knolligen  Platterbse 
(Lathynts  tuberosus  L,,  PapiUonaceen)  wurden  noch  im  Mittel- 
alter im  Grossen  in  Mitteldeutschland  und  in  Holland 
angebaut  und  galten  vor  Kenntniss  der  Kartoffel  als  ein 
geschätztes  Nahrunesmittel,  das  schon  im  Alterthum  unter 
den  Namen  a^axwdiyg  (Harakodes),  Aracnida,  Arachos 
und  Arachoides  bekannt  gewesen.  Gegenwärtig  werden 
sie  noch  in  einzelnen  Gegenden  Mittel-  und  Südeuropas 
gesammelt  und  entweder  frisch  oder  gekocht  genossen. 
Die  Vermuthung  liegt  sehr  nahe,  dass  die  Erdeicheln  *) 
mitunter  bei  der  Bereitung  von  Cichorien-  und  Mandel- 
kaffee Verwendung  finden  dürften,  was  namentlich  für 
Gegenden  gelten  mag,  wo  die  Pflanze  in  grösserer  Menge 
vorkommt,  wie  in  Niederösterreich,  Schlesien,  in  Branden- 
burg, Hannover,  im  Weichselgebiete  bis  Danzig  u.  a.  0. 

Die  Erdeicheln  schmecken  in  frischem  Zustande 
wie  grüne  Erbsen,  gekocht  etwa  wie  Castanien.  In 
der  Volksmedicin  werden  sie  noch  heute  gegen  Durch- 
fall und  Ruhr  benützt.     Ihr  Stärkegehalt  ist  nahezu 

»)  T.  F.  Hanausek,  Zeitschr.  d.  a.  ö.  Apo theker- V er.  188» 
Nr.  21.  Die  Abbildungen  sind  ebenfalls  dieser  Arbeit  entnommen. 

*)  Nicht  zu  verwechseln  mit  den  ebenso  bezeichneten  knolligen 
Rhizomen  von  Cyperus  esculentus.  Vergl.  auch  Erdnuss- 
samen,  S.  103. 


—     121     — 


dem  der  Kartoffel  gleich  und  betragt  17 — ^20  %.  Ausser^ 
dem  enthalten  sie  6  %  krystaUisirbaren  Zucker,  3  % 
stickstoffhaltige  Materie,  Fett,  Wachs,  Gellulose 
und  Wasser  (bei  70  %). 

Die  Knollen  (Fig.  47)  sind  längliche,  eiförmige,  nach 
abwärts  zugespitzt  yerlaufende 

Körper  von  grau  oder  röthlich-**«^*^- ^'^•^*^*»«^  «^^•'^^»''■•^ 
brauner,  mitunter  auch  schwarzer 
Farbe  und  von  Haselnuss-  bis 
Bübengrösse.     Frisch  haben  die 

Knollen  die  Consistenz  einer 
sehr  festen  Kartoffel,  getrocknet 
sind  sie  hornig,  die  Schnittfläche 
ist  gelblich  weiss,   an  den  Bän- 
dern gelbstreifig. 

Der  anatomische  Bau  der 
Erdeicheln  ist  ziemlich  compli- 
cirt.  Auf  ein  fünf-  und  mdir- 
schichtiges  Periderm  (Fig.  48, 
pe),  dessen  KorkzeUen  0.0274  bis 
0.0183  mm  breit  sind,  folgt  ein 

zweireihiges  Phellogen  oder 
Korkcambium  (Fig.  48  phe)  und 

ein  Bindenparenchym  mit 
polygonalen,  dünnwandigen  farb- 
losen   Zellen,     deren     Inhalt     aus  KnoUen  von  Lathyrus  tuberosus 

sehr  kleinen  Stärkekörnem  und     ^^  "^'*-  ^''"•'  «•^-ckn^t. 
Proteinmassen   besteht  (Figur  48  rp.).   —   Die  Gefäss- 


Badialecbnitt  durch  den  ErdnussknoUen. 


pe  Periderm,  phe  Korkcambiani,  rp  Bindenparenchym,  p  Markstrahlparenchym, 

ge  Ghefftste,  o  Holsparenohym,   o'  innerste  Schicht  der  Oefissbttndelione, 

8t  St&rkeparenchym. 


nussknoUens  im  Quersclinitte. 


—     122    — 

bündel  enthalten  Bastfasergruppen,  Bast-  und  Holz- 
parenchym  und  Holzgefässe;  den  grössten  Theil  des 
Knollens  im  Innern  nimmt  das  Mark,  ein  stärkefiihren- 
des  Parenchym  ein.  Die  Bastfasern  (Figur  50  b  und 
Figur  48  b)    sind  ziemlich  breit 

Figur  49.  Bastfasern  des  Brd-      ^jjj^   laufcU   UUr   WCUig     SpitZ      ZU; 

betrachtet  man  an  einem  ent- 
sprechend geführten  Tangential- 
schnitte  jene  Bastfasern,  die  un- 
mittelbar an  das  Parenchym 
angelagert  sind,  so  fällt  der 
buchtig  -  winklige  Aussencontour 
auf,  der  durch  die  ausgezeichnet 
schön  entwickelten  Krystall- 
kammerfaserzellen  verursacht 
wird.  Die  letzteren  (Fig.  50  krk) 
führen  je  einen  grosseh,  vollkom- 
men deutlich  ausgebildeten  mono- 


m   MitteUameUe,    ve    angela- 
gerte    tertiftre    Verdickungs- 
masse,  1  Lumen. 


Figur  50.     Partie  eines  Tangentialdurchschnittes  der  Erdeichel. 


b  b  Bastfasern  (der  Inhalt  nicht  gezeichnet),   krk  Krystallkommerfaseraellen. 
p  Markstrahlpareuchym. 


—     123     — 

klinischen  Krystall  von  kleesaurem  Kalk.  Die  Krystalle 
sind  so  zahlreich  vorhanden,  dass  die  Asche  der  Erdeicheln 
fast  nur  aus  solchen  besteht.  Von  grossem  Interesse  ist 
der  feinere  Bau  der  Bastfasern.  Die  Wand  derselben 
zeigt    zunächst    ganz    deutlich 

die  Mitte llam eile  (Fig.  49  in)  ^i^;^J^„,'^^''/Xl'i!^lT.%^^. 
und  die  umgebende  Partie,   die  bium  ?)  mit  Tüpfein. 

durch  Jod  goldgelb  gefärbt  wird. 
Den  Innenraum  füllt  aber  eine 
sehr  eigenthümlich  sich  ver- 
haltende Substanz  aus,  eine 
tertiäre  Verdickungs- 
schicht  (Fig.  49  ve),  die  aber 
von  der  Hauptwand  der  Bastfaser  durch  eine  scharfe 
Linie  abgetrennt  erscheint  und  Querrisse  und  Strichel- 
chen aufweist,  als  wäre  sie  in  kantige  Stücke,  wie  eine 
eingetrocknete  Schleimmasse,  zerklüftet.  In  Jod  färbt 
sie  sich  schwach  rothviolett,  in  Chlorzinkjod  braunviolett, 
in  Jod  und  Schwefelsäure  tiefblau;  wahrscheinlich  stellt 
sie  eine  Modification  der  Cellulo^  dar.  — 

Die  Holzbündel  bestehen 
aus  gefässartigen  durch  Quer-        ^*«»»'  02.  jf//^^^«^^«'^®'  ^er 
platten  abgegrenzten  Elemen- 
ten  (Figur  48  ge)   mit   Netz-  O   /cn       "^ 
verdickungen  und  Spalten-           <^  /-\  ^  ©  ^^C^  ^ 
tüpfeln.DasHolzparenchym       Ky{  Q\A\^J^ /^-^  iS^Ow 
(Fig.  48  c   und  Fig.   51)  be-       <^oN^  W^^Ö3)^ 
steht  aus  längsgestreckten  ge-       /^    pl  ^  (^  ®  fi)  ® 
tüpfelten  Zellen,  deren  Wände       ^^    L/       o      ^ 

knotig  verdickt  sind  und 
stellenweise  Tüpfelhöhlen  zeigen ;  weiter  nach  innen  (Fig. 
48  c')  erscheint  das  Gewebe  zusammengepresst  und  der 
Inhalt  nach  Behandlung  mit  conc.  Schwefelsäure  sofort 
rosen-  bis  morgenroth  gefärbt;  er  besteht  demnach  vor- 
wiegend aus  Protoplasma  und  Zucker;  auch  Lithion 
soll  in  demselben  enthalten  sein.  —  In  dem  Stärke- 
parenchym  (Figur  48  st)  treten  noch  vereinzelte  Gefässe 
oder  Gef ässgruppen  auf;  die  stellenweise  radial  gestreckten 
Stärkeparenchymzellen  besitzen  eine  ßadiallänge  von  0.098 
bis  0.1  mm. 

Die  Stärkekörner  (Fig.  52)  der  Erdeicheln  weisen 


—     124    — 

eine  auffallende  Aehnlichkeit  mit  denen  der  Tapioca 
{Manihot  uäUmmß)  oder  der  Beantree-Samen  {Castono- 
sperrmm)  auf.  Sie  sind  selten  einfach,  meist  zu  Zwil- 
lingen oder  zu  3 — 4  zusammengesetzt,  die  Zwillings- 
theilkörner  besitzen  die  bekannte  Pauken-  oder  Hutform 
und  einen  meist  excentrisch  gelegenen  Kern,  der  als  der 
Scheitel  eines  dunkleren  Kegels  erscheint;  die  Basis  des 
Kegels  liegt  auf  der  Bauchfläche.  Auch  in  der  Grösse 
stimmen  sie  mit  denen  der  Tapioca  überein,  sie  messen 
0.0183—0.0201  mm.  Als  Unterschied  ist  anzuführen,  dass 
sie  fast  keine  Schichtung  zeigen  und  dass  die  kleinen 
Körnchen  (0.004 — 0.007  mm)  in  sehr  grosser  Anzahl  vor- 
handen sind.  Auch  finden  sich  solche  Zwillingskömer, 
von  denen  ein  Theilkom  weit  kleiner,  als  das  zweite  ist, 
ziemlich  häufig  vor.  — 

Für  die  gemahlenen  Erdnüsse  (Erdnussmehl) 
wird  man  in  den  Bastfasern,  in  den  ganz  gleichgeformten 
und  gleichgrossen  Oxalatkrystallen,  den  getüpfelten  Holz- 

Earenchymzellen  und  Gefässen  und  in  den  Stärkekörnern 
inlängliche  Anhaltspunkte  finden,  um  das  Mehl  charak- 
terisiren  zu  können. 

B.  Gemüse. 

7.   Die  Runkelrübe. 

Die  dickfleischige  rübenformige  Wurzel  des  Man- 
gold, Beta  vulgaris  Koch  (Familie  der  Chenopodeen  oder 
Gänsefuss-Gewächse)  liefert  sowohl  ein  als  Gemüse  viel 
verwendetes  Nahrungsmittel,  als  auch  den  für  die  euro- 
päische Zuckerindustrie  ^)  unentbehrlichen  Rohstoff.  Da 
die  Chemie  der  Runkelrübe  in  den  Specialwerken  über 
Zuckerfabrication  eingehend  behandelt  wird,  so  obliegt 
uns  nur  eine  kurze  Darstellung  der  naturgeschichtlichen 
Verhältnisse,  um  unserer  Aufgabe,  die  Nahrungsmittel- 
Rohstoffe  zu  beschreiben,  gerecht  zu  werden.  Die  Syste- 
matik hat  die  alte  Species  R  vulgaris  in  zwei  Unterarten 
und  mehrere  Varietäten  geschieden: 


^)  In  der  Zuokerrübencultur   nimmt  Frankreich   den   ersten 
Bang  ein. 


—     125    — 

1.  Beta  vulgaris  rapacea  mit  den  Formen  Ä  alba,  weiss Bj 
B,  rubra,  rothe  Futterrübe,  und  Ä  aütsama^  Zucker- 
rübe ; 

2.  Beta  vulgaris  cicla,  Mangoldrübe. 

Die   vielen  Culturformen   fuhrt  Knauer^)   auf  fol- 
gende fünf  Typen  zurück: 

1.  die  französische  Rübe;  Rinde  weiss,  Fleisch  fein 
und  weiss; 

2.  Die  Quedlinburger  Rübe;  Rinde  mit  röthlichem 
Anflug,  Fleisch  fein,  weiss,  auch  röthlich,  sehr 
zuckerreich; 

3.  Die  schlesische  Rübe;  die  gemeinste  Zuckerrübe; 
Wurzel  bimformig,  Fleisch  weiss,  grünlich,  grob, 
spröde: 

4.  Die  sibirische  Rübe;  Wurzel  wie  bei  voriger; 
Fleisch  grob,  spröde,  gelblich,  die  zuckerärmste 
Sorte; 

5.  Die  Imperialrübe;  Wurzel  lang, birnförmig,  Fleisch 
weiss,  zart,  die  zuckerreichste,  mit  krausen  Blättern. 
Die  ausführlichste  anatomische  Beschreibung  haben 

Decaisne,Payen2)  und  Wiesner')  geliefert.  Die  vonWiesner 
veröffentlichten  Untersuchungen  weichen  von  den  Dar- 
stellungen Decaisne's  und  Payens  in  vielen  Punkten 
bedeutend  ab;  doch  der  Nachuntersuchende  wird  sämmt- 
liche  Angaben  Wiesners  bestätigen  müssen,  daher  wir 
dieselben  hier  auch  wiedergeben.  —  Ein  Querschnitt  durch 
die  Runkelrübe  zeigt  von  aussen  nach  innen  folgende 
Gewebe:  a)  Periderm;  b)  Parenchym;  c)  Cambium;  (radial 
von  kleinzelligem  Parenchym  pMarkstrahlen]  durchsetzt); 
d)  abermals  Parenchym;  e)  Cambium,  an  dessen  Innen- 
seite Holzzellen  und  Gefässe  liegen  (Holzring),  radial  von 
grosszelligem  Parenchym  (Markstrahlen)  durchsetzt; 
i)  Parenchym  (Mark).  —  Das  Periderm  —  weiss  oder 
bräunlich  —  setzt  sich  aus  2  —  6  Lagen  tangential  ab- 
geplatteter Zellen  zusammen;  ihre  mituere  Länge  beträgt 
0.054,  ihre  Breite  0.039,  ihre  Dicke  0.009  mm.  Das  dem 
Periderm  benachbarte  Rindenparenchym  besteht  aus 


*)  Zeitschr.  d.  V.  f.  Rübenzackerindustrie  1866. 

*)  Preciö  de  Chämie  industrielle  IL  1859. 

»)  Techn.  Mik.  p.  247  ff.  und  Rohstoffe  p.  640. 


—     126    — 

zwei  Schichten.  Die  äusserste  Lage  enthält  stark  abge- 
plattete Zellen,  die  die  Korkmutterzellen  (Korkcambium, 
Phellogen)  vorstellen;  daran  reihen  sich  Chlorophyll,  oder 
einen  röthlichen,  auch  ungefärbten  Zellsaft  führende 
Zellen.  Das  Parenchym  besteht  aus  rundlichen  bis 
polyedrisch  abgeplatteten,  dünnwandigen  etwas  gestreckten 
Zellen,  in  denen  ein  wässeriger  Zellsaft,  feinkörniges 
Protoplasma,  ein  Zellkern  und  seltener  Stärkekörner  an- 
zutretten  sind.  Im  Zellsafte  sind  Eohrzucker,  Oxal-  und 
Citronensäure,  und  ein  durch  Alkalien  sich  gelb,  —  durch 
Eisenchlorid  sich  schmutziggrün  färbender  Gerbstoff  gelöst 
enthalten.  Die  kleinen  Fettmengen  haben  ihren  Sitz  in 
der  Zellwand.  —  Die  das  Mark  bildenden  Parenchym- 
zellen  sind  iso diametrisch  entwickelt,  während  die  Zellen* 
der  mit  den  Gefässbündeln  alternirenden  Parenchym- 
zonen  parallel  zur  Axe  etwas  gestreckt  sind.  Die  an 
das  Cambium  sich  anlehnenden  Elemente  des 
Parenchyms  sind  sehr  häufig  in  die  Länge  gezogen 
und  als  Hauptsitz  des  Zuckers  angesehen;  sie  be- 
sitzen eine  Länge  von  0.054—0.089  und  eine  Dicke  von 
0.014 — 0.022  mm.  —  Das  Gefässbündelgewebe  tritt, 
wie  schon  erwähnt,  in  mit  Parenchym  alternirenden 
Zonen  auf  und  jede  Zone  besteht  aus  einem  nach  aussen 
gekehrten  Cambium  —  und  einem  gegen  die  Axe  ge- 
kehrten Holztheil;  die  äusserste,  jüngste  Zone  besteht 
blos  aus  Cambiumzellen;  diese  sind  0.090  —  0.176  mm 
lang  und  0.009  —  0.015  mm  dick,  sehr  dünnwandig  und 
mit  feinkörnigem  Plasma  gefüllt.  Sie  sind  der  Haupt- 
sitz des  Eiweisses  der  Rübe.  Der  Holztheil  der  Gefäss- 
bündel  enthält  schwach  verholzte  0.036  mm  lange  und 
0.014 — 0.026  mm  dicke  Holzzellen,  ferner  Poren-  und  Netz- 
geföse  mit  0.025 — 0.075  mm  Querdurchmesser;  Zellen 
und  Gefässe  führen  Luft. 

Die  chemische  Zusammensetzung  erhellt  aus  folgen- 
den Zahlen  ^önig  1.  c): 

Wawer:    ff/^*^-      Fett:        Zocker:  Sonstige  sücksUff.  ,^    \^^^^. 

Sobstani:  freie   Substani: 

Futterrübe:    87.88    1.07      0.11      6.55        2.43         1.02     0.94 
Zöekerrttbe:  83.91    2.08      0,11      9.31        2.41        1.14      1.04 


—     127    — 

König  bemerkt  biezu,  dass  durcb  intensive  Gultur  der 
Zuckergehalt  der  Rüben  jetzt  durchwegs  beträchtlich  höher 
ist  und  auf  mindestens  12  —  16  %  durchschnittlich  ver- 
anschlagt werden  kann.  So  besassen  in  Lobositz  ^)  in 
Böhmen  angebaute  Zuckerrüben  folgende  Zuckermengen: 
Vilmorinrübe:  16.75  %,  Koppyrübe  16.30  ^o,  Price  Nur- 
sery  18.47  %,  russ.  Edelrübe  16.48  %,  echte  schlesische 
Eübe  15.76  ^lo.  In  der  Stickstoflbubstanz  ist  das  Alkaloid 
Betain  (1866  von  C.  Scheibler  entdeckt),  femer  Aspa- 
ragin  und  Glutaminsäure  nachgewiesen  worden. 

Die  procentische  Zusammensetzung  der  Asche  ist 
folgende: 

I         ^       .• 

Futterrübe:  54.02  15.90  4.12  4.54  0.82  8T45  3.17  2.'38  8^0 
Zackerrübe:  55.11  10.00  5.36  7.53  0.93    10.99  3.81  1.80  5.18 

Zu  den  Feinden  der  Rübe  zählen  gewisse  Pilze  und 
ein  Fadenwurm,  die  Rüben-Nematode,  die  die  Wurzeln  zer- 
stören und  deren  Auftreten  vielleicht  auch  mit  der  sog. 
Rübenmüdigkeit  des  Bodens  in  Zusammenhang  steht 

Die  rothe  Rübe  wird  gekocht  als  Salat  verspeist. 

8.  Möhre,  gelbe  Rübe. 

Die  Möhre,  Mohrrübe  (Daucus  Carota  L,)^  der  bot. 
Familie  der  ümbelUferen  oder  Doldenpflanzen  angehörig, 
ist  ein  in  ganz  Europa  gemeines  Wiesenkraut,  dessen 
holzige  Wurzel  durch  Cultur  *)  fleischig,  weiss,  gelb,  oder 
röthlich  geworden  und  nun  in  vielen  Spielarten  bekannt 
ist.  Sie  giebt  ein  vielfaltig  verwendetes  Nahrungsmittel 
ab,  und  wird  auch  geröstet  als  Kaffeesurrogat  und 
als  Zusatz  zu  Cichorie  in  den  Handel  gebracht;  die  be- 
kannte Tapioca  julienne  enthält  unter  anderem  ge- 
röstete und  gepulverte  Möhren;  reine  Möhren  mit  Tapioca 


^)  Vergleiche  hiezu  „die  Zackerrübe  in  ihren  Beziehungen  zu 
Klima,  Lage  und  Boden'*  von  Dr.  HanamanninFühlings  land- 
wirth.  Zeitschr.  1876  p.  26. 

*)  Vgl.  die  schönen  Cultur  versuche  von  H.  Hoffmann. 
Bot.  Ztg.  1876,  S.  645-652  u.  661—672. 


—     128    — 

kommen  als  Tapioca-Crecy  *)  in  den  Handel  (siehe 
Tapioca);  nicht  minder  bedeutend  ist  ihre  Verwendung 
als  Viehfutter.  Sie  gedeiht  bis  zum  71**n.  B.  aind  bis  zu 
1600  m  Meereshöhe  und  liebt  einen  kalkhaltigen,  trockenen, 
tiefgründigen  und  lockeren  Boden. 

Die  grosse  Möhre,  auch  Feldmöhre  genannt, 
wird  häufig  im  Grossen  angebaut  (Mittel-,  Süddeutschland*), 
Böhmen,  Mähren,  Niederösterreich);  die  rübenförmige 
Wurzel  erreicht  eine  Länge  von  1  Decimeter  und  dar- 
über, ist  konisch  -  spindelförmig  und  läuft  in  eine  oder 
mitunter  mehrere  dünne  Wurzelfasern  aus;  durch  kreis- 
förmige Quereindrücke  werden  wulstig  erhabene  Abgliede- 
rungen  erzeugt.  Sie  besitzt  einen  angenehmen  süssen 
Geschmack  und  einen  eigenthümlichen,  namentlich  beim 
Zerreiben  der  Rübe  auftretenden  Geruch,  der  auch  an- 
deren ümbelliferen  eigen  ist  und  von  einem  Gummiharze 
herrühren  dürfte.  —  Der  anatomische  Bau  ist  folgender: 
Auf  ein  nur  wenige  Zellreihen  enthaltendes  Periderm 
folgt  ein  sehr  mächtig  entwickeltes  Rindenparenchym 
von  zweifacher  Entwicklung;  die  dem  Periderm  anliegende 
Schicht  besteht  aus  tangential  gestreckten,  im  Querschnitt 
rechteckigen,  dünnwandigen  Zellen,  die  als  Korkmutter- 
zellen aufzufassen  sind.  Die  zweite  Schicht  enthält  rund- 
liche, polyedrische,  also  nach  den  drei  Dimensionen  gleich- 
massig  entwickelte  dünnwandige  Zellen,  die  durch  ihren 
Inhalt'ausgezeichnet  sind.  Sie  enthalten  nämlich  körniges 
Protoplasma  (dessen  Aussenschicht  nach  Behandlung  durch 
Alkohol  sich  scharf  kennzeichnet),  je  einen  Zellkern  und 
in  dem  Zellsafte  suspendirte  unregelmässige  Massen, 
Kömer,  Schuppen  oder  Krystallstäbchen,  die  sich  in  Kali- 
lauge guttigelb  lösen  und  den  Möhrenfarbstoff  (Caro- 
tin) vorstellen.  Im  Parenchym  befinden  sich  ausserdem 
noch  kurze  Harz-  (oder  Oel-?)  Schläuche,  die  insbeson- 
dere nahe  dem  Periderm  beobachtet  werden  können. 
Ein  vielschichtiges  Cambialgewebe  langgestreckter  dünn- 
wandiger Zellen  scheidet  den  Holztheil  von  dem  Rinden- 
parenchym.    Der  Radius  des  Holzkörperquerschnittes  *) 


*)  In  guter  Qualität  von  Knorr  in  Heilbronn  hergestellt. 
<)  Die  Anbaufläche  beträgt  im  deutschen  Reiche  36  556  ha. 
•;  De  Bary,  Vergl.  Anatomie  dei-  Vegetationaorgane  p.  534. 


—     129     — 

verhält  sich  zu  dem  des  umgebenden  Parenchyms  wie 
1:7.  Die  Gefässbündel  führen  quermaschige  Netzgefässe 
und  an  Stelle  der  fehlenden  Faserzellen  finden  sich  weite, 
zartwandige,  mit  horizontalen  Flächen  aufeinander- 
stehende  Parenchymzellen,  die  zweimal  so  lang  als  breit 
sind.  Die  Markstrahlen  sind  Stränge  radial  gestreckter 
Zellen,  deren  Inhalt  durch  Jod  lebhafter  gelb  tingirt 
wird,  als  der  Inhalt  der  angrenzenden  Gefässbündel- 
elemente.  Einzelne  Krystalle,  wenige  Stärkekörner  und 
körnige,  durch  Jod  gar  nicht  gefärbte  Inhaltsmassen  sind 
mikroskopisch  in  allen  Geweben  nachweisbar. 

Die  chemische  Analyse  ergab  folgende  Zahlen  (König 
1.  c.  p.  355): 

Isehe: 

0.90. 


*«"'^      tbtunf;       '^•-     ^»»"««^^'^ 

frBchtzocker 

SoMtige 

:  sUeksUffTrefi 

Stoffe: 

Mtimti 

87.05.     1.04.     0.21.     2.51. 

4.23. 

2.60. 

1.40. 

Die  Asche  enthält: 

[ali. 
(atroo. 

lagnesia. 

1 

i       i 

1 

35.21    22.07    11.42    4.73     1.03     12.46     6.72     2.47     5.19 

Das  Carotin^)  bildet  kleine  dunkelrothe,  sammt- 
glänzende,  quadratische  Tafeln  von  angenehmem,  veilchen- 
artigem Geruch  und  neutraler  Reaction;  eine  andere  in 
der  Möhre  vorhandene  Substanz,  das  Hydrocarotin 
bildet  farblose  seidenglänzende,  grosse,  dünne,  weiche 
Blättchen  ohne  Geruch  und  Geschmack,  und  ist  in  conc. 
Schwefelsäure  rubinroth  und  in  den  Harzlösem  (heisser 
Alkohol,  Benzol,  Schwefelkohlenstoff  etc.)  löslich,  in  Wasser 
unlöslich.  — 

8.  Die  Zwiebel. 

Die  botanische  Gattung  Äüium,  Lauch  (Fam.  der 
Liliaceen)  zählt  zahlreiche  cultivirte  Arten,  von  denen 
theils     die    grünen   Laubblätter    {AlUum    schomoprasum  L,, 

^)  Hüsemaaii,  Fflanzenstoffe  p.S^l; 

Hanansek    Nahruogs-  n.  Gennssmittel ».  d.  Pflansenreich.   9 


—     130    — 

Schnittlauch),  theils  die  Wurzel-  (richtiger  Mittel-)  Stöcke 
als  Gemüse  benutzt  werden.  Man  unterscheidet  unter 
Anderem  die  Schalotte,  A  ascalonioum  L.  (Zwiebel  läng- 
lich eirund,  mehrere,  genau  zusammenpassende  violette 
Zwiebelchen  einschliessend),  den  Knoblauch,  Ä.  mtwum 
Z.,  die  Rocambolle  oder  den  Schlangenlauch,  A. 
controversum  Schrad.  (A.  ophmcorodon  Don.),  den  Porrey,  A. 
pomm  Z.,  und  die  gemeine  oder  Küchenzwiebel, 
ZipoUe,  A,  cepa  L,  —  Letztere  wird  in  zahlreichen  Spiel- 
arten angebaut« 

Der  unterirdische  Stammtheil  (Mittelstock)  von  Aükm 
cepa  Zt.,  gemeiniglich  „Zwiebel"  genannt,  ist  ein  verkürzter 
Stamm  (Zwiebelscheibe),  an  dessen  Unterseite  zahlreiche, 
starke,  cylindrische  Wurzelfasern  entspringen;  an  der 
Oberseite  sind  10  — 12  schalige,  bauchig  ausgeweitete 
(stark  concav-convexe),  nitch  den  Enden  sich  verjüngende, 
saftige  Blätter  zwderlei  Art  inserirt,  wodurch  die  Zwiebel 
die  Gestalt  eines  Sphäroids  erlangt.  Die  äussersten 
Blätter,  die  Zwiebelhaut,  sind  dünnhäutig,  trocken, 
blassgelb,  gelb-  oder  röthlichbraun,  durchscheinend,  mit 
parallel  verlaufenden  Nerven  versehen  und  zeigen  schon 
unter  einer  scharfen  Loupe  eine  feine  netzartige  Textur 
(die  Zellen).  Die  von  diesen  eingeschlossenen  Blätter  —  die 
Zwiebelschalen  —  sind  fleischig,  saftig-schleimig  weiss, 
gelblich,  grünlich  oder  roth,  brüchig,  dicht  aneinander 
liegend  und  stellen  physiologisch  —  wie  die  Knollen  — 
die  Behälter  von  ReservenährstofiFen  vor.  Der  anatomische 
Bau  ist  im  Allgemeinen  der  eines  Blattes.  Die  braune, 
trockene  Zwiebelschale  besitzt  eine  Oberhaut,  deren 
Zellen  langgestreckt,  plattgedrückt,  von  oben  gesehen 
4 — 6eckig  sind  und  im  Querschnitt  höchst  ausgezeichnete 
Verdickungsschichten  an  der  (freien)  Aussenseite  zeigen. 
Ihre  Radialwände  sind  faltig  zerknittert.  Unter  der  Ober- 
haut liegen  mit  ihren  Längsaxen  senkrecht  auf  die  Längs- 
richtung der  Oberhautzellen  gestellte,  ebenfalls  gestreckte 
Parenchymzellen  in  2  Reihen,  die,  wie  die  Oberhaut- 
zellen, durch  Kali  prachtvoll  citronengelb  ge- 
färbt werden.  In  jeder  dieser  Zellen  liegt  ein  grosser, 
prismatischer  Einzelkiystall  von  oxalsaurem  Kalk.  Diese 
Parenchymschichte  würde  dem  Pallisadenparenchym  eines 
bifacial  gebauten  Laubblattes  entsprechen,  nur  mit  dem 


—     131     — 

Unterschiede,  d^ss  die  Längsaxe  der  Zellen  nicht  senk- 
recht auf  die  Blattfläche,  sondern  parallel  mit  ihr  läuil. 
Das  zweite,  der  Innenseite  zugewendete  Parenchym  be- 
steht aus  zusammengeknitterten,  in  Kali  farblos  blei- 
benden, unregelmässigen  Parenchymzellen,  in  denen  nur 
hie  und  da  noch  ein  rhomboederformiger  Krystall  ge- 
legen ist.  Die  innere  (untere)  Epidermis  enthält  dünn- 
wandige, langgestreckte,  ebenfalls  durch  Kali  sich  gelb 
färbende  Plattenzellen.  Die  Gefässbündel  führen  stark 
entwickelte  Spiroiden. 

.  Die  der  Aussenseite  zugewendete  Epidermis  der 
fleischigen  Zwiebelschalen  zeigt  langgestreckte, 
cuticularisirte,  von  oben  gesehen  rechteckige  oder  schmal- 
rhombische  Plattenzellen  (durch  Kali  citronengelb  gefärbt) 
und  kleine  Spaltöffnungen;  die  Spaltöffhungszellen  besitzen 
einen  kreisförmigen  Contour;  auch  kurze,  conische  Haare 
werden  angetroffen.  Nach  Zusatz  von  Jod  wird  in  jeder 
Zelle  wandständiges  Protoplasma  und  ein  grosser,  mehrere 
Kernkörperchen  eiuschliessender  Zellkern  (Cytoblast)  durch 
Gelbfärbung  auffällig  sichtbar.  Zieht  man  die  farblose 
Oberhaut  von  der  Zwiebelschuppe  ab,  so  bemerkt  man 
zahlreiche,  nervenähnlich  verlaufende,  trübe  Längsstreif- 
chen,  die  für  die  Zwiebelschuppen  höchst  charakteristi- 
schen Milch saftsc blanche.  Unter  der  Oberhaut  liegen 
zwei  Reihen  polyedrischer  oder  kubischer  dünnwandiger 
Parenchymzellen,  und  auf  diese  folgen  die  im  Querschnitt 
runden,  viel  längeren  als  breiten,  unter  den  ebenen  End- 
flächen etwas  aufgetriebenen  und  zu  Längsreihen  über- 
einander gestellten  Saftschläuche  ^).  Ihre  Wände  sind 
farblos,  weich,  und  dort,  wo  sie  an  die  Parenchymzellen 
stossen,  „glatt  oder  mit  ganz  einzelnen  kleinen  runden 
Tüpfelchen,  liingegen  auf  der  Berührungsfläche  von  zwei 
Schläuchen  mit  dicht  gestellten  runden,  nicht  durch- 
brochenen Tüpfeln  und  zwischen  diesen  liegenden  ziem- 
lich dicken  Membranstreifen  versehen.  Die  Schläuche 
sind  von  körnig-trüber  Flüssigkeit  erfüllt,  welche  auf  der 
Schnittfläche  angeschnittener  Zwiebeln  dem  blossen  Auge 
als  eine  blasse  Milch  erscheint,  im  Schlauche  selbst  zwar 


*)  Hansteio,  Die  Milchsaftgefasse.  —  De  Bary  1.  c.  p.  164. 
—  Sachs,  Lehrb.  d.  Bot.    IV.  Aufl.    p.  88. 

9* 


—     132    — 

trübe,  aber  immerhin  noch  durchscheinend  ist"  (De 
Bary  1.  c).  Knoblauchöl  ist,  wie  man  vermuthen  könnte, 
in  den  Schläuchen  nicht  enthalten.  Die  übrigen  Paren- 
chymzellen  sind  ausserordentlich  gross,  rundlich,  oder 
rundlich  polyedrisch,  dünnwandig,  und  lassen  zwischen  sich 
Intercellularräume  frei;  sie  enthalten  einen  farblosen 
körnigen  Zellsaft,  je  einen  grossen  Zellkern,  einzelne  ei- 
rundliche  Stärkekömer  in  sehr  geringer  Anzahl,  und 
höchst  selten  einen  Einzelkrystall.  Durch  Jod  wird  der 
Inhalt  deutlich  sichtbar.  In  einzelnen  grösseren  Gewebe- 
elementen (Schlauchzellen)  liegen  Bündel  nadelförmiger 
Krystalle,  sogenannte  Raphiden  von  Ealkoxalat.  (In  den 
von  mir  im  Frühjahr  untersuchten  Zwiebelschalen  waren 
Raphiden  absolut  nicht  nachweisbar.)  Die  Epidermis  der 
inneren  Schuppenfläche  unterscheidet  sich  nur  durch 
breitere  Zellen  von  der  der  Aussenseite.  In  der  Scheibe 
liegen  zahlreiche,  in  einen  Kreis  gestellte  Gefässbündel. 
üeber  die  chemische  Zusammensetzung  berichtet 
König  1.  c.  p.  360   Folgendes: 

■S  jL  JS  .es 

-i  ts  §       §.„• 

I  I  i  I  !l  i  j  I  I* 

Perlzwiebel  70.18  2SS  0.10  5.78  lÜl  o!81  0.54  0.170  0.119 
Blassrothe 
Zwiebel   85.99  1.68  0.10  2.78    8.04  0.71  0.70  0.112  0.032 
Die  Asche  enthält: 

i        i 

25.05  3.81  21.97  5.29  4.53  15.03  5.46  16.72  2.77 
Der  scharfe  thränenreizende  Stoff  in  den  Zwiebeln 
ist  das  Zwiebelöl  (identisch  mit  dem  Knoblauchöl),  das 
auch  künstlich  durch  Einwirkung  von  Jodallyl  oder  Senföl 
auf  Schwefelkalium  erzeugt  werden  kann  (Schwefelallyl); 
es  ruft  auf  der  Brust  heftigen  Schmerz  und  Entzündung 
hervor.  —  Um  Zwiebeln  lange  aufbewahren  zu  können  und 
das  Auswachsen  zu  verhindern,  hat  sich  das  Räuchern 
derselben  als  zweckmässig  erwiesen. 


—     133     — 

Zwiebeln  dienen  insbesondere  als  Gemüse  und  Küchen- 
gewürz; romanische  Völker  (siehe  unten)  verspeisen  sie 
roh  und  geröstet;  mit  den  Schalen  werden  in  Süddeutsch- 
land und  Oesterreich  die  Ostereier  gelb  gefärbt.  —  Por- 
tugal exportirt  jährlich  ca.  38.65  Mill.  kg. 

Ueber  die  Geschichte  der  Zwiebel  hat  uns  Hehn 
in  seinem  classischen  Werke  „Culturpflanzen  und  Haus- 
thiere"  sehr  ausführliche  Angaben  berichtet.  Hier  soll 
nur  das  Wichtigste  Platz  finden.  Von  der  Heimath  der 
Zwiebelpüanze  wissen  wir  wohl  nichts.  Die  semitischen 
Völker  kennen  den  Genuss  von  Zwiebel  und  Knoblauch 
schon  sehr  frühe.  In  Askalon  ward  die  berühmte  Zwiebel 
„Schallote"  culiivirt;  die  persischen  Könige  haben  Zwie- 
beln zum  Mahle;  Homer  erzählt,  dass  die  Zwiebel  zum 
Mischtrank  verwendet  werde;  Odysseus  trägt  eine  glän- 
zende Tunica,  fein,  wie  das  Häutchen  an  der  trockenen 
Zwiebel.  —  In  Aegypten  war  sie  von  jeher  ein  Bestand- 
theil  der  allgemeinen  Volksnahrung.  Sage  und  Sitte  be- 
schäftigten sich  viel  mit  der  Zwiebel.  So  erzählt  Poly- 
bius:  Die  Lokrer  landeten  in  Italien  und  gaben  den 
Ureinwohnern,  den  Siculern,  das  eidliche  Versprechen, 
in  Frieden  und  Freundschaft  mit  ihnen  das  Land  ge- 
meinsam zu  besitzen,  so  lange  sie  „diese  Erde"  betreten 
und  ihre  Köpfe  auf  den  Schultern  tragen  würden.  Sie 
hatten  aber  Erde  in  ihre  Schuhe  geschüttet  und  trugen 
Zwiebel-Köpfe  (xeqpaAiy)  heimlich  unter  den  Kleidern  auf 
den  Schultern;  nachdem  sie  sich  beider  entledigt,  waren 
sie  frei  vom  Schwüre  und  nahmen  das  Land  in  Besitz.  — 
In  Griechenland  galt  „Jemandem  Zwiebel  wünschen" 
etwas  Böses.  Knoblauch  war  der  Bestandtheil  vieler 
Arzneien  und  ist  vielleicht  das  fxwXv  Homers.  Die  Ger- 
manen erhielten  die  Zwiebel  (Bolle)  aus  Italien,  die 
Thraker  und  die  Slaven  wurden  wackre  Zwiebelesser; 
Italien  und  noch  mehr  Spanien  sind  geradezu  Zwiebel- 
länder, Ueber  die  Geschmacksrichtung  bemerkt  Hehn: 
„Den  Germanen  ist  der  Knoblauchduft  der  Orientalen 
ganz  unerträglich  und  der  Zwiebelathem  der  Russen  eine 
Scheidewand,  die  keine  Gemeinschaft  zulässt.  Ja,  man 
könnte  nach  diesem  Kriterium  die  Völker  in  zwei  grosse 
Gruppen  theilen,  in  die  der  AUium -Verehrer  und  der 
Allium-Hasser,  die  nach  der  Weltgegend  zugleich  als  die 


—     134    — 

nordwestliche  und  die  südöstliche,  oder  die  in  Europa 
als  die  des  Mittelmeeres  und  die  der  Nord-  und  Ostsee 
zu  bezeichnen  wären". 


y.   Früchte  verschiedener  Pflanzenfamilien 

(durch  den  Gehalt  von  Stärkemehl,  Zuoker,  Pflanzensäuren  und 
Fett  apsfirezeichnet). 

Den  Abschluss  des  yegetativen  Lebens  der  Pflanze 
bildet  die  Fruchtreife,  die  auf  einer  für  jede  Pflanze  be- 
stimmten, endgiltigen  Ausbildung  des  Fruchtknotens  be- 
ruht. Sind  es  allein  nur  die  Gewebsschichten  des  Frucht- 
knoten, die  nach  beendetem  Wachsthum  die  Fruchtwan- 
dungen —  das  Perikarp  —  ausmachen,  so  spricht  man 
von  echten  Früchten;  häufig  nehmen  aber  auch  noch 
andere  Theile  der  Blüthe,  so  der  Blüthenboden  (Feige, 
Erdbeere),  die  Deckblätter  und  BlüthenhüUen,  Antheil  an 
der  Fruchtwandzusammensetzung  und  wir  nennen  solche 
Pflanzenproducte  dann  Scheinfrüchte;  als  zusammen- 
gesetzte Früchte  bezeichnet  man  die  von  einer  ge- 
meinsamen Wand  umgebenen  oder  mit  einander  ver- 
wachsenen einfachen  Früchte.  Das  Perikarp  setzt  sich 
in  den  meisten  Fällen  aus  drei  Schichten  zusammen,  der 
Aussenschicht  (Exo-  oder  Epikarp),  der  Mittel- 
schicht (Mesokarp;  wenn  sie  fleischig  ist,  Sarkokarp) 
und  der  Innenschicht  (Endokarp),  weicht  aber  nicht 
selten  von  dieser  Entwicklungsform  ab,  wie  denn  über- 
haupt die  obige  Eintheilung  vielfältig  nur  eine  sehr  will- 
kürliche, aber  praktisch  verwendbare  ist.  Die  Frucht- 
wände umschliessen  bekanntlich  einen  oder  mehrere  oder 
zahlreiche  Samen. 

Der  doppelten  Aufgabe  der  Perikarpien,  theils  als 
Schutz  etc.  für  den  Samen,  theils  als  Behälter  von  Re- 
servestoffen für  die  künftige  Pflanze  zu  dienen,  —  gemäss, 
ist  ihre  Consistenz,  ihre  Mächtigkeit,  die  Quantität  und 
Art  ihrer  Inhaltsstoffe  eine  sehr  verschiedene.  Als  Nah- 
rungs-  und  Genussmittel  werden  nur  solche  Früchte  an- 
gewendet,  die  sich  durch  grösseren  Gehalt  von  Stärke- 


—     135    — 

mehl^  Kleber,  Zucker,  Pflanzensäuren,  Fett,  ätherischen 
Oelen  oder  sonstigen  ihnen  eigenthümlichen  Stoffen  aus- 
zeichnen. 

Für  das  Yerständniss  des  Folgenden  soll  noch  hier 
eine  kurze  üebersicht  der  Ton  der  beschreibenden  Bo- 
tanik aufgestellten  Fruchtformen  angeführt  werden.  Man 
unterscheidet: 

A.  Echte  Früchte. 

a.  Trockene   Früchte.     Perikarp   holzig    oder    leder- 
artig zähe. 

a.  I.  Schliessfrüchte.   Perikarp  nicht  aufspringend. 

o.  mit  einem  Samen. 

1)  Nuss:  Perikarp  verholzt,  dick,  hart 
(Haselnuss). 

2)  Caryopse:  Fruchtschale  mit  der 
Samenschale  verwachsen  (Getreide- 
früchte). 

ß.  zwei-    und    mehrfächerige    Schliess- 
früchte,   die  in  ebenso  viele   Spaltfrüchte 
zerfallen  (Früchte  der  Doldenpflanzen). 
a.  n.  Trockene  Springfrüchte  oder  Kapseln. 

1)  Balgfrucht.  Perikarp  aus  einem 
Fruchtblatt,  welches  längs  der  ver- 
wachsenen Ränder  aufspringt  (Stem- 
anis). 

2)  Hülse.  Das  einzige  Fruchtblatt  bildet 
eine  einfächerige  Frucht  und  springt 
in  der  Naht  und  in  der  Rückenlinie  auf 
(Leguminosen  oder  Hülsenfrüchtler). 

3)  Schote.  Aus  zwei  Fruchtblättern  ge- 
bildet, zweifächerig  (Kreuzblüthler: 
Senf,  Kohl). 

4)  Eigentliche  Kapsel:  Mit  zwei  oder 
mehreren  Klappen  aufspringend  etc. 

5)  Porenkapsel;  an  bestimmten  Stellen 
des  Perikarps  bilden  sich  kleine 
Oeffnungen  (Mohn). 


—     136     — 

Saftige  Früchte. 

1)  Steinfrucht.  Mesokarp  saftig  flei- 
schig, Endokarp  steinhart.  Same  dünn- 
schalig (Pflaume,  Kirsche,  Mandel). 

2)  Beere.  Mesokarp  saftig,  fleischig, 
aber  kein  steinhartes  Endokarp;  ein 
bis  mehrere  hartschalige  Samen 
(Dattel,  Kürbisfrüchte). 

3)  Saftige  Springfrucht.  Das  saftige 
Perikarp  entlässt  aufspringend  die 
hartschaligen  Samen.  Tritt  als  Kapsel, 
Steinfrucht  (Wallnuss)  u.  als  Beere  auf. 

B.  Falsche  Früchte  (Feige,  Apfel  etc.). 


A.   Echte  Fruchte. 

a.    Troekenfrüclite. 

1.   Kastanien  (Maronen). 

Der  Kastanienbaum  (Castanea  vesca  Gärin.^  Gast,  vuU 
garis  Lam.^  Gast,  sativa  MüL)^  zur  Familie  der  ßecherfrüch- 
tigen  (Cupuliferen)  gehörig,  ist  in  Westasien,  nach  He hn 
im  mittleren  Kleinasien  einheimisch  und  wird  gegenwärtig 
in  ganz  Südeuropa  (Portugal,  Spanien,  Provence,  Italien, 
Sicilien,  Griechenland),  in  der  südlichen  Schweiz,  in  Al- 
gier, selbst  diesseits  der  Alpen,  in  Deutschland  (an  der 
Bergstrasse,  in  Rheinbayern  und  Nassau),  in  England,  in 
Nordamerika  und  neuestens  auch  in  Ostindien  cultivirt; 
auch  in  Ungarn  und  in  den  unteren  Donauländern  fehlt 
er  nicht.  Nach  Cardinal  Haynald^)  stehen  grosse 
Edelkastanienwälder  in  der  Umgebung  der  Stadt  Kekkö 
im  Neograder  Comitat,  bei  Nagy-Maros  (Honter  Com.), 
auf  Granit  bei  Pressburg,  und  alte  ungarische  Codices 
von  den  Jahren  1203  und  1242  fähren  Kastanienbäume 
nebst  anderen  als  längst  bekannte,  schon  zu  Zeiten  der 
Römer  in  dem  .damaligen  Panonien  vorkommende  Ge- 
wächse  an.    In  die  Rheinpfalz  2)   dürfte  der  Kastanien- 

*)  Haynald,  Castanea  vulgaris  etc.    Kalocsa,  1881. 
«)  Osterheld,  1877. 


—     137     — 

bäum  mit  dem  Weinstock  eingeführt  worden  sein  und 
gedeiht  daselbst  noch  auf  500  m  hohen  Hügeln.  Auf 
Sicilien  ist  er  der  häufigste  Waldbaum  (die  Serra  pizzuta, 
Serra  di  Sulfizio).  Am  meisten  liebt  er  Eruptivgesteine, 
Granit,  Gneis  und  Schiefer  und  den  daraus  hervorgegan- 
genen lehmigen  Boden  *).  —  Altberühmt  sind  einige  am 
Ostabhange  des  Aetna  wachsende  Riesenbäume,  so  die 
Castagna  di  Sancta  Agata  mit  70',  die  della  nave  mit 
64',  die  etwas  kleinere  della  navotta  und  vor  Allem  die 
Castagna  di  cento  cavalli  mit  180'  Umfang  und  05' 
Durchmesser  nahe  der  Wurzel,  Dieser  „Baum  der  hundert 
Reiter"  hat  aber  fünf  getrennte  Stämme,  deren  einer  so- 
gar ringsum  berindet  ist,  und  deren  Zusammengehörig- 
keit daher  bezweifelt  wird*). 

Die  Früchte  des  Kastanienbaumes  sind  nussartige 
Achänen  (Schliessfrüchte)  und  stecken  zu  2 — 3  in  einer 
stacheligen  Becherhülle  (morphologisch  gleich  dem  Becher 
der  Eichel  und  der  zerschlitzten  Hülle  der  Haselnuss), 
die  aus  den  vier  Vorblättern  der  Secundanblüthen  her- 
Torgegangen  ist.  Zur  Fruchtzeit  ist  sie  völlig  geschlossen 
und  stellt  einen  fast  kugelrunden,  von  dünnen,  harten, 
haarspitzigen,  stechenden,  gelben,  verzweigten  Stacheln 
sehr  dicht  besetzten  Körper  dar,  der  in  vier  lanzettliche, 
gewölbte,  innen  von  einem  grauen  sammtartigen  Filz 
überzogene  Klappen  aufspringt  und  die  Früchte  aus- 
fallen lässt. 

Die  Kastanienfrucht  (Kastanien,  Maronen,  Kosten) 
ist  unregelmässig  breit  eiförmig,  meist  auf  einer  Fläche 
abgeplattet,  daher  planconvex,  über  3  cm  breit,  3  cm 
hoch  und  2  cm  dick  (italienische  und  französische  Sorten), 
an  der  Basis  mit  einem  grossen,  im  Umrisse  eiförmigen, 
bald  ebenen,  bald  gewölbt-buckeligen,  matten  Fruchtnabel 
versehen,  am  Scheitel  in  einen  kurzen,  aufgesetzten,  fil- 
zigen Schnabel  auslaufend,  der  von  dem  kurzen  Perigon 
und  5 — 7  steifen  borstenförmigen  Griffeln  gekrönt  ist. 
Die  Oberfläche  der  Fruchtschale  ist  aussen  dunkelbraun, 
(kastanienbraun),  mit  meridianalen,  schwärzlichen,  breiten 
Streifen  (Gefässbündel)  versehen,  glatt  und  glänzend.    Die 


*)  A.  V.  Kerner,  Klausenburg,  1877. 
«)  Strobl,  Der  Etna  p.  97. 


—     138    — 


Innenfläche  der  harten,  holzigen,  spröden  Fruchtschale 
ist  von  einem  Filze  langer,  weisser  oder  gelber,  feiner 
Haare  dicht  ausgekleidet.  —  Der  einzige  Same,  Ton 
einer  dünnen,  lichtbraunen,  streifigen  Samenhaut  einge- 
hüllt, ist  eiweisslos,  hartfleischig,  schwer,  die  zwei  grossen, 
fast  gelappten,  sehr  häufig  mit  einander  mehr  oder  we- 
niger zusammengeschmolzenen  weissen  Samenlappen  um- 
schliessen  ein  nach  oben  gerichtetes,  cylindrisches,  gelb- 
liches Würzelchen;  sie  schmecken  angenehm,  schwach 
süss,  nach  dem  Rösten  aber  weit  kräftiger,  mehlig-süss, 
offenbar  durch  Umwandlung  der  Stärke  in  Dextrin  und 
Dextrose. 

Mikroskopischer  Bau^).  Die  braune  Frucht- 
schale setzt  sich  aus  einer  derbzelligen  Oberhaut  (Zellen 
im  Querschnitt  rechteckig-rhombisch,  nach  aussen  stark 
verdickt,  in  Kalilauge  dunkelbraun),  aus  einer  scleroti- 
schen  Schichte  stark  verdickter,  verzweigt  poröser  Stein- 
zellen in  sechs  und  mehr  Reihien,  und  aus  einem  Paren- 
chym  zusammen;  die  Zellen  des  letzteren  sind  ziemlich 
dickwandig,  an  den  äusseren  Reihen  nur  wenig,  in  den 
inneren  sehr  stark  tangential  gestreckt  und  vermögen 
aufzuquellen.  Die  Oberhaut  der  Innenseite  ist  in  lange, 
einzellige,  weithölige,  sehr  lang  zu- 
gespitzte, oft  bajonettartig  einge- 
bogene, einen  in  Kali  sich  bräu- 
nenden Inhalt  führende  Haare  um- 
gewandelt. Alle  Schichten  der 
Fruchtschale  führen  eisenbläuen- 
den Gerbstoff.  Die  lichtbraune 
Samenhaut  besteht  im  Wesentlichen 
aus  dickwandigen,  braunen,  undurch- 
sichtigen Oberhautzellen  (Fig.  54  ep), 
aus  einem  ziemlich  lockeren  Paren- 
phym  dünnwandiger,  im  Quer- 
schnitt   rhombischer   oder   ellipti- 

m  m     die    innersten    Zell-      SChCüT   Zellen     (Fig.    53    m   U.    54  m') 

rf%\'ierB^Mch'f;"\'ki'K^^^^^    uud  aus  eiucr  Faserschichte    (Fig.. 

pTlÄparenchyr'Sei    53  f),   dcrcu  ZcUeu  zusammenge- 

Keimlappen.  prosst  Sind  uud  uur  stncheliormige 


Fig.  63.  Partie  eines  Quer- 
■chnittes  durch  Samenhaut 
und  Samenkern  der  Ka- 
stanie; die  Oberhaut  ist 
fortgelassen. 


»)  T.  F.  Hanausek,  Fachztg.  f.  Waarenkde.  1883,  No.  1. 


139 


Lumen  zeigen.     Viele  Oberhautzellen  tragen  starre  cy- 
lindrische  einzellige  Haare  von  verschiedener  Länge  und 
sehr    verschiedener    Lumen- 
weite (Fig.54h,hO;  es  giebt  ^^»- ^^^STf^^tiTre hi'"' *•"" 
sehr  dünnwandige  und  wieder 
solche  Haare,    deren  Lumen 
nur  mehr  einer  starken  Linie 

gleicht.  Die  Querdurch- 
messer  betragen  meist  0.0183, 
0.02745,  0.02928  mm.  Die 
bezüglichen  Durchmesser  der 
Lumina  0.00549,  0.00915  und 
0.0183  mm.  Sie  enthalten 
eine  bräunliche,  auf  Gerbstofif 
reagirende  Masse. 


ep  ep  Oberhautzellen ,   bei  x  überdecken  sie  ein  Gefässbündel ;    m'  m' 
Zellen  der  Mittelschicht;    h  h  Terachieden-weitlamige  Fragmente  der 
Haare  mit  dem  G-erbstoffinhalt ;   h'  eine  Oberhautzelle  mit  einem  Haar- 
fragment;   g  g  Spiroiden;    kl'  Kleberzellen;    p'  Stärkeparencbym. 

Die  Zellen  der  Mittelschichte  erscheinen  in  Wasser 
blassbräunlich  oder  röthlich  gefärbt,  in  Kalilauge  rosen- 
roth;  durch  Eisenchlorid  färben  sie  sich  schön  violett- 
blau und  führen  demnach  eisenbläuenden  Gerbstoff.  Das 
Parenchym  ist  von  starken,  vornehmlich  von  zierlichen 
Spiroiden  (Fig.  54  g)  gebildeten  Gefässbündeln  durchsetzt 
und  zeigt  häufig  auch  tangential  ausgebreitete  Lücken. 
Die  Samenlappen  der  Kastanie  enthalten  eine  Kleber- 
zellschichtc  und  ein  Stärkeparencbym.  Die  peripheri- 
sche Zellreihe  enthält  nur  Fett  und  Klebermehl  — 
analog  den  Kleberzellen  der  Getreidefrüchte  (Fig.  53  kl, 
54  kl'),  während  das  übrige  Gewebe  ein  Fett  und  Stärke 


—     140     — 

führendes  Parenchym  darstellt  Die  Kleberzellen  sind 
schmale,  fünf-  oder  sechsseitige,  radial  gestellte  Prismen, 
die  sich  im  Querschnitt  rechteckig,  von  der  Fläche  ge- 
sehen als  kleine  Polygone  (Fig.  54  kl')  repräsentiren.  Ihr 
Breiten durchmesser  beträgt  0.00732— 0.01098  mm;  in  der 
radialen  Richtung  sind  sie  4 — 5  mal  länger.  Die  sehr 
kleinen  farblosen  Protemkörner  werden  von  Jod  nur 
blassgelb  gefärbt,  wohl  wegen  der  Fetthülle,  die  sie  um- 
giebt.  Das  Stärkeparenchym  (Fig.  53  p.  und  54  p') 
enthält  grosse,  ziemlich  unregelmässige,  polyedrische  oder 
rundliche  dünnwandige  Zellen  von  0.0549  bis  0.0752  mm. 
Durchmesser,  die  strotzend  mit  Stärkekörnern  (und  etwas 
Fett)  gefüllt  sind.  Legt  man  dünne  Schnitte  in  das  Wässer, 
so  wird  dieses  sofort  von  den  austretenden  Stärkekörnern 
milchig  getrübt.  —  Die  Stärkekörner  sind  theils  ein- 
fach, theils  zu  zweien  componirt  (Fig.  55).    Die  einfachen 

bieten  eine  wahre  Musterkarte 
a*x  1,  1,«    ^^^A  ^^^    *  von  Formen,  die  sich    einer 

Stärkekörner  der  Kastanie.  _'  ^        _^         , 

zusammenlassenden  ßescnrei- 
.       ^Z.  bung  geradezu  entziehen.  Ei- 

^a(\/\  ?i  (H     Q        runde,   spindelförmige,    flach 
/?  ^1^  >S^'^  ^        nierenförmige    (wie    die    der 
/QS  )'^I/r^^O'i^)'A    Hülsenfrüchte)    und    keulen- 
f\     A    ^/^  nr\  ^^    artige  Körner  kommen  häufig 
^^l\  i^^fXmKUilX       vor.     Besonders  charakteris- 
S)Cy^ii^9[77{\(ll       tisch  sind  aber   die  Stärke- 
ß^   /l Ar^\/o}^  /l     körner     von     dreieckigem 
^  (/  Cr/vOXpi     Contour    und    solche,     bei 
am     ^    0  v(^X^      welchen  eine  spitzvorsprin- 
gende Verlängerung  vor- 
handen ist.     Manche  erinnern  an   die  pauken-  und  hut- 
förmigen  Theilkörner  der  Tapioca  (Manioc,  Cassavemehl). 
Die  Zwillingskörner  bieten  keine  besondern  Eigenthüm- 
lichkeiten.    Der  centrale  Kern  ist  nur  undeutlich  zu  sehen, 
dagegen  findet  sich  häufig  eine  schmale  auch  mit  Sprung- 
linien versehene  Kernhöhle.    Eine  Schichtung  ist  bei  den 
grössten   durch   2 — 3    schwache   Linien   angedeutet,    bei 
vielen  aber  auch  nach  Einwirkung  von  Chromsäure  nicht 
wahrzunehmen.   Das  Polarisationskreuz  tritt  ausgezeichnet 
deutlich  auf.    Die  kleinen  kugeligen  oder  in  eine  feine 
Spitze  auslaufenden  eiförmigen  Körnchen  messen  0.00549 


—     141     — 

bis  0.009 15  mm,  für  die  grössten  werden  folgende  Zahlen 
gefunden: 

Länge      0.0146 — 0.02562  mm 
Breite    0.00915-0.01647  „    ; 
die  häufigste  Länge  beträgt  0.02013-0.0:^1  mm.    In  den 
Eeimlappenzellen  sind  ausserdem  noch  feinkörnige  Protein- 
stoffe  und   Fett  in  geringer  Menge,  meist  als  eine  Art 
Wandbeleg  enthalten;  Jod  färbt  sie  hellgelb. 
Frische  Kastanien  ^)  enthalten  in  Proc: 

„  SticksUff-  - ,,  StickiUfffreie        „  ,  ,  ,   . 

^'^'-  S.I»U.xe.:  ^^^^  EitrteUloffe:        "''"f*"^^  ^''^'• 

51.48  5.48  1.37  38.34  1.61  1.72. 

In  lufttrockenen  Kastanien  fand  Bellini*). 

Wasser:      Fett:      f  roteinsabstaDxen :       Stirke:      Deitria:      Celloleie:  iteke: 

30       2  8.5  29.2      22.9        3.3         2.6  Proc. 

Gegenüber  den  Kartoffeln,  deren  Wassergehalt  75.77, 
der  Gehalt  an  Stickstoffsubstanz  nur  1.79  Proc.  beträgt, 
sind  die  Kastanien  weit  nahrhafter,  und  da  sie  meist 
geröstet  genossen  werden,  so  steigt  auch  ihr  Nährwerth, 
wie  die  Untersuchungen  von  Albini  beweisen,  der  in  der 
Trockensubstanz  folgende  Mengen  fand: 

liweiss:^"^^^**"'       FeU:         ZacW:  Dextrin:       Stirke:     Cellalese:     Ascke: 

0.9— S.1        6.8—9.3  1.2—2.1     17.5—17.9.    «».8— M.8  23.2—38.0    6.5—8.4    3.0—3.3. 

Nessler  und  v.  Fellenberg*)  untersuchten  drei 
Sorten  und  fanden  folgende  Mengen  Stärke,  d.  h.  in 
Zucker  überfiihrbare  Stoffe: 

Maronen  FrÜlikastanien  Spätkastanien 

60.34  60.44  59.96    Proc. 

Die  verschiedenen  Sorten  bezeichnet  man  nach  den 
Erzeugungsländern;  von  den  grossen  Kastanien  oder  Ma- 
ronen sind  die  südfranzösischen  aus  der  Provence  (mä- 
rons  de  St.  Tropez)  und  von  der  Languedoe  (marone  de 
Lyon)  die  geschätztesten;  neapolitanische,  sicilische  und 
spanische  Kastanien  sind  ebenfalls  gesucht.   England  hat 


*)  König  1.  c. 

«)  Briefl.  Mitthlg.  1883. 

»)  König  1.  c.  p.  403. 


—     142     — 

1.  J.  1882  von  Tarragona  (Spanien)  allein  56  851  Säcke 
ä  58  kg  bezogen.  Die  kleinen  scharf  abgeplatteten  Kastanien 
werden  aus  der  Schweiz,  aus  Tyrol  und  Ungarn  bezogen. 
Man  liest  oder  drischt  die  Früchte  aus  der  Stachelhülle 
heraus  und  versucht  die  Keimkraft  durch  Trocknen  an 
der  Sonne  oder  scharfes  Dörren  zu  zerstören.  Trotzdem 
sind  sie  wenig  haltbar,  da  ihr  bedeutender  Wassergehalt 
und  die  spröde  (leicht  aufspringende)  Fruchtschale  sie  nur 
wenig  zu  längerer  Aufbewahrung  geeignet  machen;  man 
muss  sie  an  kühlen,  trocknen  und  luftigen  Orten  auf- 
bewahren, sorgsam  die  von  Schimmelpilzen  oder  Raupen 
(Carpooapsa  splendana  und  C.  amplana)  befallenen  entfernen 
und  das  Keimen  im  Frühjahre  verhindern. 

Kastanien  sind  ein  für  Südeuropa  nicht  unwichtiges 
Nahrungsmittel;  sie  geben  ein  gutes  Kaffeesurrogat,  und 
werden,  mit  Salzwasser  zu  einem  Brei  gekocht,  als  cha- 
tig na  verspeist;  bekannt  ist  ihre  Verwendung  als  Ge- 
füllsei in  Würsten  und  in  gebratenem  Geflügel,  als  Zu- 
that  zu  Blaukohl  und  anderen  Gemüsen,  einfach  geröstet 
als  „heisse  Maronen".  In  Toscana  spielt  Kastanien- 
mehl als  Zugabe  zu  Polenta  und  andern  Gerichten  eine 
wichtige  Rolle.  Kastanien-  (Maronen)  Mehl  ist  also 
auch  Handelsartikel  und  kann  Gelegenheit  zu  Unter- 
suchungen geben.  Für  die  Charakteristik  desselben  bieten 
die  Stärkekörner  die  brauchbarsten  Anhaltspunkte.  Man 
wird  insbesondere  auf  die  dreickigen  und  die  mit  spitzen 
Verlängerungen  versehenen  Formen  vigiliren  müssen  und 
deren  Grösse  zu  berücksichtigen  haben.  Auch  die  auf- 
fallend kleinen  Kleberzellen,  die  dünnwandigen  durch 
Eisenchlorid  gebläuten  elliptischen  Mittelschichtzellen,  die 
dickwandigen  braunen  Oberhautzellen  und  die  Haare,  deren 
Wandstärke  sehr  variabel  ist,  werden  zur  Bestimmung 
herangezogen  werden  können.  Jedenfalls  ist  das  Kastanien- 
mehl von  dem  Mehle  der  Getreide-  und  Hülsenfrüchte 
auf  den  ersten  Blick  zu  unterscheiden.  Die  ähnlichen 
Samen  des  Rosskastanienbaumes  {Aeacnk^  Hippocastanvm 
Zt.,  Farn.  Hippocastaneae)  sind  ungeniessbar  und  dienen 
nur  zur  Stärkebereitung  (auch  als  Futter  für  Wild  etc.) 


—    US    — 


2.  Die  Haselnuss. 

Die  im  Handel  vorkommenden  Haselnüss^e  stammen 
von  drei  Arten  der  bot.  Gattung  Coryhta  (Fam.  Cupuliferen), 
die  sich  insbesondere  durch  die  Formen  der  die  Frucht 
umgebenden  Fruchthtille  unterscheiden  lassen.  Dieselben 
sind  folgende: 

1.  Corybis  Äveüana  L,  (nach  der  campanischen  Stadt 
Avella  oder  Abella  genannt,  wo  der  Strauch  zuerst  cultivirt 
worden  sein  soll), der  gemeine  Haselnusstrauch,  ein  be« 
kannter,  durch  den  grössten  Theil  von  Europa  verbreiteter 
schönwuchsiger  Strauch  mit  nuonöcen  Blüthen.  Die  weib- 
liche Blüthe  enthält  einen  Fruchtknoten  in  dem  Frucht- 
boden eingesenkt  mit  zwei  fädlichen  purpurrothen  Narben; 
später  ragt  der  Fruchtknoten  hervor  und  ist  von  einer 
zweilappigen  eingeschnittenen  Hülle  umgeben;  die  reife 
Nuss  ist  1 — 2samig;  die  Fruchthülle  glockig,  an  der  Spitze 
abstehend,  offen,  zerrissengezähnt;  die  Frucht  gewöhnlich 
kugelig  bis  eiförmig,  länger  als  breit.  Bei  der  Form 
C.  cripsa  ist  die  Hülle  sehr  lang,  krauszipfelig,  bei  ö.  urtt" 
ccBfoUa  sind  die  Blätter  lang  und  spitz,  tiefroth  bei  dem 
ßIuthasel(C.  atropvrpurea) ;  die  Nussschale  bei  der  Krach- 
nuss  ist*  durch  Dünnwandigkeit  ausgezeichnet. 

2.  Corylus tubulosa  £r..  Zeller-,  Langbart-,  Lamberts- 
Lombard  nuss  (der  Name  entweder  von  der  Lombardei 
oder  von  „Langbart"  wegen  der  grossen  bartartigen  HtiUe, 
C.  Tnaxtma  MiU.),  Die  Zellernuss  ist  gewöhnlich  länger  als 
breit,  die  Fruchthülle  walzlich-röhrig,  an  der  Spitze  ver- 
engt, also  über  der  Nuss  zusammengeschnürt,  mit  ein- 
geschnittenem und  zerschlitztem  Saume.  Die  Samenhaut 
ist  tiefbltttroth  (Blntnuss).  Diese  Art  findet  sich  häufig 
in  Griechenland,  überhaupt  in  Südeuropa,  im  Banat,  in 
Istrien ,  verwildert  in  Thüringen  (Magdalafort  bei  Jena), 
Niederösterreich.  Ihre  Spielarten  werden  am  meisten 
cultivirt*  — 

3.  Cmitua  cohmta  i.,  Baumhasel,  türkische  Hasel- 
nuss, wird  bei  20  Meter  hoch,  der  Stamm  bis  0.8  m  dick; 
die  Nüsse  sind  breiter  als  lang,  rundlich -nierenförmig, 
grösser  als  vorige;  die  Fruchthülle  ist  doppelt,  tief  zer- 
schlitzt mit  linealisch  fiederspaltigen  Abschnitten.     Die 


—     Ui    — 

Heimath  des  Baumhaseis  ist  Kleinasien;  er  findet  sich 
aber  auch  in  der  europäischen  Türkei,  in  den  Südkar- 
pathen  (nach  Pancic)  und  am  Himalaja^).  —  Eine  be- 
sondere Art  scheint  C.  ponttca  Koch  zu  sein,  deren  Früchte 
als  nuces  ponticcß  den  Römern  als  Leckerbissen  galten  und 
gegenwärtig  noch  von  Trebisonde  in  den  Handel  kommen. 

Der  Haselstrauch  (vorzüglich  C,  tububsa  L.)  gedeiht 
am  besten  in  einem  etwas  feuchten,  lockeren  Erdreiche, 
nicht  aber  in  kaltem  Thonboden.  Gut  gepflegte  Hasel- 
sträucher  bringen  20 — 30  Jahre  reichliche  Ernte  und 
lassen  sich  dann  für  eine  Reihe  von  Jahren  wieder  ver- 
jüngen, indem  man  das  Wachsthum  der  aus  den  Stumpfen 
hervorkommenden  Triebe,  kräftig  unterstüzt *;.  Solche 
verjüngte  Stämme  übertreffen  häufig  nach  einigen  Jahren 
an  Tragbarkeit  die  Stämme  der  jungen  Anpflanzungen. 

Von  den  Pomologen  sind  die  verschiedenen  Hasel- 
nussarten  in  Gruppen  gebracht  worden,  die  aber  für  die 
Handelsverhältnisse  wohl  nur  wenig  Bedeutung  haben. 
Nach  Di t trieb  lässt  sich  die  Classification  folgender- 
massen  durchführen. 

I.  Classe:  Zellernüsse,  runde  spanische  Nüsse. 
(Der  Name  rührt  von  dem  Kloster  Zell  bei  Würzburg 
her,  wo  sie  viel  angebaut  wurden.)  Die  Früchte  sind 
gross,  eckig  oder  gewölbt  und  rund  zulaufend,  auch 
platt  gedrückt;  der  Kern  füllt  die  Schale  vollkommen 
aus  und  ist  mit  einer  feinen  zarten  Haut  umgeben.  Sie 
lassen  sich  wieder  in  Ordnungen  gruppiren. 

1.  Ordnung.  Plattrunde  Zellernüsse,  Platt- 
nüsse. Mit  plattrunder  Frucht,  z.  B.  die  Halle'sehe 
Riesennuss;  die  römische  Nuss. 

'2.  Ordnung.  Längliche  Zellernüsse,  Lang- 
nüsse. Mit  langer  Nuss  z.  B.  die  frühe  Frauendorfer, 
die  volle  italienische  Nuss. 

Hierher  sollen  auch  die  nuces  ponticse  der  Römer 
gehören. 

n.  Classe:  Lambertnüsse.  Bartnüsse,  Langbart- 
nüsse.     Die  Früchte   sind   lang,    theils   spitzzulaufend, 


»)  Just,  bot.  Jahresb.  1875. 

*)  H.  W.  Palandt,  der H aseJstf auch  und  seine Cultur.  Berlin , 
1881.  p.  18. 


—     145     — 

theils  oben  abgerundet,  die  Schale  ist  weich,  der  zarte 
Kern  mit  einer  glatten  Haut  bedeckt.  Dazu  gehören 
die  rothe  und  die  weisse  Lambertsnuss,   die  Filbertnuss. 

ni.  Classe:  Eigentliche  Haselnüsse.  Die  weit 
härtere  Schale,  die  starke  Samenhaut  und  die  kleine 
Hüllenansatzsteile  (Schild)  kennzeichnen  diese  Gruppe 
leicht  von  den  übrigen. 

Pal  an  dt  hat  in  seinem  oben  citirten  trefflichen  Büch- 
lein 16  empfehlenswerte  Sorten  beschrieben  und  abge- 
bildet, die  wir  hier  nur  anführen  wollen  und  im  Uebrigen 
auf  die  genannte  Arbeit  verweisen: 

1)  Die  rothe  Lambertnuss,  Blutnuss.  Schale 
schwärzlich-braun,  Schild  klein,  gelblich-weiss ,  Frucht 
länglich  zugespitzt  eiförmig,   22  mm  lang,    18  mm  breit. 

2)  Die  weisse  Lambertnuss.  Frucht  wie  vorige, 
Schale  gelblich-braun,  Schild  mit  einem  inmitten  gelegenen 
spitzen  Buckel. 

3)  Die  volle  italienische  Zellernuss.  Frucht 
länglich  eiförmig,  nach  oben  verbreitert,  abgestumpft, 
Schale  gelblich-braun,  Schild  sehr  erhaben. 

Die  wohlschmeckendste  Sorte,  ersetzt  reichlich  die 
Mandel. 

4)  Die  Gubener  Barcellonernuss.  Frucht  ab- 
gestumpft eiförmig,  mit  tiefen  Längsfurchen,  22  mm  lang, 
20  mm  breit,  Schale  röthlich-braun,  Schild  klein,  erhaben, 
stumpf  zulaufend. 

5)  Die  Mandelnuss,  Krachnuss.  Frucht  läng- 
lich, walzig,  gewölbt  zugespitzt,  25  mm  lang,  16  mm 
breit.  Schale  hellgelblich-braun,  zart  und  leicht  zer- 
brechlich ,  geflammt.  Eine  der  empfehlenswerthesten 
Sorten. 

6)  Burchardt's  Zellernuss.  Frucht  fast  rund 
mit  stumpfer  Spitze,  20  mm  lang,  18  mm  breit.  Schale 
gelblich-braun,  Schild  klein,  gewölbt,  Kernhaut  grob- 
laserig,  dunkel-zimmtbraun. 

7)  Die  eckige  Barcellonernuss.  Frucht  läng- 
lich-walzig und  in  eine  schlanke  Spitze  endigend ;  häufig 
mit  3 — 4  starken  Rippen,  wodurch  die  Frucht  im  Quer- 
schnitt eckig  erscheint,  25  mm  lang,  16  mm  breit;  Schale 
.tiefbraun,  an  der  Spitze  schwarzgrau,  fest. 

Hanausek,  Nahrungs-  n.  Genussmittel a. d.  Pflansenreioh.  10 


—     146    — 

8)  Ivess  long  Seedling«  Frucht  gross,  fast  kegel- 
förmig, schlank  zugespitzt,  25  mm  lang,  20  mm  breit, 
Schale  gelblich-braun,  Schild  fast  vierseitig.  Kern  in 
der  Mitte  zuweilen  hohl.  Nur  frisch  geniessbar, 
wird   ranzig. 

9)  Die  frühe  lange  Zellernuss.  Frucht  gross, 
walzig,  stumpf,  breitgedrückt,  25  mm  lang,  15  mm 
breit,  Schale  braunroth,  Schild  w^iss  mit  brauner  Ein- 
fassung. 

10)  DieBandnuss.  Frucht  gross,  länglich-eiförmig, 
an  der  Spitze  zusammengeschnürt,  26  mm  lang,  20  mm 
breit,  Schale  rauh,  dünn,  zart  mit  braunen  und  hellen 
Streifen;  Schild  kugelig  gewölbt. 

11)  Hempel's  Zellernuss.  Frucht  länglich  oval, 
fast  walzig,  22  mm  lang,  17  mm  breit.  Schale  glatt,  hell- 
braun, Schild  regelmässig  rund,  hellgrau. 

12)  Minna's  grosse  Zellernuss.  Frucht  sehr 
gross,  fast  walzig,  mit  stumpfer  Spitze,  25  mm  lang, 
18  mm  breit.  Schale  zart,  gelblich-braun,  Schild  sehr 
gross. 

13)  Die  frühe  Frauendorfer  Zellernuss.  Frucht 
gross,  länglich,  cylindrisch,  30  mm  lang,  16  mm  breit, 
Schale  dünn,  glatt,  leicht  zerbrechlich. 

14)  Merveille  de  Bollwiller.  Das  Wunder  von 
Bollwiller.  Frucht  sehr  gross  (die  grösste!),  fast  kegel- 
förmig, 28  mm  lang,  25  mm  breit.  Schale  sehr  hart, 
gelblich-braun.     Schild  sehr  gross,  gelblich-weiss. 

15)  Die  Halle'sche  Riesennuss.  Frucht  sehr, 
gross,  kurz,  kegelförmig,  25  mm  lang,  20  mm  breit; 
Schale  glatt,  hellbraun,  mitunter  eckig. 

16)  Die  römische,  grosse  spanische  Nuss. 
Frucht  sehr  gross,  ähnlich  einer  Kastanie,  breitgedrückt, 
22  mm  lang,  20  mm  breit,  Schale  weich,  mit  starken 
Rippen  und  tiefen  Furchen  und  mit  dunkelbraunen  und 
hellen  Streifen  (daher  auch  bunte  Zellernuss). 

Wie  schon  erwähnt,  haben  gegenwärtig  die  Sorten 
der  Pomologen  im  Handel  noch  keine  Anwendung  er- 
fahren. Da  die  Haselnüsse  für  den  Grossverbrauch  nach 
Mitteleuropa  importirt  werden  müssen,  so  werden  sie 
gewöhnlich  nach  den  Exportländern  unterschieden. 


—    147    — 

Auf  der  internationalen  Gartenbau-Ausstellung  in 
Hamburg  waren  folgende  hervorragende  Sorten  exponirt: 

1)  Spanische  Haselnüsse  über  Barcellona  und 
Bübao. 

2)  Sicilianische  Haselnüsse  über  Genua,  Mar- 
seille, Livorno,  Venedig  und  Triest. 

3)  Französische  Haselnüsse  über  Aix,  Grasse, 
Beziers,  Cette,  Montpellier. 

4)  Levantinische  Haselnüsse  über  Smyrna.  — 
Dazu  kommen  noch: 

5)  Ungarische  Haselnüsse, 

6)  Dalmatinische  und 

7)  Neapolitanische  Haselnüsse. 

Die  morphologischen  und  anatomischen  Einzelheiten 
sollen  in  den  folgenden  Zeilen  an  einigen  Sorten  aus- 
führlicher dargelegt  werden. 

Die  ungarische  Haselnuss  (häufig  im  öster- 
reichischen und  deutschen  Handel)  ist  breiteiförmig, 
mitunter  fast  rundlich  viereckig,  im  ümriss  etwas  platt- 
gedrückt. Die  Schale  ist  lichtgelb  bis  lederbraun,  glatt. 
Die  Insertionsstelle  der  Fruchthülle  (Schild,  fälschlich 
Nabel)  ist  ein  kreisrunder,  ziemlich  planer,  grauweisser, 
rauher  Fleck  und  derart  eingewölbt,  dass  auf  den  Schild 
die  Nuss  aufgestellt  werden  kann.  Der  Scheitel  der 
Frucht  ist  stumpfgewölbt  und  nur  mit  einem  plötzlich 
abgesetzten  ganz  kurzen  Spitzchen  versehen,  ferner  mit 
einem  staubgrauen  kurzhaarigen  Filz  im  Umkreis  von 
1.5  cm  bedeckt.  Schneidet  man  das  Spitzchen  weg, 
80  erscheint  die  Verwachsungsnaht  der  beiden  Frucht- 
schalentheile.  Die  Länge  der  Frucht  beträgt  15 — 18  mm, 
die  Breite  15  mm,  die  Dicke  10 — 13  mm.  —  In  der 
holzigen,  etwa  1  mm  dicken  Schale,  deren  Innenseite 
rothbraun  und  schilfrig  rauh  ist,  liegt  der  eiförmige  bis 
eirundliche,  aufgetrieben  wulstige,  stumpfgespitzte  Same, 
von  einer  gelbbraunen,  aderigen,  ziemlich  dünnen  Samen- 
haut eingehüllt.  Seitlich  unter  der  Spitze  liegt  der 
schmale,  wenig  auffällige  Nabel,  von  dem  ein  Nabel- 
streifen zur  Ursprungsstelle  der  Gefässbündel,  zum  inneren 
Nabel  oder  Chalaza  hinzieht.  Die  Chalaza  ist  wenig  er- 
haben und  gleich  der  Samenhaut  gelbbraun  gefärbt. 
Der  Sa  m  e  n k  e r  n  ist  ein  eiweissloser  Embryo  mit  2  weissen, 

10* 


—     148    — 

dicken,  <)lig-fieischigen,  wohlschmeckenden,  enge  zu- 
sammenhängenden Keimlappen  und  einem  kleinen  Wür- 
zelchen. 

Ziemlich  ähnlich  den  oben  beschriebenen  sind  die 
sicilianischen  Haselnüsse.*)  Sie  sind  etwas  grösser, 
breitgedrückt,  der  sehr  dünne  Haarfilz  reicht  auf  den 
Seiten  bis  über  die  Hälfte  der  Fruchtschale  herab.  Der 
Schild  ist  kreisrund,  ein  wenig  eingedrückt,  seltener 
convex.  Die  Samenhaut  ist  dunkelbraun,  ihre  Scheitel- 
spitze keilig  emporgezogen,  die  entgegengesetzt  liegende 
Partie  fast  kantig  abgeflacht.  —  Wesentlich  anders  ge- 
baut sind  die  neapolitanichen  Haselnüssse.*)  Sie 
messen  25  mm  und  darüber  in  der  Länge,  20  mm  in 
der  Breite  und  15  mm  in  der  Dicke;  die  Schale  ist  roth- 
braun, längsstreifig,  der  Schild  stark  convex,  wie  eine 
Kugelcalotte  gewölbt;  der  Filz  des  Scheitels  sehr  dicht, 
nur  den  Umkreis  des  Scheitels  bedeckend.  Der  Kern 
ist  länglich-  eiförmig,  mit  abgerundeter  Basis  und  schlank 
zugespitztem  Scheitel,  die  Samenhaut  hell-ziramtbraun, 
rauh,  mit  wellenförmig  verlaufenden  parallelen  Adern. 
Nabel,  Raphe  und  Chalaza  deutlich.  (Die  Sorte  ähnelt 
am  meisten  „Minna's  grosser  Zellernuss.") 

Als  türkische  Haselnüsse  finden  sich  im  Handel 
den  vorigen  mehr  oder  weniger  ähnliche  grossfrüchtige 
Sorten,  die  gewöhnlich  nur  von  Corylus  tubuhsa  abstammen. 
Auch  die  dalmatinischen  Haselnüsse,  durch  ihre 
Grösse  ausgezeichnet,  finden  grosse  Verbreitung.  Ein 
kreisrunder,  flacher,  selten  convexer  Schild,  ein  feiner, 
in  dünne  Strahlen  auslaufender  Haarfilz ,  gelbbraune 
Farbe  und  meridianale  dunklere  Streifung  und  ein  grosser, 
sehr  wohlschmeckender  Kern  charakterisiren  diese  Sorte. 


*)  Ausgedehnte  Haselnusshaiue  auf  Sicilien  sind  in  der  Gegend 
von  Lingua  grossa  und  Castiglione  bis  Handazzo ;  sie  bestehen 
sowohl  aus  Cor.  Avellana,  als  Cor.  Colurna.  (F.  G.  Strobl,  Der 
Aetna  und  seine  Vegetation,  p.  80.) 

')  Eine  andere  unter  demselben  Namen  gehende  Sorte  ähnelt 
den  sicilianischen  H.;  der  Haarfilz  umgiebt  aber  nur  den  Scheitel 
und  eine  scharfe  Längsrinne  theilt  die  Frucht  in  zwei  Längs- 
hälften. 


—    149     — 

Sie  haben  mit  den  neapolitimischen  gleiche  Maasse.  Die 
mir  vorliegenden  Früchte  des  eigentlichen  türkischen 
Haseis  (Haselbaam,  Coryius  Cobtma)  zeichnen  sich  dnrch 
die  Grösse  des  Schildes  in  höchst  auffälliger  Weise  aus. 
Die  Frucht  ist  stark  plattgedrückt,  breit  eiförmig,  mit- 
unter fast  linsenförmig,  nach  zwei  Enden  verjüngt, 
indem  auch  der  Schild  in  eine  Spitze  vorgezogen  ist. 
In  seiner  Ausdehnung  übertrifft  er  alle  übrigen  Seiten 
und  überzieht  die  Hälfte  der  ganzen  Fruchtschale.  Die 
Dichte  der  Schale  kann  3  mm  erreichen.  Der  Haarfilz 
ist  nur  schwach  entwickelt.  Die  Samenhaut  ist  zimmt- 
braun,  glänzend  glatt,  der  Kern  sehr  fest 

Der  Hauptsache  nach  besteht  das  Gewebe  der 
Fruchtschale  aus  zwei  verschieden  ausgebildeten,  viel- 
reihigen  Schichten  von  echten  Steinzellen,  die  in  Kali 
aufquellen  und  sich  gelb  färben.  Die  äussere  Schichte 
enthält  scharf  abgegrenzte,  eiförmige,  kubische  oder 
polyedrisch-rundliche,  0.05—0.06  mm  messende,  an  der 
Oberfläche  rauhe,  porös  getüpfelte  Sklerenchymzellen  mit 
einem  ziemlich  grossen,  mit  braunen  Massen  angefüllten 
Lumen.  Die  zweite  innere  Sklerenchymschichte  setzt 
sich  aus  weit  stärker  verdickten,  lichtgelben  Steinzellen 
zusammen ,  die  sich  durch  verzweigte  Porencanäle  und 
durch  undeutliche  erst  nach  Behandlung  mit  Kali  nach- 
weisbare Zellconturen  charakterisiren.  Das  Sklerenchym- 
gewebe  ist  von  schwarzbraunen  Strängen  —  Gefässbündeln 
—  durchzogen ,  die  langgestreckte  parallelopipedische, 
stark  verdickte  Parenchymzellen,  glatte  Bastfasern  und 
zahlreiche  schmale  Spiroiden  führen.  Die  Innenhaut  ist 
rothbraun,  bezüglich  der  Mächtigkeit  ungleichmässig  ent- 
wickelt, aus  tangential  vollkommen  gestreckten,  fast  faser- 
förmigen,  dünnwandigen,  durch  Jod  und  Schwefelsäure 
sofort  gebläuten  Zellen  gebildet,  die  in  10  und  mehr 
Reihen  stehen.  Die  dem  Sklerenchym  vorgelagerte  Ober- 
haut führt  stark  cuticularisirte,  im  Querschnitt  vier- 
kantige Zellen  und  spindelförmige,  einzellige,  gekrümmte 
Haare. 

Das  Gewebe  des  Samenkernes,  unter  dickem 
Glycerin  oder  fettem  Oel  betrachtet,  enthält  in  sehr 
dünnwandigen,   farblosen,   polyedrischen    grossen  Paren- 


—    160    — 

chymzellen  einen  oder  mehrere  gelbliche,  durchscheinende, 
glatte,  eiförmige,  elliptische  oder  rundliche,  ungeschich- 
teten Stärkekörnem  ähnliche  Körper  von0.0I6— 0.03  mm 
Durchmesser  (in  Oel  gemessen)  welche  in  einer  von 
zahlreichen  kleinen  und  kleinsten  Körnchen  gebildeten 
Masse  eingebettet  sind;  auch  in  starkem  Alkohol  zeigt 
sich  der  Inhalt  gleich  gestaltet.  Setzt  man  hingegen 
allmählich  Wasser  hinzu,  so  geht  mit  den  grossen, 
eiförmigen  Körpern  eine  sehr  auffällige  Veränderung  vor 
sich.  Es  löst  sich  eine  dünne  hüllenartige  Rindenschicht 
der  Körper  und  es  kommen  unter  Vergrösserung  des 
Volumens  kugelrunde,  grau-opake,  an  der  ObeÄäche 
grobkörnige  Körper  zum  Vorschein,  die  sich  in  Jodwasser 
sofort  gelb  tingiren,  während  zahlreiche  molekulare  Köm- 
chen des  körnigen  Zellinhaltes  durch  ihre  Blaufärbung 
als  Stärkekörner  sich  erweisen  und  andere  grössere 
Kömchen  des  Zellinhaltes  als  Fetttropfen  aus  den  Zellen 
hervortreten.  Diese  oben  beschriebenen  rundlichen  Körper 
bezeichnen  wir  als  Aleuronkörner,  ihre  kugeligen 
opaken  Einschlüsse  als  „Gl o beide";  sie  sind  durch  den 
Gehalt  von  Stickstoff  und  Phosphor  ausgezeichnete  E  i  - 
Weisskörper. 

Die  Haselnüsse  enthalten  nach  König  in  Pro- 
centen: 

„,  Stickstoff-        B„  Stiekstofffreie         -  ,  . .  .... 

^^«'^       Sobstanx:        '«"^        BttraeUtoffe:         ^'^^'^''        ^''^'' 

3.77      15.62     66.47       9.03  3.28  1.83 

Der  bedeutende  Fett-  und  Stickstoffgehalt  lässt  die 
Haselnüsse  sowohl  als  ein  bemerkenswerthes  Nahrungs- 
mittel, als  auch  für  die  Oelgewinnung  schätzenswerth 
erkennen.  Bei  längerer  Aufbewahrung  werden  aber  die 
Früchte  durch  Bildung  von  Fettsäuren  ranzig  und  unge- 
niessbar.  Aus  diesem  Grande  werden  sie  in  Südrussland 
durch  Ofenhitze  einem  Röstprocesse  unterworfen.  In 
Oberitalien  (Toscana,  Parma)  bereitet  man  nach  Trocknung 
der  Samen  durch  ein  schwaches  Feuer  das  Haselnuss- 
mehl,  das  sich  in  zusammengepresstem  Zustande  2  Jahre 
lang  aufbewahren  lässt  Nach  Ghurch  besteht  es  aus 
(in  Procenteh): 


I 

1 

ä 

1 

2 

85 

29.2 

22.9 

—     151     — 


Ji  £  S 

14      2      85       29.2       22.9       17.5      3.3       2.6 

Aus  dem  Haselnossmdil  stellt  man  (mit  Batter, 
Sahne)  eine  Polenta,  ferner  die  Neoci  Pattoni,  Cialdi, 
Fritelli  (Kuchen  und  Brodsorten)  und  Theewaffeln  her. 
Bei  uns  werden  Haselnüsse  zum  Nachtisch  servirt,  in  der 
Haushaltung  ersetzen  sie  für  manches  Backwerk  die  Man- 
del; die  Oe%ewinnung  ist  femer  sehr  rentabel,  indem  ein 
preussischer  Scheffel  Nüsse  etwa  8  1  Oel  an  Werth  Ton 
ca.  16  Mark  liefert. 

Ueber  die  Productionsverhältnisse  finden  sich  nur 
vereinzelte  Angaben.  Cypern  producirt  jährlich  100  000 
Okka  Haselnüsse  (1  Okka  =  2^5  englische  Pfund), 
von  denen  die  Hälfte  exportirt  wird;  Spanien  (Tarra- 
gona,  Barcellona)  5.8  Millionen  kg,  der  Export  Italiens 
(mit  Wallnüssen)  bewerthet  sich  auf  3.5  Mill.  Mark. 
Auf  Sicilien  ist  der  jährliche  Ernteertrag  150000  Scheffel, 
wovon  i/s  auf  der  Insel  verbraucht  und  ^/s  nach  Nord- 
deutschland ausgeführt  werden.  Von  der  Krim  gehen 
jährlich  für  100  000  Bubel  Haselnüsse  zur  Messe  nach 
Nischnei-Nowgorod.  Bedeutende  Mengen  vorzüglicher 
Haselnüsse  bringt  auch  Frankreich  auf  den  Markt. 
(Acadieres  von  la  Cadiere  bei  Toulon.) 


3.    J  0  h  a  n  n  i  s  b  r  0  d. 

(Bocksborn,   Caroben,  ^Siliqua  dolcis.) 

Die  getrockneten  Früchte  des  Johannisbrod- 
baumes  (CercUonia  Sütqua  Z.,  Fam.  Gaesalpinieen)  dienen 
in  Süditalien,  Spanien,  Griechenland  und  Tripolis  den 
ärmeren  Volksclassen  als  Nahrungsmittel,  bei  uns  als  ein 
wenig  beliebtes  Confect,  als  Zusatz  zu  Brustthee,  in 
Griechenland  und  in  Triest  zur  Fabrication  von  Wein- 
geist. In  den  erstgenannten  Ländern  sind  sie  auch  als 
Pferdefutter  in  Verwendung. 


—     152     — 

Der  Carobenbaum  wird  im  ganzen  Mittelmeer- 
gebiet cultivirt  (auf  Malta  der  einzige  Baum)  und  kommt 
dort  auch  verwildert  vor.  Zu  uns  kommen  die  Früchte 
von  Neapel  (Mola),  Sicilien  (Avola)  und  Spanien;  ein 
wichtiges  Productionsland  der  „Caruben"  ist  Cypern; 
im  Norden  der  Insel  bei  Cerigna,  und  im  Süden  am 
Carobencap  unweit  Larnaka,  Mazoto  und  Limisso  (=  Li- 
massol)  ist  ^er  Carobenbaum  massenhaft  vorhanden; 
seine  Früchte  werden  aber  nur  zur  Fabrication  von 
Syrup  verwendet  oder  es  wird  das  Vieh  damit  gemästet. 
Früher  kamen  von  Cypern  bedeutende  Quantitäten  zur 
Ausfuhr:  ^/s  der  Ausfuhr  gingen  nach  Russland,  ^/s  nach 
Aegypten,  Syrien  und  Kleinasien,  V»  ^^ö-ch  dem  adriatischen 
Meere.  Die  hohe  Steuer,  die  von  der  türkischen  Regie- 
rung auf  die  Bäume  gelegt  wurde,  veranlasste  die 
Cyprioten,  die  meisten  Bäume  niederzuhauen,  i)  Nach 
Helle  beträgt  die  Ausfuhr  6  Mill.  Piaster  (50000  Kan- 
tara  ä  400  Pfd.).  Griechen  und  Russen  essen  die  Früchte 
während  der  Fastenzeit. 

Die  Carobenfrucht  ist  eine  1 — 1.5  dem  lange, 
2 — 2.5  cm  breite  Hülsenfrucht  mit  6 — 14  Querfächern, 
in  denen  die  Samen  liegen;  sie  ist  im  Allgemeinen  lineal, 
flachgedrückt,  gegen  das  Fruchtstielende  verschmälert, 
am  entgegengesetzten  Ende  breiter,  selten  gerade  ge- 
streckt, häufig  aufgebogen  oder  emporgekrümmt.  Die 
Ränder  der  Längsflächen  sind  stark  aufgewulstet,  so  dass 
letztere  als  breite  seichte  Rinnen  erscheinen.  In  den 
Schmalflächen  verlaufen  tiefe  Furchen.  Die  Dicke  in 
der  Längsmitte  der  Frucht  beträgt  4 — 7  mm,  am  Rande 
(mit  den  Wülsten)  6 — 10  mm.  Die  Fruchthaut  ist  braun, 
steif  lederartig,  glänzend,  mit  in  Strahlen  verlaufenden 
deutlichen  Strichelchen  gezeichnet,  die  zum  Fruchtstiel- 
ende hinziehen.  Unter  der  braunen  äusseren  Frucht- 
haut liegt  ein  röthliches,  zähes,  stellenweise  glänzendes, 
sehr  süsses  Fruchtfleisch,  das  nach  Innen  zu  durch  eine 
papierdicke,  gelbliche,  zähe  Innenfruchthaut  abgegrenzt 
ist.  In  jedem  der  wulstig  aufgetriebenen  Ränder  befinden 
sich  reihenweise  übereinander  gelagerte  Hohlräume,  deren 


»)  Globus  XXXIV.    p.  107. 


—     153    — 

Ai^cht  man  sich  durch  einen  durch  den  Wulstxand  ge- 
führten Längsschnitt  verschaffen  kann.  Die  innere  Frucht- 
haut umsdiliesst  die  ellipsoidischen,  flach  zusammen-' 
ffedrückten,  die  ganze  Fruchtbreite  einnehmenden  Quer- 
ächer,  und  eine  5  mm  breite  Mesokarpsehichte  trennt 
ein  Fach  von  dem  nächstfolgenden.  Der  glatte,  roth- 
braune, schwachglänzende  Same  ist  am  Nabel  und  am 
entgegengesetzten  Ende  schwarz  angelaufen,  plattgedrückt, 
von  der  Fläche  besehen  breit-eiförmig,  8 — 10  mm  lang, 
6—8  mm  breit,  2 — 3  mm  dick;  er  ist  durch  einen  3  mm 
langen  Nabelstrang  der  Bauchnaht  der  Frucht  angeheftet. 
Die  braune,  sehr  zähe  und  feste  Oberhaut  ist  nur 
schwierig  zu  entfernen,  weil  sie  mit  dem  darunter  liegen- 
den, graugelb- glasig-durchscheinesden,  hornigen  Eiweiss 
verwachsen  ist.  Letzteres  umschliesst  den  aus  zwei 
lebhaft  gelben,  aderig  wellig  gefalteten  Keimblättern 
und  einem  dicken,  kurzen  Würzelchen  bestehenden 
Embryo. 

Da  der  anatomische  Bau  der  Siliqua  dulcis  in  den 
pharmacognostischen  Werken  (Vogl,  Flückiger,  Berg) 
sehr  ausführlich  behandelt  ist,  so  beschränken  wir  uns 
auf  eine  auszügliche  Wiedergabe  aus  den  genannten 
Arbeiten.  Unter  der  cuticularisirten,  aus  kleinen,  dick- 
wandigen, polyedrischen  Zellen  gebildeten  Epidermis 
der  Frucht  liegen  etwa  8  Reihen  radial  zusammenge- 
drückter, derb  wandiger  Parenchymzellen,  unter  diesen 
eine  Reihe  starker  Bastbündel  von  grosszelligem  Paren- 
chym  umgeben  und  weiter  nach  innen  die  Gefässbündel. 
Das  Parenchym  führt  nach  innen  zu  immer  grösser  wer- 
dende radial  gestreckte  Zellen,  bis  diese  in  eine  Schichte 
sehr  grosser,  0.3  mm  (im  Radius)  messender,  dünnwan- 
diger Schlauchzellen  übergehen;  unmittelbar  vor  der  inne- 
ren Fruchthaut,  die  die  Samenfächer  umgrenzt,  enthält 
das  Parenchym  wieder  kleinere  Zellen.  Oberhaut  und  Pa- 
renchym enthalten  Gerbstoff.  Der  Inhalt  der  Zellenschläuche 
hingegen  ist  einer  der  merkwürdigsten  von  allen,  die  bis- 
her bekannt  geworden  sind.  Nach  Vogl's  trefflicher  Be- 
schreibungi)  „stellt  derselbe,  unter  Oel  betrachtet,  eine 
blassröthliche,   homogene,   glasige,    durch   feine    Falten 


>)  Arzneikörper  eto,  p. 


—     154    — 

quergestreifte  Masse  dar,  welche  sich  aus  jeder  Zelle  in 
toto  herausheben  lässt.  Dieselbe  ist  in  kaltem  und  heissem 
Wasser,  in  Essigsäure,  verdünnter  Schwefelsäure  und  in 
Alkohol  unlöslich.  Kalilauge  färbt  sie  Anfangs  gelb,  dann 
rasch  schmutzig  grün,  blaugrün,  endlich  blaugrau;  beim 
Erwärmen  in  Kalilauge  erfolgt  Lösung  mit  prächtig  vio- 
letter Farbe;  die  Flüssigkeit  färbt  sich,  mit  Luft  in  Be- 
rührung, rothbraun.  CUorzinkjod  färbt  die  Inhaltsmasse 
gelb,  die  Zell  wände  ohne  Weiteres  schön  blau;  erstere 
zeigt  hie  und  da  deutliche  Schichking.  Cuoxam  bewirkt 
eine  olivengrüne,  Eisensalzlösung  eine  tiefindigoblaue, 
Mi  Hon s  Beagens  eine  saftgrüne  bis  tief  blaugrüne, 
Cochenille  eine  violette  Färbung.  Nach  Anwendung  der 
Trommer'schen  Probe  erscheinen  die  Zellen  mit  prächtig 
violetter  Lösung  gefüllt.  Wahrscheinlich  stellt  dieser  so 
auffallend  gegen  Reagentien  sich  verhaltende  Zellinhalt 
ein  Gemenge  einer  Stickstoff  haltenden  Verbindung  mit 
einem  Glykoside  und  wahrscheinlich  auch  mit  Zucker 
dar".  —  Von  dem  viele  interessante  Details  bietenden 
Bau  der  Samengewebe  soll  hier  nur  auf  den  des  Endo- 
sperms  hingewiesen  werden.  Die  Zellconturen  des  Endo- 
sperms  sind  ganz  verwischt,  denn  die  Zellwände  ver- 
schmelzen durch  chemische  Metamorphose  in  eine  homo- 
gene, scheinbar  zwischen  den  Zellen  gelegene  Masse,  die 
sog.  Intercellularsubstanz.  Die  Innenhaut  bleibt  erhalten 
und  umschliesst  den  körnigen  Zellinhalt  i). 

Die  trockene  Frucht  enthält  (nach  Berthelot)  reich- 
lich Rohrzucker  (60.32  %)  und  nur  wenig  Fruchtzucker 
(7.36  ^i'o).     Die  chemische  Analyse  fand  folgende  Mengen: 

„,_  StieksUlf-  -,,.  Stickstofffreie  n«F,f.«».  i..k.. 

^*"*'-  SobstaDi:  ^'^'  Eitraetstoffe:  ^'^'^'^'  ^'^'• 

19.77    3.81  (4.06)    0,39  68.73  5.29     2.0  (3.20) 

Der  Wassergehalt  wird  auch  mit  7.30%  angegeben. 
Durch  Destillation  mit  verdünnter  Schwefelsäure  erhält 
man  Buttersäure  (0.06  %),  die  als  die  Ursache  des  nicht 
angenehmen  Geruches  der  Caroben  angesehen  werden  muss. 

Die  Alten  nannten  die  B^rucht  Keration  (xipag,  das 
Hörn)  und  die  durchschnittlich  0.18  g  wiegenden  Samen 


^)  Wiesner,  Elemente  d.  Anatomie  u.  Physiologie  p.29o.  31. 


—     155     — 

Samen  wurden  als  Gewicht  fnr  Edelmetalle  unter  dem 
Namen  Karat  (von  Eeration)  gebraucht 

4.   Die  Gocosnuss. 

Für  den  europäischen  Markt  haben  die  Cocosnüsse 
einstweilen  nur  wegen  des  Faserstoffes  des  Mesokarps 
und  des  Samenfettes  Bedeutung  erlangt  In  den  Heimatn- 
ländem  aber  nehmen  sie  als  Nahrungsmittel  eine  hervor- 
n^ende  Stelle  ein. 

Die  Steinfrucht  der  Gooospalme  ^)  (Cooos  nuäfera  L^ 
Farn.  Palmen),  ist  20— 30  cm  lang,  II — 25  cm  breit  und 
dick  (Mittelzahlen  sind:  25  cm  Länge,  16  cm  Dicke)  und 
wiegt  0.5 — 1.5  kg.  Sie  ist  stumpf-dreikantig,  eiförmig, 
nach  dem  Scheitel  sich  verjüngend,  am  Stielende  einge- 
drückt. Die  Oberhaut  ist  dünn,  papierartig,  braun,  trocken, 
fraugelb,  matt,  mit  zahlreichen  sehr  kleinen,  schwarzen 
unkten  versehen.  Die  Mittelfruchtschichte  enthält  in 
einem  rothbraunen  Grundgewebe  straffe  starke  Fasern 
(Coir),  deren  Verarbeitung  zu  Matten  gegenwärtig  all- 
gemein geworden  ist  Die  ellipsoidische,  eiförmige  bis 
kugelrunde  Kernschale  (Endokarp)  misst  11  cm  und  dar- 
über in  der  Länge,  8 — 9  cm  in  der  Breite  (Dicke  der 
Wand  4—9  mm),  ist  steinhart,  aussen  schwarzbraun  ge- 
narbt und  mit  3  erhabenen  Leisten  besetzt;  sie  enthält 
einen  eiförmigen,  kahlen,  in  der  Jugend  mit  einer  säuer- 
lich-süssen  Flüssigkeit  erfüllten  Kern,  der  an  der  Ober- 
fläche röthlichbraun,  innen  weissgelb,  fleischig-ölig  ist 
und  haselnussartigen  Geschmack  besitzt 

Wir  ziehen  nur  die  anatomischen  Verhältnisse  der 
Steinschale  und  des  Samens  in  Betrachtung.  Das  harte 
Gewebe  der  Steinschale  ^)  besteht  aus  höchst  verschie- 
den gestalteten,  kugeligen,  polyedrischen,  selbst  spindel- 
förmigen, 0.018—0.045  mm  breiten,  sehr  stark  verdickten 
und  von  ifdnen,  theilweise  verästelten  Porencanälen  durch- 
zogenen Steinzellen.  Die  Gefässbündel  bestehen  aus 
schmalen  Porenleitzellen  und  zarten,  engen  Spiralgefässen; 


*)  Jeder  Baum  liefert  gegen  80—100  Nüsse  (8—10  Quart  Gel). 
*)  Wiesner,  Rohstoffe,  p.  790. 


—     156     — 

ausserdem  finden  sich  grössere,  insel förmige,  lichtbräiin- 
liche  Gewebepartien  aus  kleinen  dünnwandigen  Zellen  vor. 
Die  Asche  sämmtlicher  Gewebe  der  Cocosnussschale  ist 
formlos.  Das  Endosperm  des  Cocossamens  erscheint 
schon  makroskopisch  faserig  und  besteht  aus  6 — 8seitigen, 
auffallend  grossen  Zellenprismen  von  0.18 — 0.240  mm 
Länge  und  0.060  mm  Breite,  deren  Längsaxen  radial 
angeordnet  sind  und  deren  Basisfiächen  parallel  mit  den 
zum  Samenumfange  gezogenen  Tangentenebenen  laufen» 
Die  Zell  wände  sind  farblos,  massig  verdickt  und  rauh, 
an  den  Ecken  in  Wasser  schwach  koUenchymatisch  auf- 
quellend. Die  Zelllumina  sind  gänzlich  mit  einer  gelb- 
lichgrauen Masse  erfüllt,  deren  einzelne  Bestand theile 
durch  Zusatz  von  Jod  deutlich  werden;  man  erkennt 
ausser  unregelmässig  geballten  gelbgefärbten  Eiweißs- 
massen noch  einzelne  Krystalloide  und  Fetttropfen.  Nach 
Einwirkung  von  Kali  treten  die  Fetttropfen  aus  den 
mächtig  aufgequollenen  Zellen  hervor.  Chlorzinkjod  färbt 
die  Zellwände  violett,  den  Inhalt  dunkelbraun,  Jod  und 
Schwefelsäure  erstere  sofort  schön  blau. 

Die  chemische  Analyse  weist  folgende  procentische 
Zusammensetzung  auf: 


Vuier: 

OUCIkBlUU- 

Sobstani : 

fett: 

Extractivstoffe : 

Bilifaser: 

isehei 

frisch 

46.64 

5.49 

35.93 

8.06 

2.91 

0.97 

trocken 

5.33 

— 

66.16 

— 

— 

— 

Milch 

91.50 

0.46 

0.07 

6.78 

— 

1.19 

Zwei  Nüsse  geben  835.8  g  Ä.lbumen  und  303.9  g 
Milch. 

Die  Gocospalme  ist  über  alle  Küstenländer  der  Tropen- 
welt verbreitet  und  gedeiht  am  besten  zwischen  dem 
15.®  n.  B.  und  12.®  s.  Br.  Hervorragende  Vegetationsge- 
biete derselben  sind  Ceylon,  die  Sundainseln,  Andamanen, 
Nikobaren,  Malediven  und  Lakediven,  Cochinchina,  Zan- 
zibar,  Martinique,  franz.  Guyana,  Brasilien,  Reunion,  franz. 
Indien,  Tahiti,  Neucaledonien  und  die  Viti-Inseln.  Die 
Cocosnusskerne  kommen  unter  dem  Namen  Kopra, 
Copperale  nach  Marseille.  Von  Papeete,  dem  Haupt- 
ort von  Tahiti,  wurden  im  Jahre  1879  für  280,189  Mark 
Kopra  exportirt,  von  den  Vitiinseln  (1878)  für  2,443,880 


—     157    — 

Mark;  Ceylon,  das  40  Millionen  Cocospalmen  besitzt^), 
schickt  gegen  4  Millionen,  die  Nikobaren  2.5  Millionen, 
die  brasil.  Provinz  Bahia  2  Millionen  Stück  (Ihering  1881) 
Gocosnüsse  auf  den^  europäischen  Markt. 


Anhang.  Die  Frucht  der  Oelpalme^)  —  Elaeis 
gutneensis  L.  (Jacqtu)  —  ist  gegenwärtig  als  wichtiger  Roh- 
stoflF  für  die  Gewinnung  des  Palmfettes,  das  auch  als 
Speiseöl  Verwendung  findet,  zu  bezeichnen.  Die  Oelpalme 
wird  in  Guinea,  Reunion,  in  Brasilien  und  im  Norden 
von   Südamerika  cultivirt. 

"Hip     Frnplif     /'Fiir      ^fi^     isf       Figur  66.    Frucht  der  Oelpalm  e, 
l^ie     rrUCni     ^J?lg.     ob;     ISl         EUeis  guineeneis.    Natttrl.  Orösee. 

pflaumenfbrmig,  2.5  cm 
lang,  orange-  bis  zinnober- 
roth  gefärbt,  trocken  braun- 
oder  graugelb ;  die  Früchte 
stehen  so  dicht  an  den 
Fruchtständen  neben  ein- 
ander, dass  sie  sich  durch 
gegenseitigen  Druck  poly- 
edrisch    abgrenzen.      Die 

Oberfläche  ist  längsstreifig  und  an  der  basalen  Hälfte 
reichlich  mit  Wärzchen  überdeckt.  Der  apicale  Theil  ist 
von  den  Wärzchen  frei  und  weich.  Das  Fruchtfleisch, 
3 — 4  mm  stark,  bedeckt  einen  breit-eiförmigen,  schwarz- 
braunen, gelbweiss  gestreiften  Steinkern,  der  am  Scheitel 
drei  durch  ein  chokoladenbraunes  Gewebe  ausgefüllte 
Löcher  besitzt.  Die  Steinschale  ist  5— 8  mm  mächtig, 
im  Bruch  scharfkantig,  und  wird  von  dem  Samen  voll- 
ständig ausgefüllt.  Die  Samen  sind  länglich  oder  breit 
eiförmig  abgerundet,  dreieckig,  schwarz-  bis  graubraun, 
mit  vertieften  Netzadern  überzogen.  Der  Nabel  erscheint 
als  ein  lichtgrauer,  rauher  Fleck.  Länge  des  Samens 
1—1.5  cm.  Breite  und  Dicke  1  cm.    Das  gelblich-  oder 


*)  Haekel,  Indische  Reisebriefe.  Deutsche  Rundschau  1882, 
H.  9,  p.  348. 

»)  Zeitschr.  d.  allg.  öst.  Apothekervereins  1882,  No.  24.  —  Da- 
selbst die  Literatur-Nachweise  und  ausführliche  Beschreibung  des 
mikroskopischen  Baues. 


—     158    — 


Fi«.  57.    P*riie  «ut  dem  Epi-  nnd 
Mesokftrp  der  Oelpalmenfmcht. 


^•-jfe 


«tj>e0» 


P 


e    Epidermis,    •  Bubepidermales  Gewebe 

mit  flk  Sklerenchymselle,    p  Parenchym, 

r    Baphiden  (Querschnitt). 


Fig.  68.    Partie  ans  dem  Mesokarp. 

Gefftssbüudel  der    Oelpalmenfirucht, 

Lftugsansicht.     Bastfasern  und 

Krys  tallkammerfaserzellen. 


k  Krystalldrusen. 


Fig.  59.'  Querschnitt  durch  den  Samen 
der  Oelpalme  (Palmkern). 


d  Deckschichte,  p  Parenchymschichte 
(in  Kali  rothbraun),  i  oitronengelbe 
Schichte  (innere  Samenhaut),  e  En- 
dosperm.  eine  Zelle  mit  den  Inhalte- 
körpern. 


bläulichweisse    Endosperm 
ist  fest,  wie  das  der  Cocos- 
nuss,  u.  glänzt  in  Folge  des 
grossen  Fettgehaltes.  —  Die 
Oberhaut  der  Fruchthülle 
besteht  aus  cuticularisirten, 
langrechteckigen,  im  Quer- 
schnitt kurz   rechteckigen 
Tafelzellen ;  darunter  liegen 
zwei  Reihen   ähnlich   aus- 
gebildeter, etwas  grössere 
Subepidermalzellen,  die  mit 
einzelnen    Steinzellen    ab- 
wechseln (Fig.  57  e,   8  sk). 
Das  eigentliche  Mesokarp 
setzt  sich  aus  polyedrischen, 
starkwandigen ,      0.06      bis 
0.08  mm  messenden  Paren- 
chymzellen  zusammen  (Fig. 
57  p),    zwischen  denen  sich 
in      grösseren      Schläuchen 
Raphidenbündel      befinden. 
Die   Zellen    sind    mit    Fett 
und  Aleuron  angefüllt.     Die 
Gefässbündel  enthalten  zahl- 
reiche Spiroiden  und  Trep- 
pengefässe ,      ausgezeichnet 
verdickte     und     zahlreiche 
Porencanäle  führende  Bast- 
fasern,   an    die   sich  schön 
entwickelte  Krystallkammer- 
fasern  anschliessen  (Fig.  58). 
Die    ausserordentlich   harte 
Steinschale  setzt  sich  nur 
aus    Sklerenchymzellen    zu- 
sammen.   An    der   0.14  bis 
0.22  mm  mächtigen  Samen- 
haut kÖDnen  drei  Schichten 
unterschieden  werden   (Fig. 
59).    Die  äusserste,  2— S 
Zellreihen     starke     enthält 


—    159    — 

kurzfaserige,  ziemlich  stark  verdickte  und  poröse  Elemente, 
welche,  von  der  Fläche  gesehen,  langgestreckt  polygonal 
erscheinen,  0.080 — 0.120  mm  lang  sind,  im  Querschnitt 
einem  an  beiden  Enden  spitzen  StäJ>chen  gleichen.  Sie 
decken  ein  Parenchym  rundlicher,  wenig  verdickter,  in 
Kali  sich  bräunender  Zellen.  Die  dritte  Schichte  be- 
steht aus  1—2  Reihen  zusammengedrückter,  dünnwan- 
diger, in  Kali  dtronengelber  Zellen.  Das  Gewebe  des 
Endosperms  (Fig.  59  e)  zeigt  grosse  cubische,  dick- 
wandige, poröse  Zellen  (Länge:  0.06 — 008  mm,  Breite: 
0.03—0.04  mm).  Der  Inhalt  besteht  aus  Fett  und  Ei- 
weissklumpen.  Die  Wände  der  Endospermzellen  quellen 
im  Wasser  knotig  auf  und  erinnern  an  die  Wände  der 
C!ollenchymzellen. 

Die  Samen  werden  auch  zur  Verfälschung  des 
Pfeffers  benutzt. 


b.  Saftige  Früchte. 

*   Steinfrüchte. 

5.  Die  Wallnuss. 

Die  welschen  oder  Wallntisse,  schlechtweg  Nüsse 
genannt,  sind  die  Früchte  des  durch  seine  schöne  grosse 
Krone  und  seines  vorzüglichen  Holzes  ausgezeichneten 
Wallnuss  baumes  {Juglans  regia  L,  Fam.  Juglandeen,Ordn« 
Amentaceen),  der  aus  Persien  stammen  dürfte  und  gegen- 
wärtig über  das  ganze  südliche  und  mittlere  Europa  ver- 
breitet ist. 

Die  zahlreichen  von  der  Cultur  hervorgebrachten 
Spielarten  —  man  giebt  deren  53  an  —  lassen  sich  nach 
Dochnahl  in  6  Gruppen  scheiden:  1.  Eigentliche 
Wallnüsse,  mit  zweitheiliger  grubiger  Frucht  und  glatter 
Fruchthülle;  dazu  gehört  die  Riesennuss,  von  10.5  cm 
Länge  und  7.9  cm  -Breite.  2.  Pferdenüsse  mit  zwei- 
theiliger, tiefgrubiger  und  knopperiger  Frucht  und  dünner 
Fruchthülle;  häufig  doppelt  so  gross,  als  die  erste  Sorte. 
3.  Butternüsse  mit  zweitheiliger,  netzförmig  eingerissener 
Frucht  und  rauher  Fruchthülle.    4.  Pechnüsse  mit  zwei- 


—     160    — 

theiliger,  länglicher  runzlig  gefruchter,  dunkelfarbiger, 
steinharter  Frucht  und  haariger,  klebriger  Fruchthiüle. 
5.  Hikorynüsse  mit  weisser  viertheiliger  Frucht.  6. 
Olivennüsse  mit  brauner  viertheiliger  Frucht. 

Die  complete  Frucht  ist  eirund,  4 — 5.3  selten  bis  10.5 
cm  lang,  im  Breitendiameter  3  cm  haltend,  mit  einer  Längs- 
furche versehen,  die  Oberfläche  glatt,  zuert  grün,  dann 
olivenbraun  (trocken  ganz  schwarz,)  durch  blassere  Punkte 
hellgesprenkelt.  Bei  der  Reife  berstet  die  äussere  Frucht- 
schale und  entlässt  die  knochenharte  2  klappige  Stein- 
schale. Diese  ist  licht-  oder  dunkelbraun,  selbst  schwärz- 
lich, eiförmigkugelig,  am  Scheitel  kurz  gespitzt,  am  Grunde 
zugestuzt  oder  eingedrückt,  an  der  Aussenseite  grubig- 
netzig  gerunzelt,  mit  gerundeten  Erhabenheiten.  Eine 
Furche  deutet  die  Verwachsungsstelle  der  beiden  Klappen 
an,  die  mit  dem  Messer  getrennt  werden  können.  An 
der  Basis  ist  sie  4  fächerig,  dem  Scheitel  zu  unvollkommen 
2 fächerig;  in  ihr  liegt  der  bekannte  Same,  ein  eiweiss- 
loser  Embryo,  an  dem  scheidewandartigen  2flügligen  Samen- 
träger angewachsen;  er  '  ist  viellappig,  unregelmässig, 
buchtig  runzlig  mit  einer  gelbbraunen,  aderigen,  bitter 
schmeckenden  Samenhaut  bedeckt,  innen  gelblich  weiss, 
brüchig,  fettig,  2 — 2V2  cm  lang,  2 — 2.3  cm  breit,  süssölig 
angenehm  schmeckend.  Die  Samenhautpartien,  die  das 
Verbindungsstück  der  4  Samenflügeilappen  überziehen, 
sind  dunkler  gefärbt  und  stärker  entwickelt.  Schneidet 
man  dasVerbindungstück  der  Länge  nach  durch,  so  werden 
an  der  nach  oben  gekehrten  lanzettlich  zugespitzten  Ge- 
webspartie  das  Würzelchen  und  die  inneren  Begrenzungs- 
linien der  beiden  Kotyledonen  wahrgenommen,  zwischen 
welchen  ein  feines,  farbloses,  silberglänzendes,  structur- 
loses  Häutchen  liegt.  An  der  Frucht  unterscheidet  man 
demnach  folgende  Theile: 

a.  die  Aussenfruchtschichte  (Exokarp),  diel  j.     ^.. 
Oberhautpartien,  Ifel^fZ 

b.  die  Mittelfruchtschichte  (Mesokarp),  dasf  ^»^^^J^ss- 
saftige  Parenchym,  .  J     ^^^^^^5 

c.  die  Innenfruchtschichte  (Endokarp),   die  knöcherne 
Steinschale; 

d.  die    Samenhaut,    das    braune    bitter    schmeckende 
Häutchen; 

e.  Samenkern  (Embryo). 


—     161     — 

Die  grüne  Fruchtschale*)  besitzt  einen  angeneh- 
men balsamischen  Geruch  und  einen  herben,  säuerlichen, 
nachträglich  etwas  beissenden  Geschmack  und  färbt  die 
Haut  schwarzbraun.  Unter  der  kleinzelligen  Oberhaut 
(mit  langen  Drüsenhaaren)  liegen  2 — 3  Reihen  tangential 
gestreckter  Zellen,  an  die  sich  eine  Schichte  grösserer 
Steinzellen  anlehnt;  femer  findet  sich  ein  Parenchym  von 
dünnwandigen,  polyedrischen,  radial  gestreckten  Zellen, 
mit  vereinzelten  Steinzellen  vor,  das  zuletzt  in  tangential 
gestreckte  Zellen  übergeht.  Der  Inhalt  der  Zellen  be- 
steht aus  Chlorophyll,  Kalkoxalatdrusen,  Stärkemehl,  Gerb- 
stoff und  farblosem  Zellsaft;  dieser  wird  durch  Eisen- 
salzlösungen tiefblau,  durch  Alkalien  pfirsichblüthen-  bis 
ziegelroth,  durch  Millons  Reagens  rothbraun  und  durch 
Aetzammoniakdämpfe  blassrosenroth  gefärbt.  Der  Zell- 
saft enthält  nämlich  einen  krystallisirbaren Körper,  Nucin, 
der  zum  Theil  wenigstens  Ursache  der  angeführten  Re- 
actionen  ist.  Nach  Husemann  ist  auch  Nucitannin 
enthalten.  —  Die  Steinschale  setzt  sich  in  der  nach 
aussen  zugewendeten  Hälfte  aus  Steinzellen  zusammen, 
die  im  Querschnitt  quadratisch  oder  rechteckig,  im 
Tangentialschnitt  rundlichpolygonal  erscheinen,  bis  auf 
ein  linienartiges  Lumen  verdickt  sind  und  verzweigte 
Porencanäle  erkennen  lassen.  Die  Steinzellen  der  äusseren 
Hälfte  verändern  sich  im  Wasser  nicht.  Nach  innen  zu 
gehen  die  Steinzellen  allmählich  in  weichere,  leicht  schneid- 
bare, in  Wasser  etwas  aufquellende,  grössere  Zellen  über, 
deren  Lumina  einen  weit  grösseren  Durchmesser  besitzen, 
als  die  Wanddicke  beträgt.  Besonders  charakteristisch 
aber  sind  grössere,  unregelmässig  eingebuchtete,  d.  h.  mit 
einspringenden  Wandtheilen  versehene  poröse  Steinzellen, 
die  diesem  Theile  des  Steinzellengewebes  das  Ansehen 
eines  rundmaschigen  Netzes  geben.  Behandelt  man  einen 
Querschnittmit  Jod  und  Schwefelsäure,  so  werden  die  Wände 
der  eben  beschriebenen  Zellen  tiefblau  (bis  auf  die  gelb- 
bleibende Mittellamelle),  während  die  Steinzellen  der 
äusseren  Schalenhälfte  gelbgrün  bleiben  und  nur  die 
innem  Verdickungsschichten  sich  durch  Blaufärbung  als 
aus  Cellulose  bestehend  erweisen.  —  Den  Abschluss  bildet 


^)  Vgl.  Arzneikörper  p.  191. 
Hftnftusek,  Nahrangs-  n.  Oennssmittel  ••  d.  Pflanzenreich.    1 1 


—     162    — 

eine  dunkelbraune,  mehrschichtige,  weiche  Innen  haut, 
deren  Zellen  tangential  plattgedrückt,  langgestreckt,  wie 
Eorkzellen  tiefbraun  gefärbt  und  mit  eisengrünendem 
Gerbstoff  erfüllt  sind.  Letzterer  ist  auch  in  dem  Gewebe 
des  Samenträgers  enthalten.  Das  Samenträ^ergewebe 
constituirt  sich  aus,  der  Fläche  nach  zusammengequetsch- 
ten, faltigwandigen,  langgestreckten  Parenchymzellen  und 
mächtig  entwickelten  Spiral-  und  Treppengefassen;  zwischen 
den  Gefässbündeln  liegen  luftführende,  wahrscheinlich 
durch  das  Austrocknen  und  Zerreissen  des  Parenchyms 
entstandene,  unregelmässige,  ziemlich  grosse  Lücken.  — 
Die  lichtg©ll3e,  braunadrige  Samenhaut  enthält  cuticu- 
larisirte  sechsseitige  Tafelzellen,  tangential  gestreckte 
Parenchymzellen  und  Spiroiden;  im  Parenchym  liegen 
blassgelbe  in  Wasser  sich  nicht  verändernde  Massen,  die 
durch  Zusatz  von  Kalilauge  anfänglich  mit  gelber  Farbe 
sich  lösen;  die  Lösung  wird  dann  rosenroth,  rothbraun 
und  schliesslich  tief  lederbraun;  Eisensalze  färben  indigo- 
blau. Diese  Massen  sind  daher  wohl  nur  Gerbstoffe.  — 
Das  feine  farblose  innere  Samenhäutchen  zwischen  den 
Cotyledonen  zeigt  im  Mikroskope  ausser  einzelnen  Strichel- 
chen und  körnigen  Streifen  keine  Zellconturen.  —  Der 
anatomische  Bau  des  Embryo  ist  sehreinfach.  In  fettem 
Gel  betrachtet  erscheinen  die  Zellenconturen  sehr  undeut- 
lich, das  ganze  Gewebe  ist  mit  Aleuronkörnern,  Krystal- 
loiden  und  Fett  angefüllt.  Im  Wasser  zerfliessen  die- 
selben, die  Zellconturen  werden  sichtbar  und  erscheinen 
im  Querschnitte  als  gequetschte  Sechsecke  oder  breite 
Ellipsen ;  Jod  weist  Eiweissstoffe  und  kugelige  Stärke- 
körnchen in  geringer  Anzahl  nach. 

Die  Wallnüsse  haben  folgende  Zusammensetzung: 

„  Süekstoff-  B .,         .   Stickstofffreie        „  i  f.«..  i  .v 

^'^'''  Substanz:  ^'^''  EitracUteffe:        ^'^'^'^''  .   ^''^''' 

4.68  16.37         62,86         7.89  6.17  2.03 

Die  Wallnüsse  bieten  ein  beliebtes,  wohlschmeckendes 
Obst,  das  ziemlich  haltbar  ist.  Werden  die  Nüsse  in 
feuchtem  Zustande  auf  einen  Haufen  geschüttet,  so  werden 
die  Samenhaut  und  die  Samenträger  zum  Herde  von 
Schimmelpilzen.  —  Im  unreifen  Zustande,  so  lange  man 
sie  noch  mit  einer  Nadel  durchstechen  kann,  werden  sie 


—     163    — 

in  Zucker  eingemacht  und  dienen  zur  Darstellung  des 
Nussbranntweins.  Deutsche  Sitte  schmückt  den  Weih- 
nachtsbaum mit  d^n  mit  Blattgold  überzogenen  Nüssen, 
In  Deutsland  produciren  die  bairische  Pfalz,  die  Bergstrasse, 
Thüringen,  die  Länder  am  Maine,  in  Oesterreich  Mähren, 
Niederösterreich  und  Ungarn  bedeutende  Mengen.  Hervor- 
ragende Nussländer  sind  Italien  und  Spanien,  vor  Allen 
das  nach  England  exportirende  Frankreich.  (Die  De- 
partements Aisne  [im  Innern],  Sarthe  [im  Westen,  La 
Fleche,  la  Mans],  Corr^ze,  [im  Innern,  Limoges],  Dröme 
[Dauphine  im  Süden,  Montelimart],  Chatellerault.)  Eine 
prachtvolle,  durch  Grösse  besonders  ausgezeichnete  Sorte 
heisst  „Gre nobler  Nüsse".  Grossen Nusshandel treiben 
auch  Kleinasien  und  Griechenland,  wo  der  Nussbaum  als 
ndqva  oder  TuxQdid  nach  Heldreich  seit  der  ältesten 
historischen  Zeit  völlig  naturalisirt  ist. 

Wallnüsse  kennt  man  schon  im  Alterthume;  in  der 
Bibel,  in  den  Schriften  der  römischen  Kaiserzeit  ist  der- 
selben Erwähnung  gethan.  Der  Nussbaum  war  dem  Zeus 
heilig  (Jovisglans ,  Juglans).  In  Norfolk  in  England  steht 
ein  Wallnussbaüm  von  10  m  Umfang  und  28  m  Höhe  mit 
einem  Fruchtertrag  von  54  000  Nüssen.  A.  v.  Grimm  be- 
richtet von  einem  Nussbaum  auf  der  Krimhalbinsel,  der 
jährlich  70  000 — 80  000  Nüsse  trägt. 

Die  in  Nordamerika  einheimischen  Verwandten  des 
Wallnussbaumes,  die  Hickorybäume  (z.  B.  Carga  olwaefor- 
mü  JVutt.^  der  olivenfrüchtige  Hickory,  C.  alba  Mtchx.,  und 
C.  sulcata  Ntttt.)  liefern  ebenfalls  vorzüglich  schmeckende 
Früchte.  — 

6.  Die  Olive. 

Die  Früchte  des  zu  den  Oleaceen  gehörigen  Oel- 
baumes,  Oka  europcm,  i.,  der  in  der  Systematik  als 
wilder  Oelbaum,  Oka  europcea  var.  oreaster  De,  seu 
sävestris  L,  und  als  cultivirter  Oelbaum.  0.  e.  var.  sa- 
twa  DC.  seu  cuUa  L.  angeführt  wird,  werden  in  nicht  voll- 
ständig gereiftem  Zustande  theils  als  Tafelobst,  theils  in 
Salz,  Essig  und  mit  Gewürzen  eingemacht  genossen.  Der 
eigentliche  Consument  ist  wohl  nur  der  Südeuropäer.  Die 
weitaus  bedeutendere  Anwendung  finden  aber  die  Früchte 

11* 


—     164     — 

(und  auch  die  Samen  i)  zur  Darstellung  des  edelsten  eu- 
ropäischen Oeles  (Olivenöl,  Baumöl,  Olivenkemöl)  und 
diese  Verwendung  hat  den  Oelbaum  zu  einem  der  vor- 
nehmsten Glieder  des  Pflanzenreiches  erhoben,  der  in  ur- 
alten Sagen,  in  den  ältesten  schriftlichen  üeberlieferungen 
der  vor-  und  nachchristlichen  Zeit  höchgefeiert  wurde  und 
nach  dessen  Vorkommen  man  den  Reichthum  eines  Landes 
beurtheilt  hat. 

Der  cultivirte  Oelbaum  erscheint  in  zahlreichen 
Spielarten,  von  denen  wir  nur  die  Form  0.  e,  pignoloj  um 
Genua,  und  in  der  Provence  verbreitet,  und  0.  e.  hispanka, 
die  spanische  Varietät  mit  grossen  unangenehm  riechen- 
den Früchten,  ausgezeichnet  durch  den  grössten  Oelgehalt, 
hervorheben. 

Die  Steinfrucht*)  des  cultivirten  Baumes  ist  kugel- 
rund, länglicheiförmig  zugespitzt  oder  stumpf  2.5  —3.5  cm 
lang,  1.5 — 2  cm  breit,  einer  grossen  länglichen  Kirsche 
vergleichbar;  die  Oberfläche  ist  glatt,  grün,  weisslich,  röth- 
lieh,  blau  bis  schwarz,  das  ölige  Fleisch  grünlichweiss ; 
die  keulenförmige  schiefe,  zusammengedrückte,  mit  einer 
Längsnaht  versehene  beinharte,  braune  und  heller  geäderte 
14  mm  lange  Steinschale  enthält  einen,  selten  2  Samen. 
Die  ursprüngliche  Scheidewand  der  Steinschale  schwindet 
und  restirt  als  ein  fadenförmiger  am  Grunde  der  Stein- 
schale  entspringender  und  an  der  dickeren  Seite  der- 
selben bis  zum  Scheitel  verlaufender  Nabelstrang,  an  dem 
der  längliche,  dicknetzadrige,  eiweisshaltige  Samen  hängt. 
Dieser  besitzt  zwei  grosse  blattartige  Samenlappen. 

Unter  der  derben,mit  einem  violetten  Farbstoff  erfüllten 
Oberhaut  lagert  ein  schlaffes  Fruchtfleisch,  in  dessen 
polyedrischen,  grossen  Parenchymzellen  Zellwasser,  Fett- 
tröpfchen und  überaus  kleine,  oft  massenweise  miteinander 
verbundene  Körnchen  sich  befinden.  Mitunter  sind  auch 
einzelne  Steinzellen  eingeschaltet.  Die  Sklerenchymzellen 
der  Steinschale  sind  schwach  tangential  gestreckt, 
häufig  gabelige  Fortsätze  aussendend,  abgerundet,  voll- 
kommen  verdickt  und  mit  einfachen  Porencanälen  ver- 


^)  Die  gemahlenen  Steinkeme  dienen  g^enwärtig  in  Süd- 
frankreich zur  Verfälschung  des  Pfeffers. 

*)  Abbüdung  und  Beschreibung  in  Berg  u.  Schmidt.  Darst. 
u.  Besch.  d.  off.  Gewächse  IV.  Bd.  XXXUL  b. 


—     165    — 

sehen;  ihre  Verdickungsschichten  sind  ausgezeichnet  scharf 
wahrzunehmen.  Die  lallen  des  öligfleischigen  Endosperms 
sind  fast  kubisch  und  enthalten  Fetttropfen. 

.  Nach  den  Untersuchungen  von  Harz*)  soll  das  Oel  in 
den  Oliven  stets  von  einer  Membran  umgeben  und  ein  solches 
Oelzellchen  (Kemzelle)  in  der  eigentlichen  Mesokarp- 
parenchjmzelle  enthalten  sein;  das  in  den  jüngeren  Oel- 
zellen  gebildete  fette  Oel  besitzt  andere  Eigenschaften 
als  das  in  den  entwickelteren  gebildete,  was  sich  durch 
entsprechende  Reactionen  nachweisen  lässt.  Auch  der 
Gerbstoff  ist  in  einzelnen  Kernzellen  enthalten,  ver- 
schwindet aber  gegen  die  Reifezeit,  indem  er  in  Gallus- 
säure übergeht.  Gute  Oliven  enthalten  über  30  ®/o  fettes 
Oel.  Dasselbe  kommt  bekanntlich  in  der  vorzüglichsten 
Sorte  von  Aix  in  der  Provence,  ist  blass-  oder  grünlich- 
gelb, hat  ein  spec.  Gewicht  von  0.91  und  besteht  wesent- 
lich aus  Olein  und  Palmitin.  — 

Cultivirt  wird  der  Oelbaum  in  Spanien,  Portugal, 
Südfrankreich,  Italien,  Dalmatien,  Istrien,  Griechenland, 
Krim,  Palästina  und  in  Marokko;  auch  in  Peru  und  Mexiko 
sind  Olivenhaine  in  grösserer  Ausdehnung  anzutreffen. 
Einige  der  im  Handel  vorkommenden  Sorten  werden  in 
Folgendem  angeführt:  1)  Ämelans^  ÄmeUons,  ÄmeUeirwn  YOn  Sa- 
voyen  und  der  Languedoc;  die  Früchte  sind  eiförmig, 
plattgedrückt,  zugespitzt,  schwärzlich  gefleckt.  —  2)  Pi- 
choUnes  oder  PiccioUnis  von  St.  Chamans  und  Pezenas,  Be- 
ziers, Lucca;  Früchte  meist  länglich,  dunkelrothbraun ;  die 
von  Lucca  kommenden  OUves  de  Lucques  sind  gebogen  läng- 
lich und  gelten  als  eine  ausgezeichnete  Sorte.  3)  Verdans 
oder  Verdales  von  Montpellier,  Beziers,  Mont  Saint  Esprit, 
mit  eiförmigen,  stumpfen  olivehbraungrünen  Früchten.  — 
Sie  werden  mit  Salz  und  Gewürzen  eingemacht  und  in 
Fässchen  zu  40 — 50  kg  versendet;  eine  Specialität  sind 
die  OUven  farcies^  gefüllte  Oliven,  deren  Steinkerne  aus- 
genommen und  durch  eine  Kapper  oder  ein  Stückchen 
Anchovis  ersetzt  werden. 

Anhang.  Grösstentheils  nur  locale  Bedeutung  haben 
die  Früchte  der  zu  den  Mandelbaumartigen  (Ämygdaleen) 


*)    üeber    die    Entstehunjf    des    fetten  Oeles    in    den    Oliven. 
Sitzgsber.  d.  Akad.  d.  Wiss.    WienLXI.Bd.  I.  Abth.  p.731.  (1870.) 


—     166     — 

gehörigen  Prunusarten,  die  zumeist  im  frischen  Zustande 
genossen  werden,  aber  auch  getrocknet  oder  eingemacht 
vielfältige  Verwendung  finden.  Die  Culturbäume  sind 
folgende: 

1)  Prunus  dotnestioa  L,  der  Zwetschgenbaum  mit 
länglicher  Frucht; 

2)  Prunus  insttüia  Zr.  der  Kriechenpflaumenbaum. 
(Reineclaude,  Spilling)  mit  runden  Früchten,  bei  denen 
sich  das  Mesokarp  nicht  vom  Steinkerne  löst. 

3)  Prunus  avium  L,  die  Kirsche  in  zahlreichen  Spiel- 
arten. 

4)  Prunus  cerasus  L.  die  Weichsel  in  2  Formen  als: 
a,  austera  schwarze  Weichsel  mit  purpurrothem  Safte  und 
ß.  acida^  helle,  Glasweichsel  mit  wasserhellem  Saft. 

5)  Prunus  armentaca  L.  Aprikose,  Marille. 

6)  Prunus  Persica  L.  oder  Persioa  vulgaris  Tournefort^  der 
Pfirsichbaum.  (Von  dem  ebenfalls  hierher  gehörigen 
Mandelbaum  sind  bekanntlich  nur  die  Samen  geniessbar). 

Die  Früchte  der  Gattung  Prunus  besitzen  ein  sehr 
zartes  blaubereiftes  (Zwetschge,  Kirsche)  oder  sammet- 
artiges  (Aprikose,  Pfirsich)  verschiedenfarbiges  Epikarp, 
ein  weiches,  saftiges,  süss  und  süsssäuerlich  schmeckendes 
Mesokarp,  das  das  beinharte  Endokarp  einschliesst;  in 
diesem  liegt  der  breiteiförmige  oder  schmal  elliptische 
Same.  Durch  Aufbewahren  in  concentrirter  Zuckerlösung 
(Einmachen,  Einkochen),  oder  durch  Verdickung  des  schon 
in  den  Früchten  enthaltenen  Zuckersaftes  beim  Trocknen 
(Dörren)  wird  die  Schimmelpilzbildung  und  die  Zersetzung 
hintangehalten.  Wegen  ihres  Gehaltes  an  Apfelsäure, 
Pflanzeneiweiss  und  dem  aus  Dextrose  und  Lsevulose  zu- 
sammengesetzten Fruchtzellen  können  sie  sowohl  als 
Nahrungs-  als  auch  als  Genussmittel  angesehen  werden. 
Eine  grössere  Bedeutung  haben  die  Zwetschen  erlangt, 
die  in  grossen  Mengen  getrocknet  ein  nennenswerthes 
Object  des  Handels  abgeben.  Die  Zwetschen  sind  läng- 
lich, oval,  meist  röthlich  blau,  die  Steinschale  ist  schief 
länglich,  kurz  zugespitzt,  zusammengedrückt,  mit  hervor- 
stehenden Nähten  versehen;  der  längliche,  eiweisslose 
Same  enthält  fleischige,  planconvexe,  nach  bitteren  Man- 
deln schmeckende  Samenlappen.  Deren  anatomische 
Beschreibung  mag  zugleich  das  Paradigma  für  die  der 


—     167    — 

übrigen  Prunusfrüchte  sein.  Das  Exokarp  ^)  besteht  aus 
mehreren  über  einander  liegenden  Reihen  poljedrischer, 
dickwandiger  Zellen  mit  rother  Flüssigkeit  und  enthält 
Spaltöffnungen.  Die  Uraache  des  „Bereiftseins"  ist  ein 
Wachsüberzug  in  Form  zusammenhängender  Körnchen.  Das 
Mesokarp  hat  zu  äusserst  zusammengedrückte,  innen  ku- 
gelige Intercellularräume  einschliessende  Zellen  mit  farb- 
losem flüssigem  Inhalt.  Einige  Beihen  bestehen  aus  kleinen 
rundlichen  Zellen.  Der  Steinkem  setzt  sich  aus  drei 
Schichten  zusammen;  eine  Schichte  enthält  dickwandige, 
verzweigt  poröse,  kugelige  und  polyedrische  Zellen;  dann 
folgen  6—8  Reihen  dicker  prosenchymartiger  Elemente 
und  schliesslich  flachgedrückte,  spitz  oder  stumpf  endende 
längliche  Zellen.  Die  getrockneten  Zwetschen  haben 
folgende  Zusammensetzung: 

29,30  2.35    0.53      2.72     44.35      17.89  1.48       1.38. 

In  frischen  Pflaumen  sind  71.10—84.2  Proc.  Wasser  ent- 
halten. 

Die  Asche  enthält  (ohne  Steinkerne): 


g 

i 

1 

•3 

i 

t 

j 

's- 

1 
j 

tat 

M 

Om 

cS 

9.05 

11.47 

3.58 

2.54 

16.01 

3.23 

48.54     9.05     11.47    3.58     2.54    16.01     3.23      3.15     — . 

Die  chemische  Zusammensetzung  ist  nach  dem  Klima, 
der  Witterung  und  der  Varietät  sehr  grossen  Schwankungen 
unterworfen,  insbesondere  was  den  Zucker-,  Wasser-  und 
Säuregehalt  anbelangt.  Die  Zwetschen  enthalten  nach 
Bertram  auch  einige  Procent  Rohrzucker  (neben  Frucht- 
zucker), und  0.22  Proc.  Stärke,  lieber  den  Nährwerth 
der  Obstfrüchte  sagt  König:  (1.  c.  p.  398):  „Die  ge- 
trockneten Früchte  haben  einen  Nährwerth,  der  mehr 
oder  weniger  dem  des  Brodes  gleichkommt.    Zwar  ent- 


*)  Borbas    in   Uhlworm  bot.   Centb.  1880.     Im  Ref.  steht 
„Endokarp". 


—     168     — 

halten  sie  nicht  so  viel  Stickstoff- Substanz,  aber  desto 
mehr  leicht  verdauliche  stickstofffreie  Extractivstoffe 
(Zucker)". 


**    Beeren. 

7.  Die  Musa-Früchte. 

(Pisang,  Banane,  Faradiesfeige,  Plantainfruoht.) 

Die  Gattung  Musa^  nach  dem  Leibarzt  Musa  des 
Kaisers  Augustus  von  Linne  benannt,  (Fam.  Musaceen, 
Ordn.  Scitamineen,  Gewürzschilfe)  und  durch  ihre  Formen- 
schönheit ausgezeichnet,  wird  in  zwei  Arten  mit  vielen 
Spielarten  in  allen  Tropenländern  cultivirt.  —  Musa  pa- 
radisiaca  X.,  eigentlicher  Pisang,  ein  4 — 7  m  hohes 
krautartiges  Gewächs  mit  4  m  langen  und  45  cm  breiten, 
den  grössten  aller  bekannten  Blätter,  wird  im  tropischen 
Amerika,  im  südlichen  Asien  und  Polynesien  angebaut. 
Die  Früchte  sitzen  zu  12 — 16  um  den  Fruchtkolben  und 
150 — 180  an  einer  Traube,  sind  gegen  30  cm  lang,  messen 
5 — 8  cm  im  Durchmesser  und  wiegen  etwa  0.5  kg.  Sie 
sind  walzig,  Skantig,  einer  mächtigen  Gurke  ähnlich,  gegen 
den  Scheitel  etwas  zugespitzt,  gekrümmt,  grünlich  gelb. 
Die  Haupternte  geht  in  der  Zeit  vom  Januar  bis  zum 
Mai  vor  sich.  —  Musa  sapühtum  L.,  die  Banane,  besitzt 
den  gleichen  Verbreitungsbezirk  und  liefert  z.  B.  auf  Cey- 
lon ein  höchst  wichtiges  Nahrungsmittel.  Die  Früchte 
sind  kleiner,  dicker  schmackhafter.  Die  unreifen  Früchte 
—  Verden  —  werden  nur  gekocht  oder  geröstet  genossen; 
dasselbe  geschieht  mit  den  Früchten  im  ersten  Grade  der 
Reife  (Pin tos),  während  die  völlig  reifen  süss,  milde  und 
wohlschmeckend  sind  und  die  tägliche  Nahrung  vieler 
Millionen  Menschen  darstellen.  Auf  den  Vitiinseln  be- 
reitet man  aus  den  reifen  Früchten  mit  Kokosmilch  und 
Zuckerrohrsaft  eine  süsse  Speise  ,,Vakalolo".  Wichtig 
ist  das  aus  den  Früchten  gewonnene  Mehl.  Auch  die 
Knospen,  die  jungen  Sprösslinge,  die  Blattscheiden  bilden 
als  Palmkohl  ein  beliebtes  Gemüse.  — Die  Ernte  kann 
erst  2—3  Jahre  nach  dem  Pflanzen  vorgenommen  werden. 


—     169    — 


Fig.  60  (nach  v.  Höhnel). 


—  Von  den  zahlreichen  Sorten  gelten  die  kleinen,  sehr 
süssen,  goldgelben  Ladies-Finger  als  die  feinsten.  Die 
Wasserbananen  haben  die  Gestalt,  Grösse  und  Farbe 
einer  stattlichen  Gurke  und  einen  durststillenden  Saft, 
wogegen  die  Kartoffelbananen  wegen  ihres  Mehlreich- 
thums  geschs^tztsind;  3  —  4  Stück  stiUen  den  Hunger.  Die 
Ananasbananen  zeichnen  sich  durch  feines  Aroma  aus, 
die  Zimmtbananen  durch  würzigen  Geschmack.  (E. 
Haeckel). 

Das  Bananenmehl  (Platanomehl  in  Brasilien, 
Foo-Foo  der  Neger  Guyana's)  wird  aus  den  Früchten  ge- 
wonnen, indem  man  diese  von  den  Hüllen  befreit,  an 
einer  Seite  aufschneidet,  an 
der  Sonne  trocknet,  zu 
einem  Pulver  zusammen- 
stösst  und  siebt.  Es  ist 
schwach  röthlich,  riecht  an- 
genehm nach  Veilchen  und 
Thee ,  schmeckt  süsslich 
und  besteht  aus  Bananen- 
stärke und  zerrissenen 
Gewebeelementen.  Die 
Stärkekörner  (Fig.  60) 
sind  einfach  kugelig,  ellip- 
soidisch^  länglich-  ei-,  höh- 
nen-, oder  flaschenförmig, 
selbst  stabförmig,  besitzen  einen  deutlichen,  stark  excen- 
trischen  Kern  und  höchst  scharfe  Schichtung.  Als  Maasse 
finde  ich: 

Häufigste  Länge:  Längenmaximnm : 

0.03—0.056  0.076. 

Oft  zu  finden  sind  ferner  noch  die  Grössen:  0.036,  0.05, 
0.066,0.07  mm.  Die  Angabe  Wiesners  ^),  dass  die  Länge 
nur  bis  0,058  steigt,  trifft  bei  der  mir  vorliegenden  von 
der  Weltausstellung  in  Wien  herrührenden  Probe  nicht 
zu,    Vogl*)  giebt  ebenfalls  0.075  mm  an. 

Sage  und  Geschichte  haben  sich  vielfältig  mit  den 
Bananen  beschäftigt.     So  sollen  die  ersten  Menschen  von 


Die  Stftrkekörner  des  Bananenmehls 
(Musa  paradisiaca). 


*)  Rohstoffe,  p.  280. 

')  Nahrangs-  und  Genussmittel,  p.  116« 


—     170    — 

Bananen  sich  ernährt  haben.  Plinius  kennt  sie  als  Pala. 
Von  Indien  und  dem  Sundaarchipel  kamen  sie  nach  Afrika 
und  Spanien  nnd  durch  die  Spanier  nach  Mexiko,  Mittel- 
amerika und  Venezuela. 


Anhang:  Der  Brodfruchtbaum  Ärtocarpus  '  ineisa 
L.,  (Farn.  AiHbocarpeen,  Ordn.  ürticaceen)  auf  den  Südsee- 
inseln, Sundainseln,  St.  Maurice,  Westindien  und  in  Süd- 
amerika verbreitet,  liefert  grosse  ei-  oder  kugelförmige, 
melonenähnliche  sechseckig  gemusterte,  fleischige,  gold- 
gelbe, süsse  Früchte  von  42  cm  Länge,  24  cm  im  Durchm. 
und  1 — 2  kg  Gewicht.  Da  die  Samen  häufig  fehlschlagen, 
so  ist  die  ganze  Frucht  mit  Stärke  angefüllt.  Die  halb- 
reifen Früchte  werden  in  heisser  Asche  oder  auf  heissen 
Steinen  gebacken,  oder  in  Scheiben  geschnitten,  getrocknet 
und  als  Schiffszwieback  verwendet  („madrai,"  Brod  der 
Polynesier).  Von  den  reifen  Früchten  wird  ein  Teig  be- 
reitet und  in  Kellern  aufbewahrt  („Mähe"  genannt);  die 
daraus  gebackenen  Kuchen  sollen  vortrefflich  schmecken. 
Drei  kräftige  Bäume  genügen,  einen  Menschen  jahraus 
jahrein  zu  ernähren. 

Die  Stärke  1)  der  Brodfrucht  (Fecule  du  fruit  de 
l'arbre  ä  pain)  besteht  nur  aus  zusammengesetzten  Kör- 
nern. Jedes  zusammengesetzte  Korn  besteht  aus  6 — 8 
mitunter  auch  9—10  Theilkörnem.  Diese  sind  polyedrisch 
gestaltet,  messen  0.0025 — 0.013,  gewöhnlich  0.007  mm  und 
zeigen  keine  Structurverhältnisse.  —  Die  Stärke  dürfte 
berufen  sein,  eine  Rolle  im  Welthandel  zu  spielen. 


8.    Die  Dattel. 
(Dactyli.) 

Die  Dattelpalme  {Phoenix  dactyUftra  L^  Fam.  Palmae), 
die  Königin  der  Wüste  und  der  „Repräsentant  der  sub- 
tropischen Zone  ohne  Regenniederschlag  in  der  alten 
Welt"  (Ritter)  gedeiht  in  ganz  Nordafrika  und  in  Arabia 
felix,  am  besten  zwischen  dem  19®  und  35®  nördl.  Breite 


1)  Wiesner  1.  c.  p.  279. 


—     171     — 

und  bringt  noch  im  Süden  Spaniens  (Elche  in  Valencia 
am  39^  44'  n.  B.  mit  35  000  fruchttragenden  Bäumen), 
auf  den  Canaren  (30®  n.  B.),  um  Jericho  (32*^)  und  um 
Bagdad  (33^)  reife  Früchte.  Als  Heimath  der  Dattel- 
palme giebt  Kaempfer  Arabia  petraea  (Sinai?),  Unger 
aber  die  Westseite  des  persischen  Golfes  an.  In  Asturien, 
Dalmatien,  um  Bom>,  an  der  Riviera  von  Genua  nach 
San  Remo  und  Nizza  und  in  Kleinasien  trifft  man  sie 
häufig  als  Zierpflanze.  Den  Sahara- Oasen,  der  Nil- 
landschaft und  den  arabischen  Sandwüsten  (z.B. 
der  Oase  Dschauf)  verleiht  sie  mit  ihren  Hunderten  von 
Spielarten  ein  herrliches,  vielgerühmtes,  höchst  charak- 
teristisches Aussehen.  Die  algierischen  Palmen-Oasen i) 
(Ziban,  Wad  Suf)  und  die  auf  tunesischem  Gebiete 
liegende,  durch  die  Märchenerzähler  berühmt  gewordene 
Oase  des  Belad-el-Dscherid  (fälschlich  Bileddulgerid, 
Dattelland)  liegen  in  geringer  Meereshöhe,  etwa  60 — 150  m 
hoch;  die  Vermehrung  der  Palme  geschieht  durch  junge 
Schösslinge,  die  nach  fünf  Jahren  schon  erntefähige 
Früchte  tragen;  am  reichlichsten  nach  30  Jahren.  Auf 
einen  Hektar  Land,  der  hundert  Palmen  enthält,  rechnet 
man  5000—7000  kg  Datteln,  die  an  Ort  und  Stelle  einen 
Werth  von  1500  Francs  besitzen.  Die  Frucht  bedarf 
sieben  Monate  zu  vollständiger  Reife.  Die  im  October 
oder  November  vor  der  Reife  eingesammelten  Datteln 
werden  an  der  Sonne  oder  in  Backöfen  getrocknet,  wo- 
durch sie  den  herben  Geschmack  verlieren. 

Als  Handelssorten  sind  anzuführen:  1)  Alexandriner 
Datteln,  5 — 8  cm  lang,  länglich  cylindrisch,  braunroth, 
undurchsichtig,  hart  und  süss,  von  Ibrim  am  Nil  und 
von  Tunis.  2)  Berberische  Datteln,  4  cm  lang, 
oval  blattgedrückt,  hellgelb,  durchscheinend,  glänzend, 
trocken  mehlig,  weniger  süss,  auch  von  Ibrim  und  Tri- 
polis. 3)  Algierische  Datteln  bleiben  meist  im  Lande 
und  nur  die  des  Wad  Suf  gehen  über  Tunis  nach 
Europa  als  Königsdatteln.  Die  gesuchteste,  hellgelbe 
Sorte  heisst  „Deglet  Nur",  Lichtdattel;  die  Kameel- 
treiberdattel  „Deglet  bu  Sekhraja"  dient  als  Proviant 


*)  Globus  XXXVIII.    p.  331. 


—     172    — 

für  die  Wüstenreisen.  In  den  Ziban-Oasen  i)  (Algier) 
giebt  es  75  Sorten.  Im  Frühjahre  und  im  Herbste  rufen 
die  Datteln  einen  lebhaften  Binnenhandel  in  der  Sahara 
hervor,  indem  im  Juni,  zur  Zeit  der  Weizenemte  im 
Teil,  Carawanen  aus  den  Sahara-Oasen  Datteln  bringen 
und  gegen  das  doppelte  Quantum  Weizen  umtauschen, 
während  umgekehrt  sechs.  Monate  später  im  November 
in  den  Oasen  Datteln  den  halben  Werth  des  Weizens 
haben.  4)  Die  arabischen  Datteln  haben  hochbe- 
rühmte Sorten.  Medina  allein  baut  hundert  verschie- 
dene, darunter  die  ausgezeichnete  „El  Sch.elebi",  die  in 
Häuten  oder  Schachteln  verpackt  von  den  Pilgern  der 
Prophetenstadt  heimgebracht  werden.  Die  feinste  Medi- 
nenser  Dattel  heisst  „Ad  seh  eh- Dattel",  die  niemals  zur 
Versendung  kommt  und  deren  Genuss  vortreffliche 
hygienische  Wirkungen  erzielen  soll;  die  Kasim- Dattel, 
die  Aared -Dattel  der  Wahabiten,  die  Kha las- Dattel 
von  Hofhuf  sind  Sorten  von  Innerarabien.  DieKhalas- 
Dattel  ist  sehr  klein,  durchsichtig  und  wird  über  Okeir, 
den  Hafenort  von  Hofhuf  nach  Bombay  und  Zanzibar  in 
grossen  Massen  versendet.  5)  Von  den  mesopotami- 
schen  Sorten  ist  die  Basra -Dattel  die  wichtigste,  sie 
bildet  nach  heute  einen  wichtigen  Exportartikel  nach 
Indien.  6)  Die  persischen  Sorten  sind  ebenfalls  zahl- 
reich, die  berühmteste  ist  die  Kazerum- Dattel. 

Ein  grosser  Theil  der  geernteten  Datteln  wird  friscli 
genossen;  aus  den  getrockneten  wird  ein  Teig  bereitet 
und  der  beim  Trocknen  abfliessende  Zuckersaft  ist  als 
Dattelhonig  sehr  geschätzt.  Durch  Destillation  der 
Datteln  erhält  man  einen  theuren  Branntwein.  In  Zucker 
eingemachte  Datteln  heissen  Caryoten.  In  den  oben 
genannten  Ländern  sind  die  Datteln  frisch  (arab.  Kou- 
ferra)  und  getrocknet  (arab.  Temeur)  das  wichtigste 
Nahrungsmittel  für  den  Menschen  sowohl,  als  auch  für 
das  Kameel.  Datteln  werden  mit  Gerstenmehl  zu  einem 
Teige  („Bsica")  geknetet,  dieser  in  Körbe  gepresst  und 
in   Sand    vergraben:    Das   ist   das    „Brod   der   Wüste". 


^)  Die  Dattel  plan  tagen  von  Biskra  bedecken  einen  Flächen- 
raum  von  1300  Hektaren. 


—     173     — 

Krone  und  junge  Blätter  geben  einen  kastanienähn- 
lich schmeckenden  Palm  kohl.  Die  Samen  dienen  als 
Viehfutter,  als  OelrohstofiF  und  als  Kaffeesurrogat. 
Aus  dem  Zuckersafte  des  Baumes  wird  Palmwein  ge- 
wonnen. 

Die  Frucht  der  Dattelpalme  ist  4 — 8  cm,  gewöhn- 
lich 4—5  cm  lang,  2.5  cm  breit,  einer  Pflaume  ähnlich, 
länglich  oder  eiförmig,  rothbraun  oder  gelb,  am  Grunde 
mit  Perigonresten  versehen;  die  Oberfläche  ist  lederartig 
glänzend  und  schwach  längsrunzelig.  Die  Dicke  des 
Fleisches  beträgt  1  cm;  letzteres  ist  kernig  fest,  honig- 
süss,  etwas  weinartig,  undurchsichtig  oder  durchschei- 
nend. Der  einzige  Same  ist  länglich,  walzenförmig, 
2^3  cm  lang,  6  —  8  mm  breit,  5—6  mm  dick,  beinhart 
und  besitzt  auf  der  Bauchfläche  eine  tiefe  Rinne,  deren 
Breite  bei  der  Alexandriner  Sorte  viel  grösser  ist,  als 
bei  den  berberischen  Datteln.  Die  Oberfläche  des 
Samens  ist  rothbraun,  glänzend,  und  zeigt  unter  der 
Lupe,  insbesondere  auf  der  Rückenfläche,  Runzeln  und 
Wärzchen.  Der  Nabel  trägt  einen  lichtgelben  Funiculus 
und  von  ersterem  aus  zieht  auf  der  Rückenfläche  ein 
schmaler  Streifen  (Raphe)  bis  zu  einer  Vertiefung,  in 
weicher  die  warzenförmige  Chalaza  liegt.  Der  Same  be- 
steht grösstentheils  aus  homartigem,  bläulichweissem 
Eiweiss,  und  enthält  gegen  die  Mitte  der  Rückenfläche 
den  kleinen  Keimling. 

Den  Bau  der  Dattelfrucht  hat  Herm.  Braun ^)  aus- 
führlich beschrieben  und  derselbe  hat  auch  eine  neue 
Art  des  Vorkommens  von  Traubenzucker  in  deren  Frucht- 
fleische aufzufinden  Gelegenheit  gehabt. 

Die  Epidermis  enthält  cuticularisirte  polygonal- 
tafelartige  farblose  Zellen  (0.014"  0.021  mm  lang)  in 
einer  Zellreihe.  Darunter  liegt  ein  hypodermatisches 
Gewebe  in  3  Zellreihen,  dessen  ZeUen  0.035  mm  lang 
und  tangential  gestreckt  sind.  An  dieses  reiht  sich  ein 
geschlossener  2  Zellen  breiter  Steinzellenring  an,  dessen 
Elemente  fast  durchweg  eine  radiale  Streckung  (Breite 
0.021—0.049  mm;  radiale  Länge  0.035—0.175  mm)  zeigen, 


*)  Zeitschr.  d.  a.  österr.  Apothekerver.  1878.    p.  341. 


—     174    — 

stark  verdickte  Wände  mit  gabelig  yerzweigten  Poren- 
canälen  besitzen  und  durch  goldgelbe  Färbung  sich  deut- 
lich abheben.  Das  zuckerreiche  Fruchtfleisch  enthält  in 
den  äussersten,  der  Steinzellenschi(^te  zunächst  liegen- 
den Reihen  noch  etwas  tangential  gestreckte  Zellen; 
dann  nehmen  diese  Eugelform  an,  bis  endlich  eine  aus- 
gesprochen radiale  Streckuug  Platz  greift.  Ringgefasse 
und  einzelne  grössere,  einen  goldgelben  auf  Gerbsäure 
reagirenden  Inhalt  führende  Zellen  finden  sich  zerstreut 
im  Gewebe.  Die  kugeligen  Zellen  enthalten  körnige 
Massen  von  Traubenzucker,  die  radial  gestreckten  zeigen 
den  Zucker  indessen  in  der  Sphäroidform  oder  häu- 
figer in  Einzelkrystallen,  die  meist  in  Prismen,  seltener 
in  Täfelchen  in  buntem  Gewirre  fast  die  ganze  ZeUhöhle 
ausfüllen.  Die  Sphärokrystalle  der  Dattel  erinnern  an 
die  des  Inulins,  indem  sie  keine  scharfe  radiale  Zeichnung 
bis  zum  Centrum  des  Kornes  erkennen  lassen,  sondern 
häufig  nur  am  Rande  mehr  oder  weniger  tiefe,  radiale 
Risse  aufweisen,  während  die  innere  Masse  glasartig 
homogen  und  structurlos  erscheint.  —  Die  innere  Frucht- 
haut ist  zart,  weiss  und  durchscheinend. 

Der  Dattel same,  dessen  anatomischen  Bau  wir 
ausführlicher  besprechen,  da  er  als  Kaffeesurrogat  Be- 
deutung erlangt  hat,  ist  von  einer  gelben  bis  rothbraunen 
Samenhaut  umschlossen,  deren  Mächtigkeit  0.10  mm  be- 
trägt. Diese  zeigt  drei  wohl  unterscheidbare  Schichten. 
Die  cuticularisirte  Oberhaut  setzt  sich  aus  langgestreckten 
0.06—0.07  langen,  im  Querschnitte  schmal-rechteckigen 
oder  zugespitzten,  ziemlich  stark  porös  verdickten  Zellen 
zusammen  (Fig.  61);  an  diese  lagert  sich  eine  Schichte 
eigenthümlicher  0.16 — 0.28  mm  langer,  knorriger,  ver- 
ästelter,  mit  kurzen  oder  spitzen  Fortsätzen  versehener 
keulenförmiger  oder  cylindrischer,  durchweg  homogen 
rothbraun  gefärbter  Schlauchzellen  [Fig.  61  sei']  (an  die 
Schläuche  der  Getreidefrüchte  erinnernd),  deren  Längs- 
axe  parallel  zur  Samenoberfläche,  aber  rechtwinklig  zur 
Längsaxe  der  Oberhautzellen  gestellt  ist.  Der  Inhalt 
verändert  seine  Farbe  in  Kali,  Jod  und  Eisensalzen 
nicht.  Die  nächstkommende  Schicht  führt  mehrere 
Reihen   cubischer    oder   rundlicher  Parenchymzellen  von 


—    175    — 

rothbrauner  Farbe;  den  Abschluss  bildet  eine  Art  innere 
Samenhaut,  aus  einer  Reihe  schwach  gestreckter,  gleich- 


Fig.  61.  DatteUame. 


A    Querschnitt   durch  den  Samen,    ep  Oberhaut,    sei  Schlauchzellen,  p  u,  p' 

Parenchym schichte,    gew  Eiweissge-webe.  —   ep'  Oberhautzellen  roh  der 

Fläche  gesehen,  sei'  Schlanchzellen  (der  L&nge  nach),  gew'  Eiweiss- 

zelle,  bedeutend  vergrössert. 

förmiger  gelbgefärbter  Zellen  zusammengesetzt.  —  Das 
beinharte,  hornig  aussehende  Sameneiweiss  (gew  u. 
gew')  ist  aus  mächtig  verdickten  Parenchymzellen  zu- 
sammengesetzt, deren  Verdickungsschichten  und  Poren- 
canäle  dieselbe  Beschaffenheit  zeigen,  wie  sie  längst  an 
dem  Sameneiweiss  des  vegetabilischen  Elfenbeines  (H,y- 
thelephas  makrokarpä)  und  der  Tahitinuss^)  (Sagus  amicarum) 
beobachtet  worden  ist.  Die  unmittelbar  an  die  Samen- 
haut  sich  anlegenden  Eiweisszellen  sind  (im  Querschnitte) 
radial    gestreckt,    rechteckig,    mit   länglichem,    ovalem 


*)  Zeitschr.  d.  a.  ö.  Apothekerver.  1880.    No.  23. 


—     176    — 

Lumen  versehen,  von  dem  kurze,  an  ihren  Enden  sich 
erweiternde  Porencanäle  abziehen.  Dem  Innern  zu  ver- 
liert sich  die  radiale  Streckung  und  die  Zellen  gehen  in 
polyedrische,  mit  rundlichem  Lumen  versehene  über.  Ln 
Längsschnitte  erscheinen  alle  Zelllumina  breit  elliptisch 
und  zeigen  die  bekannten  breiten  wie  Insectenfusse  ab- 
stehenden, am  Ende  verbreiterten  Porencanäle  (Fig.  61 
gew');  mitunter  sind  auch  wie  bei  der  Steinnuss  die 
Zellconturen  undeutlich  und  der  Beobachter  gewahrt  nur 
das  Zelllumen  mit  seinen  Fortsätzen;  nach  Anwendung 
von  Kali  werden  die  Conturen  sofort  deutlich  wamehm- 
bar.  Der  kömige  Inhalt  färbt  sich  mit  Jod  anfänglich 
goldgelb,  dann  braun,  auch  zeigen  sich  grössere  Fett- 
tropfen.^)  Die  Grössenverhältnisse  der  Zellen  sind  nicht 
constant.  Ich  habe  für  die  Tahitinuss  aus  den  Grössen- 
verhältnissen  des  Lumens  ein  gutes  Unterscheidungs- 
merkmal gegenüber  der  echten  Steinnuss  constatiren 
können.  Bei  dem  Eiweiss  des  Dattelkernes  scheint  dies 
nicht  gut  möglich  zu  sein.  Die  Zelllumina  der  gestreckten 
Zellen  messen  0.024—0.030  mm;  aber  auch,  wie  die  der 
innen  gelegenen  Zellen  0.04 — 0.06  mm  der  Länge  nach, 
0.02  mm  und  darüber  der  Breite  nach.  Dieses  Schwanken 
der  Dimensionsgrössen  und  die  Aehnlichkeit  im  Baue 
lassen  eine  Unterscheidung  der  Datteleiweiss- 
zellen  von  den  Eiweissellen  der  Steinnuss  nicht 
zu;  nur  die  Samenhaut  könnte,  wenn  sie  vorhanden,  eine 
Unterscheidung  ermöglichen. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Rein  seh   enthalten 
die  Datteln: 

.       1     ^4  |l   U    ^    li    I       s| 
1      I     11  1^  I-    I    I-    J      il 

24.0    58.0    8.9     4.1     3.4    0.2     0.1     2.3     Spuren 


^)  Feinere  üntersachungen  haben  dargethan,  dass  die  Mem- 
branen des  qnellun^sfähigeren  Theiles  des  Endosperms  in  ihrer 
ganzen  Dicke  von  fernen,  zwischen  benachbarten  Zellen  eine  voU- 
ständige  Höhtengemeinschaft  herstellenden  Yerbindungsoanälen 
durchzogen  sind,  in  denen  mit  Jod  sich  gelb-  oder  braunfärbende 
Fäden  als  Ausfallungsmassen  stecken.  (Tangl  in  Pringsheim 
Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  1880.    p.  170-190.) 


—     177     — 

Der  Dattelzucker  ist  nach  Braun  hauptsächlich  Trauben- 
zucker, wie  dies  auch  die  Untersuchungen  von  Kein  seh 
und  ßonastre  dargethan  haben. 

Die  Dattelpalme^)  gehört  zu  den  am  meisten  ge- 
feierten Pflanzen  der  Erde.  Sie  war  von  Urbeginn  an  ein 
heiliger  Baum.  Babylon  ist  die  palmenreiche  Haupt- 
stadt der  semitischen  Völker.  Der  Araber  sagt:  „Der 
König  der  Oasen  taucht  seine  Füsse  in  Wasser  und  sein 
Haupt  in  das  Feuer  des  Himmels.  Ehret  die  Dattel- 
palme, denn  sie  ist  eine  Muhme  von  Vaters  Seite."  Die 
aramäischen  Bewohner  Babyloniens  veredelten  den  Baum 
und  erst  mit  dem  Eameel  kam  er  nach  Afrika.  Die 
Griechen  lernten  ihn  von  den  Phönikern  kennen  ((jpom|, 
Phcenice,  Dattelland).  Berühmt  war  die  Palme  von  Do- 
los. In  Spanien  pflanzte  im  Jahre  756  n.  Chr.  der  Ka- 
lif Abdorrahman  I.  in  einem  Garten  bei  Cordova  mit 
eigener  Hand  die  erste  Dattelpalme,  von  der  alle  übrigen 
spanischen  Palmen  abstammen.  Die  Saracenen  brachten 
sie  nach  Sicilien  und  Calabrien.  In  Italien  steht  der 
grösste  Palmenhain  bei  Bordighera  zwischen  Genua  und 
Nizza,  von  dem  die  Zweige  zur  Osterzeit  nach  Rom  ge- 
liefert werden.  Ein  ausgewachsener  Baum  trägt  150  kg 
Datteln.  Der  gbthische  Spitzbogen  ist  zwei  aufstrebenden 
und  sich  kreuzenden  Palmblättern  nachgebildet;  Palm- 
zweige sind  das  Symbol  des  Friedens,  der  Seligkeit  und 
der  ÜDsterblichkeit. 


9.  Die  Früchte  des  Weinstockes. 
(Korinthen,  Rosinen,  Zibeben,  Weinbeeren.) 

In  diesem  Absätze  beschränken  wir  uns  nur  auf  die 
Besprechung  der  im  Handel  als  Korinthen  oder  Rosinen 
erscheinenden,  durch  Trocknen  conservirten  Früchte 
einiger  besonderer  Spielarten  des  Weinstockes. 

Die  Abstammung  und  das  Vaterland  des  cultivirten 
Weinstockes,  Vttis  vtmfera  L^  (Fam.  Ampelideen)  sind  wie 


^)  Vergl.  hiezu  und  auch  in  Bezug  auf  die  Sorten  den  Aufsatz 
von  C.  von  Vincenti:  Die  Dattelpalme,  ein  Lebensbaum, 
in  den  Schriften  des  Ver.  zur  Verbreit,  naturwissenschaftl.  Kennt- 
nisse 1879,  p.  435. 

Hanaase k,  Kahrangs  -  u.  Oenussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.     1% 


—     178    — 

bei  allen  Culturpflanzen  in  ein  jemals  kaum  aufzuhellen- 
des Dunkel  gehallt.  Nach  Meyer  ist  sein  Vaterland 
im  nördlichen  Afrika  und  den  Ländern  zwischen  dem 
schwarzen  und  dem  kaspischen  Meere  zu  suchen.  — 
Ob  die  wilde  Rebe  von  der  cultivirten  und  diese  von 
einer  dritten  Art  abstammt,  oder  ob  alle  nur  Formen 
einer  Art  sind,  das  ist  bis  jetzt  noch  nicht  sichergestellt 
worden.  Doch  werden  gegenwärtig  gewöhnlich  nur  drei 
Formen  unterschieden,  die  dem  botanischen  Artbegriff 
nahe  oder  gleichkommen  mögen: 

1)  Vkis  virdfera^  die  cultivirte  Rebe  mit  ihren  Tau- 
senden von  Spielarten.  Sie  stammt  aus  dem  mittleren 
Asien  und  nördlichen  Afrika  und  hat  denselben  Ver- 
breitungsbezirk, wie  der  Mandel-  und  Pfirsichbaum.  Die 
Beeren  dieser  Art  sind  rund  oder  oval,  innen  saftig- 
fleischig, 1 — 2  fächerig  und  1 — 4  sämig;  die  Samen  sind 
bimfÖrmig,  sehr  hart  und  eiweisshaltig. 

2)  Vüis  Rumpkn^  die  malaiische  oder  hinterindische 
Rebe  wächst  wild  an  den  Ufern  der  Flüsse  auf  Java, 
Amboina  und  ist  die  Stammpflanze  der  Reben  mit  langen, 
oft  sehr  grossen  hartfleischigen,  aussen  schwarzen,  innen 
dunkelbraunen  Beeren;  die  Cultur  ihrer  Spielarten  wird 
vorzugsweise  in  Kleinasien,  Spanien  und  dem  südlichen 
Italien  betrieben,  wie  sie  denn  überhaupt  ihren  Ver- 
breitungsbezirk mit  den  Orangen  theilt. 

3)  Vüi8  silvetria^  die  wilde  oder  Waldrebe,  ein- 
heimisch an  den  Stromufem,  in  Auen  und  Wäldern,  am 
Rhein  und  an  der  Donau,  in  Elsass,  Neapel,  Sicilien, 
Spanien,  Südrussland,  besitzt  kleine  dunkelbraune  oder 
schwarze  Beeren,  wurde  durch  die  Cultur  verbessert  und 
ist  wetterhart.  — 

Im  Handel  unterscheidet  man  von  den  getrockneten 
aus  dem  südlichen  Europa  und  Kleinasien  stammenden 
Weinbeeren  folgende  Sorten: 

I.  Rosinen.  Diese  werden  von  den  Spielarten  des 
cultivirten  Weinstockes  (V.  vinifera)  gewonnen  und  erschei- 
nen in  zwei  Gruppen. 

A.  Kleine  Rosinen  oder  Korinthen  (in  Süd- 
deutschland und  Oesterreich  „Weinbeerl"),  die  Früchte 
der  kernlosen  Rebe,  Väü  vinifera  var.  apyrena  (V.  mintOa 
Risso.)   Diese  Rebe  wird  längs  des  Golfes  von  Patras  auf 


—     179     — 

der  Nordküste  von  Morea  und  der  Südküste  von  Griechisch- 
Rumelien,  bei  Missolunghi,  Vostizza,  und  auf  den  drei 
jonischen  Inseln  Theaki,  Cephalonia,  Zante  angebaut.  Von 
der  Umgebung  von  Korinth  kommen  jetzt  keine  Rosinen 
mehr  auf  den  Markt.  —  Mit  der  griechischen  Waare  wird 
auch  die  bei  weitem  schlechtere  von  Unteritalien,  Sicilien, 
Sardinien  und  den  liparischen  Inseln  in  Verkehr  gebracht. 
Die  Beere  der  kleinen,  1  — 1.7  m  hohen  Korinthen- 
rebe ist  der  Hollunder-  oder  Heidelbeere  ähnlich,  röth- 
lich  violett  oder  schwarz,  kernlos;  sie  reift  im  August 
oder  September,  wird  vom  7.  Jahre  an  gesammelt,  an  der 
Luft  getrocknet,  was  bei  schönem  Wetter  nach  8 — 10,  bei 
trübem  nach  20  Tagen  vollendet  ist.  Nach  dem  Trocknen 
werden  die  Beeren  von  den  Stielen  mit  Kämmen  abge- 
trennt, in  ausgemauerte  Gemächer  (Serails)  gefüllt  und 
eingetreten,  und  die  Gemächer  hierauf  vermauert.  Dabei 
kleben  sie  zusammen  und  müssen  mit  eisernen  Schaufeln 
zur  Verpackung  aufgefasst  werden,  —  Sie  messen  5—6  mm 
im  Durchmesser,  erscheinen  (im  Handel)  schwach-glänzend, 
faltig -gerunzelt,  braunroth  bis  schwarzbraun,  häufig  mit 
einem  Stielchen  versehen;  in  dem  dunkelrothbraunen 
Fleische  findet  man  Zuckerconcretionen.  Häufig  sind  sie 
mit  grösseren  kernführenden  Beeren  der  nächsten  Sorten- 
gruppe vermengt. 

B.  Grosse  Rosinen  (auch  wie  die  2.  Gruppe  Zi- 
beben  genannt),  rundlich  plattgedrückte,  lichtgelbe  oder 
braune  Früchte.  Als  hierher  gehörige  Handelssorten  gelten: 
a.  Smyrna-,  Sultania-Rosinen,  Sultaniden  oder 
Sultaninen    (von  der  Form  F.  corintkiaca  Ris8o)\  die 
kleinsten  Früchte  der  Gruppe  B.   lichtgelb,   1  cm 
lang,  feinrunzlig,  rundlich,  kernlos,  sehr  süss;  die 
auserlesene  Sorte  heisst  Eleme  mit  stiellosen  Beeren, 
die  in  Schachteln  zu  10 — 15  kg  Gewickt  verpackt  sind. 
Von  dieser  Hauptsorte  werden  nach  den  Productions- 
gebieten  noch  foTgende  üntersorten  unterschieden  i): 
1)  Tschesme  (der  Insel  Chios  gegenüber),  nebst 
Alazata,  Reisdere  und  Catapanaja;   die  jähr- 
liche Production  beträgt: 


*)  St ö ekel,  der  Rosioenhandel  Smymas.  Oester.  Monatsschr. 
d.  Orient  1883  Nr.  1  p.  17. 

12* 


—     180    — 

80—90  000  Ctr.  rothe  Rosinen  mit  Stielen 
50—60000    „    schwarze   „ 
18—20  000    „    Sultaninen. 

2)  Vurla  (Klazomenae)  im  Golfe  von  Smyrna; 
diese  Sorte  ist  baltbarer,  als- vorige  und  ihr  An- 
bau giebt  sehr  lohnende  Erträge;  die  jährliche 
Production  beträgt: 

100—120  000  Ctr.  rothe  Rosinen 
40—  45  000    „     Sultaninen. 

3)  Karaburun  (auf  einem  Vorgebirge  im  Golfe 
von  Smyrna);  der  jährliche  Ertrag  dieser  aus- 
gezeichneten Sorte  beläuft  sich  auf  30— 35  000 
Ctr.  rothe  Rosinen  und  nahezu  die  gleiche 
Menge  Sultaninen. 

4)  Gebiet  von  Smyrna  (St  George,  Nymphy, 
Turbali,  Siwrihissar,  Kizyldagh,  Sevdikiö  und 
Boudja),  im  Handel  als  Yerli  bekannt;  die 
jährlich  gewonnenen  Quantitäten  sind: 

60—  65  000  Ctr.  rothe  Rosinen 
100—120  000    „     Sultaninen 
20—  22  000    „    rothe,  grossbeerige  Ro- 
sinen, sog.  Erikara. 

5)  Phocchia  (das  alte  Phoecäa);  das  Ernte- 
ergebniss  ist: 

40—50  000  Ctr.  schwarze  Rosinen 
7—  8  000    „    rothe  „ 

4 —  6  000     ,,    Sultaninen  und 

(5—  6  000    „    Corinthen). 

6)  S  am  OS,  Muskatellertrauben.  Das  jährliche  Er- 
gebniss beläuft  sich  auf: 

45—60  000  Ctr.  rothe  Rosinen 
25—35  000    „     schwarze    „ 

7)  Cos  oder  Stanchio;  jährlich  werden  ge- 
wonnen : 

20—25  000  Ctr.  t-othe  Rosinen. 
Die  im  Innern  der  Provinz  gelegenen  Gebiete  von 
Thyra,  Baindür,  Aidin  und  Melassa  (im  Süden  von  Smyrna) 
produciren  schwarze,  ziemlich  kleine  Rosinen  in  einer 
Menge  von  300  000  Centner.  Die  im  August  geemteten 
Trauben  werden  in  Wasser  eingelegt,  welches  zuvor  mit 
einer  bestimmten  Menge  Holzasche  und  etwa  Vioo  Theil 


—     181     — 

Oel  gekocht  worden  war,  nach  einiger  Zeit  heraus- 
genommen und  durch  8 — 10  Tage  gewöhnlich  mit  Hilfe 
der  Sonnenwärme  getrocknet. 

b.  Spanische  Rosinen  in  zahlreichen  Formen  (von 
F.  aptana  Muskatellertraube  mit  weisslich  bereiften 
punktirten  Beeren,  von  F.  uberrma  mit  grossen  gold- 

'  gelben  oder  braunen  Beeren,  von  F.  penäUs  u.  s.  w.) 
Die  berühmten  Malagatrauben  erscheinen  im 
Handel  als  Muskat-,  Blumen-  oder  Sonnen- 
und  Lexias-  oder  Loxiasrosinen.  Die  beiden 
ersteren  werden  an  der  Sonne  getrocknet,  die 
Blumenrosinen  gewöhnlich  am  Stocke.  Behufs  Be- 
reitung der  Lexiasrosinen  taucht  man  die  Trauben 
bündelweise  in  eine  siedend  heisse  Lauge,  die  aus 
Weinbeerenasche  besteht  und  mit  Kochsalz  und 
Baumöl  vermischt  wird.  Nachdem  alle  Beeren  hin- 
reichend benetzt  sind,  breitet  man  die  Trauben 
reihenweise  auf  Strohmatten  aus  und  lässt  sie  unter 
häufigem  Umwenden  an  der  Sonne  austrocknen. 
(Berg.)  Dadurch  werden  die  Beeren  nicht  nur  gut 
trocken,  sondern  bleiben  auch  fleischig.  Sie  werden 
in  Tonnen  oder  Töpfen  versendet. 

c.  Italienische  Rosinen  kommen  von  Calabrien,  Si- 
cilien  und  den  liparischen  Inseln.  Man  legt  sie  mit 
Netzen  in  siedende  Aschenlauge,  die  denReif  der  Beere 
(Pflanzenwachs)  auflöst,  das  Austrocknen  begünstigt, 
aber  die  Beeren  hart  macht.  Die  Versendung  ge- 
schieht in  Körben  (Korbrosinen)  oder  man  zieht  sie 
auf  Fäden.  In  dieser  Form  scheinen  sie  nicht  nach 
Deutschland  zu  kommen. 

d.  Französische  Rosinen  (Kistenrosinen).  Eine 
gelbbeerige  sehr  süsse  Sorte  von  der  Languedoc 
und  Provence.  Versendungsort  ist  Marseille.  Zur 
Gonservirung  ^rden  sie  mitunter  in  kochendes 
Wasser  getaucht,    (z.  B.  in  Frontignan). 

n.  Zi beben,  von  den  Spielarten  der  Vüü  Rumphiu 
Diese  Beeren  unterscheiden  sich  von  den  grossen  Rosinen 
durch  ihre  längliche  an  eine  kleine  Pflaume  erinnernde 
Form.  Die  Sorten  führen  wir  nach  Berg  (Pharmac. 
Warenkde.  p.  405)  an: 

a.  Sicilianische   Zibeben,    von   F.  R.  asperma,  mit 


—     182     — 

langen,  spitzen,  gelben,  hartfleischigen  Beeren,  die 
einen  schwachen  Muskatgeschmack  haben. 

b.  Liparische  Zibeben,  von  V.  R.  Liparica^  mit  2  cm 
langen,  gelben,  hartfleischigen,  dickschaligen  und  mit 
1 — 3  Samen  versehenen  Beeren,  ebenfalls  mit  Mus- 
katgeschmack. 

c.  Spanische  Zibeben,  Pickzibeben  von  V,  B.  longa, 
mit  20  mm  langen,  nach  oben  verschmälerten,  gelb- 
lichen oder  goldfarbenen,  sehr  durchsichtigen,  früh- 
reifen Beeren. 

d.  Damascener  Zibeben,  von  V,  B.  Damascena,  mit 
3  cm  langen,  blauen,  heller  bereiften  dickschaligen 
Beeren.  Sie  sind  getrocknet  bräunlich  und  werden 
in  Schachteln  versendet,  während  die  sogenannten 
Smyrnaer,  von  bläulicher  Farbe,  in  Fässer  ver- 
packt, in  den  Handel  kommen. 

c.  Alexandriner    Zibeben,    von    V,  B.  Alßxandnna, 
mit  grünlich-gelben,  weiss  bereiften,  dickschaligen 
Beeren  von  Muskatellergeschmack, 
f.  Marrokkanische  Zibeben,  von    F.  B.  Maroccana, 
mit  grossen,  herzförmigen,  roth-violetten  Beeren. 

Der  anatomische  Bau  der  Beeren  ist  bei  beiden 
Gruppen  derselbe.  Das  Exokarp  ist  eine  mit  einer  wachs- 
bereiften Cuticula  überzogene  Epidermis,  deren  Zellen 
im  Querschnitt  regelmässig  scharf  rechteckig,  von  der 
Fläche  gesehen  polygonal  und  mit  feinen  Strichelchen 
netzadrig  (Cuticula)  überdeckt  erscheinen.  Die  sich  un- 
mittelbar daran  reihenden  Zellen  sind  unregelmässig  ge- 
staltet, aber  stark  tangential  gestreckt;  die  nächsten 
Reihen  enthalten  weit  grössere,  rundlich-eckige  Zellen, 
mit  in  Kali  aufquellenden  farblosen  Wänden.  Darauf 
folgt  wieder  eine  Reihe  tangential  gestreckter  Zellen  und 
schliesslich  die  Hauptmasse  des  Sarkokarps  mit  sehr 
grossen,  dünnwandigen,  Zellsaft,  Fftrbstoflf  (Chlorophyll?) 
und  Zucker  führenden  rundlichen  Zellen,  welche  die  nach 
aussen  liegenden  um  das  Mehrfache  ihrer  Grösse  über- 
ragen. Dazwischen  sind  zarte  Spiroiden  eingestreut.  In 
den  dünnwandigen,  polyedrischen,  abgeplatteten  Zellen  des 
Endokarps  finden  sich  nach  Borbäs  Kry stalle. 

In  den  langbeerigen  Traubensorten  verkümmern  die 
Samen   eines  Faches  häufig;  in  kernhaltigen  entwickeln 


—     183     — 

sich  vier  Samen.  Die  Samen  sind  ei-,  birnformig,  zuge- 
spitzt, an  der  Spitze  breitgedrückt  oder  eingeschnitten, 
mit  einer  oder  zwei  Kinnen  versehen,  rothbraun  und  sehr 
hart.  Von  dem  Nabelfleck  auf  der  Bauchseite  sieht  die 
Baphe  über  den  Rücken  zu  der  breiten,  deutlich  wahr- 
nehmbaren, oft  strahlig-streifigen  Chalaza.  In  den  Aleuron- 
kömern  sind  Kalkoxalatkrystalle  eingeschlossen. 

Die  Inhaltsstoffe  der  Weinbeeren  sind  nebst  einem 
riechenden  Körper  (Aether),  Eiweiss,  Gummi,  Fruchtzucker, 
Weinstein,  weinsaure  und  apfelsaure  Kalkerde,  Weinstein- 
säure, Apfelsäure  und  Wasser,  Für  Rosinen  giebt  König 
folgende  procentische  Zusammensetzung: 

„  Siieiuteff-         ...        ,   ,         SoDsUffe  Stickstoff-    Holxfaser  ood      ,   , 

^'^''-         S.b.U«:         ^'^^'-       ^''^'''-         fr^eSUffe:  lerne:  ^''^''^ 

32.02       2.42       0.59    54.56         7.48  1.72        1.21. 

Durch  den  Verlust  des  Wassers  beim  Eintrocknen  con- 
centrirt  sich  der  Zuckergenalt  und  es  wandelt  sich  der 
Fruchtzucker  in  Stärkezucker  um,  der  sich  in  gelblich 
weissen  Krystalldrusen  ausscheidet;  auch  der  Weinstein 
krystallisirt.  —  Aus  welchen  Theilen  der  Zucker  in  den 
Beeren  entsteht,  ist  noch  nicht  vollkommen  klar  geworden. 
Die  Ansicht  C.  Neubauer's^),  der  Zucker  entstehe  direct 
durch  physiologische  Arbeit  der  Fruchtfleischzellen  aus 
dem  Protoplasma,  scheint  viel  Wahrscheinlichkeit  zu  haben, 
da  den  Beeren  Stärke  fehlt,  welche  mit  der  Cellulose  ein 
Bildungsmaterial  für  Zucker  abgiebt  und  weil  ferner 
auch  an  der  Cellulose  keine  Verminderung  der  Quantität 
wahrgenommen  werden  kann.  —  Zahlreiches  Vorkommen 
von  Zuckerdrusen  in  den  Rosinen  dient  als  Nachweis  für 
ihr  Alter  und  vermindert  die  Güte  der  Waare. 

Griechenland  producirte  i.  J.  1878  99  Millionen  kg 
Korinthen,  wovon  nach  England  allein  60.8  Millionen  kg 
gingen.  An  diesem  Exporte  betheiligte  sich  Patras  mit 
einem  Werthe  von  10.4  Mill.  Mark,  Der  Werth  des  Ge- 
sammtexportes beziffert  sich  für  1875  auf  21.8  Mill.  Mark, 
Von  Malaga  (Spanien^  gingen  i.  J.  1879  23  328  000  kg 
Rosinen  nach  Russland,  England,  Frankreich  und  Deutsch- 
land (2  587  000  kg).  Werth  der  Gesammtausfuhr  aus 
Spanien  31.2  Mill.  Mark, 

1)  Landw.  Yersuohsstat.  Bd.  11  p.  416. 


—     184    — 

a.  Die  Productionsgebiete  von  Smyrna  liefern  durch- 
schnittlich jährlich: 

350  000  Ctr.  rothe 

100  000      „      schwarze 

500  000      „      schwarze  kleinbeerige  Rosinen 

und  200  000      „      Sultaninen 

zusammen    1  150  000  Ctr. 

im  Werthe  von  25  Mill.  Franken.  —  Cypern  producirt 

jährlich  150  000  Okka  Trauben. 

Die  Anwendung  der  Weinbeeren  als  Obst  zur  Pud- 
dingbereitung und  zu  Backwerk  ist  bekannt;  auch  guter 
Wein  kann  aus  ihnen  dargestellt  werden. 

Die  Getreidepflanzen,  der  Oelbaum  und  der  Weinstock 
sind  die  ältesten  Culturgewächse  und  unzweifelhaft  ge- 
bührt der  semitischen  Race  die  Ehre,  den  gegohrenen 
Traubensaft  entdeckt  zu  haben.  Noahs  Rebenbau  und 
die  bekannte  biblische  Traube  bezeichnen  hinlänglich  das 
Alter  der  Kenntniss  von  den  werthvoUen  Eigenschaften 
der  Rebe. 

10.   Die  Citrus-Früchte. 

(Azurnen,  GitroneD,  Limonen,  Orangen  oder  Pomeranzen, 
Pompelmusen.) 

Die  Familie  der  Orangengewächse,  Aurantiaceen, 
gegenwärtig  vorzugsweise  dem  Mittelmeergebiet  angehörig, 
ist  sowohl  durch  die  Schönheit  ihrer  Arten,  als  ganz  be- 
besonders  durch  den  grossen  Gehalt  von  Pflanzensäuren 
und  ätherischem  Oele  ausgezeichnet,  welche  Stoife  in 
den  durch  Grösse  und  Farbe  auffallenden  Früchten  ent- 
halten sind.  Insbesondere  ist  es  die  Gattung  Citrus^ 
deren  Angehörige  mit  fast  allen  ihren  Theilen  uns 
dienstbar  geworden  sind  und  die  zu  den  beliebtesten  Ge- 
wächsen des  Mittelmeergebietes  gerechnet  werden  müssen. 
—  Obwohl  auch  jetzt  noch,  nach  umfassenden  Studien 
und  Arbeiten,  eine  scharf  abgrenzende  Unterscheidung 
und  namentlich  eine  Feststellung  der  Werthigkeit  der 
einzelnen  Arten  nicht  befriedigend  durchgeführt  werden 
konnte,  so  lassen  sich  doch  nach  den  trefflichen  Unter- 
suchungen   Risso's,    der   die   beiden   alten  Linne'schen 


—     185    — 

Species  Citrus  medka  (Gitrone)  und  Citma  Aurantmm  (Orange) 
mit  Recht  in  mehrere  Arten  zerfällte,  dieselben  so  ziem- 
lich übersehen.  Um  die  Uebersicht  über  diese  grosse 
Gruppe  zu  fördern,  ist  es  angezeigt,  eine  Zusammen- 
stellung der  Arten  und  wichtigsten  Varietäten  der  speciellen 
Bearbeitung  der  Handelsfrüchte  vorauszuschicken. 

üetersicht  der  Arten  und  Varietäten. 

1)  Citrus  medica  Risso  (C,  medica  L.  a  cedra),  Agrume, 
echte  Citrone  ital.  Cedro,  cedraio,  cederno,  cedrangolo. 
Die  Blätter  sind  ungeflügelt,  die  Früchte  hellgelb  (citro- 
nengelb),  höckerig  warzig,  sehr  dickschalig,  an  bei- 
den Enden  mit  'einer  hervorstehenden  Warze  gebuckelt. 
Saft  säuerlich. 

a.  Citrus  medica  makrokarpa  Risso,  gross  früchtige  Ci- 
trone, Cedrate,  it.  cedro  a  grosso  frutto,  cedrato 
di  Genova,  cedrato  mostruoso,  durch  sehr  grosse 
dickschalige  Früchte  ausgezeichnet. 

b.  Citsus  medica  spinosissima  Mey.,  Limoeiro  de  mato, 
Waldcitrone  aus  Brasilien. 

(Anwendung:  die  Früchte  zur  Darstellung  des 
Citronenöles,  Citronat,  Succade,  Limonade,  Citronen- 
säure.) 

2)  Citrus  Limonium  Risso  (Citrus  medica  L.  ß.  Limonum) 
Limone,  saure  Citrone;  die  Früchte  sind  die  in 
unserem  Handel  fälschlich  Citronen  genannten  Limonen. 
Blattstiel  schwach  geflügelt.  Früchte  oval,  glatt,  ge- 
buckelt, dünnschalig,  sehr  sauer. 

a.  Citrus  Limonium  Bigneüa  Risso,  Bignetten ^).  Früchte 
mehr  kugelrund,  unter  dem  stumpfen  Nabel  ein- 
gedrückt, dünnwandig,  hellgelb. 

b.  Citrus  Limonium  RosoUnum  Risso,  Rosoline,  Wachs- 
limone.  Früchte  wachsgelb,  bis  1kg  schwer,  ge- 
niessbar. 

c.  Citrus  Limonium  Lumia  Risso,  süsse  Limone,  Lumie, 
Frucht  hellgelb,  länglich,  häufig  mit  gekrümmter 
Warze,  Fruchtscbale  ziemlich  dick,  Fleisch  süss,  ge- 
niessbar. 


^)  Dazu  vielleicht  auch  die  kleinen,   grünen   und   sehr  saft- 
reichen Limonceli  di  Napoli. 


—     186     — 

d.  Cäru8  Lmonxum  Fonzmum  Büso^   Syrische  Limone, 
Früchte  sehr  gross. 
3)  Citrus  Lmetta  Bmo^  (C  mecUca  L.  y,  Limetta)^  ost- 
indische  Limette.     Früchte   eiförmig   oder  rundlich, 
blassgelb,   kurz    und   stumpf    gebuckelt,   dickschalig, 
säuerlich  süss  oder  süsslich  fade. 

a.  Citrus  LimeUa  Peretta  Risso^  Perettenbaum.  Früchte 
birnförmig,  ziemlich  sauer.    Schale  zu  Gitronat. 

b.  Citrus  Lmetta  aurata  Risso,  Chrysomelie  oder  Gold- 
hesperide.  Früchte  gross,  rundlich,  bimformig, 
goldgelb. 

C.  Citrus  Ltmetta   Pomum  Ädami  Risso  (Citrus  medica  cedra^ 
C  medica   conifera),   Paradies-,  Adams-  oder   Juden- 
apfelbaum, auf  Corfu  und  in  Oberitalien  (Genua) 
cultivirt.  Früchte  länglich,  gelb  oder  grün,  schwach, 
am    oberen  Ende  mit   einem  oder   mehreren  Ein- 
drücken versehen,  die  so  aussehen,  als  ob  Jemand 
hineingebissen  hätte.     Daher  auch  der  Baum  der 
Erkenntniss  der  Bibel.   Von  den  Juden  beim  Laub- 
hüttenfest als  Esrog  (Esrig)  in  Gebrauche.     Die 
fingerdicke  Schale  zu  Confituren. 
4)  Citrus  Bergama  Risso  {Citrus  Äurantium  L.  Bergamia^  wird 
auch  zu  Citrus  Limetta  als  Varietät  gezogen),  Bergamotten- 
baum  ist  wahrscheinlich  ein  Bastard  von  Citrus  medica  Risso 
und  Citrus  Äurantium  Risso,  in  Südamerika,  Westindien  und 
Oberitalien  cultivirt    Die  Früchte,  Bergamotten,  sind 
citronenartig,  birnförmig,   dünnschalig,  goldgelb,  bitter- 
lich-sauer.    Das   ätherische   Oel  der  Fruchtschale,    von 
vorzüglichem  Wohlgeruch    (Bergamottenöl),   ist   ein   Be- 
standtheil   des  Kölner  Wassers. 

a.  Citrus  Bergamia  Melarosa  i2.,  Rosenapfelcitrone,  it.  Lima 
melarosa,  Limone  de  Paradiso,  Poncino  di  Sanremo, 
höchst  wohlriechend.    Auf  Malta,  Sicilien,  Sanremo. 
5)  Citrus  vulgaris  Risso  (Citrus  Bigaradia  Duhamel^   Citrus 
Äurantium    L.    a.  amara)^   bitterer,    gemeiner   Pome- 
ranzenbaum, Bigarade  (^^Aov  to  i^a^a^r^toi^).  Im  süd- 
lichen Asien  einheimisch,  in  den  Mittelmeerländem  ge- 
pflanzt.  Blattstiele  breit  geflügelt.  —  Früchte  kugelrund, 
ohne  Zitzen  Warzen,  orangegelb,  8  fächerig,  mit  bitterem, 
ungeniessbarem   Fleische.  —   Die  unreifen,   fast   kugel- 
runden Früchte  von  4 — 8  mm  im  Durchmesser,  sind  aussen 


—     187     — 

graubraun  oder  grünlich  schwarz,  vertieftwarzig,  innen 
hellbraun,  hart  und  werden  getrocknet  als  fructus  Au- 
rantii  i mm aturi  (Orange ttes),  wie  die  Schalen  der  rei- 
fen Bigaraden  medicinisch  und  in  grossen  Mengen  zur 
Liqueurfabrikation  verwendet. 

a.  Gürm  w,lffaris  spatafora^  Fruchtschale  ausserordent- 
lich entwickelt,  als  eingemachte  Pomeranzenschale 
bekannt. 

b.  Citrus  vulgaris  Curassaviensis  ^  Cura<jao-Pomeranzen  von 
Westindien.  Von  dieser  Form  kommen  die  aussen 
dunkelschmutziggrünen ,  1 — 2  mm  dicken,  elliptisch 
geschnittenen  Fruchtschalen  (Curagaoschalen)  zu 
uns,  werden  aber  durch  die  Schalen  grüner,  un- 
reifer Orangen  aus  Südfrankreich  ersetzt. 

6)  Citrus  Aurantium  Risso  {Citrus  Aurantium  L,  ß.  dulds^ 
Citrus  nobiUs  Lour.)  Süsser  Pomeranzen-,  Orangen-, 
Apfelsinenbaum;  Frucht  kugelig  bis  ellipsoidisch, 
Schale  glatt,  Saft  süss  oder  säuerlich  süss. 

a.  Citrus  Aurantium  smense^  Apfelsine,  Sinaapfel  (aus 
China?)  ital.  PortogaJli,  Orange.  Frucht  kugelig. 
Schale  glatt,  Fleisch  säuerlich  süss. 

b.  Citrus  Aurantium  Hierochuntica  Bisso,  Orange  von 
Jericho  mit  blutrothem  Fleische. 

c.  Cärus  Arantium  deUciosa  Risso ^  Mandarinen  orange 
von  Malta  und  Sicilien ;  Früchte  nussgross,  vielleicht 
eine  Form  von  C.  A,  sinense, 

d.  Citrus  Aurantium  balearicum  Risso,  Major kaorange :  Frucht 
mittelgross,  glänzend. 

7)  Citrus  decumana  i.,  Melonen-,  Kürbis-,  Pompel- 
muss-  (-möess)  Riesenorangenbaum,  Früchte  kopfgross, 
5— 6  kg  schwer,  wird  in  Kleinasien  und  Ostindien  culti- 
virt.  Nach  den  gewöhnlichen  Angaben  ist  die  Pulpa 
ungeniessbar,  die  sehr  dicke  Schale  aber  zu  Citronat 
sehr  geschätzt.  Nach  andern  Angaben  ist  das  Fleisch 
der  C.  decumana  L.  geniessbar,  während  der  auf  Creta  und 
Griechenland  vorkommenden  C,  decumana  Steher  ein  un- 
geniessbares  Fleisch  und  eine  verwerthbare  dicke  Frucht- 
schale zugeschrieben  wird. 


Die  Limonen  oder  Citronen  des  Handels,  von 
Cih'us  Limonium  Risso  stammend,  botan.  Beerenfrüchte,  sind 


—     188     — 

oval  oder  ovallänglich,  walzig,  gewöhnlich  an  beiden  En- 
den zizenförmig  gebuckelt;  an  der  Ansatzstelle  des  Frucht- 
knotens ist  der  vertrocknete,  blassgelbe  Kelch  sichtbar; 
sie  sind  7 — 5  cm  lang,  haben  4.5 — 6  cm  im  Querdurch- 
messer. Die  Fruchtschale  ist  aussen*  gelb,  glänzend  und 
von  den  eingesenkten,  glasig  durchscheinenden  Oelbehältem 
getüpfelt  und  mit  einzelnen,  auf  der  Oberfläche  zerstreuten, 
weisslichen,  korkartigen  Flecken  versehen ;  der  Geruch  der 
Fruchtschale  ist  äussert  angenehm  aromatisch,  erfrischend 
und  ziemlich  lange  anhaftend.  Von  der  Fruchtschale  um- 
hüllt liegen  10— 12  radial  um  ein  weisses,  markiges  Mittel- 
säulchen  gestellte,  kugelzweieckförmige  Fächer,  deren 
radiäre  Zwischenwände  dünnhäutig  sind.  In  den  Fächern 
liegen  in  einem  saftstrotzenden  zelligen,  sehr  sauren 
Fruchtfleisch  (Sarkokarp,  Pulpa)  ein  oder  mehrere  Sa- 
men. Die  Samen  sind  umgekehrt  eiförmig  oder  zusammen- 
gedrückt eilänglich,  die  Samenschale  ist  blassgelb,  von 
lichten  Gefässbündeln  gestreift.  Die  Länge  des  Samens 
beträgt  8 — 11  mm,  der  kreisförmige  oder  schwach  drei- 
kantige Querschnitt  misst  5 — 6  mm  im  Diameter.  Der 
Nabel  ist  wenig  deutlich,  an  frischen  Samen  gelblich 
grün  und  liegt  am  spitzen  Ende;  von  ihm  zieht  ein  durch 
Farbe  nicht  sich  unterscheidender  Nabelstreifen  zur  Cha- 
laza  (innerem  Nabel),  der  durch  ein  hervorragendes 
Spitzchen  seitlich  am  stumpfen  Ende  gut  gekennzeichnet 
ist  und  im  Innern  an  der  hellbraunen  Samenhaut  durch 
kirschrothe  Färbung  auflfallt.  Der  Kern  enthält  nur  den 
eiweisslosen  Embryo,  der  aus  zwei  planconvexen,  fleischigen, 
weissgelben  Samenlappen  und  einem  sehr  kurzen  Würzel- 
chen gebildet  ist.  Häufig  finden  sich  noch  1  —  3  kleine, 
mit  blattartigen  Samenlappen  versehene  Keimlinge. 

Die  3— 4mm  dicke  Fruchthaut  der  Limone  zeigt  sich 
dem  unbewaffneten  Auge  im  Querschnitt  schon  deutlich  aus 
drei  Schichten  zusammengesetzt :  aus  einer  äussern  gelben 
Schicht,  der  Epidermis  und  der  darunter  liegenden  Oel- 
behälterschicht,  aus  einer  weissen,  weichen,  schwammigen, 
trockenen  Markschicht  und  aus  einem  die  Fächer  aus- 
kleidenden und  in  die  radiär  verlaufenden  Querwände 
sich  fortsetzenden  Häutchen.  —  Die  äusserste  gelbe 
Schicht  ist  circa  1  mm  mächtig  und  besteht  zu  äusserst 
aus  cuticularisirten,  von  der  Fläche  gesehen  polygonalen 


—     189     — 

(meist  6 eckigen)  Epidermiszellen ,  die  im  Querschnitte 
rechteckig  erscheinen  und  an  den  gegenseitigen  Berührungs- 
stellen (nach  aussen)  durch  zwickelförmiges  Eindringen 
der  Cuticula  abgestumpft  sind.  Sie  enthalten  ein  gelbes 
körniges  Pigment.  Nun  folgt  ein  Parenchym  rundlicher, 
mitunter  etwas  tangential  gestreckter,  aber  auch  radial 
entwickelter  dickwandiger  Zellen,  die  gelbes  Pigment, 
Oeltröpfchen,  Körnchen  und  verschieden  gestaltete  Feld- 
spat- oder  rhomboederartige  Kalkoxalatkrystalle  von 
0.02—0,028  mm  Länge  enthalten.  Stellenweise  sind  die 
Zellen  weit  kleiner  und  gehen  schliesslich  in  sehr  schmale, 
dünnwandige,  körniges  Plasma  führende  Epithelzellen 
(in  mehreren  Reihen)  über,  welche  die  kugelförmigen 
oder  ellipsoidischen,  auffallend  grossen  (Durchmesser 
0.5 — 0.8 — 1  mm)  Oelbehälter  umschliessen.  In  den  Be- 
hältern befindet  sich  das  ätherische  Citronenöl  (Oleum  Citri 
seu  Ol.  de  Cedro,  aus  echten  Citronen  und  aus  denLimonen), 
von  dem  man  etwa  aus  einem  Pfunde  frischer  Schalen 
6.3  g  erhält.  Zahlreiche  zarte  Spiroiden  durchkreuzen 
diese  und  die  folgenden  Schichten.  Ausser  den  genannten 
Inhaltskörpern  ist  noch  Hesperidin  vorhanden.  —  Der 
schwammige,  weisse  Theil  führt  sternförmige,  mit  den 
schmalen  Strahlenenden  zusammenhängende,  sehr  dünn- 
wandige Zellen,  die  zwischen  sich  runde,  viereckige  oder 
oval-längliche  Intercellularräume  (Durchmesser  0.09—0.1 
mm)  umschliessen;  dem  Unerfahrenen  können  dieseZwischen- 
zellräume  als  Zelllumina  imponiren  ^).  Interessant  (und  in 
der  Literatur  nicht  angegeben)  ist  die  Art  des  Zusammen- 
hanges der  einzelnen  Zellenstrahlen.  In  der  Mitte  der  Be- 
rührungsstelle tritt  die  Wand  jeder  der  beiden  zusammen- 
stossenden  Zellen  nach  einwärts  zurück,  wodurch  ein 
kleiner,  kreisrunder  Zwischenzellraum  gleich  einem  grossen 
Tüpfel  entsteht.  Mitunter  scheint  sogar  eine  dünne  Mem- 
bran quer  hindurch  gespannt  zu  sein.  Die  Breite  der 
Zellenäste  an  den  Berührungsstellen  beträgt  0.014  mm. 
Nach  Einwirkung  von  Kalilauge  quellen  die  Wände  wellen- 
förmig  auf,  wodurch  die  grossen  Intercellularräume  ein 


*)  In  der  Arbeit  von  Borbas  (nach  ühlworm  bot.  Cent.  V. 
170)  sind  diese  Sternzellen  nicht  erwähnt.  Was  dort  von  Bast- 
fasern gesagt  ist,  stimmt  mit  meinen  Befunden  nicht  überein. 


—     190    — 

sternförmiges  Aussehen  bekommen.  Als  Inhalt  lässt  sich 
nur  körniges  Plasma  nachweisen;  Krystalle  (nach  B  er  g)hab6 
ich  in  dieser  Abtheilung  nicht  auffinden  können.  —  „Das 
in  den  Fruchtfächern  enthaltene  Fleisch  erscheint 
dem  unbewaffneten  Auge  auf  der  Schnittfläche  als  ein  Ge- 
webe nicht  zahlreicher,  ziemlich  grosser^  gegen  den  Mittel- 
punkt verlaufender,  etwas  radial  gestreckter,  polyedrischer 
und  saftstrotzender  Zellen.  Bei  stärkerer  Vergrösserung 
einer  dünnen  Längs-  und  Querscheibe  überzeugt  man  sich 
leicht,  dass  die  scheinbaren  Zellenwände  aus  einem  straffen, 
radial  gestreckten,  mauerformigen  Parenchym  bestehen 
und  dass  die  scheinbaren  Zellenhöhlen  .  .  .  von  einem 
schlaffen,  aus  polyedrischen,  saftstrotzenden  Zellen  ge- 
bildeten Parenchym  ausgefüllt  sind".  (Berg,  Darstellg.  u. 
Besch.  IV.  XXXI.  F.)  — 

Die  Limonen  enthalten  l.OG  %  Invertzucker,  0.41  % 
Rohi'zucker,  (insgesammt  1,47)  und  4.706  ^/o  Asche,  Die 
Zusammensetzung  des  Citronensaftes  nach  Hassal  ist 
folgende: 

i        I  i 

.1  I  s  3 


von  Cit.  Limonum  1.0348  7.201  9.222  0.419  0.002 
von  Cit.  Limetta         1.0321    6.822     8.697     0.259      0.002 

In  den  Limonen  sind  7.5 — 8  >  Citronensäure,  1  7a 
Apfelsäure,  in  den  Früchten  von  Citrus  medka  Risso  nur 
1.77  %  (?)  Citronensäure  enthalten.  Der  Rest  (zwischen 
Citronensäure  und  Trockensubstanz,  1.775  %  u.  2.021  ^o) 
besteht  vorwiegend  aus  Zucker.  — 

Nachdem  die  Früchte  vor  der  völligen  Reife  abge- 
nommen worden,  werden  sie  mit  Werg,  Löschpapier*)  um- 
wickelt oder  mit  Sägespänen  umhüllt  in  Eisten  zu  500  bis 
700  Stück  verpackt.  Man  gewinnt  sie  in  drei  Ernten: 
Die  erste  findet  von  Ende  Juli  bis  Mitte  September,  die 
zweite   im  November,  die  dritte  im  Januar  statt*).     Die 


')  Für  Gitronen  dient  ein  in  Genna  aus  alten  Schiffstanresten 
gefertigtes  nacb  Theer  riechendes  Papier,  Nammis  croisette. 

*)  An  der  Riviera  (Genna,  Bordighero  etc.)  fallen  die  beiden 
ersten   Ernten  in  den  Winter  nnd  Frühling  („Ernte  der  ersten 


—     191     — 

erste  Ernte  liefert  die  besten  und  saftigsten  Limonen. 
Die  Cultur  des  Limonenbaumes  wird  in  ganz  Südeuropa 
betrieben.  Die  Provence,  ganz  Italien,  insbesondere 
die  Limonengärten  am  Gardasee  (Tremosine,  Toscolano) 
und  bei  Genua,  Spanien,  Portugal  und  Westindien 
liefern  Limonen  für  den  Export.  Exportstädte  sind  Nizza, 
Mentone,  Genua,  Triest,  Malaga;  für  Limonensehalen 
Genua,  Lissabon  und  Porto.  Spanien  führte  1878  4.3 
Mill.  kg  aus;  von  Malaga  allein  kommen  99  500  Eisten 
Orangen  und  Citronen  in  den  Handel,  wovon  nach  Deutsch- 
land 24  700  halbe  Kisten  gehen.  Die  jährliche  Ernte  in 
Portugal  wird  auf  33  Mill.  Stück  bewerthet.  Der  Export 
von  Frankreich  beträgt  durchschnittlich  8.25  Mill.  kg. 
Auf  den  caribischen  Inseln,  insbesondere  auf  Dominica  ^) 
stehen  die  wunderbarsten  Citronenplantagen,  die  ein  jähr- 
liches Einkommen  von  2000  Pfd.  Sterling  liefern.  Die 
Früchte  werden  von  Kindern  gesammelt,  zwischen  zwei 
aufrechten  Walzen  ausgepresst,  der  Saft  in  grosse  Pfan- 
nen geleitet,  bis  Syrupdicke  eingekocht  und  in  grossen 
Fässern  zu  50  Gallonen  (Preis  20—30  Pfd.  Sterl.)  nach 
England  gebracht.  —  Messina  führt  viel  aus.  — 

Citronat  oder  Cedrat  wird  von  den  Früchten  von 
öärua  mecUca  mahrokarpa  Biaso  bereitet,  indem  man  dieselben 
in  vier  Stücke  zerschneidet,  einige  Zeit  in  Salzwasser  ein- 
legt, hierauf  abbrüht  und  mit  Zuckersaft  einkocht.  Wird 
dieses  Zuckermuss  ohne  weitere  Behandlung  in  Fässer 
gefüllt  und  verbraucht,  so  heisst  es  Succade;  werden 
aber  die  Stücke  nach  dem  Herausnehmen  getrocknet  und 
einzeln  verpackt,  so  bilden  sie  das  eigentliche  Citronat. 
—  Der  Gitronensaft  ist  ebenfalls  Gegenstand  des 
Handels;  von  der  Insel  Skio,  von  Sicilien  und  wie  oben 
erwähnt,  von  den  caribischen  Inseln  (Dominica,  Jamaica) 
wird  Gitronensaft  in  grossen  Mengen  auf  den  Markt  ge- 
bracht; (von  Skio  gegen  500  Oka  nach  der  Türkei  und 
den  untern  Donauländem).  Der  Procentgehalt  des  Saftes 
an  Citronensäure   (siehe   oben   Zusammensetzung)    fällt 


und  zweiten  Blüthe**),  die  dritte  in  den  Sommer  und  heisst  ver- 
dame.    Daselbst   werden  die  Agrumi  einer  sechsfachen  Auslese 
unterzogen.    (W.  Kaden,  Westerm.  Monatsh.  1883  Nov.    p.  200.) 
1)  Globus  XXXVm.  p.  284. 


—     192     — 

von  23  %  bis  6 — 7  %.  Verfälschungen  und  freiwillige, 
durch  den  als  Ferment  wirkenden  Pflanzenschleim  her- 
vorgerufene Zersetzungen  sind  häufig,  wobei  sich  Essig- 
und  Buttersäure  entwickeln.  Die  Citronensäure  wird  des- 
halb gewöhnlich  an  Kalk  oder  Magnesia  gebunden  und 
haltbar  gemacht. 


Die  Orange  (Pomeranze,  Apfelsine  von  Citrus 
Aurantmm  Risso)  ist  eine  kugelrunde,  mitunter  etwas  sphä- 
roidisch  an  den  beiden  Polen  abgeplattete,  verschieden 
grosse  Beere  (von  der  Grösse  einer  Nuss  bis  zu  der  einer 
Faust).  Die  im  deutschen  Handel  verbreiteten  kleinen 
Orangen  haben  einen  Durchmesser  von  5.5 — 6.5  cm; 
die  grossen  Orangen  von  8  cm  und  darüber.  Die  vor- 
handenen Kelchreste  sind  braun  und  trocken.  Die  Schale 
ist  orangegelb  oder  orangeroth,  glatt,  glänzend,  mit  zahl- 
reichen sehr  wenig  vertieften,  glasig  durchscheinenden 
Oeldrüsen  versehen  und  durch  den  bekannten  Wohlgeruch 
ausgezeichnet.  Der  Bau  der  Frucht  ist  derselbe,  wie  ihn 
die  Limone  zeigt.  Sie  enthält  8,  selten  9 — 10  um  ein 
weiches  Mittelsäulchen  radiär  angeordnete  Fruchtfächer, 
in  denen  je  2 — 3  dem  Säulchen  anliegende  Kerne  sich 
befinden.  Das  Fleisch  ist  grosszellig,  wie  die  Frucht- 
schale gelb  oder  blutroth  (Orange  von  Jericho)  gefärbt, 
süsssäuerlich  oder  süss,  saitstrotzend.  Die  Fruchtschale 
hat  eine  Mächtigkeit  von  2 — 4  mm,  meist  von  3  mm. 
Die  Samen  sind  10—12  mm  lang,  5  —  6  mm  breit,  eiförmig, 
beiderseits  spitz,  die  Spitzen  schief  verlaufend,  die  Ober- 
fläche gelb,  mit  stark  erhabenen  Gefässbündeln;  der 
Nabel  liegt  unter  der  Spitze  und  ist  länglich  schmal,  die 
Chalaza  innen  braunroth.  Einer  der  Kotyledonen  zeigt 
häufig  eine  stärkere  Entwicklung.  —  Der  Bau  der  Frucht- 
schale stimmt  im  Wesentlichen  mit  dem  der  Limonen- 
Bchale  überein,  das  gelbe  Pigment  löst  sich  in  Kalilauge 
vollständig  mit  guttigelber  Farbe.  Die  Orangenschale  be- 
sitzt eine  kleinzellige  Epidermis,  ein  Parenchym  rund- 
licher dickwandiger  Zellen  mit  Kalkoxalatkrystallen,  mit 
orangegelbem  Farbstoff  und  mit  Zellsaft.  Die  Oelbehälter 
sind  von  dem  in  gleicher  Weise  entwickelten,  mehrschich- 
tigen Epithel  umgeben,  kugelig  oder  ellipsoidisch  und  sehr 
gross.     Das  innere  Parenchym  setzt  sich  aus  Sternzellen 


—    193     — 

zusammen.  In  dem  Zellsaft,  der  alkalische  Kupfervitriol- 
lösung reducirt,  ist  der  von  Lebreton  (1827)  entdeckte 
Bitterstoff  Hesperidin  (Aurantiin  Brandes)  enthalten, 
der  mit  dem  Inulin  und  dem  Traubenzucker  die  inter- 
essante Eigenschaft  theilt,  in  den  in  Alkohol  durch  längere 
Zeit  eingelegten  Orangenschalen  in  Sphärokrystallen  ^)  sich 
auszuscheiden. 

Der  anatomische  Bau  der  Orangensamen  zeigt 
einige  Eigenthümlichkeiten ,  deren  hier  in  Kürze  gedacht 
werden  soll.  Querschnitte  des  Samens,  welche  in  dickes 
Gljcerin  eingelegt  werden,  zeigen  eine  Oberhaut,  die  aus 
radial  gestreckten,  0.120  mm  langen  (in  der  Richtung  des 
Kadius)  und  0.020  mm  breiten  (in  der  Richtung  der 
Tangente),  stark  verdickten,  porös  getüpfelten  und  enge 
aneinanderschliessenden  Fasern  zusammengesetzt  ist;  der 
der  Samen -Oberfläche  (-Aussenfläche)  zugewendete  etwa 
ein  Sechstel  der  Zellenlänge  messende  Theil  dieser  an  die 
PaUisadenzellen  der  Leguminosensamen  erinnernden  Zellen 
verschmälert  sich  zu  einer  haarartigen,  häufig  gekrümmten 
Spitze,  die  in  einem  mächtigen  structurlosen  (?)  Schleim 
eingebettet  ist.  Der  Schleim  umzieht  die  Aussenseite 
mit  wellenförmigen  Conturen  und  quillt  in  Wasser  auf. 
Das  innere  Ende  der  Oberhautzellen  ist  flach  abgestumpft. 
Die  übrigen  Schichten  der  Samenhaut  werden  erst  nach 
Anwendung  von  Kalilauge  klar.  Es  folgt  eine  Schichte 
von  6  und  auch  mehr  Reihen  farbloser,  dünnwandiger, 
zerknittert-faltiger,  eirundlicher,  etwas  gestreckter  Zellen 
mit  plasmatischem  Inhalt;  dann  eine  Schichte  vollkom- 
men zusammengepresster,  bezüglich  ihrer  Conturen  ganz 
undeutlicher  Zellen,  die  einen  braunen  Streifen  bilden. 
Den  Abschluss  bilden  drei  Reihen  tangential  gestreckter, 
parallelopipedischer,  stark  verdickter,  farbloser,  ziemlich 
kleiner  Zellen.  Die  rundlichen  oder  polyedrischen  Zellen 
des  Keimlappengewebes  enthalten  Plasma,  Fett  und  den 
im  Zellsaft  gelösten  Bitterstoff  Limonin  (Bernays). 

Die  chemische  Zusammensetzung  der  Apfelsinen  (ohne 
Kerne  und  Schale)  ist  folgende: 


*)  Von  Sachs  entdeckt  und  von  Pfeffer  als  dem  Hesperidin 
angehörig  nachgewiesen. 

Hanausek,  Kahrungs-  u.  Genussmittel a. d.  Pflansenreich.  13 


—     194    — 

iMScr:        sabjUni-  '    ^"*^*'*  Stoffe*  Bolifascr:         Ijche: 

89.01       0.73         2.44      4.59           0.59  1.79       0.49. 
Die  Kerne  betragen  3.6  Procent.  Dass  der  Zucker- 
gehalt  sehr   schwankt,   beweisen   die  Analysen   von   H. 
Buignet: 

Invertzucker:        Bohrzncker:        Gesammtzncker :        Asche:  (Procente.) 

4.36  4.22  8.58  0.448 

Die  Mittelmeerländer,  namentlich  Spanien,  Südfrank- 
reich, Unteritalien,  die  Balearen  (Mallorka),  die  Malta- 
gruppe, Sicilien  und  die  Azoren  (San  Miquel)  liefern  die 
Orangen  des  Handels.  Die  Sorten  mit  glatter  oder 
streifiger,  dünner  oder  dicker  Schale,  mit  grossen  und 
kleinen  Früchten  sind  sehr  zahlreich.  Orangen  von  den 
Azoren  und  von  Majorka  sind  gross,  glänzend  und  sehr 
süss;  die  balearischen  werden  in  Papier  verpackt  und 
gehen  nach  Frankreich.  Andere  Sorten  sind:  Orangen 
von  Reggio  (gross,  frühreif  nach  Marseille),  Orangen  von 
Neapel,  0.  von  Messina,  0.  von  Cintra  und  Setubal 
(Portugal),  0.  von  Valencia,  Malaga,  Sevilla  (Spa- 
nien), 0.  von  der  Provence  (die  kleinsten  heissen  Mig- 
nonette) ;  Orangen  von  Torbole,  Gargnano,  Bogliacco, 
(vom  Gardasee)  gehen  nach  Oesterreich.  —  Sicilien  ex- 
portirt  40  Millionen  kg  im  Werthe  von  200  Mill.  Franken. 
Von  den  Azoren  kommen  650  Mill.  Stück  in  den  Handel, 
davon  nach  London  allein  100  Mill.  Stück  —  von  St. 
Miquel  allein  120  000  Kisten  (je  1000  Stück  in  einer  Kiste  in 
Maisstroh  verpackt.)  Aus  dem  Hafen  von  Salier  (Mallorka) 
werden  jährlich  50  Mill.  Stück  ausgeführt.  Im  Jahre  1879 
wurden  in  England  für  eine  Million  Pfd.  Strlg.  Orangen  und 
Citronen  verkauft,  die  aus  den  oben  angeführten  Ländern, 
aus  Australien,  von  den  canarischen  Inseln  und  Westindien 
stammten.  Aus  Sicilien  gehen  nach  Amerika  350  Mill. 
Stück,  von  Westindien  nach  Newyork  8 — 10  ICUionen 
Orangen.  Die  Orangerien  der  Colonie  Neu -Süd -Wales 
lieferten  im  J.  1879  einen  Ertrag  von  2  763  800  Stück 
Apfelsinen  (Globus  XXXIX.  p.  16.)  Nach  den  neuesten 
Nachrichten  hat  der  Anbau  und  die  Ausfuhr  der  Orangen 
von  Azoren  (nach  England  1880)  um  fast  die  Hälfte  ab- 
genommen und  betrug  42  312  rfd.  St.  (Dagegen  ver- 
suchte man  die  Kaffee-  und  Theecultur  einzubürgern). — 


—     195     — 

Der  Werth  der  Orangenausfuhr  aus  Spanien  beträgt  9.1 
MilL  Mark. 

Die  Geschichte  der  Citrusbäume  und  -Früchte  ist  in 
geheimnissvolles  Dunkel  gehüllt.  Den  Alten  waren  die  Agru- 
men jedenfalls  als  Obst  unbekannt.  Doch  soll  nach  Hehn 
die  grosse  Citrone  nach  dem  Kriegszuge  Alexanders  be- 
kannt geworden  sein.  Die  bittere  Orange  wurde  durch 
die  Araber  um  das  IX.  Jahrhundert  in  Westasieu,  im 
XIL  Jhd.  in  Sicilien  und  Spanien  eingeführt.  Der  Sanskrit- 
name Nagarunga,  Naringi  ist  in  alle  europäischen  Spra- 
chen übergegangen,  im  griechischen  vsQdvr^iov  (Nerantzion), 
im  mittelalterlichen  Lateinworte  Arancium,  Arangium, 
Aurantium  enthalten.  Nach  Portugal  soll  i.  J.  1648  der 
Portugiese  Juan  de  Castro  die  Apfelsine  aus  China 
(=  Sina,  Sinaäpfel,  chinesische  Aepfel)  gebracht  haben. 
In  Algier  gefällte  Orangenbäume  wurden  von  den  Reisen- 
den Hebenstreit  und  Ludwig  1732  nach  Sachsen  ge- 
bracht und  dem  König  August  II.  zum  Geschenk  ge- 
geben; sie  sind  heute  noch  die  schönsten  Bäume  der 
Dresdener  Orangerie.  —  Die  goldenen  Aepfel  der  Hes- 
periden  mögen  vielleicht  in  den  Früchten  des  Quitten- 
baumes (Oydoma)  versinnbildlicht  gewesen  sein. 


11.     Die   Cucurbi  tace  e  nfrüch  te. 
(Melonen,  Gurken,  Kürbis.) 

Die  Bedeutung  der  Kürbisfrüchte  als  menschliche 
Nahrungsmittel  ist  nur  eine  untergeordnete,  wie  sie  denn 
auch  keine  Handelsobjecte  von  besonderem  Belange  vor- 
stellen. Immerhin  sind  aber  die  Kürbisgewächse  für  die 
Landwirthschaft  und  Gärtnerei  sehr  zu  beachten  und  ihre 
Früchte  für  einzelne  Gebiete  werthvoU.  Das  rechtfertigt 
die  skizzenhafte  Behandlung  dieses  Paragraphen. 

Die  wichtigsten  Kürbisgewächse  sind: 

1)  Cucumis  sativm  L,y    die    gemeine   Gurke,  aus  Asien 
stammend; 

2)  Cucumis  Melo  L,,  die  gemeine  Melone,  Zuckermelone; 

3)  Cucumis  cüruUus  JL.,  {Citrullus  vulgaris  Schrad.)^  Wasser- 

13* 


—     196     — 

melone,  Arbus,   CitruUengurke.     (Die   Samen    von 
Cucumis  besitzen  einen  glatten  Rand.) 

4)  Cucurbitas  Pepo  L.,  der  gemeine  Kürbis,  im  südlichen 
Asien  eiDheimisch. 

5)  Cucurbitas  maxima  Duch.^  Kiesenkürbis.    (Die  Samen 
von  Cucurbitas  sind  wulstig  gerandet.) 

1)  Gurke.  Die  Frucht  der  gemeinen  Gurke  {Cucumis 
sativus)  ist  langgestreckt,  gerade,  oder  sichelförmig  ge- 
krümmt, walzlich  oder  3— 6  kantig,  grün,  weiss,  im  reifen 
Zustande  meistens  gelb.  Sie  enthält  in  drei  Fächern  zahl- 
reiche, eiförmige,  plattgedrückte,  weissgelbe  Samen  mit 
scharfem,  nicht  wulstigem  Rande  derart  vertheilt,  dass  je 
zwei  Gruppen  von  Samen  an  zwei  entgegengesetzten 
Punkten  eines  Faches  inserirt  sind;  die  Frucht  wiegt 
100 — 200  Gramm.  Die  vielen  Spielarten  (Traubengurken, 
weisse,  gelbe,  Schlangengurken)  haben  sehr  wenig  Be- 
ständigkeit. In  Betreff  des  anatomischen  Baues  der 
Gurke  ist  anzuführen,  dass  die  Fruchtschale  als  Epider- 
mis eine  kurzzellige  Pallisadenschichte  (siehe  unten  bei 
Melone)  besitzt,  deren  Zellen  6seitige  Prismen  darstellen; 
^von  der  Fläche  gesehen  erscheint  demnach  die  Oberhaut 
Vie  eine  Bienenwachsswabe  zellig  gezeichnet,  unter  der- 
selben liegt  ein  aus  kleinen,  rundlichen  dünnwandigen, 
Chlorophyll  und  Protoplasma  führenden  Zellen  zusammen- 
gesetztes Parenchym,  dessen  Zellen  nach  innen  zu  bedeu- 
tend grösser  werden,  sich  tangential  strecken,  aber  dünn- 
wandig bleiben.  Zahlreiche  Spiroiden  durchsetzen  das 
Gewebe.  — 

Die  Gurken  werden  in  Mistbeeten  oder  frei  in  Gär- 
ten, selten  auf  grösseren  Feldern  gezogen.  So  hat  z.  B. 
Lübbenau  in  der  Niederlausitz,  dann  Znaim  in  Mähren 
bedeutenden  Gurkenbau.  Die  Ernte  geht  für  Garten- 
gurken schon  im  April,  Mai,  für  Feldgurken  Ende  Juli 
und  August  vor  sich.  Bekannt  ist  die  Art  ihrer  Zube- 
reitung als  Salat-,  Essig-,  Pfeffer-,  Zucker-,  Wasser-,  Salz- 
gurken ;  kleine  unreife  werden  zu  Mixedpickles  und  Ashia, 
Atschia,  Atscher  (persisch  atchar  =  gemischt)  verwendet. 
Die  Gurken  bestehen  aus  folgenden  Substanzen: 


—    197    — 


Wasser. 

Stickstoff- Snbstani 

Fett. 

Zocker. 

Sonstige  stickitol 
freie  Substaoien. 

1 

1 

1 

1 

1 

H 

95.60     1.02    0.09     0.95      1.33 

0.62 

0.39   0.094 

0.005, 

Die  Asche  besteht  aus: 

Kali. 

Natron. 

Kalk. 

Magnesia. 

Eisenoxyd. 

1 

1 

1 

1 

51.71      4.19     6.97     4.50      0.75 

isTio 

5.70 

4.25 

9.16. 

2)  Die  gemeine  Melone  {Cucumis  Meto  L,\  besitzt  ku- 
gelige oder  eiförmige  Früchte  ohne  vorspringende  Kanten, 
die  500 — 600  g  und  darüber  wiegen.  Das  weisse  oder 
gelbe  Fleisch  derselben  ist  von  ausserordentlicher  Zart- 
heit und  schmeckt  süss,  ananasartig.  Die  Fruchtschale 
ist  glatt  oder  wie  bei  den  in  Italien  cultivirten  Beutel- 
oder Warzenmelonen  (Cantalupen  oder  Prescatten,  Zatten) 
mit  mächtigen  grauen  Höckern  und  Warzen  versehen, 
die  ihr  ein  netzartiges  Ansehen  geben.  Die  mikro- 
skopische Untersuchung  zeigt  folgende  Einzelheiten :  Die 
Fruchtschale  besitzt  in  den  nicht  von  den  korkigen 
Netzwarzen  überdeckten  Partien  eine  Epidermis,  auspalli- 
sadenartigen  Prismenzellen  gebildet,  deren  Begrenzung 
nach  aussen  (im  Querschnitt,  in  dem  die  Zellen  der 
Länge  nach  sichtbar  werden,  weil  sie  radial  gestellt  sind) 
concav  erscheint,  so  dass  die  Berührungsstellen  zweier 
Epidermiszellen  nach  aussen  hin  spitz  emporgezogen  sind. 
An  diese  lagern  sich  mehrere  Beihen  kleiner,  zusammen- 
gepresster,  und  darauf  aber  zahlreiche  Reihen  grosser, 
tangential  gestreckter  Zellen  an,  deren  Wände  faltig  ge- 
knittert, wulstig  und  farblos  sind.  Sie  führen  als  Inhalt 
gelbes  Pigment.  Die  Gefässbündel  enthalten  6 — 8  feine 
Spiroiden.  Jod  färbt  die  Epidermis  und  die  Inhalts- 
körper des  Parenchyms  gelb.  Die  Netzwarzen  sind  von 
unregelmässigen,  zusammengedrückten,  wenig  verdickten 
Zellen  gebildet,  die  nach  Behandlung  mit  Jod  und 
Schwefelsäure  sich  gelbbraun  färben,  während  das  übrige 


—     198    — 

Gewebe  tiefblau  erscheint.  Ihre  Wände  sind  daher  wohl 
verkorkt,  und  dieses  Korkgewebe  vertritt  die  daselbst  immer 
fehlende  PaUisadenoberhaut.  Eine  Sklerenchymschichte, 
wie  sie  die  Kürbisschale  besitzt,  lässt  sich  nicht  nachweisen. 

Die  Melonen  werden  in  Südeuropa  (Griechenland, 
Italien)  im  Freien,  bei  uns  in  Mistbeeten  gezogen.  Sie 
liefern  ein  köstliches  Obst,  das  sich  durch  vorzüglichen 
Geschmack  und  Geruch  empfiehlt.  In  Griechenland  be- 
reitet man  Essig  und  Branntwein  aus  ihnen.  Grossartig 
ist  die  Melonencultur  in  Persien,  denn  dort  sind  Melonen 
nach  E.  Polak  das  wichtigste  Lebensbedürfniss.  Ebenso 
bedeutend  ist  die  Melonenzucht  in  Ungarn.  Der  Grund- 
besitzer Feh  er  in  Paulis  im  Arader  Comitat  (Süd- 
ungarn) hat  86  Hektare  mit  Turkestan- Melonen  bebaut, 
und  1877  gegen  600  000  Stück  geerntet,  die  nach  Preussen, 
Frankreich  und  England  abgesetzt  werden.  (Jede  von 
ihm  versendete  Melone  erhält  ein  Merkzeichen  mittelst 
einer  Stampiglie).  —  Das  älteste  Zeugniss  für  die  Kennt- 
niss  der  kürbisartigen  Pflanzen  im  Orient  ist  im  4.  Buche 
Moses  11,  5  angegeben;  Hojmer  kennt  sie  nicht.  Nach 
Marco  Palo  wachsen  die  besten  Melonen  westlich  vom 
Balkan;  man  schneidet  sie  in  Streifen  und  lässt  sie  an 
der  Sonne  trocknen,  da  sie  gedörrt  süsser  als  Honig  sind. 
Dasselbe  geschieht  auch  in  Persien  imd  in  China. 

Ihre  chemische  Zusammensetzung  ist  nach  König 
folgende : 

s  II  in 

i       i        .      J      -12      I      j      i  .   p 

95.21     1.06     0.61     0727     lTl6      1.07     0.63  0.113     o7o09. 

3)  Die  Wassermelone  (Arbuse,  ital.  anguria,  franz. 
pasteque.  Cucumis  Citruüus  L.^  wird  in  Nordafrika,  Italien, 
Spanien,  Südtirol,  Ungarn,  m  den  unteren  Donauländern, 
und  in  Persien  gebaut  und  liefert  runde  oder  walzenförmige 
Früchte,  deren  rothes,  saftiges,  süss  und  angenehm 
schmeckendes  Fleisch  eine  empfehlenswerthe  Speise  ab- 
giebt;  die  Samen   sind   schwarz.  —  Die   Wassermelone 


—     199     — 

• 

ist  erst  im  Mittelalter  bekannt  geworden.  Bei  den  Klein- 
russen und  Tartaren  dient  sie  als  durstlöschendes  Mittel; 
der  russische  Bauer  soll  sogar  zwei  Monate  hindurch  nur 
von  Arbusen  und  Brot  leben.  In  Italien  „sieht  man 
überall  nur  die  blutrothen  Halbfrüchte  mit  den  glänzend 
schwarzen  Kernen  auf  den  Märkten  und  Strassenecken 
aufgethürmt  und  die  Tische  von  durstigen  Leuten  um- 
drängt" (Hehn.  1.  c.  p.  267). 

4)  Die  Früchte  von  Cumrhüas  Pepo  L,  und  Cucurbitas 
maxima  DußL  sind  durch  Form  und  Grösse  höchst  aus- 
gezeichnet^). 

Der  100 Kilogramm  schwere  Centnermelonkürbis 
hat  die  Gestalt  einer  Tonne;  die  kleinsten  erreichen  die 
Grösse  einer  Erbse;  im  Mittel  wiegen  sie  2 — 3  Kilogramm 
und  sind  kopfgross.  Die  Fruchtschale  ist  lederartig, 
seltener  weich,  glatt  oder  mit  Knötchen  versehen.  In 
der  Farbe  herrscht  Gelb  vor,  gewöhnlich  mit  Grün,  Weiss, 
Roth  oder  Braun  gemischt.  Nach  Jäger*)  sind  die 
Centnerkürbisse  vorzügliche  Speisekürbisse.  Der  Türken- 
bundkürbis (CMebpepoL.),  (der  Bund,  d.  i.  der  untere 
Theil,  ist  dunkelsafranroth  bis  feuerroth,  der  Kopf  roth 
und  grün  gestreift)  hat  ein  feines,  festes,  süsses,  orange- 
rothes  Fleisch  und  eignet  sich  zum  Einsieden  mit  Zucker 
vorzüglich.  Andere  gute  Sorten  sind  der  Mark-,  Hub- 
band-, Drehhals  und  der  Feldkürbis.  In  Ungarn  (De- 
breczin),  im  Banat  u.  s.  w.  sind  Kürbisse  eine  gewöhnliche 
Speise,  bei  uns  dienen  sie  insbesondere  zur  Viehmast. 
Harz  empfiehlt  für  die  Cultur  hauptsächlich  Cucurbitas 
maxima  brasiUenstSy  C,  m.  bras.  reticulata  und  C.  m,  elUpHcaj 
deren  Früchte  selbst  Jahre  hindurch  frisch  bleiben. 

Die  3— -6  fächerige  Kürbis  fr  ucht  ist  sehr  charak- 
teristisch gebaut.  Die  Zellen  der  stark  cuticularisirten 
Oberhaut  stehen  senkrecht  zur  Fruchtoberfläche  und 
messen  nach  dem  Radius  0.040  mm,  nach  der  Breite 
nur  O.Ol — 0.014  mm,  schliessen  dicht  aneinander,  sind 
stark  verdickt  und  besitzen  ein  längliches  ovales  Lumen; 


*)  Man  veiyleiche  Abbildungen  derselben  in   dem  Samenver- 
zeichniss  von  Haage  &  Schmidt  in  Erfurt  1881. 
«)  Natur  1882  Nr.  11. 


—    200    — 

« 

sie  erinnern  an  die  Pallisadenzellen  der  Leguminosen-' 
samen.  Die  zweite  Schicht  ist  ein  scharf  abgegrenztes 
Parenchymgewebe  von  0.200—0.220  mm  Mächtigkeit. 
Die  Zellen  desselben  sind  kugelrund  oder  rundlich  poly- 
edrisch,  dünnwandig  und  schliessen  dicht  an  einander; 
sie  fallen  durch  ihre  Kleinheit  sofort  ins  Auge.  (Diameter 
0.010—0.014  mm).  Die  dritte  Schicht  ist  die  Skle- 
renchymschicht;  ihre  Mächtigkeit  ist  sehr  verschieden; 
stellenweise  enthält  sie  nur  3 — 4  Reihen,  dort,  wo  die 
Fruchtschale  warzig- blasige  Vorsprünge  besitzt  und  am 
Scheitel  ist  sie  weit  mächtiger.  Die  Sklerenchymzellen 
sind  radial  gestreckt,  im  Querschnitte  scharf  sechskantig, 
porös  verdickt;  die  Porencanäle  der  gemeinschaftlichen 
Zellwände  erscheinen  als  parallele  Strichelchen.  Die 
Länge  der  Sklerenchymzellen  ist  durchschnittlich  0,100 
mm;  die  Breite  0.05  mm,  die  Wanddicke  von  zwei  zu- 
sammenstossenden  Zellen  0.010  mm  (also  von  einer  Zelle 
0.005  mm.)  Die  Tüpfel  erscheinen  von  der  Fläche  ge- 
sehen spaltenförmig  und  sind  über  die  ganze  Wand  aus- 
gebreitet. Der  Uebergang  von  der  dritten  zur  vierten 
Schicht  ist  ein  allmählicher,  die  Sklerenchymzellen  wer- 
den nach  innen  zu  immer  mehr  rundlich  und  weniger 
verdickt.  In  der  vierten  Schicht,  der  weichen  Pa- 
renchymschicht,  treten  breite  Züge  rundlicher  und  stark 
tangential  gestreckter,  wenig  verdickter,  Zwischenzell- 
räume einschliessender  Zellen  auf,  welche  durch  den  Ge- 
halt von  eirunden,  einfachen  Stärkekörnern  ausgezeichnet 
sind.  Li  dem  weichen  Parenchym  sind  Gefässbündel 
und  schlauchartige,  körnigen  Inhalt  führende  Zellen  ein- 
gestreut. —  Viele  Kürbisse  sind  durch  hohle  warzige  Er- 
habenheiten kropfig  gestaltet.  In  den  Warzenhöhlen  liegt 
ein  weisses  schwammiges  Gewebe  von  gestrichelt-tüpfeligen, 
faltigwandigen,  grossen  Parenchymzellen  (Durchmesser 
0.120 — 0.160  mm).  Die  mikrochemischen  Reactionen 
zeigen  keine  besondem  Eigenthümlichkeiten.  Durch  Eisen- 
salze ist  kein  Gerbstoff  nachweisbar.  In  Jod  und  Schwefel- 
säure färben  sich  alle  Gewebetheile  bis  auf  die  Mittel- 
lamellen der  Sklerenchymzellen  und  die  Cuticula  blau. 

Die  mittlere  Zusammensetzung  der  Kürbisfrucht  ist 
folgende: 


—    201    — 


«j> 


1 


I  l|  i         ^i 

-  ^S  I         's 

S        i        1       S       M  s       S       £       s 

90.01     0.71     0.05     1.36     5.87      1.36     0.64  0.097    0.021. 

Die  der  Asche: 

§        i       '. 

-■  B  «  S 

lllllllll 
19!48   21.'l3    7.74     3.37     2.60     32T95     2.37     7.34    0.43 

Die  Zusammensetzong   der    einzelnen  Theile    haben 
Storer  und  Lewis  untersacht  (König  1.  c.  p.  362.) 


i 


I'* 


a? 


11    .    II 


-.3    o 


-Ö 


1)  Kürbisfleisch  ,     .  90.26  0.86  0.15  6.99  1.02  0.90 

2)  Schale    ....  83.72  2.80  0.62  8.31  3.28  1.27 

3)  Samen  u.  faserige 

Masse  des  Kürbis  75.72  5.56  6.07  7.09  4.12  1.44 

Der  gewöhnliche  gelbe  Feldkürbis  enthält  88.25  ®/o 
Fleisch,  8.00  %  Schale  und  3.75  %  Samen  und  Faser- 
masse. Nach  Harz  sind  im  brasilian.  Riesenkürbis 
10.87  %  Rohproteinstoffe,  1.74  %  Fett,  9.39  %  Rohfaser 
enthalten,  während  die  Asche  5.35  %  betragen  soll. 

Anhang.  Andere  zu  dem  Abschnitte  „Beeren"  ge- 
hörige, geniessbare  Früchte  sind  die  Frucht  des  Gra- 
natbaumes (Punica  Oranatum  Zr.),  die  Heidelbeere  {Voo- 
cmhm  Myrtiüus  Zr.),  die  Preisseibeere  (Vacctmum  Vitis 
Idaea  L.)  und  die  Jujuben  oder  Brustbeeren  {Zizyphua 
vulgaris  Lanu  und  Zizyphus  Lotus  Sam),  Ihre  Verwendung 
ist  eine  beschränkte.  Die  getrockneten  Heidelbeeren 
sind  schwarz  und  den  Korinthen  ähnlich,  erbsengross, 
ausgezeichnet  durch  den  Gehalt  von  Zucker,  Gummi, 
Apfel-  und  Gitronensäure  und  einem  purpurrothen  Färb« 
Stoff.     Ihre  Anwendung   als  Yolksheilmittel  gegen  Diar- 


—    203     — 

rhöen,  zum  Färben  blassrother  Weine  und  Liqueure,  Bur- 
gunderessig (Frankreich),  zur  Darstellung  des  Heidelbeer- 
saftes ist  hinlänglich  bekannt.  Thüringen,  der  Harz,  das 
Fichtel-  und  Erzgebirge  liefern  die  Heidelbeeren  in  Menge; 
sie  werden  in  grossen  Körben  versendet.  Sie  dürfen 
nicht  von  Insecten  angefressen  und  nicht  verschimmelt 
sein;  die  procentische  Zusammensetzung  ist  folgende: 
78.36  Wasser,  0.78  Starkes toflfsubstanz,  1.66  freie  Säure, 
5.02  Zucker,  0.87  sonstige  stickstofffreie  Substanzen,  12.29 
Holzfaser  und  Kerne,  1.02  Asche. 


B.  Soheinfrüohte. 

12.  Apfelartige   Scheinfrüchte. 
(Kernobst.) 

Die  reifen  Früchte  des  cultivirten  Apfelbaumes 
(Pynts  Malus  L,)  und  des  cult.  Birnbaumes  {Pyrus  com' 
munis  L.)  stellen  das  wichtigste  Obst  unserer  Zone  dar. 
Wegen  ihres  Säure-  und  Zuckergehaltes  können  sie  — 
und  dasselbe  gilt  selbstverständlich  auch  für  alle  übrigen 
Obstfrüchte  —  auch  als  Genussmittel  angesehen  werden; 
der  Stickstoffjgehalt  beträgt  im  Mittel  nur  0.4  %  und 
macht  sie  somit  zu  Nahrungsmitteln  wenig  geeignet.  — 
Eine  ausführliche  Bearbeitung  dieser  Pflanzenkörper  ge- 
hört nicht  in  den  Rahmen  dieser  Arbeit,  daher  wir  uns 
nur  auf  eine  kurze  Angabe  der  wesentlichsten  morpho- 
logischen und  chemischen  Verhältnisse  beschränken. 

Der  cult.  Apfelbaum  wird  in  ganz  Deutschland  in 
zahlreichen  Varietäten  gezogen,  deren  Früchte  durch  Form, 
Grösse,  Farbe  und  Geschmack  sich  mehr  oder  weniger 
unterscheiden.  Die  Aepfel  sind  Scheinfrüchte,  die  durch 
das  Verwachsen  des  fleischigen,  sich  bedeutend  ver- 
grössemden  Unterkelches  mit  dem  Fruchtknoten  entstan- 
den sind.  Letzterer  reift  zur  eigentlichen  Frucht  heran, 
und  erscheint  dann  als  das  bekannte  pergamentartige 
Kerngehäuse  (der  sogenannte  „  Putzen"),  in  dem  die  Sa- 
men enthalten   sind.  —  Der  Apfel  ist  im  allgemeinen 


—    203     — 

fast  kugelrund,  an  beiden  Enden  niedergedrückt  (sphaero- 
idisch)  oder  vertieft;  an  der  Basis  ist  gewöhnlich  der 
Fruchtstiel,  am  vertieften  Scheitel  der  vertrocknete  fünf- 
blätterige Kelch  vorhanden.  Die  Fruchthaut  ist  fast 
lederartig,  grüngelb,  roth,  oder  bunt,  mitunter  warzig, 
glatt  oder  rauh.  Die  saftig-  fleischige,  süss-  säuerlich 
schmeckende  Mittel  fr  uchtschicht  ist  weiss,  gelblich, 
grünlich  oder  röthlich  gefärbt  (Zwiebeläpfel,  Chrysowsker) 
und  von  einem  Gefässbündelkreis  durchsetzt.  Das  Per- 
gament-Gehäuse —  die  echte  Frucht  —  enthält  in  fünf 
Fächern  je  zwei  aufrechte,  eiförmige,  zusammengedrückte, 
mit  dem  spitzen  Ende  unten  angeheftete,  eiweisslose,  roth- 
braune bis  schwarze  Samen.  Die  reifen  Aepfel  enthalten 
Trauben-,  Frucht-  und  Rohrzucker  in  folgenden  Mengen: 

Inyortzucker:        Bohrzucker:         Gesammtzacker:         Asche: 
5.82  0.43  6.25  0.253. 

Die  chemische  Analyse  zeigt  folgenden  Substanzgehalt: 

i  i^      i 

«3  S  -,  «■ 

«  •«*  ®  .22  . 

i      -3     d     -i       -S     II     I     4 

frisch  .     .     83.58  0739    —    0^84     7.73    5^17    1.98  0.31 
getrocknet    27.95  1.28  0.82  3.60  42.83  17.00    4.95  1.57 

Die  Ursache  des  Süsserwerdens  des  Kernobstes  bei 
der  Nachreife  liegt  in  der  Umwandlung  der  Dextrose 
(Traubenzucker)  in  die  süssere  Lsevulose  und  in  der  Ab- 
nahme der  Säure  1). 

Die  Asche  ist  zusammengesetzt  wie  folgt: 


.22 

I 


s 


35.68    26.09    4.08     8.75     1.40    13.59     6.09      4.32      — 
Als  vorzüglichste  Apfelsorten  werden  empfohlen: 
Kippen- Aepfel  (P.  M.  costata  SchübL):     Calvillen, 

Bosenäpfel. 

Rambour- Aepfel  {P.M.  megamela Schübl):  Pfund- A., 

Raijabour. 


')  König,  1.  c.  p.  896. 


—     204     — 

Reinetten  (P.  M.  prasomela  Jfer«.):  Lederapfel;  Gold- 
reinette, Perlreinette  oder  Peppings,  Borsdorfer. 

Grosse  Quantitäten  gewinnt  man  am  Maine,  in  der 
Wetterau  (Dorf  Alterstädt),  bei  Passau  (Ortenberg),  in 
Ober-  und  Niederösterreich.  Aepfel  werden  als  frisches 
(etwa  ein  Jahr  lang  haltbares)  Obst,  zu  Apfelmuss,  Apfel- 
brot, Spaltungen,  oder  zur  Bereitung  des  Apfelmostes 
(Bajern,  Oberösterreich),  des  Apfelweines  oder  Oyder  und 
des  Apfelessigs  verwendet.  -^- 

Die  Früchte  des  cult.  Birnbaumes  sind  zumeist 
unter  der  Mitte  eingezogen,  am  Grunde  kegelig,  gegen 
den  Scheitel  zu  rundlich,  aber  auch  ganz  kugelig  oder 
plattgedrückt-kugelig,  gelb,  grün,  weiss,  rothbraun.  Das 
Fleisch  ist  entweder  höchst  saftig,  halbschmelzend,  brüchig, 
oder  steinig.  Die  letzterwähnte  Beschaffenheit  rührt  von 
steinigen  Concretionen  her,  die  aus  kugeligen,  fast  ganz 
verdickten  und  porösen  Steinzellen  zusammengesetzt  sind. 
Als  vorzügliche  Sorten  werden  empfohlen: 

Muskatellerbirne  (P.  c.  favormna  Hrn.):  Zucker-, 
Franzbime; 

Z  u  c  k  e  r bi  r  n  e  (P  c.  Pompejana  Pliru) :  Sommer-,  Citren- , 
Pfundb.; 

Schmalzbirne  (P  c.  Bergamotta):  Sparbirne; 

Butterbirne  (P  c.  falema  PUn,) 

Rousseletbirne  (P.  c  rufescens  Pers,):  kleine  Mus- 
katellerbirne. 

Die  chemische  Zusammensetzung  weicht  von  der  der 
Aepfel  nur  in  dem  Säuregehalt  auffällig  ab: 


i      ll      «       .       ^      i'i  4  M 

frisch    .     .  83.03  0.36   0.20   —      8.26     3M  OO  0.31 

getrocknet  29.41  2.07   0.84  0.35  29.13  29.67  6.86  1.67 

Die  Asche  besteht  aus: 

-       ^       I       I  i 

sistlllll 

54T69     8^2     7!98     5.22     1.04     16.20   5.69  1.49  — 


—    305    — 

Die  Verwendung  der  Birnen  als  frisches  Obst,  zu 
Bimsyrup,  -Essig,  -Wein,  -Senf,  als  gedörrte  Birnen, 
(Spaltlinge,  Klötzen)  ist  bekannt.  — 

Die  Quitte,  die  Frucht  von  Pyrus  Cydorda  L,  (Cydonia 
vulgaris  Fers)  ist  vielfächerig,  entweder  plattrund,  mit  ver- 
schmälerter Basis  und  herb  (Apfelquitte),  oder  bimförmig 
und  weniger  herb  (Bimquitte),  citrongelb,  filzig,  und 
später  glatt  Die  Mittelschicht  ist  voll  von  Steinzell- 
concretionen,  die  gegen  das  Pergamentgehäuse  zu  fast 
allein  das  Gewebe  zusammensetzen.  Die  Frucht  ist  so- 
nach sehr  hartfleischig,  besitzt  aber  einen  sehr  angeneh- 
men Geruch  und  einen|  herben  Geschmack  Quitten  wer- 
den nur  eingemacht  gegessen.  Den  Alten  galten  sie  als 
Symbol  des  Glückes,  der  Liebe  und  der  Fruchtbarkeit. 

Die  kreiselformigen  harten,  oben  von  einer  breiten 
vertieften  Scheibe  bedeckten,  grünen  Früchte  des  Mispel- 
baumes {Mespüus germanica L.^W\%i^Q\n^  Espeln,  Aspeln) 
werden  erst  durch  die  Nachreife,  bei  der  eine  Art  Gäh- 
rung  vor  sich  geht,  braun  teigigweich,  und  geniessbar. 


13.  Die  Feige. 

Dieses  bekannte,  durch  einen  hohen  Gehalt  an  Dex- 
trose ausgezeichnete  Nahrungs-  und  Genussmittel  stellt 
die  Scheinfrucht  des  echten  Feigenbaumes  {Ficus 
Carica  Z^.,  Fam.  Moreen)  dar  und  ist  seit  den  ältesten 
Zeiten  ein  bedeutender  Artikel  des  Mittelmeerhandels. 

Einheimisch  in  Yorderasien,  hat  der  Feigenbaum 
seinen  Culturweg  über  Palästina,  Syrien,  Kleinasien  nach 
Griechenland  genommen,  wo  er  seit  jeher  zu  den  vor- 
nehmsten Culturpflanzen  gezählt  worden  ist.  Von  Grie- 
chenland aus  verbreitete  er  sich  längs  des  Mittelmeeres, 
dessen  Küstenländer  alle  Bedingungen  darboten,  die  die 
Gultur  des  Feigenbaumes  ertragreich  und  lohnend  machten. 
Aber  auch  in  vielen  anderen  Gegenden  der  wärmeren 
und  gemässigten  Zone  wird  er  in  zahlreichen  Spielarten 
gezogen;  wir  finden  ihn  in  Ostindien,  Chile,  Mexiko  (seit 
Cortez  1560);  wirklich  wild  im  Taurus  bis  1600  Meter 
hoch. 

Die  eigentbümlichen  Blüthenstände  des  Feigenbaumes 


—    206    — 

treten  in  dreifacher  Weise  auf,  was  Gasparini  (1845) 
benützte,  um  die  Linneische  Species  Ficus  Carica  in  zwei 
Gattungen  Ficua  und  Caprificus  (mit  mehreren  Arten)  zu 
theilen.  Denn  die  Lage  der  Blüthenstände  und  ihr  Ver- 
halten über  Winter  wechselt  folgendermassen.  Es  ent- 
wickeln sich  gegen  Ende  des  Winters  an  den  obersten 
Theilen  der  vorjährigen  Aeste, in  den  Winkeln  der  zu 
dieser  Zeit  schon  abgefallenen  Blätter  Blüthenstände, 
die  am  cultivirten  Feigenbaume  nur  aus  weiblichen  Blüthen 
bestehen,  am  wilden  Feigenbaume,  aber  auch  zahlreiche 
männliche  Blüthen  enthalten.  Die  aus  den  ersteren  ent- 
stehenden Feigen  nennt  man  Fichigrossi,  Fiori  oder  orni 
(Blumenfeigen).  Die  in  den  Blattwinkeln  und  an  den  unte- 
ren Theilen  diesjähriger  Zweige  zum  Vorschein  kom- 
menden Blüthenstände  bilden  die  sog.  sommerzeitigen 
Feigen  oder  Forniti,  (sie  enthalten  fast  keine  männlichen 
Blüthen),  wenn  sie  vor  dem  Blattfall  reifen,  während  die  an 
den  oberen  Theilen  der  diesjährigen  Aeste  sich  befind- 
lichen über  den  Winter  an  dem  Baume  bleiben  und  als 
Cratiri  bezeichnet  werden.  —  Die  Bezeichnung  der  vom 
wilden  Feigenbaum  stammenden  Feigen  ist  eine  andere. 
So  heissen  die  im  April  (Neapel)  zur  Keife  kommenden 
mamme,  die  des  Juni  profichi,  und  die  von  August- 
September  mammoni.  Daher  ist  es  klar,  dass  die  Feigen- 
bäume, in  deren  Blattwinkeln  das  ganze  Jahr  hindurch 
Früchte  reifen,  als  die  ertragreichsten  und  ergiebigsten 
Obstbäume  angesehen  und  hochgeschätzt  werden.  — 

Der  Blüthenstand  ist  ein  sogenannter  Blüthen- 
kuchen,  ein  hohler,  birnfdrmiger,  kurz  gestielter,  aussen 
grüner  und  glatter  Körper,  der  an  dem,  dem  gemein- 
samen Blüthenstiel  entgegengesetzten  Ende  eine  durch 
Schuppen  verschlossene  Mündung  besitzt,  in  deren  Nähe, 
noch  im  Innenraume,  zuweilen  einzelne  männliche  Blüthen 
vorhanden  sind.  Der  Innenraum  des  Kuchens  enthält 
zahlreiche,  gestielte,  grünliche  oder  röthliche  Frucht- 
blüthen  mit  3 — 5  Perigonblättern  und  einem  kurzen  ei- 
förmigen, einfächerigen  Fruchtknoten,  dem  ein  langer 
GriflFel  mit  zweitheiliger,  unbehaarter  Narbe  aufsitzt.  Die 
männlichen  Blüthen  sind  gewöhnlich  länger,  das  Perigon 
ötheilig,  die  Staubgefässe  3—5.  —  Beim  Heranreifen 
wird  der  Blüthenkuchen  grösser,  fleischiger,  saftig.    Die 


—     207    — 

reife  Feige  ist  aussen  weissUch,  grünlich,  purpurroth, 
braun  oder  schwarz  gefärbt;  dass  äusserst  süss  schmeckende 
Fleisch  ist  durchscheinend  röthlich-  oder  goldgelb  und 
schmierig  -  saftig.  Die  in  demselben  enthaltenen  gelben 
Steinkemchen  —  die  eigentlichen  Früchte  —  sind  1 — 2 
mm  lang,  und  von  einer  weichen  Aussenschichte  umgeben, 
die  nach  dem  Eintrocknen  der  Frucht  sich  von  der  gelben 
Steinschale  loslöst.  Manchen  Spielarten  fehlen  die  Stein- 
kemchen (Früchte)  vollständig. 

lieber  den  Werth  der  sogenannten  Caprification 
die  schon  von  den  alten  Griechen  und  Kömern  geübt 
worden  war,  sind  die  Ansichten  durchaus  nicht  geklärt. 
Theophrastus  von  Eresus^)  beschreibt  dieselbe  sehr 
ausführlich.  Bekanntlich  werden  die  jungen  Früchte  des 
wilden  Feigenbaumes  von  den  schwarzen  geflügelten  Weib- 
chen der  Feigenwespe  (Blastophaga  grossorum  Chrav.  = 
Cynips  psenes  L.)  besucht,  indem  diese  durch  die  Mündung 
(ostiolum)  der  jungen  Feige  in  das  Innere  eindringen, 
nachdem  sie  zuvor  von  den  reifenden  Feigen  den  Pollen 
der  wenigen  männlichen  Blüthen  aufgenommen  hatten. 
Sie  bestäuben  nun  die  Narbe,  durchbohren  die  Griflfel 
der  Länge  nach  und  legen  je  ein  Ei  an  eine  bestimmte 
Stelle  im  Fruchtknoten.  Die  angestochenen  Feigen 
schwellen  in  Folge  des  Stiches  wie  Gallen  an.  Die  Er- 
fahrung über  diese  monströse  Entwicklung  hat  nun  zur 
Caprification  der  zahmen  Feigen  geführt,  die  darin  be- 
steht 2),  „dass  man  reifende  wilde  Feigen  an  den  cultivirten 
Feigenbäumen  aufhängt,  wenn  das  Auge  der  jungen  Feige 
offen,  die  Narben  der  Fruchtblüthen  aber  empfängniss- 
fähig sind.  Die  aus  den  wilden  Feigen  ausschwärmen- 
den Feigenwespen  dringen  in  die  junge  zahme  Feige  ein, 
befruchten  sie  und  bewirken  dadurch  wahrscheinlich,  dass 
sie  nicht  so  leicht  unreif  abfallen  und  früher  reifen."  — 
Doch  wird  in  manchen  Ländern  die  Caprification  gar 
nicht  geübt,  und  trotzdem  liefern  die  Bäume  dieselben 
reichen  Ernten. 

Durch  Trocknen  an  der  Luft  schrumpfen  die 
Feigen  ein,    werden   an    der  Oberfläche   grobrunzelig, 

*)  Historia  plantarum  IL  8.  1. 

•)  Solms-Laubach,  Herkunft,   Domestication  und  Verbrei- 
tung des  gewöhnlichen  Feigenbaums.    Göttingen  1882. 


—    208    — 

gelblich  grau,  und  bedecken  sich  an  der  Aussenseite  mit 
einem  Ueberzug  von  ausgeschiedenen  Zuckerkrystallen; 
das  Fleisch  ist  schmierig -zähe.  Mitunter  sind  sie  auch 
mit  Mehl  (Kastanienmehl)  bestäubt.  An  älteren  schon 
verderbenden  Feigen  findet  man  zahlreiche  Bälge  von 
Milben  (Acarua  domesticus);  Milben  und  kleine  hefeartige 
Zellen  beschleunigen  die  Zersetzung. 

Als  wichtigste  Feigensorten  fuhren  wir  nach  V  o  gl  ^)  an: 

1)  Kleinasiatische  (türkische)  oder  Smyrnaer 
Feigen.  Aus  verschiedenen  Gegenden  Klein-Asiens 
und  von  mehreren  Inseln  des  Archipels,  z.  B.  von 
Cypem,  vorzüglich  aus  Smyma  verschickt.  Besonders 
geschätzt  sind  die  aus  der  Landschaft  Aidin,  süd- 
östlich von  Smyma.  Die  Smyrnaer  Feigen  sind 
gross,  gelblich,  dünnhäutig,  sehr  fleischig,  von 
schleimig -süssem,  honigartigem  Geschmack.  Die 
besten  kommen  als  Tafelfeigen  in  runden  Schachteln 
(Schachtelfeigen),  mindere  Sorten  in  Kisten  und 
Fässern  verpackt  in  den  Handel  *).  Die  Oberfläche 
ist  fein  runzelig  streifig  und  die  breitgedrückten 
messen  im  Breitendurchmesser  4 — 5  cm.  Auserlesene 
Waare,  Ekmis,  Erbeyli,  Eleme  kostet  bis  90 
Franken  per  Gentner.  Frühzeitig  abgefallene,  un- 
reife, harthäutige  Feigen,  Ausschussfeigen  oder  Hor- 
das,  dienen  zur  Bereitung  des  Feigenkaffees  und 
zur  Unterschiebung  guter  Sorten. 

2)  Griechische  Feigen.  Hierher  gehören  die  Kranz- 
feigen, insbesondere  von  Kalamata  (im  südwest- 
lichen Theile  von  Morea),  welche  auf  Cyperushalme 
oder  Schilfsschnüre  gereiht  und  in  grossen  Fässern 
verpackt   über  Triest  in  unseren  Handel  gelangen. 


*)  Arzneikörper  p.  165  (wörtlich),  mit  einigen  Zusätzen.  — 
>;  Landerer  (Archiv  der  Pharm.  2.  Reihe  Bd.  LXVIII.  p.  81 
fi.) beschreibt  die  sog.  schwarzen  Feigen,  eine  besondere  Sorte 
von  Smymafeigen.  Sie  sind  grösser  und  durch  tiefpurpurrotbe 
Farbe  ausgezeichnet.  Die  Feigen  der  griechischen  Inseln 
sollen  in  Smyrnafeigen  umgewandelt  werden,  indem  man  die 
schönsten  haJbtrocknen  Früchte  in  heisses  Wasser  taucht  und  nach- 
dem sie  lufttrocken  geworden,  mit  Mehl  bestreut  und  mit  Lorbeer- 
blättern in  Schachteln  packt.  Sie  überziehen  sich  nach  einiger 
Zeit  mit  Zucker  und  sehen  echten  Smymafeigen  dann  sehr  ähnlich. 


—    209    — 

Sie  sind  derbhäutig,  ziemlich  gross,  flach  gedrückt, 
scheibenrund,  minder  süss  und  trockner  als  die 
vorigen.     (Siehe  unten). 

3)  Italienische  Feigen  (sicilianische ,  Calabreser, 
Puglieser-,  Genueser  etc.  Feigen)  von  verschiedener 
Grösse  und  Qualität.  Manche  Sorten  mit  Lorbeer- 
blättern verpackt,  nicht  selten  mit  Mehl  bestäubt. 
Eine  hierher  gehörige,  viel  im  Handel  vorkommende 
Sorte  sind  die  Florentiner  Feigen  mit  blassgelb- 
licher Oberfläche,  sehr  dünner  Haut,  und  sehr  ge- 
ringem Zuckerbeschlag.  Sie  sind  unregelmässig  zu- 
sammengedrückt, grobrunzelig,  wenig  süss  und  wer- 
den beim  Eintrockenen  geradezu  hart. 

4)  Dalmatiner-  und  Istrianer  Feigen  gehören  zu 
den  kleinsten,  sind  sehr  süss  und  weich,  aber  wenig 
haltbar;  sie  kommen  in  kleinen  Fässern  verpackt 
(Fassfeigen)  über  Triest  und  Fiume  in  den  Handel, 
die  besten  von  der  Insel  Lesina. 

5)  Tiroler-Feigen  aus  der  Gegend  von  Trient  und 
Roveredo  mit  Lorbeer-  oder  Rosmarinblättern  ver- 
packt als  Laub-  und  Rosmarinfeigen. 

6)  Französische  Feigen,  aus  Südfrankreich,  nament- 
lich aus  der  Provence,  zum  Theil  ausgezeichnetes 
Product  (Marseiller  F.,  Figues  royales). 

7)  Spanische  Feigen,  meist  von  Malaga,  dann  von 
Sevilla,  Alicante  und  Valencia.  Meist  klein  und  zum 
Theil  wenig  haltbar. 

8)  Portugiesische  Feigen,  überFaro  undLagos  in 
Körben  von  Palmblättern  ausgeführt. 

Die  in  unserm  Handel  am  häufigsten  vorkommenden 
Kranzfeigen  (insbesondere  von  Kalamata  auf  Morea) 
sind  scheibenrund  (siehe  oben),  der  Scheibendurchmesser 
beträgt  3 — 4  cm,  die  Dicke  etwa  0.5—1.5  cm.  Die 
Oberfläche  ist  grobrunzlig,  was  bei  den  Smyrnaer  Feigen 
nicht  d^r  Fall  ist. 

Mikroskopischer  Bau.  Die  cuticularisirte  Ober- 
haut besteht  aus  starken  Plattenzellen,  die  mit  Zucker- 
krystallen  und  Kömern  überzogen  sind;  sie  trägt  auch 
einzellige,  kurze  conische,  gewöhnlich  etwas  gekrümmte 

Hanausek,  Nahrnngs-  u.  Oenussmittel  ä.  d.  Pflanzenreich.     14 


Oewebetheile  aus   dem    sog.   Feigenkaffee  (Picns  Garica).  —  h  Haare,  p  Pa- 

renchym  der  Sohein-Fruchtwand.  p'  Parenohym  mit  k  Krystallen,  m  m  Miloh- 

saftschläuche  (Bruchstücke)  —  sp  Spiroiden,  sk  Sklerenchymzellen  der  Frucht- 

samenhaut,  sa  Samengewebe,  am  Stärkekörnohen,  h  Haare  der  Oberhaut. 

Haare  (Fig.  62  h.)  Das  Parenchymgewebe  unter  der 
Oberhaut  setzt  sich  aus  kubischen,  in  jugendlichen  Feigen 
noch  faltigwandigen  Parenchymzellen  zusammen  (Fig.  62 
pO,  die  Krystalle  von  Kalkoxalat  (k)  führen  (gut  wahr- 
nehmbar in  Feigen,  die  längere  Zeit  in  Spiritus  gelegen). 
Die  weiter  einwärts  gelegenen  Parenchymzellen  sind  ge- 
streckt und  nach  verschiedenen  Richtungen,  meist  aber 
tangential  orientirt;  sie  schliessen  weite  Intercellular- 
räume  zwischen  sich  ein.  Ihr  Inhalt  ist  vornehmlich 
Zucker,  mitunter  auch  kleine  ei-  bis  kugelrunde  Stärke- 
körnchen (am),  namentlich  in  unreifen  Feigen.  Durch 
das  ganze  Gewebe  ziehen  0.02  mm  breite,  meist  dicho- 
tomisch  verzweigte,  sehr  aufiTällige  Milchsaftgeiasse,  deren 
theils  flüssiger,  theils  krümlig -körniger  Inhalt  durch 
Kali  goldgelb  gefärbt  wird  (Fig.  62  m  m).  Die  zahlreichen 
Gefässbündel  (sp)  enthalten  Spiroiden  und  Leitzellen.  — ^^ 


—     211     — 

Die  strohgelbe  Fruchtsam enhäut  hat  eine  Dicke  von 
0.10  mm  und  besteht  nur  aus  Sklerenchymzellen,  (Fig. 
62  sk),  die  in  der  äussersten  Beihe  kubisch  und  voll- 
kommen verdickt  sind.  Das  Samengewebe  ist  ein  farb- 
loses, dünnwandiges,  scharfkantig-  polyedrisches  Paren- 
chym  (Fig.  62  sa)  mit  einem  aus  Oeliröpfchen  und  Plasma 
bestehenden  Inhalte. 

Alle  diese  Elemente  sind  auch  in  dem  sogenannten 
Feigenkaffee  nachweisbar;  insbesondere  sind  Haare, 
Steinzellen,  Milchsaftgefässe  (bei  diesen  der  Inhalt  oft 
contrahirt)  und  Gefässbündel  gut  erhalten.    (Fig.  62.) 

Nach  König  haben  die  Feigen  folgende  chemische 
Zusammensetzung: 


u  -     1 


1  s         j^ 

31.20       4.01       1.44       1.21       49^79     ^51       4.98      2.86 

Nach  Bley  sind  in  getrockneten  Feigen  62.5  % 
Zucker  enthalten;  nach  anderen  Analysen  steigt  der 
Traubenzuckergehalt  bis  70  7o. 

Die  Feigen  werden  in  frischem  und  getrocknetem 
Zustande  (als  Kranz-,  Fass-  und  Schachtelfeigen)  ins- 
besondere in  südlichen  Ländern  seit  den  ältesten  Zeiten 
genossen,  in  Deutschland,  Oesterreich  u.  s.  w.  in  gross- 
artigem Maassstabe  zur  Bereitung  eines  Kaffeesurrogates 
verwendet,  indem  man  sie  röstet  und  zermahlt.  Dieser 
„Feigenkaffee"  bildet  gegenwärtig  einen  sehr  bedeuten- 
den Handelsartikel,  wird  aber  häufig  mit  anderen  Kaffee- 
surrogaten versetzt.    (Siehe  diese.) 

Die  Alten  verzehrten  die  Feigen  auch  als  Feigen- 
kuchen, die  man  durch  Zusammenstampfen  frischer  Feigen 
erzeugte.  In  der  Bibel  heissen  sieDebelim.  Plinius, 
Athenäus,  Dioskorides  berichten  vieles  über  Feigen; 
ihre  arabische  Bezeichnung  dient  der  fiinfundneunzigsten 
Sure  des  Korans  zur  Ueberschrift.  Castor  Durante 
(Venezia  1617)   besingt   in   lateinischen  Hexametern  die 

14* 


—     212     — 

vorzüglichen  Wirkungen  der  Feigen  in  medicinischer  Hin- 
sicht i). 

Für  Palästina,  Syrien ^  Egypten  und  das  übrige 
Nordafrika  sind  auch  die  wallnussgrossen,  höchst  an- 
genehm schmeckenden  Früchte  der  Sycomore  (Manl- 
beerfeigenbaum,  Ficus  Sycomorus  L.\  dieSycomoren  oder 
egyp  tische  Feigen  von  Bedeutung,  in  dem  europäischen 
Handel  kommen  sie  nicht  vor;  auch  die  indischen  oder 
Cactus feigen,  die  Früchte  der  jetzt  auch  in  Süd- 
europa eingebürgerten  Opuntia  ficus  mdica  Haw.  (^Cactus 
OpurUia  L,)  bilden  keinen  Handelsgegenstand. 

Statistische  Angaben  über  Gewinnung  und  Export 
sind  noch  zu  mangelhaft,  um  ein  Bild  über  die  in  den 
Handel  gelangenden  Quantitäten  zu  erhalten.  Italien 
exportirte  i.  J.  1878  Feigen  im  Werthe  von  1.5  Millionen 
Mark,  Griechenland  im  Werthe  von  3.2  Millionen  Mark. 
—  Aus  dem  Innern  von  Kleinasien  werden  jährlich  über 
250000  Centner  Feigen  im  Werthe  von  77»  Mill.  Fran- 
ken nach  Smyrna  gebracht. 

Anhang.  In  die  Gruppe  der  „Scheinfiüchte"  sind 
noch  die  süssschmeckenden  Früchte  des  schwarzen 
und  weissen  Maulbeerbaumes  {Morus  nigra  etaU>aL.\ 
die  auch  medicinisch  benützt  werden,  und  die  köstlich 
duftenden  und  süssschmeckenden  Fruchtstände  von  Anor 
nasa  sativa  L,  einzureihen,  welche  letztere  als  Zucker- 
hut-, Königs-  etc.  Ananas  sortirt  werden.  Die  Pflanze 
wird  in  allen  Tropenländern  cultivirt,  in  Europa  in  Ge- 
wächshäusern gezogen.  Die  Ananas  ist  keine  Sammel- 
frucht, sondern  ein  wahrer  Fruchtstand  und  sonach  als 
ein  Complex  echter  Beeren  anzusehen. 


*)  Eine   kurze  Probe  aus  dem  Opus  möge  hier  Platz  finden: 
„Calfacit,  humectat,  abstergit,  discutit  alvum, 
Cit  lotiumque  simul,  Ficus,  tum  menstma  ducit, 
Maturat  strumas,  emollit,  ooncoquit,  atque 
Expurgat  renes,  tussi  veterique  medetur; 
At  matura  recens  alvum  solvitque,  cietque 
Sudorum  propulsatque,  sitimque,  et  tormina  sedat; 
Siccat,  äuget  vires,  alvo  utilis,  arteriseque 
Renibus,  et  vesicse,  nee  non  gutturi,  et  ipsi 
Hydropicisque  et  anhelis  valde  est  apta,  caducis 
Et  morbis. 


—    213     — 


VI.    Samen. 

Die  in  dem  Fruchtknoten  der  Pflanze  enthaltenen 
Samenknospen  entwickeln  sich  während  der  Fruchtreife 
zu  Samen,  dem  Endproducte  des  sexuellen  Lebens  der 
Gewächse.  Am  Samen  unterscheiden  wir  Hülle  und 
Kern.  Die  Hülle  kann  eine  einfache  sein,  oder  aus 
einer  äusseren  Samenschale  (testa)  und  einer  inneren 
S  amen  haut  (tegmen)  zusammengesetzt  sein.  Besonders 
gekennzeichnete  Stellen  an  der  Oberfläche  der  Samen  sind 
der  Nabel,  eine  meist  hervorragende  Narbe,  an  welcher 
der  Nabelstrang,  ein  den  Samen  mit  der  Fruchtwand 
verbindendes  Organ,  anhaftet;  ferner  die  Nabellinie 
oder  Baphe,  die  durch  einen  vom  Nabel  entspringenden 
Gefässbündelstrang  verursacht  wird  und  bis  zum  Hagel- 
fleck (Chalaza)  hinführt;  letzterer  deutet  die  Ausmün- 
dungsstelle der  Gefässbündel  an  und  ist  somit  die  or- 
ganische Basis  des  Samens. 

Der  Samenkern  enthält  den  Urtypus  der  künftigen 
Pflanze,  den  Keimling  oder  Embryo,  der  aus  einem 
Axenorgan,  dem  Würzelchen  mit  dem  Knöspchen  und  aus 
einem  (Monokotyledonen),  aus  zwei  (Dikotyledonen)  oder 
mehreren  (Coniferen)  Samenlappen  (Keimlappen,  Kotyle- 
donen) zusammengesetzt  ist.  Macht  der  Embryo  allein 
den  Samenkern  aus,  so  spricht  man  von  eiweisslosen 
Samen  (Castanie,  Senf),  ist  er  aber  noch  in  einem  be- 
sondern Gewebe,  dem  Eiweisskörper  (Endosperm) 
eingeschlossen,  so  bezeichnet  man  solche  Samen  als 
eiweiss haltige  (Getreidekorn).  Einige  Samen  besitzen 
einen  doppelten  aus  verschiedenen  Gewebsgruppen  her- 
vorgegangenen Eiweisskörper,  der  dann  als  Perisperm 
und  Endosperm  unterschieden  wird. 


1.  Mandeln. 

Der  Mandelbaum  {Amygdalus  commwm  L,^  Fam. 
Amygdaken^  Steinobst)  ist  im  Kaukasus  einheimisch  und 
wird  seit  alter  Zeit  in  den  Mittelmeerländern  cultivirt, 
wo    er   höchst    ertragreiche  Ernten   liefert,      üebrigens 


—     214     — 

finden  sich  Mandelbäume  auch  in  geschützten  Lagen  in 
Mitteleuropa  und  selbst  noch  im  südlichen  Norwegen, 
deren  Ernten  recht  gut  genannt  werden  können  (z.  B. 
in  Saillon,  Montorge  in  der  Schweiz,  in  Niederösterreich). 
Die  Variation  des  Mandelbaomes  ist  eine  so  bedeutende 
und  zugleich  so  wenig  constant,  dass  die  Aufstellung 
halbwegs  sicherer  Formen  ausserordentlichen  Schwierig- 
keiten unterliegt.  Wir  begnügen  uns,  nur  die  für  die 
Nahrungsmittelkunde  wichtige  Gruppirung  anzugeben. 
Man  unterscheidet  hinsichtlich  des  Geschmackes  und  der 
chemischen  Zusammensetzung   der  Samen   zwei  Formen: 

1.  Amygdalus  'amara  Tourmfort^  Bittermandelbaum  und 

2.  A.  dulcis  L.  die  süsse  Samen  liefernde  Form.  Nach- 
stehende Beschreibung  gilt  insbesondere  nur  der  zwei- 
ten Varietät. 

Die  Frucht  des  Mandelbaumes  ist  einseitig  eiförmig, 
zusammengedrückt,  am  Scheitel  schwach  zugespitzt,  an 
der  Basis  platt,  an  dem  einen  Längsrande  mit  einer 
Furche  versehen,  die  die  Trennungsstelle  des  beim  Ein- 
trocknen aufspringenden  Perikarps  andeutet  und  wo 
häufig  Gummimassen  auftreten.  Das  Perikarp  ist  leder- 
artig, trocken  und  geschmacklos,  grünlichgelb,  aussen 
mit  einem  dichten  grauen  Filz  bedeckt.  Im  Reifezu- 
stande löst  es  sich  leicht  von  dem  Endokarp  oder  Stein- 
kerne, der  gelbbraun,  matt,  runzelig  und  mit  nicht  zahl- 
reichen rundlichen  Löchern  oder  kleinen  Binnen  versehen 
ist.  Die  Mächtigkeit  und  Consistenz  dieser  Steinschale 
ist  sehr  verschieden;  bei  den  Princess-  oder  Krach- 
mandeln ist  ihre  Oberfläche  graugelb,  rauh,  fast  kömig, 
dünn  und  daher  leicht  zerbrechlich,  durchscheinend, 
scharfrandig,  fast  geflügelt;  der  körnig -rauhe  Ueberzug 
lässt  sich  leicht  abkratzen.  Bei  den  gemeinen  Sorten 
mit  beinharter  und  glatter  Steinschale  erreicht  letztere 
eine  Mächtigkeit  von  4 — 5  mm. 

Mikroskopischer  Bau.  Die  Oberhaut  der 
Fruchtschale,  aus  dicht  aneinander  gefügten,  wenig 
platten  Oberhautzellen  zusammengesetzt,  trägt  zahlreiche 
einzellige,  dünnwandige,  an  dem  freien  Ende  abgerundete, 
wurmähnliche  Haare ;  das  Subepidermalgewebe  zeigt  stark 
tangential  abgeplattete  Zellen,  die  nach  einwärts  allmählich 
in  kugelrunde  übergehen.     In  dieser  Schicht  liegen  zahl- 


—     215     — 

reiche,  durch  ein  gelhwulstiges  Epithel,  dessen  einzelne 
Zellen  durch  die  Gummimetamorphose  keine  deutlichen 
Contouren  mehr  wahrnehmen  lassen,  abgegrenzte  Gummi- 
gäuge.  Die  Stein  schale  besteht  aus  Sklerenchym- 
schichten  i),  die  durch  ein  Gefässbündelnetz  von  einander 
getrennt  sind.  Die  Sklerenchymzellen  sind  polyedrisch, 
vollkommen  verdickt  und  zeigen  ausgezeichnete  Schich- 
tungen und  verzweigte  Porenkanäle.  Auf  der  Innenseite 
ist  die  Steinschale  durch  ein  sehr  dichtes,  glänzendes 
Steinzellengewebe  abgeschlossen. 

Obwohl  der  Anlage  nach  die  Mandelfrucht  zweisamig 
ist,  so  kommt  doch  gewöhnlich  nur  ein  Same  zur  Ent- 
wicklung. 

Der  Same  (von  einsamigen  Früchten)  ist  eiförmig, 
platt  gedrückt,  biconvex,  am  Querschnitte  zweieckig,  zuge- 
spitzt; sind  zwei  Samen  in  einer  Frucht  entwickelt,  so  ist 
deren  Form  mehr  oder  weniger  unregelmässig;  an  den 
Berührungsstellen  sind  sie  platt  gedrückt,  oder  einer  ver- 
tieft, der  andere  erhaben;  einer  ist  meist  grösser  und  oft 
liegen  sie  nicht  neben,  sondern  schief  hintereinander. 
Sie  sind  10—25  mm  lang,  10—15  mm  breit,  4 — 8  mm 
dick  (an  dem  stumpfen  Ende).  Die  Samenhülle  ist 
zimmtbraun,  eigenthümlich  lederartig,  niemals  glatt,  son-^ 
dern  körnig,  schülfrig  und  pulverig  bestäubt,  und  von 
den  sie  durchziehenden  etwa  16  Gefässbündeln  streifig. 
Unter  der  Spitze  zeigt  sich  ein  länglicher,  glatter,  her- 
vorragender Streifen  als  Nabel,  von  dem  ein  wenig 
deutlicher  Nabelstreifen  zu  der  grossen,  etwas  dunkler 
gefärbten  und  nicht  bestäubten  Chalaza  zieht.  Von  an- 
geweichten Samen  ist  die  Hülle  leicht  abzuziehen.  Der 
eiweisslose  Samenkern  besteht  nur  aus  zwei  grossen, 
öligfleischigen,  weissen,  angenehm  milde  schmeckenden 
Samenlappen,  und  dem  am  spitzen  Ende  liegenden 
Würzelchen.  Durch  Zerreiben  der  Samen  im  Wasser 
erhält  man  eine  angenehm  schmeckende,  milchige  Flüssig- 
keit, die  Mandelmilch. 

Mikroskopischer  Bau.  Die  0.1—0.5  mm  dicke 
Samenhaut  zeigt  im  Querschnitte  folgende  Schichten: 
Die   erste   Schicht    aus   stark  coUabirten,    tangential 


*)  Vergleiche  auch  Wiesner,  Rohstoffe  p.  719. 


—     216    — 

gestreckten  Zellen  bestehend,  deren  äussere  Reihen  don* 
kelbraun,  während  die  inneren  lichtgelb  gefärbt  er- 
scheinen, schliesst  in  grossen  (im  Querschnitte)  ellip- 
tischen Räumen  die  Gefässbündel  ein,  die  aus  zahkeichen 
Spiroiden  zusammengesetzt  sind,  und  trägt  auf  ihrer 
Aussenseite  grosse,  tonnenförmig  ausgebauchte,  nur  lose 
aufsitzende  Zellen  von  .enormen  Dimensionen  (Länge 
0.1 — 0.3  mm),  deren  verholzte  Membran,  dicht  getüpfelt 
ist.  Von  diesen,  Gerbstoff  enthaltenden,  Zellen  rührt 
die  rauh-schülfrig,  wie  bestäubt  aussehende  Oberfläche 
der  Mandelhülle  her  und  sie  scheinen  die  innerste  Schieb  t 
der  Steinschale  darzustellen.  An  den  in  Wasser  liegen- 
den Querschnitten  der  Samenhaut  gewahrt  man  die  zweite 
Schicht,  die  lebhaft  an  die  Proteinschicht  der  Le- 
guminosen erinnert,  von  der  ersten  durch  einen  gelati- 
nösen, in  Kalilauge  mächtig  aufquellenden  Streifen 
getrennt.  Dieser  Streifen  stellt  aber  nur  die  enorm 
verdickte  Aussenwand  der  Zellen  der  zweiten  Schicht 
dar  und  ist  von  der  ersten  noch  durch  ein  feines  Guti- 
cularhäutchen  geschieden.  Die  zweite  Schicht 
enthält  gewöhnlich  nur  eine  Zellreihe,  die  Zellen  sind  im 
Querschnitte  quadratisch,  von  der  Fläche  gesehen  poly- 
gonal, und  enthalten  Fett  und  Proteinkörner.  Ihre 
Wände  werden  von  Chlorzinkjod  gebläut.  Das  Gewebe 
der  Samen  läppen  ist  ein  Parenchym  polyedrischer  oder 
rundlicher,  dünnwandiger  Zellen,  deren  Inhalt  aus  Oel- 
tröpfchen  und  rundlichen  oder  eckigen  Aleuronkörnern 
sich  constituirt,  wie  die  Beobachtung  unter  Gel  ergiebt. 
In  Wasser  lösen  sich  letztere  auf  und  es  werden  die 
Fetttropfen  in  grosser  Anzahl  deutlich  sichtbar.  Das 
kurze  dicke  Würzelchen  besteht  aus  längsgestreckten, 
dünnwandigen  Parenchymzellen. 

Von  den  süssen  Mandeln  unterscheiden  sich  die 
bitteren  (AmygdalcB  amarce)  weder  durch  Form  noch  durch 
Grösse^),  wohl  aber  durch  ihre  Inhaltsstoffe.  Sie  enthalten 
nämlich  Amygdalin,  ein  stickstoffhaltiges  Glykosid  von 
der  Formel  CjoHaTNOn,  das  in  einer  Menge  von  1.5—3  % 
in  den  Samen  nachgewiesen  worden  ist;  ferner  Em ul sin 

^)  Nach   anderen   Angaben   sollen    die    bitteren  Mandeln   im 
Allgemeinen  kleiner  sein,  als  die  süssen. 


—     217    — 

(Synaptase),  einen  Eiweissstoff,  dem  die  eigen thümliche 
Eigenschaft  zukommt,  in  Berührung  mit  Amygdalin  dieses 
bei  Gegenwart  von  Wasser  in  Blausäure,  Bitter- 
mandelöl, Zucker  (und  Ameisensäure?)  zu  zerlegen. 
Thome^)  hat  gefunden,  dass  das  Amygdalin  in  den 
Parenchymzellen,  das  Emulsin  in  den  Gefässbündeln  ent- 
halten ist;  zerkleinert  man  daher  bittere  Mandeln  in 
Wasser,  so  giebt  sich  das  neugebildete  Bittermandelöl 
durch  seinen  bekannten  Geruch  sofort  kund. 

Der  Procentgehalt  der  süssen  Mandeln  an  chemischen 
Stoffen  ist  folgender: 

„  Stickstoff-  j, .  Stiekstofffreie        „  ,  .  .   . 

^"^'^  Substanz:  ^'^'''  IitrtcUtolfe:         ^'^'^"''''  ^''^''• 

5.39  24.18  53,68         7.23  6.56  2.96 

Die  Samenschalen  enthalten  Gerbsäure;  der  Gehalt 
an  stickstofffreien  Extractstoffen  wechselt;  so  hat  man 
3®/o  Gummi,  6%  Zucker  und  0.5^0  Essigsäure  nachge- 
wiesen; die  gewöhnliche  Zuckermenge  beträgt  3—5%. 
Fünf  kg  süsser  Mandeln  liefern  beim  Auspressen  2  kg 
fettes  Oel,  die  Presskuchen  geben  zerstossen  die  Mandel- 
kleie. In  bitteren  Mandeln  ist  die  Fettmenge  geringer 
und  fällt  bis  30%;  das  ätherische  Bittermandelöl 
ist  in  0.1 — 0.8%  enthalten;  der  Process  der  Spaltung 
des  Amygdalins  durch  das  Emulsin  lässt  sich  durch 
folgende  chemische  Formeln  ausdrücken: 
Cao  H27  NOii  +  2  H2  0  =  C7  He  0  +  CNH  +  2(C6  H12  Oe) 

Amygdalin     +     Wasser  =   ^^J^^^    +    ^^J  +  2  Zucker. 

Von  den  zahlreichen  Sorten  der  süssen  Mandeln 
werden  die  spanischen  oder  Valencia-Mandeln  von 
Alicante  und  Malaga  wegen  ihres  Wohlgeschmackes  und 
ihrer  Grösse  besonders  geschätzt;  ihnen  kommtauch  die 
vollausgebildete,  wohlbekannte  „Mandelform"  zu.  Die 
Provence  liefert  über  Marseille,  Aix,  Avignon  etc. 
kleine,  sehr  feste  und  fast  bruch freie  Mandeln;  als  eine 
ausgezeichnete  Waare  gelten  die  Tafel  man  dein,  die  von 
der  Dauphine  als  Molieres  und  Abelans  oder  Aman- 
des  ä  la  Princesse  (Krach-,  Princess-,  Jordansmandeln) 


*)  Bot.  Ztg.  1865,  No.  30. 


—     218    — 

in  den  Handel  gebracht  werden.  Sicilianische  Sorten 
sind  die  Avolo-Mandeln,  die  Ambrosia-Mandeln  von 
Mascali  und  Girgenti,  im  deutschen  Handel  finden 
sich  auch  häufig  die  kleinen  und  dicken  Puglieser 
Mandeln  von  ünteritalien ,  die  portugiesischen  von 
Pitt  oder  Oporto  und  die  maroccanischen  oder 
barbarischen  von  Mogador,  die  letzteren  als  grobe 
Bruchwaare  wenig  geschätzt. 

Der  Hauptstapelplatz  des  deutschen  Handels,  Ham- 
burg, importirte  im  Jahre  1877  3  400  000  Pfd.,  i.  J.  1878 
2  500  000  Pfd.  und  zwar 

2  000  000  Pfd.  aus  Sicilien  und  der  Provence, 
220000    „       „    Malaga  und  Valence 
200  000    „       „     Oporto  und  Lissabon 
und     80  000    „       „    Berberice 
dazu    kamen    über    die    Ostseehäfen    7  255  Pfund    und 
23  382  Pfd.    über  Oesterreich.      Der  Export  von   Moga- 
dor (Marokko)  betrug  im  Jahre  1879  640  764  kg. 

2.    Pistazien,     (Grüne  Mandeln). 

Die  echte  Pistazie,  Pistacia  vera  L,  (Anacardiaceen) 
ist  ein  in  Kleinasien  einheimischer,  im  östlichen  Mittel- 
meergebiete und  auf  Sicilien  —  um  Bronte  —  cultivirter 
Baum  init  etwa  2.8  cm  langen,  schieflänglichen,  eiförmigen 
oder  ellipsoidischen,  stachelspitzigen  Steinfrüchten,  die 
ein  dünnes  Fruchtfleisch  und  eine  zweiklappige,  starke, 
knöcherne,  glatte  Steinschale  besitzen.  Letztere  um- 
schliesst  einen  eiweisslosen  Samen,  der  allein  als  Pistazie 
die  Handelswaare  ausmacht. 

Die  Pisfaziensamen  messen  1.5 — 2  cm  in  der 
Länge,  7 — 9  mm  im  Querdurchmesser  und  haben  eine 
wenig  regelmässige  Gestalt;  sie  sind  meist  dreikantig, 
seltener  vierkantig,  die  eine  Längshälfte  ist  von  der 
Seite,  die  andere  vom  Rücken  her  zusammengedrückt; 
letztere  ist  breiter  als  die  erstere;  der  Querschnitt  be- 
sitzt die  Form  eines  Herzens,  dessen  Spitze  der  scharfen 
Rückenkante  entspricht.  Diese  schneidig -scharfe  Kante 
zieht  bis  zu  dem  am  unteren  Ende  befindlichen,  durch 
faltige  Eindrücke  gekennzeichneten  grossen  Nabel,  von 
dem  eine  deutlich  wahrnehmbare  NabeUinie  zu  der  lichten 


—    219     — 

Chalaza  führt..  Die  Samenhaut  ist  an  der  Oberfläche 
glanzlos,  unregelmässig  streifig,  runzlig,  auf  der  scharf- 
gekielten Rückenfläche  dunkelcarmin-  bis  braunroth  und 
fiteif  lederartig,  auf  der  Bauchseite  grünlichgrau  bis 
zimmetbraun,  papierdünn  und  weich  ;  sie  umschliesst  zwei 
schöngrüne  (pistaziengrüne),  öligfleischige ,  planconvexe 
Eeimlappen  und  das  kleine,  an  der  Spitze  liegende,  mit 
den  Keimlappen  einen  Winkel  bildende  Würzelchen  mit 
dem  Knöspchen. 

MikroskopischerBau.  Die  Oberhautzellen  der 
Samenhaut  sind  im  Querschnitte  quadratisch,  cuticulari- 
ßirt,  das  Parenchym  setzt  sich  aus  radial  gestreckten, 
ziemlich  regelmässigen,  massig  verdickten,  mit  rosen-  bis 
violettrothem  Farbstoff  angefüllten  Zellen  zusammen ;  der 
Farbstoff  löst  sich  nur  wenig  in  Wasser,  aber  vollständig 
in  Kalilauge  mit  blaugrüner  Farbe,  die  nach  einiger  Zeit 
verschwindet.  Zahlreiche  Spiralgefässbündel  liegen 
zwischen  der  3.  und  4.  Zellreihe.  Der  Inhalt  des  Paren- 
chyms  reagirt  auf  Gerbstoff.  —  Das  Gewebe  der  Keim- 
läppen  ist  ein  Parenchym  von  dünnwandigen,  polyedrischen 
oder  runden  Zellen,  deren  Inhalt  Aleuronkörner  und  Fett 
aufweist.  Die  Aleuronkörner  erscheinen  besonders  deut- 
lich in  starker  Salzlösung  und  ihnen  haftet  der  durch 
Alkohol  leicht  zu  entfernende  grüne  Farbstoff  an.  Jod 
weist  auch  vereinzelte  Häufchen  kleiner  runder  Stärke- 
körnchen nach.  In  alten  Samen  ist  der  ganze  Inhalt 
von  Bündeln  spiessiger  oder  wetzsteinartiger  Fettkry- 
stalle  durchsetzt.  —  Die  Pistazien  schmecken  angenehm 
mandelartig,  und  werden  durch  Zersetung  des  Fettes 
(Fettsäurebildung)  leicht  ranzig;  sie  enthalten  noch  ge- 
ringe Mengen  von  Zucker.  An  der  Luft  und  alt  gewor- 
den verlieren  sie  die  grüne  Farbe. 

Der  Handel  mit  Pistazien  geht  von  der  Levante 
(beste  Sorte),  von  Sicilien  und  Tunis  aus;  zu  uns 
kommen  die  sicilianischen  und  die  Tuneser  Pistazien,  von 
welchen  letztere  wegen  ihrer  lebhaft  grünen  Farbe  die 
gesuchtesten  sind.  Die  grössten  Pistazien  liefert  Aleppo, 
die  wegen  ihrer  gelben  Farbe  —  mit  Unrecht  —  wenig 
geschätzt  sind. 

Man  verwendet  sie  zu  verschiedenen  Gonditoreiwaaren, 
als  Zusatz  zu  dem  Wurstgefüllsel  und  sonst  vielfältig  bei 


—     220    — 

feinen  Speisen.  Sehr  häufig  ersetzt  man  sie  durch  grün 
gefärbte  Mandeln,  die  durch  ihren  Farbstoff  verdächtig 
sein  können  und  zur  Vorsicht  rathen. 


3.  Piniolen  (Pineolen). 
(Italienisch  pigneoli,  pinocchi,  französisch  pignons). 

Eine  der  schönsten,  südeuropäischen  Coniferen  (Nadel- 
hölzer), die  Pinie  {Pinus  Pinea  JD.,  Nusskiefer)  bewohnt 
die  Küstenländer  des  Mittelmeeres,  die  Levante,  Italien, 
Spanien,  Südfrankreich,  Istrien,  Dalmatien  (die  dalma« 
tinische  Insel  Meleda)  und  gedeiht  noch  bei  Görz  und  in 
SüdtiroL  Der  Samenstand  dieses  Baumes  ist  ein  faust- 
grosser,  bis  15  cm  langer  und  10  cm  breiter  durch  seine 
ornamentale  Ausbildung  ausgezeichneter  Zapfen.  Der- 
selbe trägt  am  Grunde  der  holzigstarren,  verdickten,  auf 
der  Aussenfläche  fünf-  bis  sechsseitig  gewölbten  Schuppen 
zwei  sehr  schmal  geflügelte^  schwarzblau  bereifte  Samen 
mit  steinharter  Schale.  Die  Samen  lassen  sich,  an  einem 
kühlen,  massig  feuchten  Orte  in  den  Zapfen  aufbewahrt, 
durch  1 — 2  Jahre  keimfähig  erhalten ;  ausgekernt  —  von 
der  Steinschale  befreit  —  werden  sie  leicht,  ranzig.  Von 
gut  entwickelten  Zapfen  erhält  man  durchschnittlich  50 
bis  60  Samen;  jene  der  mittleren  Peripherie  gelten  als 
die  besten  ^);  gegen  die  Spitze  und  am  unteren'  Ende  liegt 
häufig  nur  ein  Samenkern,  der  auch  den  in  den  mittleren 
Schuppen  enthaltenen  an  Grösse  nachsteht.  Die  Samen 
kommen  erst  nach  Beendigung  des  3.  Jahres  nach  der 
Blüthe  zum  Reifen;  sind  die  Zapfen  nicht  zu  sehr  vom 
Harze  verklebt,  so  springen  sie  bei  massiger  Wärme  inner- 
halb 1 — 2  Monate  auf,  die  Schuppen  lösen  sich,  wie  bei 
der  Tanne  allmählich  von  der  Spindel  los;  nur  stark  ver- 
harzte Zapfen  bleiben  geschlossen.  In  der  Steinschale, 
noch  umschlossen  von  einer  trocknen,  braunen,  innern 
Samenhaut  liegt  der  Samenkern,  der  allein  in  den  Han- 
del kommt. 

Die  Samenkerne  (Piniolen)  sind  12 — 15  mm  lang, 


*)  J.  Aiohholzer,  Centralbl.  f.  Forstwesen  1879  p.  193. 


—    221     — 

4— 5  mm  dick,  5—6  mm  breit,  länglich  spindelig,  häufig 
gekrümmt  oder  seitlich  gedreht,  in  abgerundete  Enden 
verjüngt,  in  frischem  Zustande  weiss,  bald  schmutzig 
gelbweiss  werdend,  fett  glänzend.  Sie  bestehen  aus  dem 
öligfleischigen  Eiweiss  (Wanddicke  1 — 1.5  mm),  das  in 
seiner  Mitte  den  keulenförmigen,  weissen  1  cm  langen, 
oben  2  mm  breiten  Keimling  einschliesst.  Trennt  man 
den  Embryo  an  dem  mit  dem  Eiweiss  verwachsenen  Würzel- 
chen von  dem  Eiweiss,  und  bringt  ihn  in  Wasser,  so 
breiten  sich  die  zwölf  fadenförmigen  Keimlappen  stern- 
förmig aus. 

Der  mikroskopische  Bau  ist  ein  sehr  einfacher. 
Das  Endosperm  besteht  aus  grossen,  meist  unregel- 
mässigen Parenchymzellen,  die  vollständig  mit  kantig- 
polyedrischen,  farblosen  Aleuronkörnern  und  Fetttropfen 
erfüllt  sind.  In  Jod  gelegt  zeigen  die  Aleuronkörner 
sich  aus  einer  (goldgelb  gefärbten)  Hülle  zusammenge- 
setzt, welche  ein  ebensogefärbtes  Krystalloid  nebst  kör- 
nigen Massen  eingesohliesst.  In  Wasser  lösen  sich  erst 
die  Hülle  und  dann  die  Einschlüsse,  aber  erst  nach 
längerer  Zeit,  bei  manchen  scheint  nur  eine  Quellung 
-und  keine  Lösung  einzutreten^).  Ganz  vereinzelt  finden 
sich  auch  Stärkekörner.  Der  weitaus  fettreichere  Em- 
bryo besitzt  in  zarten  dünnwandigen  Parenchymzellen 
einen  feinkörnigen,  protoplasmatischen  Inhalt;  die  Koty- 
ledonen erinnern  in  ihrem  Bau  an  eine  Wurzelspitze,  da 
mehrere  Reihen  runder,  mit  der  Längsaxe  des  Organes 
gestreckter,  ellipsoidischer  Zellen  das  Meristem  an  der 
Spitze  umhüllen;  letzteres  besitzt  zarte,  polyedrische 
sechs — zwölfmal  kleinere  Zellen  und  Spiralgefässbündel. 

Die  Piniolen  schmecken  wie  süsse  Mandeln  mit  einer 
feinen  Beigabe  von  Harz,  was  an  Waldesduft  erinnert 
und  sehr  geschätzt  wird.   Fast  ein  Drittel  ihres  Gewichtes 


^)  üeber  die  Löslichkeit  der  Protein-  (Aleuron-)  Körner  diene 
Folgendes  zur  Aufklärung.  Vom  ehem.  Standpunkte  betrachtet  ge- 
hören diese  Proteinstoffe  der  Caseingruppe  an,  also  in  Wasser  un- 
löslichen Substanzen.  Ihre  thatsächliche  Löslichkeit  wird  aber 
durch  gewisse  in  ihnen  selbst  vorhandene  Körper,  nämlich  durch 
phosphorsaure  Salze  herbeigeführt  CPfeffer,  in  Pringsheim 
Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  8.  Bd.  p.  492),  geht  aber  nicht  vor  sich,  wenn 
die  Phosphate  aus  dem  Aleuron  entfernt  worden  sind. 


—     222     — 

beträgt  der  Oelgehalt,  weswegen  sie  gar  leicht  ranzig 
werden  und  überhaupt  nicht  lange  aufbewahrt  werden 
können.  Die  oben  angeführten  Länder  führen  sie  in  ge- 
theerten  Säcken  verpackt  aus,  Spanien  über  Barcelona, 
Frankreich  über  Marseille.  Bei  uns  werden  sie  als  Des- 
sert, Naschwerk,  Zuthat  zu  Klötzenbrod  verwendet.  Ihr 
Verbrauch  in  Italien  ist  ein  bedeutender.  —  Schon  Theo- 
krit  nennt  Piniennüsse  in  Sicilien  beliebte  Leckerbissen 
und  Plinius  beschreibt  sie.  Der  berühmteste  Pinienhain 
ist  die  Pineta  von  Ravenna,  von  der  Karl  Witte  er* 
zählt,  ^)  dass  sie  jährlich  9000  preuss.  Scheffel  Kerne  gibt, 
früher  Eigenthum  verschiedener  Kirchen,  dann  der  päpst- 
lichen Krone  gewesen  und  endlich  von  der  Regierung 
durch  eine  Abfindungssumme  abgelöst  worden  ist. 


Anhang.  Zirbelnüsse,  Zermnüsse,  Arven- 
nüsse  sind  die  Samen  der  Zirbelkiefer  Pmus  Cembra  L,j 
einer  stattlichen  pyramidenförmig  gewachsenen  Conifere, 
die  im  Pongau  und  Lungau  (Salzburg),  in  Tirol  und  der 
Schweiz  in  kleinen  Beständen  vorkommt.  Die  Zapfen 
sind  kaum  apfelgross,  die  mehr  breiten  als  langen  Schup- 

f)en  sehr  harzreich  und  durch  das  Vorkommen  eines  ge- 
örmten  blauen  Farbstoffes  ausgezeichnet*).  Die  Sameu 
sind  weit  kleiner,  als  die  Piniolen,  10 — 12  mm  lang,  von 
wechselnder  Dicke,  mit  einer  gewölbten  Rücken-  und  einer 
mehr  oder  weniger  platten  Bauchfläche  und  einer  scharfen 
Kante  versehen,  theils  abgerundet,  theils  spitz  zulaufend, 
gelb  bis  dunkelbraun,  rauh,  glanzlos.  Schmale  Samen 
gleichen  starken  menschlichen  Schneidezähnen.  Der  Sa- 
menkern steckt  in  einer  dünnen  schülfrigen  Samenhaut, 
misst  6 — 8  mm,  ist  eiförmig  zugespitzt  und  enthält  grosse, 
kantige  Aleuronkörner  und  Fett.  Der  Geschmack  ist  harzig. 
Der  Kern  trocknet  sehr  rasch  und  schrumpft  zu  einem 
ungeniessbaren,  faltigrunzligen  Körper  ein.  Die  Zirbel- 
nüsse werden  in  den  Alpenländern  genossen,  bilden  aber 
keinen  Handelsgegenstand. 


*)  Alpinisches  u.  Transalpinisches,  1858  p.  309. 
*)  T,  F.  H  a  n  a  u  8  6  k,  über  die  Harzgänge  in  den  Zapfenschuppen 
einiger  Coniferen.    Krems,  1879  p.  18  u.  19. 


—    223     — 

4.   Die   Paranuss. 
(Yuyia,  Nha,  Nia,  Touka,  Tuoanuss.) 

Die  Paranuss  ist  der  Same  des  Yaviabaumes 
(BerihoUetta  excelsaH.  u,  jB.),  eines  riesigen,  in  Südamerika 
am  Orinoko  und  Amazonas  einheimischen  Baumes  aus 
der  Familie  der  Lecytbideen  (Myrthengewächse).  Die  kugel- 
runde, kopfgrosse,  etwa  15  cm  im  Durchmesser  haltende, 
holzige,  vierfacherige  Kapsel  läuft  am  Scheitel  in  einen 
Nabel  aus  und  enthält,  um  eine  Centralsäule  angeordnet, 
15 — 24  Samen;  die  Frucht  öffiiet  sich  mit  einem  sehr 
kleinen  Deckel. 

Die  Samen  sind  2 — 5  cm  lang,  scharf  dreikantig, 
braun,  querrunzelig,  haben  eine  schmale  Rücken-,  eine 
grössere  abgeplattete  und  eine  gewölbte  Seitenfläche.  Die 
steiuschalenartige  äussere  Samendecke  ist  mit  der  innem, 
rothbraunen,  schwammigweichen,  ungleich  mächtigeren,  an 
den  Winkeln  dickeren  Decke  verwachsen.  Der  eiweisslose 
Samen  ist  weiss,  öligfleischig,  und  besteht  aus  einem  ho- 
mogenen Embryo,  an  dem  sich  Würzelchen  und  Knösp- 
chen  durch  äussere  Kennzeichen  nicht  unterscheiden 
lassen. 

Die  harte  Samenschale  der  Paranuss  zeigt  einen 
sehr  interessanten  Bau,  den  Hofmeister^)  folgendermaas- 
sen  beschreibt:  „Die  harte  Testa  zeigt  zunächst  unter  der 
relativ  dünnwandigen  Epidermis  eine  Schichte  aus  zur 
Epidermis  senkrecht  gestreckten,  prismatischen  Zellen, 
deren  Wände  sehr  stark,  bis  auf  enge,  anastomosirende 
Canäle  verdickt  sind.  Manche  Zellen  zeigen  im  Quer- 
schnitt eine  gelappte  axile  Höhlung,  die  meisten  getrennte 
Hohlräume.  .  .  .  Ausser  den  weiten  Canälen  bestehen 
deren  auch  enge,  von  jenen  ausgehende,  und  in  der  mannig- 
fachsten Weise  verästelt  und  anostomosirend  in  der  harten 
Masse  der  Zellenhaut  verlaufende.  Häufig  umkreist  ein 
solcher  Canal  einen  weiteren  eine  Strecke  weit  in  wenig 


^)  PflanzeDzelle  1867  p.  178.    Siehe  auch  Millardet,  Ann.  sc« 
nat.  4.  Ser.  p.  34. 


—     224    — 

steil  ansteigender  Schraubenlinie,  so  dass  auf  sehr  zarten 
Querdurchschnitten  dieser  von  jenem  als  von  einem  ge- 
schlossenen Ringe  umfasst  scheint".  — 

In  dem  Parenchym  des  Samenkerns  sind  Oel  und 
Aleuronkörner  mit  Krystalloiden  enthalten,  die  speciell 
von  diesem  Samen  Gegenstand  zahlreicher  und  eingehen- 
der Untersuchungen  gewesen.  Den  Stickstoffgehalt  der 
Krystalloide  bestimmte  Hartig  auf  9.46  %,  Sachsse 
nach  vorsichtiger  Reinigung  des  Präparates  auf  11.93  % 
bis  12.55  %.  Die  Krystalloide  erscheinen  als  Rhom- 
boeder,  auch  mit  Abstumpfung  der  spitzen  Ecken. 

Nach  Corenwinder  enthält  die  Paranuss  in  Pro- 
centen : 

n  *  -  X  »         t i.,     AI         stickstofffreie     «.     ,     ,  Kalii,  Kali  „ 

ProteiDStoffe:       fettes  Oel:         s„bstanxen:       P^osphorsäüre:      ^.^^;^^^.         Wasser: 

15.3  65.6  7.3  1.3  2.3  8.0 

Die  Paranüsse  besitzen  einen  wallnussartigen  Ge- 
schmack und  kommen  auf  dem  europäischen  Markt 
häufig  vor.  Para  exportirt  jährlich  50  000—90  000  Bü- 
schel. Das  feine  Oel  findet  daselbst  bei  ürmachern  und 
Künstlern  Verwendung. 


Anhang:  Neuestens  gelangen  auch  von  Para 
(Brasilien)  die  Sapucajanüsse,  die  Samen  von  Lecythis 
Ämazonum  Mart  nach  Europa.  „Die  Deckelfrucht  ist  oval, 
etwa  22  cm  lang,  18  cm  breit,  holzig,  vierfächerig,  viel- 
samig.  Die  Samen  sind  länglich,  5—6  cm  lang,  ungefähr 
3  cm  breit,  tief  und  unregelmässig  gefurcht,  rothbräun- 
lich matt;  die  Samenschale  ist  dick,  markig,  innen  zimmt- 
braun.   Der  Samenkern  ist  weiss,  hat  ein  festeres  Fleisch, 

als  die  Paranuss,  und  schmeckt  fast  wie  Haselnuss 

Aehnlich  sind  die  Samen  von  Lecythis  iimigera  Mart.,  die 
von  Canto  Gallo  bei  Rio  Janeiro  durch  Peckolt  nach 
Deutschland  gelangt  sind".  (Berg,  Pharmac.  Waarenk. 
II.  Aufl.  p.  435). 


5.   Mohnsamen. 

Die  Mohnpflanze  {Papaver  somniferum  i.,  Papaveracece) 
wird   als   Opiumpflanze   in  Eleinasien    und  Persien  und 


—    225    — 

Indien,  als  Oel-  und  Nahmngspflanze  im  mittleren  Europa 
und  in  Nordamerika  im  grossen  gebaut.  Ausgedehnte  Mohn- 
felder findet  man  in  Thüringen,  am  Harz,  bei  Marienwerder 
und  Stuhm  in  Westpreussen,  um  Magdeburg,  in  Hessen-Darm- 
stadt, in  Baiern,  Baden,  überhaupt  in  Süddeutschland,  im 
Waldviertel  in  Niederösterreich.    Die  Culturformen  des 
Mohns  lassen  sich  in  zwei  Hauptgruppen:  Fapaver  nigrumD.  CL, 
schwarzer  oder  blauer  Mohn  mit  schwärzlichen  oder  grau- 
violetten Samen  und  Papaver  cUbum  JD,  C,   weisser  Mohn, 
mit  weissen  Samen,  unterscheiden.  —  Die  Mohnsamen 
sind  flach  nierenformig,    1—1.5  mm  lang,    ausserordent- 
lich leicht,  graublau,  grauviolett  oder  schwärzlich  (die  als 
Nahrungsmittel    verwendete    Sorte)    oder    gelblichweiss 
(die  Medicinal-Sorte),  sehr  zierlich  netzig  gerunzelt,  und 
so  ölreich  (bis  60  %),  dass  sie  auf  Papier  gestreut  und 
nur  schwach  gedrückt  starke  Fettflecke  verursachen.  200 
Mohnsamen   wiegen  nach  meinen  Untersuchungen  0.1  g, 
was  also  0,5  Milligramm  für  das  Gewicht  eines  Mohn- 
kornes ergibt;    dieselbe  Zahl  hat  auch  Flückiger  ge- 
funden. —  Der  Nabel  liegt  auf  der  eingebuchteten  Seite. 
Von  der  dünnen  Samenschale  wird  ein  starker  Eiweiss- 
körper  eingehüllt,  in  dem  der  gebogene,  einen  Halbkreis 
bildende  cylindrisehe  Keim,  zur  Hälfte  aus  dem  Würzel- 
chen, zur  andern  aus  den  beiden  Eeimlappen  gebildet, 
liegt.  —  Geruch  und  Geschmack  der  Mohnsame  q  treten 
nicht  stark  hervor,  letzterer  ist  angenehm,  ölig  milde,  oft 
fast  süsslich.  —  Die  Oberfläche  zeigt  regelmässige,  Fünf- 
ecke  bildende    erhabene   Leisten.    Die   etwa  0.014  mm 
dicke  Samenschale  besteht  aus  einerstark  cuticulari- 
sirten  Oberhaut,    unter   welcher   mehrere  Reihen  tan-, 
gential  gestreckter,  zusammengefallener  Parenchymzellen 
liegen,    die   beim  schwarzen  Mohn   mit  unregelmässigen 
Farbstoffkörpern  erfüllt  sind.    Das  Endospermgewebe 
enthält  in  ziemlich  grossen,  dünnwandigen,  polyedrischen 
Zellen    Oeltröpfchen    und    grosse    eirundliche   Aleuron- 
körner,  in  welchen  sogenannte  Globoide  und  Krystalloide 
eingeschlossen  sind.    Die  Gewebszellen  des  Embryo  sind 
kleiner,  im  Querschnitt  fast  quadratisch,  im  Längsschnitte 
längsgestreckt  und  führen  denselben  Inhalt.   Die  Mengen 
der  Inhaltsstoffe  werden  verschieden  angegeben. 
Nach  König  enthalten  die  Mohnsamen: 

Hanausek,  Nabrungs-  u.  Genussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.    15 


—     226     — 

-,  SÜeluUff-  -  „  Stiekiteff  freie       - 1  / .  i  u 

^"^'•-  Sabstani:  '«"^  Ixtractstoffe:        ^'^'^'^''  ^''^''' 

5.79  14.19        47.69         18.64         5.76  7.93 

nach  Sacc  aber  54.61  ®/o  fettes  Oel  und  2—3  ^/o  Asche. 
Die  Verwendung  des  Mohnsamen  zu  Brod,  feinem 
Backwerk,  Mehlspeisen  (Mohnkipfel,  Mohnstrudel)  ist  be- 
kannt. Das  gelbliche  oder  goldgelbe,  dünnflüssige  Mohnöl 
giebt  ein  gutes  milde  schmeckendes  Speiseöl,  das  dem 
Sesamöl  an  Werthe  gleichkommt.  —  Von  den  Giften,  die 
dem  Milchsafte  der  Mohnkapseln  eigen  sind,  scheint  wohl 
keines  in  den  Mohnsamen  vorzukommen. 


VII.    Speisepilze. 

Schon  längst  galten  Trüffel,  Champignon,  Kais  er- 
lin g  und  noch  andere  Angehörige  der  Pilzclasse,  einer 
Abtheilung  der  sogenannten  Sporenpflanzen  oder  Krypto- 
gamen,  als  besonders  nahrhafte  und  delicate  Speisen,  und 
die  neuen  Untersuchungen  haben  in  der  That  bewiesen, 
dass  den  Pilzen  ein  hoher,  selbst  die  Leguminosen-Samen 
übertreffender  Nährstoffgehalt  zukommt.  An  Stelle  der 
Stärke,  die  den  Pilzen  fehlen  muss  als  Pflanzen,  die  nicht 
im  Stande  sind,  Chlorophyll  hervorzubringen  und  über- 
haupt selbständig  zu  assimiliren —  die  meisten  sind  echte 
Schmarotzer —  enthalten  sie  Pilzzucker  oder  Mannit 
(Ce  Hi4  Oe),  Traubenzucker  (Ce  H12  Oe)  und  mitunter 
einen  Milchsaft,  wie  z.  B.  der  edle  Reizger  (Lactarms)^ 
dessen  Farbe  und  Farbbeständigkeit  für  die  Unterschei- 
dung ähnlicher  Pilzarten  wichtig  ist.  Von  den  in  Mittel- 
europa als  Speisepilze  verwendeten  Arten  sind  folgende 
die  wichtigsten: 

1)  Trüffel,  Tuber  in  mehreren  Arten; 

2)  Speisemorchel,    MorcheUa   esculenta  Fers.^  und  Kegel- 
morchel, M.  Cornea  Pers.; 

3)  Steinmorchel,    Faltenmorchel,   Lorchel,    HekeUa  es- 
culenta ^) ; 


^)  Dieser  Pilz  ist  im  rohen  Znstande  in  hohem  Grade  giftig 


—     227     — 

4)  Champignon,  Agarkus  campestrü  L.  und  Ä,  arvensü  Schaff, 
(Gugemucke); 

5)  KBiBerliiig^  Amanüa  ccesareua  L,\ 

6)  Hallimasch,  ArmilUaria  melleus  L. 

7)  Reizger,  Reizker,  Ritschling,  Ladarma  deldcmus  Z.; 

8)  Hahnenkamm,  Keulenpilz,  Ziegenbart,  Bärentatze, 
Ciavaria  in  verschiedenen  Arten. 

9)  Eierling,  Pfifferling,  CarUhareüus  dbarmsy 

10)   Herrenpilz,  Steinpilz,  Pilzling,  Boletus  eduUs  u.  a. 

Hier  sollen  nur  die  für  den  Handel  wichtigen  Trüffel- 
pilze ausführlich  beschrieben  werden. 


Die  Trüffelpilze. 

Die  unterirdisch  lebenden  Trüffelpilze  besitzen 
ein  aus  freien,  spinnenwebenartig  im  Boden  sich  aus- 
breitenden Fäden  gebildetes  Filzgewebe  (Mycelium),  das 
höchst  wahrscheinlich  auf  den  Wurzeln  gewisser  Bäume 
(Eichen,  Hasel,  Buche)  lebt.  Durch  öinen,  wohl  noch 
nicht  vollständig  erschlossenen  Geschlechtsact  bringt  das 
Mycelium  verschieden  grosse,  knollenförmige,  fleischige 
Fruchtkörper  hervor,  deren  äussere  Rinde,  die  Peridie, 
verschieden  mächtig,  glatt  oder  warzig,  und  meist  dunkel 
gefärbt  ist.  Die  Innenmasse  des  Fruchtkörpers  ist  fleischig, 
saftig  und  enthält  gewundene,  dunkelgefärbte,  mit  den 
noch  zu  besprechenden  Fortpflanzungsorganen  angefüllte 
Kammern,  die  mit  dem  übrigen  lufthaltigen,  weisslichen 
Gewebe  der  Scheidewände  das  marmorirte  Aussehen  der 
Trüffel  (im  Durchschnitte)  bedingen.  Die  Kammern 
bergen  die  Fruchtschicht  (Hymenium),  die  sich  aus 
kugeligen  oder  eiförmigen  Schläuchen  zusammensetzt,  da- 
her die  Trüffeln  zu  den  Schlauchpilzen  (Askom'yceten) 
gezählt  werden.  In  den  Schläuchen  liegen  1—8,  meist  4 
ellipsoidische,  kugelige,  braune  und  stachelige  Sporen. 
Diese  gehen  auf  geeigneten  Substraten  einen  Keimungs- 


und darf  daher  nur  gekocht  mit  Vermeidung  der  Brühe,  in  welcher 
das  Blut  zersetzeiide  Gift  enthalten  ist,  genossen  werden. 
Cf.  Ponfik  in  der  pharm.  Centrlh.  1882  Nr.  3Ä. 

15* 


—     228    — 

procesB  ein  und  entwickeln  sich  zu  einem  neuen  Mycelium. 
—  In  botanischer  Hinsicht  unterscheidet  man  folgende 
Arten  1):  (Es  sind  hier  nur  die  Handelstrüffeln  aufge- 
zählt.) 

1)  Tuber  brumale  Vitt.,  HerbsttriiffeL  Fruchtkörper 
bis  faustgross,  oft  bis  1  kg  schwer,  fast  kugelig,  mit 
grossen,  rauhen,  später  glatten,  eckigen  Warzen,  aussen 
schwarz,  innen  schwarzgrau  und  von  weissen  Adern  mar- 
morirt.  Sporen  schwarzgrau.  November — Februar.  Vor- 
züglich in  Frankreich  und  Italien;  in  Deutschland  (Rhein- 
lande) selten. 

2)  Tuber  melanosporum  Vüt,  (T.  dbarium  Fers.),  Speise- 
trüffel. Röthlich  schwarz,  die  Warzen  röthlich  gefleckt, 
das  Innere  violettschwarz  oder  dunkelbraunroth  mit  röth- 
lichen  Adern.  Die  vorzüglichste  Trüffel;  Vorkommen 
gleich  voriger. 

3)  Tuher  cestimm  Vüt^  Sommertrüffel.  Bis  5  cm 
im  Durchmesser,  unregelmässig  kugelig,  mit  sehr  grossen 
pyramidalen  Warzen,  aussen  schwarzbraun,  innen  blass- 
braun und  weisslich  marmorirt.  Sporen  gross,  ellipsoidisch, 
braun.  —  Die  Holztrüffeln,  andere  Tuber-Arten  (Tri- 
fole  de  legno  der  Italiener)  sind  ungeniessbar.  In  Böh- 
men, Schlesien,  Russland,  Italien  (vereinzelt  auch  in 
Niederösterreich)  findet  man  die  weisse  oder  Hirsch- 
trüffel Chceromyces  mceandriformts  Vtä,^  einem  Kartoffelknollen 
ähnlich,  kahl,  glatt,  blassbraun,  geniessbar.  —  Die  Löwen- 
trüffel, Terfezia  Leonis  TuL  in  Südfrankreich,  Algerien,  ist 
höchst  wohlschmeckend  und  wurde  schon  von  den  alten 
Römern  aus  Afrika  bezogen.  Wahrscheinlich  ist  es  auch 
diese  Art,  von  der  Karl  May*)  berichtet,  dass  sie  in 
bedeutender  Menge  und  Grösse  am  Tigris  (Kurdistan, 
Mesopotamien)  wächst  und  einen  hervorragenden  Handels- 
gegenstand nach  Bagdad,  Bassra,  K^rkak  und  Sulimaniah 
bildet.  —  Der  Boden,  in  dem  die  Trüffel  am  besten  ge- 
deiht, ist  kalk-,  thon-  und  sandhaltig,  eine  Humusdecke 
mit  Kalk  und  Thonunterlage,  wie  sie  für  lichte  Wälder 
charakteristisch  ist.  Da  ihr  Vorkommen  weiters  von  dem 
Vorhandensein  gewisser  Baume,  der  Eichen,  Hainbuchen, 


^)  Nach  Luerssen,  med.  Bot.  I.  234. 
')  Deutscher  Hausschatz,  1881,  p.  654. 


—     229     — 

seltener  der  Kastanien,  Birken,  Rothbuchen,  Haselsträucher 
abhängig  ist,  indem  sie  mit  dem  Fällen  dieser  Bäume 
verschwindet,  um  mit  deren  Aufforstung  wieder  zu  er* 
scheinen,  so  hat  man  daraus  auf  einen  Parasitismus  des 
Myceliums  auf  den  Wurzeln  der  Waldbäume  geschlossen, 
was  auch  dadurch  bestätigt  zu  werden  scheint,  dass 
junge,  aus  dem  Boden  gewühlte  Trüffeln  sich  nicht 
weiter  entwickeln,  wenn  sie  in  den  Boden  gebracht  wer- 
den (Luerssen).  —  Ein  absonderliches,  von  Bauern 
erfundenes  Mittel,  um  „beliebig"  eine  Trüffelplantage  an- 
legen zu  können,  soll  das  Stecken  von  Eicheln  sein,  d.  h. 
man  legt  eine  Reihe  von  Eicheln  im  Frühjahr  in  die  Erde 
und  kann  nach  einigen  Jahren  daselbst  Trüffeln  ernten. 
Schon  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  hat  die  Familie 
Talon  in  Glavaillant  auf  diese  Weise  Trüffeln  gewonnen 
und  ist  dadurch  reich  geworden.  Dass  aus  den  Eicheln, 
wie  man  anfänglich  geglaubt  haben  mag,  keine  Trüffeln 
werden,  ist  klar,  aber  so  gar  wunderbar  ist  das  Erscheinen 
der  Trüffeln  nicht,  wenn  man  bedenkt,  dass  der  parasitisch 
auf  den  Wurzeln  lebende  Trüffelpilz  in  den  jugendlichen 
Eichenwurzeln  eine  geeignete  Wohnstätte  findet.  Daraus 
erklärt  sich  auch,  dass  das  Mycelium  perennirend  sein 
muss.  —  Bekanntlich  verwendet  man  zum  Aufeuchen 
dieser  Pilze  Schweine  und  Hunde,  die  durch  den  feinen 
Geruch  angelockt  werden. 

Die  wichtigsten  Trüffelländer  sind.  Italien  und  Frank- 
reich. In  55  Departements  der  Mitte  und  des  Südens 
von  Frankreich  wird  die  Trüffel  cultivirt  und  die  Perigor d 
und  Poitou  sind  geschätzte  Marken.  Sonst  werben  noch 
Trüffeln  in  Thüringen,  Hannover,  Nordböbmen,  am  Harze 
(Wernigerode),  am  Ettersberg  bei  Weimar  gefunden. 

Im  Handel  wird  die  botanische  Unterscheidung  (die 
übrigens  für  jugendliche  Exemplare  sehr  schwierig  ist) 
nicht  berücksichtigt,  sondern  die  Trüffeln  werden  nach 
den  Reifezuständen  und  der  Farbe  sortirt:  Maitrüffe)^ 
Wintertrüffel  (Muskattrüffel),  weisse  Wintertarüffel,  blonde 
oder  italienische  Trüffel,  graue  italienische  Trüffel.  — 
Im  frischen  Zustande  riechen  sie  unangenehm,  einige  wie 
Hefe,  andere,  wie  italienische  Trüffeln,  käse-  vu  knoblauch- 
artig, halten  sich  fast  drei  Wochen  gut,  in  Sand  verpackt 
noch  länger.    Zur  Yerseadung  wickelt  man  sie  einzeln 


—     230     — 

ein  und  legt  sie  in  Fässer  oder  macht  sie  als  Gonserven 
in  Gläsern  ein.  Getrocknet  riechen  sie  eigenthümlich 
fein  und  äussern  bei  der  Zubereitung  (Pastete)  einen 
köstlichen  Geschmack. 

Die  chemische  Beschaffenheit  erhellt  aus  folgenden 
Zahlen:  (o/o) 

"S  .3  i£ä  « 

i        1^  #11       I        . 

I       I         M     P         I       I 

lufttrocken    17.00     27.1       1.89    23-05     24"l6     6772 
frisch  72.80      8.91     0.62      7.54      7.92     2.21 

Die  Asche  besteht  aus: 

^      *      I       I      s 

t     i     i     }     i     t     II 

54.21      1.61      4.95       2.34       0.51       32l96       l."l7       1.14 

Der  Champignon  enthält  lufttrocken  33.84  %,  die 
Steinmorchel  25.22%,  die  Speisemorchel  28.48%, 
der  Herrenpilz  36.12%  Stickstoff-Substanz. 

Die  Ausfuhr  der  Trüffeln  aus  Frankreich  hat,  obwohl 
die  meisten  im  Lande  selbst  verzehrt  werden,  an  Umfang 
seit  1867,  in  welchem  Jahre  70  000  kg  ausgefährt  worden 
sind,  beträchtlich  zugenommen. 

Der  Verbrauch  in  Frankreich  selbst  ist  ein  riesiger. 
Ein  Handlungshaus  in  Paris  hat  in  einem  Zeitraum  von 
vier  Jahren  über  100  000  kg  verkauft.  Der  jährliche  Erlös 
beträgt  im  Dep.  Vaucluse  3  800  000  Francs,  im  Dep.  Dor- 
dogne  1200  000  Francs,  Dep.  Charente  400000  Francs, 
Dep.  Basses- Alpes  3  000000  Francs,  Dep.  Lot  3  000000 
Francs.  Die  Gemeinde  Bedouin  am  südlichen  Fusse 
des  Mt.  Ventoux  (Vaucluse)  hat  durch  regelmässige  Aus- 
saat von  Eicheln  das  ganz  kahle  Gebiet  des  genannten 
Berges  in  ein  riesiges  künstliches  Trüffelbeet  verwandelt. 
Als  häufige  Verfälschung  wird  die  Verwendung  ge- 
frorener Trüffel,  die  den  angenehmen  Geschmack 
verloren  haben,  angegeben.  Der  Geschmack  allein  ist 
hier  maassgebend.    Auch  pflegt  man  den  Trüffeln  kleine 


—    231     — 

Kieselsteine,  Erde  mit  Trüffelabfällen  gemischt,  gefrorene 
Kartoffel,  und  selbst  Bleistückchen  beizumischen. 


Anhang.  Auch  die  Hefe  (Germ,  Gest,  Bärme), 
deren  reinste  Art  im  Handel  als  Presshefe  bekannt  ist, 
ist  ein  Pilz  aus  der  Gruppe  der  Gährungspilze  (Saccha- 
romyceten).  Die  Presshefe  entwickelt  sich  bei  einer  Art 
Branntweingährung  mit  Hülfe  von  Gerstenmalz,  Roggen 
und  Mais.  Sie  stellt  eine  weissliche,  teigige,  angenehm 
riechende  Masse,  aus  den  elliptischen  zarten,  kernlosen 
Hefezellen  bestehend,  dar,  in  welcher  bis  2  ^o  Stärke- 
kömchen  enthalten  sein  dürfen,  da  sie  bei  der  Gährung 
in  die  Hefe  gerathen;  betrügerischer  Weise  beigemengte 
Stärkekörnchen  zeigen  niemals  die  stark  ausgeprägte 
Schichtung  der  ersteren.  (Weiteres  siehe  Wiesner, 
Rohstoffe  p.  821).  Sie  dient  zu  Brotgährungen  in  der 
Weiesbäckerei,  im  Haushalte  u,  s.  w. 


Gewürze. 


Als  Gewürze  bezeichet  man  Pflanzenstoffe,  denen 
die  Eigenschaft  zukommt,  den  Yerdauungsact  wesentlich 
zu  fördern,  wenn  sie  zugleich  mit  den  NahrungsmiUeln 
genossen  werden.  Nicht  minder  wichtig  ist  aber  auch 
ihre  besondere  Beeinflussung  der  Geschmacks-  und  Ge- 
ruchsorgane durch  nur  ihnen  eigenthümliche  Inhaltsstoffe, 
wodurch  sie  die  Genussfahigkeit  der  Speisen  erhöhen. 
Diese  Stoffe  sind  flüchtige  (ätherische)  Gele  und  Harze, 
die,  in  den  Verdauungstract  gebracht,  eine  stärkere  Ab- 
sonderung der  Schleim-  und  Magendrusen  hervorrufen. 
Insofeme  sind  sie  auch  als  Nahrungsmittel  im  weiteren 
Sinne  aufzufassen.  In  Folgendem  sind  die  gebräuch- 
lichsten Gewürze  nach  ihrer  morphologischen  Zusammen- 
gehörigkeit in  übersichtliche  Gruppen  gebracht. 


L  Unterirdische  Pflanzentheiie. 

1.  Ingwer. 
(Ingber^  Rhizoma  Zingiberis,  fälschlich  radix  Z.) 

Die  staudenartige,  einkeimlappige  Ingwerpflanze 
(Zmgiber  officmale  Boscoe^  Farn.  2^giberaceen)  hat  ihre  Hei- 
matih  im  tropischen  Südasien,  ist  aber  gegenwärtig  eine 
Gulturpflanze  im  ganzen  TropengürteL    Der  Wurzelstock, 


—    233     — 

dicht  mit  den  Ueberresten  früherer  Stengel  (Knollen- 
Stöcken)  besetzt,  trägt  0.6 — I.5m  hohe,  reich  beblätterte 
Stengel,  scheidige,  lineallanzettliche  Blätter  und  prächtig 
gefärbte  Blüthen  in  Aehren,  deren  doppeltes  Perigon  an 
eine  Orchideenblüthe  erinnert.  Die  Frucht  ist  noch  nicht 
bekannt  geworden.  — Nach  Buchanan^)  befördert  man 
in  Indien  die  Entwickelung  des  allein  brauchbaren  Wur- 
zelstockes durch  Unterdrückung  der  Stengelbildung. 

Die  Handelswaare  hat  nicht  nur  je  nach  der  Her- 
kunft, sondern  auch  nach  der  Behandlung,  welche  den 
gewaschenen  und  getrockneten  Wurzelstöcken  zu  Theil 
wird,  ein  verschiedenartiges  Aussehen.  Die  Jamaica- 
und  neuestens  auch  die  Bengal-Sorte  werden  von  der 
äusseren  Eorkschicht  entweder  nur  an  den  breiten  Flächen, 
oder  auch  vollständig  befreit  und  stellen  dann  den  ge- 
schälten Ingwer  dar,  dem  noch  durch  Bleichen  mit 
Chlor  oder  schweffeliger  Säure  (gebleichter  Ingwer) 
oder  durch  Einlegen  in  Ealkwasser  und  Bestreichen  mit 
Gyps,  was  sehr  häufig  zu  geschehen  pflegt,  ein  schöneres, 
weisses  Aussehen  gegeben  wird.  Letztere  Manipulation 
beeinträchtigt  die  Grüte  der  Waare. 

Im  Allgemeinen  erscheint  der  Ingwer  als  ein  ver- 
schieden langes,  meist  einseitig  zusammengedrücktes,  zwei- 
zeilig oder  bandförmig  verästeltes  Rhizom  (ein  schraubel- 
artig entwickeltes  Sympodium),  dessen  Zweige  schief  auf- 
wärts streben  und  einen  elliptischen  Querscnitt  besitzen. 
Die  Sorten  verschiedener  Länder  haben  ein  mehr  oder 
weniger  verschiedenes  Aussehen. 

Der  Bengal- Ingwer  kommt  im  Handel  sowohl 
ungeschält,  wie  auch  geschält  vor;  im  frischen  Zustande 
lässt  sich  die  Rindenschicht  leicht  abziehen  Geschälter 
Ingwer  ist  gelblichweiss  oder  gelblichgrau,  bestäubt, 
schwach  seitlich  zusammengedrückt,  die  Seitenäste  (La- 
teralknollen) sind  stark  knollig  aufgetrieben  und  hängen 
mit  der  Hauptaxe  durch  eine  halsartig  eingeschnürte 
Partie  zusammen.  Das  Ende  jedes  Lateralknollens  ist 
nabelartig  eingezogen.    Die  Querschnittsfläche  ist  blass- 


*)  F lückiger,  Pharmakognosie  d.  Pflanz.  II.  Aufl.,  p.  327.  — 
Der  obige  Paragraph  ist  naoh  diesem  ausgezeichneten  Werke  ge- 
arbeitet. 


—    234    — 

gelb,  wird  nach  Befeuchtung  stellenweise  citronengelb 
und  ist  mit  zahlreichen  gelben,  aber  wenigen  braunen 
Punkten  durchsetzt.  Die  gelben  Punkte  entsprechen  den 
Gefässbündeln,  die  braunen  sind  Harz-,  resp.  Oelzellen* 
Das  Rhizom  bricht  leicht  und  sehr  uneben,  weil  die 
fasrigen  Elemente  an  der  Bruchstelle  weit  hervorragen. 
Die  Länge  des  Rhizoms  schwankt  zwischen  2.5  und 
4.5  cm. 

Der  Jamaica-Ingwer  kommt  meist  geschält  vor  und 
sieht  dem  vorigen  ziemlich  ähnlich.  Mir  liegt  eine  Natural- 
waare  (ungeschält)  vor,  deren  Beschreibung  ich  hier 
wiedergebe.  Sie  besteht  aus  grossen,  derben,  braungrauen, 
an  den  schmalen  Seiten  mit  graugelbem,  dickem  Periderm 
überzogenen  Stücken,  die  häufig  gekrümmt  sind.  Die  seit- 
liehen Aeste  lenken  nicht  mit  einer  halsartigen  Ein- 
schnürung ab,  sondern  sind  von  ihrer  Ursprungsstelle  an 
bis  zum  Ende  gleich  breit.  Die  Korkfunzeln  treten  stark 
hervor.  Die  Stücke  messen  4 — 7  cm;  ihre  Dicke  beträgt 
0.8—1  cm,  ohne  Rinde  0.5 — 0.7  cm.  Der  Querschnitt 
erscheint  schmutziggelb,  mit  ziemlich  häufigen  schwarz- 
braunen Punkten. 

Der  afrikanische  Ingwer  von  Sierra  Leone 
kommt  nur  ungeschält  vor  und  ist  ziemlich  gut  kennt- 
lich. Das  längsrunzelige  starke  Periderm  ist  braungrau, 
die  hervorragenden  seitiichen  Korkpartien  sind  üeller  und 
glänzend.  Das  Rhizom  ist  plattgedrückt,  nur  hie  und  da 
massig  angeschwollen,  die  seitlichen  Aeste  inseriren  mit. 
einer  schwachen  halsartigen  Einschnürung.  Der  Quer- 
schnitt ist  dunkler,  als  bei  den  vorigen.  Häufigste  Länge 
4 — 5,  selten  7  cm;  Dicke  1.07  cm. 

Der  Coc  hin -Ingwer  ist  meist  geschält  und  gleicht 
im  Allgemeinen  der  Bengalsorte. 

Mir  liegt  noch  ein  Ingwer  von  Japan i)  vor,  der 
weniger  durch  sein  Aussehen,  als  vielmehr  durch  den 
Bau  seiner  Stärkekörner  so  wesentlich  von  den 
angeführten  Sorten  abweicht,  dass  seine  Abstammung 
von  derselben  Ingwerpflanze  wohl  angezweifelt  werden 
kann.  Seiner  Beschreibung  ist  unten  ein  besonderer 
Absatz  gewidmet. 


*)  Bezogen  von  der  Firma  A.  Pfantzerts  Nachfolger  in  Wien. 


•    —    235     — 

Mikroskopischer  Bau.  Der  Querschnitt  des 
Bhizoms  zeigt  eine  nur  1  mm  breite  Rinde,  auf  welche 
eine  feine,  dunklere,  geschlossene  Linie,  die  Kernscheide 
oder  Endodermis,  folgt,  die  das  Mark,  den  mehlig-kör- 
nigen Theil,  von  der  Rinde  abgrenzt.  Die  Korkschicht 
enthält  eine  äussere  lockere  und  ca.  12  innere  Reihen 
tafelförmiger,  regelmässiger  Korkzellen.  Sie  zeigen  stark 
zerknitterte,  faltig  verbogene  Radial-  und  massig  hin- 
und  hergekrümmte,  sehr  dünne  Tangentialwände.  —  Die 
Kernscheide  besteht  aus  engen,  langgestreckten,  zu- 
sammengefallenen Zellen  und  aus,  in  kurzen  Zwischen- 
räumen auftretenden,  Gefässbündeln,  die  sich  dem  freien 
Auge  im  Querschnitte  als  gelbe  Punkte  und  Streifchen 
zeigen,  und  die  aus  Spiroiden,  Treppengefässen,  Holz- 
fasern mit  weitem  Lumen  und  starker  Verdickung  und 
aus  kleinen  parenchymatischen  Zellen  (Cambiform)  zu- 
sammengesetzt sind.  Solche  Gefässbündel  finden  sich 
auch  im  Marke  zerstreut.  Die  Hauptmasse  des  Gewebes 
ist  aber  ein  grosszelliges,  über  und  über  mit  Stärke- 
körnern erfülltes  Parenchym,  in  dem  Harz-  und  Oelzellen 
eingestreut  liegen;  letztere  enthalten  blassgelbes  äthe- 
risches Oel  oder  rothbraune,  kantige  Harzklumpen.  ^) 
(Fig.  63.)    Auch  die  Rinde  enthält  viel  Oelzellen.  —  Ein 


g,d 


Fig.  68. 


0(7^      ^ 


^ 


o 

a 


%6 


Jamaika-Ingwer,  aa  St&rkekörner.  b  Harskörper,  aus  den  Zellen  gefallen, 

gutes  Merkmal   zum   Erkennen    des    echten    Ingwerpul- 
vers  geben   die   Stärkekörner.     Sie    sind    nur    ein- 


^)  Die  Abbilducgen  dieser  Harzzellen  und  Harzklumpen  sind 
meistens  sehr  uneenau;  im  Ingwerpulver  findet  man  fast  immer 
die  Harzklampen  kantig  und  opak. 


—     236    — 

fachi),  flach  eiförmig,  ellipsoidisch,  mitunter  dreieckig, 
mit  einem  vorgezogenen  Scheitelspitzchen,  auch  trapezoi- 
disch  (deltoidisch)  mit  abgerundeten  Ecken;  ihre  Menis- 
kenschichtung  ist  gar  nicht,  oder  nur  sehr  undeutlich 
wahrzunehmen;  die  grösstea  messen  0.030—0.036 — 0.040 
mm.     (Fig.  63.) 

Der  Geruch  des  Ingwers  ist  angenehm  aromatisch, 
der  Geschmack  feurig  gewürzhaft,  fast  brennend,  beson- 
ders der  der  Rinde,  deren  Entfernung  daher  nachtheilig 
erscheint. 

Die  aus  Japan  stammmende  Ingwersorte  ist 
theilweise  geschält  und,  wie  es  scheint,  in  flache  Längs- 
stücke gespalten;  ein  solches  ist  fast  bandartig,  grau- 
weiss  oder  licht  schiefergrau,  an  den  schmalen  Rändern 
noch  mit  grauem  Kork  bedeckt;  übrigens  finden  sich 
auch  ungeschälte  und  ebenfalls  sehr  flach  gedrückte 
Stücke.  Die  Insertionsstellen  der  Seitenäste  sind  schwach 
halsartig  eingeschnürt.  Die  ganze  Waare  ist  mit  einem 
graugelben  bis  grauweissen  Pulver  —  dem  eigenen  Star- 
kemehl  —  bestäubt.  Die  frische  Schnittfläche  ist  grau- 
weiss  und  mit  zahlreichen  gelben  und  sehr  wenigen 
braunen  Punkten  durchsetzt.  Die  Länge  der  Stücke  be- 
trägt 3—5  cm;  der  stärkste  Durchmesser  0.5 — 0.7  cm. 
Geruch  und  Geschmack  sind  weniger  scharf.  Die  Schnitte 
zerfallen  schon  in  der  Hand  zu  Pulver.  Auf  der  Ober- 
fläche findet  man  häufig  Pilzfäden.  —  Das  Gewebe  der 
Rinde  und  des  Kernes  ist  im  wesentlichen  nicht  von  dem 
des  echten  Ingwers  verschieden;  die  Gefässe  zeigen  eine 
schöne  Leiterverdickung  mit  Leisten,  die  durch  senkrecht 
(parallel  mit  der  Längsaxe)  stehende  in  einer  geraden 
Linie  aufeinanderfolgende  Querleistchen  mit  einander 
verbunden  sind;  ausserdem  begleiten  die  Gefässe  wahre 
Harzschläuche. — Eine  abweichende  Form  zeigen  die  Stärke- 
körnchen. (Siehe  Fig.  63  A.  p.  237.)  Man  findet  zunächst 
einfache,  elliptische,  breiteiformige,  scheibenförmige 
Stärkekörner  mit  ausgezeichneter  Meniskenschich- 
tung, ferner  aber  zusammengesetzte  Körner  und 
deren  Theilkörner  in  weitaus  überwiegender  Anzahl.  Eine 


^)  Alle  mir  bekannten,  über  Ingwer  handelnden  Werke  geben 
nur  einfache  Stärkekörner  an. 


—    237     — 

Beschreibung  derselben  *"*«•  *3  a. 

zu  geben,  ist  nicht  mög-  ©  ri^h     Ä       r^     n 

lieh;  die  Fig. 63 Abringt  ^       r\^c,    &^ 

80  ziemlich  die  häufig-  ©  i?)      ^     ^   •r%  ^^ 

sten  Formen,    die  mit-  /?»     ä^      ^D    ^^ 

unter    an    die    Stärke-  ^    (5)   ^©    ß     V)    W 

körner  der  Muskatnuss  \^          0  /CD     ä 

erinnern.  Zwillinge  und  ^      ^^cü      P^^2^ 

Vierlinge,   an  denen  je  fl         qjQ  /^       l^  ^ 

ein  Theilkorn  die  übri-  ^  CO           *^  ^      ^ 

gen  anstossenden  Theil-  (^   #^         /^ 

kömer  an  Grösse  über-  ^®  ^^  IjjQ  ^  /T) 

ragt,  sind  die  gewöhn-  ^^       ^ 

liebsten  Formen.    Wahr-        Stärkekömer  »us  japanUohem  Ingwer. 

scheinlich  stammt  der  japanische  Ingwer  von  einer  an- 
deren Zingiber-kvi  ab,  wie  denn  auch  in  Indien  noch  be- 
sondere Ingwerarten,  z.  B.  Zerumbet-Ingwer  {Zmgiber 
Zerumbet  Ro8coe\  der  Blockzittwer  oder  gelber  Ingwer 
{Zingiber  Casstimunar  Boxb,)  benützt  werden. 

Echter  Ingwer  besteht  aus  folgenden  Substanzen 
(in  «/o): 

^    S  &  S  «  .£  £ 

ä  'S  S  2  i5  J-2  ^  -S 

13.13       6.50       1.53       4.58       1.85       60.72  •  6.14      5.55 

Die  Menge  der  Stärke  wird  mit  19,75%,  des  Dex- 
trins mit  12.05  %  angegeben.  Tresch  stellte  eine  scharf 
aromatische  Substanz,  das  Gingeroi  aus  Ingwer  dar. 
Das  Ingweröl  hat  den  Geruch,  nicht  aber  den  Geschmack 
des  Ingwers. 

Gepulverter  Ingwer  wird  mit  Kartoffel-,  Sago-, 
Getreide-  und  Hülsenfrüchtenstärke,  mit  Mandelkleie, 
Haarlinsenmehl,  Senf,  Curcumapulver,  Thon  etc.  vermengt. 
Die  mikroskopische  Untersuchung  lässt  diese  Beimen- 
gungen leicht  ausfindig  machen.  Der  Nachweis  der  Cur- 
cuma  gelingt  rasch  wegen  des  gelben  Farbstoffes  in  den 
Zellen  und  Zellwänden  der  Gilbwnrzel.  Auch  Cayenne- 
Dfeffer  soll  zur  Verfälschung  dienen.  —  Die  Ingwer-Ein- 
fuhr ist  eine  beträchtliche;  so  kamen  1872  nach  England 


—     238    — 

allein  32  174  Centner,  von  denen  13  310  Ctn.  aus  Ostindien 
stammten. 

1876  betrug  die  Einfuhr  nach  London  14  784  Säcke 

1877  „        „  ,i  „  „        22  084       „ 

1878  „         „  „  „  „        23  960       „ 
von  Bengal-Ingwer  allein.    Afrikanischer  Ingwer  wird  in 
Mengen  von  600 — 1000  Colli  jährlich  eingeführt. 

Ingwer  war  schon  in  den  frühesten  Zeiten  in  Indien 
ein  beliebtes  Gewürz;  sein  indischer  Name  Sringavera 
erscheint  erst  im  IX.  und  X.  Jahrhundert  unserer  Zeit- 
rechnung; die  Griechen  nannten  ihn  Ziyyißeqi^  die  Römer 
Zingiber,  Zinziber,  Zimpiberi.  Er  wurde  neben  Aloeholz, 
Zucker  und  PfeflFer  unter  den  Schätzen  aufgezählt,  welche 
das  Heer  des  byzantinischen  Kaisers  HeraUeios  zu  Weih- 
nachten G27  bei  der  Zerstörung  des  Palastes  des  Königs 
Chosroes  11.  in  Dastagard  am  Tigris  erbeutete.  Im 
Mittelalter  gegen  das  XI.  Jahrhundert  wurde  er  schon 
zu  den  gemeinen  Gewürzen  gerechnet.  (Weiter  interes- 
sante Daten  s.  in  Flückiger,  a.  a.  0.  330—332.) 


2.   Zittwerwurzel,  Gilbwurz  und  Galgant. 

Diese  drei  Gewürze  sind  für  unsem  Handel  von  ge- 
ringerer Bedeutung;  die  Gilbwurz  (Gelbwurzel)  findet  auch 
in  der  Färberei  Anwendung. 

DieZittwerwurzel  (Bhizoma Zedoartae)  von Cuctirma  Ze~ 
doaria  Roscoe  (Zingiberaceen)  aus  Südasien  und  Madagaskar 
stammend  und  in  Bombay  unter  dem  Namen  Kachoora 
bekannt,  besteht  aus  einem  geringelten  mit  dicken  Neben- 
wurzeln besetzten  Centralknollen  von  Wallnuss-  oder 
Taubeneigrösse  und  aus  unregelmässigen,  seitlich  ent- 
springenden kleineren  Nebenknollen.  Die  im  Handel 
vorkommende  Waare  enthält  nur  Theilstücke  und  zwar 
Querscheiben  von  4  cm  Durchmesser  und  4 — 5  mm  Dicke, 
auch  Längsstücke  von  4 — 6  cm  Länge,  die  an  den  Schnitt- 
flächen schmutzig  weissgelb  bis  röthlich  grau  gefärbt  sind. 
Die  unversehrte  Oberfläche  ist  gelblichgrau  oder  gelb- 
braun, runzelig.  Die  Stücke  sind  hornig,  hart,  brechen 
eben,  mehlig,  riechen  aromatisch  und  schmecken  gewürz- 


—    239     — 

haft  bitter,  ähnlich  dem  Ingwer. 

Die  äussere  Decke  enthält  zahl-  Fig.  «4. 

reiche Eorkzellenreifaen; die  Rinde 

setzt  sich  aus  farblosem  mit  Stärke 

angefülltem  Parenchym,  aus  Ge- 

fassbündeln,  Oel-  und  Harzzellen 

zusammen;   ähnlich  ist   der  Kern 

gebaut.   Die  Stärkekörner  sind 

nur  einfache  breiteiförmige ,  in 

ein  langes  Spitzchen  ausgezogene 

Scheiben,deren  Kern  am  spitzen 

Ende  liegt.    (Fig  64.)   Menisken-      g,,,,,,^,,,,,  ^er  zutwer- 

Schichtung   ist   Sehr.deuthch:  Lan-      wursel  (Ouronm»  Zedoari»). 

genmaasse:  0.04mm — 0.07mm;  am 

häufigsten  0.05  mm.   Die  durchschnittliche  Breite  beträgt 

0.03  mm. 

Chemische  Constitution  der  Zittwerwurzel: 

^^  '^^  i 

U         ^1        -^-i  ^  tll  I  ^ 

I         ll        1^  I         I  ll  I  I 

18.85     9.17       1.93  2.33     0^4  62.83  4.33  4,42. 

Nach  Buchholz  sind  1.42  >  äth.  Oel,  3.60  % 
Stärke  i)  und  4.50  ^o  Dextrin  enthalten.  —  Sie  findet  ähn- 
liche Verwendung  wie  der  Ingwer.  Das  Zittweröl  riecht 
und  schmeckt  kampherartig.  — 

Die  Gilbwurz  (Gelbwurzel,  Bhizoma  Curcunue,  stammt 
von  Curcuma  longa  L.  (Zin  giber aceen)  aus  Südasien  und 
der  Insel  Reunion. 

Man  unterscheidet  als  die  beste  Sorte  diechinesische, 
dann  folgen  Bengal-,  Madras-,  Cochin-  und  Java-Curcuma. 
—  Die  Pflanze  entwickelt  kurze,  kegel-  oder  birnförmige 
Haupt-oder  Central- Wurzelstöcke  (CentralknoUen,  früher  im 
Handel  als   Curcuma  rotunda),  und  gestreckte  Seitentriebe 

gjateralknoUen,  Curcuma  longa);  letztere  sind  gegenwärtig 
egenstand  des  Handels.  Doch  finden  sich  auch  die  mit 
dichter  Querringelung  und  Blattscheiden  ausgezeichneten 
CentralknoUen  in   der  Handelswaare  vor.    Die  Lateral- 


»)    König,  1.  c.  p.  878. 


—     240    --- 

knoUen  sind  walzenrunde,  cylindrische,  gerade  oder  knie- 
förmig  gebogene,  seitlich  mit  kurzen,  stumpfen  Aestchen 
versehene,  aussen  graugelbe  oder  blassgelbe,  runzelige 
Körper,  die  wegen  ihrer  hohen  Dichte  im  Wasser  unter- 
sinken, hart,  wie  Hom  schneidbar  sind  und  einen  ebenen 
Bruch  haben.  Der  Querschnitt  ist  kreisrund,  grünlich 
schwarz  bis  dunkelorange,  wachsglänzend,  weist  ein  sehr 
dünnes  Periderm  und  eine  scharfe,  hellgelbe  Linie  als 
Kernscheide  auf;  sein  Durchmesser  beträgt  0.7 — 1  cm. 
Der  Geschmack  ist  feurig  gewürzhaft,  der  Geruch  dem 
Ingwer  sehr  ähnlich;  beim  Kauen  wird  der  Speichel  grfb 
gefärbt  —  Das  Periderm  wird  durch  genau  radial  an- 
geordnete, dünnwandige  Korkzellen  gebildet,  deren  radiale 
Wände  nicht  zerknittert  und  faltig  sind.  Das  Paren- 
chym  der  Rinde  und  des  Kernes  enthält  grosse  unregel- 
mässige Zellen,  vollständig  mit  verkleisterter  Stärke 
und  gelbem  FarbstoflF,  dem  krystallisirbaren  Gurcumin, 
gefüllt,  und  kleinere  Gel  oder  Harz  führende  Zellen. 
In  manchen  Zellen  sind  die  Umrisse  der  aufgequollenen 
Stärkekörner  noch  sehr  wohl  erkennbar,  wie  sich  denn 
auch  im  Innern  der  Zellen  mitunter  gut  erhaltene  Stärke- 
körner finden;  die  Mehrzahl  enthält  aber  eineu  formlosen 
Kleisterballen.  Die  in  Fig.  65  abgebildeten  Stärkekörner 
—  aus  gepulverter  Curcuma  stam- 
Fig.  66.  mend  — -  sehen  denen  des  Ingwers 

und  der  Zittwerwurzel  ziemlich 
ähnlich,  sind  scheibenförmig  ellip- 
tisch mit  spitz  vorgezogenem  Schei- 
tel, in  dessen  Nähe  der  Kern  liegt, 
und  messen  0.03 — 006  mm.  Die 
Kleisterballen  deuten  auf  eine  Zu- 
bereitung der  Knollen;  sie  werden 
wahrscheinlich  behufs  leichterer 
Conservirung  durch  längere  Zeit  sie- 
dendem Wasser  ausgesetzt.  —  Der 
s«a  voir«^«r  A^r  oiihwnr.     Farbstoff   löst   sich    iu    Alkalien 

Stärkekömer    der  GilDwurz.      _  ii'Ä-nii  nAxi_ 

(Onroum»  longa.)  brauuroth,  m  Alkohol  und  Aetner 

gelb. 
Die  Curcuma  wird  als  Curripowder  in  ihrer  Heimath 
und  in  England  vielfältig  als  Gewürz  benutzt.    Für  uns 


—     241     — 

hat  sie  als  Farbstoff,  Reagens  für  alkalische  Flüssigkeiten 
und  Verfälschungs mittel  von  Ingwer  etc.  Bedeutung. 

Der  Galgant  (Bfmoma  GalangcBj  von  Älpma  ofßcmarum 
Hancey  Zingiberacem)  ist  eine  specifisch  chinesische  Waare 
und  kommt  vom  südlichen  China  und  der  Insel  Hainan 
nach  Ganton,  das  sein  einziger  Ausfuhrsort  zu  sein  scheint. 
Die  Handelswaare  zeigt  braunrothe,  an  den  Enden  auf- 
gewulstete,  oder  kopfig  angeschwollene,  häufig  knieförmig 
gebogene  Cylinder  mit  sehr  deutlichen,  durch  gefranste 
Blattnarben  verursachten  Querrunzeln.  Durch  ihre  braun- 
rothe Farbe,  holzige,  zähe,  aber  nicht  dichte  Textur  und 
die  Mächtigkeit  der  Rinde  ßind  die  Galgantrhizome 
sehr  auffallend  und  leicht  kenntlich.  Die  Rinde  über- 
trifft meistens  den  Kern  (Gefässcylinder)  an  Breite,  die 
Kernscheide  ist  als  feine  Kreislinie  wahrzunehmen.  Der 
Geschmack  ist  bitter  aromatisch,  sehr  schwach  brennend, 
der  Geruch  an  Ingwer  und  Cardamomen  erinnernd.  — 
Die  äussere  Decke  ist  durch  eine  schmale  Peridermiage^), 
deren  Zellen  geschlängelte  Wände  besitzen,  gebildet.  Die 
mächtige  Rinde  enthält  grosse,  wohlausgebildete  Paren- 
chymzellen  mit  Stärkemehl,  und  zwischen  diesen  weit 
kleinere,  den  Intercellularräumen 
ähnliche  Oelbehälter  mit  dunkel-  ^*»-  ^• 

braunem  Oele,  femer  von  verdick- 
ten Fasern  umgebene  Gefässbündel. 
Die  Parenchymzellen  des  Ker- 
nes sind  kleiner,  seine  Gefässbündel 
nur  auf  der  der  Rinde  zugewendeten 
Seite  mit  sklerotischen  Fasern  be- 
deckt.   Die  Stärkekörner  (Fig.       ^^     /j     ^^ 
66.)sindgrösstentheils einfach,  doch      C/^     ü     ^^"^  ^^ 
finden  sich  nicht  selten  Zwillings-         ^    ^-.^      r\  C/ 
und  Drillingskörner^),  Die  ein-         ^ (P^^^l/ Q 
fachen  Körner  sind  keulen-  oder 

flaschenförmig,  walzenrund,  stärkekömer  de«  oaigant. 

manche  halbmond- bis  kipfelförmig,  (Aipinia  ofücinarum.) 


^)  Nach  Flückiger  (1.  c.  p.  333)  nicht  aus  Korkzellen  be- 
stehend, daher  eine  Epidermis. 

')  In  den  Pharmakognosieen  werden  die  Stärkekörner  des 
Galgants  nur  als  einfach  angegeben,  was  ich  nach  meinen  Unter* 
suchungen  nicht  bestätigen  kann. 

Hanausek,  Nahrungs-  n.  Oenussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.       16 


—     242     — 

der  Kern  Hegt  am  breiten  Eode.  Meniskenschich- 
tung  ist  sehr  deutlich. 

LäDgenmaasse:  0.04  (am  häufigsten)  bis  0.06  mm, 
Breitenmaasse  O.Ol — 0.02  mm.  Die  Oelräume  erscheinen 
häufig  als  Schläuche  Yon  0.06 — 0.12  mm  Länge.  Das  Oel 
(oder  Harz)  wird  durch  Einwirkung  von  Eisenchlorid 
grünlich  schwarz,  von  Kalilauge  oitronengelb  und  ist  so- 
nach gerbstoffhaltig. 

Die  chemische  Constitution  ist  nach  König  folgende 
(in  Procenten): 


i        -3| 


fl 


1  fl   1 

1 

3!o5  59.05  I4T53 

3.82 

12.87        1.19        0.34       5.15 

Die  Anwendung  des  Galgants  als  Gewürz  ist  eine 
beschränkte.  —  Auf  dem  Londoner  Markte  erscheint  mit- 
unter der  grosse  Galgant,  der  von  der  auf  den  Sunda- 
inseln  (Java)  einheimischen  Alpmia  Galanga  Willdenow 
(ßwartz)  abgeleitet  wird.  Flückiger  vermuthet  aber, 
dass  der  grosse  Galgant  von  einer  andern  Alpinia-krt 
abstamme,  weil  er  von  der  Malabarküste  nach  Bombay 
gebracht  wird. 

Eine  Verwechslung  des  Galgants  mit  den  Erdmandeln 
{Piiperus  longua)  ist  wohl  schon  durch  die  abweichende  Ge- 
stalt ausgeschlossen. 


II.    Rinden. 

8.  Zimmt« 

(Canehl  oder  Ceylon-Zimmt;  Casiia-  oder  ohinesischer  Zimmt; 
Holz-  oder  Malabarzimmt.) 

Wenige  Gewürze  haben  eine  so  grosse  Verbreitung  und 
Beliebtheit  erlangt,  als  die  Zimmtrinden;  ihr  feiner,  an- 
haltender, höchst  angenehmer  Geruch,  ihr  ausgezeichneter 
scharf  gewürzhafter  Geschmack  reihen  sie  den  edelsten 


—     243    — 

Geschenken  der  tropischen  Vegetation  Asiens  an  und 
lassen  e^  auch  erklärlich  finden,  dass  der  Zimmt  wahr- 
scheinlich den  ältesten,  ja  urersten  Gewürzen  angehört, 
deren  Genuss  die  Völker  Jahrtausende  vor  Beginn  unserer 
Zeitrechnung  schon  erfreut  hatte. 

Pie  gegenwärtig  wichtigsten  Zimmtrinden  sind  die 
von  den  äusseren  Gewehschichten  theilweise  oder  ganz 
hefreiten  Astrinden  mehrerer  Arten  der  zu  den  Lorheer- 
gewächsen (Laurineen)  gehörigen  Gattung  Cinnamomum.  Es 
sind  drei  verschiedene  Sorten,  welche  folgendermassen 
unterschieden  werden: 

1)  Edler  Zimmt,  Ceylon-Zimmt,  Canehl  {Cortex 
Cmnamcmi  Zeylanm\  Cinnamomum  acutum  seu  verum,  OaneUa  vera), 
die  theuerste,  feinste  und  seltener  gebrauchte  Sorte. 

2)  Chinesischer  Zimmt,  Zimmtcassie,  ge- 
meiner Zimmt  (Cbr^.  Cinnamomi  Chmensis,  Cort.  Casstce  cmna- 
momecBy  Cassia  vera\  die  von  den  Pharmakopoeen  geforderte 
Sorte.  Sie  wird  in  den  Preislisten  der  Drogisten  gewöhn- 
lich als  Cassia  Ugnea,  Holzzimmt  angeführt. 

3)  Malabar-Zimmt,  Holzzimmt,  Holzcassie 
{Cort.  Cinnamomi  Malabarici,  Cassia  Ugnea).  Die  gewöhnlich 
im  Detailhandel  als  Gewürz  —  meist  gepulvert  —  vor- 
kommende Sorte,  in  den  Preisverzeichnissen  als  Cassia 
vera    angeführt. 


1.   Ceylon-Zimmt  oder  Canehl. 

Der  Ceylon-Zimmt  ist  die  Lmenrinde  junger  Zweige 
von  Cinnamomum  ZeyUmicvm  Breyne,  einem  baumartigen  Ge- 
wächse, dessen  fast  vierkantige  kahle  Aeste  eiförmige, 
stumpfzugespitzte  oder  länglich  elliptische  Blätter  und 
kleine,  unscheinbare  Blüthen  in  Trugrispen  tragen.  Jene 
Varietät,  die  auf  Ceylon  selbst  cultivirt  wird  —  Eurunda 
genannt  —  hat  in  der  Jugend  rothe,  später  oberhalb 
dunkelgrüne,  unterhalb  blassgrüne,  fünfrippige,  ganzran- 
dige  kurz-  und  stumpf  zugespitzte  Blätter,  in  der  Jugend 
grüne,  kahle,  im  Alter  dicke,  braungraue  Aeste.  Fast 
sämmtliche  Theile  des  Baumes  riechen  angenehm,  die 
zerriebenen  Blätter  und  die  Blüthen    nach  Nelken,    die 

16* 


—     244    — 

Beere  schmeckt  nach  Wachholder,  —  Auf  sandigem  Thon- 
boden  im  Süden  und  Südwesten  der  Insel  Ceylon  nörd- 
lich von  Colombo  bis  Matura  und  zur  Südspitze  wird 
eine  ausgedehnte  Cultur  dieses  Baumes  in  eigenen  Zimmt- 
gärten  (Plantation)  betrieben.  Aber  auch  in  Vorder- 
indien (Malabar-  oder  Tinnevelly-  und  Tellicherry-Caneel), 
auf  Jaya(Jaya-Zimmt,  über  Holland),  Sumatra,  Brasilien, 
Cayenne,  Westindien  und  sonst  im  Tropengürtel  wird  Ca- 
nehl  gewonnen,  bietet  aber  eine  weit  geringere  Qualität. 
—  Da  die  feinste  Waare  nur  von  den  Rinden  dünner, 
jugendlicher  Sprösslinge  herrührt,  so  wird  die  Stamm- 
bildung des  Caneelbaumes  durch  Zurückschneiden  unter- 
drückt und  ein  Busch  von  1 — 3  Meter  hohen,  ca.  15  mm 
dicken  Trieben  erzielt ;  auch  hier  giebt  es  einen  Qualitäts- 
unterschied; so  liefern  die  im  Innern  des  Busches  ge- 
wachsenen Triebe  eine  feinere  Waare,  als  die  aussen  be- 
findlichen. (Siehe  unten  die  Sorten  von  Brothers).  An 
den  einjährigen  Trieben  „wird  in  Entfernungen  von  je 
etwa  ein  Fuss  die  Rinde  ringsum  durchschnitten,  hierauf 
der  Länge  nach  aufgeschlitzt  und  durch  Einschieben 
eines  eigenen  Messers,  Mama  genannt,  dieselbe  nöthigen- 
falls  nach  einigem  Klopfen  mit  dem  Hefte  leicht  und 
vollständig  abgezogen.  Die  bitterlich  -  zusammenziehend 
schmeckende  Oberhaut  wird  durch  sichelförmige  Schab- 
eisen abgelöst,  wobei  man  die  Rinde  auf  oder  um  einen 
Stock  von  entsprechender  Dicke  legt.  Die  im  frischen 
Zustande  fast  weissliche  Farbe  der  Rinde  geht  erst  durch 
das  Trocknen  in  Braun  über.  Je  8 — 10  Halbröhren  wer- 
den ineinander  gesteckt,  durch  die  Scheere  in  bestimmter 
Länge  abgeschnitten,  im  Schatten  getrocknet,  sortirt  und 
in  kleine  Bündel  zusammengelegt,  woraus  schliesslich 
Ballen  (Fardello,  Fardellen)  von  15  bis  50  kg  geformt 
werden."    (Flückiger). 

Die  Handelswaare  i)  stellt  0.5 — 1  m  lange  ca.  1  cm 
starke  Cylinder  vor,  die  aus  7 — 10  in  einander  gesteckten 
Rindenröhren  bestehen;  letztere  sind  doppelt  nach  ein- 
wärts gerollt  in  Form  eines  ^70i  0.5 — 0.7  mm  dick 
leicht   brüchig,    aussen  schön   braungelb   bis   hellbraun, 


^)  Auch  Rindenfragmente  unter  dem  Namen  Chips  kommen 
im  Handel  vor. 


—    245     — 

(zimmtbraun)  mit  helleren  glänzenden  Längsstreifen  (Bast- 
faserbündeln), innen  dunkelbraun  matt.  Je  nach  der  Ver- 
schiedenheit der  Qualität,  die  schon  äusserlich  an  dem 
mehr  oder  weniger  faserigen  Bruch  und  an  der  verschie- 
den grossen  Festigkeit,  mit  der  die  Röhren  aneinander 
schliessen,  erkennbar  ist,  unterscheidet  Vo  IkartBro  t  h  e r  s 
in  Colombo  folgende  (zu  Wien  1873  ausgestellte)  3  Sorten: 

a.  Ceylon -Zimmt  00:  Röhren  meist  7,  sehr  fest  an- 
einander liegend,  alle  doppelt  gewunden,  Bruch  sehr 
kurz  faserig,  Oberfläche  heller,  als  bei  den  folgen- 
den; jede  Röhre  kaum  0.5  mm  dick.  — 

b.  Ceylon-Zimmt  0 :  10  Röhren,  fest  aneinander  liegend, 
Bruch  stärker  faserig;  noch  alle  doppelt  gewunden, 
Farbe  hellbraun,  Querschnitt  der  Röhre  0.5  mm  und 
darüber.  — 

c.  Ceylon-Zimmt  1:  Cylinder  1  cm  dick,  10  Röhren 
nicht  fest  aneinander  liegend,  die  äusseren  gewöhn- 
lich nicht  doppelt  gerollt;  oft  mit  kleinen  Astlöchern 
versehen.  Querschnitt  der  Röhre  0.7  mm  und  dar- 
über.   Bruch  langfaserig.  — 

Der  Geruch  des  Ceylon -Zimmts  ist  äusserst  fein 
aromatisch,  der  Geschmack  feurig  gewürzhaft,  süss  und 
schleimig,  aber  nicht  herbe. 

Querschnitt  und  mikroskopischer  Bau.  Am 
Querschnitt  zeigt  sich  zu  äusserst  eine  lichte,  schmale, 
ununterbrochene  Linie  (Steinzellenschicht)  und  nach  innen 
zu  eine  dunkle,  undeutlich  radial  gestreifte  Partie.  Der 
Ceylonzimmt  des  Handels  ist  nur  die  Innen  rinde  oder 
der  Basttheil  des  Gefässbündels,  da  nach  dem  oben 
angegebenen  Verfahren  die  Aussen-  und  Mittelrinde  (das 
Periderm  und  das  Rindenparenchym)  entfernt  worden 
sind.  Dadurch  unterscheidet  sich  diese  Sorte  schon  auf- 
fallend von  den  übrigen.  Reste  der  Mittelrinde  sind 
gewöhnlich  noch  vorhanden  und  erscheinen  als  tangential 
gestreckte,  oft  aufgerissene  Parenchymzellen.  Die  lichte 
Linie  besteht  aus  Sklerenchymzellen  von  sehr  verschiedener 
Form;  diese  sind  unregelmässig  dreieckige  auch  fünfeckig 
und  entweder  weithöhlig  (Fig.  67  st),  wobei  die  Poren- 
canäle  meist  einfach  die  Wand  quer  durchsetzen,  oder 
sie  sind  so  stark  verdickt  ^  dass  ihr  Lumendurchmesser 
weit  kleiner  ist,  als  die  Wanddicke,  und  ihre  Poren  sind 


—     246     — 


immer  verästelt  (Fig.  67  st').    Die  Bastfasern   (b)  sind 
zu  Gruppen  vereinigt,  von  Steinzellen  umgeben,  bis  auf 

JTig.  67. 


Gewebetheile  aus  gepulyertem  Oeylon-Zimmt.  st  einfachporige  weitlich- 
tige,  8t'  Terästelt  porige  sehr  stark  Terdiokte  Steinsellen;  bb  Bastfasern, 
a  Stärkekörner,  kKrystaUe  von  Ealkoxalat,  g  SchleimEeUe,  p  stftrkefahrendes 

Parenohym. 

ein  linienförmiges,  nur  hie  und  da  erweitertes  Lumen  ver- 
dickt und  deutlich  geschichtet;  die  Längscontouren  ver- 
laufen theils  gerade,  theils  hin-  und  hergebogen  und  enden 
massig  spitz  oder  abgerundet.  Ein  durchgreifender  unter- 
schied zwischen  diesen  Bastzellen  und  denen  des  Cassien- 
zimmtes  ist  nicht  anzugeben,  wie  denn  überhaupt  alle 
Borten  im  anatomischen  Bau  sehr  nahe  übereinstimmen. 
Die  der  Innenrinde  eigenthümlichen  Gewebsformen,  Mark- 
und  Baststrahlen,  zeigen  folgendes  Verhalten.  Die  Mark- 
strahlen beginnen  an  der  Innenseite  mit  2  Zellen  und 
erweitern  sich  keilförmig  bis  zu  dem  Steinzellenring,  wo 
sie  in  die  6 — 8  Zellen  breite  Aussenschicht  (der  Innen- 
rinde) übergehen.  Diese  enthält  Parenchymzellen,  Bast- 
fasern, einzelne  Steinzellen  oder  Steinzellengruppen  und 


—    247     — 

grosse y  sehr  auffällige  Schleim-  oder  Gummischläuohe. 
Das  Gewebe  zwischen  den  Markstrahlen,  die  sogenannten 
B  a  s 1 8 1  r  ah  1  en,  enthalten  Bastparenchymzellen,  Bastfasern, 
Gummischläuche  und  Oelzellen;  sehr  genaue  Unter- 
suchungen zeigen  auch  röhrenartige  Organe,  die  Sieb- 
röhren mit  siebartig  durchbrochenen  Quer-  und  Seiten- 
wänden. Die  Bastfasern  sind  ziemlich  regelmässig  zu 
tangentialen  und  radialen  Beihen  geordnet.  Der  Inhalt 
der  Parenchymzellen  ist  Stärke  mit  kleinen  2-,  3-  oder 
mehrfach  zusammengesetzten  Körnern  (a);  femer  noch 
kleine,  sehr  kurze,  stäbchenförmige  Erystalle  von  Ealk- 
oxalat^)  (k.)  —  Der  Schleim  in  den  grossen  Schläuchen 
(g)  erscheint  geschichtet;  die  Schläuche  liegen  immer  in 
stärkeführendem  Paremchym  (p). 

Die  übrigen  Inhaltsstoffe  sind  ätherisches  Oel,  Harz, 
Zucker,  Mannit  und  Gerbstoff.  Der  Gehalt  an  ätherischem 
Oel  wird  verschieden  gross  angegeben;  es  sind  0.78 — 1.43 
— 3.77  %  gefunden  worden.  Der  Holzfasergehalt  beträgt 
nach  König  35.46  7o  (im  chines.  Z.  17.74  <>/o),  der  Aschen- 
gehalt 5 — 8  %.  Nach  neuesten  Untersuchungen  von  0. 
H ebner«)  enthält  Geylon-Zimmt  0.13—0.97  «/o  Mangan- 
oxyduloxyd, Zimmtcassia  1.13  %,  Holzzimmt  5.11  %. 
(Siehe  Tabelle  im  nächsten  Absatz.)  Ausserdem  ist  im 
Ceylonzimmt  weit  weniger  Stärke,  als  in  der  Gassie  ent- 
halten. —  Die  Rindenabfälle,  von  denen  jährlich  400  bis 
1500  kg  nach  London  kommen,  werden  mit  Vortheil  zur 
Destillation  des  Zimmtöles  benützt.  Aeth.  Oel  wird  auch 
auf  Ceylon  in  kupfernen,  250  Liter  fassenden  Blasen 
destillirt.  20  kg  liefern  nach  6  stündiger  Destillation  kaum 
100  g  Oel.  Gepulverter  Ceylonzimmt  kommt  im  Klein- 
handel nicht  vor,  daher  auch  von  Verfälschungen  nichts 
zu  berichten  ist. 

Gegenwärtig  beträgt  die  Ausfuhr  des  Ceylonzimmtes 
aus  Ceylon  1  356  901  Pfund  im  Werthe  von  63  604  Pfd. 
Sterling. 


^)  De  Bary  (Veffetationsorgane  p.  145  u.  p.  150)  nennt  diese 
Krystalle  auch  „Hapniden^*  und  lässt  sie  in  eigenen  Schläuchen 
enthalten  sein;  letztere  unterscheiden  sich  wohl  wenig  von  den 
übrigen  Parenchymzellen. 

«)  Pharm.  Journ.  1880,  Nr.  498  S.  545—546. 


—     248     — 

Die  älteren  Nachrichten  erwähnen  von  Ceylonzimmt 
nichts.  Erst  im  13.  Jahrhundert  werden  als  Ausfuhr- 
gegenstände von  Ceylon  Elephanten,  MusselinstoflFe,  Per- 
len, Bakamholz  (Sapan)  und  Zimmt  genannt  i).  A.  1310 
vergleicht  ein  Minoritenmönch  den  Zimmtbaum  mit  dem 
Lorbeer  und  eine  Beschreibung  desselben  liefert  1444 
der  Kaufmann  Nicolo  Conti.  Doch  auch  später  muss 
der  Zimmthandel.  auf  Ceylon  noch  sehr  unbedeutend  ge- 
wesen sein,  und  die  grosse  Menge  des  im  Handel  befind- 
lichen Zimmtes  stammte  aus  China.  Im  11.  und  14. 
Jahrhundert  wurde  eine  heruntergekommene  Kaste  von 
Webern  —  Chaliahs  —  von  den  ceylonischen  Königen 
zum  Schälen  des  Zimmtes  angehalten;  unter  den  Hollän- 
dern 1656  wurde  „die  Aufgabe  der  Chaliahs  oder  Maha- 
badde  zu  einer  sehr  weit  gehenden  Arbeitstheilung  mit 
strenger  Organisation  ausgebildet."  Die  Holländer  mo- 
nopolisirten  den  Zimmthandel  und  führten  auch  die  Aus- 
saat des  Zimmtbaumes  ein,  daher  sie  im  Stande  waren, 
den  ganzen  europäischen  Bedarf  zu  decken.  Jetzt  ist 
die  Zimmtbaumcultur  auf  Ceylon  gegenüber  dem  gross- 
artig sich  aufschwingenden  Kaffee-  und  Theebau  im 
Niedergange  begriffen. 


2.   Chinesischer  Zimmt  (Zimmtcassie). 

Als  Stammpflanzen  dieser  Zimmtsorte  werden  Cinna- 
momum  Caasia  Blume  (=f  C.  aromaäcum  Chr,  Nees)  und 
C.  Burmant  Blume  angeführt,  über  welche  man  aber  bis 
in  die  neueste  Zeit  eine  sehr  ungenügende  Kenntniss  be- 
sass.  Durch  den  Reisenden  Ford,  der  aus  den  chin. 
Bezirken  Loting,  Taiwu  und  Lukpo  1700  junge  Zimmt- 
pflanzen  nach  Hongkong  brachte,  wurde  diese  Frage  end- 
giltig  entschieden.  Ausschliesslich  liefert  nur  Cmnamo- 
mum  Cassia  den  chinesischen  Zimmt.  Dieser  Baum  nimmt 
ganze  Waldcomplexe  in  den  Südostprovinzen  Chinas, 
Kuang  si  und  Kuang  tung  und  in  dem  einwärts  gelege- 
nen Lande  Kweichan  ein.  Der  Hauptplatz  für  die  Cassie 
ist  die  Stadt  Taiwu,  wo  der  beste  Zimmt  wächst;  die  Ge- 


»)  Flückigep  a.  a.  0.  p.  570. 


—    249    — 

sammtproduction  wird  auf  50 — 60  OOOPiculs  ^)veran8chlagt ; 
ganz  China  liefert  etwa  70  000  Piculs*).  Noch  wichtiger  ist 
jetzt  die  Stadt  Lotin g,  deren  Zimmthaine  52  600  Acres 
(1  Acre  =:  0.404  Hektar)  umfassen.  Die  Rinden  werden 
von  den  abgeschnittenen  Zweigen  zehnjähriger,  in  Loting 
aber  sechsjähriger  Bäume  vom  März  bis  Mai  abgeschält 
—  der  Baum  muss  dann  wieder  10  Jahre  ruhen  —  ge- 
trocknet und  in  Bündel  zu  1—1.25  engl.  Pfd.  gefasst; 
von  diesen  Bündeln  kommen  50—60  in  eine  Kiste  (Va 
Picul).  — 

Dass  äussere  Ansehen  des  chin.  Zimmtes  ist  von  dem 
des  vorigen  sehr  abweichend.  Er  kommt  in  sehr  harten 
1 — 2  mm  dicken  Röhren  vor,  die  meist  einfach,  sehr 
selten  doppelt  gerollt  sind ;  ihr  längster  Breitendurchmesser 
beträgt  1 — 2  cm,  der  kürzeste  5—6  mm.  Die  Aussen- 
fläche  ist  im  Allgemeinen  rothbraun,  nur  selten  gelbbraun, 
matt,  stellenweise  mit  weissgrauem  Periderm  bedeckt,  in 
Abstanden  grobquergestreift,  von  Astlöchern  durchbrochen, 
die  Innenseite  dunkellederbraun  und  matt.  Die  Stücke 
brechen  eben,  scharfkantig.  Der  Querschnitt  zeigt  eine 
äussere,  gelbbraune  Schichte,  auf  deren  Innengrenze  ver- 
einzelte weisse  Punkte  auftreten,  und  eine  schwarzbraune 
sehr  dichte,  harzglänzende,  fein  radialstreifige  Innen- 
schicht. Der  Geschmack  ist  scharf  gewürzhaft,  schlei- 
mig, mehr  herbe  als  süss. 

Mikroskopischer  Bau.  Die  Aussenrinde  ist 
ein  schmales  braunes  Eorkgewebe  mit  gleichfarbigem  In- 
halt. Die  Mittelrinde,  das  Rindenparenchym,  setzt 
sich  aus  ziemlich  starken,  tangential  gestreckten,  rund- 
lich polyedrischen  Zellen  zusammen  (Fig.  68  p),  zwischen 
denen  grössere  Schleimschläuche  und  einzelne  oder  zu 
Gruppen  vereinigte  Steinzellen  gelagert  sind.  An  der 
Grenze  von  Mittel-  und  Innenrinde  treten  grosse  Gruppen 
von  Steinzellen  auf,  deren  Lumina  theils  kleiner  als 
die  Wanddicke  sind,  theils  diese  überragen;  die  Steiil- 
zellen  sind  eirundlich  oder  unregelmässig  viereckig,  mit 
einfachen  und  verzweigten  Porencanälen  versehen,  mit 
schwarzbrauner   Masse   angefüllt.     (Fig.  68  st,  p.  250). 


»)  1  Picul  =  62.6  kg. 

8)  1874  verliessen  den  Hafen  Canton  54268  Picula  im  Werthe 
von  542  689  Taels  ä  6  Mark.    (Englisches  Blaubuch.) 


—     250    — 

Hier  finden  sich  auch  schon  Bastfaserbündel.  Die  Innen- 
rinde enthält  2—3  Zellen  breite  Markstrahlen,  die  nach 
aussen  sich  erweitern  und  wie  beim  Canehl  in  eine 
Aussenschicht     übergehen,     deren    Parenchymzellen 

Fig.  68. 
Oewebetheile  »us  dem  CasBien-Zimmti  (ohinesiBohem  Zimmt). 


in  M^rkttrahlsellen  mit  KrjstaUen  k  (»uoh  freiliegende  Krystalle  k) ,  p  Pa- 
rencbjmzellen  der  Mittelriude  *  »  Stärkekömehen,  b  und  b'  Bastfasern,  st 
SteinseUen  Vergrösserung  850.  —'  8  Siebröhre  mit  Siebplatten,  Yergrössemng 
600.  —  bp  Bastparenchymsellen  in  Lftngsanaicht,  bp'  im  Querschnitt,  m  und 
bp'  rühren  von  Schnitten  her,  die  übrigen  Bilder  yon  gepulyertem  Zimmt. 

tangential  gestreckt  sind.  Zwischen  den  Markstrahlen 
liegen  Baststrahlen  mit  zahlreichen  Oel-  und  Schleim- 
zellen und  sehr  wenigen,  einzelnen,  selten  zu  2 — 4  neben- 
einander gestellten  Bastfasern.  Besondere  Structureigen- 
thümlichkeiten  werden  erst  am  Längsschnitte  (und  im  Zimmt- 
pulver)  klargelegt.  Die  Markstrahlenzellen  (Fig.  68  m) 
erscheinen  in  der  Radialansicht  fast  quadratisch  mit  porös 
verdickten,  häufig  schwach  wellenförmig  verlaufenden  Wän- 


—     251     — 

den ;  sie  enthalten  Stärkekörner  und  prismatische  Kalkoxa- 
latkrystalle  ^),  die  viel  breiter  sind,  als  die  schmalen  bacte- 
rienartigen  Krystallstäbchen  des  Ceylonzimmts;  mitunter 
sind  sie  sogar  rhomboederartig  und  bilden  Zwillinge 
CFig.68,k).  Sie  liegen  in  formloser, brauner,  in  Kalilauge  gelb- 
braun sich  lösender  Masse ;  letztere  reagirt  auf  GerbstoflF. 
Auch  die  Parenchymzellen  der  Mittelrinde,  wegen  ihrer 
festen  Wände  im  Zimmtpulver  gut  nachweisbar  (p),  enthalten 
componirte  Stärkekörner  (a).  Die  Bastfasern  erreichen 
eine  Länge  von  0.5  mm,  sind  spindelförmig,  beiderseits 
zugespitzt,  mitunter  etwas  gekrümmt,  vollkommen  bis  auf 
eine  Lumenlinie  verdickt,  .mit  geradlinigen  Porencanälen 
versehen,  häufig  durch  den  Druck  der  angelagerten  Paren- 
chym-  und  Steinzellen  wellenrandig  (b  und  b').  Im  Quer- 
schnitt sind  sie  eiförmig  oder  rundlich  viereckig,  schön 
geschichtet.  Die  Siebröhren  (s)  haben  zahlreiche  fast 
senkrechte  Quersiebplatten  und  seitenständige  Siebplatten. 
Die  Schleimzellen  liegen  senkrecht  aneinander,  haben  eine 
ellipsoidische,  der  Längsaxe  der  Rinde  entsprechend  ge- 
streckte Gestalt,  sind  viel  grösser,  als  das  umgebende 
Parenchym  und  mit  farblosem,  deutlich  geschichtetem 
Schleim-  erfüllt. 

Das  ätherische  Zimmtcassienöl  ist  in  einer  Menge 
von  1^9—1.93  ^lo  (nach  Herseus  2.2  %)  in  der  Rinde 
enthalten;  ausserdem  lassen  sich  8— 12®/oHarz,  4% 
Amylum,  8.5  %  Schleim  gewinnen.  Ueber  die  Menge  der 
Asche  sind  die  Angaben  sehr  verschieden;  Trojanowsky 
fand  1.00—2.3  %,  Herseus  von  Cassia  vera  Timor  4.0  ^/o, 
von  Cassia  vera  Padong  7.0%,    H ebner  4.85%  Asche. 

lieber  die  Zusammensetzung  der  Asche  der  3  Zimmt- 
sorten  giebt  folgende  Tabelle  von  H ebner  Aufschluss: 
(siehe  die  Tabelle  Seite  252). 

Die  Verwendung  der  Zimmtcassie  als  Gewürz  im 
Kleinhandel  ist  sehr  beschränkt;  für  die  pharmaceu- 
tischen  Präparate   ist    diese  Sorte  vorgeschrieben;    auch 


*)  Die  Angaben  in  De  Bary  1.  c.  p.  545  und  Moeller,  Ana- 
tomie der  Baumrinden  p.  106,  dass  Krystalle  fehlen,  dürften  wohl 
auf  einem  Irrthum  beruhen.  Auch  Vogl  (Arzneikörper  p.  229) 
hat  sie  gesehen. 


252 


Ceylonzimmt 

PreU  im  Kleinkanf  pr.  Pfd.  engl. 

Cassia 

Cassia 

raR-Mark 

raB.-Mark 

zaB.-M«rk 

lignea 

Vera 

1.83 

8.00 

3.60 

Kohle  .  .  . 

0.27  «/o 

0.41  "/« 

0,31  «/« 

1.26  «/o 

_   % 

Sand.  .  ,  . 

1.09 

0.53 

0.52 

3.16 

0.24 

Kieselsäure 

0.27 

0.31 

0.25 

0.90 

0.20 

Kohlen- 

säure. .  . 

29.29 

32.27 

32.40 

27.18*) 

36.26 

Phosphor- 

säure .  .  . 

3.52 

2.20 

3.00 

3.67 

1.13 

Schwefel- 

säure .  .  . 

2.42 

2.73 

2-84 

2.02 

071 

Chlor  .  .  . 

0.18 

0.51 

0.76 

0.14 

0.09 

Eisenoxyd 

0.78 

0.41 

0.46 

123 

6.14 

Manganoxy- 

duloxyd . 

0.86 

0.97 

0.13 

5.11 

1.13 

Kalk 

40.09 

36.98 

40.39 

25.29 

52.72 

Magnesia  . 

2.65 

3.30 

"3.86 

5.48 

1.10 

Kali  .... 

14.22 

16.70 

10.35 

20.58 

5.60 

Natron    .  . 

3.98 

2.97 

4.65 

3.98 

0.90 

Zusammen 

99.62 

100.29 

99.92 

100.00 

100.16 

Asche  .  .  . 

4.78 

4.59 

4.66 

1.84 

4.08 

werden  grosse  Mengen  des  ätherischen  Oeles  daraus  dar- 
gestellt,   (lieber  Geschichte  siehe  „Malabarzimmt"). 

Zu  den  eingangs  dieses  Paragraphen  angeführten 
statistischen  Daten  werden  hier  noch  folgende  mitge- 
theilt^):  Der  Bezirk  Loting  lieferte  im  Jahre  1882  ca. 
50000  Piculs,  Taiwu  32  000  Piculs  Zimmt.  Canton  ver- 
schiffte 

Piculs  1879  92  964  Piculs 

1880  38  053       „ 

1881  54  526       „ 


1875 
1876 

1877 
1878 


55  898 
39  641 
53  877 
73  911 


*)  Bestimmt  als  Verlust. 
*)  F lückiger,    Archiv    der    Pharm. 
841. 


XX.   Bd.      11.    Heft, 


—     253     — 


3.  Malabarzimmt  (Holzzimmt,  Gassia  lignea). 

Die  Abstammung  dieser  Waare,  die  als  Holzzimmt 
im  deutschen  und  österreichischen  Handel  vorkommt,  ist 
nicht  klar  gelegt.  Ein  sog.  Holzzimmt  soll  wohl  von 
einer  auf  Ostbengalen  und  Malabar  cultivirten  Abart 
des  ceylonischen  Zimmtbaumes  {Cinnamomum  Ceylant- 
cum  Br.  r}.  Cassia  Nees)  herrühren,  aber  Flückiger  be- 
merkt hiezu,  dass  Cassia  vera  und  Cassia  lignea  über- 
haupt nicht  auseinander  gehalten  werden  können.  „Die 
meisten  Länder  des  Südens  und  Südostens  von  Asien, 
mit  Einschluss  der  Inselwelt  von  den  Philippinen  bis 
Timor  und  Sumatra,  liefern  »Cassia«  in  zahlreichen  Sorten, 
welche  sich  nach  ihrem  Aussehen  gleich  sehr  unter- 
scheiden, wie  in  Betreff  ihres  Aromas".  .  .  „Die  geringe- 
ren Cassiasorten  dienen  in  Europa  in  grossen  Mengen 
zur  Anfertigung  der  Waare,  welche  sehr  gewöhnlich  als 
Zimmtpulver  geliefert  wird."     (Flückiger). 

Die  in  unserem  Handel  laufende  Waare  ist  regel- 
mässig ein  Gemenge  von  Rinden  verschiedener  Zimmt- 
bäume,  z.  B.  Cinnamomum  ohtustfoUum  Nees.^  C,  paudflorum 
iVee«.,  C  Tamala  F,  N.  et  Eb.^  wohl  auch  des  Zimmtcassien- 
baumes.  In  den  meisten  Fällen  entbehren  die  Rinden 
des  propren  Aussehens;  manche  Stücke  sind  einfach  ge- 
rollt, viele  nur  flach  mit  verbogenen,  ausgebrochenen 
Rändern,  theilweise  auch  von  dem  graubraunen  Kork  be- 
freit; aussen  sind  sie  gelbbraun;  eine  neueste  mir  vor- 
liegende Sendung  enthält  fahlgelbbräunliche,  grün- 
lich- oder  lederbraune  Röhren  und  Platten  von  sehr 
ungleicher  Mächtigkeit,  und  wieder  sehr  dünne,  erhaben 
längstreifige  mit  braunen  Korkwärzchen  versehene, 
schwarzbraune  Rinden  von  ganz  fremdem  Aussehen 
mit  lebhaft  gelbbrauner  Innenseite.  —  Der  Zimmtgeruch 
ist  schwächer,  campherartig,  der  Geschmack  weniger  ge- 
würzhaft, aber  scharf  und  herbe. 

Im  Allgemeinen  ist  der  anatomische  Bau  nur 
wenig  von  dem  der  Zimmtcassie  verschieden;  bei  ech- 
tem Holzzimmt  ist  der  Basttheil  stärker  entwickelt. 
Unverfälschtes    im   Kleinhandel   verkommendes   Zimmt- 


—     254    — 

pulver  enthält  jene  Gewebselemente,  die  in  Fig.  67  und 
68  dargestellt  sind. 

Zimmtpulver  ist  selir  häufig  verfälscht.  Man  ver- 
wendet Rinden,  die  ihres  ätherischen  Oeles  durch  Destil- 
lation beraubt  worden  sind;  der  weitaus  schwächere 
Geschmack  und  Geruch  weist  sofort  dieses  betrügerische 
Verfahren  nach;  die  Vermehrung  des  Pulvers  geschieht 
mit  verschiedenen  Baumrinden,  Brod,  Eicheln,  mit  ge- 
pulvertem Mahagony-,  Cigarren-  und  Zuckerkistenholz; 
die  mikroskopische  Nachweisung  des  letzteren  ist  wegen 
der  Holzzellen  und  der  grossen,  getüpfelten  Holzgefasse 
sehr  leicht.  Feuchtet  man  eine  kleine  Zimmtpulverprobe 
auf  dem  Objectgläschen  an,  so  werden  etwa  vorhandene 
Brodkrümelchen  sofort  bedeutend  aufquellen,  während 
die  Zimmtgewebetheile  unverändert  bleiben.  Grosser 
Stärkemehlgehalt  ist  verdächtig  und  in  der  That  soll 
eine  Verfälschung  mit  der  sehr  charakteristischen  Mais- 
stärke (siehe  Fig.  23)  wahrgenommen  worden  sein. 

Flückiger  beschreibt  einen  neuen,  seit  1870  aus  China 
auf  den  Londoner  Markt  gebrachten  grauen  chine- 
sischen Zimmt,  als  China  Cinnamon,  dessen  Her- 
kunft nicht  bekannt  ist,  und  der  zu  den  vorzüglichsten 
Sorten  gezählt  werden  muss.  Die  nicht  geschälten,  fass- 
längen, geraden  0.5 — 5  mm  dicken  Röhren  haben  eine 
bräunliche  bis  hellgraue  Oberfläche  und  eine  nicht  eigent- 
lich zimmtbraune  Innenfläche;  jüngere  Stücke  sehen  unge- 
schältem ceylonischem  Zimmte  gleich,  ältere  dem  chine- 
sischen. Er  wird  von  den  Gewürzhändlern  gel»:^ucht, 
um  das  aus  schlechten  Zimmtsorten  hergestellte  Pulver 
zu  verbessern.  Wahrscheinlich  ist  der  graue  Zimmt  die 
ungeschälte  Rinde  des  chinesischen  Zimmtbaumes. 

üeber  die  Geschichte  des  chinesischen  Zimmtes  ver- 
danken wir  Flückiger  werthvoUe  Mittheilungen.  2  700 
Jahre  vor  unserer  Zeitrechnung  zählt  ein  chinesischer 
Kaiser  den  Zimmt  —  Kwei  genannt  —  zu  den  werth- 
voUsten  Gewürzen.  Durch  eine  königliche  Flotte  wurde 
Zimmt  nebst  Gold,  Elfenbein,  Weihrauch,  kostbarem 
Holze  und  Affen  aus  dem  „Osten"  nach  Aegypten  im 
XVn.  Jahrhundert  v.  Chr.  geholt.  Das  Handelsvolk  des 
Alterthums,  die  Phöniker  lieferten  die  beiden  Zimmt- 
sorten Cinnamomum  und  Easia  und  täuschten   ihre 


—    255     — 

Abnehmer  durch  falsche  Angaben  über  den  Ursprung 
des  Zimmtes.  Wahrscheinlich  gebrauchte  man  damals 
auch  ganze,  dünne  Zweige  (daher  der  Ausdruck  »Holz- 
zimmt«)  und  es  spricht  für  diese  Annahme  die  Thatsache, 
dass  die  Chinesen  noch  heutzutage  mit  Cassiazweigen 
Handel  treiben.  Es  wurden  z.  B.  1879  in  JBankow 
241300  kg  im  Werthe  von  3441  Pfd.  Sterling  eingeführt. 
Hochberühmt  und  beliebt  war  dieses  Gewürz  im  Mittel- 
alter. „Im  Jahre  745  sandte  der  römische  Diacon  Gem- 
mulus  »cum  magna  reverentia«  4  Unzen  Ginnamomum 
....  an  Bonifacius,  Erzbischof  von  Mainz".  Dass  die 
grösste  Zimmtmenge  von  China  aus  in  den  Handel  ge- 
bracht wurde,  wie  das  heute  noch  der  Fall  ist,  war  im 
Mittelalter  und  selbst  dem  Chinareisenden  Marco  Polo 
gänzlich  unbekannt.  —  Zimmtöl  wurde  schon  vor  1544 
dargestellt  und  1670  die  Bildung  von  Krystallen  im 
Zimmtöle  beobachtet. 

Auch  Zimmtblätter  Und  Zimmtblüthen  (siehe 
diese)  sind  Handelswaare  und  mögen  letztere  auch  hie 
und  da  im  Zimmtpulver  vorkommen. 


Anhang.  Andere  dem  Zimmte  gleich  aber  weit 
seltener  verwendete  Rinden  sind  der  Nelkenzimmt,  der 
weisse  Zimmt  und  die  falsche  Winterrinde.  Der 
Nelkenzimmt  (Nelkencassie,  C(yrtex  Casstce  caryophyUatce) 
stammt  von  JDusypeümm  caryophyUatum  Nees  ,  einem  in  den 
Urwäldern  Brasiliens  wachsenden,  lorbeerartigen  Baume 
(Lauraceen).  Die  Rinde  kommt  in  langen,  2 — 2.5  cm  im 
Durchmesser  haltenden  Cylindem  vor,  die  aus  mehreren, 
in  einander  gesteckten,  spiralig  eingerollten,  1 — 2  mm 
dicken,  matt  rothbraunen  oder  mit  schwarzbrauner  Borke 
versehenen,  spröden,  splittrig  brechenden  Röhren  bestehen. 
Die  Mittelrinde  enthält  rundliche,  tangential  gestreckte 
Parenchym-  und  zahlreiche,  grosse  Gel-  und  Schleim- 
zellen; die  geschlossene  Steinzellenschicht  besteht  aus 
denselben  Elementen,  wie  sie  im  Ceylon -Zimmt  vor- 
kommen. Die  Innenrinde  enthält  vereinzelte  oder  zu 
Bündeln  vereinigte,  spindelförmige  Bastzellen  und  ihre 
Baststrahlen  sind  aus  zonenartig  wechselnden  Schichten 
von    Bastparenchym    und    Siebröhren    zusammengesetzt. 


—    256 

Als  Inhalt  finden  sich  componirte  Stärke  und  Ealkoxalat- 
prismen  nebst  gelbbrauner  harziger  Masse.  Der  Geruch 
und  Geschmack  ist  nelkenartig.  Der  Nelkenzimmt  wird 
besonders  in  seiner  Heimath  als  Gewürz,  bei  uns  auch 
in  der  Volksmedicin  verwendet. 

Als  Nelkenzimmt  1)  wird  bei  uns  auch  eine  Art 
Culilawanrinde  (vielleicht  von  Cinnamomim  CuUlawan 
Bl  ß.  rubrum  stammend)  in  dicken,  flachen  und  halbflachen 
Stücken  mit  blättrigem  Bruche  verkauft. 

Der  weisse  Zimmt  (weisser  Caneel,  Cortex  Canellce 
albae)  von  Caneüa  alba  Murray  (Caneüaceen)  ^  einem  im  süd- 
lichen Florida  und  in  Westindien  einheimischen  Baume 
stammend,  besteht  aus  harten,  röhrenförmigen,  2—4:  mm 
dicken,  aussen  blassröthlichen  oder  gelblichen,  innen 
weissen  Stücken,  deren  Geruch  zimmtähnlich,  der  Ge- 
schmack scharf,  gewürzhaft  ist.  Dieser  Binde  fehlen 
die  Bastfasern  vollständig. 

Die  falsche  Winterrinde  stammt  von  Cinnamodendrm 
corticomm  Miers  (Caneüaceen)  auf  Jamaica,  ist  dem  weissen 
Zimmt  ähnlich,  hat  eine  hellröthliche  Farbe  und  besitzt 
Bastfasern.  Die  echte  Winterrinde  von  Drtimja  Wintert 
Forst  (Magnoltacem)  wird  nur  medicinisch  benützt. 

Für  unseren  Handel  haben  diese  Gewürzrinden  nur 
wenig  Bedeutung. 


III.  Blätter  (und  Kräuter). 

4.  Lorbeerblätter. 

Der  Lorbeerbaum  (Laurus  nobtHs  Zr.,  Lauracem)  ist 
gegenwärtig  in  allen  Mittelmeerländern  einheimisch  und 
tritt  in  Folge  der  Einwirkung  tausendjähriger  Cultur  in 
zahlreichen  Spielarten  auf.  Als  botanisch  bestimm- 
bare Abarten  gelten  der  breitblättrige,  (L,  katfoiüi), 
der  kleinlanzettblättrige  (L.  communis)^  der  kraus- 
blättrige (Zr.  crüpa),  und  der  schmallanzettblättrige 


*)  Vogl,  Arzneikörper,  p.  282. 


Länge 


—    257     — 

{L,  angustifoUa).  Der  kleine  sehr  verästelte  Baum  trägt  zer- 
streutstehende, gestielte  Blätter,  einhäusige,  vierhlätterige 
Perigonblüthen  mit  9  StaubgefUssen  (deren  Antheren 
mit  2  aufsteigenden  Klappen  aufspringen)  in  der  männ- 
lichen, und  mit  4  Staubgefässen  und  einem  freien  Stempel 
in  der  weiblichen Blüthe.  Die  Früchte  —  Lorbeeren  — 
sind  eirunde,  olivengrüne  oder  braunschwarze,  8 — 12  mm 
lange  Steinfrüchte. 

Die  Lorbeerblätter  erscheinen  im  Handel  getrock- 
net mit  kurzen,  bis  1  cm  langen,  röthlichen  Stielen,  mit- 
unter noch  an  den  mehr  oder  weniger  reichlich  ver- 
ästelten Zweigen.  Ihre  Länge  und  Breite  wechseln  nicht 
unbedeutend;  so  ergaben  sich  für  die 

grösste  Breite 
(die  Breite  auf  dasselbe  Blatt  bezogen) 
8.0  cm  3.0  cm 

8.9   „  3.4  „ 

9.5   „  5.0   „ 

9.5   „  3.5  ,, 

Die  Blätter  sind  lederartig,  starr,  gebrechlich, 
grün,  gelbbräunlich  bis  braun,  auf  der  Oberseite  lebhaft 
glänzend,  auf  der  Unterseite  matt,  kahl,  eilanzettlich, 
breiteilanzettlich  oder  schmallanzettlich,  beiderseits  zu- 
gespitzt, nach  oben  zu  häufig  geschwungen  zugespitzt. 
Der  Band  ist  glatt,  umgebogen,  viel  häufiger  aber  wellig 
gekraust,  schmalknorpelig.  Von  der  gelben  oder  röth- 
lichen Hauptrippe,  die  gleich  den  Nebenrippen  auf  der 
Unterseite  stark  hervortritt,  gehen  6 — 8  ziemlich  kräftige 
Nebenrippen  unter  Winkeln  von  60-r-45^  ab  und  bilden 
einfache  Schlingen.  In  den  Winkeln,  die  von  den  dem 
Blattstiele  näher  gelegenen  Nebenrippen  und  der  Haupt- 
rippe gebildet  werden,  befinden  sich  -—  aber  nicht  an  jedem 
Blatte  —  kleine  halbkugelige,  mit  feinen  Haaren  aus- 
gekleidete Vertiefungen. 

Das  Lorbeerblatt  bietet  uns  in  seinem  anatomischen 
Bau  das  Muster  eines  bifacialen  Blattes:  Das  zwischen 
den  beiden  Oberhautplatten  gelegene  Blatt  mesophyll  ist 
ein  zweischichtiges.  Die  Oberhaut  der  Oberseite 
zeigt  schön  buchtig  contourirte,  tafelförmige  Zellen  von 
0.0366  mm  Länge  und  0.0183  mm  Breite,  die  im  Quer- 

HanauBek,  Nahrnngs- u.  GenuBsmittel a. d.  Pflansenreioh.  17 


—     258    — 

schnitt  ein  rechteckiges  oder  quadratisches  Lumen  zeigen. 
Die  Cuticula  ist  sehr  mächtig.  Die  Oberhautmembrane 
besitzt  auch  Cuticularschichten  und  nur  die  innerste,  das 
Zelllumen  rings  umgebende  Schichte  ist  reine  Gellulose. 
Unter  der  Epidermis  liegt  das  einreihige  Pallisaden- 
parenchym,  aus  senkrecht  auf  die  Blattääche  gestreckten, 
prismatischen,  dünnwandigen,  mit  Ghlorophyllkömem  er- 
füllten, lückenlos  aneinander  schliessenden  Parenchym- 
zellen  zusammmengesetzt;  diesem  folgt  das  Schwamm- 
parenchym  mit  unregelmässigen  Parenchymzellen  und 
grossen  Intercellularräumen.  Zwischen  beiden  Parenchym- 
geweben  finden  sich  in  ziemlich  regelmässigen  Abständen 
grosse  kugelrunde,  im  Durchmesser  0.04026 — 0,0549  mm 
haltende,  mit  farblosem  Oel  erfüllte  Oelz eilen  vor.  Die 
Oberhaut  der  Unterseite  enthält  schmale  Tafelzellen 
und  Spaltöffnungen.  In  Kalilauge  erscheinen  ihre  Zellen 
gelbbraun  gefärbt,  während  die  der  oberseitigen  Ober- 
haut sich  lichtgelb  färben.  In  den  Pallisadenzellen  ist 
Gerbstoff  angehäuft,  wie  die  Reaction  mit  Eisenchlorid 
beweist.  Die  Gefässbündel  bestehen  aus  Spiroiden  und 
sehr  starken  Bastfasern;  an  den  Bippenstellen  sind  die 
Oberhautzellen  papillenartig  emporgewölbt. 

Die  Lorbeerblätter  riechen  angenehm  gewürzhaft  und 
haben  einen  bitteren,  aromatischen  Geschmack.  Sie  bil- 
den ein  sehr  bekanntes  und  beliebtes  Gewürz  zu  Saucen, 
Essig  und  Liqueurs,  zum  Einmachen  der  Fische, 
der  Feigen  u.  s.  w.  Um  das;  Aroma  zu  erhalten,  wer- 
den sie  in  Ballen  oder  Fässer  verpackt  und  fest  zu- 
sammen gepresst.  Zur  Verwendung  sollen  sie  überhaupt 
möglichst  frisch  sein.  Unser  Handel  führt  oberitalische, 
vom Gardasee  stammende,  und  südtirolische  Waare. — 
Die  den  Lorbeerblättern  ähnlichen  Blätter  vom  Kirsch- 
lorbeser  (Prunus  Laurocerasus  L,,  Ämgydaleen)  haben  einen 
gesägten,  stets  umgeschlagenen  Rand,  sind  überhaupt  viel 
dicklicher,  geruchlos  und  besitzen  an  jeder  Seite  der 
Mittelrippe  auf  der  Blattunterfläche  1 — 4  Drüsen.  Sie 
dienen  zur  Darstellung  des  Kirschlorbeerwassers.  — 

Mythe,  Symbolik  und  Mystik  haben  von  jeher  ihre 
dunklen  Schleier  über  diesen  orientalischen  Baum  gewunden. 
Er  war  dem  Apollo  geweiht,  und  den  Siegern  in  Olympia, 
sowie  den  römischen  Triumphatoren  wurde  das  Haupt  mit 


—     259     — 

Lorbeerkränzen  gescbmückt,  die  als  Symbol  des  Buhmes 
und  Verdienstes,  als  Belohnung  für  hohe  geistige  und 
körperliche  Thaten  höher  als  Gold  geachtet  wurden. 
Zum  Wahrsagen  bediente  man  sich  des  Holzes  und  der 
Blätter.  In  Theben  wurden  alle  neun  Jahre  Daphnephorien 
(Lorbeerfeste)  gefeiert.  In  den  letzten  Jahrhunderten 
wurden  junge  Doctqren  mit  Lorbeerzweigen,  worauf  auch 
die  Früchte  stehen  mussten,  gekrönt,  daher  der  Ausdruck 
Baccalaureatus,  Baccalaureus,  kommen  soll.  Dass  dies 
unrichtig  ist,  wurde  unlängst  wieder  von  Behrend*) 
ausdrücklich  betont.  Nach  zweijährigem  Studium  und 
Ablegung  einer  Prüfung  wurde  der  Student  baccalarius, 
soviel  wie  junger  Edelmann,  genannt;  dieses  Wort  ist  in 
baccalaureus  corrumpirt  worden. 


5.   Majoran. 

Das  Majorankraut  (Mairan, Magran),  Majorana  kor- 
tmsis  Mnch.  {Origanum  Majorana  L.\  gehört  der  Familie  der 
Lippenblüther  oder  Labiaten  an  und  ist  im  mittleren 
Asien  und  in  Nordafrika  einheimisch.  Mit  dem  Saturei, 
(Bohnenkraut  oder  Wurstkraut,  Satureja  hortensis  L.) 
und  dem  BasiUcmt  (Basilienkraut,  Basilgen,  Ocymxm  BasiU- 
cum  L.)  ist  Majoran  in  unseren  Küchengärten  ein  gemeines 
Culturobject,  das  meist  einjährig,  aber  auch  halbstrauchig 
als  Winter  major  an  gezogen  wird.  Der  dünnbehaarte 
bis  30  cm  hohe,  oben  rispig  verästelte  Stengel  trägt 
gegenständige  3  cm  lange,  6  mm  breite,  spateiförmige, 
ganzrandige,  durch  einen  grauen  Filz  graugrün  erschei- 
nende Blätter  mit  Drüsenpunkten.  Von  der  einen  Blatt- 
hauptrippe gehen  bogenförmige,  einfache,  undeutliche 
Schlingen  bildende  Nebenrippen  ab.  Die  Blüthen  sitzen, 
zu  Köpfchen  oder  länglichen  Aehren  gehäuft,  an  der 
Spitze  der  Aeste  und  in  den  Blattachseln,  begleitet  von 
eirunden,  stumpfen  Deckblättern.  Der  Kelch  ist  einlippig 
und  besteht  aus  einem,  fast  röhrenförmigen,  undeutlich 
ausgeschweiften  Blatt;  die  Lippenblume  ist  weiss  und  ent- 


*)  Die  Anfänge  der  üniversitätsverfassung,  Deutsche  Rundschau. 
1862,  Decemberheft,  p.  411. 

17* 


—    260     - 

hält  4  (2  längere  und  2  kürzere)  Staubgefässe  und  einen 
viertheiligen  Fruchtknoten. 

Im  Handel  erscheint  der  Majoran  als  ein  grobes, 
graugrünes  oder  gelblich  braunes  Pulver,  in  dem  grössere 
Blatt>  und  Stengelfragmente  wahrgenommen  werden. 
Nicht  selten  sind  dem  Pulver  Blatttheile  eines  Grases 
und  kleine,  rothbraune,  nierenförmige,  flache,  kömig  rauhe 
Samen  beigemengt.  Der  Geruch  und  Geschmack  ist  sehr 
kräftig,  angenehm  gewürzhaft,  fast  kampherartig.  Majo- 
ran enthält  bis  1  %  weit  stärker  nach  Kampher  riechen- 
des Oel.  —  Grössere  Mengen  werden  in  Südfrankreich 
angebaut.  — 

Anhang.  Als  Blattgewürze  sind  femer  noch 
das  Bohnenkraut  (siehe  oben),  die  Pertersilie  (Petro- 
selmum  sativum  Hoffm.)^  der  Dill,  (Gurkenkraut,  Anähum  gra- 
veokns  L.),  der  Garten-Sauerampfer  (ßnmex  patientia 
L.)  der  Esdragonbeifuss  (Ärtemisia  dracuncubis)  anzu- 
führen. Alle  enthalten  ätherische  Gele  oder  sonstige  pi- 
kant riechende  Stoffe  und  dienen  zur  Geschmacksvei^- 
besserung  von  Suppen  und  Saucen. 


IV.   Blfithen  und  Blflthentheile. 

6.  Kapern  (Kappern). 

Die  Kapp  er  n  des  Handels  sind  die  in  Essig  und 
Salz  eingelegten  Blüthenknospen  des  dornigen 
Kappernstrauches  (Capparia  spinom  L.),  eines  denMohn- 
und  Kreuzblüthlem  nahe  verwandten  Gewächses  aus  der 
Familie  der  Capparideen^  das  in  Nordafrika,  Südfrankreich, 
südlichem  und  westlichem  Spanien,  Süditalien,  Sidlien, 
Mittel-  und  Südgriechenland  (um  Athen),  auf  den  balea- 
rischen,  ägadischen  und  liparischen  Inseln  verbreitet  ist. 
Man  cultivirt  den  Strauch  seit  den  ältesten  Zeiten  in 
zahlreichen  Spielarten  und  da  er  mit  steinigem,  sonnigem, 
sonst  ganz  unfruchtbarem  Boden  vorlieb  nimmt,  so  ist 
seine  Gultur  eine  in  jeder  Beziehung  belangreiche  und 


—    261     — 

werth volle.  Er  wächst  bis  1  m  hoch,  trägt  rundliche, 
fast  herzförmige,  ganzrandige,  schwachzugespitzte ^  kurz 
gestielte  Blätter  mit  je  zwei  in  Domen  umgewandelten 
Nebenblättern,  blattwinkelständige  Blüthen  und  eine 
fleischige,  einfächerige  Schotenfrucht  mit  zahlreichen 
nierenförmigen  Samen,  die  in  ein  Muss  scheinbar  ohne 
Anordnung  eingebettet  sind. 

Im  deutschen  Handel  unterscheidet  man  minores 
und  doppelt  so  grosse  majores;  die  Marke  Lipari  ist 
die  gewöhnlichste. 

Die  Blüthenknospen  werden  abgepflückt,  durch 
etwa  fünf  Stunden  welken  gelassen,  dann  in  Fässer  mit 
gesalzenem  Essig  geschüttet,  und  an  die  Saleurs  (d.  s. 
Geschäftsleute,  die  sich  mit  dem  Einlegen  und  Marinieren 
verschiedener  essbarer  Naturproducte  beschäftigen)  ver- 
kauft. 

Frisch  eingelegte  Kapern  sind  grangrün,  richtiger 
licht  olivengrün  mit  grünen  Flecken  und  Punkten,  ziem- 
lich compact,  später  werden  sie  bräunlichgrün  und  weich. 
Die  eingelegten  Knospen  besitzen  eine  Länge  von  etwa 
1  cm  und  einen  Querdurchmesser  von  0.5 — 0.7  cm.  und 
führen  ein  1 — 2  mm  langes  Stielchen.  Die  K  nos  p  e  ist  flach 
kegelförmig,  häufig  im  Umriss  herzförmig  zugespitzt,  mit 
schwach  hervorragenden  Kanten  versehen,  daher  im 
Querschnitt  rhombisch;  sie  besteht  aus  vier  noch  ge- 
schlossenen Kelch  blättern,  von  denen  die  zwei  äusseren 
die  inneren  ganz  umschliessen;  die  äussern  sind  stark 
bauchig  gewölbt,  breiteiförmig,  keilig  oder  nachenförmig, 
mitunter  mit  einem  feinen  Spitzchen  versehen,  von  feinen 
Bippen  durchzogen,  grün  mit  Uchteren  graugrünen  Punkten, 
die  gegen  den  Scheitel  in  grössere  Flecke  zusammen- 
fliessen;  eine  oder  die  andere  Fläche  —  wohl  die  der 
Sonne  zugewendete  —  ist  nicht  selten  rosenroth  bis  violett 
angelaufen.  Von  den  vier  Blumenblättern  sind  die 
zwei  äusseren  an  ihrem  inneren  Rande  verwachsen,  alle 
breiteirund,  zart,  im  ausgewachsenen  Zustande  weiss, 
grösser  als  die  Kelchblätter  und  gekerbtrandig.  Sie 
decken  zahlreiche  (60—100)  Staubgefässe,  deren 
Staubbehälter  viel  kleiner  als  die  Staubfaden  sind,  und 
einen  länglich  walzenförmigen,  in  der  Mitte  schwach  ein- 
geschnürten Fruchtknoten,  der  auf  einem  dicken 


—     262     — 

in  ein  bis  zwei  Schlangenwindungen  zusammen- 
gelegten Stielchen  aufsitzt.  In  der  offenen  Blüthe 
erreicht  seine  Länge  die  der  Staubfäden. 

Die  Oberhaut  der  Kelchblätter  bilden  cuticu- 
larisirte  Tafelzellen  von  polygonalem  (nicht  wellig  ge- 
buchtetem) Umriss,  und  zahlreiche  wurm-  oder  schlauch- 
artige, cylindrische,  einzellige,  höchst  dünnwandige 
Haare;  elliptische  Spaltöffnungen  sind  allgemein  verbreitet. 
Unter  der  Oberhaut  liegen  mehrere  (bis  6)  Reihen  noch 
im  Sinne  der  Fläche  gestreckter  Subepidermalzellen, 
ferner  einzelne  Schlauchzellen  und  aus  mehreren 
kleinen  Zellen  zusammengesetzte,  rundliche  Körper  dar- 
stellende Drüsen.  Darauf  folgt  ein  Parenchym  ku- 
bischer Zellen  mit  farblosen  dünnen  Wänden  und  grünem, 
contrahirtem,  körnigem  Inhalt.  Die  Drüsen z eilen  ent- 
halten einen  grossen,  wurstartigen,  cylindrischen  oder  ganz 
unregelmässigen,  goldgelben,  glänzenden  Körper, 
den  gelben  Farbstoff  Rutin.  Dieser  ist  in  Wasser  und 
Alkohol  unlöslich,  löst  sich  in  Kalilauge  mit  prächtiger 
guttigelber  Farbe  vollständig,  so  dass  die  Drüsenzellen 
farblos  (und  leer?)  erscheinen.  Das  Rutin  (Rutinsäure, 
Melin,  Gs5  Has  O15),  früher  als  identisch  mit  Querci- 
trin^)  angesehen,  ist  auch  noch  in  den  Blättern  der 
Gartenraute,  Euta  graveokna  Zr.,  in  der  Waifa  (chin.  Gelb- 
beeren) und  in  den  Blüthenknospen  der  Sophora  japomca 
(Legummosen)  enthalten.  —  In  den  rarenchymzellen  lassen 
sich  kleine  kugelige  Stärkekörnchen,  Chlorophyll  und 
Protoplasma  nachweisen. 

Die  eingelegten  Kappern  haben  einen  eigenthümlichen 
pikanten  Geschmack,  der  sich  besonders  im  Samen  kräftig 
äussert;  ihre  Verwendung  als  Gewürz  ist  eine  sehr  viel- 
fältige. — 

Die  französischen  Kappem  kommen  von  Nizza,  Mar- 
seille und  Toulon,  sie  werden  in  Nonpareilles,  die 
jüngsten  Knospen  und  feinste  Sorte,  in  Capucines  (sur 
fines),  Fines,  Mifines  (halbfeine), und  in  communes,  or- 
dinäre geschieden.  Die  Kapern  fruchte  werden  als  Cor- 
nichons  de  caprier  wie  Essiggurken  genossen.  Wie 
frische  Kappern  auszusehen  haben,  ist  oben  angegeben; 


')  In  der  Queroitronrinde  (Rinde  der  F&rbereiclie)  enthalten. 


—    263     — 

alte  blättern  sich  auf,  sind  weich,  schwärzlich  und  ge- 
schmacklos; schön  grüne  Waare  ist  wegen  eines  Eupfer- 
gehaltes  verdächtig,  was  durch  Einlegen  einer  blanken 
Messerklinge  nachgewiesen  werden  kann;  letztere  be- 
schlägt sich  mehr  oder  weniger  bald  mit  Kupfer. 

Als  deutsche  Kappern  kommen  die  am  Oberrhein 
(Holland)  gesammelten  und  präparirten  Blüthenknospen 
der  gemeinen  Besenpfrieme  (Sparthtm  scoparmm  i.,  Saro- 
tkamnus  scopaiius  Wmnu^  Papiüonacem)  im  Handel  vor.  Sie 
sind  länglich  und  bestehen  aus  einem  glockigen,  in  zwei 
kurze,  breite  Lippen  gespaltenen  Kelch,  der  fünf  Blumen- 
blättchen, 10  einbrüderige  (in  ein  Bündel  verwachsene) 
Staubgefässe  und  einen  kreisförmig  eingerollten  Griffel 
einscUiesst.  —  Ein  anderes  Surrogat  geben  die  Knospen 
und  unreifen,  angenehm  scharf  schmeckenden  Früchte 
der  Capuzinerkresse  (Tropceolum  majus  L,)^  einer  aus  Peru 
stammenden,  in  unsern  Gärten  häufig  gepflanzten  Tro- 
paeolee.  Die  Früchte  sind  kugelig  dreiseitig,  über  den 
Rücken  seicht  gefurcht,  aus  drei  in  der  gemeinsamen 
Achse  verwachsenen,  einsamigen  Schliessfrüchtchen  ge- 
bildet. Sie  enthalten  ein  ätherisches  Oel,  das  mit  dem 
Senf  öl  verwandt  zu  sein  scheint. 

Eine,  übrigens  leicht  festzustellende  Verfälschung 
der  echten  Kappem  mit  den  in  Essig  eingemachten 
Knospender  Sumpfdotterblume  (Caltha palustns  L.^  Ra- 
nunculacem  oder  Ha hnenfussge wachse)  ist  öfters  beobachtet 
worden.  Die  Knospen  sind  breit  rundlich  und  bestehen 
aus  meistens  5  Kelchblättern,  da  eigentliche  Blumen- 
blätter fehlen;  die  Stellung  der  Kelchblätter  ist  von  der 
der  Kappern  gänzlich  verschieden;  Staubgefässe  sind  in 
grosser  Anzahl,  Fruchtknoten  zu  5  —  10  vorhanden;  eine 
einfache  Zerlegung  des  fraglichen  Objectes  wird  sofort 
die  betrügerische  Unterschiebung  durch  die  giftigen 
Calthaknospen  nachweisen.  Auch  die  giftigen  Früchte 
einer  Wolfsmilchart,  Euphorbia  lathyris  L.^  die  in  jedem 
der  drei  Fächer  einen  Samen  enthalten,  sind  in  Eng- 
land als  Kappemsurrogat  beobachtet  worden. 


—    264    — 


7.    Gewürznelken  (Caryophylli). 

Die  Gewürznelken  (Nägele,  Gewürznagerl)  sind  die 
getrockneten  Blüthenknospen  des  Gewürznelken- 
baumes, Caryophyüus  aromaäcus  L.^  aus  der  Familie  der 
Myrtengewächse  (Myrtaceen).  Einheimisch  ist  dieser  Baum 
auf  den  eigentlichen  Gewürzinseln  oder  Molukken,  deren 
grösste,  Gilolo  und  die  kleineren,  westlich  und  südlich 
davon  gelegenen  Ternate,  Tidor,  Motur,  Makian,  Batjan, 
Gr.  Obi  noch  Gewürznelken  liefern.  Gegenwärtig  wird  der 
Gewürznelkenbaum  aber  auch  auf  Amboina  und  den  öst- 
lich davon  gelegenen  Uliasser- Inseln  (Saparua,  Nusalaat 
und  Haruku),  auf  Sumatra,  Poula-Penang  in  der  Malakka- 
strasse, auf  Reunion  (Bourbon),  Mauritius,  auf  Sansibar 
und  Pemba  (im  Osten  von  Afrika),  auf  den  westindischen 
Inseln  Trinidad  und  Jamaica,  in  Brasilien  und  Cayenne 
cultivirt.  Der  pyramidenförmig  verzweigte  Baum  trägt 
langgestielte,  lederartige,  immergrüne,  länglich  ovale,  in 
den  Blattstiel  verschmälerte,  dunkelgrüne  Blätter  und 
blüht  von  September  bis  December.  Die  Blüthen  stehen 
in  endständigen,  drei  mal  gedreiten  Trugdolden  und  be- 
sitzen einen  sogenannten  ünterkelch  (Hypanthium),  an 
dem  sich  der  eigentliche  viertheilige  Kelch  anschliesst; 
während  diese  Blüthentheile  prachtvoll  roth  gefärbt  er- 
scheinen, sind  die  rundlichen  Blumenblätter  milchweiss 
und  werden  beim  Aufblühen  der  Blüthe  wie  ein  Deckel 
abgeworfen. 

Bevor  dies  aber  eingetreten,  werden  die  Trugdolden 
abgeschnitten,  auf  Matten  ausgebreitet  und  an  der  Sonne 
getrocknet,  wodurch  die  bekannte,  bald  heller,  bald  dunkel- 
braune (nelkenbraune)  Farbe  der  käuflichen  Gewürznelken 
hervorgerufen  wird.  Nach  Rumph  soll  auch  Abbrühen 
mit  kochendem  Wasser  und  Räuchern  der  Knospen  an- 
gewendet werden,  was  jedoch  nach  neueren  Berichten 
nicht  mehr  zu  geschehen  scheint. 

Die  Gewürznelken  des  Handels  sind  10 — 16  mm, 
(grosse  Sorte)  oder  4 — 10  mm  (kleine  Sorte)  lang  und  be- 
stehen zunächst  aus  dem  abgerundet  zweischneidigen,  vier- 
seitigen, im  Querschnitt  rhombischen,  nach  abwärts  schmä- 
ler werdenden  stielförmigen  Theile,   dem  ünterkelch, 


—    265     — 

mit  feinrunzeliger,  unter  der  Loupe  netziger,  matter 
nelkenbrauner  Oberfläche.  Der  Unterkelch  trl^  am 
obersten  Theile  vier  stumpfe,  eiförmige,  dicke,  concav- 
rinnenförmige,  aussen  runzeUge,  matte,  innen  dunkel- 
braune, glänzende  Kelchblätter,  deren  scharfer  Rand 
einen  lichtgelben  Streifen  bildet.  In  der  oberen  Hälfte 
des  Unterkelches  befindet  sich  der  zweifacherige  Frucht- 
knoten, dessen  Samenknospen  an  entsprechenden  Längs* 
schnitten  sich  als  schwarze  Körper  in  gelbbraunem  Ge- 
webe präsentiren.  Die  bald  abstehenden,  bald  anschliessen- 
den Kelchblätter  tragen  ein  gerundet  vierseitiges,  stumpf- 
abgerundetes, kaum  erbsengrosses  Köpfchen,  das  aus  den 
vier  stark  gewölbten^  mit  einander  zusammenhängenden 
Blumenblättern  gebildet  wird.  Letztere  sind  wegen  ihrer 
Oelbehälter  durchscheinend  und  durch  zarte  Gefassbündel 
geädert.  Entfernt  man  ^  sie,  so  kommen  die  braunen,  ver- 
trockneten, bogenförmig  abwärts  gekrümmten  zahlreichen 
Staubgefässe  und  nach  Beseitigung  dieser  der  kurze,  an 
der  Basis  von  einer  flachen,  vierseitigen  Scheibe  umgebene, 
nadeiförmige  Griffel  zum  Vorschein.  Die  Farbe  der  Ge- 
würznelken ist,  wie  schon  angegeben,  ein  tiefes  Braun, 
das  bald  ins  Kothbraune,  bald  ins  Schwarze  übergeht. 
Das  Köpfchen  ist  stets  heller,  fast  gelblich,  runzelig. 

Durchschneidet  man  den  Unterkelch  der  Länge  nach, 
so  werden  zwei  Hauptschichten  sichtbar,  eine  schwärz- 
liche, sofort  mit  ätherischem  Oele  sich  überziehende  pe- 
ripherische Bindenschicht  mit  den  Oelräumen,  und 
eine  centrale,  hellgelbbraune  Markschicht.  Ritzt  man 
die  unversehrte  Oberfläche  des  Unterkelches,  so  wird  die 
BerühruDgsIinie  durch  austretendes  Oel  glänzend;  Nadel- 
stiche lassen  ein  Oeltröpfchen  austreten.  Die  Gewürz- 
nelken riechen  angenehm,  kräftig  aromatisch  und  haben 
einen  scharfen,  feurig  gewürzhaften  Geschmack. 

Die  Oberhaut  des  Unterkelches,  aus  kleinen,  von  der 
Fläche  gesehen,polygonalen,  dünnwandigen  Zellen  bestehend, 
deckt  ein  Parenchym  von  isodiametrischen,  grobgetüpfel- 
ten Zellen,  das  nach  aussen  hin  in  zwei  bis  drei  dicht  an- 
einander gerückten  Kreisen  grosse,  0.240  mm  messende, 
rundlich  radial  gestreckte,  mit  dickflüssigem,  gelbem, 
ätherischem  Oele  gefüllte  Oelbehälter  umschliesst; 
unter  der  Oberhaut  sind  sie  besonders  dicht  zusammen- 


—    266     — 

gedrängt  und  von  einem  Epithel  kleiner,  zasammen- 
gequetschter  Zellen  in  mehreren  Reihen  umgeben.  In 
dem  Parenchym  ist  ein  durch  Kalilauge  goldgelb,  durch 
Eisenchlorid  grün  sich  färbender  Gerbstoff  enthalten. 
In  keinem  Theile  der  Gewürznelken  finden  sich 
Stärkekörner  vor.  Die  Gefässbündel  der  Rinden-  und  der 
Markschichte  zeigen  eine  verschiedenartige  Entwicklung. 
Die  Gefässbündel  an  der  Innenseite  der  Rinden- 
schicht sind  von  verschiedener  Mächtigkeit  und  zeigen 
eine  strahlige  Anordnung  der  sehr  engen,  feinen  Spiral- 
gefässe,  und  der  dünnwandigen  Prosenchymzellen  und 
Markstrahlen;  zu  äusserst  sind  vollständig  verdickte, 
spindelförmige  Bastfasern  wahrzunehmen.  Im  Gentrum 
des  aus  unregelmässigen  Parenchymzellen  gebildeten,  zahl- 
reiche Zwischenzellräume  enthaltenden  Markes  liegt  wie- 
der ein  Kreis  von  Gefässbündeln,  denen  aber  die  skleren- 
chymatischen  Bastfasern  fehlen,  wofür  Krystallkammer- 
faserzellen  mit  Kalkoxalatkrystallen  auftreten.  Sowohl 
in  den  Blumenblättern,  deren  Oberhaut  Spaltöffnungen 
enthält,  als  auch  in  den  Staubgefässen  und  dem  Griffel 
finden  sich  Oelbehäher  reichlich  vor.  Der  Pollenstaub 
in  den  Antheren  besteht  aus  glatten,  dreiseitigen  Körnern 
mit  drei  Poren. 

Die  Gewürznelken  enthalten  in  Procenten: 

I       'S  -i 


^  t  t  i  ^ 


^1 


^        'ü        i  I       1 

16.39     5799       16.98       6720     l732      37.72    10.56    4.84 

Im  Allgemeinen  wird  der  Oelgehalt  mit  16 — 25  <*/o 
angegeben.  Das  Nelkenöl  besteht  aus  der  Nelkensäure 
(Eugenol),  die  auch  im  äth.  Gele  des  Piments,  der  Zimmt- 
blüthen,  des  Nelkenzimmts  und  der  Canellarinde  ent- 
halten ist,  und  aus  einem  dem  Terpentinöle  sehr  ähn- 
lichen Kohlenwasserstoff  (Cio  H24).  Durch  Destil- 
lation mit  Wasser  erhält  man  das  indifferente  Eugenin, 
durch  Behandlung  mit  Alkohol  oder  Aether  den  geruch- 
und  geschmacklosen  Nelkencampher  (Caryophyllin); 
ausserdem  erhält  man  noch  Gerbstoff,  Gummi  und  angeb- 


—    267     — 

lieh  auch  Salicylsäure.  An  frischen  6e¥rtirznelken  müssen 
die  oben  angegebenen  Oelproben  (Druck  mit  dem  Finger- 
nagel, Nadelstiche)  sofort  ein  gutes  Resultat  geben.  Sie 
müssen  im  Wasser  untersinken,  nicht  durchwegs  schwarz, 
verkrümmt,  oder  grobrunzlich  sein.  Fehlt  vielen  das  Köpf- 
chen und  erscheinen  sie  geschrumpft,  mager,  verkrümmt, 
dürr,  so  sind  sie  ihres  Oeles  durch  Destillation  beraubt  wor- 
den, oder  überhaupt  schon  alt.  Durch  Beimengung  der  auch 
als  besondere  Waare  vorkommenden  Blüthenstiele  (Nel- 
kenstiele,  Fusti  Caryophyüorum^  festucce  Car,),  die  holzig 
sind  und  nur  wenig  Oel  (4 — 5  %)  enthalten,  wird  die 
Waare  in  ihrer  Qualität  geschädigt.  Die  Verfälschung 
gemahlener  Nelken  durch  Beimischung  schon  ausgezogener 
Nelken  ist  nur  schwer  nachzuweisen,  am  besten  ent- 
scheidet die  Probe  auf  den  Oelgehalt.  Dagegen  gelingt 
der  Nachweis  mit  dem  Mikroskope  leicht,  wenn  das  Pul- 
ver der  Nelkenstiele  beigemengt  worden  ist.  In  dem  Ge- 
webe der  Nelkenstiele  finden  sich  grosse,  zierliche  Stein- 
zellen von  rhombischer,  keuliger,  stets  gestreckter,  und 
auch  knorriger  Gestalt  (Fig.  69)  mit  einfachen  Poren- 
canälen,  die  den  Gewürznelken  vollständig  fehlen.  Gröbere 
Verfälschungen  des  Pulvers,  das 
überhaupt  im  Kleinhandel  nur  Fig.  69. 

selten  vorkommt,  werden  mit 
denselben  Objecten  vorgenom- 
men, mit  denen  der  Pfeffer  ver- 
fälscht wird.  Man  hat  auch 
künstliche,  ausStärke,  Gummi- 
schleim und  Nelkenöl  geformte 
Nelken  im  Handel  beobachtet; 
der  Nachweis  dieser  Verfäl- 
schung ist  durch  Einlegen  in  war- 
mes Wasser  und  durch  mikro- 
skopische Untersuchung    leicht    „   .     „  ^     ^  _     ^ 

^..r  SteinsBellen  aus  den  Stielen  der 

ZU   lUnren.  Oewüranelke  (Nelkenstiel). 

Die  verschiedenen  Cultur- 
länder  des  Gewürznelkenbaumes  bedingen  ein  an  Quali- 
tät sehr  verschiedenes  Product.  Als  beste  Sorten  gelten 
mit  Recht  die  Nelken  von  Amboina  und  von  den 
Uliasserinseln;  sie  werden  jährlich  in  Amsterdam  und 
Rotterdam  öffentlich  versteigert  und  reguliren  den  Preis 


—     268    — 

der  Waare.  Ihnen  zunächst  reihen  sich  die  englischen 
resp.  bengalischen  und  die  Penangnelken,  die  unse- 
ren Markt  nur  selten  berühren.  Am  häufigsten  werden 
in  Mitteleuropa  die  Zanzibarnelken  gehandelt;  minder- 
werthig  sind  die  Bourbon-  undCayennenelken;  erstere 
haben  ein  hellgelbes  Köpfchen,  letztere  sind  trocken, 
schwärzlich,  weit  schmächtiger  und  der  Unterkelch  ist 
zugespitzt.  Im  Ganzen  giebt  es  im  Handel  über  15  Sorten. 

Auch  die  Früchte  (Muttemelken,  Anthophylli,  siehe 
diese)  und  die  Blüthenstiele  werden  —  insbesondere  zur 
Destillation  des  ätherischen  Oeles  —  benützt.  Die  An- 
wendung der  Nelken  als  Gewürz,  zur  Oelbereitung  und 
in  der  Pharmacie  ist  bekannt. 

Die  Jahresausfuhr  aller  Nelken  liefernden  Länder 
mag  zusammen  nicht  eine  Million  Eilogr.  betragen.  Nach 
London  gelangten  in  den  Jahren 

1879  1880,  1881 

5  468         12  074         14  428  Colli; 
nach  Hamburg     255  000      403  000      437  000  Pfund. 

Der  Sultan  von  Sansibar  hat  (1873)  an  Stelle  der 
früher  bestandenen  Sclaven -Ausfuhrsteuer  einen  Export- 
zoll von  30  Mark  pro  100  kg.  auf  Gewürznelken  gelegt.  — 

In  Ostasien  sind  Gewürznelken  seit  den  ältesten 
Zeiten  in  Gebrauch  gewesen;  nach  Europa  dürften  sie 
wohl  erst  durch  die  Portugiesen  im  16.  Jahrhundert  ge- 
bracht worden  sein.  Die  Holländer  beschränkten  die 
Gultur  des  Baumes  auf  Amboina  und  Saparua  durch  sehr 
bedauerliche  Gewaltmaassregeln,  um  für  sich  ein  Monopol 
dieses  Gewürzes  zu  erringen.  Dem  französischen  Gouver- 
neur auf  Isle  de  France,  Poivre,  gelang  es  1770,  Gewürz- 
nelken- und  Muskatbäume  nach  den  Sechellen  und  Maska- 
renen auszuführen;  dadurch  wurde  das  Monopol  der  Hol- 
länder aufgehoben.  Die  Eingeborenen  auf  Amboina  er- 
weisen dem  Baume  hohe  Verehrung  und  muthen  den 
Nelken  Zauberkräfte  zu. 

8.  Zimmtblüthen.    (Flores  cassiae  deflorati.) 

Aus  den  südlichen  Provinzen  China's,  aus  Kuangsi 
und  Kuantung  kommen  die  verblühten  und  getrock- 
neten Blüthen  eines  Zimmtbaumes,  wahrscheinlich  des- 


—    269     — 

selben,  der  den  chinesisclien  Zimmt  liefert  (siehe  Zimmt), 
in  den  Handel.  Sie  stellen  keulen-  kreisel-,  selbst  flaschen- 
förmige  holzharte  Körper  von  grobrunzeliger,  schwarz- 
oder  graubrauner  Oberfläche  vor;  ihre  Länge  ohne  Stiel- 
chen beträgt  6 — 10  mm,  der  Durchmesser  aes  Köpfchens 
3— 4  mm.  Das  einzelne  Stück  besteht  aus  einem  kurzen 
Stielchen,  und  einem  gleichlangen  ünterkelch,  der  nach 
aufwärts  in  sechs,  mitunter  recht  deutliche  Lappen  sich 
aufwölbt  und  mit  diesen  einen  hellbraunen,  an  älteren 
Blüthen  glänzenden,  linsenförmigen,  von  einem  Griffel- 
überrest kurz  genabelten,  einfächerigen  Fruchtknoten 
derart  einschliesst,  dass  eine  kleine,  kreisförmige  Fläche 
des  letzteren  unbedeckt  bleibt.  Die  Blüthen  besitzen 
einen  schwachen  Zimmtgeruch^  manche  riechen  nach 
Kampher. 

Die  Gewebselemente^)  des  Stieles  sind  von  einer 
cuticularisirten  Oberhaut  gedeckt,  der  zahlreiche,  dicke, 
spitze,  gekrümmte  Haare  aufsitzen.  Das  darunter  liegende 
Parenchym  enthält  zahlreiche  Oel-  und  Schleimzellen, 
grosse,  dickwandige,  jedoch  weitlichtige  Bastfasern  und 
grosse  Steinzellen,  in  Bündeln  zu  einer  geschlossenen 
Schicht  vereinigt.  Die  Innenrinde  besteht  aus  dünn- 
wandigen Zellen,  der  Holzkörper  aus  Treppen-  und  Spiral- 
gefässen,  bastartigen  Holzzellen  und  Holzparenchym.  Der 
Holzkörper  umgiebt  ein  Mark -Parenchym.  Die  Haupt- 
masse des  Unterkelchgewebes  enthält  grosszelliges  Paren- 
chym und  zahlreiche  Oel-  und  Schleimzellen,  die  aber 
am  reichlichsten  im  Fruchtknoten  auftreten.  Der  roth- 
braune Inhalt  der  Parenchymzellen  besteht  aus  eisen- 
bläuendem, in  Kali  sich  lösendem  Gerbstoff.  Stärkekörner 
sind  in  den  Zimmtblüthen  nicht  enthalten. 

Die  jährliche  Production  schwankt  zwischen  1000— 
2000  Piculs.  Im  Jahre  1878  betrug  die  Zufuhr  nach 
Hamburg  2394  Kisten,  ä  V«  Picul,  die  Production  in  China 
1800  Piculs.  (Ein  Picul  angeblich  gleich  60—62  kg; 
nach  Hübner  113  kg). 

Die  Zimmtblüthen  werden  grösstentheils  zu  Destil- 
lationszwecken verwendet;  im  Zimmtpulver  sind  sie  nur 
selten  enthalten  und  können  leicht  wegen  der  zahlreichen 


*)  Vogl,  Arzneikörper,  pag.  150. 


—     270     — 

Haare   und  der   grossen  und  weiten    Steinzellen    nach- 
gewiesen werden.  Sie  stehen  höher  als  Holzzimmt  im  Preise. 

9.    Safran  (Crocus). 

Der  Safran  des  Handels  besteht  aus  den  Blüthen- 
narben  der  echten  Safranpflanze,  Crocus  satwus  i.,  {Smith) 
aus  der  Familie  der  Schwertlilien  {Iridem)^  die  nach  den 
Untersuchungen  von  Chapellier  ein  seit  seiner  Cultur 
constant  gebliebener,  keine  Früchte  tragender  Bastard 
von  Crocus  graecus  (griechischer  S.)  sein  soll.  Crocus  sathms 
wächst  in  seinen  Heimathsländern  Persien  ^)  und  Klein- 
asien, sowie  noch  in  Griechenland  (zusammen  mit  C. 
graecus)  wild  und  wird  in  zahlreichen  Ländern  angebaut, 
in  wenigen  aber  nur  in  bedeutender  Menge.  So  wird 
seine  Cultur  in  Kaschmir,  in  Persien,  Südarabien,  um 
Magnesia  in  Kleinasien,  in  Macedonien,  Italien,  Spanien, 
(Arragonien)  und  in  Frankreich  in  grösserem  Maassstabe 
betrieben. 

Der  französische, Safran  wird  in  den  Districten  Pithi- 
viers  (Gatinais,  Dep.  Loiret),  Orange  und  Carpentras 
(Dep.  Vaucltise)  in  bedeutender  Menge  gezogen.  Kleinere 
Partien  gewinnt  man  in  Baiem,  in  der  Schweiz  und  in 
Niederösterreich.  Der  Umfang  der  niederösterreichischen 
Safrancultur  —  in  den  weiteren  Umgebungen  von  Krems 
und  Molk  —  hat  in  unserem  Jahrhundert  derart  abge- 
nommen, dass  es  wie  eine  Fabel  klingt,  wenn  Petrak*) 
erzählt,  vor  300  Jahren  sei,  um  Ravelsbach  allein  in  25 
Ortschaften  Safran  gezogen  worden.  Gegenwärtig  vrird 
noch  um  Meissau  und  Ravelsbach,  Parisdorf,  Münich- 
hofen,  um  Neustift  am  Felde  bei  Kirchberg  am  Wagram, 
um  Loosdorf  südlich  bis  Hürm  (Molk)  Safran  gewonnen. 
In  Meissau*)  beschäftigen  sich  etwa  zehn  Grundbesitzer 
mit  dem  Anbaue.    Die  „Kiele"  (KüUe,  soviel  wie  Zwiebel) 


^)  Persisch  Safäran,  arabisch  mssfar  =:  gelb  und  roher 
Safran. 

*)  Ulrich  Petrak,  Praktischer  Unterricht,  den  niederöster- 
reichischen Saffran  zu  bauen.  Wien  und  Prag  1797.  Das  seltene 
Büchlein  enthält  auch  eine  farbige  Abbildung  der  Safranpflanze  etc. 

')  Nach  eigenen,  an  Ort  und  Stelle  gemachten  Beobachtungen. 


—    271     — 

werden  im  August  und  September  eingesetzt;  mit  der 
Haue  wird  in  die  Erde  eine  Vs  Meter  tiefe  Furche  ge- 
graben und  seitlich  in  die  Furchenwand  die  Zwiebel 
spanntief  in  Abständen  von  ca.  8  cm  gesteckt.  Daselbst 
bleiben  sie  nun  drei  Jahre.  Im  Juni  und  Juli  werden 
sie  herausgenommen  und  einen  Monat  hindurch  am  Dach- 
boden getrocknet.  Innerhalb  dieser  Zeit  wird  der  Boden 
dreimal  kräftig  —  wie  ein  Weizenfeld  —  mit  Stalldünger 
gedüxigt.  Im  Juli  und  September  wird  das  Safranfeld 
mit  der  Haue  bearbeitet,  das  zweitemal  mit  dem  Rechen, 
damit  die  Blumen  nicht  mit  Erde  beschmutzt  wer- 
den. Im  October  erscheinen  die  geschlossenen  Blüthen 
(hier  „Wutzel"  genannt),  und  das  ganze  Feld  gleicht  einem 
violetten  Teppich.  Die  ganzen  Blüthen  werden  gepflückt  i), 
nach  Hause  gebracht  und  im  Zimmer  und  im  Vorhause 
die  Narben  abgezupft  2).  Das  geschieht  gewöhnlich  bis 
spät  in  die  Nacht;  Nachbarsleute  helfen  fleissig  mit. 
Die  Narben  werden  hierauf  auf  Haarsieben  am  Herde  ge- 
dörrt, wobei  man  sie  fleissig  mit  Gänsekielen  umrührt. 
Der  Verkauf  geschieht  während  des  Simonimarktes  in 
Krems  (28.  October),  die  Verkäufer  bringen  den  Safran 
in  Holzschaehteln  zu  den  hervorragenden  Eaufleuten  und 
Apothekern.  (Das  kg  gegenwärtig  zu  120  fl.)  —  Ein 
Safrangarten    umfasst   einen   halben  Viertelacker,    zwei 


M  Petrak,  p.  44:  „Man  fasst  mit  dem  Daumeo,  dem  Zeige- 
und  Mittelfinger  die  Blumen  bei  ihrem  Röhrchen,  das  oft  noch  in 
der  Erde  steckt  und  macht  statt  zu  kneipen  oder  gegen  sich  zu 
ziehen,  einen  kleinen  Druck  senkrecht  in  die  Erde,  so  springt  das 
Rohrchen  von  selbst  ab  und  die  Blume  ist  in  der  hohlen  Hand.^' 

*)  Patrik,  p.  47:  Vom  Saffranlösen.  „Die  drei  Narben 
müssen  beisammenh&ngen  bleiben,  was  man  den  ,Bock*  nennt  (Ge- 
stell mit  drei  Füssen)".  Im  Jahre  1776  gab  ein  Feld  .von  300 
Quad.  Klftr.  öV«  Pfd.  Saffran  und  ein  Pfd.  verfaulte.  Die  Blumen 
erhalten  sich  bis  in  den  vierten  Tag,  wenn  sie  trocken  nach  Hause 
gebracht  worden  sind.  —  Man  findet  auch  Blumen  von  4,  5 — 6 
Narben,  welche  Hypertrophie  auf  ein  Verwachsen  mehrerer  Blüthen 
zurückzuführen  ist.  (Volksausdruck  dafür  „Zünglein"  oder  „Zick- 
lein"). Um  Saffran  mehrere  Jahre  roth  zu  erbalten,  legt  man  unter 
die  Waare  etliche  gemeine  Eüchenzwiebel  ^  der  Erfolg  ist  aber  ein 
fraglicher;  bis  zum  3.  Jahre  aufbewahrt,  wird  jeder  Saffran  bräuur 
lieh.  —  „Wer  daheim  einen  Saffran  an  die  herumziehenden  Schlesier 
etc.  veräussern  will,  wirft  die  Blumenblätter  zum  Zeichen  vor  sein 
Haus  auf  die  Gasse."  (1.  c.  p.  57). 


—     272     — 

Gärten  ergeben  ca.  zwei  Kilogramm.  Die  Blätter  („Sager^ 
oder  Safrangras)  liefern  ein  ausgezeichnetes  Viehfutter. 
Die  Ernte  des  ersten  Jahres  ist  geringe  die  des  zweiten 
besser,  weil  nicht  nur  die  Kiele  (Zwiebel)  sich  vermehrt 
haben,  sondern  auch  jeder  Kiel  2  bis  3  Blüthen  trägt 
Ziemlich  das  Gleiche  gilt  für  den  dritten  und  vierten 
Blüthentrieb.  —  Feinde  der  Safrangärten  sind  Hirsche, 
Rehe,  Hasen;  Schweine  und  Mäuse  verzehren  die  Zwiebel. 
Krebsartige  Auswüchse  an  der  Zwiebel,  ein  Pilz,  der 
Safrantod  {BMzoctonia  croconm)  schädigen  oft  bedeutend  den 
Ertrag.  Die  französische  Safrancultur  hat  Gasparin^) 
ausführlich  beschrieben. 

Die  Knollzwiebel  der  Safranpflanze  ist  niedergedrückt 
kugelig,  fleischig,  von  einer  dürren,  feinfaserigen,  nuss- 
braunen  Schale  bedeckt  und  oben  durch  Ueberreste  der 
abgestorbenen  vorjährigen  Wurzelscheiden  geschöpft.  Aus 
den  Wurzelscheiden  treten  6 — 9  grasartige,  dunkelgrüne, 
am  Rande  eingerollte  Wurzelblätter  hervor.  Die  wurzel- 
ständige Blüthe  entspringt  einer  allgemeinen  Blüthen- 
scheide  und  sitzt  auf  einem  kurzen  unterirdischen  Blüthen- 
stiel.  Das  blumenartige  Perigon  ist  trichterförmig,  regel- 
mässig Gtheiligmit  3  äusseren  und  3  inneren  Perigontheilen, 
oben  schön  blass-  bis  blauviolett.  Die  drei  Staubgefasse 
besitzen  gelbe,  linienförmige,  zweifächerige  Staubbehälter. 
Auf  dem  dreifächerigen  Fruchtknoten  sitzt  ein  fadenför- 
miger, oben  gelber  Griffel  von  der  Länge  der  Staubgefasse, 
der  zu  oberst  drei,  zuerst  aufrecht  abstehende, 
dann  zurückgeschlagene  und  herabhängende, 
purpur-  bis  dunkelorangerothe  Narben  trägt 
Diese  allein  bilden  den  Safran  des  Handels. 

Die  Handelswaare  stellt  ein  lockeres  Haufwerk 
einzelner,  oder  auch  mit  dem  gelben  Griffelende  verbun- 
dener Narben  dar,  die  eine  tiefbraune  Färbung  und 
schwachen  Glanz  besitzen.  Die  Narbe  (Fig.  70  A  p.  273) 
ist  massig  gebogen,  2 — 3  cm  lang,  röhrenförmig,  am 
freien  oberen  Ende  trichterartig  erweitert,  an  der  Innen- 
seite ein  wenig  aufgeschlitzt;  der  Saum  ist  mehr  oder 
weniger  stark  gelappt  oder  gekerbt,  auf  der  Aussenseite 
etwas   höher,  als  auf  der  Innenseite;   der  fädige  Theil 


*)  Cours  d^agricultare  IV. 


—    273 


Pig.  70. 


-.f 


A  Ein  Stttok  Safran.    B  Safflorblflthe, 
G  Bingelblnme  (nach  A«  Yogi). 


sehr  dünn,  im  trockenen 
Zustande  sehr  gebrech- 
lich, hin-  und  herge- 
bogen oder  geknickt. 
Die  Breite  des  Narben- 
saumes beträgt  3-4  mm. 
Gegen  das  Licht  ge- 
halten erscheint  Safran 
prachtvoll  rubinroth, 
der  Rand  gelb  gesäumt. 
Bentley  fand,  dass 
78  000  Narben  500  g 
Safran  geben ;  M  a  r  - 
quart  zählt  für  100  g 
Safran  12  000  Blüthen. 

Nach  meinen  Unter- 
suchungen wogen  6  60 
Narben  1  g;  da  wür- 
den demnach  für  500  g  330  000  Narben  erforderlich 
sein,  was  jedenfalls  zu  hoch  erscheint.  Der  Geruch  ist 
durchdringend  gewürzhaft,  betäubend;  der  Geschmack 
scharf,  gewürzhaft  bitter.  Den  Speichel  färbt  Safran 
beim  Kauen  gelb.  Am  Lichte  soll  die  Farbe  bleichen 
und  sich  verlieren.  (Ich  habe 
an  einer  6  Jahre  alten  Probe 

keine  Farbenveränderung, 
höchstens  eine  schwache  Bräu- 
nung wahrgenommen).  Da  er 

sehr  hygroskopisch  ist,  so 
muss  er  trocken  (und  gegen 
das  Licht  geschützt)  aufbe- 
wahrt werden. 

Die  Hauptmasse  des  Sa- 
frangewebes ist  ein  Paren- 
chym  von  senkrecht  gestreck- 
ten, im  Querschnitte  fast  qua- 
dratischen sehr  dünnwandigen 
Zellen,  in  dem  sidi  aus  feinen  ep'1 
Spiroiden  zusammengesetzte^,^,^,  ^,,  g,^..  .^  ,p  Oberhaut. 

ZWeitheillg  verzweigte  GefaSS-  PP  Parenchym,  «pjip   GeOsibUndel 

bündel    befinden    (Fig.    71.) 


(nach  A.  Vogl). 


Hanantek,  Nahrnngt-  u.  Oenntsmittel  a.  d.  Pflanienreioh.      18 


—    274    — 

Die  Oberhaut  ist  von  tafelförmigen,  rechteckigen,  meist 
papillös  emporgewölbten  Zellen  gebildet,  die  auf  der 
Flächenansicht  keine  Streifung  zeigen;  der  Narben- 
saum besitzt  grosse  cylindrische  oder  keilig- rundliche 
Papillen.  In  allen  Zellen  ist  ein  prachtvoller  rother  Farb- 
stoff enthalten,  der  sich  im  Wassser  sofort,  in  Alkalien 
und  Alkohol  allmählich  mit  intensiver  (safran-)  gelber  Farbe 
löst;  setzt  man  einem  feinen  Schnittchen  Schwefelsäure 
zu,  so  ändert  sich  die  Farbe  rasch  in  blau  und  blass- 
violett; Oeltröpfchen  und  Aleuronkörnchen  finden  sich 
ebenfalls  in  den  Parenchymzellen. 
,    Safran  enthält  in  Procenten: 

I      i  !-• 

16.07    1174      aei       3.22  15.36      44.36     4.37     4.37 

Der  Aschengehalt  darf  bis  auf  5  ^/o  steigen.  Der 
Farbstoff,  Polychroit  (Crocin,  Safrangelb)  ist  im  trock- 
nen Zustande  morgenroth  oder  rubinroth,  mit  schwach 
süsslichem  Geschmacke  und  ohne  Geruch;  Wasser  löst 
ihn  mit  gelbrother  Farbe,  ebenso  wässerige  Alkalien  und 
wässeriger  Weingeist:  absoluter  Alkohol  undAether  lösen 
ihn  nur  schwer.  Kalk-  und  Barytwasser  fällen  die  wäss- 
rige  Lösung  gelb,  Bleiessig  roth,  Kupfervitriol  grün;  con- 
centrirte  Schwefelsäure  bringt  zuerst  eine  tiefblaue,  dann 
violette  und  schliesslich  braune  Färbung  hervor;  Frhitzen 
zerstört  den  Farbstoff;  verdünnte  Mineralsäuren  spalten 
ihn  beim  Kochen  in  Zucker  und  in  ein  rothes  Pulver, 
das  Crocetin,  angeblich  auch  noch  in  ein  Safranöl,  das 
vielleicht  mit  dem  eigentlichen  Safranöl  (0.61 — 1  %) 
identisch  ist.  —  Die  Färbungskraft  des  Safrans  ist  eine 
geradezu  staunenerregende.  Ein  Theil  Safran  färbt  noch 
zweihunderttausend  Theile  Wasser,  selbst  im  durchfallen- 
den Lichte,  auffallend  gelb.  Uebergiesst  man  nach 
Hager  1)  0.1  gr  Safran  mit  10  cc  Wasser  und  erhitzt 
bis  zum  Aufkochen,  so  erhält  man  eine  Flüssigkeit,  von 
der  5  cc  ausreichen,  um  7.5  Liter  Wasser  deutlich  gelb 
zu  färben. 


*)IIandb.  der  Pharm.  Praxis.  —  Ergänzungsbd.  p.  377. 


—    275    — 

Für  nnseren  Handel  sind  folgende  yier  Sorten  von 
Wichtigkeit: 

1)  Oesterreichischer  Safran,  Crocus  austriacus. 
Die  theuerste  und  reinste  Sorte,  nnr  ans  den  am  Gmnde 
gewöhnlich  nodb  zusammenhängenden  Narben  bestehend, 
besitzt  daher  eine  gleichförmige,  tief  pnrpnrbraune 
Farbe.  Der  Creruch  ist  betäubend  stsu*k.  Im  Gross- 
handel erscheint  er  selten. 

2)  Französischer  Safran,  Orocus  gaükm.  Die  ge- 
wöhnlich bei  uns  yerkaufte  Sorte;  die  meisten  Narben 
sitzen  noch  an  dem  gelben  Griffel,  daher  französischer 
Safran  zweifarbig  ist,  purpurbraun  mit  gelb  gemischt. 
Auserlesene  imd  von  den  Griffelenden  befreite  Waare 
geht  auch  als  österreichischer  Safran. 

3)  Spanischer  Safran,  Crocus  htspamcua.  Ist  dem 
französischen  ähnlich  und  wird  auch  als  solcher  ver- 
kauft. Die  Safranplantagen  (Azafranal)  sind  in  Teruel, 
Cuenca,  Ciudad  Beal,  Toledo,  Albacete  und  Valencia  (im 
Ganzen  in  300  Ortschaften);  letztere  Stadt  ist  der  eigent- 
liche Platz  aller  Handelsgeschäfte  in  Safran.  Man  pflanzt 
immer  je  20 — 40  Fanegas  (span.  Scheffel).  Die  jährliche 
Production  beträgt  30  000— 80  000  kg.  1)  Besonders  häufig 
verfälscht  ist  Alicante-Safran.  Als  spanische  Sorten  gelten 

a.  Prima  oderEscogidasuperior  de  Cuenca  und  Albacete, 

b.  Secunda  oder  media  von  Teruel, 

c.  Tertia  von  Baja,  Manzanares  und  Ciudad  Real. 

4)  Orientalischer  Safran,  Orocus  orientaUs,  Einst- 
mals die  feinste  Sorte,  die  sie  in  Kleinasien  etc.  selbst 
noch  sein  mag.  Was  in  unserem  Handel  unter  diesem 
Namen  verkauft  wird,  ist  ein  roth-  oder  schwarzbraunes, 
zusammengeklebtes  Haufwerk,  das  aus  Fruchtschalen- 
stücken, sehr  kleinen  runden,  farblosen,  durch  Jod  sich 
gelb  färbenden  Kömern  (Pollen?),  farblosen  dünnwan- 
digen Haaren,  Schimmelpilzen  und  deren  Sporen,  Frag- 
menten weiter  Spiralgefässe,  Parenchymgeweberesten, 
Blüthennarben  (von  Croeüs  venmaf)  und  Sand  zusammen- 
gesetzt und  mit  gebranntem  Zucker  gebräunt  ist.  Diese 
unappetitliche  Sorte  riecht  ganz  schwach  nach  Safran 
und  färbt  fast  gar  nicht.   — 


^)  Die  Zwiebelschalen  dienen  zum  Füllen  der  Bettmatrazen. 

18* 


—    276     — 

Verfälschungen  und  Surrogate.  Im  Kleinhandel 
ist  Safran  fast  immer  verfälscht.  Er  wird  seines  Farbstoffes 
mit  Alkohol  beraubt,  darauf  künstlich  mit  Garmin  oder  Ani- 
linroth gefärbt  und  unter  echten  gemischt.  Auffallend  gelbe 
Waare  enthält  Safrangriffel  —  die  als  Fem  in  eil  im  Han- 
del bekannt  sind  —  in  grosser  Menge  beigemischt.  Die 
häufigste  Fälschung  ist  die  Substitution  durch  die  Blüthen 
der  Ringelblume,  die  mittelst  Campecheholz  oder 
Anilin  roth  gefärbt  sind,  ferner  durch  Safflorblüthen, 
durch  Blüthentheile  anderer  Grocusarten;  angeblich  auch 
durch  Fleischfasern.  Beimengungen  anorganischer  Sub- 
stanzen, besonders  des  Smirgelpulvers,  KaÄ,  Gyps,  Baryt 
mit  Honig,  Syrup  und  Glycerin  sind  für  den  spanischen 
(Alicante-)  Safran  geradezu  charakteristisch.  So  erhielt 
Hanburg  aus  vier  Proben  Alicante -Safran  18 — 28  ^/o 
Asche,  Hallwachs,  Müller  und  Heraus  fanden  17  bis 
25%  Kreide  und  9%  Baryt;  auch  Blätter  eines  Ried- 
grases (Carex  «p.),  mit  Safrantinctur  gefärbt,  oder  mit 
Stärkezuckersyrup  und  Garmin  behandelt  (Kopenhagen) 
gehen  als  Safran.  Hingegen  scheinen  die  der  Länge  nach 
durchschnittenen  Blüthen  des  Granatbaumes  und  die 
der  spanischen  Golddistel  (Scolymus  hdspamous)  gegenwärtig 
kaum  mehr  unter  echten  Safran  gemischt  zu  werden. 

Verfälschung  mit  Gur-cumapulver  lässt  sich  leicht 
durch  dessen  Stärkekömer  (Fig.  65)  nachweisen.  In  Spa- 
nien^) soll  ajich  eine  VerfäLschung  mit  Knoblauch-  und 
Schnittlauch- Würzelcben  geschehen;  sie  werden  in 
feine  Streifen  zerschnitten  und  mit  Kalk  und  Honig  oder 
Glycerin  beschwert.  In  Kopenhagen  fand  man  mit  Kreide, 
Honig  und  Safrantinctur  benandelte  Narben,  die  in  Wasser 
72  %  ihres  Gewichtes  verloren !  Neuestens  hat  msai  in 
Safran  geringe  Mengen  (0.115—0.123»  Thonerde«) 
(Aluminiumhydroxyd)  aufgefunden;  doch  konnte  nicht 
nachgewiesen  werden,  ob  die  Thonerde  durch  Impräg- 
nirung  dem  Safran  mitgetheilt  worden,  oder  ob  sie  ein 
chemischer  Bestandtheil  desselben  ist 

Die  Blüthen  der  Ringelblume  {Calendula  o/ßcmalk 
Z/.,  Composüae^  Fig.  70,  0)  sind  zweifach:  Scheibenblüthen 


')  Gehe,  Handelsbericht.  Sept.  1881. 
*)  Aroh.  d.  Pharm.    Sept.  1888. 


—    277    —   • 

und  Bandblüthen;  nur  letztere  kommen  hier  in  Betracht. 
Sie  haben  eine  circa  2.5  cm  lange,  orangegelbe,  zuugen- 
fÖrmige  Blumenkrone,  einen  einwärts  gekrümmten  Frucht- 
knoten und  sind  häufig  mit  den  dreiseitigen,  dreiporigen 
und  scharfstacheligen  PoUenkömem  (aus  den  fruchtbaren, 
trichterförmigen  Scheibenblüthen)  bestreut.  Die  Zunge 
ist  vielnerrig  und  endet  mit  drei  Zähnen.  Die  Ober- 
hautzellen sind  von  der  Fläche  gesehen,  geschwungen 
rhombisch  und  auffällig  stark  längsgestreift;  der 
in  den  Oberhautzellen  in  runden  Körnern  auftretende 
Farbstoff  färbt  sich  in  Kalilauge  grüngelb  bis 
grün.  An  der  Basis  der  Zungenblüthe  sitzen  farblose, 
aus  zwei  Zellreihen  aufgebaute  Haare.  Um  die  Blüthen 
der  Ringelblume  dem  Safran  ähnlich  zu  machen,  werden 
sie  der  Länge  nach  gespalten,  anscheinend  gedreht,  mit 
Garmin  (England),  Anilinroth  oder  Safrantinctur  gefärbt. 

Die  Safflor blüthen  {Ckirthamus  tmctonuß  Z.,  Cmnposkae^ 
Fig.  70,  B)  bestehen  aus  fadenförmigen,  2.5  cm  langen, 
hochrothen  Blumenröhren,  die  sich  oben  in  5  linienförmige 
0.6  cm  lange  Zähne  spalten  (Fig.  70  B,  b);  die  in  eine  dünne 
Röhre  yerwachsenen,  gelben  Staubbeutel  (a)  ragen  aus  der 
Blumenröhre  hervor  und  enthalten  grosse,  bis  0.07  mm 
messende,  dreiseitige,  dreiporige,  nicht  gestachelte  Pollen- 
kömer.  Die  Blüthen  führen  einen  in  Wasser  löslichen 
gelben  und  einen  in  heissem  Alkohol  leicht  löslichen 
rothen  Farbstoff  (Garthamin,  Safflorroth);  durch  Kali- 
lauge wird  keine  Farbveränderung  herbeige- 
führt. Die  Oberhautzellen  sind  von  der  Fläche  gesehen 
rechteckig  und  schön  porös  verdickt,  daher  Safflor 
leicht  von  Safran  unterschieden  werden  kann.  —  Fleisch- 
fasern bestehen  aus  feinen,  höchst  scharf  und  parallel 
quergestreiften  Muskelfaserzellen,  die  im  Mikroskope  so- 
fort zu  erkennen  sind. 

Die  Färbungskraft  der  Surrogate  ist  weitaus 
geringer,  als  die  des  echten  Safrans.  In  Salpetersäure 
wird  der  Farbstoff  der  fremden  Blüthen  zerstört  und 
kohlensaurer  Kalk  braust  auf. 

In  neuerer  Zeit,  in  Augsburg  schon  vor  70  Jahren, 
hat  man  versucht,  den  Safran,  der  doch  nur  wegen  seiner 
färbenden  Eigenschaft  vornehmlich  angewendet  wird,  da 
sein  Geschmack  kaum  mehr  beliebt  ist,  durch  einkünst- 


—    278     — 

liches  Product  zu  ersetzen,  dem  nebst  der  Färbungs- 
kraft auch  eine  Geschmackswirkung  zukommt.  Dieser 
chemische  Safran  (Safransurrogat,  oder  auch  schlecht- 
weg Safran  genannt)  besteht  nach  Hager  i)  aus  4  Thln. 
Weizenmehl,  2  Thln.  gutem  Safran,  2  Thln.  gepulverter 
Curcuma,  1  Thl.  gepulvertem  rothem  Sandelholz,  Zinimt- 
und  Pimentpulver  und  wahrscheinlich  auch  spanischem 
Pfeffer;  diese  Ingredienzien  werden  mit  Wasser  und 
Weingeist  zu  einem  Teig  gerührt,  zu  Kuchen  ausgewalzt, 
getrocknet  und  in  ein  Pulver  verwandelt.  —  So  lange 
die  Angabe  „chemischer  Safran^'  auf  den  Schachteln,  in 
denen  er  versandt  wird,  angebracht  ist,  mag  ein  der- 
artiges Surrogat  im  Handel  geführt  werden.  Nur  hat 
man  sich  die  Ueberzeugung  zu  verschaffen,  dass  nicht 
giftige  Farbstoffe  Anwendung  finden,  z.  B.  chromsaure 
Salze,  Blei,  Pikrinsäure,  Nitrocresole  etc.  (Letztere  er- 
kennt man  leicht  an  ihrem  Verhalten  in  der  Flamme; 
sie  verpuffen  oder  versprühen,  sind  löslich  in  Petrol- 
äther,  worin  die  Farbstoffe  des  rothen  Sandelholzes  nicht 
löslich  sind.) 

Safran  wird  als  Gewürz  nicht  gar  häufig,  zum  Färben 
der  Suppen,  der  Maccaroni,  der  Butter  und  anderer 
Nahrungsmittel,  und  in  der  Medicin  angewendet. 

Die  französische  Safranproduction  bewegt  sich  ge- 
wöhnlich um  10  000  kg,  die  spanische  ist  8 — 10  mal 
grösser.  Frankreichs  Safranhandel  wird  durch  folgende 
Zahlen  belegt: 

1879  1880  1881 

Einfuhr  .     .     67  661  kg     12  7793  kg     77  668  kg 

Ausfuhr  .     .     59  379    „        5  8102    „      59  030    „ 
Davon  nach: 

Deutschland     11316  „       20144   „      18  980   „ 

Aus  Spanien  kamen  nach  Frankreich: 

1879  1880  1881 

66  073  125  967  .  67  234  kg. 

Dieniederöst.  Safranproduction  betrug  1877nurmehr35kg, 

Seit  der  reichen  Ernte  im  Jdbre  1874  sind  die 
Safranpreise  stets  gestiegen;  sehr  lehrreich  ist  die  Zu- 
sammenstellung der  Preise  seit  1874*  So  bewerthete  sich 
für  Primaqualität 

*)  1.  0.  p.  876. 


—  .  279    — 

m  der  Ente  1874  Gitiiiais  Safran  auf  60—65  Fraoes,  Spaniseker  auf  53—56  Fr.  pro  kg 
„    ,1     „   lo/5      „        „     „  dl     oL     „         fy       „  o2     io  »    ti  n 
V   »    »  i876     „       „     „  84 — 85     „        „      „  80 — 77  „   „  „ 
M    M     w   i877      ft       ,,     ft  oZ    Vd     „         „       „  7o     tll  „   „  „ 
und  seitdem  sind  die  höchsten  Preise  ständig  geblieben. 
Aus  der  ersten  historischen  Zeit  ist  Safran  bekannt 
als  König  der  Pflanzen,  als  Heilmittel,  Gewürz  und  Farb- 
stoff.   Die  indische  Medicin  benützte  seit  jeher  sehr  aus- 
giebig dieses  Gewürz. 

Im  X.  Jahrhundert  stellt  der  Araber  Masudi  ihn 
unter  die  fünf  gefeiertsten  und  kostbarsten  Gewürze.  In 
Kaschmir  erzeugt  man  noch  gegenwärtig  mehrere  1000 
kg.  Um  Isfahan  (Persien)  lässt  sich  seine  Gultur  bis  in 
die  Mitte  des  X.  Jahrh.  zurückTerfolgen.  Die  Safran- 
farbe ^)  war  in  der  griechischen  Heroenzeit  berühmt. 
Herakles  lag  in  safrangelben  Windeln.  Die  Bibel  spricht 
von  Kar k um  oder  Krkum  —  wohl  verwandt  mit  dem 
'Vyorte  Gurcuma  — ,  was  als  Safran  erklärt  wird.  He- 
liogabalus  badete  sich  in  Teichen,  deren  Wasser  durch 
Safran  duftend  gemacht  worden  war;  er  und  seine  Gäste 
lagen  auf  mit  Safran  gefüllten  Polstern.  Die  (sagenhafte) 
Erzählung,  unter  Eduard  HL  (1327—1377)  habe  ein 
Pilger  aus  dem  gelobten  Lande  eine  Safranzwiebel  in 
einem  ausgehöhlten  Stocke  nach  England  (Gomwall)  und 
somit  nach  Europa  gebracht,  ist  durch  neuere  Unter- 
suchungen widerlegt;  denn  thatsächlich  gelangte  er  durch 
die  arabische  Herrschaft  nach  Spanien  (Granada)  und 
von  da  nach  Frankreich.  In  Deutschland')  mögen  wohl 
die  heimgekehrten  Kreuzfahrer  am  meisten  zu  seiner 
Verbreitung  beigetragen  haben.  Nach  Flückiger  hat 
sich  in  einzelnen  Gegenden  eine  eigenthümliche  Vorliebe 
für  Safran  erhalten.  Der  kleine  Bezirk  des  Berner  Ober- 
landes, südlich  vom  Thuner  See  in  der  Schweiz  ver- 
braucht alljährlich  für  12  000—30  000  Franken  Safran. 
Auch  in  West  -  Gomwall  wird  zur  Weihnachtszeit  viel 
Safran  zu  Backwerk  (Saffron  cake)  verwendet.  —  Im  All- 
gemeinen ist  seine  Bedeutung  als  Gewürz  —  und  nicht 


1)  K^oHog  (Krokos)  gelb,  gleich  dem  arabischen  assfar. 
*)  Nach  Niederösterreich  soll  ein  Ritter  von  Raucheneck  1198 
den  S.  gebracht  haben. 


—     380    — 

mit  Unrecht,  da  er  völlig  entbehrlich  ist  —  sehr  ge- 
sunken, auch  bei  den  Orientalen.  „Dieser  Bückgang  in 
Asien^S  sagt  Hehn,  „beweist,  dass  auch  in  jener  unbewegt 
liehen,  ganz  von  unabänderlichen  Naturbedingungen  ge- 
bundenen Weltgegend  in  langen  Zeiträumen  langsame  Ab- 
weichungen vorsieh  gehen  und  die  Neueren  eine 'andere 
Stimmung  gewinnen/'  . 

Anhang.  Als  Gap-Safran  bezeichnet  man  die 
getrockneten  Blüthen  eines  im  Gaplande  gemeinen  Rachen- 
blüthlerstrauches  Lyperia  croaa  Eckl.  {L.  atropurpurea 
Benth.,  ScrophularmecB).  Nach  Prof.  Vogl^)  sind  die  ge- 
trockneten Blüthen  schwarzbraun,  in  Wasser  aufgeweicht, 
welches  sie  intensiv  gelb  bis  schwarzbraun  färben,  braun- 
gelb oder  röthlich-braun.  Sie  besitzen  einen  bauchigen, 
grünen,  funfschnittigen  Kelch  mit  linealen  Zipfeln  und 
eine  etwa  25  mm  lange  Blumenkrone  mit  langer  dünner, 
im  oberen  Theile  etwas  schiefer  Röhre  und  fast  gleich- 
fünfspaltigem,  flachem  Saume  mit  vom  ausgerandet-zwei- 
spaltigen  eingerollten  Zipfeln.  Auf  der  Blumenkrone  und 
dem  Kelche  finden  sich  grosse,  sehr  regelmässig  gestaltete 
Drüsenschuppen.  Der  Cap-Safran  hat  einen  dem  echten 
Safran  ähnlichen  Geschmack  und  Geruch  und  wird  im 
Gapland  gleich  letzterem  verwendet. 


V.  Flüchte. 

A.  Sammelfrüchte. 

10.  Sternanis. 

(Badian,  Fructus  Anisi  stellati). 

Sternanis  wird  hauptsächlich  nur  in  der  Liqueur- 
fabrication,  Parfumerie  und  Medicin  verwendet.  Als  Ge- 
würz kommt  er  kaum  in  Gebrauch.  —  Der  kleine,  schön 
weissblühende  Sternanisbaum,  lükwm  anisatum  Lour, 
{MagnoUacecB,  Wintereae)  wächst  in  der  chinesischen  Provinz 
Kuangsi  und  trägt  Früchte,  die  aus  je  acht  rosetten- 
förmig  um  ein  8  mm  langes  Mittelsäulchen  ge- 
lagerten Fruchtblättern  (Garpellen)  bestehen; 

^)  Arzneikörper,  p.  156. 


—    381     — 

der  kurze  gebogene  Stiel  findet  sich  auch  bisweilen  in  der 
Handelswaare.  Die  15 — 18  mm  langen,  an  der  Ursprungs- 
ötelle  am  Mittelsäulchen  0.6 — 1  cm  breiten  Fruchtblätter 
sind  seitlich  zusammengedrückt,  3 — 4  mm  dick,  oben  an 
der  Bauchnaht  aufgesprungen  und  einem  Nachen  sehr 
ähnlich;  ihre  Bauchränder  sind  sanft  gewölbt,  die  Rücken- 
seite —  der  Kiel  —  aufsteigend,  stark  querrunzelig  und 
fast  höckerig;  die  Fruchtblätter  verlaufen  in  eine  nur 
wenig  geschnäbelte,  glatte,  nicht  eben  scharfe, 
schief  aufsteigende  Spitze.  An  der  Aussenseite  sind 
sie  grau-  oder  rothbraun,  unten  grobrunzelig,  oben  längs- 
nervig; die  Innenseite  ist  gelblich -braun,  glatt,  und 
bildet  eine  Höhlung,  die  den  8  mm  langen,  5  mm  breiten, 
glatten,  glänzenden,  roth-  oder  gelbbraunen,  flachen  (apfel- 
kemähnlichen)  Samen  genau  umschliesst.  Die  Berüh- 
rungsflächen der  Fruchtblätter  (Breitseiten)  sind  glänzend 
und  vielrippig.  Ein  oder  das  andere  Carpell  ist  häufig 
verkümmert.  —  Die  Mittelschichte  der  Fruchtwand 
ist  ein  Parenchym  schlaffer,  zusammengefallener  Zellen 
und  enthält  zerstreut  zahlreiche,  grosse  Oelzellen  und 
höchst  auffällige,  ästig-knorrige,  bizarr  gestaltete,  grosse 
Steinzellen  (Idioblasten).  Die  Innenschichte  (Steinschale) 
zeigt  eine  merkwürdige  Verschiedenheit  in  ihrem  Baue; 
an  der  Basis  besteht  sie  aus  einer  Beihe  senkrecht,  d.  h. 
radial  gestreckter,  cyUndrischer,  poröser  Zellen;  gegen 
den  flachen  Rand  aber  besitzt  sie,  nebst  prosenchyma- 
tischen  und  parenchymalischen  Elementen,  als  innerste 
Auskleidung  eine  starke  Lage  grosser  parallelopipedischer 
Steinzellen.  Auch  die  Samenschale  hat  längliche,  stark 
vedickte  Steinzellen.  Das  Sameneiweissgewebe  enthält 
Fett  und  Proteinkörnchen,  keine  Spur  von  Stärke.  An 
der  Innenseite  der  Samenschale  finden  sich  tafelförmige 
Krystalle  (eines  Kamphers?)  vor. 

Stemanis  riecht  und  schmeckt  angenehm  aromatisch, 
anis-,  oft  aber  mehr  fenchelartig,  süsslich,  enthält  4 — 5  ^/o 
ätherisches  Oel,  Zucker,  Gummi.  Das  Oel  ist  mit  dem 
Anis-  und  Fenchelöl  wohl  identisch.  Sehr  beachtens- 
werth  sind  gegenwärtig  die  Früchte  des  japanischen 
Stemanisbaumes,  IlUcwm  reUgiosum  Sübold^  die  in  hohem 
Grade  giftig  sind  und  echtem  Stemanis  ähnlich  sehen. 
Sie  kommen  unter  dem  Namen  Shikimi  oder  Shikimi- 


—    282    — 

no-ki  von  Japan  zu  uns.  Nach  Polak^)  'sind  sie 
kleiner  als  die  echten  Sternanisfrüchte,  die  Fruchtblätter 
bilden  ebenfalls  einen  6— 8  strahligen  Stern  und  besitzen 
einen  gewöhnlich  nach  aufwärts  gekrümmten  Schnabel. 
Die  stärkere  Krümmung  des  Schnabels  bietet  aber 
kein  constantes  Merkmal  für  die  Shikimifrüchte.  Die 
Länge  der  Bauchnaht  beträgt  10  mm,  (die  Breite  des 
Garpells  5  mm),  die  Bauchnaht  ist  S-förmig  oder 
zweimal  S-förmig  gebogen  und  tiefer  eingebuchtet  als 
beim  echten  Stemanis.  Die  Innenseite  des  Garpells  ist 
rein  hellgelb,  die  Samen  sind  rundlich  und  hellgelb 
(hellgelb  gefärbte  fand  ich  übrigens  auch  im  echten  Stern- 
anis). Der  süssaromatische  Anis -Fenchel -Geruch  fehlt, 
er  erinnert  vielmehr  an  Gampher  und  Lorbeeröl*)  oder 
Gardamomen  und  Gubeben.  Der  Geschmack  ist  dem  von 
Gubeben  und  harzreichem  Tannenholze  gleich.  Weder 
das  fette,  noch  das  ätherische  Gel  enthalten  das  giftige 
Princip,  sondern  dieses  hat  Eykmann*)  als  eine  kry- 
stallinische,  in  Wasser  schwierig  lösliche  Substanz  —  von 
ihm  Sikimine  genannt,  aufgefunden.  Die  toxische  Wir- 
kung ist  eine  ziemlich  heftige  (Muskelzuckungen,  teta- 
nische  Krämpfe),  und  mitunter  sogar  eine  tödtliche.  Ver- 
giftungen sind  in  Tokio,  in  Leuwarden  ^Holland)  und  in 
Altena  bekannt  geworden.  Das  fette  Gel  der  Shikimi 
wird  in  Japan  als  billigstes  Leuchtmaterial  und  als 
Schmieröl,  nie  aber  als  Speiseöl  benützt.  Bis  in  die 
neueste  Zeit  hat  man  die  Verschiedenheit  der  beiden 
Sternanisbäume  bezweifelt. 

B.  Capselürüohte. 
11.  Vanille. 

Dieses  köstlich  riechende  Gewürz  stammt  von  einem 
den  Orchideen  (Ragwurzgewächsen)  angehörigen  Kletter- 
strauche des  tropischen  Amerikas,  Vantüa  plamfoUa  An- 
drew.   Ursprünglich  in  Mexiko  einheimisch  und  an  den 

»)  Bot.  Centralbl.  IX.  p.  67.  —  Abgebildet  in  Berg  und 
Schmidt  IV.  Taf.  XXX.  F.  Fig.  L. 

*)  Geertt,  Jahresber.  über  Pharmakognosie  von  Wulfsbreg 
1880.    p.  60. 

«)  Jiitth.  d.  deutsch.  Gesellsch.  f.  Natur  u.  Volk.  Ostasiens  1881. 
Heft  28. 


—    283    — 

Eüst^i  von  y  eracruz  (Mizantla,  Papantla,  Goliba,  TacaanÜa), 
in  Oaxaca  an  der  Westseite  der  Gordilleren  bis  nach 
lamiltepec  herab,  (bei  Nantla,  St.  Jago),  in  Tabasco  und 
Yucatan  cultivirt,  wird  der  werthvolle  Strauch  gegen- 
wärtig auch  auf  Reunion  (Bourbon),  Mauritius  und  Mada- 
gaskar, auf  Java  und  Ceylon  mit  Erfolg  gebaut.  Doch 
erreicht  keine  Sorte  dieser  Inselvanille  die  Güte  der  mexi- 
kanischen, die  demnach  die  geschätzteste  und  theuerste 
Sorte  repräsentirt.  Die  gemeinste  unseres  Handels  ist 
die  Bourbon-Vanille. 

Der  mit  Luftwurzeln  klimmende,  grüne,  saftige 
Vanillestrauch  lebt  schmarotzend  auf  Bäumen,  für  welche 
die  Gultur  die  Gacaobäume  gewählt  hat,  um  auf  diese 
Weise  einen  doppelten  Nutzen  auf  einmal  zu  erzielen. 
Die  länglich  ovalen  bis  lanzettlichen,  kurz  gestielten 
Blätter  stehen  abwechselnd  auf  dem  fleischigen  Stamme; 
die  geruchlosen,  grossen,  eigenthümlich  gestalteten  Blüthen 
besitzen  ein  gelbgrünes  Perigon  und  eine  Griffelsäule  mit 
drei  Staubgeiassen.  Die  reife  Frucht  ist  eine  dreikantige, 
aufspringende  Gapsei.  —  Von  April  bis  Juni  pflegt  man 
in  Mexiko  die  noch  unreifen,  grünbraunen  Früchte  ein- 
zusammeln. Um  die  Waare  für  den  Transport  und 
längere  Aufbewahrung  genügend  tauglich  zu  erhalten, 
wird  sie  einem  sehr  sorgfältigen  Trocknungsprocess  unter- 
worfen. Man  setzt  die  Früchte  auf  Tüchern  oder  Stroh- 
matten der  Sonnenwirkung  aus,  lässt  sie  tüchtig  durch- 
wärmen, schlägt  sie  hierauf  in  Wolltücher  ein  und  lässt 
sie  nun  durch  Sonnenwärme  vollständig  austrocknen; 
bei  Regenwetter  muss  die  Wärme  eines  nicht  rauchenden 
Feuers  das  Trocknen  herbeiführen.  Schliesslich  werden 
sie  in  Bündel  (Mazos)  zu  je  50  Stück  mit  Bast  gebunden 
und  in  Blechkistchen  verpackt. 

Die  trockene  echte  Vanille  ist  eine  einfächerige, 
18 — 22  cm  lange,  6-— 8  mm  breite,  und  2.5 — 3  mm  dicke, 
langgestreckte,  selten  gerade,  meist  etwas  gekrümmte, 
flachgedrückte,  weiche,  biegsame  und  zähe  Gapsei,  am 
Stielende  häufig  aufgebogen  oder  gedreht;  manche  Früchte 
zeigen  mehrere  durch  die  Bindfäden  hervorgebrachte  Quer- 
eindrücke. Die  Oberfläche  ist  dunkelrothbraun  bis  schwarz- 
braun, glänzend,  stark  längsforchig  und  häufig  über  und 
über  mit  farblosen  Krystallen  bededct.  Die  Wanddicke  be- 


—    284    — 

trägt  durchschnittlich  1  mm.  Der  Inhalt  besteht  aus  schwar- 
zen, glänzenden,  schiesspolverkomartigen,  0.35 — 0.3  mm  im 
Durchmesser  haltenden,  höchst  zahlreichen  Samen,  die  in 
einem  hellgelben  Balsam  eingebettet  sind.  Lässt  man  auf 
einen  dünnen  Fruchtquerschnitt  Wasser  einwirken,  so 
quillt  er  zu  einem  Dreiecke  mit  gewölbten  Seiten  auf. 
(Fig.  72.  A).    Jede,  der  drei  Fruchtwände  trägt  auf  der 

Pig.  7«. 


Vanille.  A.  nurohsolmitt  durch  die  Fmcht  (vergrOsgert).  B.  Innenwand  dos 
Pruehtgehänseg  mit  den  Balsamachlänohen  m.  (nach  Berg,  yereinfacht). 

Innenseite  einen  zweischenkligen  Samenträger  und  jeder 
Schenkel   ist  wieder  in  je   zwei  zurückgerollte  Lappen 

fetheilt.     Zwischen   den   Samenträgem   ragen   von   der 
ruchtwand  entspringende,  lange  cylindrische  Schläuche 


—     285    — 


(Balsambehälter)  in  das  Fruchtinnere  hinein  (Fig.  72.  A 
und  B).  Von  den  Ecken  abziehende  dunkle  Streifen 
deuten  die  Stellen  an,  in  welchen  bei  der  Reife  das  Auf- 
springen der  Capsel  stattfindet. 

Die  Oberhaut  der  Frucht  enthält  tafelförmige,   im 
Querschnitt  fast  rechteckige  Zellen  mit  Spaltöffnungen 


T    _       1^ 


Fig.  73. 


Oewebselemente  der  Vanille,  sp  i p  aefftssbtkndelfragmeiit ;  e  e  Oberbautfrag- 
ment  mit  einer  Spaltöffnung  O ;  m  m  Sohlauohzelle  der  die  FruchthOhle 
auBkleidenden  Gewebsaohloht ;  plp  Parenohymsellen  des  Fraohtgehttases,  sum 
Theil  ateinzellenartig  p'  p':  8e  se  subepidermales  Farenohym  mit  ootaedrisohen 
Kiygtallen  von  oxaUaurem  Kallc ;  h  Fragment  einer  HolsztfUe :  k'  k'  Baphiden- 
bündel;  S  ein  Samen  mit  gesprengter  Hülle  P.  P.  (nach  A.  Yogi). 

(Fi^.  73  e  e,  0).  Das  Parenchym  der  Fruchtwand  ist  ein 
zweifaches.  Die  äussere  Reihe  —  eine  Subepidermis  — 
enthält  tangential  gestreckte,  ausgezeichmet  schön  netzig- 


—     286    — 

und  spiralig  verdickte  Zellen  (Fig.  73  se  se),  während  die 
inneren  Schichten  rundlich-polyedrische,  getüpfelte,  zum 
Theile  sklerenchymatische  Parenchymzellen  fuhren  (Fig. 
73  p  p,  und  p'  p').  Das  Parenchym  ist  von  Gefässbün- 
deln  durchzogen,  die  in  bestimmter  Ordnung  vertheilt 
sind:  Vor  jedem  der  drei  Sament^äger  befinden  sich  drei 
nebeneinander  gestellte  und  in  jeder  der  drei  Ecken  zwei 
vor  einander  gestellte  Bündel;  die  Gefasse  sind  getüpfelt 
und  netzförmig  verdickt  (sp).  Die  Schläuche  (Fig.  72  B 
und  Fig.  73  mm)  und  das  zartwandige,  lockere  Gewebe 
^er  Samenträger  enthalten  den  herrlich  riechenden  Bal- 
sam, der  später  die  Samen  selbst  einhüllt.  In  den  Paren- 
chymzellen und  in  den  Subepidermalzellen  sind  braune, 
in  Kalilauge  sich  gelb  lösende,  aus  Gerbstoff,  Zucker, 
Harz  und  fettem  Oele  bestehende  Massen  enthalten.  Oc- 
taedrische  Ealkoxalatkrystalle  (Fig.  73  se,  k)  liegen  in 
der  Subepidermis,  (je  1 — 2  in  jeder  Zelle),  ßaphiden- 
bündel  (k'  k/)  in  den  Zellen  des  inneren  Parenchyms. 
Der  Same  (S)  hat  eine  zerbrechliche,  krustenartige  Schale 
(P)  und  besteht  aus  einem  axialen  Embryo  ohne  Wür- 
zelchen, Knöspchen  und  ohne  Keimlappen.  (0.2—0.3  mm 
gross).    Die  Vanille  enthält: 

i    ti    }J  ■  .    I    n^    I    i 

28.39      3!7l       0.62?     loT89    8X)9       26.24      17.43   4.63 

Der  wohlriechende  Bestandtheil  der  Vanille,  nicht 
mit  dem  ätherischen  Oele  zu  verwechseln,  ist  das  Vanil- 
lin, ein  Aldehyd,  aus  Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Sauer- 
stoff zusammengesetzt  und  überzieht  in  Prismen  und 
Nadeln  die  Fruchtoberfläche;  mit  Recht  gilt  daher  eine 
reichlich  damit  beschlagene  Frucht  als  eine  frische,  vor-züg 
liehe  Waare.    Nach  Tiemann  u.  Haarmann  enthalten 

Mexikan.  Bonrbon-  Jaya-  Boarboii-? 

VtoUle  Yanüle  Vanille  Vanille 

1.69  2.48  2.75  1.91 

Proc.  Vanillin.  Ausserdem  sind  noch  Vanillin-  und  Benzoe- 
säure (1.1  %),  Stärke  (11.2  %),  und  Dextrin  in  der  Vanille 
nachgewiesen  worden.  Mit  sauren  schwefeligsaüren  Al- 
kalien bildet  das  Vanillin  feste  Verbindungen,  die  man 
zur  Massenbestimmung  des  Vanillins  benutzt.    Letzteres 


—     287    — 

schmilzt  bei  78 — 82^  löst  sich  leicht  in  heissem  Wasser, 
in  Weingeist  und  Aether,  schwer  in  kaltem  Wasser. 
Eisenchlorid  färbt  die  wässrige  Lösung  schön  riolett; 
concent.  Salpetersäure  verwandelt  es  in  Oxalsäure.  Künst- 
lich stellt  man  es  aus  dem  im  Gambialsafte  der  Nadel- 
hölzer (Fichte,  Tanne)  enthaltenen  Glykoside  Coniferin 
dar.  (Coniferin  wird  durch  Emulsin  (siehe  Mandeln)  in 
Traubenzucker  und  Goniferylalkohol  gespalten;  letzterer 
bildet  durch  Einwirkung  oxydirender  Mittel  Vanillin  und 
Essigsäure). 

Ausser  den  schon  genannten  Sorten  unterscheiden 
die  Mexikaner  noch  die  Gimarrona  oder  La  silvestre- 
Vanille,  von  den  in  Wäldern  wildwachsenden  Sträuchem  der 
VaniUa  plamfoUa  gewonnen,  deren  Güte  bedeutend  geringer 
ist.  ^)  Aber  auch  die  Früchte  anderer  FantZ&i-Arten 
werden  theils  zur  Substitution  für  echte  Vanille,  theils 
zu  Destillations-  und  Parfumeriezwecken  verwendet.  Die 
bekannteste  unechte  Vanille  ist  das  Vanillen,  Pompona- 
oder  La  G uayr a-Vanille  {Vanäla  Pbmpona Schtede),  im  Aus- 
sehen und  Geruch  von  der  echten  sehr  abweichend.  Die 
Pompona-Frucht  ist  ca.  14  cm  lang,  bis  auf  die  End- 
stücke in  einer  Länge  von  10  cm  gleichmässig  14  mm 
breit,  3 — 4  mm  dick,  stark  längsfurchig,  das  Stielende 
knopfig,  die  Oberfläche  schwarzbraun,  fettglänzend,  häufig 
mit  ausgetretenen  Samen  bedeckt.  Die  Wand  ist  sehr  un- 
gleich mächtig,  1—3  mm  dick,  fleischig  zähe,  leicht  schneid- 
bar, das  Gewebe  hellbraun.  Dem  subepidermalen  Gewebe 
fehlen  die  spiralig  verdickten  Zellen;  in  grossen  Inter- 
cellularräumen  ist  fettes  Gel  enthalten.  Sie  kommt  von 
Venezuela,  franz.  Guyana,  Brasilien  —  angeblich  auch 
von  Mexiko  —  zu  uns,  riecht  nach  Benzoe  und  vor- 
schlagend nach  Goumarin  und  geht  leicht  in  Fäulniss 
über.    Sie  bietet  einen  Ersatz  für  Tonkabohnen. 

Nach    Young    finden  sich    noch    die   Früchte    der 

^)  YouDff  unterscheidet  überhaupt  folgende  fünf  Sorten: 

1)  La  Corrient^,  die  echte  cultivirte  V. 

2)  La  silvestre  oder  Gimarrona,  die  wilde  Y. 

8)  La  Mestiza:  Cylindrische,  leicht  aufspringende  grun- 
und  braungefleckte  Früchte. 

4)  La  Pnnoca.   sehr  kleine,    dunkelgrüne  unangenehm 
riechende  Y. 

5)  La  Pompona,  Yanillon. 


—      388      -r 

Guyanischen  Vanille  {Vaniüa  Onyanenaü  Splätgerber^  15 
bis  20  cm  lang,  2— 3  cm  breit,  stumpf  dreieckig,  schwarz- 
braun, gerade,  oder  sichelförmig  gebogen,  angenehm 
riechend),  die  Früchte  der  Palmen-Vanille  (Vanilla  p<d- 
marum  Lindl^  von  Guyana,  5  cm  lang,  1.5  cm  breit,  cylin- 
drisch)  und  die  der  brasilianischen  Vanille  (drei 
verschiedene  Arten)  im  Handel  vor. 

Die  echte  Vanille  unterliegt  wegen  ihres  ziemlich 
hohen  Preises  zahlreichen  Verfälsdiungen;  abgesehen  von 
der  Substitution  durch  Vanillen  und  andere  FomÄi- 
Früchte  (z.  B.  durch  die  geruchlose  Vamüa  modora)  wird 
am  häufigsten  mit  Früchten  manipulirt,  die  des  Vanillins 
mittelst  Extraction  schon  beraubt  worden  sind.  Solche 
und  alte  Früdite  werden  mit  Perubalsam  bestrichen, 
mit  Benzoesäure-Erystallen  betreut  und  als  frische  verkauft. 
Aufgesprungene,  dünne,  gelblichbraune,  steife  Früchte 
weisen  auf  Reife  oder  Alter  hin  und  sind  zu  verwerfen. 

Seitdem  die  Bourbonvanille  den  europäischen 
Handel  überwiegend  beherrscht,  ist  die  mexikanische  Cul- 
tur  und  mexikanischer  Export  bedeutend  zuzückgegangen. 
Noch  1864  kamen  von  Mexiko  20  000  kg,  nach  Bordeaux. 
Ebensoviel  hat  Bourbon  1871  nach  Europa  gesendet  Mau- 
ritius exportirt  jährlich  etwa  3500  kg,  Java  nach  Amster- 
dam 1000  kg.  Die  Ernte  1880  betrug  auf  Bourbon 
40  000  kg. 

1882  wurden  von  Bourbon  10  710  kg  verschifft 

1881  „  „  „         12  318    „  „ 

1882  „  „  Mauritius  14  652    „         „ 
1881        „           „  „         10464    „ 

Frankreich  hat  1880  allein  90 102  kg  importirt  und 
zwar  von  Bourbon  46  189  kg 

von  Mexiko    11866   „ 
und   exportirte  76287  kg,  davon  45587  nach  Deutsch- 
land. —  92  000  kg  mag  die  Gesammtproduction  betragen. 

Der  Gebrauch  des  Gewürzes  zu  Ghokolade,  zu  Mehl- 
speisen, Gonditoreiwaaren  (Fruchteis*)  und  zu  Parfumerie- 
zwecken  ist  bekannt. 


^)  Nach  Gennss  von  Vanille-Eis  sind  mitunter  Yergiftangsf&lle 
beobachtet  worden.  Vielleicht  ist  die  Ursache  derselben  darin  zu 
suchen,  dass  auf  Bourbon  die  Vanille-Sträucher  auf  giftigen  Wolfs- 
milchbäumen gezogen  werden. 


—     289     — 


12.  Cardamomen. 


Unter  Cardamomen  begreift  man  die  Früchte  ver- 
schiedener Süd-  und  ostasiatischer  Pflanzen  aus  der  mo- 
nokotyledonischen  Familie  der  Zmgiberaceen  (Gewürz- 
schilfe, Ingwergewächse),  die  sämmtlich  dreifächerige,  mit 
zarten  Scheidewänden  versehene  Kapseln  vorstellen,  in 
denen  zahlreiche,  in  jedem  Fache  in  zwei  Reihen  geord- 
nete, scharfkantige,  kleine,  von  einem  häutigen  Samen- 
mantel umgebene  Samen  enthalten  sind. 

Von  den  vier  Sortengruppen  kommen  nur  die  Ma- 
labarischen  und  die  Ceylon-Cardamomen  hauptsäch- 
lich in  unserem  Handel  vor,  während  die  Anwendung 
der  runden  und  der  grossen  Cardamomen  bei  uns  nur 
sehr  beschränkt  ist. 

l)Die  Malabar-Cardamomen  (kleine  C.)  stammen 
von  EUeUaria  Cardamomum  White  und  Baton  (Älpmia  Cardam. 
Roxb,)^  einer  im  südöstlichen  Theile  von  Vorderindien  in 
Travancore,  Kurg  und  Mysore  einheimischen  und  daselbst 
auch  cultivirten,  ausdauernden  Pflanze.  Sie  wird  in  ge- 
lichteten Waldstellen  gezogen,  blüht  vom  Februar  an  und 
reift  im  November  die  Früchte.  Die  Blätter  sind  lang- 
lanzettlich,  öldrusig,  die  kurz  gestielten  Blüthen  haben 
ein  doppeltes,  röhriges  Perigon,  sechs  Staubgefässe  und 
einen  gestielten  unterständigen  Fruchtknoten. 

Die  trockene  Frucht  ist  eirund  oder  länglich, 
stumpf  dreikantig,  nach  oben  verschmälert  und  in  einen 
kurzen,  an  der  Spitze  ausgehöhlten  Schnabel  auslaufend, 
dreifurchig  1.5—2  cm  lang,  6  mm  breit,  strohgelb  oder 
gelbbraun;  die  dünne  Fruchtwand  ist  lederartig,  aussen 
durch  parallele  Nerven  längsgestreift,  fast  geschmacklos. 
Jedes  Fach  ist  fünfsamig. 

Die  Samen,  die  auch  für  sich  als  Waare  vorkommen, 
sind  unregelmässig  kantig,  2 — 3  mm  lang,  am  Nabel  ver- 
tieft, an  der  Bauchfläche  mit  einer  rinnenförmigen  Nabel- 
linie versehen,  röthlich-braun  und  quer  gerunzelt;  am 
Rücken  des  Samens  liegt  eine  dünne,  im  Wasser  leicht 
abtrennbare  Haut,  der  Samenmantel.  Der  keulen- 
förmige Embryo  ist  von  einem  doppelten  Eiweissgewebe 
umgeben:  einem  inneren,  sackartigen,  fleischigen,  durchs 

Hanausek,  Nahrnngs-  a.  Genuggmittel  a.  d.  Pflansftnreioh,     19 


—     290     — 

Bcheinenden  Endosperm  und  einem  äusseren,  weissen, 
mehligen,  strahligen  Perisperm;  beide  lassen  das  Wtir- 
zelchen  frei,  das  dirßct  unter  der  Samenhaut  liegt. 

Die  Fruchthaut  enthält  unter  der  kleinzelligen 
Oberhaut  weite,  rundlichpolyedrische,  dünnwandige  F a - 
renchymz eilen,  kleine  rundliche  mit  gelbem  oder 
rothem  Harz  erfüllte  Elemente  und  einen  Gefässbündel- 
kreis.  Der  Samenmantel  besteht  aus  farblosen,  lang- 
gestreckten, tafelförmigen  Zellen;  die  Samenhaut  ist 
doppelt.  Die  äussere  setzt  sich  aus  zwei  Schichten  zu- 
sammen, einer  aussenliegenden,  aus  längsgestreckten, 
dickwandigen,  am  Querschnitte  quadratischen,  braunen 
Zellen  gebildet,  und  einer  inneren  Schicht,  die  grosse, 
tangential  gestreckte,  dünnwandige,  ätherisches  Oel  ent- 
haltende Parenchymzellen  führt  Die  innere  dunkel- 
braune Samenhaut  wird  aus  radial  gestreckten  derart 
verdickten  Zellen  gebildet,  dass  die  Yerdickungsschichten 
an  der  dem  Eiweiss  zugewendeten  Seite  weit  mächtiger 
sind,  als  an  der  entgegengesetzten,  wo  nur  ein  kleines 
Zelllumen  übrig  geblieben  ist.  Auch  diese  Schicht  ent- 
hält ätherisches  Oel.  Die  Zellen  des  Perisperms  sind 
klein,  polyedrisch,  mit  Stärke  gefällt,  die  des  Endo- 
sperms  noch  kleiner  und  zarter  und  mit  fettem  Oele 
und  Proteinkörnern  gefällt.  Die  Samen  riechen  an- 
genehm scharf  aromatisch  und  haben  einen  feurig  ge- 
würzhaften Geschmack. 

Die  chemische  ZusammensetÄung  der  Cardamomen 
giebt  Koenig  (1.  c.  p.  370)  folgendermassen  an:^) 

i      M        |-^     I       I      II       5        I 

a.  FrachtBohale     8.S7     5.50    072    2.27    0.94    36.91    30.42    14.87 

b.  Samen     .    .   19.38   11.18    3.80    1.14    065    44.10    11.02      a73 

Die  Fruchtschale  macht  26,  die  Samen  74%  aus. 
Der  Gehalt  an  ätherischem  Oel  kann  bei  4%  steigen; 
fettes  Oel  ist  bis  10%  enthalten  (Vogl). 


^)  König  beschreibt  1.  o.  p.  382  die Malabar-Cardamomen,  da- 
her die  Analyse  p.  870  wohl  auch  für  dieselbe  Sorte  gelten  dürfte. 


—    291    — 

Die  Malabar  -  Cardamomen  werden  im  englischen 
Handel  nach  der  Güte  noch  weiter  gmppirt  in 

a.  Malabar-C.  über  Bombay;  die  theuerste  Sorte, 

b.  Aleppy-C.  von  Travancore,  Caücut  und  Mangalore, 

c.  Madras-C.  von  Madras  nnd  Pondichery. 

Im  Handelsbericht  von  Gehe  TDresden,  April  1880) 
werden  Geylon-Gardamomen  angefiinrt,  die  im  Aussehen 
den  Malabar-G.  gleichen  und  wahrscheinlich  von  nach 
Geylon  verpflanzten  Malabar  -  Gardamomengewächsen 
stammen. 

2)  Die  langen  oder  Geylon-Gardamomen,  von 
einer  Spielart  der  vorigen  Species  (Elettaria  Cardamomum 
var.  ß.  major  seu  media  Link)  stammend,  werden  häufig  als 
Gewürz  gebraucht  und  ihre  Samen  den  vorigen  sub- 
stituirt.  Die  Pflanze  wird  auf  Geylon  in  grossartigem 
Maassstabe  gebaut;  jede  liefert  zwei  gute  Ernten  und  eine 
dritte  bedeutend  geringere.  Die  Frucht  ist  2.5 — 3.5  cm 
lang,  6—8  mm  breit,  ziemlich  scharf  dreikantig,  länglich 
(nicht  eiförmig),  häufig  sichelförmig  gekrümmt,  an  der 
Basis  abgerundet,  nach  oben  verschmälert  und  in  das 
umgelegte,  zusammengeschrumpfte,  bis  1  cm  lange,  häutige 
Perigon  auslaufend  und  fast  immer  mit  einem  5—6  mm 
langen  Stiele  versehen;  die  Oberfläche  ist  bräunlich-grau 
oder  graubraun,  matt  und  viel  stärker  gerippt,  als  bei 
der  vorigen  Sorte;  jedes  Fach  vielsamig.  Die  Samen 
sind  gelbbraun  oder  blassröthlich-gelb,  2.5—3  mm  lang, 
höchstens  2  mm  breit,  quergerunzelt,  scharfkantig,  in 
Würstchen  fest  zusammenhängend,  der  Nabel  kreis- 
förmig vertieft,  heller.  Geruch  und  Geschmack  sind 
minder  aromatisch. 

3)  Die  runden  Gardamomen,  von  Amomum  Car- 
damomum L,  auf  Java  und  Sumatra  abstammend,  sind  8 
bis  12  mm  lange,  und  ebenso  breite,  convex-dreifächerige, 
blassbräunliche,  nicht  gestreifte,  mit  drei  tiefen  Furchen 
versehene,  9 — 12  Samen  enthaltende  Kapseln.  Die  Samen 
sind  violettbraun,  keilförmig  eckig,  netzgrubig  u.  schmecken 
campherartig.  —  Aehnlich  sind  die  chinesischen  run- 
den Gardamomen  von  Amomum  globosum  Lourdro^  deren 
kugelige  Kapseln  keine  Furchen  besitzen. 

4)  Die  grossen  Gardamomen  stammen  von  ver- 
schiedenen Amomum-krten   ab,   schmecken   campherartig 

19* 


—     292    — 

und  sind  für  unseren  Handel  ohne  Bedeutung.  Hieher 
Guinea-,  Madagaskar-,  Java-  (Nepal-  oder  bengalische) 
Cardamomen. 

Als  Gewürz  zu  feinem  Backwerk,  zu  Nürnberger  Leb- 
kuchen, Mardpan,  das  ätherische  Oel  zu  Liqueuren  ver- 
wendet. Im  Alterthum  und  Mittelalter  hoch  berühmt, 
galten  die  Gardamomen  doch  als  billigstes,  indisches  Ge- 
würz, sind  aber  seither  unverdient  immer  mehr  ausser 
Gebrauch  gekommen. 

C.  Beeren. 

13.    Pfeffer.i) 
Schwarzer  und  weisser  Pfeffer. 

In  den  feuchtheissen  Wäldern  der  Malabarküste,  auf 
Malacca,  Pulo  Penang,  Sumatra  und  auf  den  übrigen  Sunda- 
inselnund  Philippinen  wächst  derPfeflFer8trauch(P^  nigrum 
L,j  Piperaceci)^  an  Bäumen  gleich  der  Rebe  6 — 10  m  hoch 
emporklimmend;  in  den  Pfefferplantagen  wird  er  an 
Stangen  wie  der  Hopfen  gezogen.  Der  fingerdicke  Stamm 
trägt  ovale,  5— 7  rippige  Blätter  und  7 — 10  cm  lange, 
blattgegenständige,  herabhängende  Aehren,  auf  welchen 
20—30  erst  grüne,  dann  roth  und  schliesslich  gelb  sich 
färbende,  kugelige,  einsamige  Beeren  sehr  locker  sitzen. 
Noch  vor  der  Reife  im  grünen  Zustande,  oder  wenn  sie 
eben  anfangen,  rothbraun  zu  werden,  werden  die  Beeren 
abgenommen,  an  der  Sonne,  oder  in  Bambu-Körben  am 
Feuer  getrocknet,  wobei  sie  sich  schwärzlich  grau,  oder 
schwarzbraun  färben.  Da  die  Reifezustände  der  an  einer 
Spindel  sitzenden  Früchte  sehr  ungleich  sind,  so  ist  das 
getrocknete  Product  an  Gewicht,  Grösse  und  Farbe  sehr 
verschieden  und  muss  sortirt  werden;  stark  runzelige  und 
leichte  Früchte  sind  weniger  reif,  als  volle,  harte,  schwere 
und  wenig  gerunzelte. 

Das  Pfefferkorn  (die  Pfefferfrucht)  ist  fast  kugelig 
(5  mm  im  Durchm.),  stiellos,  auf  der  Oberfläche  mehr  oder 
weniger  netzigrunzelig.  Die  Fruchtbasis  ist  an  einem 
kleinen,  lichten  Fleck  zu  erkennen;  ihr  gegenüber  liegt  der 

*)  Pfeffer,  lat.  piper  nach  dem  Sanskritworte  „pippali"  (langer 
Pfeffer). 


—    293    — 

nicht  besonders  distinete  Scheitel.  IVIit  der  schwarzgrauen, 
innen  lichteren  Frachtschale  ist  der  einzige  Same  ver- 
wachsen. Umschlossen  von  einer  braunen  Samenhaut  be- 
steht er  nur  aus  einem  aussen  hornigen,  glänzenden,  innea 
mehligen,  gelblichweissen,  im  Centrum  hohlen  Eiweiss; 
anstelle  des  fast  immer  fehlenden  Keimes  ist  gewöhnlich 
eine  unter  dem  Scheitel  liegende  kleine  Höhlung  vor- 
handen. 

Die    Oberhaut    des    Fruchtgehäuses    besteht    aus 
schwach  buchtigen,  getüpfelten  Tafelzellen  (Fig.  74  ep  ep). 


Fig.  74. 


Oewebselemente  des  Pfeffers.  I.  sp  tp  SpiralgenisBe 
mit  anhaftenden  Steinzellen  tp  tp  nnd  Farenohymaell  en  pp.  II.  Gewebe  der 
inneren  Frnohthautpartien  s  s  mit  anhängenden  Zellen  ep'  ep'  der  Innenepi- 
dermis.  IlT.  Eine  Gruppe  ron  Steinsellen  tp  tp  ans  den  ftmseren  Partien  der 
Frachthant :  ep  ep  FruchtgehftnBeoberhaat;  A  A  Kleittermaseen  ans  den  Zellen 
des  EiweisBKörperfl  im  Gänsen  herausgelöst ,  si;m  Theil  mit  unyerftnderter 
kleinkörniger  Stftrke :  A'  A'  StArkekOmchen  sehr  stark  rergrössert. 
K  KrystaUe.    (nach  A.  Vogl.) 

deren  Lumen  im  Querschnitte  rundlich  rechteckig  erscheint. 
Der  Oberhaut  liegt  eine  Reihe  radial  gestreckter,  mächtig 


— '    294    — 

verdickter,  lebhaft  gelb  gefärbter  0.0183— 0,009  mm  langer 
Steinzellen  an  fFig.  74.  HL  tp  tp.),  die  mit  spitzen 
Enden  in  die  nächste  Schicht  hineinragen.  Diese,  die 
Mittelschichte,  setzt  sich  aus  gelblichen  rundlich- 
polyedrischen,  häufig  tang.  gestreckten  Parenchymzellen 
zusammen  und  enth^t  grosse  kugelige  Oelzellen  und  Ge- 
fässbündel  (sp).  Die  vierte  Schicht  enthält  1—2  Reihen 
grosser,  im  Querschnitt  rechteckiger,  dünnwandiger,  0.054 
mm  messender  ölführender  Zellen.  An  sie  schliesst 
unmittelbar  die  innere  Fruchtwand -Oberhaut  (Innenepi- 
dermis)  an;  ihre  hellgelben,  von  der  Fläche  gesehen,  rund- 
lichen, im  Querschnitte  rechteckigen  Steinzellen  (Fig.  74. 
II.  ep'  epO  sind  0.009  mm  breit,  etwas  länger,  kurzpris- 
matisch und  nach  innen  weit  stärker  verdickt,  als  an  der 
der  Peripherie  der  Beere  zugewendeten  Seite.  Sie  heben 
sich  sehr  scharf  von  der  nun  folgenden,  dunkelrothbrau- 
nen  Samenhaut  ab.  Diese  gleicht  einem  0.0054  mm 
breiten  Streifen  und  lässt  keine  Zellcontouren  nachweisen. 
—  Die  erste  Zellreihe  des  Endospermes  enthält  rect- 
anguläre  schmale  Zellen,  die  übrigen  sind  polyedrisch, 
häufig  gestreckt,  im  hornigen  Theile  mit  verkleisterter 
Stärke,  im  mehligen  mit  deutlichen  Stärkekörnem  dicht 
erfüllt  (Fig.  74,  A  A,  A' A'  am).  Kugelige  Oelzellen 
von  0.053 — 0.09*mm  Durchmesser  liegen  im  Eiweisse  und 
enthalten  farbloses  ätherisches  Oel und  Weichharz,  dem 
der  Pfeffer  den  beissend  scharfen  Geschmack  verdankt. 
Die  Stärkekömer  im  Innern  des  Eiweisses  (A'A^  sind 
sehr  klein  (0.008—0.014  mm),  vielkantig  oder  rundlich,  mit 
grosser,  centraler  Kemhöhle  und  Sprunglinien  versehen; 
häufig  zu  drei  bis  vielen  in  Stäbchen  oder  rundlichen 
Massen  vereinigt;  ganz  kleinkörnige  Stärke  (am)  findet 
sich  im  hornigen  "Hieile  des  Eiweisses. 

Pfeffer  besteht  aus: 


•Si 


31  la 


i       Is       II  fl       I         4 

I       il      1^      s     11      2        I 

17.01       11.99       1.13         8.82     42.02     14.49  4.57-5.0^) 

*)  Man  hat  übrigens  auch  9 — 10  %  Asolie  von  Bataria-  and 
Malabarpfdffer  erhalten.   (Pharm.  Centralh.  1888,  Kr.  1,  2  und  46). 


—    295    — 

Ein  Bestandtheil  des  ätherischen  Oeles  ist  das  Pi- 
per in,  eine  geschmack-  und  geruchlose  organische  Base, 
gewöhnlich  zu  3—4  %  enthalten;  nach  Caillol  aber  hat 

Soio.tr.-KeffT:  ^^^ST^^;^?!^,  FeB^gpfoffer: 

8.10  7.15  9.15        5.26  <»/o  Piperin. 

Piperin  ist  inAether  und  Weingeist  vollständig,  in 
Wasser  nur  wenig  löslich. 

Chemische  Zusammensetzung  der  Asche: 

I   I    i    I   I 

SLSe     4.56     I4T59  I6T34    0^38     10.85     12^09    —     9.52 

Die  getrockneten  unreifen  und  unverletzten  Früchte 
bilden  den  schwarzen  Pfeffer  des  Handels  in  zahl- 
reichen Sorten,  die  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten 
aufgestellt  werden. 

Zunächst  werden,  wie  schon  oben  bemerkt,  nach  den 
Reifezuständen  und  dem  hiedurch  bedingten  Gewicht  und 
der  Gonsistenz  des  Pfefferkornes  drei  Kategorieen  unter- 
schieden: 

1)  Harter  oder  schwerer  schwarzer  Pfeffer:  Korn 
rund,  sehr  hart,  dunkelbraun,  seicht  gerunzelt. 

2)  Halbharter  schwarzerPfeffer:Eornschwerer,au8sen 
graubraun,  kleiner,  stärker  gerunzelt,  Schale  zer- 
brechlich. 

3)  Leichter  schwarzer  Pfeffer:  Korn  sehr  leicht,  grau- 
schwarz, leicht  zerbrechlich,  kantig. 

Nach  den  Productionsländem  und  Ausfuhrhäfen  unter- 
scheidet man  zahlreiche  Sorten;  die  wichtigsten  sind: 

1)  Malabarpfeffer,  dietheuerste  und  werUivoUste  Sorte, 
mit  grossem,  schwerem  und  schwarzbraunem  Korne. 

2)  Aleppi-Pf. 
3;  Cochin.Pf. 

4)  Tellicherrj-Pf.  (besonders  als  weisser  Pfeffer  ge« 
schätzt). 

5)  Singapore-Pf. 

6)  Goa-Pf. 

7)  Penang.pf. 

8)  Sumatra-Pf.(Jambee-Pf.,  holländ.  Pf.  zum  Theile). 


—    296    — 

Singapöre-  und  Penang  -  Pfefifer  kommen  im  deut- 
schen und  österreichischen  Handel  am  häufigsten  vor. 

Unter  der  Bezeichnung  „Weisser  Pfeffer'*  ver- 
steht man  den  seiner  Fruchthaut  beraubten  schwarzen 
Pfefifer.  In  den  hinterindischen  Pfefiferplantagen  ;und  auf 
Sumatra  werden  die  reifen  Pfefferfrüchte  durch  zwei 
Wochen  in  Meer-  oder  Kalkwasser  eingelegt,  wodurch 
eine  Lockerung  der  Fruchthaut  bewirkt  wird.  Nach 
kurzem  Trocknen  an  der  Sonne  werden  Oberhaut  und 
Mittelschicht  mit  den  Händen  abgerieben  und  die  Früchte 
nach  Reinheit,  d.  h.  Weisse,  sortirt.  Auch  in  England 
stellt  man  weissen  Pfeffer  her.  Sehr  reine  Sorten  sind  gelb- 
lich weiss,  gemeine  aber  grau  mit  lichten  Streifen.  Weisser 
Pfefifer  stellt  also  eigentlich  den  Samen  dar,  misstibis 
5  mm  im  Diameter,  ist  fast  kugelig,  Ton  den  helleren 
Gefässbündeln  fein  meridianal  gestreift;  die  Basis  ist 
schwach  concav,  der  Scheitel  sehr  kurz  und  stumpf  ge- 
nabelt. Da  die  ölführenden  Fruchthautschichten  fehlen, 
schmeckt  weisser  Pfefifer  weit  milder,  weniger  brennend. 
Im  anatomischen  Bau  stimmt  er  —  bis  auf  die  fehlende 
Oberhaut-,  Steinzellen-  und  Mittelschichte  —  mit  dem 
schwarzen  Pfefifer  überein. 

Bekanntlich  wird  Pfefifer  fast  allgemein  als  Pulver 
im  Kleinhandel  verkauft  und  es  ist  wohl  nebst  Safran 
kaum  ein  Gewürz  so  vielfach  und  regelmässig  Ver- 
fälschungen unterworfen,  als  zerkleinerter  Pfefifer.  Echtes, 
reines  Pfefiferpulver  muss,  mikroskopisch  untersucht,  jene 
Formelemente  aufweisen,  die  in  Fig.  74  dargestellt  sind. 
Insbesonders  fallen  die  zahlreichen,  vielkantigen,  oft  zu 
zweien  oder  mehreren  verbundenen  (in  einander  ver- 
keilten) vollständig  mit  Starke  erfüllten,  daher  opaken 
Endospermzellen  auf  (A  A),  die  in  übeireichem  Maasse 
das  Gesichtsfeld  des  Mikroskopes  bedecken  müssen.  In 
weissem  Pfefiferpulver  fehlen  die  Oberhautzellen  und  die 
Steinzellen;  beide  Sorten  zeigen  Endospermzellen,  Oel- 
behälter,  Stärkekömer  (A  A),  Krystalle  und  Spiralgefäss- 
fragmente.  Mitunter  findet  man  feine  Krysisdlstäbchen 
oder  Drusen  aus  den  Oelzellen,  die  wahrscheinlich  dem 
Piperin  angehören.  Ich  habe  noch  keinen  im  Kleinhandel 
verkauften  „gestossenen*^  Pfefifer  unverfälscht  gefunden. 
Solche  Zusätze  sind  Brodrinde,  Mehl  der  Gretreide-  und 


—     297     — 

Hülsenfrüchte,  Leinölkuchen,  zerkleinerteOlivenkeme,  Man* 
delkleie,  Eichelmehl,  Palmkemkuchenmehl,  Sägespäne, 
Baumrinde,  seltener  mineralische  Substanzen,  Erde  (Staub), 
Sand,  Gyps,  Schwerspath.  Weissen  Pfeffer  übersiebt  man 
mit  einem  Pulver  yon  Gummi,  Stärke,  Kalk,  Gyps  und 
Bleiweiss.  Alle  von  mir  zuletzt  untersuchten  Pfefferpulver 
enthielten  Gerstenmehl,  das  an  den  Stärkekömem  und 
den  charakteristischen  Spelzenoberhautzellen  (Fi|L  9,  19, 
20)  leicht  zu  erkennen  ist.  Behandelt  man  das  Pu^er  mit 
Kalilauge,  so  färben  sich  die  Fruchtschalenfragmente  der 
Getreidefrüchte  gelb,  die  verkieselten  lebhaft  citronengelb; 
Farbstoffmassen  in  zelliger  Anordnung  rühren  meist  von 
Leinsamen  her.  Anwesenheit  von  Brod  ist  leicht  zu  con* 
statiren;  man  breitet  eine  Probe  des  Pulvers  fein  und  gleich- 
artig auf  die  Oberfläche  des  Objectträgers  aus  und  lässt 
allmählich  Wasser  hinzutreten.  Brodpartikelchen  quellen 
sofort  auf  und  ragen  über  die  unveränderten  Pfefferelemente 
hervor.  Dieser  übrigens  unschädliche  und  gemilderte 
Pfeffer  sollte  als  Mischpfeffer  verkauft  werden.  —  Halb- 
schwerer Pfeffer,  mit  Gummi  behandelt,  erhält  Ansehen 
und  Gewicht  des  schweren  Pfeffers;  legt  man  die  Kömer 
in  warmes  Wasser,  giesst  letzteres  nach  einer  halben  Stunde 
ab  und  setzt  gleichviel  Alkohol  zu,  so  fällt  das  Gummi  als 
Satz  zu  Boden.  —  Die  Beimischung  gepulverter  Oelpidm- 
samen  ist  mikroskopisch  leicht  nachzuweisen.  (Siehe  S. 
157  ff  u.  Fig.  57-59.)  Im  südl.  Frankreich  wird  Pfeffer  reich- 
lich mitgepulv.  Olivenkernen  verfälscht.  Verfälschung 
mit  den  Früchten  des  Seidelbastes  oder  Kellerhalses 
(Deutscher  Pfeffer,  Daphne  Mezereum  i.,  Thymelece)  wird  auch 
angegeben.  Die  Seidelbastfrüchte  sind6— 7mm  lang, 
5  mm  dick,  rundlich  kantig,  die  Oberfläche  ist  ^rob- 
runzelig  die  Fruchthaut  leicht  ablösbar.  Die  gelblichen 
Samenlappen  enthalten  viel  Fett  und  Stärkekörner.  Eine 
Verfälschung  mit  den  weit  grösseren  Kokkelskörnern  ist 
durch  einfache  Vergleichung  zu  erkennen.  —  Zur  Ver- 
vollständigung der  mikroskopischen  Untersuchung  prüft 
man  auch  einige  Pfefferpulver-Extracte.  Das  weingeistige 
Extract  muss  wenigstens  11  %  betragen,  leichte  Pfeffer- 
sorten geben  14 — 16,  schwere  10—12  %.  Das  getrocknete 
wässerige  Extract  beträgt  7 — 8  %  und  ist  nicht  hygro- 
skopisch.    Für  mineralische    Beimengungen    ist    die 


—    298     — 

AschenbestimmuDg  maassgebend.  Schwarzer  Pfeffer  giebt 
3.5 — 5%,  meist  4%  weisser  2.5— 3.5  %  Asche.*)  —  Eine 
empirische  Prüfungsmethode  auf  fetthaltige  Bei- 
mischungen giebt  Hager ^)  folgendermassen  an:  ^Eine 
bestimmte  Menge  des  grobgepulverten  oder  gemahlenen 
Pfeffers  wird  in  einem  Glasgefasse  mit  weiter  Oefihung 
mit  der  10 — 15fachen  Menge  kaltem  Wasser  (15—17®  C) 
übergören,  dann  ajihaltend  fünf  Minuten  hindurch  kräftig 
geschüttelt  und  nun  30 — 40  Minuten  beiseite  gestellt. 
Der  Pfeffer  sinkt  zu  Boden  imd  circa  Vso  seiner  Menge 
sammelt  sich  am  Niveau  der  Wassersäule.  Die  fett^ 
reichen  Beimischungen  wie  Kokkelskörner,  Eellerhals- 
früchte,  Palmkemmehl  etc.  w^den  sich  ebenfalls,  wenn 
sie  zugegen  sind,  am  Niveau  der  Mischung  ansammeln. 
Man  hebt  diese  Niveauschichte  ab,  sammelt  sie  in  einem 
leinenen  Golatorium  und  trocknet  sie  dann  in  einem  Por- 
cellanschälchen  aus,  um  sie  getrocknet  zu  wägen  und 
dann  zuerst  mit  verdünntem  Weingeist  und  darauf  mit 
Aether  oder  Petroläther  zu  behandeln.''  —  Künstlich 
angefertigter  schwarzer  und  weisser  Pfeffer  ist  mi- 
kroskopisch sofort  zu  erkennen.  Havarirter,  mit  See- 
wasser getränkter  Pfeffer  ist  zu  verwerfen;  um  ihn  nach- 
zuweisen, macerirt  man  mit  destill.  Wasser,  setzt  Salpeter- 
säure hinzu  und  fällt  durch  salpetersaures  Silber;  auf- 
tretende Trübung  zeigt  havarirten  Pfeffer  an. 

Die  ganze  Production  Asiens  an  Pfeffer  wird  auf 
25  Mill.  kg  geschätzt,  von  denen  9  Mill.  kg  Europa  allein 
verbraucht.    Davon  entfEÜlen 

10  Mill.  kg  auf  Sumatra  Westküste 

4  „  „  „          „         Ostküste 

1.8  „  „  „  Penang  etc.  (?) 

1.875  „  „  „  Singapore 

1.82  „  „  „  Bomeo 

4  „  „  „  Siam») 

2.5  ,,  ,,  „  die  Malabarküste. 


1)  Penftüff  I  4.591,  Penang  II  4.15,  Sumatra  4.412,  Singapore 
4.421—  5.93,  Alleppo  3.271 ;  von  weissem  Pfeffer  Batavia  0.911,  Singa- 
pore 0.91,  Penang  1.583  Vo  Asche.  (Pharm.  Centralh.  1883,  Nr.  46). 

«)  1.  c.  p.  999. 

*)  Von  Bang-Kok  1877:  122886  Tonnen. 


—    299     — 

England  führte 

1862  über  18  Hill.  Pfd.  schwarzen  und  weissen 

lobo     „      14     „        ,,  „  „  ,f 

1864  „  13  „  „  schwarzen  und  900  000  Pfd. 
weissen  Pfeffer  ein 
und  die  Einfuhr  sank  bis  in  die  letzten  Jahre;  1881  be- 
trug sie  5056  Tonnen,  1882  2085  Tonnen  schwarzen  Pf. 
Vorrath  und  2019  Tonnen  unterwegs;  vom  weisen  Pf. 
1881  1498  Tonnen,  1882  465  Tonnen.  —  Dieser  Rückgang 
des  Pfefferverbrauches  scheint  eben  mit  der  Steigerung 
des  Paprikahandels  zusammenzuhängen.  Hauptmärkte 
sind  London,  Amsterdam  und  Hamburg. 

Pfeffer  ist  eines  der  ältesten  Gewürze  der  indischen 
Welt  und  in  seiner  Anwendung  als  Gewürz  Weltbürger 
geworden.  Was  die  Griechen  seit  der  Zeit  Alexanders 
des  Grossen  als  Pfeffer  kannten,  war  der  äthiopische 
Pfeffer  (siehe  unten  „Burropfeffer").  Den  Römern  war 
er  das  Lieblingsgewürz  und  wurde,  wie  Plinius  berichtet, 
Edelmetallen  an  Werthe  gleichgehalten.  In  Deutschland, 
zu  Karls  des  Grossen  Zeiten  wird  Pfeffer  mit  anderen 
Gewtirzen  als  ein  mächtig  wirkendes  Heilmittel  gebraucht. 
Die  Gothen  unter  Alarich^)  hoben  408  die  Belagerung 
Roms  auf,  nachdem  die  Römer  einen  Tribut  von  5000  Pfd. 
Gold,  30  000  Pfd.  Silber,  4000  seidenen  Kleidern  und  3000 
Pfd.  Pfeffer  geleistet  hatten.  Genuesen  und  Venetianer 
trieben  den  Haupthandel  mit  Pfeffer  und  verdankten  ihm 
ihre  Reichthümer;  die  „Last^*  Pfeffer  kostete  100  Ducaten 
(etwa  der  fünffache  gegenwärtige  Preis).  Pfeffer  war  das 
Symbol  des  ganzen  Gewürzhanaels. 

Abgaben  wurden  in  Pfefferkörnern  gezanlt;  Nürnberg 
entrichtete  an  St.  Gallen  wegen  Zollbefreiung  jährl.  1  Pfd. 
Pfeffer.  „Die  Gewürze  und  ganz  besonders  auch  der  Pfeffer 
spornten  die  Portugiesen  zur  Aufsuchung  des  Seeweges 
nach  Indien  an.  Erst  von  dessen  Entdeckung  an  (1498) 
fiel  der  hohe  Preis  des  Pfeffers  sehr  stark,  indem  zu- 
gleich seine  Cultur  sich  nach  den  westlichen  Inseln  des 
Archipelagus  verbreitete,  auf  welche  sie  sich  noch  jetzt 


")  Drury,  üsefal  Planta  of  India  1873  p.  346. 


—     300    — 

beschränkt.  Portugal  machte  den  so  höchst  einträglichen 
Pfefferhandel  bis  in  das  XVIII.  Jahrhundert  zum  Kron- 
monopol"  (Flückiger). 


14.  Langer  Pfeffer. 
(Piper  loDgum.) 

Als  langer  Pfeffer  werden  die  getrockneten, 
walzenförmigen  Kätzchen-  oder  kolbenartigen,  unreifen 
Fruchtstände  von  Piper  officmarum  DC.  (Chavica  offlcmarum 
Miquel^  Piper  longum  Bumph,  Ptperacece)  bezeichnet,  die  von 
den  Philippinen,  von  Nepal  und  Bengalen,  besonders  aber 
von  Java  aus  in  den  Handel  gelangen.  Der  festge- 
schlossene Frucht  stand  misst  4—6  cm  in  der  Länge, 
6—8  mm  im  Durchmesser  und  ist  matt  aschgrau  bis  grau- 
braun; die  Spindel  ragt  noch  als  2  cm  langer,  dünner 
Stiel  aus  der  Basis  hervor.  Die  kleinen  1—2  mm  langen, 
verkehrteiformigen  Beeren  sitzen  zu  100 — 200  sehr  dicht 
in  Spirallinien  geordnet  an  der  Spindel  und  sind  von 
kleinen,  schildförmigen  Deckblättchen  gestützt.  Die  Ober- 
fläche des  Kolbens  ist  durch  die  gewölbten  von  Narben- 
resten gekrönten  Beerenbüschel  höckerig  und  durch  einen 
Ueberzug  von  grauer  Erde  verdeckt;  wäscht  man  diesen 
ab,  so  erscheint  'die  Oberfläche  rothbraun.  Die  Quer- 
schnittfläche des  Kolbens  zeigt  8— 10  im  Kreise  stehende 
Früchtchen.  Bezüglich  des  anatomischen  Baues  der  letz- 
teren ist  hervorzuheben,  dass  unter  der  Oberhaut  tangen- 
tialgestrecktCf  dickwandige,  stark  quellende  Zellen  liegen, 
dass  die  Steinzellen  keine  zusammenhängende  Schicht 
bilden  und  dass  dem  Eiweisskörper  die  Oelzelleri 
vollständig  fehlen.  Der  Geschmack  ist  weit  milder, 
die  Bestandtheile  sind  mit  denen  des  schwarzen  Pfeffer 
identisch.  Das  weingeistige  Extract  beträgt  8.15,  die 
Asche  7.7 — 8.5%.  Seine  Anwendung  als  Gewürz  ist  nur 
beschränkt. 

Der  lange  Pfeffer  von  Bengalen  (Ceylon)  stammt 
von  Chavica  Roxburghii  Mtq,  {Piper  Umgum  L,)  und  besteht 
aus  weit  kürzeren,  2 — 3  cm  laneen,  dunkleren,  plumpen 
Kolben  und  ist  weniger  geschätzt,  fehlt  auch  unserem 
Handel  gänzlich« 


—    301     — 

15.  Barropfeffer. 
(FnitU  de  Bunro). 

Die  Familie  der  Asmonaceae  enthalt  mehrere  Arten, 
deren  Früchte  als  Pfeffergewürz  in  tropischen  und  sub- 
tropischen Gegenden  Anwendung  finden.  Hochberühmt 
ist  der  äthiopische,  Guinea-  oder  Mohrenpfeffer 
Ton  Habzeüa  aihiopioa  DC.  stammend,  der  mehr  aro- 
matisch als  scharf  schmeckt  und  der  im  Alterthum  als 
Tteiceqi  (peperi)  bekannt  war.  Als  Burropfeffer*)  be- 
zeichnet man  die  Früchte  von  Xylopia  lon^oäa  A^k  D.  C.  •) 
einem  am  Flussgebiete  des  Orinoco  in  Guyana  und  \'ene- 
zuela  gedeihenden  Baumes;  sie  dienen  auch  als  ausge- 
zeichnetes FiebermitteL  Sie  riechen  und  schmecken  wie 
Pfeffer  mit  einer  schwachen  Piment-Nuance. 

Die  Waare  besteht  aus  Dolden,  die  15 — 20  Früchte 
enthalten.  Die  Frucht  ist  eine  langgestreckte,  hülsen- 
artige, 1 — 2.5  cm  lange,  6  mm  dicke,  schief  2 — 6fächri^e 
Beere  (Fig.  75);  in  jedem  Fache  liegt  ein  Same.  Die 
Oberfläche  ist  schwarz-  bis  piment- 
braun, glanzlos  und  zeigt  seitlich  zwei  ****•  '"^• 
der  lilnge  nach  verlaufende  Haupt- 
rnnzeln,  die  mit  vielen  querstehenden, 
schwächeren  Runzeln  in  Verbindung 
stehen  Die  Frucht  ist  über  jedem  Frucht  t.  xyiopu  lonai- 
bamenmche  aufgetrieben.  Legt  man  foii»  (Bunopfeffor)»  d«r 
die  Früchte  in  kaltes  Wasser,  so  fär-  "'^Tn^mu  ?"s?i\n  °*'" 
ben  sie  es  alsbald  schmutzigroth- 
gelb.  Die  frische  Schnittfläche  der  Frucht  zeigt  eine 
gelbbraune  Farbe  und  ist  von  etwas  holziger  Consistenz. 
Die  Aussenschichte,  das  Epikarp,  besteht  aus  dick- 
wandigen Epidermiszellen,  aie  stellenweise  zu  1—2  oder 
3 — 4  zelligen  Haaren  ausgebildet  sind.  Die  Haare  sind 
schief  zugespitzt  und  führen  einen  gelben  Inhalt.  Mit- 
unter finden  sich  aber  auch  sehr  dünnwandige,  schlauch- 


*)  P'rutta  de  Burro  heissen  auch  die  giftijfen  Früchte  vou 
Capparis  frondosa  L.  u.  C.  pulcherima  Mill.  —  Siehe  Zeitsch.  des 
allg.  Ö8t.  Apotheker- Ver.  1877,  No.  86. 

*)  (Unona  xylopioides  Dun.,  üvaria  febrifuga  H.  et  Bp.) 


—     302    — 


artige  Körper  mit  verbreitertem  Vorderende,  zerknittert 
und  farblos.  Wahrscheinlich  fanctioniren  sie  als  Drüsen« 
Das  nun  folgende  Gewebe  besitzt  den  gewöhnlichen  Cha- 
rakter des  Mesocarpes  einer  Frucht,  eine  0.5 — l  mm 
und  darüber  breite  Parenchymschichte,  deren  Zellen 
parallel  mit  der  Epidermis  (tangent)  ein  wenig  gestreckt 
sind ;  der  Querschnitt  zeigt  sie  länglich  eirund,  der  Längs- 
schnitt undeutlich  sechseckig.  In  Kalilauge  quellen  sie 
mächtig  auf  und  färben  sich  prächtig  goldgelb;  inzwischen 
untermischt  finden  sich  theils  einzeln  stehende  unregel- 
mässige, mitunter  kurzästige  Steinzellen,  theils  Stein- 
zellencomplexe,  die  namentlich  nach  innen  zu  in  grösserer 
Zahl   auftreten  (Fig.  76).    Die  Gefässbündel  setzen  sich 

aus  sehr  schmalen  Spiral- 
^^«'  ■'^  gefässen  und   stark  ver- 

dickten Bastzellen  zusam- 
men; ihre  Länge  beträgt 
durchschnittlich  0.12  mm, 
die  der  Steinzellen  0,048 


Olia.    O.  Oel- 


^(^^^SKQyH  bis  0,068  mm,  die  Bast- 


.^^^-^j^^^ft^^^^S^^     Zellen  haben  parallel  lau 
'\c::^^^?2^^^^(       fende    Poren canäle    und 

ein  deutlich  entwickeltes, 
zweieckig  erscheinendes 
Lumen.   Die  Parenchym- 

zellen  dieser  Frucht- 
schichte bergen  reichlich 
verschiedene  Lahaltsstoffe. 
In  grösseren  Räumen  (Oel- 
zellen)  findet  sich  Oel,  in  den  meisten  Zellen  Farbstoff, 
der  schon  etwas  in  Wasser  löslich,  von  Kalilauge  voll- 
ständig mit  braungelber  Farbe  gelöst  wird.  Im  Wasser 
präparirte  Zellen  zeigen  dunkelbraune,  opake  Massen, 
die  in  warmem  Alkohol  und  in  Aether  sich  auflösen  und 
als  Harze  anzusprechen  sind;  alle  Zellwände  und  theil- 
weise  auch  der  Zellinhalt  reagiren  auf  eisengrünende 
Gerbstoffe.  Ausser  ätherischem  Oele,  als  welches  ich 
lichtgelbe,  ganz  homogene  Körper,  die  in  vielen  Zellen 
erscheinen,  auffassen  will,  finden  sich  noch  zahlreiche 
Stärkekörnchen,  deren  Durchmesser  0,012, 0,008, 0,006  mm 
betragen;   sie  sind  meist  zu  zweien   componirt,   kugelig, 


x^^ 


Mesok»rp  von  Xylopia  longi 
zeUe,  et  Steinselj 


303     — 


mit  undeutlichem,  central  gelegenem  Kerne.    Die  Trom- 
mer* sehe  Probe  zeigt  kein  Vorhandensein  yon  Zucker  an. 

Die  Höhlung^  in  der  der  Same  liegt,  ist  zum  grossen 
Theile  mit  einem  weissen,  schimmelähnlichen  Ueberzug 
ausgekleidet.  Es  scheint  dies  aber  nur  Fett  zu  sein,  da 
alle  Reactionen  eines  solchen  Körpers  stattfinden  und 
auch  sein  Vorhandensein  insofeme  gerechtfertigt  erscheint, 
als  der  Same  ausserordentlich  fettreich  ist. 

Der  Same  ist  eiförmig,  an  einem  Ende  etwas  zu- 
gespitzt, einem  kleinen  Apfelkerne  nicht  unähnlich;  er 
ist  durch  einen  Längsschnitt  in  zwei  symmetrische  Hälften 
theilbar,  glänzend,  dunkelbraun  bis  schwarzbraun  mit 
querlaufenden,  kurzen,  schwach  eingedrückten  Linien 
oder  Punkten;  an  der  Spitze  zeigt  er  einen  weissen, 
rauhen,  unregelmässig  umgrenzten  Nabel;  er  ist  geruchlos 
und  besitzt  nur  wenig  Geschmack.  —  Die  harte,  spröde 
Samenhaut  besteht  nach  aussen  aus  einer  in  Kalilauge 
aufquellenden  und  schliesslich 

zei^iessenden  Zellschichte; 
die  Zellen  sind  von  einer 
zarten  Cuticula  überdeckt. 
Darauf  folgt  eine  verschie- 
den breite,braunroth  gefärbte, 
sehr  dichte,  aus  tangential 
gestreckten   Sklerenchym- 

z eilen  zusammengesetzte 
Schicht,  deren  Farbstoff  sich 
ebenfalls  in  Kalilauge  löst;  an 

diese  schliessen  sich  dick- 
wandige Prosenchymzellen  an 
(Fig.  77).  Die  Begrenzung 
bildet  die  Innenhaut.  Diese 
legt  sich  mit  vielen  Falten 
in  das  Sameneiweiss  hinein. 


Fig.  77. 


"^§^8MM 


Partie  «ines  Samendarchschnittei 
▼on  Xylopl»  longifolia  (parallel  mit 

SO    daSS    letzteres    im    makrO-    unu!r'  die^mnoUenen^BpTdernUi- 

skopischen  Längsschnitte  wie  :Sän.Vd^cSÄ"Äi*TVxir.": 

gefächert   erscheint,    eme         fendeProfeiiohymaell«n;e-eBiweiM- 
äusserst   charakteristische        ^•"'^^'^™  mit  AlenronkömerB  und 


Configuration   des   Samen- 


FetttrOpfohen. 


—     304     — 

eiweisses  dadurch  herstellend^).  Die  Innenhaut  ist 
also  zum  Unterschiede  yon  ihrem  ähnlichen  Verhalten 
bei  Mifrtstica,  Theobroma  etc.  regelmässig  vertheilt.  Sie 
besteht  aus  polygonal  begrenzten,  etwas  gestreckten  Zellen 
und  hebt  sich  durch  die  lebhaft  gelbe  Färbung  von  dem 
im  Wasser  farblosen  Eiweiss  auffällig  ab.  Jeder  dieser 
Falten  entspricht  ein  mitfolgendes  Gefässbtindel.  Das 
Sameneiweiss  erscheint  (dem  freien  Auge)  braungelb  oder 
gummiguttgelb,  wachsartig,  von  zäher  Consistenz  und 
wird  von  grossen,  dünnwandigen  Parenchymzellen  zu- 
sammengesetzt. Diese  messen  0.042  bis  0.057  mm  im 
Diameter  und  enthalten  theils  farblose,  theils  blassgelbe, 
gefärbte  Aleuronkörner  (0.005—0.01  mm)  nebst  vielen 
Fetttröpfchen.  Der  Keim  liegt  ganz  in  der  Nähe  der 
Samennarbe  und  ist  klein  und  wenig  entwickelt. 

Burrofrüchte  waren  zu  Wien  im  Jahre  1873  von 
Venezuela  ausgestellt.  Für  den  europäischen  Markt  haben 
sie  gegenwärtig  wohl  noch  keine  Bedeutung. 


16.  Nelkenpfeffer. 

(Neuj^ewürz,  Englisch  Gewürz,  Piment,  Jamaikapfeffer,  Gewürz- 
körner, Allspice.) 

Der  Nelkenpfeffer  spielt  eine  hervorragende  Rolle 
im  Gewürzhandel,  obwohl  er  erst  seit  1605  (von  Clusius 
Amomum  genannt)  in  Europa  bekannt  geworden  ist. 
Man  bezeichnet  damit  bekanntlich  die  Früchte  eines 
kleinen,  myrtenähnlicben  Baumes,  Pimenta  officmaUs  Berg 
(Myrtus  PmerUa  Z.,  Eugenia  Pimenta  DC.y  Myrtacece\  der  in 
Mexiko  und  auf  den  Antillen,  besonders  auf  Jamaica 
cultivirt  wird.  Der  immergrüne,  10 — 13  m  hohe  Baum 
trägt  oblong-lanzettliche,  stumpfe,  lederartige  Blätter  und 
Blüthencymen,  die  in  den  Achseln  der  oberen  Blätter  ent- 
sprmgen.  Die  Blüthen  besitzen  einen  4theiligen  Kelch, 
4  Blumenblätter,  zahlreiche  Staubgefasse  und  einen 
Fruchtknoten.    Die  Frucht  ist  eine  kugelige  Beere.  Noch 


*)  Bei  allen  Annonaceae  ist  das  Eiweiss  rissig,  höckerig,  wie 
zernagt.     Bischoff,  Lehrb.  d.  Bot.  1840  Bd.  3,  J.  Th.,  pag.  444. 


—     305     — 

vor  der  völligen  Reife  werden  die  Früchte  gepflückt 
und  in  der  Sonne  getrocknet;  aber  auch  vollkommen 
ausgebildete  Früchte  finden  sich  in  der  Handelswaare 
häufig  vor. 

Der  Nelkenpfeffer  ist  kugelig,  selten  ein  wenig 
gestreckt,  misst  5— 6  mm  im  Diameter,  trägt  an  der  Basis 
einen  schwachen  Vorsprung  als  Ansatzstelle  des  Stieles, 
und  am  Scheitel  den  vertrockneten  Kelch,  an  dem  noch 
deutlich  vier  Theile  zu  unterscheiden  sind.  Die 
Oberfläche  ist  von  sehr  kleinen,  dicht  stehenden  Wärz- 
chen rauh,  graubraun,  gelblichgrau  oder  dunkelroth- 
braun.  Das  innen  gelblichweisse  Fruchtgehäuse  ist 
0.5 — 0.7  mm  stark  und  uihschliesst  zumeist  zwei  Fäclier, 
deren  Scheidewand  dünnhäutig  und  stellenweise  resorbirt 
ist.  Jedes  Fach  enthält  einen  dunkelgraubraunen  oder 
schwarzbraunen,  concav-convexen,  schwach  glänzenden, 
auf  der  convexen  Seite  rauhen,  auf  der  entgegengesetzten 
glatten  Samen  von  3 — 5  mm  Durchmesser. 

Nach  Entfernung  der  dünnen  Samenhaut  wird  ein 
schwarzbrauner  oder  dunkelvioletter,  massig  harter, 
schneckenförmig  eingerollter,  eiweissloser  Keim  sichtbar, 
dessen  eigenthümliche  Gestalt  sich  schon  an  der  Samen- 
haut wahrnehmen  lässt.  Er  macht  nämlich  1 V» — 2  Win- 
dungen und  besteht  aus  dem  langen  Würzelchen,  das  an 
seinem  im  Mittelpunkte  der  Spirale  gelegenen  Scheitel 
zwei  sehr  kleine  Keimblättchen  trägt.  Piment  riecht  und 
schmeckt  nelkenähnlich. 

Die  Oberhaut  (Fig.  78,  E  p.  306)  besitzt  kleine, 
ziemlich  starkwandige  Tafelzellen,  Spaltöffnungen  (st)  und 
einzellige,  spitze,  kurze  Haare,  (h);  von  der  Fläche  ge- 
sehen, sind  die  Zellen  polygonal  und  lassen  die  darunter 
liegenden  etwas  convex  (warzenartig)  über  die  Oberfläche 
vorspringenden,  kugeligen  Oelzellen  (Durchmesser:  0.09 
bis  0.146  mm)  deutlich  durchschimmern;  das  Paren- 
chym  der  Fruchtwand  enthält  braune,  dünnwandige 
unregelmässige  Zellen,  nach  aussen  hin  vereinzelte,  grosse, 
massig  verdickte,  keulenförmige  oder  ganz  unregelmässige, 
mit  verzweigten  Porencanälen  versehene  Steinzellen  von 
etwa  0.1098  mm  Länge  (Fig.  78  S  S);  der  Innenepider- 
mis  genähert  treten  weit  kleinere,  meist  rundliche  oder 

Hanansek,  Nahrungs-  u.  Gennssmittel  a.  d.  Pflanzenreich.       20 


—     306     — 

oblonge,  zu  grösseren  Gruppen  vereinigte  Steinzellen  von 
0.0274 — 0.0457  mm  Länge  auf  (S');  schmale  Spiralgefässe 
(sp)  durchziehen  das  Parenchym.  Das  Gewebe  des 
dunkel  violetten   Keimes  (K)  setzt   sich    aus   regel- 


Gewebselemente  des  Nelkenpfeffers.    E  Stück  der  Oberhaut  mit  dureh- 

BChimniernden  Oelhöhlen  O,  mit  einem  Haar  h  und   einer  Spaltöffnung  et.  — 

S  und  S'   Steinzellen,   sp  Spiralgefässfragment ,  k  JCrystalle  von  oxalsaurem 

Kalk  aus  dem  Fruchtgehäuse ;  K  Gewebe   des  Keims  mit  den  Farbstoffzelleu 

pp ;  A  St&rktkörnchen  aus  den  Zellen  des  Samens,  (nach  A.  Vogl). 

massig  poljedrischen  Parenchymzellen  zusammen,  die  ent- 
weder vollständig  mit  kleinkörniger  Stärke  erfüllt  sind, oder 
in  auffälliger  Abwechslung  sich  als  zu  Längsreihen  ange- 
ordnete Farbstoffzellen  präsentiren  (p  p),  indem  sie  nebst 
Stärke  ein  dunkelrothbraunes  oder  violettes  Pigment  ent- 
halten, das  wesentlich  aus  Gerbstoff  zu  bestehen  scheint; 
es  färbt  sich  mit  Eisensalzen  tiefblau.  Gerbstoff 
lässt  sich  übrigens  in  allen  Tbeilen  der  Fruchtwand  nach- 
weisen.   Im  Fruchtparenchym  und  in  der  dünnen  Fach* 


—     307     — 

Scheidewand  liegen  rhomboederartige  Kalkoxalatkrystalle 
(K).  Die  peripherische  Schichte  des  Keimes  ent- 
hält ebenfalls  kugelige  Oelbehälter.  Die  Stärkekörner 
(A)  sind  theils  einfach,  rundlich,  theils  Zwillinge  mit 
deutlichem  Kern;  sie  messen  0.00915  mm. 

Die   chemische  Zusammensetzung   ist    nach  König 
folgende: 


S  J2  :b  «  "zs  «t:  ä  ,; 

i      t      1         ill       II 

12.68     4.31        3.05       8.17      2.^4     43.88    22!50     2^87 

Das  äth.  Nelkenpfefferöl,  in  2.54—3.05  %  ent- 
halten, besteht  aus  Nelkensäure  (siehe  Gewürznelken) 
und  einem  Kohlenwasserstoff. 

Die  eben  beschriebene  Waare  stellt  den  echten  Pi- 
ment, Jamaica-Piment  vor,  der  auch  noch  von  Cuba 
und  den  übrigen  Antillen  geliefert  wird.  Im  englischen 
Handel  giebt  es  noch  mehrere  andere,  minderwerthige 
Sorten,  die  von  andern  Bäumen  der  Myrtenfamilie  ab- 
stammen.    Als  solche  sind  zu  nennen: 

a.  Der  spanische  Piment  oder  das  grosse  eng- 
lische Gewürz,  Tabasco-  oder  mexikanischer 
Piment,  von  Myrtus  Tabasco  Schlechtdl.  in  Mexiko  und 
Westindien  abstammend;  die  Früchte  sind  weit  grösser 
und  weniger  aromatisch. 

b.  Der  kleine  mexikanische,  Craveiro-,  Kron- 
oder spanischer  kleiner  Piment,  stammt  von  ver- 
schiedenen ^momwm- Arten  und  hat  längliche,  eiförmige 
Früchte  mit  fünftheiligem  Kelche. 

c.  Der  brasilianische  Piment,  die  Fracht  von 
Calyptranthm  aromatica  St  Hü.  ist  durch  den  freien,  abge- 
stutzten, cylindrischen  Unterkelch  und  die  blattartigen 
Samenlappen  gut  gekennzeichnet. 

Gepulverter  Piment  unterliegt  denselben  Verfäl- 
schungen wie  der  Pfeffer.  Künstlicher,  aus  Thon  undNelkenöl 
fabricirter  Nelkenpfeffer  ist  durch  mikroskopische  Unter- 
suchung und  Veraschung  sofort  zu  erkennen.  Reines  Piment- 
pulver muss  zahlreicheKeimgeweb8zellen,Steinzellen,  Ober- 

20* 


—     308     — 

hautfragmente  mit  Oelbehältern  und  die  charakteristischen 
FarbstoflEzellen  aufweisen;  die  purpurrothen  oder  roth- 
braunen, oft  faltig-streifigen  Farbstoffkörper,  durch  Eisen- 
salze allmälig  tiefblau  bis  blauschwarz  sich  färbend,  im- 
poniren  bei  der  mikroskopischen  Betrachtung  insbesonders. 
Verfälschungen  mit  gepulverten  Nelkenstielen  (Fig.  69  p.  26  7) 
und  mit  Sandelholz,  das  sofort  an  den  gehöft-getüpfel- 
ten  Gefässfragmenten,  den  sehr  wei tüchtigen  Holzfasern 
und  dem  grossen,  getüpfelten  Holzparenchym  zu  erkennen 
ist,  sind  am  gewöhnlichsten,  ebenso  mit  Getreidemehl.  — 
Nelkenpfeffer  wird  als  Gewürz  im  Haushalte,  das  Oel 
zurLiqueur-  und  Parfum-Fabrication  verwendet;  in  Eng- 
land gehört  er  zu  den  beliebtesten  Gewürzen. 

Die  Gesammtproduction  auf  Jamaika  im  Jahre  1875 
betrug  57  500  Ctnr.;  1882  war  der  Vorrath  in  London 
18  000  sack  (ä  50 — 70  kg);  nach  Hamburg  gelangten  etwa 
4000—8000  sack.  Ein  Baum  liefert  40—50  kg  getrock- 
neten Piment. 

17.    Die  Früchte  der  Capsicum-Arten. 

(Paprika,  spanischer  oder  türkischer  Pfeflfer;  Cayenne-  oder 
GuineapfelFer.) 

DieFamilie  der  Nacht  schattenge  wachs  e(ASo/a?iacecß) 
weist  nebst  vielen  giftigen  Pflanzen  zahlreiche  nutzbringende 
auf,  von  denen  die  Gattung  Capsicum  (Beissbeere)  in  Vor- 
kommen und  Anwendung  einen  kosmopolitischen  Charakter 
a-ngenommen  hat.  Die  wichtigste  Art  ist  die  einjährige 
Beissbeere,  Capsicum  annuum,  deren  zahlreiche  secundäre 
Formen,  von  denen  einige,  wie  die  lange  Beissbeere 
entschieden  schon  einen  Art- Charakter  besitzen,  die 
Veränderlichkeit  des  Artbegriffes  deutlich  genug  de- 
monstriren.  ^) 

üebersicht  der  Arten  und  Formen. 
1)  Die  Formengruppen    der    einjährigen    Beiss- 
beere sind  nach  verschiedenen  Eigenschaften  der  Früchte 
aufgestellt  worden.     Zunächst  unterscheidet  man  solche 
mit  herabhängenden  Früchten  (fructUmspenduha)^  wozu 


^)  Das  Folf^ende  nach  einem  trefflichen  Aufsatze  von  Rodiczky 
in  Fühlings  landw.  Ztg.  1876,  p.  118  ff. 


—     309     — 

die  häufigste  —  unten  naher  beschriebene  Form  —  Cap- 
skum  Jmgum  (BC.)  Fingerhut  gehört  —  und  solche  mit 
aufrechten  Früchten  (fructibus  errectis).  Nach  der  Farbe 
der  Beeren  giebt  es  scharlachrothfrüchtige  (Szege- 
diner  Paprika,  C,  indtcum  macrocarpum),  g  e  1  b  f  r  ü  c  h t  i  g  e  u.  s. 
w.  Auch  die  Dicke  der  Fruchtwand  ist  für  die  Grup- 
pirung  massgebend  und  man  unterscheidet:  a.  Dünn- 
fleischige  {C.  tenuicarpum)',  b.  Dickfleischige  (C^ocÄe- 
carpum).  Letztere  theilt  man  wieder  in:  bi.  türkische 
(C.  tetragonum)^  h^.  paradiesäpfelfrüchtige  (G,  angu- 
losum  MüL^Äji  dulce  in  Südamerika)  und  h$.  quittenför- 
mige  Beissbeere  (C.  cydiforme,  Bellpepper  in  England, 
Poivron  in  Frankreich).  Dünnfleischige  Sorten  sind; 
ai.  herzfrüchtige  (C.  cordtforme  MiU.)  a».  lange  (C. 
Umgum)  und  as.  Grob  früchtige  Beissbeeren  (C.  Tnacro- 
carpum),  — 

Als  aussereuropäische  einjährige  Beissbeeren  werden 
bezeichnet:  Capsicum  minimum  auf  den  Philippinen,  C.  Clo- 
rocladim  in  Mexiko,  C.  contcum  (Aß  Ämaucho)  in  Peru  und 
C.  Orientale  in  Sennaar.  — 

Die  folgenden  zwei  Arten  sind  strauchartig  und 
ausdauernd. 

2)  Die  chinesische  Strauchbeissbeere  Capsicum 
chmense  mit  gelben  gepaarten  Früchten  in  zahlreichen 
Formen: 

a.  C,  mdtcim  luteum  Lam,  in  China  und  Ostindien;    er- 
scheint im  Handel. 

b.  C.  microcarpum  JDC,  auf  Mauritius,  Piment  enrage; 
C.   C.  ciliare    W,  1  •      j        m 

d.  C.  pendulum  W.    \  "^  ^««^  Tropen. 

3)  Die  brasilianische  Strauchbeissbeere, 
Capsicum  hrasiUanum  Clus.  aus  Brasilien  wird  nach  der  Frucht- 
form, in  Oliven-,  Kirschen-,  und  Beerenpfeffer  unterschieden: 

A.  Olivenpfeffen 

a.  C,  fnitescena  L.,  (Siseta  in  Abyssinien.) 

b,  C,  bicolor  Jacq.,  die  zweifarbige  B. 
C.  C.  purptireum  Korn, 

d.  C,  conoideum  AML 

e.  C*  pyramidale  Mill. 

f.  C,  oävceforme  MiU, 


—    310     — 

g.  Cw  vwlaeeum  Kmtk.  (Blüthen  violett) 
h.  C  niffrum  WtUd,    (Blätter   und   Früchte   blau- 
schwarz). 

B.  Kirschenpfeffer  (C  cerasocarpum). 

i.  C.  cerasifonne   Wtlld. 

k.  C,  sphcmcum   Willd. 

1.  C.  ovatum  DC. 

m.  C.  MiUeri  R.  et  S, 

C.  Beerenpfeffer  (C  baocatum  L.,  engl.  Birdpepper, 
in  Südamerika  Chisela).  Frilchte  von  der  Grösse 
der  Spargelbeeren,  reifen  bei  uns  nur  im  Winter; 
Hauptbestandtheil  des  Cayennepfeffers. 


Was  die  Culturverbreitung  der  einjährigen  Beiss- 
beere  betrifft,  so  kann  wohl  behauptet  werden,  dass  sie 
bis  64^  n.  B.  noch  mit  Erfolg  gebaut,  werden  mag,  that- 
sächlich  aber  nur  im  Süden  grössere  Culturstrecken  ein- 
nimmt, und  zwar  in  Spanien  (Granada,  Estremadura,  die 
„pimento"-Felder)  in  Südfrankreich  und  Italien  („peperoue") 
und  im  südlichen  Ungarn  (Szegedin).  Die  Umgebung  der 
Stadt  Szegedin  gewährt  mit  ihren  Paprikafeldern  einen 
sehr  eigenthümlichen  Anblick;  an  den  Häusern  hängen  zahl- 
reiche Paprika-Guirlanden  und  auf  dem  Marktplatze  liegen 
riesige  Haufen  der  brennendrothen  Früchte.  Daselbst 
wird  auch  in  grossen  Säcken  Paprikapulver  feilgeboten, 
das  im  ersten  Frühjahre  von  „Höschensammelnden"  Bie- 
nen dicht  umschwärmt  wird.  Von  den  Paprika  bauenden 
Ortschaften  ist  in  erster  Linie  Szeged-Röske  zu  nennen 
mit  129.it  Hektaren  Paprikafeld;  pro  Joch  (gegen  V» 
Hektaren)  wird  ein  Reinerträgniss  von  140  Mark  erzielt. 
Auch  in  nördlichen  Bezirken,  im  Honter  Comitat  zu 
Visk  und  Teczer,  in  Mähren  bei  Kojetein  giebt  es  Pa- 
prikafelder. Auf  kräftigem,  mürbem  Boden  (Gerstenboden 
I.  Classe)  beginnen  die  Pflanzen  Ende  Juni  zu  blühen 
und  setzen  dies  bis  August  fort,  daher  die  von  Zeit  zu 
Zeit  reifenden  Früchte  wiederholt  abgepflückt  werden 
müssen.  — 

Am  häufigsten  kommen  die  Früchte  von  Capsicum 
bngum   Fingerhut   mit   abgebogenen   Fruchtstielen   in   den 


—     311 


Fig.  79. 


Handel.  (Die  engere  Art  C.  annuum  hat  aufrecht  stehende 
Früchte).  Die  Frucht  (Figur  79  A)  ist  eine  kegelige  oder 
walzige,  gegen  den  Scheitel  zugespitzte  hohle  Beere  von 
6 — 9.5  cm  Länge  und  2.5 — 3  cm  Querdurchmesser.  An 
der  Basis  ist    sie  von  dem  5 

his  6  eckigen  abgestutzten 
Kelche  unterstützt  und  gewöhn- 
lich mit  dem  Stiele  versehen. 

Beim  Eintrocknen  wird  sie 
blasig-faltig,  breit  längsstreifig, 
die  Oberfläche  glänzt  lebhaft 

und  sieht  wie  lackirt  aus; 
die  Farbe  ändert  von  zinnober- 
roth  und  braunroth  bis  roth- 
gelb ab,  und  bleicht  an  alten 
der  Sonne  ausgesetzten  Früch- 
ten. Die  Fruchtwand  ist 
nur  0.35 — 0.4  mm  dick,  leder- 
artig zähe.  Da  die  Frucht  an 
der  Pflanze  herabhängt,  be- 
zeichnet man  den  Basis-Theil 
als  den  oberen,  den  Scheitel- 
theil als  den  untern.  Im  oberen 
Theile  nun  ist  die  Frucht  3- 
(sehr  selten  2-)  fächerig,  im 
unteren     dagegen     1  fächerig; 

ein  mittels  tändiger  Samen- 
träger trägt  auf  den  breiten 
Flächen  zahlreiche  Samen;  die 
samenlosen  Stellen  bilden  die  einfachen  Scheidewände 
der  drei  Basisfächer;  im  unteren  Theile  sind  die  Samen 
an  zwei  gegenüberliegenden,  etwas  vorspringenden  Wand- 
partieen  angeheftet.  —  Die  in  der  reifen,  trocknen  Frucht 
freiliegenden  Samen  sind  gelblich  weiss,  flach,  scheiben- 
rund bis  nierenförmig,  feinwarzig,  mit  einem  spitz  vor- 
springenden Nabel  versehen,  an  dessen  Spitze  die  Mikropyle 
liegt;  sie  messen  4  mm  in  der  Länge,  0.5  mm  im  Quer- 
schnitte und  enthalten  ein  Ei  weiss,  in  dem  peripherisch 
der  Keim  liegt;  sein  Würzelchen  ist  gerade,  die  beiden 
schmalen  Samenlappen  sind  ringförmig  eingerollt. 

Ein  Querschnitt  durch  die  Fruchtwand  zeigt  zwischen 


Paprikafrüchte.  A.  spanischer 
oder  türkisober  Pfeffer.    Gapsicum 
longum.     B.  Gayenne-   oder  Gui- 
neapfeffer,     eine     kl  einfrüchtige 
Capsicumart.    p  Fruchtstiel, 
k  Kelch. 


—     812 


zwei  Oberhautplatten  ein  zweifaches  Parencliym.  Die 
Oberhaut  der  Aussenseite  (Aussenepidennis  (Fig.  80  A, 
e  e)  besteht  aus  grossen,  im  Querschnitte  schmal  zwei- 
eckigen,   von    der  Fläche  besehen,  rechteckigen,  rhom- 

Pig.   80. 


^r 


■^ — TTr 


Oapsicum  lougum.  —  A.  Querschnitt  einer  ausgetrockneten  Fruuhtwand,  ee 
Oberhaut,  cl  Kolleuchym ,  pp  dünnwandiges  PareuchTm ,  f  FarbBtoffmasseu» 
g  Gefässbündel,  ii  Oberhaut  der  Innenseite,  h  von  dieser  und  dem  Paren- 
cbym  eingeschlossener  Hohlraum.  B.  dünnwandiges  Parenchym  einer  nur 
wenig  ausgetrockneten  Frucht.  Bezeichnung  wie  bei  A.  C.  Querschnitt  durch 
den  Samen,  cc  Cuticula,  oo  sklerenchymatisohe  Oberhaut« eilen,  s  je  eine 
solche  Zelle,  p' p'  Parenchym  aus  zusammengequetschteu  Zellen,  eu  Eiweiss- 

gewebe. 

bischen  oder  polygonalen  Zellen,  deren  farblose  Wände 
starke,  wulstigaufquellende  Verdickungen  (Fig  81  ee  p.  313) 
mit  feinen  Porenlinien  zeigen;  die  Grenzlamellen  zweier 
aneinanderstossender  Zellen  sind  häufig  gar  nicht  wahr- 
zunehmen; ihre  Länge  beträgt  0.06125—007  mm,  die 
Breite  0.021 — 0.035  mm.  Unter  dieser  so  auflfallig  ge- 
bauten Oberhaut  liegt  ein  Parenchym,  dessen  Zellen  in 
der  ersten  und  zweiten  Reihe  noch  stark  tangential  ge- 
streckt sind,  in  der  dritten  und  vierten  (letzten)  Reihe 
rechteckig  erscheinen,  von  der  Fläche  besehen  polygonal 
sind,  circa  0.035  mm  messen  und  derartig  verdickt  sind, 
dass  man  diese  Partie  sehr  wohl  als  K o  11  enchym schichte 


—     313    — 


bezeichnen  kann  (Fig,  80  A  cl  cl).     Als  Inhalt  führt 
KoUenchym    einen    rothen   Farbstoff   in    Körnern    oder 
spindelförmigen  Körpern,  die  central  gelagert  sind.    Daa 


zweite  Parenchym  enthält  grosse,  sehr  dünnwandige 
polyedrische  oder  rundliche  Zellen,  die  in  älteren  trock- 
nen   Früchten    zusammengefallen    (Fig.  80  A,  p  p)   in 


—     314     — 

frischen  dagegen  ihre  Gestalt  noch  deutlich  erkennen 
lassen,  (Fig.  80,  B,  p).  Die  letzte  Reihe  derselben  besteht 
aus  ganz  enorm  grossem  radial  gestreckten  dünnwandigen 
Parallelopipeden,  an  die  sich  die  Innenoberhaut  anlegt. 
Beim  Eintrodtnen  der  Frucht  schrumpfen  sie  zusammen 
und  die  Innenhaut  löst  sich  von  der  Fruchtwand  stellen- 
weise in  Bogenform  (auf  die  Fläche  bezogen  in  Blasen- 
forra)  los  und  schliesst  grosse  Hohlräume  ein  (Fig.  80  h). 
Das  dünnwandige  Parenchym  enthält  kleine  Gefäss- 
bündel  mit  Spiroiden  und  prosenchymatischen  Elementen 
Fig.  80  A.  gg,  Fig.  81  g);  in  den  farblosen  2iellen  ist 
der  rothe  Farbstoff  meist  peripherisch  vertheilt.  —  Die 
innere  Epidermis  (Fig.  80  i  i,  Fig.  81  i  i  i'iO  ist  aus 
sehr  charakteristischen  buchtigen  Tafelzellen  gebildet, 
deren  schlangenartig  gewundene  Contouren  und  zierliche 
Verdickung  höchst  auffällig  sind.  Die  Zellen  sind  kleiner, 
als  die  der  äusseren  Epidermis,  und  ihre  Wände  sind 
weit  schmäler;  die  Verdickungsschichten  sind  scharf- 
kantig durch  breite  Porencanäle  unterbrochen  (an  der 
äusseren  Epidermis  treten  nur  feine  Porenlinien  auf). 
Die  Innenepidermis  bietet  ein  Hauptmerkmal  für  den 
mikroskopischen  Nachweis  der  gepulverten  Paprika.  — 
Nicht  minder  charakteristisch  ist  der  Bau  der  Samen- 
ischale. Diese  besteht  nur  aus  zwei  Schichten.  Die 
Oberhaut  ist  ein  Sklerenchym  (Fig.  80  C,  o,  o,  Fig.  81 
o  o)  grosser  tiefbuchtiger,  fast  lappig  contourirter  Zellen, 
^ie  auf  der  Oberfläche  kleine  knorrige  Erhabenheiten  be- 
t^itzen.  Im  Querschnitte  (Fig.  80  c)  nimmt  man  die 
sonderbare  Ausbildung  ihrer  Verdickung  wahr.  Es  sind 
nemlich  den  Seiten-  und  Innenwänden  der  Steinzellen 
mächtige  Verdickungsschichten  aufgelagert,  während  die 
Aussenseite  —  die  knorrigen  Erhabenheiten  ausgenommen 
—  nur  unbedeutend  verdickt  ist,  dafür  aber  von  einer 
starken  Cuticula  überdeckt  wird;  in  Folge  dessen  erschei- 
nen je  2  Seitenwände  der  anstossenden  Zellen  als  pyra- 
midale Strebepfeiler,  deren  Grenzlamellen  vollständig 
verwischt  sind;  in  Fig.  80  ist  der  Umfang  einer  Zelle 
durch  Z  angegeben.  Das  darunter  liegende  Parenchym 
erscheint  nur  als  ein  ,  Strichelchen  führender  Streifen. 
Das  Eiweissgewebe  setzt  sich  aus  scharfkantig-polye- 
drisohen,  vollständig  mit  Proteinkömem  angefüllten  Zellen 


—     315     — 

zusammen  und  umschliesst  den  Embryo,  dessen  Zellen 
noch  kleiner,  die  Zellwände  noch  zarter  sind.  —  Die 
Zellen  des  Samenträ^ers  bilden  ein  markartiges, 
schwammiges  Gewebe  und  stellen  kurze,  aufgeblasene, 
tonnenförmige,  cylindrische  oder  unregelmässige  dünn- 
wandige Elemente  vor,  deren  zahlreiche  Spaltentüpfel  in 
deutlichen  Spiralen  angeordnet  sind  (Fig.  81  ma  ma).  Be- 
züglich der  Kelchobhaut  ist  zu  erwähnen,  dass  sie  aus 
kleinen,  schwach  verdickten,  polyedrischen  Tafelzellen 
und  Spaltöflfnungen  besteht  (Fig.  81  k  k,  sp)  und  mit- 
unter haarartige  Gebilde  (ha)  trägt. 

Die  gepulverte  Paprika  des  Handels  stammt  aber 
nicht  immer  von  den  grossfrüchtigen  Gäpsieumarten,  son- 
dern gegenw^ärtig  zumeist  von  kleinfrüchtigen  Arten,  wie 
Capsicum  btxccatttm^  C.  fastigiaium  Bl.  {C,  mimrmm  Roxtmrgh)  C. 
frutecsens  L.,  von  in  Ostindien,  Afrika  und  Amerika  culti- 
virten  Pflanzen  (siehe  die  systematische  Darstellung  ein- 
gangs dieses  Paragraphen).  Sie  machen  den  Guinea- 
oder Cayenne-Pfeffer  aus  und  kommen  trocken  unter 
dieser  Bezeichnung  oder  als  Gold -Popper  (orangegelbe 
Sorten),  oder  auch  in  Essig  eingemacht  als  Chilly  z.  B. 
von  Madras ')  zu  uns.  —  Im  Nachfolgenden  ist  ein  aus 
Sierra  Leone  stammender  Gold-Pepper  (C.  fastigiatum) 
beschrieben.  Die  Früchte  sind  1.25—2  cm  lang,  5  bis 
5  mm  dick,  schmal  eiförmig  oder  länglich,  cylindrisch, 
der  Kelch  röhrig,  sehr  undeutlich  fünfzähnig.  Die  Farbe 
variirt  von  orangeroth  bis  goldgelb.  Die  in  Essig  ge- 
legten sind  grün,  unreif.  Die  Samen  sind  weit  schmäler, 
länglich  nierenförmig,  spitz  genabelt,  lichtgelb,  am  Rande 
schwach  wulstig  und  daselbst  glänzend,  B  — 4  mm  lang, 
2  mm  breit,  0.4 — 0.5  mm  dick.  Bau  und  Anordnnng  der 
Gewebe  ist  die  gleiche;  geringe  Abweichung  zeigt  die 
Aussenepidermis  der  Frucht;  die  Zellwände  zeigen  ein- 
fache, aber  keine  wulstigen  Verdickungen  2).  — 

Der  Geruch  der  Beissbeeren  ist  eigenthümlich,  nicht 
besonders  angenehm,  aber  auch  nicht  stark.  Der  Geschmack 


})  Die  Firma  Veiicaterohellum  in  Madras  hat  zahlreiche  Sorten 
auf  den  europ.  Weltausstellungen  exponirt. 

2)  Die  von  T.  Gage  CNew - Remedies  1879,  227)  verfasste  Be- 
schreibung der  Frucht  einer  kleineren  Capsicuia-Fonn  steht  mir 
nicht  zur  Verfügung. 


—     316    — 

ist  höchst  brennend  scharf,  beissend,  lange  andauernd;  die 
gepulverte  Frucht  reizt  beim  Riechen  zum  Niesen.  —  Die 
wirksame  Susbtanz  ist  nur  in  der  Fruchtwand  enthalten. 
Die  gereinigten  von  der  Fruchtschale  befreiten  Samen 
sind  geschmacklos.  Ueber  die  chemische  Zusammen- 
setzung der  Paprika  ist  man  noch  nicht  im  Klaren. 
Branconnot  hat  durch  Behandlung  mit  Weingeist  und 
Aether  eine  weiche  gelbe  oder  rothbraune,  heftig  brennend 
schmeckende,  chemisch  nicht  reine  Substanz  dargestellt, 
die  er  Capsicin  nannte.  Auch  Landerer  hat  dieses 
Resinoid  (harzartigen  Stoff)  beschrieben.  Eberbach 
(1860)  fand  einen  rothbraunen,  dicklich  öligen,  in  Wein- 
geist, Aether,  Benzol,  Kali  und  Ammoniak  leicht,  in  Wasser 
nicht  löslichen,  stark  brennenden  Stoff  in  den  Frucht- 
schalen, den  er  Gapsicol  nennt;  offenbar  dieselbe  ölige 
Substanz  gewann  Buchheim  1873  und  aus  diesem  Gap- 
sicol stellte  J.  C.  Tresh  (1876)  das  eigentliche  wirkende 
Princip,  das  Capsaicin  dar;  es  ist  von  einem  rothen 
Fett  begleitet  und  Capsaicin  4- Fett  betragen  20  %  des 
Perikarps.  Capsaicin  (Ca  Bn  O2)  schmilzt  bei  58.8<*  und 
erstarrt  krystallinisch ;  von  Salpetersäure  wird  es  zersetzt 
iu  strohgelber  Lösung,  Schwefelsäure  löst  es  scheinbar 
ohne  Zersetzung;  beim  Erwärmen  oder  auf  Zusatz  von 
Wasser  wird  die  Lösung  roth,  dunkelpurpurn  und  durch 
Zusatz  von  vielem  Wasser  wird  die  Substanz  wieder  ge- 
fällt. Sie  erregt  unerträgliches  Brennen  auf  der  Haut. 
Ausser  dem  Capsaicin  ist  ein  flüchtiges  Alkaloid,  dem 
Coniin  (Schierlingsgift)  ähnlich,  und  aus  dem  Perikarp 
von  Capmum  fastigiatum  ein  Stearopten  ähnlich  dem  des 
Petersüölep,  gewonnen  worden. 

Im  Kleinhandel  ist  gemahlene  Paprika  regelmässig 
mit  verschiedenen  Beimengungen  versehen.  Reine  Paprika 
enthält  die  so  charakteristisch  ausgebildeten  Zellen  der 
Aussen-  und  Innen -Fruchthaut  (Fig.  81  ee,  ii,  i'i')i  die 
Steinzellen  der  Samenoberhaut  (00),  die  dünnwandigen 
farblosen  Parenchymzellen,  noch  in  grossen  Partien  ver- 
einigt, mit  dem  theils  peripherisch,  theils  central  ge- 
lagerten rundlichen  oder  spindeligen  hochrothen  Farb- 
stoffkörpern (p),  ferner  Gefässfragmente,  Tonnen-  und 
Blasenzellen  des  Samenträgers  (ma)  und  Kelchoberhaut- 
fragmente (k).  —  Als  Verfälschungsmaterial  dienen  Mehl, 


—     317     — 

Brod,  Zieback,  Rapssamenmehl,  Mandelkleie,  Holzpulver, 
Haarlinsen-  (Leinsamen-)  Mehl,  Curcuma,  Ziegelpulver. 
Kocht  man  mit  Ziegelmehl  versetzte  Paprika  mit  Alkohol,  so 
setzt  sich  ersteres  am  Boden  des  Gefässes  ab.  —  Uebrigens 
wird  mit  pulverisirtem  Cayennepfeffer  und  Mehl  und 
Wasser  ein  Teig  angemacht,  dei^selbe  gebacken  und  ge- 
mahlen und  als  amerikanischer  Cayennepfeffer  in 
den  Handel  gebracht.  Dieses  Verfahren  ist  nicht  als 
Verfälschung  aufzufassen.  Die  Anwendung  der  Beiss- 
beeren  als  Gewürz,  zu  Mixed  pikles,  zu  englischem  Senf 
u.  8.  w.  ist  bekannt.  Der  Curry-powder  in  Hindostan 
enthält  vorzüglich  Paprika,  ebenso  das  indische  National- 
gericht Karri;  in  Afrika  heissen  die  Früchte  Tisusaten, 
in  Zanzibar  Pilpiti.  In  Südamerika  schichtet  man  die 
reifen  Früchte  abwechselnd  mit  Mehl  in  einen  Topf, 
trocknet  sie  im  Backofen,  reinigt  und  mahlt  sie  zu  Pul- 
ver; dieses  wird  hierauf  mit  Weizenmehl  und  Sauerteig 
in  einen  Teig  verwandelt,  der  zu  einem  Zwieback  ge- 
backen wird;  der  wiedergemahlene  Zwieback  wird  als 
Ingrediens  „Pepperpot"  zu  verschiedenen  Speisen  ver- 
wendet. Die  mexikanischen  Tortillas  (siehe  Mais),  ent- 
halten spanischen  Pfeffer;  bekanntlich  auch  mehrere  unga- 
rische Speisen  wie  „Galyashus,  paprika  pörkölt,  halpa- 
prikäs  (Paprika-Fisch),  paprikas-csile  (Pap.-Huhn).  Die 
unreifen,  noch  grünen,  in  Essig  wie  Gurken  eingelegten 
Früchte  kommen,  als  Pfefferoni  zu  Fleischspeisen  beliebt, 
besonders  von  Znaim  in  den  Handel.  Die  dickfleischige 
türkische  Beissbeere  schmeckt  nicht  scharf  und  wird 
als  Salat -Gemüse  (ardei  in  Rumänien)  verspeist.  Als 
Hausmittel  gegen  Wechselfieber  wird  Paprika  in  Ungarn 
allgemein  gebraucht.  —  Plinius  beschreibt  schon  spani- 
schen Pfeffer  als piperitis und siliquastrum (Schotenfrucht); 
Teophrastus  und  der  arabische  Arzt  Avicenna,  Galenus 
und  Agerius  schreiben  ihm  heilsame  Kräfte  zu.  Im  Jahre 
1494  brachte  angeblich  der  Arzt  Chanca,  der  Columbus 
auf  seiner  Amerikareise  begleitete,  den  spanischen  Pfeffer 
nach  Europa,  und  erst  1560  soll  er  in  Deutschland  be- 
kannt geworden  sein;  Clusius  hat  1585  Paprikaculturen 
T)ei  Brunn  gesehen.  Diese  Berichte  stimmen  aber  wenig 
zu  den  Nachrichten,  die  wir  von  Plinius  haben.  Doch 
hat  der  Gebrauch  des  schwarzen  Pfeffers  den  des  rothen 


—     318    — 

weitaus  überragt.  „Als  jedoch  Alphons  Daviero  rothen 
Pfeffer  aus  Guinea  nach  Portugal  brachte,  fand  dieser 
alsbald  einen  solchen  Anklang,  dass  die  portugiesische 
Regierung  sich  veranlasst  fand,  den  Arzt  Garzias  zu 
betrauen,  den  schwarzen  Pfeffer  in  einem  eigenen  Werke 
auf  Kosten  des  Concurrenten  zu  loben,  wie  schon  seiner* 
zeit  Cornelius  Bontekoe,  von  holländischen  Eaufleuteu 
bestochen,  Tabak,  Kaffee  und  Thee  als  Unviversalheil- 
mittel  anpries".  (Rodiczky).  Dodonaeus  warnte  vor 
dem  Genüsse  des  rothen  Pfeffers  mit  den  Worten:  „Ma- 
lignum  quippe  ac  venenosum  qui  obtinet,  quo  jeeinori 
aliisque  visceribus  incommodat."  Seit  der  Einfuhrung 
durch  Daviero  ist  die  Bezeichnung  „spanischer  Pfeffer'' 
aufgekommen.  Hieronymus  Bock  nennt  in  seinem  „Kräuter- 
buch" (Strassburg  1577  II.  Th.  cap.  148  p.  330),  die 
Pflanze,  die  er  in  Speier  „inn  des  Ehrwürdigen  Herren 
von  Lewensteins  Garten"  als  „schön  liebliche«  Gewächse" 
fand,  „omb  des  hitzigen  Geschmackes"  den  deutschen 
Pfeffer,  welcher  Name  gegenwärtig  ganz  verschollen 
ist.  —  Der  römisch-griechischen  Welt  sind  die  Beissbeeren 
durch  die  Araber  aus  Indien,  (im  Mittelalter)  der  west- 
europäischen Bevölkerung  durch  Spanien  aus  Amerika 
zugeführt  worden. 

18.   Mutte melken.     (Anthophylli). 

Die  Früchte  des  Gewürznelkenbaumes  (s.  „Ge- 
würznelken" S.  264)  kommen  viel  seltener  als  die  Blüthen 
in  den  Handel;  ihre  Verwendung  theilen  sie  mit  den 
letzteren.  Sie  sind  länglich  eiförmige,  schwacbbauchige, 
zum  Stiele  hin  verjüngte,  2 — 2.5  cm  lange,  6 — 8  mm  im 
Querdurchmesser  haltende  Beeren,  deren  Scheitel  von  den 
vier  starren,  aufrecht  eingebogenen  länglichen,  Hacken 
gleichenden  Kelchblättern  und  einer  in  ihrer  Mitte  den 
Griffel  tragenden  Scheibe  gekrönt  sind.  Die  Oberfläche 
ist  gelbbraun,  oder  graugelb,  fein  längsrunzelig,  raub. 
Das  Perikarp  ist  lederig  holzig,  leicht  brüchig,  0.5  mm  dick 
und  enthält  in  einem  Fache  einen  einzigen  Samen.  Der 
eiweisslose  längliche,  an  einen  dicken,  kurzen  Dt^telkern  er* 
innernde  Same  von  1.5  cm  Länge  besteht  aus  zwei  cho- 
kolade»    oder    rothbraunen    Samenlappen,    die   an  der 


—     319     — 

Berübrirngsstelle  auf  einer  Seite  eine  Längsfurche  bildeu. 
Die  Berührungsflächen  der  beiden  Cotyledonen  sind  nicht 
eben,  sondern  buchtig,  hin-  und  hergewunden  und  häufig 
hellgelb.  Jeder  Samenlappen  stellt  für  sich  einen  sehr 
unrcgelmässigen  concav-convexen,  auf  der  Concavfläche 
mit  vorstehenden  Randbuckeln  und  eiiiabenen  Streifen 
ausgezeichneten,  schildförmigen  holzigharten  Körper  dar. 
Die  Samenlappen  sind  einem  im  Centrum  verlaufenden, 
geraden,  nach  oben  gebogenen,  5 — 6  mm  langen  Würzel- 
chen angewachsen. 

Die  Muttemelken  riechen  weit  schwächer  als  die 
Gewürznelken,  die  Samenlappen  fast  wie  Kamillen.  Die 
Innenfläche  des  Perikarps  zeigt,  mit  der  Lupe  betrachtet, 
einzelne  hell^änzende  sehr  dünne  Krystallplättchen,  die 
BoUaert  als  kryst.  Benzoesäure  ansieht.  Im  Perikarp, 
das  aus  einem  schlaffai  Parenchym  gebildet  ist,  liegen 
nahe  der  dünnen  Epidermis  zwei  Reihen  von  Oelbehältern, 
auf  der  Innenseite  ein  Kreis  von  Gefässbündeln.  Das 
Parenchym  der  Samenlappen  setzt  sich  aus  dünn- 
wandigen polyedrischen  Zellen  und  grösseren,  der  Aussen- 
seite  nahe  liegenden  Oelbehältern  zusammen  und  enthält 
elliptische  oder  eiförmige  Stärkekörner  von  0.03  mm  Länge, 
die  in  eine  körnige  Protein- Substanz  eingebettet  sind, 
ferner  zahlreiche  Krystalldrusen  von  oxalsaurem  Kalk. 


D.   Die  Spaltfrüchte  der  Doldenblüthler. 

Die  botanisch  gut  abgegrenzte  Familie  der  Dolden- 
blüthler {UmbelUferce)  vereinigt  in  sich  zahlreiche  Pflanzen, 
deren  Wurzel,  Rhizome  oder  Früchte  für  den  Haushalt 
des  Menschen  besonderen  Werth  besitzen.  Viele  ümbelli- 
feren  sind  durch  den  Gehalt  eines  scharfen  Giftes  aus- 
gezeichnet (Hundspetersilie,  Wasserschierling),  der  Milch- 
saft anderer  Arten  ist  in  der  Heilkunde  und  Technik 
längst  als  brauchbar  bekannt  {Asafcedday  Ammoniakgummi), 
viele  Umbelliferen-Wurzeln  und  Rhizome  bieten  uns  be- 
kannte Gemüse  (Möhre,  Pastinak,  Petersilie,  Sellerie),  die 
Früchte  zahlreicher  Arten  endlich  enthalten  gewürzhaft 
riechende  und  ebenso  schmeckende  Oele  und  ihre  Ver- 
wendung ist  eine  gewaltige. 


—     SÜO     — 

Die  Spaltfrucht*)  der  Umbelliferen  entwickelt  sich 
aus  einem  zweifächerigen  Fruchtknoten,  der  am  Scheitel 
auf  zwei  sogenannten  Griffelpolstern  zwei  auswärts  ge- 
bogene kurze  Griffel  trägt.  Die  zwei  Fächer  trennen 
sich  bei  der  Reife  von  unten  nach  oben  in  zwei  einsamige 
Theilfrtichte  (Merikarpien,  „Früchtchen"),  und  sind 
meistens  noch  an  einem  in  zwei  Theile  sich  spaltenden, 
fadenförmigen,  zwischen  ihnen  gelegenen  Fruchtträger 
befestigt.  Der  ebenen  oder  concaven  Berührungsfläche 
jeder  Theilfrucht  liegt  eine  convexe  Rückenfläche  gegen- 
über, an  der  meist  fünf  hervorragende  Längsstreifen  als 
Hauptrippen,  die  dazwischen  liegenden  Partien  als 
Thälchen,  oder  wenn  diese  auch  mit  erhabenen  Längs- 
streifen versehen  sind,  als  vier  Nebenrippen  unter- 
schieden werden;  in  dem  den  Thälchen  entsprechenden 
Gewebe  verlaufen  schmale  mit  Oel  gefüllte  Intercellular- 
räume,  die  auch  aussen  als  Oelgänge  oder  Oelstrie- 
men  sichtbar  sind.  Der  Same  enthält  ein  knorpeliges 
reichliches  Endosperm  und  einen  axial  gelegenen  kleinen 
Embryo.     (Fig.  82,  A.  B.) 


Fig. 


Vt  _ 

^^Ss^Til 

A 

^1 

1* 

" 

H/ft 

CK] 

[* 

ife-i 


Kttmmel  (Carum  CarVi).  —  A.  DI«  Si^altfrnobt  ron  der  Seite  gesehfia,  iMaoh 
Yergr.  B.  Dieselbe  im  JJängadurohflclmitte.  C.  Qaerdnrohnittsfläche  derselben. 
D.  Segment  aus  derselben.  — B^^ion  der  Rttckenrippe  65  fach  vergr.  k  Haupt- 
rippen ,  m  Oelstriemen ,  n  BeTAbmAgsfläohe,  t  Samenhant.  —  8.  Innenoiweias. 
3,  Embryo,  (nach  Berg.) 


^)  Verorl.  Tiuepssen  Medicin.-pharm.  Botanik  II  p.  754  if. 


—    831     — 


19.  EümmeL 


Der  Kümmel,  darum  Carvi  L.j  ist  eine  in  fast  ganz 
Europa  und  Asien  gemeine  Wiesenpflanze,  die  besonders  in 
Mähren,  um  Halle,  in  Thüringen,  Holland  und  Rusdand 
gebaut  wird.  Die  Pflanze  besitzt  einen  0.3 — 1  m  hohen 
von  der  Wurzel  aus  ästigen,  gerieften  Stengel,  doppelt- 
gefiederte Blätter,  in  hüllen-  und  hüllchenlosen  Dolden 
stehende  kleine  weisse  Blüthen  mit  fünf  Staubgefässen 
und  einem  zweifächerigen  Fruchtknoten. 

In  den  Preislisten  werden  gewöhnlich  folgende  Sorten 
notirt: 

1)  Holländischer  Kümmel, 

2)  Halle'scher  Kümmel,  dazu  auch  die  Thüringische 
Waare, 

3)  Mährischer  Kümmel, 

4)  Nordischer  und  russischer  Kümmel. 

Der  Kümmelanbau  gilt  als  sehr  einträglich;  die  Arbeit 
ist  ziemlich  einfach;  das  Einsammeln  erfolgt  dann,  wenn 
die  obersten  Früchte  reif  geworden,  da  sie  sonst  leicht 
abfallen.  Man  zi^t  dann  die  Pflanzen  vorsichtig  aüs^ 
und  schüttelt  sie  über  einem  ausgespannten  Tuche,  wo- 
durch die  reifsten  und  vollkommenen  Früchte  al>£alle& 
(Primawaare).  Hierauf  werden  die  in  Bündel  gebundenen 
Pflanzen  der  Sonnenwärme  zum  Naclureifen  ausgesetzt 
and  die  trocknen  Früchte  durch  Dreschen  gewonnen. 

Die  Frucht  (Fig.  82  A,  Kümmel,  öst  „Kimm^, 
Garwi,  Caraway,  Karwij,  Kommen,  Kummin)  zerfällt  bei 
der  Bei£B  in  ihre  TheilMchte,  so  dass  die  Waare  nur 
aus  den  letzteren  besteht  Die  Theüfrüchte  sind  4 — 5  mm 
lang,  1  mm  stark,  sichelförmig  gebogen,  im  Querschnitte 
fast  regelmässig  fünfeckig  (Fig.  &ji  e),  nach  beiden  Enden 
verjüngt,  mit  convexem  Rücken  und  concaverBerührung&- 
fläehe.  Zwischen  den  stroh-  oder  wdssgeiben,  wenig 
vortretenden  schmalen,  stumpfen  Hanptripi»n  (Fig.  83 
C,  k)  liegen  vier  doppelt  so  breite,  dunkelbraune, 
glänzende  Thälchen  mit  je  einem  erhabenen  Oelstriemen 
(C,  m,  m);  zwei  Oelstriemen  liegen  auch  auf  der  Be* 
rührungsnäche.  —  Die  dünne  iVuchtwand   besteht  aus 

H»B»asek,  Nahmngs- u.  GenuBsmittel ». d.  Pftftnsenreioh.  21 


—    382    — 

einem  kleinzelligen  Parenchym;  die  Zellen  sind  tangential 
gestreckt (D)  zusammengefallen,  nicht  verdickt;  die  Samen- 
haut zeigt  dunkelbraune  Zellen.  Die  Oelstriemen  (mm) 
sind  im  Querschnitte  elliptisch  oder  fast  dreiseitig  und 
treten ,  da  sie  nur  voü  der  sehcr  dünnen  Fruchtsdiicht 
überdeckt  sind,  etwas  heryor;  sie  sind  mit  blassgelbem 
Oele  angefüllt.  DasEiweiss  setzt  sich  aus  kleinen  poly- 
edrischen,  dünnwandigen  mit  Fett  und  Aleüronkörnem 
strotzend  anjgefüllten  Parenchymzellen  zusammen. 

'  Kümmel  besitzt  einen  schwachen,  aromatischen  Ge- 
ruch und  einen  scharfen,  fest  beissend  gewürzhafken  €re- 
schmack;  in  jdunkler  (wenig  geschätzter)  Waare  ist  der 
Geschmack  weit  schwächer. 


Er  besteht 

aus: 

1 

J 

ii 

CA 

'S 

II 

Walter. 
Stiekitoff- 

8) 

i 

•» 

p 

i 

.  S 

J.23    19.43 

1.74 

17.30 

8.U 

18.20 

22.41 

6.55 

Das  ätherische  Kümmelöl  (1.74—3,5  ^o  ^)  ist  farblos 
oder  hlassgelb^  dünnflüssig,  brenn^d  u.  bitterschmeckend 
und  enthält  einen  Kohlenwasserstoff  Carven  und  das 
sauerstoffhaltige  GarvoL  Die  Bückstände  bei  der 
Kümmelfabrikation  enthalten  22.95  Stickstoffsubstanz, 
lB.e9  Fett,  37.79  stickstofffreie  a;offe,  15.71  Holzfaser  und 
7.86  Asche.  Für  die  Oelgewinmtng  ist  der  holländische 
Kiimmel  weit  rentabler,  als  der  Hallesdie.  Die  Verwen- 
dung des  Kümmds  als  Gewürz  zu  Brod  und  Fleisch,;de8 
äth.  Oeles  zur  Liqueurfabrikation  (Allasch)  ist  geradezu 
grossarög.  Deutschland;  führte  1880  1 153  100  kg,  1881 
i  171 400  kg  ein. 

Kümmel  ist  erst  .im  Mittelalter  in  Gebrauch  ge- 
feMumen^  ob.  die  Bömer  ihn  kannten,  ist  wohl  zweifele 
haft,  da  wahrsdieinUeh  äre  „carische^'  Frucht  (xa^ög^ 
[Karos],  lat.  careum)  unseren  Fenchel  begreift  m  ara^ 
bischen  Schriften  des  12.  Jidirhun^erts  heisst  er  „Karawya"» 


'  '    *yNäch  älteren   Angaben  sogar  5 — 9%.     Es  scheint,   dass 
-nordischer  Künimel  übenianpt  dlreicfaer  ist. 


—   a23  — 

2(X  Bömisoher  KüBxmel. 
(Muiterkümm^l,  Ejreiizkümme^,  FraoiiuB  Cuniitu.) 

Die  Früchte  der  in  Nordafrika  einhehnischen  und 
ia  den  Mittelme^ländem  ouUiTirten  Umbellifere  öummwn 
Oyminum  X.,  werden  voraügUch  tos  Siciheii,  Malta  und  Ma- 
rokko (über  Mogador)  amgeführt.  Bei  uns  irerden  sie 
nnr  selten  als  Gewürz  gebraudit 

Mutterjcümmel  zerfiHt  nioht  in  seine  Theilfrüehte 
nndist  sehr  leicht  durch  die  feinen,  kurzen,  spröden,  meist 
abgebrochenen  Borsten  zu  erkennen,  die  auf  den  fünf  faden- 
förmigen Haupt-  und  den  vier  breiten  Nebenrippen  sitzen. 
Die  Rippen  sind  grünlichgelb,  die  stark  concave  Berüh- 
rungsfläche dunkler.  Der  Querschnitt  ist  nierenförmig. 
Die  Fruohthaut  löst  sich  mit  den  grossen,  querelliptisohen 
Oelgängen  leicht  los,  duhev  auch  freie  Samen  in  der 
W«wxe  vorkommen.  Geruch  und  Geschmack  sind  eigen- 
thümlich,  fast  unangenehm.  Das  ätherische  Oel  (3  %) 
enthält  Cy  m  ol  (farbloser,  campherartig  riechender  Eohlen- 
wasserstoflf,  auch  im  Wasserschierling  und  Thymian  ent- 
halten) und  Cuminol  (mach  Kümmel  riechendes,  scharf 
und  brennend  schmeckendes  Oel.) 

21.   FencheL 
a.  Deutscher  oder  gemeiner /Fenchel. 

Auf  steinigem,  kalkigem  Boden  des  westlichen -und 
südlichen  Europa,  Nordafrika  und  im  Kaukasus  -wächst 
das  ausdauernde  Fenchelkraut,  Fomicuhim  officmaU  AlL 
{Gaerin.)^  {Fcmiculum  vulgare  Gerardß).Yiild.  In  Württemberg^ 
Franken,  Sadisen  und  GaUzien  airird  Fenchel  im  Grossen 
geballt, 

Diie  länglichen,  oyUndriichen  Früchte  der  oultitirten 
Pflanze  zerfallen  leicht  in  die  Merikarpien«  Diese  sind 
von  einem  Stempelpolster  gekrönt,  5 — 8  mm  lang;  die 
Breite  der  schwach  coneaven  oder  fast  ebenen  Berührungs- 

21» 


—    «34    — 

fliiche  beträgt  1«5 — 2  mm.  Die  fünf  Hauptrippen  smd  stroh- 
gelb, die  zwei  randständigen  fast  flügeL^ff  Tortretend, 
und  von  den  drei  ibrigen  sd^wäeberen  und  stumpferen 
Rippen  weiter  abstehend,  während  diese  nahe  aneinander 
liegen.  Die  Tbälehen  smd  donfcelgrni  od^  braun  und 
enuialten  je  einen  Oelgang.  Der  Querschnitt  der  Früchte 
chen  sieht  einem  Trapeze  ähnlich,  der  der  Oelgänge  ist 
elliptisch  (Längsaxe  des  Querschnittes  0.3  mm).  Die 
Fruchtwand  besteht  aus  Daserigen,  mit  sdiön^i  Neta- 
Verdickungen  yersdienen,  sdimalen  Zellen;  braune  Zellen 
umranden  die  Oelgänge.  —  Gerudi  und  Gesdmiadc  des 
Fenchels  ist  sehr  angenehm  aromatisch,  anisahnlich, 
letzterer  süssUdL  Der  Waare  sind  häufig  die  Früchte 
des  römischai  Fenchels  beigemengt  Fenchel  enthält 
3%  Fenchelöl  (mit  Aniscampher),  2^/«  Zucker  und  13% 
fettes  Oel. 

Beine,  ndttdst  Kämmen  Ton  den  Stielen  befreite 
Waare  bildet  den  Kammfenchel;  die  gewöhnliche  Sorte 
heist  Strohfenchel.  Im  übrigen  unterscheidet  man  die 
Sorten  nach  den  Productionsländem;  für  Deutschland 
imd  Oesterreich  ist  sächsischer  und  galizischer  der 
wichtigste. 

b.  Komlacher  Ttncbml. 

Römischer,  kretischer  oder  süsser  Fenchel, 
von  der  einjährigen  (oder  ausdauernden?)  ümbeäd/ere  Fcad- 
cubm  dulce  DC.  (f.  o/ßcmaU  Mirat  ei  Lmt)^  wahrscheinlich 
nur  einer  Varietät  der  gemeinen  Fenchelpflanze,  stammend, 
kommt  aus  dem  südlichen  Europa  zu  uns.  Die  Früchte, 
durch  Grösse  und  Bippenform  sehr  ausgezeichnet,  messen 
8 — 14  mm  in  der  Länge,  sind  cylindrisdi  oder  prekrümmt, 
Tom  Sten^lpolster  gekrönt  und  zerfallen  weniger  leicht 
in  die  sichelförmig  gekrümmten  Theilfrüdte;  zumeist 
ist  noch  der  8 — 13  mm  lange  Fruchtstiel  an  der  Frucht 
befestigt  Die  BerÜhrnngssteUen  sind  fast  eben  und  3  bis 
4  mm  breit.  Alle  fünf  Bippen  sind  strohgelb  und  stehen 
flügelartig  hervor,  die  randständigen  von  den  übrigen 
wieder  weiter  entfernt  und  weit  breiter;  an  ihrer  Bliais 
sind:  die  Rippen  so  aneinander  gerückt,  dass  für  die 
Thälchen  nur  sehr  schmale  Räume  übrig  bleiben   und 


ctem  Entsprechend  auch  die  Oelgftnge  schwaeher  ent* 
wickelt  sein  müsi^^.  —  Die  ganze  Mittelfidiichte  der 
IVircht  besteht  ans  grossen,  netsfSrmig  yerdickten,  nind- 
lich<^ckigen  Zellen. 

Fenchd  ist  ein  beliebtes  zu  Brod  und  Backwerk  ver- 
wendetes Oewürz;  das  fttherisohe  Oel  wird  in  derLiquenr- 
fabrikation  verwendet 


aa.  Anis. 

Die  Anispflanze,  Pmpmelkt  Ankam  L.^  in  Kleina^en 
und  Aegypten  einheimisch,  wird  in  Bussland,  Deutsch- 
land, Italien  und  Frankreich,  Spanien,  in  Südamerika  und 
Bidien  im  Grossen  gebaut  Die  zahlreichen  Sorten  va- 
riiren  stark  in  Grösse  und  Farbe. 

Die  von  dem  Stempelpolster  und  zwei  kleinen  Griffeln 
gekrönten  Früchte  sind  rundlich  ei-,  fast  bimformig, 
mitunter  ein  wenig  vom  Rücken  her  zusammengedrüekt, 
graugrün  oder  graugelb,  3—4  mm  lang,  und  zerfallen 
nicht  in  ihre  Theilfrüchte.  Die  Hauptrippen  sind 
feine,  nur  schwach  vorstehende,  durch  hellere  Farbe  leicht 
erkennbare  Streifen;  die  Berührungsfläche  ist  eben  und 
enthält,  wie  die  flachen  Thälchen,  mehrere  Oelstriemen; 
in  je  einem  Thälchen  liegen  3  —  6  Oelstriemen.  Die  ganze 
Frucht  ist  von  kurzen,  angedrückten  Borsten  rauh.  Der 
Querschnitt  des  Friichtchens  ist  flach  nieren-  oder  halb- 
b*eisformig.  —  Die  Oberhautzellen  bilden  zahlreiche  ge- 
krümmte, stumpfe  Haare;  die  tangential  gestreckten 
Zellen  der  Mittelschichte  sind  nicht  netzförmig  verdickt; 
die  Oelbehälterim  Querschnitte  sehr  flach  elliptisch,  seit- 
lieh oft  zusammenfliessend,  ihr  Epithel  braunwandig.  ^- 
Die  chemische  Zusammensetzung  des  Anis  erhellt  aus 
folgenden  Zahlen.  (König): 


' 

%§ 

■€ 

^ 

% 

•§ 

J«' 

1 

•« 

t 

1 

P  1  1 

11.42 

lelai 

1.92 

8.36 

8.89 

23.96  25.23  8.91 

—    326    — 

nach  anderen  Angaben  3^.38  fettes  Oel,  ^.65  Soblehn^ 
Zucker,  6.5  Gummi,  S2.85  Holzfasser,  28.0  Wasser*  -— 
Geruch  und  Geschmack  des  Anis  sind  eigenthümlich  fein 
gewürzhaft,  süss.  Das  ätherische  Oel  besteht  gröstten-* 
theils  aus  A nethol  (Aniscampher);  in  grösseren  M<»igen 
wird  es  nur  aus  sehr  unreiner  Waare  dargestellt  und 
die  Rückstände  enthalten  19,55  Stickstoffsubst.,  19.10  Fett, 
36.83  stickstofffreie  Subst,  11.60  Faser  und  15.92  Asche. 
Im  Handel  erscheint  Anis  niemals  rein  und  es  mag 
wohl  kaum  eine  Waare  geben,  den  Badeschwamm  aus- 
genommen, die  so  wie  Anis  geradezu  mit  Sorgfalt  mit 
den  verschiedensten  Dingen  vermischt  und  zum  Gebrauche 
unfähig  gemacht  wird.  Immer  findet  man  erstaunlidae 
Quantitäten  von  Doldenstückchen,  Steinchen  und  Erde 
den  Früchten  beigemengt.  Die  sogenannte  Aniserde 
wird  nach  Campe  in  der  Nähe  von  Wischau  und.  Raus- 
nitz  in  Mähren  in  Form  kleiner,  thonhaltiger  Körner 
(von  Regenwürmern  herrührend)  gesammelt  und  an  Dro- 
guisten  verkauft  Den  Früchten  hängt  wohl  selbst  auch 
Erde  an,  die  aber  nicht  über  1  %  betragen  darf.  Zur 
Bestimmung  der  Erdmenge  legt  man  die  fragliche  Waare 
in  gesättigte  Kochsalzlösung,  die  Früchte  werden  oben  auf 
schwimmen,  die  mineralischen  Theile  zu  Boden  fallen. 
Auch  seines  Oeles  durch  Destillation  beraubter  Anis  wird 
unter  frische  Waare  gemischt;  solche  Früchte  sehen 
missfarbig,  geschrumpft,  nie  voll  und  rundlich  aus,  — ^  Mit 
den  giftigen  Ersuchten  des  gefleckten  Schierlings,  Co- 
nnm  maculatum  L.,  soll  besonders  in  Bussland  und  Holland 
Anis  verfälscht  werden.  Nach  den  Untersuchungen  von 
Poehl  sind  morphologische  ünterschiedsmerkmale  der 
Schierlings-  und  Anisfrucht  nur  schwer  aufzufinden.- 
Betupft  man  die  gewöhnlich  nicht  behaarten  Schierlings- 
früchte mit  Kalilauge,  so  entwickelt  sich  der  dieser  Pflanze 
eigenthümliche  Mäusegeruch;  ihre  Mittelsdiichtzellen 
enthaltiBn  Stärkekörner,  die  innere  Fruchthaut  in  den  im 
Querschnitt  quadratischen,  ziemlich  weiten  Zellen  eine 
farblose,  ölige,  an  der  Luft  sich  bräunende,  durch  Chlor- 
zinkjod hellgelb,  durch  Millons  Reagens  rothbraun,  durch 
Kali  goldgelb  sich  färbende  Flüssigkeit,  die  wahrschein- 
lich das  Schierlingsalkaloid  Coniin  darstellt.  Am 
verlässlichsteh  ist  der  Nachweis  des  Coniin  selbst.   Man 


—    337    — 

extrahärt  mit  Aether,  Behüttelt  diesen  Auszug  mit  B,n^ 
gesäuertem  Wasser  aus,  macht  die  filtrirte  wässrige 
Lösung  alkaliscli  und  schüttelt  sie  mit  Aether  aus.  Ein 
in  diesem  Aether  eingetauchtes  Stück  Papier  lässt  nach 
dem  Abdunsten  des  Aethers  den  Goniingeruch  deutlich 
wahrnehmen. 

Anis  gehört  zu  den  beliebtesten  Baekwerkgewürzen; 
sein  äth.  Oel  dient  zur  Liqueur&brikation.  Als  Sorten 
werden  russischer,  deutscher  (thüringischer,  Bam- 
berger), französischer,  spanischer,  levantini  scher 
und  italienischer  Anis  (beste  Sorte)  angeführt.  Die 
Einfuhr  des  Anis  nach  Deutschland  aus  ßussland  be- 
trug 1881:  764000  kg,  1880;  506  200  kg. 

Den  Bewohnern  der  Mittelmeerländer  und  Vorder- 
asiens war  Anis  seit  den  ältesten  Zeiten  bekannt;  nach 
Deutschland  kam  er  wahrscheinlich  erst  zur  Zeit  Karls 
des  Grossen  und  etwas  später  nach  England. 


23.  Coriander. 

Coriandrum  satmm  L,^  eine  einjährige  Doldenpflanze, 
gedeiht  im  ganzen  gemässigten  Asien  und  wird  im  Mittel- 
meergebiet, in  Holland,  Deutschland,  Frankreich  etc.  ange- 
baut. Die  Früchte  (Coriander,  im  Volksmunde  „Goleander") 
weichen  in  ihrer  Form  ^nzlich  von  den  beschriebenen 
Doldenfrüchten  ab.  Sie  stellen  ziemlich]regelmässige,  mit- 
unter etwas  gestreckte,  4 — 5  mm  im  Durchmesser  hal- 
tende, stiellose  Kügelchen  ron  hellbrauner,  grünlich- 
brauner, selbst  strohgelber  Farbe  dar,  die  von  ninf  sehr 
kleinen,  nicht  gleich  gross  entwickelten  Kelchzähnchen 
und  von  einem  geraden,  kegelförmigen  Stempelpolster 
und  2  Griffeln  gekrönt  sind.  Nur  durch  entsprechend 
starken,  seitlichen.  Druck  zerfallen  sie  in  die  zwei  con- 
cav-convexen  (förmlich  ausgehöhlten)  Theilfrüchtchen. 
Die  Theilfrüchte  besitze«!  vier  gerade  laufende,  hellere, 
und  daher  weit  auffalligere  Nebenrippen,  und  am 
Ra&de  der  Berührungsfläche  nodi  die  Hälften  je  einer 
Nebenrippe,  sodass  die  vollständige  Frucht  im  Ganzen 
10  Kebennri^pen  besitzt,  von  denen  zwei  gegenüberlieg/and^ 
durch  die  Berührungsfläche  halbirt  werden!     Zwischen 


~    338    ^ 

d^n  Nebenrippen  befinden  sich  f  ünf  gesohlängo}!^  vfeit 
Bdbiwächere,  alsHauptrippen  bezeichnete  Erh2Üi)enheiten. 
Auch  die  Trennungslinie  der  Früchtchen,  d.  h.  der  Eaud 
der  Berührungsfläche,  verläuft  schwach  wellenförmig  vnd 
ist  durch  die  oben  beschriebenen  fünften  Nebenrippen 
an  der  unverletzten  Frucht  auch  aussen  kenntlich.  Der 
von  den  beiden  Theilfrüchten  eingescMossene,  linsen* 
förmige  Hohlraum  enthält  den  pur  an  der  Basis  und  bjb 
Scheitel  mit  dem  Fruchtgehäuse  verwachsenen,  sonst  freien 
Fruchtträger,  der  daher  mit  dem  Fruchtstiele  leicht  ausfallt. 
Auf  der  concaven  Seite  (Beri^hrungsfläche)  hebt  sich  die 
Fruchthaut  etwas  von  der  Samenschale  ab  und  umschliei^t 
zwei  dunkelbraune  Oelgänge.  Unter  den  Nebenr.ippen, 
deren  Lage  den  Thälchen  entspricht,  giebt  es  keine  Oel- 
Striemen.  —  Im  Quer-  und  Längsschnitte  ist  die  Theil* 
frucht  und  somit  auch  das  Sameneiweiss  halbmondförmig. 
Die  morphologischen  Merkmale  sind  sehr  charakteristisch« 
Unter  der  farblosen  Oberhaut  liegt  zunächst  eine  dünne 
Schichte  von  zarten  Parenchymzellen ;  dieser  folgt  ein 
breiter  Bing  aus  stark  verdickten,  fein  porösen,  aber 
kurzen  bastfaserartigen  Elementen^  die  gewöhnlich  nach 
der  Längsaxe  orientirt  sind,  in  den  Hauptrippen  aber  alle 
möglichen  Lagen  einnehmen.  Die  lockere  Parenchym- 
Schicht  schliesst  die  Fruchthaut  gegen  die  braune,  ein- 
fache Samenhaut  ab.  Die  beiden  einzigen  Oelgänge 
messen  im  Querschnitte  0.5  mm.  —  Geruch  und  Ge- 
schmack des  Gorianders  sind  eigenthümlich  gewürzhafi, 
letzterer  oft  scharf;  frische  und  unreife  (kleine,  schwärz- 
liche, unregelmässige)  Früchte  riechen  stark  nach  Wanzen, 
wie  man  sich  oft  beim  Genuss  von  mit  Cpriander.  be- 
streutem Brode  überzeugen  kann.  Uebrigens  hat  die 
Pflanze  selbst  einen  kräftigen  Wanzengeruch.  Coriander 
besteht  aus: 


it 

II 

9m  U 

1    II 

i     1- 

1 

1   i 

11.42    10.94 

19.13    0.25 

0.10 

22.86 

30.62  4.68 

Das  ätherische  Gel  (Ö.25— 1.5  %)  hat  dieselbe  Zu- 
sammensetzung, wie  das  im  Campher  enthaltene  Bomeol. 


^    329    ^ 

Wegen  der  gut  geschüttten  Oelgänge  mässen  die  Früchte 
mr  Destülation  des  Oeles  zerUeinert  werden.  Die  De* 
stillationsräckstände  enthalten  37.0  Wasser,  11.60  Stidc- 
stoffsubst.,  11.30  Fett,  21.13  stickstofffreie  Subst.,  13.92 
Holzfaser,  4.95  Asche. 

Coriander,  schon  im  Alterthum  angewendet,  ist  ein 
beliebtes  Gewürz  und  wird  dem  firod,  verschiedenen 
Fleischspeisen  und  Würsten  zugesetzt 


24.  Dillfrüchte. 

Die  Früchte  des  Dills  oder  Gurkenkrautes  (An^ 
thum  grawolenä  L.)  werden  nebst  der  Pflanze  zum  Würzen 
eingelegter  Gurken  und  auch  sonst  als  Brodzusatz  und 
in  der  Küche  verwendet.  Vollständige  Früchte  sind 
breitelliptisch,  stumpf  (am  Scheitel  abgerundet),  stark 
plattgedrückt,  4 — 5  mm  lang,  3  mm  breit  und  1 — 1.5  mm 
lück;  sie  zerfallen  ziemlich  leicht  in  die  Theilfrüchtchen. 
Die  Theilfrucht  besitzt  drei  mittlere,  enge  nebeneinander 
parallellaufende,  fadenartige,  ein  wenig  scharf  gekielte, 
strohgelbe  und  zwei  viel  weiter  entfernte,  lichtgelbe  oder 
braune  Hauptrippen.  Die  beiden  letzteren  gehen  in  1  cm 
breite,  braune  Flügelränder  über.  Zwischen  diesen  liegen 
vier  schwarzbraune  Thälchen  mit  je  einem  Oelgänge;  zwei 
Oelgänge  befinden  sich  auch  auf  der  Berührungsfläche. 
Der  Querschnitt  der  Theilfrucht  ist  ein  sehr  flaches  Tra- 
pez oder  Dreieck;  im  anatomischen  Bau  stimmen  die 
Dillfrüchte  mit  dem  Kümmel  überein.  Sie  riechen  und 
schmecken  säuerlich  gewürzhaft,  etwas  an  Kümmel  er- 
innernd und  enätalten  1.71  %  äüi.  Oel.  (3.6  kg  Früchte 
ergeben  60  g  äth.  Oel.)  Dill  stammt  aus  dem  Oriente  und 
wird  in  Gärten  angebaut 


Anhang.    Hopfen. 

Weom  i^uch  der  Hopfen  nicht  zu  ^w  echten  Ge-^ 
würzen  gerechnet  wird,  da  seine  Verwendung  bekannt? 
lieh  in  der  Bierbrauerei,  freilich  in  grossartigem  Maass- 


—    330    — 

Stabe,  erfolgt,  so  kann  er  doch  dieser  Gruppe  anhangs* 
weise  angereiht  werden,  weil  seine  wirksamen  Substanzen 
äth^sches  Oel  und  Harz  sind,  also  Stoffe,  welche  den 
in  diesem  Abschnitte  besprochenen  PflanzenkÖrpern  d^a 
Charakter  der  Gewürze  verleihen. 

Die  Hopfenpflanze  {Humulus Lupukts  L.^CannabinecB^ 
Hanfartige  Gewächse)  wächst  wild  auf  humusreichen, 
feuchten  Orten,  an  Zäunen,  Hecken,  Bachufern,  im  mitt- 
leren und  nördlichen  Europa,  wurde  aber  schon  längst 
den  Culturbedingungen  unterworfen  und  hat  in  der  Cultur 
zahlreiche  Formen  gebildet,  die  von  sehr  verschiedenen 
Gesichtspunkten  aus  in  bestimmte  Gruppen  gebracht  wor- 
den sind.  Hauptsächlich  unterscheidet  man  nach  der 
Farbe  der  Blüthenkätzchen  „grünen  und  r othen** Hopfen, 
—  Der  Hopfenstrauch  ist  zweihäusig.  Die  männliche 
Pflanze  ist  nicht  Object  der  Cultur,  nur  die  weibliche, 
deren  Blüthenkätzchen  zu  Fruchtzapfen  heranwachsen, 
die  die  Handelswaare  darstellen. 

Die  ovalen,  hängenden  Fruchtzapfen  („Hopfen- 
dolden") setzen  sich  aus  breiteiförmigen,  stumpfen,  gelb- 
lichgrünen oder  röthlichbraunen,  ziegeldachförmig  ge- 
stellten, meist  drüsenlosen  Deckblättern  zusammen.  Auf 
der  Innenseite  eines  jeden  Deckblattes,  an  dessen  Grunde 
sitzen  nebeneinander  zwei  gestielte,  häutige,  mit  einem 
Bande  weit  nach  innen  eingeschlagene,  eilängliche  Deck- 
blättchen, welche  die  noch  von  einem  glockenförmigen 
Perigon  umschlossene  Nüsschenfrucht  einhüllen.  Deck- 
blättchen und  Perigon  sind  vorzüglich  an  der  Basis 
dicht  mit  gelben  oder  orangefarbigen  nur  locker  hafken" 
den  Harzdrüsen  besetzt,  llittelst  Sieben  werden  letztere 
aus  den  Zapfen  ausgeschüttelt  und  bilden  das  Hopfen- 
mehl oder  Lupulin,  eine  bekanntlich  in  der  Medizin  - 
verwendete  Droge.  Diesen  Drüsen  verdankt  der  Hopfen 
seine  Anwendung  als  Bier  -  Ingredienz.  —  Die  Deck- 
blätter*) des  Fruchtzapfens  besitzen  kurze,  stark  wellig- 
buchtige  Oberhautzellen  und  zahlreiche,  einzellige  imd 
dünnwandige  Haare.  Die  Oberhaut  deckt  ein  zwisohen- 
zellraumreiches  Parenchym,  dessen  zartwandige  Zellen 
C^itorophyll  und    eine    feinkörnige   Substanz    enthalten. 


*)  Wiesner,  Robttoffe,  p.  781. 


—    331     — 

Di©  Gefassbündel  fuhren   dünnwandige  Hokzellen   und 
^l^llbare  Spiralgefösse. 

Die  ausgewachsenen  Drüsen  (Fig.  83,  1—4)  stellen 
^^nthümlfche  hut-  oder  pilzförmige  Säckchen  von  0.19 
bis  0:23  mm  Länge  vor,  die  vielfach   faltig  zerknittert 

Fig.  83. 


19opfendrüse,n.    1<^4 ▼ollkommen  ausgewachsen,  1—3  von  der  Seite,  4  ron 

iinten  gesehen,  6  sehr  jngendliohe,  6  nahezu  ausgewachsene   Drüse  (halb- 

«chematisch)  im  senkrechten  Durchschnitte,     s  Scheihensellen ,  o  Cutioular- 

schlauch,  st  Drtlsenstielsellen,  1  Secretionsraum. 

und  eingeschrumpft  sind  und  Hopfenharz  etc.  enthalten. 
Die  eine  Hälfte  dieser  durch  eine  mehr  oder  weniger  scharf 
hervortretende  Kreis-Kante  in  zwei  Ä^bschnitte  getheilten 
Organe  ist  aufgewölbt  und  innen  von  kleinen  Tafelzellen 
(s)  ausgekleidet^  die  diesem  Abschnitte  das  zellige  Aus- 
sehen verleihen.  Der  andere  (scheinbar)  stielförpiige 
Theil  (c),  der  aber  thatsächlich  dem  Scheitel  der  Drüse 
entspricht,  ist  blasig  aufgehoben,-  glatt,  oder  auch  mit 
zelliger  Textur  ausgestattet,  die  aber  nur  durch  Abdruck 
der  Tafelzellen  des  unteren  Abschnittes  entstanden  ist; 
dieser  Theil  ist  eine  reine  Cuticula. 

Zur  näheren  Eriäuterung  dieser  Körper  möge  eine 
kurze  Angabe  der  Entwicklungsgeschichte  hier  folgen» 
Aus  einer  papillös  sich  erhebenden  Epidermiszelle  ent« 
stdben  durch  Theilung  nach  und  nach  die  Scheibenzellen 
(Fig«  83/5^  s  und  6,  s)  und  die  Stielzellen  (st).  Die 
Sdieibenzellen  bilden  allmählich  einen  K^^f  und  sind  von 


—    332    — 

einer  gemeinschaftliclieii  Guticola  tiberdeckt;  2idBc]ie& 
dieser  und  den  Zellen  beginnt  sich  frühzeitig  (fi,  i),  äasA 
Drüsensecret  anfzuspeichem,  das  nun  die  Catioiila  von 
den  Zellen  abhebt  und  blasig  auftreibt  (6,  i),  ja  sogar 
dieselbe  am  Bande  aufzureissen  und  dann  auszuteet^i 
vermag;  es  wird  sonach  begreiflich,  warum  der  glatte, 
stielartige  Theil  der  Drusen  ihrem  Scheitel  entspricht. 
Jugendliche  Entwicklungsformen  finden  sich  fast  immer 
im  Hopfen. 

Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  sind  zahl- 
reiche Untersuchungen  angestellt  worden,  die  aber  nicM 
übereinstimmende  Besultate  ergaben,  da  die  untersuchten 
Hopfenarten  verschiedenen  Culturgebieten  entstammten. 
So  fand  Sievert  aus  Westpreussischem  Hopfen  (im  Mittel): 


1 '  i 

1 
1 

i  li^ 

.2                 cS     B 

1  1  1  1 

11.07    14.64  16.81  13.18    29.99 

l.'l8    löTö*    6737     2I1. 

Oesterreichieche  Hopfensorten  ergaben  im  Mittel: 

1 

1   i 

i 

.2 

1    f=-' 

1    -J 

II  r  p  t 

15.63  0.37  2&.85  16.98  . — ^ 

^    3.65     6.09    9.67  0.02 

9.13  4.14 
Im  Allgemeinen  kann  man  die  Güte  des  Hop^n« 
mach  seinem  Gehalt  an  ätherischem  Oele  und  Hai^  be- 
urtheilen.  Frischer  Hoplen  riecht  kräftig  urc^atisd^ 
alter  Hopfen  und  besonders  altes  (dunkelbraunes)  Hopfen- 
mehl hat  einen  sehr  üblen  Geruch  nach  f^em  Käse 
(Bildung  von  Valerianasäure).  Ein  wichtiger  Be* 
standthml  ist  das  Hopfenbitter,  eine  (krystalli&irbar«?^ 
in  Alkohol  und  Aather  leicht  ISeUdie  Säure,  die  wie 
Chinin  höchst  bitter  schmeckt  und  hepfenartig  riecht 
Durch  Einwirkung  yeardüimter  Säuren  spaltet  sidi  da« 


Jl0p£ra^bitter   m    Lupuliretin    und    Lupulinsäure; 
'erstere  Substanz  ist  dem  Hc^fenharz  nahestehend. 

Frische  Hopfenzapfen  sind  grüngelb   oder  röthlich- 
l>raun,  klebrig-harzig,  wohlriechend;  die  Nüsschen  dürfen 
nicht  leicht  beim  Zerzupfen  der  ),Hopfendolden^^  heraus- 
fallen.   Behufs  längerer  Aufbewahrung,  und  namentlich 
tun  Schimmelpilze   und   Bräunung   hintanzuhalten,   wird 
Hopfen  schart  und  rasch  auf  der  Hopfendarre  oder  an 
^r  Lvi£t  getrocknet  und  mit  hydraulischen  Pressen  in 
Säcke  oder   Zinkkästen   gepackt;    zuTor   wird  er   noch 
häufig  mit  den  Dämpfen  schwefeliger  Säure  (durch  Ver« 
'brenn^i  Ton  reinem  Schwefel  erzeugt)  behandelt,  (ee- 
«ohwefelt),  was  als  eine  zulässige  Conservirungsprocedur 
angesehen  werden  darf.  —  Als  Hopfensurrogate  bezeichnet 
man  Wermuth,  Weidenrinde,  Sumpfporst  {Ledum  pabtstre) 
Rosskastanienknospen  (und  -Samen^,  Haselstrauchzweige, 
-Rinde  und  Haselnussschalen,  Herbstzeitlose,  Bitterholz 
(Quassia),  Bitterklee  (Menyanthes),  Eokkelskörner  (in  Eng- 
land!), die  Portoricorinde  oder  Palo    mabi  {Cobibrma  re- 
cUnata  Brong^  =  Ceanothua  reclinatus  rHerä^  Rhamneae^  Antillen), 
die   Wedel   des   grossen    Wurmfarnes  Aspidkm  fiJix  mos 
Schwartt  u.  8.  w. 

Von   den   österreichischen  und   deutschen   Hopfen- 
sorten sind  der  Saazer  ^Böhmen),  Spalter   (Bayern), 
Sehwetzinger,   Grünhopfen    von  Auscha,  Pilsen  und 
Falkenau  mit  Recht  als  gute  Sorten  gerühmt;  Hopfen  Ton 
Schwaben  und  Neuburg,  Tübingen,  Hagenau  im  Elsass, 
Braunschweig  und  Hannover  (im  Lüneburgischen  Wend- 
lande) und  von  Posen  sind  für  den  Handel  Ton  grosser 
Bedeutung.   Auch  Belgien  (Aalst  oder  Alost),  Fra^eich 
und  England  baumi  viel  Hopfen.     Wilder  Hopfen  wird 
m  den  unteren  Donauländem  ausgebeutet 

Man   schätzt    das    mit  Hopfen   bebaute   Land    auf 
100000  ha,  woTon  auf 

England    ......  25600  ha 

Deutsches  Reidi    .    .    .  40809  „ 
Oesterreicb    .    .    .   7000—8000  „ 

Belgien 6  600  „ 

Kordamerika       16  000—17000  ., 
Austratien     ......  250  „  ent&llen. 


—    8S4    — 

Die  jährliche  Geeamoitproductioti  helänft  moh  mtf 
65—70  Mill.  kg.    Davon  entfeUen  auf 

Deutsches  Beich  .    .  28.5  Mill«  kg 

England 20        „ 

Oesterreich  ....    5        „ 

Belgien 5        „ 

Frankreich  ....    2.5      „ 

Nordamerika    ...  10        „ 
In  Oestereich  hetrug  1876  die  Ausfuhr  12  994  metr.  Ctr.^ 
die  Einfuhr  19 1400  jnetr.  Ctr. 

Als  Biergewürze  scheint  Hopfen  erst  zu  Zeiten  der 
Kreuzzüge  angewendet  worden  zn  sein.  Im  14.  Jahr- 
hundert war  der  Hopfenbau  in  Mittel*  und  Nordeuropa 
schon  allgemein  verbreitet.  .    , 


VI.    Samen. 

25*  Senf. 

Di©  käuflichen  Senfwürzen  und  das  Senfmehl 
werden  aus  den  Samen  mehrerer  zu  den  Kr^u^lüildem 
(CrucifercB)  gehörigen  Pflanzen  dargestellt,  d^en  Yer* 
Dreitungsbezirk  vornehmlich  der  gemässigten  Zone  ange- 
hört. Für  den  europäischen  Handel  sind  folgende  Aritoi 
bemerkenswerth:  1)  Smapis  aJ/ni  JL,  weisserr  Senf,  2)  äw- 
Mca  mgra  Koch  (ßmapis  nigra  L)  Schwarzer,  (brauner) 
Senf  und  3)  Simpis  juncea  Miyer^  ßareptasenf.  — ?  In 
Ostindien  cultivirt  man  ausserdem  Sinajm  rartma  E^^.  ^nd 
S.  rugo8a  Boxh,-,  im  äussersten  Westen  der;  nordaHieri- 
k^ififchan  Union  verwendet  man  auch  die  Samcm  von 
Simpis  arvensis  L.^  dem  als  gemeines.  XInJkraut  ^beora}! 
vorkommenden  Ackersenf. .  — r  Als.  Rohstoff  unseres 
Speisesenfes  dienen  hauptsäcÜiqh.die  Samen  des  weissen 
Senfes.  

1)  Sinapis  a&a^  L.,  im  westlichen  und  südlichen  Eu- 
ropa angebaut,  ist  eine  SO^—ßO  em  hohe^  ästige,  kurz- 
borstige Pflanze  mit  tief  fied^rspaltigen  Blättern  und 
gelben  Blüthen;  letztere  besitzen  6  viermächtige  Staub- 


—    386    — 

gefässe,  einen  Griffel  und  erseheinen  im  Juni,  die  zwei- 
fächerige Frucht  (Schote)  enthält  mehrere  Saman.  —  Nadi 
den  Productionsländem  werden  mehrere  Sorten  unter- 
schieden, die  wieder  nach  Reife,  Grösse  und  Egalität  der 
Samen  und  nach  der  Reinheit,  d.  h.  nach  dem  grösseren 
oder  geringeren  Gehalt  ¥on  Unkrautsamen  in  entprechende 
Freisgilippen  gebracht  werden.  Die  bekanntesten  Sorten 
sind  der  holländische,  mährische  und  italienische 
(weisse)  Senf. 

Die  weissen,  richtiger  gelben  Senfsamen  sind 
fast  kugelige,  oder  schwach  ellipsoidische  Kömer 
von  1.5 — 2.5  mm  im  Durchmesser.  Das  durchschnitüiche 
Gewicht  eines  Kornes  beträgt  ein  Milligramm,  Von 
gelbem  englischem  Senf  wiegen  170-^172  Kömer  ein 
Gramm.  Die  Oberfläche  ist  mattgelb  oder  hellgelbbraun 
(mit  grau  gemischt)  gefärbt,  glanzlos,  und  zeigte  mit 
einer  starken  Lupe ,  besehen,  eine  höchst  feine,  gleich- 
massige  gmbige  Punktirung;  mitunter  ist  sie  etwas 
schülfrig.  Der  Nabel  ist  ein  deutlicher,  meist  lichter 
gefärbter  VorspruDg  und  neben  Jemselben  befindet  sich 
eine  kleine  glatte  Vertiefung.  Der  eiweisslose,  blaae- 
gelbe  Samenkern  ist  von  einem  Embryo  gebildet,  dessen 
zwei  Keimlappen  längs  ihrer  Mittelrippen  eingeschlagen, 
d.  h.  einfach  zusammengefaltet  Bind,  so  dass  ein  (äusserer) 
Cotyledon  den  andern  (inneren)  umschliesst,  während 
das  dicke,  kurze  Würzelchen  in  der  Längsfurche  liegt, 
welche  durch  die  Faltung  der  Cotyledonen  entstanden 
ist  (orthoplace  Samen).  Beim  Kauen  schmecken  die 
Samen  erst  ölig,  dann  brennend  scharf,  entwickeln  aber 
keinen  Geruch.  Das  Mehl  ist  schön  gleichmässig 
gelb.  Das  wässrige  Extract  wird  durch  Eisenchlorür 
blutrot  gefärbt  (Hager). 

Holländischer  gelber  Senf  ist  etwas  dunkler  und 
gleichm&ssig  gelb,  währ^od  der  mährisohe  heller  ist 
und  viele  weissgelbe  Samen  enthält;  auch  ist  bei  ersterem 
die  Grösse  der  Kömer  ziemlich  egal^  Mit  Unkraut- 
samen  und  -Früchten  sind  alle  Sorten  m«hr  oder  weniger 
reichlich  vermischt  Nach  einigen  Beobachtungen,  deren 
Allgeme^^iheit  durchaus  nicht  sicher  i^t^  sind. im  hollän- 
dischen meist  Hirsekörner,  UmbelUferenfrüchte,  im  mäh- 
rischen Senfe  Wickensamien^  Rittersporn-  "und  Labkraut- 


Barnen  Torha&den;  iü  betden  finden  sich  nieirenf 
girau  gekörnelte  Samen  ziemlich  h&ufig.  Englisefait 
Senf  ist  eine  ausgezeichnete  Sorte,  ^n*  Erntezeit  ist 
schönes  Wetter  eine  unerlassliche  Bedingnng,  denn  der 
beregnete  gelbe  Senf  ist  eine  sehr  schlechte  Waare^ 
die  wohl  auch  z.  B.  von  Mähren  mit  niedrigem  Preisä 
gehandelt  wird.  Beregnete  Waare  ist  leicht  zu  erkennen; 
Die  meisten  Körner  sind  mit  einem  schimmelartigon 
üeberzuge  versehen,  also  wie  bestäubt,  auch  ganz  miss- 
farbig und  ungleich  gross. 

Anatomischer  Bau.  Die  Samenschale  lässt  im 
Querschnitte  sechs  sehr  verschieden  gebaute  Schichten 
erkennen.    Die  Oberhaut  (Fig.  84  A,  ep  und  epO  ist 


Fig.  84. 


d  \  Kl 


m' 


6«lber  Cw«iM«r)  Senf.  A  Parti«  «isM  Qmnehatttot  dnroh  dl«  Samtiitcluil«: 
0P  »afg«q.aollein  (nad  BerfliaHend«)  Obarhant,  tu  sa  Sabepidamudei,  qaeUea- 
d«t  Parenohjnn.  tt  ■%  StoinaeUen-  (S«id«&-)  S«hioht«,  p  p  rigmeat-  dd«r 
OMbatoffffUireDd«  Sohiohte,  kl  kl  Kl«b*no]iloht« ,  hj  hnlin«  Sohiohte.  ^ 
•p'  OberhautsaUea,  tf  SAalenseUea  mit  Pare&ohfm,  kl'  JUaberMllaa  Toa  d«r 
Flieh«  gesehen.  —  kn  k«  KeiaiUppemgewebe  Ton  Aeade,  w  geetfeekUt 
Pareaohjm  dee  wtlrselehent. 

von  in  der  Flächenansicht  polygonalen,  im  Querschnitte 
rechteckigen,  0.035— 0.0425  radialbrerten  Zellen  zusammen- 
gesetzt, die  in  Wasser  gallertiig  aufquellen ,  daher  in 


—     337     — 

Wasser  gelegte  Samen  sieb  sofort  mit  ein^  GallerthäUe 
Bmgeben.  Nacb  Sempolowsky^)  giebt  esdreiQdellungs- 
zonen  der  Oberbautzellen,  eine  innerste,  das  Liebt  stiuic 
brechende,  eine  mittlere,  das  Liebt  scbwäcber  brechende, 
und  die  äusserste,  das  Licht  am  schwächsten  brechende 
Zone.  Die  Gallertschichten  schiessen  (nach  meinen  Be- 
obachtungen) im  Wasser  kuppelartig  hervor  (vergleiche 
A  ep)  und  es  bleibt  noch  eine  feinere  convex  vortretende 
Membrane  sichtbar,  die  die  Cuticula  darstellt  und  nicht 
zerreisst;  es  müssen  daher  die  Gallertmassen  durch  die- 
'Selbe  diffundiren.  Die  zweite  Schichte,  eine  Sub- 
epidermis  (su)  ist  im  trockenen  Zustande  ein  schmaler, 
undeutlicher  Streifen;  in  Wasser  quillt  sie  bis  0.0425  mm 
Breite  auf  und  zeigt  2 — 3  Reihen  unregelmässiger,  in 
der  radialen  Richtung  häufig  wellenförmig  contourirter 
Zellen.  Besonders  charakteristisch  ist  die  dritte,  die 
Säulen-,  Stäbchen-,  oder  Pallisadenschichte  (st,  st');  sie 
besteht  aus  säulenartigen,  in  der  radialen  Richtung  ge- 
streckten (0.02625  mm),  fast  rechteckigen,  in  der  Flächen- 
ansicht (s1?)  polygonalen  Steinzellen,  deren  dem  Samen- 
kem  zugewendete  Basis  und  die  Seitenwände  sehr  stark 
verdickt  sind,  während  die  obersten  Partien  der  Seiten- 
wände und  die  an  die  zweite  Schichte  anstossenden 
Scheitelwände  gar  keine  Verdickung  besitzen.  (In  der 
Zeichnung,  Fig.  84  A  st  sind  die  verdickten  Partien 
dunkel,  die  Lumina  hellgehälten,  in  st'  ist  das  Verhält- 
laiss  umgekehrQ.  Die  gelbe  Farbe  der  Samenschale 
rührt  von  dieser  und  der  nächsten  Schichte  her.  Letzter^, 
die  Pigment-  und  Gerbstoffschichte,  ein  feiner, 
wellenförmig  verlaufender  Streifen,  setzt  sich  aus  2—3 
Reihen  tangential  zusämmengequetschter,  eisenbläuenden 
Gerbstoff  führender,  dünnwandiger  ZeUen  zusammen  (pp). 
Die  5.  Schichte  bezeichnet  man  als  Eleberschichte 
(kJ, WJ.  Sie  eÄthält  polyedrisdie,  im  Querschnitte  quar 
dratiscne,  mit  feinkörnigem  Kleber  und  Fett  erfüllte, 
dickw^ndij^e  ZeUeü  von  0.0175—0.021  mm  Grösse  ii 
einer  einzigen  Reihe;  ihre  Wände  sind  farblos  und  quell- 
fähig. Den  Abschluss  bildet  ein  hyaliner  Streifen 
Xhy),  aus  un<^utlic]^ßn,  tangentifld  ge^eetiten  Z^l^  in 

»)  1.  c.  52.  .V  .      ,  .  . 

Hanaasek,  Kahrnngi-  n,  Oenuismitt«!  a.  d.  Pflanzenreich.    22 


—    838    — 

5-^6  Beihen  gebfldet,  Yon  0.0175  mm  Bireite;  die  Luauiuk 
sind  nur  als  feine  Strichelcben  wahrzaneluiieiu.'r^  Dm 
Eeimlappengewebe  ist  ein  polyedrisehes  Pasendra», 
dicht  mit  dentlichen  AlenronKörnern  und  Fett  JsmUt 
.Om)\  die  Grösse  der  Keinüappenzellen:  beträgt.  ^.0087 
bis  0.0175  mm;  bei  Wasserzusatz  erscheinen  die  Fett^ 
massen  in  grösseren  Kügelchen  sehr  deutlich.  Das 
Würzelchen  enthält  ffestreckte,  sehr  dünnwandige Pa- 
renchymzellen  (w).  OasJjjIehl  wird  durch  Kalilange  schon 
^püngelb  gefärbt,  was  schon  mit  freiem  Au^e  zn  sehen 
ist.  (lieber  die  Inhaltsstoffe  des  gelben  Senfes  siehe  p.  341.) 

2)  Schwarzer,  richtiger  brauner  Senf.  Die  Sa- 
men von  Brassica  nigra  Koch  sind  weit  kleiner  als  die 
Yorigen,  und  messen  1—1.20  mm  im  Durchmesser;  sie 
sind  kugelig  oder  eirundlich,  dunkelrothbraun,  selten 
schwärzhch,  häufig  mit  sich  abschülfemden  Fleckehen 
versehen  und  (unter  der  Lupe)  feinnetzig  ^rubig;  die 
letzterwähnte  Beschaffenheit  der  Oberfläche  ist  im  Ver- 
Reiche  zu  den  Samen  anderer  Brassica-Arten  am  schärf- 
sten ausgeprägt  Der  Nabel  erscheint  als  weniger  dunkel 
gefärbter  Vorsprung.  Unter  der  spröden  SaniQnschale 
Begt  ein  wie  beim  weissen  Senf  gebildeter  Keimling.  Das 
Mdü  ist  grünlichgelb  und  wird  durch  Kalilauge  citronen- 
gelb  gefärbt 

Anatomischer  Bau^).  Die  Epidermis  besitzt  wie- 
der polygonale  Tafelzellen,  die  im  Wasser  gallertig  auf- 
quellen und  sich  von  den  darunterliegenden  Gewebs- 
Eartien  loslösen  (Fig.  85,  A  ep,  pag.  339).  Zwischen  Obei:- 
aut  und  der  Pallisadenschichte  liegen  einzelne,  sehr  grosse, 
unregelmässig  gestaltete  .  Subepidermalzellen  (su)  die, 
eingekeilt  innerhalb  der  nicht  verdickten  Pallisadenpartien, 
nur  du^ch  Anwendung  stark  quellend  machender  Mittel 
jnir  Anschauung  gebracht  werden  können.  Die  Stäbchep- 
oder  PaUisadenschicbte  besteht — ähnlich  wie  bei  vorige 
Sorte  -^  aus  radial  sehr  gestxeckten  Zellen,  deren  LäiOge 
stellenweise  .bedeutend  zunimmt,  so  daes  in  bestiipmten 
Zügen  vorspringende  Leisten  entstehen,  (Fig.  85  L  L  stO 


')  Aasföhrlieh  heai^eitet  v6b  v.  Höhn«],  Baa  der  Samen- 
schalen der  cultivirten  Brassioa  -  Arten  in  Haberland t's  Wi80. 
prakt.  Untersuchungen  I.  p.  171—202. 


—    339    — 

^  die  netsdg-graUge  PanktiniDg  der  Samenbautschale 
twnureachen;  demgeioäes  xirase  der  Gontour  des  Quer* 
BOimittes  dieeer  Sekicbte  stark  weUenfömiig  yerlaufsn. 
ER¥äriiii  man  entsjprechende  Qu^rschnitfce  in  Kalilaage, 
so  treten  die  nicht  verdickten  oberen  (äusseren)  Partie 


Fig,  «5. 


mA   P         ^^    •****    ^ 


iröhwarsar  (bravuer)  Senf,  S&napif  nigr».  A  Paitia  eine«  Qii«TiehBittet  äutck 
,&ißi  S»m«BiohAl«,  SezeiohxiiiBg  wi«  in  Fig»  84.  —  L  Leisten  yon  den  vor- 
Bpi^ngenden  Sfteinzellen  gebildet  (halbsebematiech) ;  km  Keimlappe&gewebe 
^nit  kleine«  regelvftMlfen  Intefeellnlatrftnsien  i  xmd  Alearankörnem  »l,  ^ 
BtrAngartiges  Gewebe  des  Würzelchen. 

(äer  Säulenzellen  fast  blasen-  oder  becherförmig  hervor 
^ig.  85  A  st),  und  zeichnen  sich  durch  diese  auffällige 
'Auwehnung  sehr  aus.  Die  Pigment-  Gerbstoff- 
»chichte  ist  nur  sehr  undeutlich  zu  sehen.  Die  Eleber- 
z eilen  der  fünften  Schichte  sind  im  Querschnitte  stark 
Üftagentiat  gestreckt,  also  sehmal  rechteckig,  0.04375  mm 
lang  und  0.9175  mm  breit,  von  d^  fläche  gesehen  po«- 
lygonal  (klO-  Die  hyaline  Schichte  ist  ein  sehr  zarter,  nur 
0.0087—0.01225  mm  breiter  Streifen,  üeber  das  Keim- 
lappengewebe ist  ZU'  bemerken,  dass    dessen   poly- 


—    340    ~ 

adiiscIieH  Zellen  kleine  IntecGelluburäAune  zwkclien  sich 
frei  lassen  (kmi),  und  dass  die  an.  der:  Peripherie  lieg^Bi- 
den  Zellen  zahbreiche  mndlicbe  Aleuronköraer,  die  Im 
Innern  gelegenen  dagegen  zu  srötoeren  Körpern  v^einigte 
Aienronmassen  (km  al)  entkalten. 

Zwischen  mährischem  und  holländischem  brau- 
nem Senf  ist  kaum  ein  aufiPalliger  Unterschied  wafar^ 
zunehmen,  vielleicht  nur,  dass  ersterer  häufig  aus  schön 
runden,  gleichmäsigen  Samen  besteht,  der  holländische 
viele  kantige  und  ungleichmässige  fuhrt. 

Den  Senffabrikanten  wird  gewöhnlich  auch  wilder 
mährischer  schwarzer  Senf  angeboten,  der  mitBecht 
schwarz  genannt  werden  muss,  da  er  die  Samen  des 
gemeinen  Ackersenfes  Smapü  arvensü,  Z«,  darstellt'; 
diese  sind  grösstentheils  schwarz  oder  dunkelrothbraun 
und  von  der  Grösse  des  weissen  Senfes,  unter  der 
Lupe  nur  undeutlich  grubig  punktirt.  Man  kann  diesen 
„wilden^^  schwarzen  Senf  auf  den  ersten  Blick  vom  echten 
braunen  Senf  unterscheiden. 

3)  Sarepta  oder  russischer  Seni^YonSmajrisjtmcea 
Mayer  stammend,  hat  viel  Aehnlichkeit  mit  dem  echten 
braunen  Senf;  doch  sind  die  Samen  durchwegs  etwas 
grösser  (Durchmesser  =  1.5—1.7  mm)  und  nach  Wies- 
ner ^)  ungleichartiger  und  merklich  heller  braun,  als  die 
braunen  Senfkörner.  Eine  mir  vorliegende  Probe  be- 
steht aus  schön  runden,  gleichgrossen,  theils  hellerroth- 
braunen,  theils  grauschwarzen  Körnern,  ist  sehr  rein  und 
enthält  als  Verunreinigung  nur  wenige*  Leinsamen.  Die 
Samenoberfläche  ist  stark  netzig*  grubigpunktirt,  oft  fast 
streifig.  — 

Brauner  und  Sarepta -Senf  schmecken  brennen^ 
scharf  und  entwickeln  zerrieben  und  n^t  Wasser  befeticm- 
tet  einen  intensiven  Geruch  nach  ätherischem 
SenföL  Das  wässrige  Extraot  wird  durch  Eisenchlorür 
kaum  wahrnehmbar  gefärbt. 

Jfür  braunen  Senf  ha>t  Arthur  Hill  Hasiall  fol- 
gende chemische  ZuSiamiOiensetSttBg  gelundw: 


1)  Boh6to£fe  etc.  p.  73S. 


—    341     - 


I 

5.92 
&.42 


«ig 
UM 


I 

4.» 
1.75 


I 

36.51 


5.13 
5.11 


I 

1.3! 
1.33 


ft.3S 
t5il 


I^iktlimguenf 

^     Die  Zusammensetzung  der  Asche  ist  folgende: 


I 

4.8S 


1 


I      I 

1*      -S 


e 

Ol 

I 


t 

kniet  Stuf    .     Ü.Ti       0.3$       ».»      3.M        0.3»      44.«       t»       l.Sl      —  . 

Ctibtr      „       .      11«       6.09        n.J4      tt38        1.1J  37.39       7.17        11»       1.81 

Neuere  Untersuchungen  geben  folgende  Zahlen  an: 


;.'■' 

Weisser  Senf 

Schwarzer  Senf 

<■  ^  •                           ■              -1 

8am«n 

Mehl 

Samen 

Mehl 

Wasser  .... 

8-9.3 

8.30 

8.52 

4.35 

Fettes  Oel  .    .    . 

25-27M 

37.18 

25.54 

36.96 

Schwefel     .    ... 

0.93-0.99 

1.33 

1.28 

1.50 

Myrosin  -|-  Albu- 

min    .... 

4.5-5.24 

7.32 

5.24 

6.46 

;  .Myronsaures   Ka- 

,  :  lium    .... 

1.692 

5.14 

In  gelbem  Senf  kann  sich  kein  ätherisches  Oel  ent- 
wickeln, daher  eine  mit  Wasser  gebildete  Emulsion 
Geruchlos  bleibt,  aber  scharf  schmeckt.  Aber  auch 
er  scharfe  Stoff  ist  nicht  ursprünglich  vorhanden,  sondern 
entsteht  erst  dadurch,  dass  das  in  dem  Samen  enthaltene 
indifferente  und krystallisirbare  Sinai  bin  (C30H44N2S2O10) 
durch  die  Einwirkung  des  ebenfalls  im  gelben  Senf  ent- 
haltenen Myrosins  (eines  dem  Emulsin  ähnlichen  Ei- 
Weissstoffes)  bei  Gegenwart  von  Wasser  in ,  saures 
schwefelsaures  Sinapin,  Zucker  und  in  das  Sulfo- 
cyan-Akrinyl,  eben  jene  scharf  schmeckende  ölige  Sub- 


~    3«    ~ 

stanz,  zerfiUt.  Wie  aus  den  Tabellen  zu  ersehen,  enüiält 
gelber  Senf  über  30%  fettes  OeL 

Die  mit  Wasser  bereitete  Eonulsion  des  braunen 
Senfes  besitzt  einen  scharfen,  brennendem  Geschmack 
und  einen  durchdringend  scharfen  Geruch.  Letz- 
terer rührt  Yon  dem  erst  durch  chemische  Processe  ent- 
stehenden ätherischen  Senfüle  her.  . 

In  braunem  Senf  ist  das  Sinigrin  oder  mjron- 
saure'  Kali  (das  Substitut  für  das  Sinaibin  des  gelben 
Senfes)  enthalten,  das  durch  Einwirkung  des  Myrosins 
in  ätherisches  Senföl,  Zuckerund  schwefelsaures  Esdi 
gespalten  wird,  nach  der  Formel: 

CioH,.KNSjO,o    =    C,H5.N.CS  4-  OgHj^O«  4-  SHKO^ 

Myronsaareft  Kalium  =  Senföl      -f-     Zacker    4~   ■chwefelMur.  EalL 

Durchschnittlich  liefert  brauner  Senf  0.5—1.1  ^jo 
äther.  Oel  und  23  %  fettes  0^1.  Das  äther.  Senföl  ist 
farblos  oder  gelblich,  riecht  und  schmeckt  höchst  scharf, 
löst  sich  etwas  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  und  Aether 
und  besteht  der  Hauptsache  nach  aus  Schwefelcyanalljt 

^CN*}  ^*  ^^  ^^^'  ^^  ^^  menschliche  Haut  gebracht,  so^ 
fort  heftiges  Brennen  und  Blasenbildung  hervor. 

Im  Handel  finden  sich  verschiedene  Sorten  von 
Senfmehl  und  Speisesenf,  der  bekannten  Würze,  vor, 
Senfmehl  von  Sarepta  (citronengelb)  rührt  von  Sma- 
pis  juncea  her ;  das  englischeSenfmehlist  theils  brauner, 
theils  gelber  gemahlener  Sent,  stets  mit  einem  Zusatz 
von  30—40%  Weizenmehl.  Die  Reinheit  des  Senfmehles 
lässt  sich  nur  durch  mikrosk.  Untersuchung  constatiren. 
Nach  Vogl  behandelt  man  eine  kleine  Probe  mit  Kali- 
lauge, setzt  etwas  Essigsäure  hinzu  and  betupft  schliess- 
lich mit  Jodlösung.  Die  Oberhautzellen  (Fig.  84  u.  86 
ep  ep'),  die  Steinzellenschichte  (st,  sf),  die  Kleberzellen 
(klO,  die  polyedrischen  Keimlappenzellen  (km)  und  bei 
braunem  Senf  die  grossen  von  den  Säulenzellen  gebildeten 
Leistenwülste  charakterisiren  echtes  Senfpulver  hinläng- 
lich. Zusätze  von  Getreidemehlen  sind  nicht  als  Ver- 
fälschung aufzufassen,  wohl  aber  die  Substitution  des 
Senfmehles  durch  Oelkuchen  verschiedener  Kohl-  und 
Leinsamen;  insbesondere  sind  hier  die  ähnlichen  Samen 
der  Brassica -Arten  zu  erwähnen^  die  bekanntlich  einen 


—     343    — 

witibtigen  Rohstoff  fiir  Bremiöl  darstellen.  Brasswa  Najn» 
X.,  der  Raps,  wird  als  WinterkohlrepB  «ehr  häufig,  ab 
Semmerkohlreps  selttoer  gebaut;  umgekehrt  wird  der 
S<ytniiEierrüb8eti^A*aMtca  Bdpa  DC.)  weit  häufiger, Üs 
der  Winter rübsen  cultivirt.  Die  Samen  beider  Arten 
sind  äusserst  feingprubig  punktirt,  daher  in  toto  leicht 
Yon  braunem  Senfe  zu  unterischeiden.  Die  mikroskopischen 
Varhältnisse  zeigen  riele  Aehnlichkeiten  (rergl.  v«  Höh- 
ne! L  c).  Um  ihre  Anwesenheit  im  Senftnehl  nachzu- 
weisen, könnte  eine  Schwefelbestimmung  vorgenommen 
werden,  da  der  Senf  immer  über  1  %'o  Schwefel  enthalten 
muss.  —  Mineralische  Zusätze  (Kreide,  Ziegelmehl,' 
Eisenotjd)  weist  die  A^henmenge  nach,  die  fiir  echten 
Senf  4.5  >  beträgt. 

Was  die  Zubereitung  des  Speisesenfes  (Mostrich, 
Moütarde,  Mustard)  anlangt,  so  giebt  sich  besonders  in 
den  Zusätzen  eine  grose  Verschiedenheit  kund.  Die  gang- 
bai^ten  Senfvmrzen  sind  der  französische,  englische« 
Düsseldorfer  und  Kremser  Senf.  Am  rationellsten 
wird  in  England  der  Senf  zubereitet.  Dort  stellt  man 
aus  den  früher  enthüslten  Körnern  das  Mehl  dar,  und 
presst  aus  demselben  das  Oel  ab,  das  als  Brennöl  eine 
vorzügliche  Verwendung  findet.  Die  englischen  Senf- 
fabriken verarbeiten  gelben  Senf  von  Cambridge  und 
braunen  von  Yorkshire,  die  deutschen  und  österreichischen 
den  holländischen,  deutschen  und  mährischen  Senf.  Der 
Düsseldorfer  Senf  ist  mit  Zimmt,  Nelken,  Zucker  und 
Essig  ^)  vermischt.  Dem  Frankfurter  Senf  (von  Frank- 
furt a.  d.  0.)  werden  Gewürznelken,  Piment  und  Zucker, 
dem  englischen  Weizenmehl,  Kochsalz  und  Cayennepfeffer, 
dem  französischen  Estragon,  Ingwer,  Thymian,  Majoran, 
Zwiebeln,  Knoblauch,  Gewürznelken,  Zimmt  u.  a.  zugesetzt. 
— .  Im  Allgemeinen  besteht  die  Fabrikation  darin,  dass 
man  gelbe  Senfkörner  in  der  Senfmühle  unter  Zusatz 
von  frischem  oder  gekochtem  Weinmost  oder  Weinessig 
zermahlt,  bis  sie  eine  massig  feine  oder  sehr  feine  pap- 
ige  Masse  darstellen,  d.  h.  bis  keine  grösseren  festen 
'heile  mehr  vorhanden  sind.    Doch  werden  gegenwärtig 


ff 
Tl 


<    *)  Nach  verl&ssUchen  Angaben  wird  niemals  Rheinwein  zuge- 
setst,  wie  hänfig  berichtet  wird.  ' 


—     344    — 

gewöhnlich  die  Senflcömer  geschrotet,  cbum  gemtthkii  wA 
jetzt  erst  mit  Most  innig  gemengt  (Kremser  Senf),  für 
irimz.  S.  verwendet  man  fasst  nur  das  Mehl  des  braonao 
Senfes  das  mit  bestem  franz.  £8sig  gemischt  zu  feinster 
Pasta  (mehrmals)  gemahlen  wird.  Die  Menge  der  Bestatnd^ 
titieile  wechselt  nach  Sorte  und  Beliebtheit;  gewöhnlich 
werden  20—30  %  gelber  Senf,  5— -10  %  brauner  Senf^ 
1—2  ^/o  Kochsalz,  V*— V«  ^h  Gewürzpulver  und  40 — 50  •/» 
Most  odeT  Essig  genommen.  Getreidemehl  i)  wird  fast 
regelmässig  beigemengt,  theils  weil  sich  sonst  der  Senf 
als  zu  kräftig  erweisen  soll,  theils  um  eine  genügende 
Bindung  der  Masse  zu  erhalten.  In  Frankreich  wird 
auch  Stärkezucker,  Glyzerin,  angeblich  auch  Maismehl 
und  Weingeist  genommen.  Ein  mit  Wein  stark  gemischter 
Senf  ist  wenig  haltbar  und  bildet  bald  eine  Wohnstätte 
für  Schimmelpilze. 

Gelber  und  schwarzer  Senf  sind  seit  den  ältesten  Zeitea 
als  Arzneimittel  und  als  Speisewürzen  geschätzt.  Der 
l^eptasenf  wird  im  ganzen  südöstlichen  Busriand  bis 
nach  Asien  seit  Anfang  dieses  Jahrhunderts  in  grossen 
Maasstabe  gebaut.  Die  Firma  Glitsch  in  Sarepta  liefert 
jährlich  über  800  000  kg  Senfsamen  in  den  Handel, 
grösstentheils  als  Mehl. 

26.    Muskatblüthe  und  Muskatnuss. 
(Macis  und  Nnx  moscbata). 

Der  Samenmantel  und  der  freie  Saiöe  des  gömei- 
nen  Muskatnussbaumes  sind  zwei  ausgezeichnete,  von 
Alters  her  verwendete  Gewürze  des  tropischen  Südostasiens. 

Myristtca  fragrans  Houttuyn  (Myristica  moschata  Thunbg.y 
MyrisHcacecBy  den  Lorbeergewächsen  verwandt),  ein  präch- 
tiger, diöcischer,  in  allen  Theilen  aromatischer  Baum  ist 
auf  den  Molükken  und  im  Westen  von  Neu -Guinea  ein- 
heimisch und  wird  namentlich  auf  den  Bandainseln  (süd- 
lich von  Amböina),  um  Benkulen  im  Südwesten  von  Su- 
matra (4®  südl.  Breite),  auf  Singapore,  Pulo-Penang, 
Bourbon,  Zanzibar,  in  Brasilien  und  Westindien  cultivprt. 


^)  Echter  Kremser  Senf  enthält  niemals  fremde  Mehlzusäü^; 
da  er  mit  Most  bereitet  wird,  wäre  eine  6&hrang  und  das  Ver- 
derben des  S.  wohl  die  n&chste  Folge* 


—    346    — 

Unsere  HaiKlelswaare  kommt  oassehliesslich  von  der  uiv 
epränglichen  Heimath  des  Muskatnassbaumes,  von   dex^ 
Insehi  Lontar,  Pulo*Neira  und  Polo  Aj  der  Bandagruppe» 
welche  jährlidi   etwa   100  000  kg  Macis   und  das  Vier^ 
fache  davon  an  Muskatnüssen  in  denHandel  liefern  (Vogl)^ 
Die  Tragfähigkeit  der  Baume  beginnt  mit  dem  9. 
Jahre;  vom  25.  bis  zum  60.  Jahre  ist  sie  am  ^össten 
und  kann  sich  für  einen  guten  Baum  auf  20Ö0  Früchte 
im  Jähre  belaufen.  —  Die  immergrünen  Blätter  sind  ei-^ 
formig,  elliptisch  und  drüsig  punktirt.    Die  männlichen, 
Bäume  tragen  Blüthen  in  Trauben,  die  weiblichen  einzel- 
stehende  Blüthen ;  in  jeder  Plantage  sind  die  männlichen 
Bäume   nur   in   sehr   geringer   Anzahl   vorhanden.     Die 
Frucht  ist    eine   kapselartige,  überhängende,   kugelig- 
eirunde, ockergelbe  Beere  von  der  Grösse  einer  Aprikose, 
deren  Fruchtfleisch  bei  der  Reife  eine  lederartige  Con- 
sistenz  erhält  und  zweiklappig  aufspringt.    Der  einzige 
nussartige  Same  ist  von  einem   im   frischen  Zustande 
karminrothen,   zerschlitzten   Samenmantel   (die  Macis 
oder  Muskatblüthe)  eingehüllt  und  besitzt  einen  von  einer 
knochenharten,  zerbrechlichen,  kastanienbraunen,  glänzen« 
den  Steinschale  umschlossenen  Samenkern,  die  Muskat« 
nuss  des  Handels. 

Die  Früchte  werden  mit  kleinen,  an  Bambu-Röhren 
befestigten  Körbchen  abgenommen,  und  behutsam  ge« 
schält,  worauf  mit  Messern  oder  mit  der  Hand  der  Sa« 
menmantel  abgelöst  und  an  der  Sonne  getrocknet  wird« 
Um  den  Samenkem  für  den  Export  fertig  zu  stellen, 
werden  die  Samen  in  Rauchkammern  scharf  getrocknet,, 
bis  die  Samenkeme  von  der  Schale  sich  abgelöst  und 
ihr  Volumen  so  verkleinert  haben,  dass  sie  beim 
Schütteln  der  Samen  klappern.  Nach  Zerschlagen  der 
Steinschale  mittelst  hölzerner  Hämmer  werden  die  freien 
Kerne  durch  längere  Zeit,  angeblich  durch  drei  Monate^ 
in  Kalkmilch  eingelegt,  um  ihre  Keimkraft  zu  zerstören 
und  sie  gegen  Insektenfrass  sicher  zu  stellen.  Die  Keim^ 
fähigkeit  ist  aber  wohl  schon  durch  das  Austrocknen  be« 
hoben  worden;  gegen  die  Insekten  mag  das  „Kalken*^ 
immerhin  einen  Schutz  gewähren,  wie  sich  dies  an  den 
Jangen  Muskatnüssen^'  erweist,  die  nicht  „gekalkt*'  iu 
den  Handel  gelangen  und  sehr  rasch  von  den  Insekten 


—    346    — 

zerfressen  werden.    Dardi  das  Einlegen  in  SalkMäeb 
rerderben  viele  Samen  nnd  alle  müssen  nochmals  «durg^* 
faltig  getrocknet  werden.   Schliesslich  werden  die  Kern» 
in  fette,  mittlere  xmd  magere  sortirt  und  die  ang^^ 
«tochenen  zur  Gewinnung  der  Muskatbutter  ausgesehied€U. 

Der  Samenmantel  (Macis,  Muskatblüthe),  im  Machen 
Zustande  prachtroU  carminroth,  stellt  ein  an  der  Btött 
glockenförmiges,  rom  ersten  Drittel  der  Höhe  an  viel&ch 
in  verschieden  breite  Zipefel  zerschlitztes,  4 — 5  cm  langes 
<jebilde  dar,  das  durch  Austrocknen  eine  eigenthümliche, 
tfüb-braungelbe  oder  orangegelbe  Farbe  erhält,  schwach 
fettig  glänzend  und  zerbrechHch  wird.  In  der  nicht  zer- 
tschlitzten  Basis  ist  eine  unregelmässige,  rundliche  Oeff- 
nung  vorhanden,  die  oberen  zahlreichen  oft  wellenförmig 
gekrümmten  linealen  Zipfel  entspringen  breiteren  Bändern, 
lassen  zwischen  sich  elliptische  oder  schmale,  zweieckige 
Felder  frei,  und  laufen  am  Scheitel  wieder  zu  einer 
flachen  Krause  zusammen. 

Durch  die  Verpackung  werden  die  Samenmäntel  flach 
zusammengedrückt  und  zerknittert,  sollen  aber  nicht  zer- 
bröckelt werden. 

Macis  riecht  kräftig  gewürzhaft  und  schmeckt  feurig 
scharf  und  bitter;  die  Querschnittfläche  ist  homogen,  fettig 
glänzend  und  etwa  1  mm  breit.  D^  anatomische  Bau 
ist  ein  sehr  einfacher.  Unter  der  au6  farblosen,  cuticu- 
larisirten,  polyedrischen  (im  Querschnitte  länglichen) 
Zellen  bestehenden  Oberhaut  (Fig.  86,  A,  ep  pag.  347) 
liegt  eine  Subepidermis,  aus  farblosen,  massig  dickwan- 
digen lang  gestreckten  (Fig.  86,  A,  se,  se^  Zellen  zu- 
sammengesetzt, die  sich  scharf  von  dem  darauffolgenden 
Mesophyll  abhebt.  Dieses  besitzt  grosse  polyedrische, 
wenig  regelmässige  Parenchymzellen,-  Gefassbündel  mit 
zarten  Spiroiden,  und  zahlreiche,  kugelige,  einzelstehende 
oder  auch  zusammenfliessende  Oelzellen  mit  wulstigen 
und  lichtgelb  gefärbten  Wänden.  I|i  fettem  Oele  ge- 
messen beträgt  ihr  Durchmesser  0.06405— -0.073  mm;  in 
Kalilauge  quellen  sie  mächtig  auf  bis  0.0915—0.109  mm. 
Sie  sind  mit  blassgelbem  ätherischem  Oele  anffefiillt 
(Fig.  86,  p,  o).  Eine  ganz  eigenthümliche  Beschaffen^ 
heit  zeigt  der  Inhalt  der  Parenchymzellen;  in  fettem  Oele 
erscheint  er  grobkörnig,  in  Wasser  löst  sich  nur  ein  söhr 


—    347    — 

unbedeutender  Theil,  der  weit  grössere  bleibt  i&  Fortt  rno 
mplecolaren  und  grösseren,  kantigen,  kurzstengeligen  (Flg. 
86, k)  Könicben  zurück,  die  wässriges  Jod  tief  roth* 
braun  färbt;  in  Kalilauge  und  kochendem  Wasser 
schwellen  sie  auf  und  zerfliessen  wie  Stärkekömdien. 
Aus  der  wässrigen  Abkochung  gewinnt  man  mittelst  Al- 
kohol und  Kali  einen  Schleim,  der  sich  wieder  in  Wasser 
löst  und  alkalisches  Ku^fertartrat  reducirt.  Wahrsctein- 
Uch  stellt  der  Inhalt  eine  Umwandlungsstufe  von  Starke 


Fig.  86. 


G^webselemente  der  MnskAtblflthe  (Sam^nrnftiitel  Toa  MTristioft  fragrani). 
A  Quenohnitt :  ep  ep  Oberhaut,  •«  aabepidennaleB  Oewebe  (aoa  langgeetrecktoA 
Zellen  te'  se'  bestehend);  p  p  Parenchymf  o  o  Oelzellen.  —  se'  Subepidermal- 

seilen  in  der  Lingeanaidn«.    k  k  geformte  Inhaltskörper  dei»  Parenohyme. 


in  Dextrin  und  Pflanzenschleim  dar.  Werden  Macisschnitte 
mit  Kalilauge  behandelt,  so  treten  grosse  Oeltropfen  aus 
den  Zellen  heraus.  Gepulverte  Mäcis  zeigt  (in  Wasser) 
mikroskopisch  untersucht,  hauptsächlich  lichtgelbe 
glänzende  kugelige  Oelbehälter,  Gewebsreste  und  die  eben 
besprochenen  Kömchen,  von  welchen  die  kleinsten  in 
lebhafter  Moleciüarbewegung  begriffen  sind. 


—    348    — 
Ifocis  oithäli: 

I     I  u 

I       I       I  s       I     •  I         i       I  • 

17.59     5^44     5.36       lUeO    1^97    *44.Ö9     4.93     1.62 

Die  GxQtur  steigert  den  Oelgehalt  wesentlich;  äth. 
Gel  kann  bis  7  %  enthalten  sein;  es  ist  farblos,  enthalt 
einen  Gampher  und  ist  mit  dem  aus  den  Samen  ge- 
wonnenen identisch. 

Der  Samenkern  (Mnskatnuss  des  Handels)  ist  ein 
grauweisser  öligfleischiger  Eiweisskörper  von  eirunder  Ge- 
stalt und  von  20 — 37  mm  Länge  (am  häufigsten  35 mm); 
der  Querschnitt  senkreckt  auf  der  Längsaxe  ist  nicht 
kreisrund  sondern  hat  einen  längeren  30  mm  messenden 
und  einen  kürzeren  15 — 16  mm  messenden  Durchmesser. 
(Fig.  87  Q.)  Die  Oberfläche  erscheint  unregelmässig  netz- 
aderig-runzelig mit  stärkeren  Längsrunzeln,  die  den 
Querschnittscontour  sehr  unregelmässig  gestalten  (Fig. 
87  Q.),  und  ist  mit  Kalk  leicht,  bestäubt;  tupft  man  Salz- 
säure auf,  so  braust  diese  auf.  Am  unteren  Ende  be- 
findet sich  der  hervorragende,  häufig  durch  eine  seichte 
Ereisrinne  deutlich^bgesetzte  stumpflcegelige,  lichtbraune 
Nabel,  von  dem  eine  mehr  oder  weniger  vertiefte  Raphe 
bis  zum  entgegengesetzten  Ende  verläuft;,  das  den  staifl 
vertieften  Hagelfleck  trägt.  Der  Samenkern  ist  nur  von 
der  innem  Samenhaut  eingehüllt,  die  sich  aber  mit  un- 
gleich breiten  und  verschieden  verzweigten  dunkelbraunen 
Falten  in  das  schmutziggelbe  Eiweissgewebe  strablig  eiü- 
stülpt  (Fig.  87,  Q,  t),  so  dass  der  Same  im  Innem  ein 
marmorirtes  Aussehen  erhält.  Dicht  imter  dem  Nabel 
liegt  eine  ziemlich  umfangreiche  Höhluns,  die  entweder 
leer  ist  oder  einen  zusaromengeschrumptten,  gewöhnlich 
nicht  ausgebildeten  Keim  enthält.  Der  Keim  besteht 
aus  zwei  blattartigen  gefalteten,  auseinanderstrebenden 
Keimlappen  und  einem  dem  Nabel  zugewendeten  Würzel- 
chen, ueruch  und  Geschmack  der  Muskatnuss  sind  gleicli 
dem  der  Macis,  aber  etwas  schwächer. 

Die  innere  Samenhaut  besteht  aus  schmalen,  brau- 


Unikat  HUBS.  Q.  Qaersohsitt  der  Mnskatnaii  in  natttrlloher  Grotte  (de? 
Uarits  ist  gennn  dem  SelbtUbdmok  der  Sunensohnittfliohe  naohgeeeiobnet) 
t  in  dM  Gewebe  eingelagerte  Falten,  der  Innern  Samenbant:  p  Eiweiisgewebe« 
—  P  Partie  einee  Qnergobnittet  dureb  dat  Biweigtgewebe ;  k  Krygtalloide, 
K  Harafllbrende  Zeilen.  —  «  einige  Zellen  der  in  dat  Biweittgewebe  einge* 
■tttlpten  Samenbant.  —  am  am  StftrkekOxper  der  Mnskatnnsg. 

nen,  dünnwandigen  Zellen,  die  in  den  eingestülpten  Par- 
tien in  grössere,  polyedrisch-kugelige,  wohl  dünnwandige, 
aber  an  den  Ecken  stärker  verdickte  ganz  undurchsichtiffe 
Elemente  übergehen  (Fig.  87  1 1);  jeder  Falte  entspricht 
auch  ein  OefässbündeL  Das  Eiweissgewebe  setzt  sich 
aus  scharfkantigen,  polyedrischen,  sehr  dünnwandigen 
0^)525—0.07  mm  messenden  Parenchymzellen  zusammen, 
die  zum  grossem  Theil  Fett,  componirte  Stärkekömer, 
und  ein  von  diesen  umlagertes  rhomboederartiges  oder 
prismatisches  Erystalloid  (Fig.  87  P,  k)  enthidten;  in 
.j^treut  liegenden,  gleich  groseten  Zellen  li^en  die 
Störkekömer  in  einer  dunkelrothbraunen  Fett-  und  Hans- 
masse eingebettet.  (P,  h).  Die  regelmässig  zusammen- 
gesetzten Stärke körner  (am)  besitzen  sehr  charakte- 
ristische Formen  und  bestehen  aus  2—6  Theilkömeni 


—    350    — 

jed€8  Theilkorn  hat  eine  anfache  oäer  seltener  «isie 
steniförmige  Kemhöhle  und  misst  0.007 — O.Ol  57  mm.  lutit- 
uni&r  sind  auch  sternförmig  gmppirte  oder  tafelarti^e 
Fettkrystalle  zu  sehen.  Um  die  Zelleinsohlüsse  zu  deut- 
licher Aiffidmuang  zu  bringen,  entfernt  man  aus  genügend 
dünnen  Schnittblättchen  Fett  und  Harz  mittelst  Aether 
und  Alkohol  und  färbt  ersteres  mit  Cochenilllösung  und 
Jod;  die  eiweisshaltigen  Erystalloide  erscheinen  pracht- 
voll rubinroth,  und  sind  von  einem  Kranze  tiefblauer 
Stäxkekömchen  umgeben. 

Die  chemische  Zusammensetzung  des  Muskatnuss  er- 
hellt aus  folgenden  Zahlen: 


ll 

11 

B 

1    1 

ff 

1 

1 

2.51 

34.43    1.49 

28.39 

12"03 

2.17 

11- 

12.86     6A2       £51     34743    1.49    28.39     12*03    2.17 

König  hat  nur  2.51  %  äth.  Oel  gefunden,  andere 
Forscher  geben  6^/0  an. 

Die  Muskatbutter  gewinnt  man  in  Ostindien  atis 
den  schwach  gerösteten  Saunen,  indem  man  sie  zwiedien 
erwärmten  Platten  auspresst;  sie  besteht  aus  Fett  und 
ätherischem  Oele  und  stellt  eine  bräunlichgelbe,  marmorirt 
aussehende  ziemlich  weiche  Masse  mit  stark  gewürzhaffcem 
Gerüche  imd  Geschmacke  dar.  Das  Fett  entiiält  am 
Glykosid  Myristin. 

Die  Anwendung  der  Muskatnuss  ist  bei  weitem  moM 
so  ausgedehnt,  als  die  der  Muskatbliitiie.  Die  ange- 
stochenen und  schlechten  nennt  man  Rompen.  Der 
Nachweis  für  künstliche,  aus  Muidcalpulver,  Mi^ 
Kleie,  Thon  und  Muskatöl  yerfertigte  Muskatnüsse  ge^ 
hngt  mit  dem  Mikroskope  sehr  leidit.  Statt  der  echteü 
Kerne,  die  man  auch  weibliche  Muskatnüsse  hemvt, 
verwendet  man  auch  die  Samenkeme  anderer  Myristitoa^ 
Arten  (männliche  M.),  worüber  unten  das  Körnige  hth 
iBierkt  ist. 

Auf  den  Bandainseln  stehen  gegen  330000  6äanu9, 
diese  liefern  Muskatnüsse  im  Werthe  von  1.5MiIl.FraxK$ 


—    361     — 

niMi  lAacis  für  VaMüI.  Francs.  Die  grösste  Idenge  bringt 
^ollaQd  auf  den:Markt  Im  Jahre  1881  beSiig  der 
.y^rka^  in  Amsterdam  1229  Kisten  Nüsse  und  563  aisten 
Ifacis;  die  durchschnittliclien  Yorräthe  in  Holland  sind 
70 — 80  000  kg.  Pulo-Penang  nnd  Singapore  exportiren 
etwa  300  000  kg. 

,  Wann  das  Abendland  die  beiden  Gewürze  kennen 
und  gebrauchen  gelernt  hat,  ist  nicht  YOÜkommeti  sicher 
2^u  stellen.  Da  man  Muskatnüsse  aber  in  altagyptisdien 
Mumiensärgen  gefunden  und  da  das  im  alten  Kbm  be- 
liebte Salböl  Myron  fast  unzweifelhaft  Muskatöl  enthalten 
hat,  so  scheinen  sie  schon  sehr  frühe  nach  den  Mittel- 
meerländem  gekommen  zu  sein;  jedenfalls  gebührt  den 
Arabern  das  Hauptverdienst,  ihnen  in  Europa  eine  grössere 
Verbreitung  verschafiFt  zu  haben.  Zu  allgemeinem  Ver- 
brauch kamen  diese  Gewürze  aber  erst  dann,  als  die 
Portugiesen  1511  auf  den  Bandainseln  den  Baum  auf- 
gefunden hatten.  Nachdem  die  Holländer  Herren  der 
Inselgruppe  geworden,  schufen  sie  ein  Monopol,  das  in 
der  Handelsgeschichte  geradezu  einzig  dasteht.  Die 
Holländer  rotteten  alle  Muskatbäume  ms  auf  jene  aus, 
die  auf  Banda  und  Amboina  standen^  und  führten  mör- 
.dorische  Kriege  mit  den  sich  widersetzenden  Eingebor- 
nen,  die  dann  die  Gultur  zwangsweise  zu  besorgen  hatten* 
Zuletzt  artete,  wie  Büchele  sagt,  die  Verwaltung  in 
Habgier  und  Gewaltthat  aus,  die  schmählichsten  Be- 
stechungen fielen  vor,  der  beschrankteste  Krämergeist 
sass  im  Käthe;  und  wenn  die  Holländer  auch  keine  In- 
quisition mit  sich  brachten,  wie  die  Spanier,  so  haben  sie 
sich  darum  nicht  minder  mit  argen  Grausamkeiten  be- 
fleckt. Ein-  und  Verkaufspreis  bestimmte  die  hollän- 
dische Compagnie,  zwischen  beiden  war  gewöhnlich  eine 
Differenz  von  200—300  %.  Um  bei  reichen  Ernten  den 
Preis  nicht  herabdrücken  zu  lassen,  verbrannte  man  den 
grössten  Theil  der  Nüsse.  So  wurden  1763  au  Amster- 
dam für  8  Millionen  Francs  Küsse  verbrannt  und  das 
Gel  floss  auf  4^n  Strassen.  Aber  trotzdepi  konnte  die 
Verbreitung  des  Muskainussbaumes  nicht  verhii^deirt  w^- 
den  und  gegenwärtig  ist  a^cifih  der  Werth  dieses  Gewürzes 
bedeutend  gesunken. 


—    352    — 

Anhang.  Samenmantel  und  Samenkerne  anderer 
Muskatnossbäume  werden  der  echten  Waare  nicht  selten 
snbstitnirt.  J.  Mo  eller  ^)  hat  über  dieselben  eine  aus- 
fiihrliche  Arbeit  veröffentlicht,  der  das  Folgende  ent- 
nommen ist. 

1)  Myristica  offißinalk  MaH,^  einheimisch  in  Brasilien, 
besitzt  länglicheimnde  Samenkeme,  im  Mittel  20  mm 
lang,  15  mm  breit,  röthlichbraun,  netzaderig,  grobrun- 
zelig und  wie  Talg  schneidbar.  Chalaza  und  Nabellinie 
sind  durch  hellere  Farbe  deutlich  sichtbar.  Der  Querschnitt 
ist  grünlichbraun  marmorirt  Diese  Samen  sind  yoII- 
kommen  geruchlos,  daher  als  Gewürz  gänzlich  werth- 
los.  Der  Ueschmack  erinnert  an  Mandeln.  Das  Paren- 
chym  ist  wie  das  der  echten  Muskatnuss  gebaut,  führt 
aber  keine  Spur  Ton  Stärke,  dagegen  Erystalloide, 
braune  Klumpen,  Fett  und  bisquitförmige  Körper,  die 
Kalilauge  weinroth  färbt,  Jod  ungefärbt  lässt. 

2)  Die  Samen  von  Myristka  aebifera  Sw.  (Muscadier  ä 
suif),  auf  Gujanna  Yavamadu  oder  Gingamadu  genannt, 
gleichen  den  Früchten  des  Lorbeerstrauches  und  dienen 
nur  zur  Darstellung  des  Virolafettes  (für  feine  Toilette- 
seifen). 

3)  Die  langen  oder  männlichen  Muskatnüsse 
stammen  von  Myristica  fatua  Houtt  (M.  tomentoBa  Thbg,\  und 
kommen,  wie  die  echten,  von  den  Molukken.  Die  Kerne 
sind  länglich  eiförmig,  27 — 35  nun  lang,  12 — 15  mm  dick, 
sehr  grob  netzigrunzelig,  (sie  erinnern  sofort  durch  diese 
Ausbildung  ihrer  Oberfläche  an  den  Hut  der  Morchel- 
pilze), graugelb  oder  röthlichbraun.  Die  eingestülpten 
Samenhautfalten  sind  dunkelbraon.  Das  Sameneiweiss 
ist  korkartig  weich,  fast  zerbröckelnd,  sehr  leicht,  schmeckt 
und  riecht  wie  die  echte  Muskatnuss,  aber  weit  schwächer, 
und  mag  als  deren  Ersatz  wohl  zulässig  sein.  Sie  wer- 
den nicmt  in  Kalk  gelegt  und  sind  fast  immer  wurm- 
stichig. Der  anatomische  Bau  ist  von  dem  der  echten 
Küsse  nicht  verschieden.  —  Auf  den  Bandainseln  heissen 
sie  Montjes  und  ihr  Fett  dient  zur  Verfälschung  der 
Huskatbutter. 

Die  californischen  Muskatnüsse  stammen  von 


«)  Pharm.  Central.  1880  Nr.  51—53. 


—    353    — 

Torreya  califomiea  (T.  Mi^ri^dca  Uoock\  einem  Nadelbaume 
aus  der  Gruppe  der  Taxinese,  sind  im  äusseren  Ansehen 
den  eehten  etwas  ähnlich,  durch  ihren  Terpentingeruch 
^ber  sofort  zu  unterscheiden. 


27.   Pichurimbohnen. 
(Sassafrassnüsse.) 

In  ihrer  Heimath,  in  Brasilien  (Amazonas,  Rio  Negro) 
kommen  die  Pichurimbohnen  ziemlich  häufig  als  Gewürz 
in  Anwendung;  in  Europa,  z.  B.  in  England,  Ungarn  u.  a. 
wird  nur  selten  von  ihnen  an  Stelle  der  Muskatnüsse  Ge- 
brauch gemacht.  Sie  sind  die  über  Feuer  getrockneten, 
vom  Fruchtgehäuse  befreiten  Samenlappen  von  Nectandra 
Puchury  minor  und  Nectandra  -  Puchury  major  Nees^  (Lauracece^ 
und  werden  demnach  in  kleine  und  grosse  Pichurim- 
bohnen unterschieden. 

Die  kleinen  Pichurimbohnen  sind  schwarzbraune 
oder  noch  mit  einer  hellbraunen,  runzeligen  Samenhaut 
überzogene,  im  Umriss  eilängliche  oder  elliptisch-zwei- 
spitzige planconvexe,  ziemlich  feste  Körper,  deren  Aussen- 
fläche  stark  gewölbt,  die  Innenfläche  eben  oder  mulden- 
förmig eingesunken  ist  und  schmutziggrau  aussieht.  Sie 
messen  1.5—2.5  cm  in  der  Länge  und  die  breiteste 
Stelle  der  Planfläche  beträgt  1.5  cm.  Der  Querschnitt 
ist  schmutzig  blassbraun,  dunkler  eingefasst ;  die  Schnitt- 
fläche lässt  sich  nur  schwer  mit  dem  Nagel  ritzen.  Ihr  Ge- 
ruch erinnert  an  Sassafras  (Fenchelholz),  Lorbeeren  und 
Muskatnuss,  ihr  Geschmack  ist  gewürzhaft  bitter.  Ihr  Ge- 
webe besteht  aus  einem  Parenchym  dünnwandiger,  poly- 
edrischer  Zellen,  die  strotzend  mit  Stärkekörnern  und 
Fett  angefüllt  sind,  und  aus  zahlreichen  grossen  Oel- 
zellen,  deren  Inhalt  lichtgelbe,  glänzende,  zum  Theil  ver- 
harzte Oelmassen  darstellt.  Die  Stärkekörner  sind  theils 
einfach,  kugelig  oder  eiförmig  (oft  in  eine  Spitze  aus- 
laufend), theils  zu  zweien,  sehr  selten  zu  dreien  compo- 
nirt.  Einzel-  wie  Theilkörner  besitzen  eine  einfache 
schmale,  oder  kreuz-  und  sternförmige  Kernhöhle  und 
messen  0.0146—0.0219  mm. 

Hanausek,  Nahrung«-  u.  Genussmittel  a.  d.  Pflansenreich.     23 


—     354    — 

Die  grossen  Picharimbohnen  sind  3.5 — 4  cm 
lang,  10  mm  breit,  länglich,  concayconvex,  aussen  dunkel- 
braun und  platt,  innen  hellzimmtbraun  mit  hellglänzen- 
den Punkten,  die  von  Krystallen  eines  Stei^optens  her- 
rühren. Der  anatomische  Bau  ist  dem  der  vorigen 
gleich. 

Die  Pichurimbohnen  enthalten  gegen  3  %  ätherisches 
Oel  und  bis  30  <^/o  Fett.  Aus  letzterem  wird  der  Pichu- 
rimtalg  gewonnen,  dessen  Eigenschaftendenendes  festen 
Antheiles  des  Lorbeeröles  gleichkommen  sollen. 


GenussmitteL 


Die  Reihe  jener  Pflanzenproducte,  deren  Genuss  einen 
eigenthümlich  anregenden  Einfluss  auf  das  Nervensystem 
des  Menschen  ausübt,  ist  eine  sehr  grosse.  In  einem  ge- 
wissen Sinne  sind  auch  die  Gewürze  solche  Medien,  da 
sie  eine  gleiche  Wirkung  auf  den  menschlichen  Körper, 
insbesondere  auf  Geschmacks-  und  Geruchsnerven  aus- 
üben. Im  engeren  Sinne  bezeichnet  man  aber  haupt- 
sächlich nur  die  alkoholhaltigen  Flüssigkeiten  und 
jene  Pflanzenproducte  als  Genussmittel,  denen  ein  nar- 
kotiscli  wirkendes  Princip,  ein  Alkaloid  (Pflanzenbase) 
eigen  ist,  das,  von  dem  Blute  aufgenommen  in  den  Cen- 
traltheilen  des  Nervensystems  jene  Umstimmungen  her- 
vorruft, welche  dann  vermittelst  der  peripherischen  Nerven- 
leitung auch  andere  Organe,  z,B.  Theile  des  Verdauungs- 
apparates, die  willkürlichen  Muskeln  in  erwünschte  Mit- 
leidenschaft ziehen.  Man  hat  viel  darüber  discutirt,  ob 
der  Consum  solcher  Genussmittel  wie  des  Thees,  des 
Kaffee's  u.  a.,  der  gegenwärtig  eine  ganz  unglaubliche 
Höhe  erreicht  hat,  für  die  Existenz  des  Menschen  eine 
Nothwendigkeit  ist.  Eine  Umschau  in  der  Geschichte 
des  Verbrauchs  der  Genussmittel  und  ihre  physiologische 
Bedeutung  vermögen  unschwer  eine  Beantwortung  dieser 
Frage  zu  ermöglichen.  Von  keinem  der  auf  der  ganzen 
Erde  angewendeten  Genussmittel  kennt  man  den  Beginn 
seiner  Anwendung;  in  den  fernsten  Zeiten  schon  hatten 
die  Menschen  ein  Bedürfniss  nach  solchen  Dingen  gefühlt. 
Und  wie  kam  es,  dass  räumlich  —  durch  Meer  und  Wüste 
—  geschiedene  Menschenstämme  aus  den  fast  zahllosen 
Heerschaaren  der  Vegetabilien  gerade   nur  jene  ausge- 

23* 


.    —    356    — 

wählt  haben,  denen  das  gleiche  Princip  und  somit  die  gleiche 
Wirkung  aufden  menschlichen  Körper  zukommt?  Der  Ost- 
afrikaner  genoss  den  Kaffee   und  tausende  von  Meilen 
weiter  nach  Osten  wohnt  der  theetrinkende  Chinese  und 
ebensoweit  nach  Westen  blickend,  finden  wir  den  Cacao 
geniessenden  Mexikaner,  den  Südamerikaner,  der  Mate  und 
Coca  als  ein  unentbehrliches  Bedürfniss  ansieht;  in  Gentrid- 
afrika  ist  die  Colanuss  das  hervorragendste  Genu^smittel; 
und  alle  diese  Vegetabilien  enthalten  nahezu  die  gleiche 
nervenerregende    Substanz!    Schon  die  einfache  üeber- 
legung  dieser  staunenerregenden  Thatsache  muss  uns  die 
Ueberzeugung  aufdrängen,  dass  die  Genussmittel  zum  min- 
desten für  die  angenehme  Existenz  des  Menschen 
nothwendig    sind,   denn    sie  sind  es,   die  den   im  Nor- 
den lebenden  befähigen,  den  freilich  oft   verzweiflungs- 
vollen Kampf  mit  der  Natur  aufzunehmen,  sie  sind  es,  die 
den  Bewohner  der  gemässigten  Zone  den  Kampf  ums  Da- 
sein durchführen,  die  Mühseligkeiten  ertragen  und  gegen 
das  einstürmende   Ungemach  wetterhart  machen  helfen. 
Sie  erhöhen  die  Kraft  und  die  Arbeitsfähigkeit,  sie  machen 
die  Müdigkeit  vergessen,   und  befähigen  zu  grossen  Lei- 
stungen, sie  sind  demnach  aus  dem  Bereiche  der  mensch- 
lichen Bedürfnisse  nicht  mehr  auszuscheiden. 

Aber  nur  in  massigem  Genüsse  äussern  diese  Körper 
eine  günstige  Wirkung,  üebermass  des  Genusses  zieht, 
da  ihre  Alkaloide  heftige  Gifte  sind,  selbstverständlich 
die  übelsten  Folgen  nach  sich.  Die  Nicotinvergiftung 
nach  heftigem  Tabakrauchen,  das  Nervenzittern  nach  Ge- 
nuss  von  zu  starkem  Kaffee,  die  furchtbare  Abspannung 
und  Nervenzerrüttung  nach  dem  Opiumrausche  zeigen 
hinlänglich,  wie  sorgsam  und  massvoll  die  Genussmittel 
dem  Körper  zugeführt  werden  dürfen. 

In  Folgendem  sind  die  wichtigsten  alkaloidhaltigen 
Genussmittel  in  Kürze  abgehandelt. 

1.    Tabak. 

In  Ehren  Jean  Nicot*s,  des  französischen  Gesandten 
am  Hofe  zu  Lissabon  nannte  Linne  die  zu  den  Nacht- 
sc hattengewächsen  (Sohnacew)  gehörige  Tabakspflanze 
Nfcotiana.  Nur  von  wenigen  Arten  stammen  die  im  Handel 


—     357     — 

erscheinenden  Tabakssorten  ab,  aber  die  verschieden- 
artigen Culturbedingungen  haben  eine  so  grosse  Reihe 
in  einander  übergehender  Formen  gescha£fen,  dass  es  meist 
schwierig  ist,  die  Zusammengehörigkeit  von  Form  und 
Art  festzustellen. 

Die  folgende  Zusammenstellung  macht  keinen  An- 
spruch auf  Vollständigkeit  und  enthält  nur  die  bekann- 
testen Formen  der  wichtigsten  als  Arten  aufgefassten 
Tabakspflanzen : 

'\)Nicotiana  TaiacMmZ..,  vir  ginischer,  echter,  edler 
Tabak.  Ein  klebrig  weichhaariges,  einjähriges  Kraut  von 
1 — 2  m  Höhe,  in  Virginien  und  Südamerika  einheimisch  und 
gegenwärtig  in  der  heissen  und  gemässigten  Zone  fast  aller 
Welttheile  cultivirt.  Die  Hauptmerkmale  dieser  Pflanze 
sind:  Blätter  zerstreut  stehend,  Kelch  glockenförmig, 
funfspaltig,  bleichgrün,  Bluraenkrone  gross,  trichterförmig, 
rosenroth,  mit  langer  walzenförmiger  oben  aufgeblasener 
Röhre  und  gefaltetem,  fiinfspaltigem ,  ausgebreitetem 
Saume;  fünf  Staubgefässe,  ein  oberständiger,  von  einer 
ringförmigen  Scheibe  unterstützter  zweifächeriger  Frucht- 
knoten mit  fadenföimigem  Griffel.  Frucht  eine  eiläng- 
liche  zweiklappige  Kapsel  mit  an  einem  Samenträger  fest-^ 
haftenden  ei-nierenförmigen  kleinen  Samen. 

Die  Blätter  der  typischen  Species  sind  länglich- 
lanzettlich,  lang  zugespitzt,  die  unteren  weit  grösser  als 
die  oberen,  6  dm  lang,  zumeist  sitzend,  die  unteren 
stengelumfassend,  ganzrandig.  Von  der  einen  Haupt-  oder 
Medianrippe  zweigen  einfache  Nebenrippen  unter  sehr 
spitzen  Winkeln  ab  und  vereinigen  sich  nach  einem  sanf- 
ten Bogenverlauf  nahe  dem  Blattrande  zu  einfachen 
Schlingen.  Frische  Blätter  sind  klebrig,  kurz  drüsigbehaart, 
bleichgrün,  trockene  braun  und  leicht  zerbrechlich.  Als 
Hauptformen  gelten: 

a.  N.  fnuicosa  Z.,  Baumknaster,  oft  2.5  m  hoch. 

b.  N.  peüolatcL,  mit  herzförmigen,  glänzenden  Blättern. 

Bekannte  Gulturformen  sind: 

c.  N.  T.  pandurata,  Friedrichsthal  er  T.  (in  Rumänien 
Tempyki),  Goundi-  oder  Gundi-T.,  breitlanzett- 
blättriger  T. 


—     358     — 

d.  Amersfoorter  ^)    (Holländischer)    T. ,    dickrippige, 
blasige,  faltige  Blätter. 

e.  Steifblättriger   Virginier  T.,   Viozer  oder   Finzer 
("Baden,  Pfalz). 

f.  Herzblättriger,  ostindischer  T., 

g.  N,  tenuifoUa^  schmalblättriger,  Hirschzangen-Hänge- 
tabak, Spitzblatt-T.  (Pfalz). 

h.    N.  Tabacum  commums^  gemeiner  T., 
i.   Weissrippiger  V.-T.,  deutscher  o.  Land-T.  (Preussen, 

Sachsen,  Rheinland,  Hannover,  Bayern,  Baden), 
k.   Südamerikanischer  V.-T.  — 

2)  NicoUanoL  makrophyUa  Sprengel  (=  NicoHana  Tabacum  L.^ 
var,  mahrophyUa  Mezger y  N,  laässma  MiUer\  Maryland-  oder 
grossblättriger  Tabak,  in  Maryland,  Ohio,  auf  Cuba 
und  Portorico,  in  der  Türkei  und  in  Ungarn  cultivirt. 

Die  Blätter  des  Maryland-Tabak  sind  weit  breiter, 
fast  eiförmig,  die  untersten  oft  dreieckig,  lang  zugespitzt, 
entweder  sitzend  oder  mit  einem  sehr  kurzen  weit  ge- 
flügelten Blattstiel  versehen;  die  Blattspreite  ist  wellen- 
förmig blasig,  die  Seitenrippen  gehen  von  der  Mittel- 
rippe unter  einem  fast  rechten  Winkel  ab.  Der 
Blüthenstand  ist  mehr  gedrungen,  die  Farbe  der  ßlumen- 
krone  dunkelrosenroth.  Als  Hauptformen,  die  auch  als 
selbstständige  Arten  angesehen  werden,  gelten: 

a.  N,  chinenm  Fisch. ^  chinesischer,   ostasiatischer  oder 
Hun-T.,  in  China  und  auf  den  Sundainseln  cultivirt. 

b.  N,  gigantea  Ledebour,  Riesentabak,  in  Asien  und  Eu- 
ropa, mit  sehr  grossen  dünnen  Blättern, 

c.  iV,  landfoUa  Ag.  langblättriger  T.,  Duttentabak. 
Von    den    zahlreichen    Culturformen    seien  hier  der 

breitblätterige,  der  kurzblättrige  (ungarische  oder  grie- 
chische), der  grossblättrige  Ohio,  der  Cuba-,  der  Havannah-, 
der  Florida-,  Connecticut-  und  Kentucky-,  der  Domingo-, 
Libanon-  Salonichi-  und  der  persische  Tabak  angeführt. 
Vielleicht  gehört  auch  hierher  der  SoWatentabak, 
Nicotiana  glutinosa  Z.,  von  Südamerika,  der  aber  gestielte 
Blätter  trägt. 

3)  Nicotiana  rmticu  Z,.,  Bauern-,  Veilchen-,  ungarischer, 
türkischer,  gemeiner  englischer,  asiatischer,  mexikanischer, 
brasilianischer  Tabak.    Von  den  vorigen  sehr  verschieden. 

*)  Gehört  nach  Wagner  zum  Maryland-T. 


—     359     — 

Die  Blätter  sind  gestielt,  rundlich  eiförmig,    zuweilen 
fast  herzförmig,  mit  abgerundetem  Grunde: 

a.  N.  rustka  latifoUa  (breitblättriger  Bauemtabak), 
oder  die  Blätter  sind  eiförmig  mit  rerschmälertem 
Grunde: 

b.  N.  rustka  angustifoUa  (engblättriger  Bauemtabak), 
frisch  graugrün,  glänzend,  klebrig  und  ganzrandig 
stumpf  oder  wenig  spitz.  Die  Blumenkrone  ist 
gelblichgrün  mit  fünflappigem  Saume. 

Als  weitere  Formen  werden  genannt: 
C.    N.  Seüowü  Link  et  Otto. 
'  '   d.   iV.  peraica  LmcU;  Scbiras-Tabak,  weissblühend. 

c.  N,  auaveolens  Lehm.^  in  Australien  cultivirt. 

Das  Gulturgebiet  umfasst  Afrika,  Asien,  in  Europa 
Ungarn  (Honter,  Neograder  und  Oedenburger  Comitat) 
Hannover  und  Bayern  (Nürnberg). 

4)  Nicotiana  qmdrivalvis  PttrsL^  vierklappiger  oder  Mis- 
souri-Tabak, in  Nordamerika,  liefert  yorzügliche  Sorten. 
Noch  ist  der  in  Brasilien  und  Peru^)  gebaute  rippige 
oder  Jungferntabak,  N,  jyaniculata  L.  (N.  vtridiflora  La- 
gase)  zu  erwähnen,  dessen  gestielte  Blätter  wohl  auch  den 
Handelssorten  beigemengt  erscheinen  mögen. 

Edles  Product  kann  nur  von  dem  qualitativ  besten 
Boden  in  guten  klimatischen  Verhältnissen  gewonnen 
werden.  Humusreiche  Flussthäler  mit  feuchten  Winden 
und  häufigem,  warmem  Regen  sagen  der  Tabakspflanze 
am  besten  zu.  Die  Melioration  des  Bodens  der  eu- 
ropäischen Tabaksfelder  muss  durch  ausgezeichnete 
Düngung  besorgt  werden.  Die  Anbau- Verhältnisse  sind 
sehr  verschieden.  Man  baut  zuert  in  Sandkästen  (Kut- 
schen) und  versetzt  die  Pflänzchen,  nachdem  sie  5-— 6 
Blätter  entwickelt  haben,  von  März  an  bis  Juni  auf  Fel- 
der. Zur  gedeihlichen  und  fast  monströsen  Entwicklung 
der  Blätter  ist  das  Köpfen,  d.  i.  das  Abnehmen  der 
Blüthenknospen  tragenden  Sprosse  und  das  Geizen,  die 
Entfernung  der  Seitentriebe  nöthig.  Die  Ernte  erfolgt 
von  unten  nach  oben,  in  Deutschland  von  September  an, 
wenn  das  Blatt  anfangt,  schlaff  herabzuhängen.  Die 
untersten  Blätter  bilden  das  Erd-  oder  Sandgut  (Sand- 

*}  Von  Peru  aoll  auch  der  krause  T.,  N.  crispa  stammeiir 
der  die  leTantinisclien  Cigarren  liefert  und  in  den  östlichen 
Mittelmeerländem  cultivirt  wird. 


—     360    — 

blatt,  Sandgrumpen),  die  mittleren  das  Best  gut,  die 
obersten  vier  Blätter  das  Mittelgut,  Nach  der  Zahl  der 
Blätter  (8 — 10),  die  man  an  der  Planze  stehen  lässt,  unter- 
scheidet man  Achter  und  Zehnter.  In  Amerika  wird 
die  Ernte  ohne  Unterbrechung  durchgeführt. 

Der  Geruch  des  Tabakblattes- ist  scharf  aroma- 
tisch, nicht  immer  angenehm,  der  Geschmack  bitter-scharf^ 
fast  beissend  und  kratzend.  Der  anatomische  Bau  ist 
für  alle  Arten  fast  durchweg  gleichartig  und  eine  Unter- 
scheidung auf  mikroskopischem  Wege  scheint  nach  den 
bisherigen  Untersuchungen  nicht  durchführbar  zu  sein.  Die 
Oberhaut  der  beiden  Blattflächen  besteht  aus  wellenfor- 
mig-buchtigen  Tafelzellen  mit  Spaltöffnungen,  deren  Zellen- 
paar bei  Nkotiana  rustica  einen  fast  kreisrunden,  bei  N, 
Tahacum  einen  elliptischen  Conto ur  hat.  Wiesner  i)  fand 
für  die  Spaltöffnungen  von 

Nicotiana  Tabacum  die  Länge  0,042  mm,  die  Breite  0.029  mm. 

Nicotiana  rustica  die  Länge  0.038  mm,  die  Breite  0.030  mm. 
Die  Haare  sind  mehrzellig,  zusammengefallen.  Mit- 
unter finden  sich  auch  ungestielte  Drüsen.  Das  Mesophyll 
ist  bifacial:  das  chlorophyllreiche  Pallisadenparenchym 
besteht  aus  einer  Zellreihe,  das  Schwammparenchym 
aus  unregelmässigen,  sternförmigen  Zellen  mit  grossen 
Intercellularräumen.  Einzelne  Zellen  enthalten  KrystaUe 
von  oxalsaurem  Kalk.  Da  der  Tabak  sowohl  in  der 
heissen,  als  auch  in  der  gemässigten  Zone,  also  unter  sehr 
verschiedenen  klimatischen  Einflüssen  gedeiht,  so  ist  es 
begreiflich,  dass  Grösse  und  Dicke  des  Blattes,  Qualität 
und  Quantität  der  Inhaltsstoffe  einer  mehr  oder  minder 
grossen  Variation  unterliegen.  Für  wasserfreien  Tabak 
sind  im  Durchschnitte  folgende  Mengen  der  den  Tabak 
zusammensetzenden  chemischen  Körper  gefunden  worden: 
(in  o/o). 

t  .  ._.  3    i 

f  -•     I     I  •?  i     i 

i     1     I     1     1      .     ^     1     I       l     i 


4.01       1.32        0.57         0.49       1.08       •4.$2       UM       3.W        0.4»     '"T 


')  RohBtoffe  des  Pflanzenreich»  p.  678. 


in  der  Aiebe. 
1.9C       \%,% 


—     361     — 

Die  Zusammensetzung  der  Asche  (ohne  Kohlensäure) 
ißt  folgende: 

i        £ 

«=  .  S  S  'S-  *•  —  .; 

20.07     3.39     41.59  11.72    3.07      3.16      3.86     8.92  5.22. 

Die  abgepflückten  und  (z.  B.  in  Ungarn  an  den 
Häusern  in  Guirlanden)  getrockneten  Blätter  werden  in 
Haufen  zusammengelegt,  erwärmen  sich  nach  einiger  Zeit 
und  machen  einen  Fermentationsprocess  durch,  der  die 
chemische  Beschaffenheit  der  Bestandtheile  einigermassen 
verändert.  Es  bildet  sich  zunächst  Ammoniak  und  SaU 
petersäure,  während  das  Nicotin  an  Menge  abnimmt  und 
sogar,  wie  Nessler  für  syrischen  Tabak  fand,  gänzlich 
verschwinden  kann.  Es  kann  daher  auch  nicotin- 
freien  Tabak  geben.  Auch  durch  die  Ablagerung  der 
genussfähigen  Tabaksproducte  entsteht  eine  geringe  Um- 
setzung der  Bestandtheile  und  das  ätherische  Oel  und 
eine  geringe  Menge  Nicotin  gehen  verloren.  Weiters  wird 
die  chemische  Zusammensetzung  durch  die  Zusätze  oder 
Beizen  beeinflusst,  die  den  Geschmack  und  Geruch  ver- 
bessern und  die  Verbrennlichkeit  des  Rauchtabakes  er- 
höhen sollen.  Zu  Latakia  in  Syrien  werden  die  Tabak- 
Blätter  in  geschlossenen  Räumen  im  Rauche  getrocknet, 
wodurch  ihr  Aroma  verbessert  werden  soll;  daher  heisst 
dieser  geräucherte  Tabak  Abu-Riha  (Vater  des  Wohl- 
geschmackes). Der  Rauch  wird  durch  Verbrennen  mög- 
lichst grünen  Holzes  ejnes  el  Ez'r  genannten  Baumes 
{Quercus  5p.,  Eiche)  erzeugt.    (Bot.  Cent.  HL,  889). 

Das  Nicotin  (CioHiiNj),  der  interessanteste  Inhalts- 
körper ist  ein  schweres,  farbloses  Oel,  in  Wasser  und 
Alkohol  löslich  und  nebst  den  Cyanverbindungen  das 
tödtlichste  Gift.  In  grünen  Blättern  ist  es  zu  1.5 — 9  ®/o, 
in  den  genussfahigen  Tabakssorten  zu  0 — 4  %  enthalten. 
Ktirzlich  veröffentlichte  Untersuchungen  von  Kissling 
haben  ebenfalls  das  ausserordentliche  Schwanken  des 
Nicotingehaltes  in  den  Tabakblättern  dargethan.  In  den 
getrockneten  Tabaksblättem  hat  Hermbstädt  noch  ein 
flüchtiges,  ebenfalls  giftiges,  bitteres  krystallisirbares  Oel,. 
den  Tabakscampher  oder  das  Nicotianin  (CssHjaNaOs) 


—     362     — 

in  sehr  geringer  Menge  anfgefunden,  das  den  angenehmen 
Geruch,  der  beim  Rauchen  guter  Sorten  auftritt,  ver- 
ursachen soll.  Femer  sind  noch  Apfel-  und  Citronen- 
säure  (10—14  %),  Oxalsäuren^ 2  <>/o),  Essigsäure  (im 
Schnupftabak  bis  3  %)  und  Starkemehl  im  Tabak  ent- 
halten. Der  Aschengehalt  schwankt  zwischen  19 — 28  %, 
der  Wassergehalt  in  genussfähigem  Tabak  zwischen  8 
bis  13  %. 

Nach  N essler  ist  es  nicht  der  Nicotingehalt,  der 
die  Güte  des  Tabaks  bedingt;  die  besten  Sorten  haben 
die  geringste  Menge.    Er  fand  in 

Havanna:  Portorico:  Bad. Unterländer:  h^n'^^^r^^^^ 

0.62  1.20  3.36  2.13       2.32 

Procent  Nicotin.  „Darnach  kann,"  wie  König  sagt,  „der 
Nicotiur Gehalt  wohl  die  Schärfe,  aber  nicht  den  Wohl- 
geschmack des  Tabaks  bedingen.  Dieses  folgt  auch  dar- 
aus, dass  der  Tabak  oder  die  Gigarren  im  allgemeinen 
um  so  besser  werden,  je  länger  sie  lagern;  beim  Lagern 
rerflüchtigt  sich  aber  ein  nicht  unwesentlicher  Theil  des 
Nicotins.  Femer  läuft  das  ganze  Wesen  der  Fabrikation 
darauf  hinaus,  den  Nicotin -Gehalt  der  Tabakblätter  zu 
yermindern.  Es  sind  daher  für  den  Wohlgeschmack  und 
die  Güte  des  Tabaks  andere  Momente  entscheidend  als 
der  Nicotin-Gehalt.  Diese  sind  in  erster  Linie  die  aro- 
matischen Bestandtheile  als  solche,  fertig  gebildet 
im  Tabak  und  Stoffe,  aus  denen  sie  sich  während  des 
Brennens  des  Tabaks  bilden  können."  Dazu  kommt  noch 
die  grössere  oder  geringere  Verbrennlichkeit.  Diese 
hängt  im  Allgemeinen  ,von  den  Kaliumverbindungen  ab 
und  wird  auch  durch  die  Beizen  vergrössert. 

Tabak  wird  bekanntlich  als  Rauch-,  Schnupf-  und 
Kautabak  verwendet.  Um  genussfähig  zu  werden,  be- 
dürfen die  Blätter  mannigfacher  Verarbeitung.  Zunächst 
ist  auch  auf  die  Abstammung  Rücksicht  zu  nehmen,  in- 
dem ein  dickes,  mesophyllreiches  Blatt  wohl  zu  Schnupf- 
tabak, nicht  aber  zu  Rauchtabak  verwendet  werden  kann. 
Für  letzteren  ist  ein  dünneres,  feineres  und  feinrippiges 
Blatt  nöthig.  Rauchtabak  kommt  als  Pfeifentabak  und 
als  Gigarre  in  den  Handel.  Die  entsprechend  zubereiteten 
entrippten  Blätter  werden  gebeizt,  zu  Rollen  gesponnen 


—     363     — 

und  geschnitten,  (Pfeifentabak).  Die  Beizen  (Saucen) 
sind  Yomehmlich  mit  Salpeter  versetzte  Gewürzgemische 
und  2  Recepte  für  solche  lauten  nach  König: 

Bester  Halbcanaster:  Portorico: 

50  Theile  ausgelaugter  Unf^ar-  50  Theile  leichte  ausgelaugte 

tabak  Debroer  Blätter 

50      „       leichte  virg.  Blätter.  50       „       Pfälzer  oder  ucker- 

märksche  Blätter 
Sauce  auf  100  kg.  g^^^^  ^„^  ^^0  k«. 

130  g  feiner  Zimmt  130  g   Storax 

130   „  Cardamomen  ohne                  260  „    Branntwein 

Hülsen  130  „   Zimmt 

75   ,    Vanille  75  „    Cascarille 

32  „  jfuter  Thee  130  „    Cubeben 

260  „  Salpeter  100  ,,   Honig 

520  „  Zucker  130  „   Salpeter 

12  Liter  schlechter  Süsswein.  12  kg  Kosen wasser. 

Die  Herstellung  der  Cigarre  beruht  auf  der  Ver- 
fertigung des  Wickels  (Puppe,  Einlage),  welcher  in  das 
Umblatt  eingerollt  wird,  üeber  diese  Rohcigarre  wird 
das  von  besseren  Sorten  stammende  Deckblatt  in  Spiral- 
form gewickelt.  Manillacigarren  haben  ein  der  Länge  nach 
einfach  gewickeltes  Deckblatt.  Besondere  Sorten  be- 
stehen aus  einem  einzigen  um  das  Blatt  von  Sttpa  tena- 
^sima  gerollten  Tabaksblatt.  (Echte  Virginier-Cigarren). 

Zu  Schnupftabak  werden  kräftige,  schwere  Blätter 
genommen,  die  mit  Saucen  behandelt,  einer  auf  verschie- 
dene Weise  eingeleiteten  Gährung  überlassen  und  schliess- 
lich rapirt  (gerieben,  gestampft  oder  gemahlen)  werden. 
Den  Kautabak  stellt  man  besonders  aus  Kentucky-Tabak 
in  Gestalt  fingerdicker  gepresster  oder  gesponnener  Rollen 
(Andouillen)  her. 

üeber  die  Handelssorten  des  Tabaks,  die  man  nach 
den  Productionsländern  in  Europäische,  Asiatische  und 
Amerikanische  gruppirt,  sind  die  zahlreichen  Special- 
arbeiten über  Tabak  einzusehen^). 

Der  ungeheure  Consum  des  Tabaks  macht  ihn  zu 
einem  der  wichtigsten  Objecto  der  Weltwirthschaft  und 

*)  Die  beste  Tabakssorte  wächst  in  der  persischen  Provinz 
La*»r  und  heisst  tambäki  schirasi.  —  Wagner,  Tabakkultur,  Ta- 
bak- und  Zigarrenfabrikation  etc.,  Weimar  1884  (sehr  ausführlich 
und  empfehlenswerth). 


—    364     — 

der  Steuerpolitik,  denn  „sein  Verbrauch  ist  nicht",  wie 
Cicalek*)  sagt,  an  den  Gulturgrad  der  Völker  und  nicht 
an  klimatische  Grenzen  gebunden.  Für  viele  der  minder 
entwickelten  Stämme  gilt  der  Tabak  als  Tauschmittel; 
sie  nehmen  ihn  mit  besonderer  Vorliebe  als  Entlohnung 
für  geleistete  Dienste.  Ja  selbst  als  Münze  wird  er  ge- 
braucht; die  Völker  am  oberen  Nil  verwenden  dazu  ge- 
presste  Tabakskarten  von  3  cm  im  Durchmesser  und  auf 
Cuba  vertreten  Ausschusscigarren  auch  die  Stelle  des 
Kleingeldes." 

Das  Total-Erzeugniss  des  Tabaks  auf  der  Erde  wird 
auf  680  Mill.  kg  geschätzt,  ohne  Berücksichtigung  des 
eigenen  Consums  des  Orientes  und  von  Westindien. 

Die  folgende  Tabelle  enthält  die  Angaben  über  die 
aussereuropäischen  Tabak-Exporte  (nach  von  Neumann- 
Spallart): 

kg  Rohtabak 

Ver.   Staat,  v.  Nordamerika  1879/80  ca  77  448000 

Niederl-Ostindien  1879 20  937  800 

Brasilien  1879  ca 20000000    Als  naohweis- 

Türkei  1875  ca 8  200  000?  bare      Jahres- 

Cuba  1880 6  064 100    Erzeugung  für 

Britisch-Ostindien  1880/81 6  023  218    die  aussereuro- 

Paraguay  1879 2  883  000    p&ischen  Staa- 

San  Domingo  1879 2  646000      ten  ergeben 

Golumbien  1877/78 2  052  400    sich  490  Mill. 

Algier  1879       1851882    Kilogramm. 

Portorico  1879 1776  400 

Persien  1879 1600000 

Philippinen  1879 1436300 

Japan  1879/80 1248858 

China  1880 1  153  586 

Argent.  Bepublik  1879 443  304 

Peru  1877 388000 

Mexiko  1879/80 341 649 

San  Salvador  1879 267  076 

Venezuela  1879 175  000 

Ecuador  1880 13  500 

Bolivia  1878                             8  3üO 

Zusammen  156  958  873 


^)  Der  Tabak,  dessen  Anbau,   Verarbeitung  und   Verbrauch. 
Wien  1880. 


—     365     -^ 

Die  europäische  Tabak- Cultur  zeigt  folgende  Ent- 
wicklung: 

k^  Rohtabak 

Russland  1878 71958000 

Oesterreich -Ungarn  1879   ....  61581100 

Deutsches  Reich  1879/80  ....  28409000 

Frankreich  1880 13  889000 

Italien  1877       5073  370 

Niederlande  1878 8132  880 

Rumänien  1876 2  072  160 

Finnland 200  000 

Schweden  1877 144700 

Dänemark 126  000 

Zusammen  186036  210 

Der  Verbrauch  stellt  sich  nach  dem  genannten  Au- 
tor per  Kopf  in  der  Union,  Niederlande,  Belgien  auf  2  kg, 
für  Oesterreich-Üngarn,  Deutschland,  Schweden,  Norwegen 
und  Russland  auf  circa  1  kg. 

Die  Sitte  des  Tabakrauchens  i)  hat  Columbus  bei 
seiner  ersten  Entdeckungsreise  in  Amerika  (1492)  schon 
vorgefunden,  und  die  Spanier  haben  sie  auch  nach  Eu- 
ropa gebracht.  Der  von  Columbus  zurückgelassene  Eremit 
Fra  Romano  Pane  sah  die  Pflanze  und  schickte  1518 
Samen  nach  Europa.  In  einem  1535  zu  Sevilla  erschie- 
nenen Werke  beschrieb  Gonzalo  Hernandez  de  Oviedo  y 
Valdes  zum  erstenmal  genau  die  Tabakspflanze  und  er- 
wähnt auch  des  gegabelten,  Tabaco  genannten  Rohres  von 
der  Gestalt  eines  Y,  aus  dem  die  Indianer  das  ge- 
trocknete Kraut  rauchten.  Von  einem  1560  aus  Süd- 
amerika zurückgekehrten  Edelmann  erhielt  Jean  Nicot, 
der  französische  Gesandte  in  Lissabon  den  Samen  der 
Pflanze  und  liess  ihn  in  einem  Garten  bauen;  die  Blätter 
wurden  gegen  äusserliche  Krankheiten  mit  Erfolg  ange- 
wendet und  sind  schnell  berühmt  geworden.  Nicot  sandte 
Blätter  und  Samen  an  Katharina  von  Medici  nach  Frank- 
reich. Nach  Deutschland  kam  der  Tabak  1565  durch 
den  Augsburger  Stadtphysikus   Adolf  Occo,    der   das 


*)  Tiedemann,  Geschichte  des  Tabaks,  1854. 


—    366    — 

Kraut  aber  nicht  kannte  und  dasselbe  an  den  Memminger 
Arzt  Funk  sandte,  der  es  wieder  dem  berühmten  Züricher 
Botaniker  G.  Gessner  vorlegte.  Der  erkannte  es  als 
die  damals  gegen  bösartige  Greschwüre  angewendete  Tabak- 
pflanze. Franz  IL  von  Frankreich  schnupfte  Tabak,  angeb- 
lich wegen  eines  häufig  sich  wiederfaolendi^i  Kopfleidens, 
die  Hofleute  thaten  dasselbe  und  seitdem  wurde  am 
französischen  Hofe  —  namentlich  unter  Ludwig  XIV.  von 
Männern  und  Frauen  stark  Tabak  geschnupft.  Gegen  das 
Schnupfen  erliess  Urban  VIH.  eine  den  Kirchenbann  an- 
drohende Bulle,  die  von  Benedict  XIU.,  der  selbst  gerne 
schnupfte,  aufgehoben  wurde.  Um  die  Mitte  des  XVI. 
Jahrhunderts  gaben  spanische,  aus  Amerika  heimkehrende 
Matrosen,  die  den  Tabak  aus  kleinen  Schilfröhrchen 
rauchten,  Anlass  zur  Verbreitung  des  Tabakrauchens  in 
Spanien  und  Portugal.  Aehnliches  wird  von  der  Einfüh- 
rung dieser  Sitte  in  England  berichtet.  Jakob  I.  dic- 
tirte  eine  ziemlich  hohe  Abgabe,  die  aber  die  Verbreitung 
des  Tabaks  nicht  hemmte.  In  Deutschland  waren  die 
Heere  des  dreissigjährigen  Krieges  die  eifrigsten  Ver- 
breiter des  Tabakrauchens.  In  Bern  verbot  man  das- 
selbe unter  Androhung  von  Geld-  und  Gefängnissstrafen 
und  Ausstellung  auf  den  Pranger.  In  Constantinopel 
wurde  der  Tabak  im  Jahre  160Ö  bekannt  und  man  ging 
sehr  strenge  gegen  die  Raucher  vor:  „Man  liess  Menschen 
die  Nase  durchbohren,  durch  das  Loch  ein  Pfeifenrohr 
stecken,  die  Personen  auf  Esel  setzen  und  durch  die 
Strassen  von  Constantinopel  führen.  Sultan  Murad  IV. 
untersagte  das  Tabakrauchen  bei  Todesstrafe  und  liess 
Alle,  die  beim  Rauchen  angetroffen  wurden,  sofort  er- 
morden, die  Leichname  auf  die  Strasse  werfen;  auch  liess 
er  Tabakraucher  henken  und  viertheilen,  oder  mit  zer- 
schmetterten Händen  und  Füssen  vor  die  Zelte  werfen." 
(Reich).  In  Abessinien  ist  noch  heute  auf  den  Taba^- 
genuss  die  Todesstrafe  gelegt.  In  dem  Zeitraum  von 
1615 — 1660  wurde  der  Tabakbau  schon  in  Holland,  im 
Elsass,  in  der  Pfalz  versucht,  bedeutend  später  erst  in 
Brandenburg,  Thüringen  und  Sachsen. 

Verfälschungen  des    Tabaks    mit  Blättern   anderer 
Pflanzen  (Runkelrüben,  Ulmen,  Platanen,  Nussbaum,  Huf- 


—     367    — 

lattdch,  Sauerampfer,  Kohl)   sollen  ziemlich  häufig  vor- 
kommen. 


Anhang.  Ghimo.  In  Merida,  Trujillo  und  der 
ganzen  West-Cordillera  der  Republik  Venezuela  bildet 
das  mit  Urao  (Soda)  vermischte,  zu  grosser  Consistenz 
eingekochte  Tabaksextract  als  Ghimo,  in  Horndosen  oder 
Maisblättern  aufbewahrt,  ein  fast  unentbehrliches  Genuss- 
mittel, das  mit  dem  Zeigefinger  auf  das  Zahnfleisch  ge- 
bracht, durch  den  Speichel  nach  und  nach  gelöst  und 
mit  demselben  verschluckt  wird.  Das  Extract^)  sieht 
dem  Lakrizensafte  ähnlich,  ist  glänzend  schwarz,  riecht 
schwach  tabakartig  und  hat  einen  anfangs  süsslichen,  dann 
aber  bitteren  und  ekelhaften,  kratzenden  Geschmack  und 
färbt  den  Speichel  braun.  Beim  Verbrennen  entwickelt 
sich  ein  kräftiger  Geruch  nach  starkem  Tabak  ( Virginier- 
Cigarre).  Die  mikroskopische  Untersuchung  weist  Stärke- 
körnchen, Gewebsreste,  Pilzschläuche  und  Sporen  auf. 
Venezuela  hat  das  Chimö  in  Wien  1873  zur  Ausstellung 
gebracht. 


2.   Thee. 

Die  Blätter  des  chinesischen  Theestrauches, 
'fhea  ckmefms  Z.,  (TernatroemiacecB)^  werden  seit  den  ältesten 
Zeiten  in  China  als  Genussmittel  verwendet.  Der  Ver- 
brauch des  Thee's  in  Europa  stellt  denselben  in  eine 
Reihe  mit  Kaffee  und  Tabak. 

DerTheestrauch  ist  ursprünglich  in  der  ostindischen 
Landschafk  Assam  und  den  benachbarten  Gebieten  ein- 
heimisch und  wird  in  China  und  Japan,  in  neuerer  Zeit 
auch  auf  Java,  in  Britisch-Indien,  auf  Ceylon  und  Reunion 
und  in  Brasilien  cultivirt.  Auf  Ceylon  sind  2720  Acres 
mitTheesträuchem  bepflanzt.  In  Indien  nimmt  dieThee- 
cultur  ein  Areal  von  206  700  Acres  ein,  das  40  Millionen 
Ibs  Thee  (=  11  Mill.  Pfd.  Strlg.)  liefert.    Die  Vorberge 


*)  Zeitschrift  d.  allg.  öst.  Apoth-Ver.  1877  Nr,  12. 


—     368    — 

des  Himalaja  vom  Brahmaputra  bis  zum  Indus  (Darjee- 
ling-  und  Terrai-Thee)  sind  bis  über  2000  m  hodi  mit 
Theesträuchern  bepflanzt.  Das  chinesische  Theegebiet 
liegt  zwischen  dem  25.  und  3S.^  n.  B.  und  begreift  das 
Berg-  und  Hügelland  der  Eüstengegenden,  und  zwar  die 
Provinzen  Eiangsi,  Hupe  im  Süden,  Kuantung  (Ausfuhr 
über  Ganton),  Fukian,  Tschekiang  im  Südosten;  der  An- 
bau concentrirt  sich  besonders  um  die  Städte  Fut-scheo, 
Klu-tscheu,  Ning-pho  und  Schao-hing.  —  In  Japan  wird 
der  Theestrauch  auf  den  drei  südlichen  Inseln  bis  zum 
39.^  n.  B.  cultirirt;  der  beste  Thee  wächst  in  üji,  Daigo 
und  Togano;  Formosa  und  Hinterindien  besitzen  ebeufaUs 
Theepflanzungen.  Nach  Java  hat  Reinhardt  1828  den 
Theestrauch  gebracht  und  die  Holländer  haben  sich  seine 
Gultur  sehr  angelegen  sein  lassen;  die  ältesten  Plantagen 
liegen  in  einer  Höhe  von  1500—1600  m. 

Kein  Volk  der  Erde  hat  eine  so  grosse  Eignung  zum 
Anbau  des  Theestrauchea  —  und  auch  zum  Verständniss 
der  Vorzüge  und  Güte  des  Thee's  in  Folge  tausendjäh- 
riger üebung  erlangt,  wie  das  chinesische  —  aber  auch 
keine  Pflanze  kann  sich  einer  so  ausgedehnten  Sorgfalt 
und  Pflege  erfreuen,  als  der  Theestrauch.  Das  beste, 
fetteste,  gegen  Mittag  gelegene  Erdreich,  gedüngt  mit  sehr 
stickstoffreichen  Körpern  (Oelkuchen,  Senfsamenkucben, 
Sardellen),  fleissige  Bewässerung,  und  überhaupt  ocea- 
nisches  Klima  sind  die  Haupterfordernisse  für  sein  Ge- 
deihen. Man  lässt  den  Strauch  nur  buschig  wachsen;  er 
bleibt  etwa  ein  Menschenalter  hindurch  nutzbar.  Vier- 
bis  fünfmal  des  Jahres,  von  April  bis  October,  werden 
die  Blätter  in  Pausen  von  IVi  Monaten  abgenommen. 
Die  ersten  Ernten,  besonders  jene,  in  welcher  die  jüngsten 
noch  natürlich  gefalteten  Blättchen  gepflückt  werden, 
liefern  die  besten  Sorten. 

2%ea  chmenm  L,  ist  eine  sehr  formenreiche  Pflanze. 
Man  hat  einige  früher  als  constant  angesehene  Formen 
als  Arten  aufgestellt  und  als  I%ea  Mnensis  im  engeren 
Sinne,  7%.  viridis  X.,  Th.  Bohea  L,^  Th.  stricta  Haym,  T.  as- 
samka  Lindl.  beschrieben.  Der  zahlreichen  Uebergänge 
einer  Form  in  die  andere  wegen  sind  dieselben  wohl 
kaum  scharf  auseinander  zu  halten. 


—    369    — 

Der  Theestrauch,  der  bekannten  Camellie^)  sehr 
ähnlich,  erreicht  eine  Höhe  von  9—12  m,  gewöhnlich 
abernur  von  1—2  m,  und  besitzt  kahle  oder  seidenhaarige 
Zweige.  Die  ausgewachsenen  Blätter  sind  kurz  gestielt, 
die  wohlriechende  Blüthe  hat  5  verkehrteiförmige,  weisse 
Kronblätter,  zahlreiche  Staubgefässe  und  einen  drei- 
facherigen Griffel;  die  Frucht  ist  eine  holzige,  fachspaltige 
Kapsel. 

Das  ausgewachsene  Theeblatt  ist  länglich  lan- 
zettlich oder  verkehrt  eiförmig,  zugespitzt,  mit  gesägtem, 
schwach  umgerolltem  Rande,  6—12  cm  lang,  dick,  steif, 
lederartig,  glänzend,  mit  starker  Primärrippe  und  jeder- 
seits  mit  5 — 7  fast  unter  einem  rechten  Winkel  abzwei- 
genden Nebenrippen;  letztere  gehen  nahe  am  Blattrande 
in  ein  grobmaschiges  Rippennetz  über.  Die  eben  aus  der 
Knospe  sich  entfaltenden  Blätter  sind  auf  der  Unterseite 
von  anliegenden  feinen  Seidenhaaren  silbergrau. 

Das  Theeblatt  ist  nach  dem  bifacialen  Typus  ge- 
baut, indem  sein  Mesophyll  ein  zweischichtiges  ist.  Ein 
Querschnitt  (Fig.  88)  zeigt  folgende  Schichten:  1.  Ober- 
haut der  Ober-  (ep)  und  der  Unterseite  (ep');  2.  Palli- 
saden  -  Parenchym  (pp);  3,  Schwammparenchym  (sp); 
4.  Gefässbündel;  5.  Steinzellen  oder  Idioblasten  (st).  Die 
Oberhautzellen  der  Oberseite  eind  polygonale  cuticulari- 
sirte  Tafelzellen  (im  Querschnitte  rechteckig),  die  der 
Unterseite  sind  etwas  gebuchtet  und  schliessen  zahlreiche 
sehr  kleine  Spaltöffnungen  zwischen  sich  ein.  Die  Haare 
sind  einzellig,  schmal,  dickwandig,  gerade  und  fein  zu- 
gespitzt; kleine  Drüsenhärchen,  aus  einer  kurzen  Stiel- 
und  einer  Köpfchenzelle  bestehend,  wechseln  mit  den 
langen  Haaren  ab.  An  die  Epidermiszellen  der  Ober- 
seite legt  sich  die  Pallisadenschichte  an,  die  aus  zwei 
Reihen  senkrecht  zur  Blattfläche  gestellter,  lückenlos  anein- 
ander schliessender,  reichlich  Chlorophyll  führender  Pa- 
renchymzellen  zusammengesetzt  ist;  die  Zellen  der  ersten 
(äusseren)  Reihe  sind  länger,  als  die  der  zweiten.  Die 
zweite  Mesophyllschichte  stellt  ein  Schwammparenchym  dar, 


*)  Die  Familie  der  Temstroemiaceen  zählt  nur  die  zwei  Gat- 
tangen  Thea  und  Camellia. 

Hanaaiek,  Nahrnngs-  u.  Genusimittel  a.  d.  PflanzeuT«loh.    %^ 


—    370    — 

dessen  kleine,  rundlich  polyedrische,  Krystalldrusen  des 
kleesauren  Kalkes  fuhrende  Zellen  nicht  besonders  grosse 
Zwischenräume  zwischen  sich  frei  lassen.  Die  auffallendsten 


Fig.  88. 


'POJIIJTJJI 


T  h  e  e.    I  Quersehnitt  doroh  das  TheebUtt.   O  Oberseite,  U  Unterseite,  ep  ep 

Oberbaut  der  Oberseite,   ep'   ep'  der  Unterseite,  pp  Pallisadenparencbym,  «p 

Schwammparenchym  qiit  Drusenkrystallen  Ton  ozalsaurem  KaUc  k.  —  st  tu  II 

st  SteinieUen  (Idioblasten). 


Gewebselemente  sind  aber  die  Steinzellen,  die  in  grösserer 
Menge  in  der  Nähe  der  Gefässbündel  auftreten  und  gleich 
Strebepfeilern  das  Blatt  seiner  ganzen  Dicke  nach  durch- 
setzen. Sie  weisen  die  bizarrsten  Formen  auf,  verästeln 
sich  häufig  mehrfach,  sind  stark  verdickt,  besitzen  jedoch 
immer  ein  sehr  unregelmässig  contourirtes  Lumen.  Das 
Blatt  der  verwandten  Gattung  (JamelUa  besitzt  ebetifalls 
solche  Idioblasten,  sonst  aber  treten. sie  in  Blättern  höchst 
selten  auf,  und  sind  daher  zur  Charakteristik  des  Thee- 
blattes  ausgezeichnet  brauchbar.  (I,  II,  st).  Nach  der  Zu- 
bereitung unterscheidet  man  schwarzen,  grünen  und 
gelben  Thee.  Die  chemische  Zusammensetzung  wird 
durch  die  Zubereitung  nur  wenig  verändert;  in  den  Thee- 
blättern  werden  folgende  Stoffe  gefunden: 


—    871  — 

I       ^  h  i 

i       I     s      j     ^.s  i     3 

J  S  :S  f  i  i  t 


€ 

<} 

iS 

, 

•3 

J 

-•* 

.0 

■^ 

2 

4 

11.49  21.22       1.3S         0.67  3.62  1.1S        12.36        16.75        20J0       S.ll 

Die  Zusammensetzung  der  Asche  (nach  König)  ist 
folgende: 


•1 

f 

5 

i 

1 

2 

f 

1 

1 

e«o 

.  1        i 

8.87 

6.18 

9.29 

13.28 

7.00 

9.82  1.79 

24.67    19.42 

Die  Prote'instoflfe  des  Thees  (15 — 30  %)  werden  zum 
Theil  schon  in  Wasser  gelöst.  Der  wichtigste  Körper  ist 
das  The'in,  ein  mit  dem  in  den  Kaffeebohnen  vorkommen- 
den Coffein  identisches  Alkaloid 

C8HioN4  0,+H2  0=^gg      I 

2CHs  J 
das  in  sehr  rerschiedener  Mepge  in  den  Theeblättern 
enthalten  ist  (0.44 — 4.94  ®/o);  in  den  meisten  Sorten  sind 
1.27 — 3.09  %  gefunden  worden  und  auffallend  erscheint 
es,  dass.  in  schlechten  Sorten,  z.  B.  im  Ziegelthee  der  Ge- 
halt an  Thein  grösser  ist,  als  in  guten,  aus  jüngeren 
Blättern  bestehenden  Sorten.  Auch  wird  behauptet,  dass 
schwarzer  Thee  mehr  Thein,  aber  weniger  ätherisches 
Oel,  als  grüner  Thee  enthalten  soll.  Wahrscheinlich  ist 
es  an  die  Gerbsäure  gebunden  und  das  gerbsaure  Thein 
nur  im  heissen  Wasser  löslich;  Theeau^uss  wird  beim 
Erkalten  trübe,  weil  das  gerbsaure  Thein  dann  gefällt 
worden  ist^).     Da  die   nervenerregende  Wirkung   beim 

*)  Um  das  Thein  aus  den  Theeblättern  zu  gewinnen,  übergiesst 
man  nach  A.  Vogel  15  g  Theepulver  mit  SOO  cc  Wasser  und 
kooht  mit  Zusatz  yon  5  g  gebrannter  Magnesia;  yon  letzterer 
setzt  mau  noch  zweimal  je  5  g  hinzu.  Das  mit  heissem  Wasser 
gewaschene  Filtrat  verdunstet  man  mit  Sand  und  wenig  Magnesia, 
den  trocknen  Rückstand  zieht  man  mit  heissem  Benzol  aus :  nach- 
dem letzteres  yerdampft  ist,  erscheint  als  Rückstand  das  Tii9in  in 
feinen  Krystallnadeln. 

94» 


—    373     - 

Genuas  schlechter  Theesorten  nicht  in  dem  Maasse  auf- 
tritt, wie  bei  dem  guter  Sorten,  so  kann  sie  nicht  allein 
dem  Alkaloide  zugeschrieben  werden,  sondern  wird  auch 
durch  das  ätherische  Theeöl,  eine  citrongelbe,  nach 
Thee  riechende  Flüssigkeit,  verursacht.  Im  grünen  Thee  ist 
letzteres  bis  zu  0.79 — 1  %,  im  schwarzen  bis  zu  0.6  %  ent- 
halten. Von  besonderer  Bedeutung  ist  auch  die  im  Thee  bis 
zu  9—20  %  enthaltene  Gerbsäure  (identisch  mit  der 
Galläpfelgerbsäure);  Mulder  fand  im  grünen  Thee 
17.8  %,  im  schwarzen  12.88  %  Gerbsäure;  eine  ihr  ähn- 
liche Säure,  die  Boheasäure  hat  Rochleder  im  Thee 
aufgefunden.  Der  Wassergehalt  schwankt  zwischen 
7.10 — 12.66  % ;  die  Asche  darf  nie  über  6.5  ®/o  betragen,  und 
gefälschte  Theesorten  haben  oft  einen  Aschengehalt  von 
11—45.50/0. 

Ueber  die  Mengen  der  in  Wasser  löslichen  Sub- 
stanzen sind  zahlreiche  Untersuchungen  von  König, 
Eder,  Slateru.  a.  gemacht  worden.  Wir  beschränken 
uns  auf  die  Angabe  der  wichtigsten  Durchschnittszahlen. 
Von  gutem  Thee  gehen  durchschnittlich  33%  in  das 
wässrige  Extract  über.  Davon  sind  annähernd  1.35  % 
Thein,  9.5  >  sonstige  Stickstoflfverbindungen,  11.5  % 
Gerbsäure^),  7.15  %  sonstige  stickstofffreie  Stoffe  und 
3.5  7o  Ascne.  Vergleicht  man  diese  Zahlen  mit  denen 
der  Theeblattanalyse,  so  ergiebt  sich,  dass  das  Thein  und 
die  Gerbsäure  fast  ganz,  die  Asche  bis  70  %  gelöst  wor- 
den sind. 

Zubereitung.  Die  beiden  Hauptsorten  desThees,der 
grüne  u.  schwarze  Thee,  denen  man  gegenwärtig  noch 
eine  dritte,  den  gelben  Thee  hinzufügen  muss,  können  von 
den  Blättern  jeder  Theestrauchform  gewonnen  werden,  in- 
dem nur  die  verschiedenartige  Zubereitung  massgebend  ist. 
Grüner  Thee:  Sobald  die  Blätter  und  Zweigspitzen 
gepflückt  worden  sind,  werden  sie  in  eisernen  Pfannen 
4—5  Minuten  lang  unter  fortwährendem  Umrühren  ge- 
röstet, (nach  V.  Siebold  auch  dem  Dampfe  von  kochen- 
dem Wasser  ausgesetzt),  hierauf  auf  Tischen  mit  den 
Händen  geknetet,  gewalkt  und  hin-  und  hergerollt,  wodurch 
sie  die  Cylinder-  oder  KnöUchen-Formen  annehmen.  Nun 
überlässt  man  sie  einige  Zeit  der  Einwirkung  der  Sonneu- 

*)  Nach  Eder  7.5  %. 


—    873    — 

wärme  u.  röstet  sie  schliesslich  noch  einmal  vorsichtig  durch 
längere  Zeit.  Durch  diese  Behandlung  wird  hauptsächlich 
ein  entsprechender  Wasserverlust  herbeigeführt.  Von  30 
Pfd.  frischer  Blätter  erhält  man  8— 10  Pfd.  an  der  Sonne 
getrocknete  und  10  Pfd.  von  diesen  geben  gegen  9  Pfd. 
geröstete.  —  Blattstiele  und  Bruchstücke  werden  durch 
Auslesen  und  Sieben  entfernt,  und  als  Theestaub  weiters 
verwendet.  Der  für  den  Export  bestimmte  grüne  Thee 
erfährt  noch  eine  Färb -Aufbesserung  und  erhält  durch 
Behandlung  mit  Gelbwurz,  Gyps,  Berliner  Blau  oder  In- 
digo das  graugrüne  Aussehen. 

Schwarzer  Thee.  Lässt  man  die  Blätter  nach  dem 
Einsammeln  zuerst  welken,  was  durch  Durchwühlen  und 
Durchkneten  befördert  wird,  schichtet  sie  dann  in  Haufen, 
so  gerathen  sie  in  Gährung  und  werden  schwarzbraun 
oder  schwarz.  Das  Rösten  und  Rgllen  geschieht  ebenso, 
wie  mit  der  grünen  Sorte.  Die  als  gelber  Thee  be- 
zeichneten Sorten  scheinen  wie  grüner  Thee  zubereitet 
zu  werden,  sind  aber  keiner  künstlichen  Färbung  unter- 
worfen. 

Dass  manche  Theesorten  durch  Beimischung  der  wohl- 
riechenden Blüthen  des  Orangenbaumes,  des  Jasmins  {Jas- 
minum  Sambac  Ää,\  von  Gardenia  florida  Z.,  Osmanthus  fragrans 
Lour.,  einen  angenehmen  Geruch  erhalten  (Blüthenpecco), 
ist  Thatsache;  dagegen  dürfte  das  An  duften,  d.h.  den 
Thee  dadurch  wohlriechend  zu  machen,  dass  man  in  seine 
Nähe  Blüthen  legt,  wohl  nur  eine  Fabel  sein. 

Handelssorten.  Schwarzer,  grüner  und  gelber  Thee 
werden  in  zahlreiche  Untersorten  geschieden,  denen  der 
verschiedenen  Culturbedingungen  und  des  verschiedenen 
Blattalters  wegen  verschiedenes  Aussehen,  und  verschiede- 
ner Geruch  und  Geschmack  zukommen.  Die  wichtigsten 
Sorten  sind  im  Folgenden  übersichtlich  zusammengestellt. 
Chinesischer  Thee. 

A.  Schwarzer  Thee:  Schwarzbraune  oder  schwärz- 
lich grüne,  der  Blattlänge  oder  Blattbreite  nach 
zusammengerollte  verbogene,  sehr  unregelmässige 
Spindeln  von  1—3  cm  Länge,  häufig  mit  Blatt- 
stielen gemengt. 
1)  Pecco,  in  zahlreichen  Abstufungen,  haupt- 
sächlich Zweigspitzen  mit  1 — 2  fast  entfalteten 


—    374    — 

u.  einigen  noch  natürlich  eingerollten  Blättern, 
die  auf  der  Unterseite  mit  einem  silbergrauen 
Haarüberzuge  versehen  sind:  30  Zweigspitzen 
wiegen  0.7  g.  Pecco  ist  daher  zweifarbig, 
schwarzbraun  und  grau.  In  unserm  Handel 
kommen  vor: 

a.  FFFPecco;  zahkeiche lichtsilbergrau- 
filzige  Blättchen  auf  den  ebenso  behaar- 
ten Zweigspi^Ben,  entfaltete  Blättchen  an 
den  Rändern  eingerollt ;  ganze  Spindeln 
circa  25  cm  laug;  Blüthenfragmente, 
Fruchtknoten  nicht  selten.  Die  als 
Flowery  Pecco  bezeichnete  Sorte  ent- 
hält 0.5  cm  breite,  2—3  cm  lange  Blätt- 
chen, ziemlich  starke  Zweige  u.  zahlreiche 
Blüthen.    Scheint  oft  gemischt  zu  sein. 

b.  F. F. Pecco,  weissfilzige  Aestchen  in  ge- 
ringerer Anzahl,  ältere,  weniger  behaarte 
Blätter  und  auch  ganz  flache  blassgelb- 
liche Blattstücke  unter  den  jugendlichen 
eingestreut, 

c.  Orange-Pecco;  sehr  lange,  dünne  Cy- 
linderchen,  aus  meist  glatten,  bis  4  cm 
langen  Blättern  bestehend,  deutlich  spi- 
ralig gedreht,  mit  kräftigem  Gerüche 
(parfiimirt). 

d.  Pecco  min;  zahlreiche  slatte,  gelb-  und 
dunkelbraune,  aber  fast  keine  schwarzen 
Blätter,  Stücke  schlecht  gedreht,  hin- 
und  hergewunden ;  ganz  vereinzelt  kom- 
men filzige  Blättchen  vor.  Durch  die 
Farbe  auffällig  von  guten  Peccosorten 
unterschieden. 

2)  Souchong,  schwarzbraune  o.  ganz  schwarze 
3 — 4  cm  lange,  geballte  oder  schlecht  gedrehte, 
geradlinige  oder  zerknüllte  Stücke  von  sehr 
gleichmässigem  Aussehen.  Blätter  bis  1.8  cm 
breit,  glänz  glatt,  zahlreiche  1.5  cm  lange 
Stiele.  30  Cylinderchen  wiegen  0.3  g.  Als 
Sorten  bekannt;  Glendower  und  Brakfast 


—    375    — 

Letztere  noch  schlechter  gerollt,  enthält  viele 
Stiele  und  gröbere  Blätter;  erweckt  den  Ver- 
dacht, aus  schon  gebrauchten  Blättern  ver- 
fertigt zu  sein.  Besser  gedreht  ist  P  o  u  c  h  o  n  g, 
hat  aber  ziemlich  grobe  Blätter,  der  Aufguss 
riecht  nach  Ambra. 
3)  Congu,  Congo*),  Schwarze,  mit  braunem 
Schimmer  versehene  ziemlich  grosse,  mehr 
gefaltete,  als  gedrehte,  breite,  massig  gebogene, 
aber  sehr  wenig  zerknüllte  Spindeln  aus  ver- 
schieden grossen,  bis  2.4  cm  breiten,  und 
wieder  sehr  kleinen  Blättern  bestehend;  30 
Cylinder  =  0.3  g.  Zahlreiche  üntersorten, 
wie  Oopak,  Ningeschow,  Moning  (sehr 
gut);  bei  uns  häufig  Congu  Richard  und 
Kays ow- Congu;  als  Kaysow  gehen  zwei 
ganz  verschiedene  Sorten,  die  eine  aus 
kleinen  Spindeln,  die  andere  aus  grösseren 
grauschwarzen  nur  zusammengeballten  Blät- 
tern bestehend. 

4)  Oulong,  dem  Congu  ähnlich,  theils  schwärz- 
lich grün,  theils  aber  auch  gelb. 

5)  Caper  oder  schwarzer  Gunpowder 
(schwarzer  Schiesspulverthee),  eine  sehr  ge- 
ringe, schwarze  Theesorte;  schwarzbraune 
oder  schwarzgraue,  sehr  harte,  spröde,  unter 
den  Zähnen  fasst  knirschende,  schwach  glän- 
zende, unregelmässig  rundliche  oder  platte 
Kömer  von  sehr  verschieden  grossem  Durch- 
messer von  2,  4 — 5  mm;  —  scheint  schwarz  ge- 
färbt zusein;  in  heissem  Wasser  werden  die 
Blätter  hellgelb      24  Kügelchen  wiegen  0.3  g. 

6)  Thee  Bohe,  siehe  den  „grünen  Thee." 

7)  Mandarinenthee;  kugelige  oder  kan- 
tige Körper  von  der  Grösse  einer 
Wallnuss  mit  2 — 2.5  cm  Durchmesser,  ein- 
gehüllt in  gelbliches  chinesisches  Papier, 
dessen  Spitzen   in  ein   dünnes,    eingerolltes 


*)  Concho,  Kongou,   ein  Thee,  auf  welchen  Arbeit  verwendet 
worden  ist. 


—    376    — 

Zopf  eben  gedreht  sind;  die  Kugeln  sind  fest 
gedreht  und  bestehen  aus  ziemlich  gut  längs  > 
gerollten,  schwarzen  oderrothbraunen,  glatten 
oder  schwach  behaarten,  2  cm  langen  Blättern, 
deren  feine,  angedrückte  Zähnchen  einen  farb- 
losen feinen  Saum  besitzen;  in  heissem  Wasser 
werden  die  Blätter  bräunlich  gelb.  Das  Ge- 
wicht einer  Kugel  schwankt  zwischen  1.4  und 
3  g  und  beträgt  durchschnittlich  2.2  g. 
Eine  in  Papier  gewickelte  Theesorte  heisst 
auch  Poutschong  oder  Pao-tschong. 

B.  Grüner  Thee.  Mattgraugrüne,  bleigraue  oder 
bläulichgrüne,  meist  sehr  fest^  quergerollte,  ver- 
bogene Cylinder  oder  zu  Kugeln  geballte  Stücke 
mit  grauem  Schimmer.  Die  Cylinder  häufig  noch 
für  sich  eingerollt,  bogenförmig  und  spiralig  ge- 
wunden.    Geruch  sehr  kräftig. 

1)  Younghaysan  (=Hyson),  Üxim-Thee; 
gleichförmig  graugrüne  1.5 — 2  cm  lange,  harte 
Cylinder  aus  grösseren  glatten,  quergerollten 
Blättern  bestehend;  Cylinder  wellenförmig  ge- 
bogen oder  eingerollt;  Blätter  stets  gestielt, 
oder  Blattspitzen  mit  hervorstehender  Haupt- 
rippe, die  Oberseite  der  Blätter  liegt  nach 
aussen.  Eine  vorzügliche  von  Bruch 
ganz  freie  Waare. 

2)  H ay  s an  (FF  etc.).  Cylinder  verschieden  gross, 
schlechter  quergerollt,  eingeknüllt,  oft  knollig; 
viele  Bruchstücke  und  Blattstiele.  Farbe 
theils  bläulichgrün,  theils  graugrün;  mit  rund- 
lichkantigen, 3  fächerigen,  3.5  mm  hohen,  am 
Scheitel  5  mm  breiten  Früchtchen  häufig  ver- 
mischt. 

3)  Haysan-Skin  (Haysan  -  Chin) ,  theils  quer-, 
theils  längsgerollte  aber  schlechter  und  un- 
regelmässig gedrehte  Blätter  mit  viel  Bruch- 
waare;  die  gröberen  Bruchstücke  werden 
durch  Schwingen  entfernt. 

4)  Imperial-,  Tschy-,  Perl-,  Kaiserthee. 
Bläulichgrüne,  mitunter  etwas  dunklere,  an 


—    377    — 

abgeriebenen  Stellen  schwach  glänzende  Kü- 
gelchen  oder  KnöUchen  oder  auch  flachrund- 
liche, ellipsoidische  Stücke  von  verschiedenem 
Durchmesser,  die  rundlichen  5—7  mm,  die 
länglichen  bis  1  cm  lang ;  aus  feinen,  auf  der 
Unterseite  noch  seidenhaarigen  Blättern, 
Zweigspitzen  undetwas  älteren,  feingezähnelten 
Blättern  bestehend.  Eine  ausgezeichnete 
Sorte. 

Imperial-Cantonmade  hat  linsen- 
förmige bis  1  cm  breite,  sehr  glatte  Körner. 

5)  Gunpowder,  Aljo-far,  grüner  Schiess- 
pulverthee.  Sehr  kleine,  harte,  graugrüne, 
theils  kugelige,  theils  längliche  Körner,  von 
2—4  mm,  in  der  besten  Sorte  bis  6  mm  Durch- 
messer; aus  3  cm  langen  jungen  Blättern 
bestehend,  die  in  heissem  Wasser  gelblich- 
grün werden. 

Gunpowder- Cantonmade  hat  ver- 
schieden grosse,  flachrundliche,  glänzend- 
bläulichgrüne  Körner. 

6)  So u long.  Grünliche  Cylinder  mit  blau- 
schwarzem Pulver  bestreut,  aus  älteren  Blät- 
tern bestehend. 

7)  Single,  Tonkay,  Songlo.  Aeltere,  schlecht- 
gerollte, gelblichgrüne,  8  cm  lang,  3  cm  breite 
Blätter  mit  umgebogenen  Sägezähnen;  eine 
sehr  geringe  Sorte. 

8)  Theo  Bohe,  Thee  Bou.  Grobe,  nicht  ge- 
rollte, nur  zusammengeschrumpfte  Blätter  und 
Bruchstücke  mit  groben  Stielresten  des 
schwarzen  und  grünen  Thees,  mit  vielen 
fremden  Beimengungen. 

Gelber  Thee.   Gelbbraune  matte  Sorten,  die  beim 
Kochen  grün  werden. 

1)  Gelber  Oolong. 

2)  Gelber  Caravanenthee.  Hellgelbbraune  oder 
bräunlichgelbe  noch  an  den  Zweigspitzen 
stehende  Blätter,  theils  gedreht,  theils  zu- 
sammengelegt  oder   gefaltet.      Zweigspitzen 


—    378    — 

sammt  deu   Blättchen   2.5 — 4  cm    lang,    die 
Blättchen  12 — 13  mm  breit;  jede  Zweigspitze 
enthält    3  entfaltete,   flache,    feingezähnelte 
Blätter   und  ein    noch    natürlich    gefaltetes 
Blatt.  ^^Eine  gute,  dem  Pecco  nahe  stehende 
Sorte. 
In  neuerer  Zeit  wird  dem    chinesischen  Theehandel 
durch  die  Theeproduction  anderer  Länder  starke    Con- 
currenz  gemacht.   So  liefert  Japan  eine  dem  chinesischen 
Haysan  ähnliche  Sorte,  die  schon  in  Europa  Freunde  ge- 
gefunden  hat.     In  Japan  werden  die  Blätter  im  dritten 
Jahre  gepflückt;  als  bester  gilt  jener  Thee,  welcher  dann 
geerntet  wird,  wenn  sich  das  dritte  Blatt  an  den  Zweig- 
spitzen entwickelt  hat;  30  Tage  später  wird  die  geringere 
Qualität   geemtet.     Der  japanesische  Pulver  thee    ist 
eine  äusserst  sorgfältig  behandelte  und  auch  ausgezeichnete 
Sorte,  deren  Blätter  vor  der  Anwendung  fein  gemahlen 
werden.     In  hervorragender  Weise  betheiligt  sich  aber 
Java  an  dem  Theehandel.     Die  Holländer  legten  mit 
Hilfe  eingewanderter  Chinesen  grosse  Theeplantagen  an, 
produciren  sowohl  schwarzen  wie  grünen  Thee  in  den- 
selben Sorten,  wie  sie  China  liefert  und  veranstalten  in 
Holland  grosse  öffentliche  Auctionen.     Java-Pecco  ist 
bei  uns  nicht  mehr  selten  und  eine  ausgezeichnete  Waare, 
dem  besten  chin.  Pecco  sehr  ähnlich.     Die  Zweigspitzen 
und  Blättchen   zeichnen   sich  durch  einen  sehr  dichten 
Filz  grünlich  weisser  Haare  aus;  ein  weiterer  Unterschied 
lässt  sich  aber  kaum  feststellen;  uns  vorliegende  Proben 
bestehen   fast  nur  aus  dichtfilzigen  Blättchen   und  sind 
ausserordentlich    gleichmässig,    rein    und  frei  von  jeder 
Bruch  waare.  —  Die   Engländer   pflanzten    den  Thee- 
strauch  in  Indien,  besonders  in  seiner  Heimath  Assam; 
ostindischer  Thee  kommt   dem  chinesischen  in  Allem 
gleich  u.  wird  in  Grossbritannien  viel  verwendet.  —  Die  Insel 
Reunion  erzeugt  schwarzen,  dem  Congu  gleich werthigen 
Thee.  —  Brasilianischer   Thee    von    den   Provinzen 
Paranä,  S.  Paolo,  Mines  und  Rio  de  Janeiro  ist  bräun- 
lichgrün. Eine  uns  vorliegende  Probe  besteht  aus  schlecht 
gedrehten,    oft   nur  zusammengeballten,  gelblichgrünen, 
ziemlich  jungen,   aber  schon  glatten  Blättern  von  nicht 
besonders  gutem  Aussehen. 


-    379    — 

In  den  chin.  Hauptniederlags-  und  Ausfuhrplätzen, 
als  welche  Shanghai,  Futschen,  Amoy,  Canton,  Hankeu 
und  Kiukiang  zu  bezeichnen  sind,  wird  der  Thee  in  mit 
Figuren  verzierten  und  innen  mit  Grasblättern  (Pharus  sp.) 
ausgelegten  Kisten  (310 — 330  Pfund)  verpackt   und  nur 
die  feinsten  Sorten  kommen  in  Blechdosen.    Die  Canton- 
made-Sorten  kommen  von  Ganton;  Futschen  und  Amoy 
liefern  schwarzen,   Shanghai  schwarzen  und   den  besten 
grünen  Thee.  —  Für  den  innem  asiatischen  Handel  ist 
der  Backstein-   oder  Ziegelthee  von  grösster  Wichtig- 
keit. In  der  Provinz  Hupe  werden  die  Abfälle  der  Thee- 
ernte  mittelst  Wasserdampf  erweicht,  in  längliche  hölzerne 
Formen  gepresst   oder   zu  Kugeln   geballt  und  an    der 
Luft  getrocknet.     Für  die  Nomadenvölker   Innerasiens, 
Mongolen,  Tartaren,  Tungusen,  die  den  Ziegelthee  von 
Urga  (Umsatz  25  Mill.  kg)  und  Kiachta  beziehen,  bietet 
er  mit  Salz,  Fett  und  alkalischem  Steppenwasser  gekocht 
ein  hervorragendes  Genussmittel,  das  durch  Beimischung 
von  Milch,  Butter  und  Mehl  in  ein  werth volles  Nahrungs- 
mittel umgewandelt  wird.     Der  in  Tibet')  verbrauchte 
Thee  besteht  lediglich  aus  abgebrochenen  und  an  der  Sonne 
getrockneten  Zweigen,  die  in  einem  über  einen  Kessel 
aufgehängten  Tuche  durchdampft,  in  Matten  gepakt  und 
über  Feuer  weiter  geröstet  werden.    Die  langen  schmalen 
Packen  heissen  paos;  sie  werden  in  Stücke  (Ziegel, 
chuun)  zerschnitten  und  nochmals  verpackt.    Sie  stellen 
Klumpen    aus    nicht  sehr   eng   verflochtenem  Laubwerk 
dar,  welches  mehr  Stengel  als  Blätter  enthält  und  durch 
Uebergiessen  mit  Reiswasser  und  Klopfen  zu  einer  mehr 
consistenten  Masse  umgewandelt  wird.  Nun  wird  die  Waare 
in  Häute  gepackt  und  nach  Ta-tsien-lu  (Tibet)  trans- 
portirt.  —  Nach  Europa  kommt  chinesischer  Thee  ent- 
weder zur   See  oder  auf  der  bekannten  Handclsstrasse 
über  Kaigan,  Urga,  Maimatschin-Kiachta  oder  durch  die 
Dsungarei    zu   Lande    nach   Russland    (russischer    oder 
Caravanen-Thee);  der  japanesische  Thee  geht  nach  Nord- 
amerika, der  brasilianische  wird  grösstentheils  im  Lande 
selbst  consumirt.    Im  Abendlande  hat  sich  während  der 
letzten  Jahrzehnte  Marseille  zu  einem  Haupttheehafen  ent- 


»)  Oest.  Monatssoh.  f,  d,  Orient,  1884  Nr,  l. 


—    380    — 

wickelt.  Während  im  Jahre  1850  nur  12  000  kg  einge- 
führt wurden,  stieg  in  Folge  directer  Verbindungen  mit 
dem  Osten  die  Theeeinfuhr  1881  auf  3  198  430  kg,  wovon 
aus  China  direct  2  878  675  kg  gekommen  waren. 

Verfälschungen.  Die  Verfälschungen  des  Thee's 
sind  ausserordentlich  zahlreich;  schon  von  den  Chinesen 
werden  dieselben  in  ausgedehnter  Weise  geübt  und  die 
europäischen  Händler  geben  den  Chinesen  nichts  nach. 
Man  kann  die  Verfälschungen  in  folgende  Gruppen  zu- 
sammenfassen: 

1)  Beimengung  unorganischer  Stoffe,  um  das 
Gewicht  der  Waare  zu  vermehren.  Diese  gröbliche, 
aber  seltene  Procedur  ist  durch  eine  Aschenbestimmung 
(nicht  über  6  %)  leicht  nachzuweisen.  (Unter  G  u  li- 
po wder  soll  man  den  Koth  von  Seidenraupen  gefunden 
haben.) 

2)  Färbung  der  Theeblätter  ist  nur  dann,  wenn 
giftige  Farben,  wie  chromsaures  Blei,  angewendet  werden, 
als  Verfälschung  anzusehen.  Uebrigens  ist  die  Nach- 
besserung der  Farbe  des  schwarzen  Thees  mit  Graphit, 
mit  Campechholzabkochung  und  Kalk  nicht  erwünscht 
und  sollte  unterbleiben.  Reibt  man  angefeuchteten  ge- 
färbten Thee  an  der  weissen  Papierfläche,  so  wird  diese 
gefärbt. 

3)  Vermischung  guter  Sorten  mit  schlechten. 
Ein  sehr  häufig  geübtes  Verfahren;  namentlich  wird 
Pecco  mit  Congu  oder  Souchong  vermischt.  Der  chine- 
sische Lie-  oder  Lügen  thee  besteht  nur  aus  dem  mit 
Gummi  angemachten  Staube  der  Theekisten  und  zerfallt 
beim  Kochen  in  kleine  Bruchstücke. 

4)  Zusatz  von  schon  gebrauchten  Thee- 
blätter n.  lieber  diese  verwerfliche  Verfälschung  sagt 
Vogl:  „In  London  bestanden  eigene  Fabriken,  welche 
bereits  gebrauchten,  aus  Gast-  und  Kaffeehäusern  be- 
zogenen Thee  so  herrichteten,  dass  er  echter  Waare 
täuschend  ähnlich  sah.  Nach  neueren  Angaben  sollen 
geradezu  unglaubliche  Quantitäten  bereits  gebrauchter 
Theeblätter  im  Londoner  Kleinhandel  verkauft,  ja  solche 
selbst  schon  aus  China  eingeführt  werden."  Die  dunkle 
Farbe  wird  mittelst  Catechu  hergestellt.  Die  sogenannte 


J 


—    381    — 

Maloomischung  besteht  aus  ausgezogenen  und  wieder 
getrockneten  Blättern,  Die  Chinesen  behandeln  die  Blätter 
mit  Reisstärke  und  Farbstoffen.  —  Meist  sind  die  Blätter 
schlecht  gerollt,  der  Theegeruch  ist  schwach  oder  fehlt 
ganz,  der  Aufguss  ist  schwach  gefärbt  und  nur  herbe, 
ohne  anregende  Wirkung.  Zur  Feststellung  dieser  Ver- 
fälschung hat  die  Theinanalyse  wenig  Werth;  wichtiger 
ist  die  Bestimmung  des  Wasserextractes,  des  Gerbstoffes 
und  des  im  Wasser  löslichen  Antheils  der  Asche.  (Siehe 
die  chemische  Zusammensetzung). 

5)  Zusatz  fremder  Blätter,  insbesondere  von 
Platanen,  Ahorn,  Eichen,  Pappeln,  Weiden,  Eschen,  Schleh- 
dorn, Erdbeere,  Rosen,  Weidenröschen  {Eptlobium  angusti- 
foUum  L.)  und  Steinsame  (Lithospermum  ofßcmale  L,) 

Wie  der  englische  Consul  Medhurst^)  in  Shanghai 
berichtet,  werden  in  China  die  jungen  Blätter  der  an  den 
Ufern  wachsenden  Weiden  im  April  und  Mai  gesammelt, 
auf  den  Dreschtennen  in  Haufen  geschüttet  und  einer 
Gährung  überlassen;  hierauf  werden  sie  wie  echte  Thee- 
blätter  sortirt,  geröstet  und  gerollt  und  zu  10 — 20  %  dem 
echten  Theo  beigemischt;  der  Verbrauch  an  Weiden- 
blättern bei  Hongkong  allein  soll  jährlich  200  000  kg  be- 
tragen. —  Die  Blätter  des  Weidenröschens  werden  in 
Russland  massenhaft  dem  Thee  beigemischt  und  zu  4 — 6 
Rubel  das  Pud  verkauft.  Die  Abkochung  ist  dunkel  ge- 
färbt und  giebt  mit  Alkohol  eine  schleimige  Fällung. 
Durch  die  mikroskopische  Untersuchung  ist  das  Blatt 
des  Weidenröschens  sofort  zu  erkennen;  es  besitzt  näm- 
lich im  Mesophyll  kürzere  oder  längere,  dünnwandige 
Schläuche,  die  je  ein  Bündel  feiner  Krystallnadeln  (Ra- 
phiden)  enthalten  und  selbst  durch  die  Oberhaut  nach 
Erwärmung  in  Kalilauge  sichtbar  sind ;  die  Oberhaut  trägt 
keulenförmige,  dünnwandige  Haare  und  besitzt  weit 
kleinere  Spaltöffnungen.  Das  Blatt  selbst  ist  lineallanzett- 
lich  oder  länglich  spitz,  fast  ganzrandig  oder  entfernt 
gezähnelt,  die  Nebenrippen ,  laufen  unter  Winkeln  von 
60®  von  der  Hauptrippe  und  bilden  starke  Schlingen. 
—  Die  Stein  Samenblatt  er,  von  Lithospermum  arvense  L.^ 


»)  Jahresb.  f.  d.  Fortsoh.  d.  Pharm.  1879,  p.  43, 


—    382    — 

welche  Pflanze  an  einigen  Orten  Böhmens  als  echter  Thee 
cultivirt  wurde,  besitzen  höchst  charakteristisch  gebaute 
Borsten;  diese    sind   ToUständig   mit  einer  kalkreichen, 
unten  geschichteten,  oben  ganz  quer  zerklüfteten   Ver- 
dickungsmasse angefüllt  und  an  ihrer  Basis  von  einem 
Kranze  von  Nebenzellen  umgeben,  an  deren  Innenwand 
eine  ähnliche  Verdickungsmasse  sitzt  ^).     Diese  Blätter 
sind  als  ,,prwni  cesky  cay"  in  den  Handel  gekommen.  — 
Ein  russischer  Ziegelthee  hat  sich  als  Falsificat,  ge- 
fertigt  aus    den  Blättern  von  Vaccmhm  Arctoitaphyloa    L^ 
(bärentraubenartige  Heidelbeere)  erwiesen.   —   Zur    Er- 
kennung der  fremden  Blätter  ist  namentlich  auf  den  Ver- 
lauf der  Blattrippen   zu    achten.     An    den   Erdbeer- 
blättern (Blattabschnitten)  ziehen  die  Seitenrippen  fast 
geradlinig  bis  in  die  Blattzähne,  ohne  Schlingen  zu  bil- 
den; die  Nebenrippen  der  Rosenblattabschnitte  zweigen 
unter    Winkel  von   circa   60  ®  von  der  Hauptrippe    ab, 
ziehen  bogenförmig  gegen  den  Blattrand,  vereinigen  sich 
zu  einfachen  Schlingen,  von  denen  wieder  zarte  Rippen 
in    die   spitzen  Sägezähnchen    abgehen.     Die   Fiederab- 
schnitte  der  Eschenblätter  sind   länglichlanzettförmig 
zugespitzt,  scharf  gesägt,  die  Nebenrippen  ziehen  unter 
Winkeln  von  45  ®  ab  und  enden  im  Zahnausschnitte,  nach- 
dem  sie    einen  Ast   abgegeben,    der   mit   der   nächsten 
Nebenrippe  nahe  dem  Blattrande  eine  Schlinge  bildet.  — 
Die    mikroskopische  Untersuchung   lässt   echten  Thee 
sofort  an  den    bekannten  Steinzellen    erkennen,  Thein- 
und    Gerbstoflfbestimmung    geben     weiters     genügenden 
Aufschluss.  — 

Gewöhnlich  wird  von  dem  Thee  ein  Aufguss  (Infu- 
sum)  bereitet^  der  nach  der  Theesorte  hellgelb  bis  dunkel- 
braun erscheint.  Als  Zusatz  nimmt  man  Rum,  Milch, 
Citronen-  und  Orangensaft  (Punsch,  Tschai).  Unentbehr- 
lich ist  der  Theegenuss  den  mongolischen  Stämmen.  In 
Tibet  wird  der  kochende  Aufguss  durch  einen  Durch- 
schlag in  ein  hölzernes  Fass  gegossen;  darauf  fügt  man 
etwas  Salz  hinzu  und  schlaf  etwa  zwanzigmal  mit  einem 


1)  Vogl,  Arzneikörper  p.  29  u.  132.  Nach  Belohoubek  ent- 
hält dieser  böhmische  Thee  5.96  %  Cellulose,  8.25  "/o  Gerbstoff, 
9.29  Vo  Fett,  24.69  %  stickstofffreie  organ.  Substanz,  kein  äth.  Oel. 


—    883    — 

mit  fünf  Löchern  versehenen  Schlägel  in  die  Flüssigkeit. 
Nun  wird  Butter  hineingeworfen  und  die  Mischung  aufs 
Neue  durch  100  bis  150  mit  grosser  Genauigkeit  und 
Regelmässigkeit  ausgeführte  Stösse  aufgerührt,  worauf 
der  Thee  trinkfertig  ist,  dem  europäischen  Gaumen  aber 
geradezu  abscheulich  schmeckt.  Die  anregende,  er- 
frischende, das  Ermüdungs-Gefühl  beseitigende  Wirkung, 
die  Gemüthserheiterung,  welche  nach  dem  Genüsse  eines 
guten  Thees  eintritt,  geben  den  besten  Beweis  von  der 
Reinheit  der  angewendeten  Sorte;  sie  fehlen  nur  dann, 
wenn  der  Thee  verfälscht  gewesen,  üebermässiger  Thee- 
genuss  ist  dagegen  im  hohen  Grade  schädlich;  statt  der 
angenehmen  Gemüthserregung  treten  Depression,  Ohren- 
sausen, Gedankenverwirrung  und  bei  fortgesetztem 
übermässigem  Genüsse  heftige  Herzthätigkeit,  Schwindel, 
und  andere  nervöse  Krankheitsformen  und  eine  allgemeine 
Störung  in  der  Thätigkeit  des  Verdauungstractes  und 
der  Harnorgane  auf.     Thiere  verfallen  in  Raserei. 


Wie  oben  schon  bemerkt  worden,  war  bis  vor  we- 
nigen Jahren  China  der  einzige  Theelieferant  für  die 
ganze  Erde ;  seit  zehn  Jahren  sind  aber  Japan,  Ostindien 
und  Java  mit  bedeutenden  Theeposten  auf  dem  euro- 
päischen Markte  erschienen  und  werden  voraussichtlich 
in  nicht  ferner  Zeit  den  Theeexport  Chinas  stark  beein- 
flussen, obwohl  letzterer  noch  im  Steigen  begriffen  ist. 
Der  gesammte  Theeexport  Chinas  betrug 

1871  113.5  Mill.  kg  im  Werthe  von  252  Mill.  Mark, 
1880  133.3    „       „     „         „  „     217     „ 

Die  grossartige  Thee -Ernte  1880  drückte  die  Preise  sehr 
herab ;  die  Gesammtgewinnung  in  China  mag  sich  auf 
350  Mill.  kg  belaufen.  Aus  den  Vertragshäfen  wurden 
exportirt  ^) : 


*)  V.  Naumann  -  Spallart,  1.  c.  p.  179.  —  1  Hackuan  Tael  i.  J. 
1880  =  5  Mark  8  Pf, 


-    384    — 


1878 

1879 

1880 

SlnrtA 

Pioult 

Werth 
H.  Taeli 

Pionlt 

Werth 
H.  Taels 

Picnla 

Werth 
HC.  T»el. 

SohwareerThee 

1  617  617 

27  132  417 

1  528  419 

27  520  764 

1661325 

%9  298  7S8 

GrAner  Thee 

172  826 

3  422  227 

183  234 

4  308  777 

188  623 

4  196  441 

Ziegelthee    .    . 

194  277 

1  354  267 

275  540 

1892  616 

232  969 

8182  804 

Staubthee     *    . 

14  286 

104  273 

5  270 

49  592 

14  201 

100  636 

Zusammen 

1  898  9ß6 

32  013  184 

1  987  463 

33  271789 

2  097  118 

36  728  169 

Daraus  ergiebt  sich  für  1880  eine  Menge  von  126  883  696  kg 
im  Werthe  von  207  Mill.  Mark.  Dazu  kommen  noch  die 
Theequantitäten,  welche  über  Tientsin  und  Kiachta  nach 
Sibirien,  dann  von  Hankow  den  Hau-  und  Fan-ch*  en^- 
Fluss  hinauf  auf  der  Caravanenstrasse  in  die  Mongolei 
kommen  und  zwar  für 


1878 
1879 
1880 


Piculs 

55  148 

92  246 

107  636 


Werth 
H.  Taels 

352  930 

570  907 

1612  675 


woraus  dann  die  oben  angeführte  Exportmenge  resultirt. 
Nach  Grossbritannien  kamen  1880  159.8  Mill.  kg  chin. 
Thee,  also  57  %  des  Exports  der  Vertragshäfen, 

Der  Thee-Export  aus   Britisch-Ostindien  betrug 
1878—79     34.43  Mill.  Pfund  engl,  im  Werth  von  31.38 

Mill.  Rupien, 
1879—80    38.17  Mill.  Pfund  engl,  im  Werthe  von  30.51 

Mill.  Rupien, 
1880—81     46.04  Mill.  Pfund  engl,  im  Werthe  von  30.54 

Mill.  Rupien, 
1881-82    48.691  Mill.  Pfund  engl,  im  Werthe  von  36.1 

Mill.  Rupien 
und  ging  fast  nur  nach  Grossbritannien. 


—    S85    — 

Die  Ausfuhr  aus  Japan  betrug 
1878—79  13.75  Mill.  kg  im  Werthe  von  23.1Ö  Mill.  Mark 
1879-80  15.79    „       „     „        „         „     30.81     „ 

Die  Ausfuhr  aus  Java  und  Madura 

1878  3  490169  kg 

1879  2  593  738  „ 

Die  Gesammtexportmenge  ergiebt  sich  aus  der  Zu- 
sammenstellung : 
China  führte  im  Exportjahre  1880—81  133.3  Mill.  kg  aus 
„  „       „  „  1881 — 82  136.9     „      „     „ 

Britisch-Ostindien  ....  1880—81    46        „      „     „ 
„  ,,  ,     ,     .     .  1881 — 82    21.9     ,9      ))      ,, 

Japan 1879—80    15.8    „      „     „ 

Java  und  Madura  ....  1879  2.6    „      „     „ 

Ceylon  und  andere  Gebiete    —  0.1    „      „     „ 

also  für  ein  Exportjahr  (1881—1882,  resp.  1879—1880) 
177.3  Mill.  kg. 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  Yergleichung  des 
Theeverbrauches  bei  den  einzelnen  Völkern.  Am  grössten 
ist  er  in  den  australischen  Colonien  ^),  in  Grossbritannien, 
Irland,  Canada  und  in  der  Union,  am  geringsten  in 
Italien;  der  angelsächsische  Volksstamm  consumirt  den 
meisten  Thee.  Das  deutsche  Reich  importirte  1879 
2  100  000  kg,  Frankreich  410  900  kg,  Oesterreich- Ungarn 
170  600  kg.  Der  relative  Verbrauch  per  Kopf  beläuft 
sich  in 

australisch.  Colonien  auf  2.250  kg 


Grossbrit.  Irland 

,j 

2.057 

Ganada 

»1 

1.396 

Union 

?i 

0.60a 

^     Brit  Col.  in  Afrika 

)9 

0.528 

Niederlanden 

)9 

0.488 

Dänemark 

»? 

0.327 

Deutsches  Beich 

n 

0.075 

Norwegen 

t^ 

0.043 

Schweiz 

»? 

0.040 

Schweden 

1) 

0.020 

Portugal 

» 

0.016 

Frankreich 

»» 

0.010 

*)  China  ist  hier  nicht  mit  einbezogen. 
Hftnftutek,  Nahrungs-  u.  Genussmittel  a.  d.  Pflanzenreich.  25 


—    886    — 

Oesterreich-Üngarn     auf  0.009  kg 
Belgien  „    0.008  „ 

Der  Thee  wurde  erst  im  16.  Jahrhundert  in  Europa 
bekannt,  angeblich  1636  schon  in  Paris,  nach  anderen 
Nachrichten  aber  erst  1638  in  Russland.  Die  eigent- 
lichen Importeure  waren  die  Holländer.  In  den  Jakren 
1641  und  1679  erschienen  mehrere  Bücher,  die  über  den 
Werth  des  „hets  excellende  Kruyd  Thee"  im  besten  Smne 
sich  aussprachen.  Seine  Kostbarkeit  erhellt  aus  dem 
Geschenk  von  3  Pfund  Thee,  welches  die  engl,  ostin- 
dische Company  1664  dem  Könige  übergab.  Die  Chinesen 
verbinden  manche  Sagen  mit  der  Entdeckung  des  Thees, 
von  denen  die  durch  Kaempfer  uns  übermittelte  die 
bekannteste  ist.  Aus  den  Wimpern  eines  frommen  Bässers 
Darma,  eines  Sohnes  Kasiuva's,  die  er  sich  abge- 
schnitten, um  nicht  in  Schlaf  zu  verfallen,  spross  d^ 
Theestrauch  hervor.  Darma,  auch  Ta-mo  g^iannt,  der 
28.  Apostel  der  Buddha-Religion,  lebte  in  der  Nähe  des 
Berges  Soung  und  soll  519  gestorben  sein.  Nach  drei- 
hundert Jahren  war  der  Theegebrauch  in  Ostindien  all- 
gemein verbreitet. 


3.  Coca. 

Die  Cocablätter,  von  dem  Cocastrauche,  Ery^roxt^bn 
Com  Xam.  (Familie  der  Rothholzartigen  oderfoyüiroxyleen') 
stammend,  sind  in  Peru  (in  der  Montafia  um  Cuzco,  Aya- 
cucho,  P.uno  Hunanoco  vom  12^  bis  zum  18<^  s.  B.),  Bo- 
livia  und  in  den  angrenzenden  Gebieten  von  Chili  und 
Brasilien,  in  neuerer  Zeit  auch  in  Paraguay  und  Argen- 
tina ein  gemeines,  unentbehrliches  Genussmittel.  Der  Coca- 
strauch  wird  in  den  warmen  Thälern  der  Ostabliänge  der 
Anden  zwischen  5000  und  6000  Fuss,  in  feuchtem,  frost- 
freiem Klima  cultivirt.  Erst  der  fünf  Jahre  alte  Strauch 
kann  seiner  Blätter  zum  Theile  beraubt  werden  und  er- 
trägt diese  Behandlung  bis  zum 40.  Jahre;  vier-  bis  fünf- 


^)  Nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Rothholz-  oder  Fernambuk- 
holzbauro,  der  zu  den  Caesalpinieen  (Leguminosen)  gehört  und 
einen  bekannten  rothen  Farbstoff  liefert. 


-  m  - 

mal  des  Jahres  werden  die  Blätter  gepflückt,  und  im 
Schatten  getrocknet.  Nach  Markham  halten  sie  sich 
nur  fünf  Monate  und  werden  dann  geschmack-  und  wir- 
kungslos. Die  Handelswaare  enthält  ausser  den  flachen, 
theils  ganz  unversehrten,  theils  zerbrochenen,  wie  gepresst 
aussehenden  Blättern  häufig  noch  Knospen,  kleine  Stücke 
jüngerer  und  selbst  älterer,  mit  Flechten  bedeckter  Zweige, 
mitunter  auch  die  Samen.  Die  Hauptniederlage  der  Coca 
ist  in  la  Paz.  Sie  wird  in  Llamasäcke  (Sisto),  in  Wollen- 
säcke (Tercios)  oder  in  Kisten  verpackt.  Die  jährliche 
Production  soll  98  000  Ctr.  im  Werthe  von  3  Mill.  Dollars 
betragen. 

Das  ziemlich  dünne  und  leicht  zerbrechliche  Coca- 
blatt  ist  je  nach  dem  Alter  S — 6  cm  lang  und  2 — 3  cm 
breit,  mit  einem  4 — 5  mm  langen  Stielchen  versehen,  das 
häufig  noch  an  der  mit  rothen  Knospen  endigenden 
Zweigspitze  festsitzt.  Die  Blätter  sind  länglich,  elliptisch 
oder  verkehrt-eiförmig,  beiderseits  kurz  zugespitzt  oder  am 
Scheitel  öfters  abgerundet  und  sehr  fein  stachelspitzig,  ganz- 
randig;  det  Rand  schwach  eingerollt.  Die  beiden  Blatt- 
hälften sind  gleich  entwickelt,  nur  selten  die  eine,  und 
zwar  die  linke  (von  der  Oberseite  betrachtet),  etwas 
stärker.  Die  Oberseite  ist  schmutzig  grün,  oder  gelb- 
grün, glänzend,  kahl,  die  Unterseite  lichtgelbgrün  bis 
schmutzigweissgrün  matt,  ebenfalls  kahl.  Die  auf  der 
Unterseite  fast  ganz  frei  hervortretende  Mittelrippe  ver- 
läuft gerade  und  scheint  bei  flüchtiger  Betrachtung  nahe- 
zu keine  Nebenrippen  zu  besitzen,  denn  diese  sind  sehr 
zart,  aber  zahlreich,  zweigen  unter  rechten  oder  wenig 
spitzen  Winkeln  ab,  verlaufen  gebrochen  aufwärts  und 
gabeln  sich  im  äusseren  Breitendrittel  (von  der  Mittel- 
rippe an  gerechnet).  Der  untere  Gabelast  vereinigt  sich 
mit  dem  obeifen  der  zunächst  unterhalb  liegenden  Rippe. 
Von  den  Schlingen  ziehen  zum  Blattrande  noch  feinere, 
ein  Netz  bildende  Rippen.  Ein  solches  Netz  ist  auch 
zwischen  den  stärkeren  Nebenrippen  und  der  Hauptrippe 
vorhanden.  Zahlreiche,  namentlich  ältere  Blätter  besitzen 
zu  beidenSeiten  der  Hauptrippe  je  eine  von  der  Blatt- 
basis bogenförmig  zur  Spitze  verlaufende  auf  der  Unter- 
seite vorstehende  Falte,  die  einer  Seitenrippe  höchst 
ähnlich  sieht  und  auch  als  eine  solche  anfanglich  bezeichnet 

26* 


—    388    — 

wurde.    Hie  und  da  scheinen  einzelne  Nebenrippen  von 
der  Falte  ihren  Ursprung  zu  nehmen. 

Zwischen  den  zwei  Oberhautplatten  liegt  ein  zwei- 
schichtiges Mesophyll.    Die  Oberhaut  der  Oberseite 
besteht  aus  scharf  polyedrisehen  farblosen  cuticularisirten, 
im  Querschnitt  kurz  rechteckigen  Tafelzellen  ohne  Spidt- 
öffnungen.    Ihr  folgt  das  Pallisadenparenchym,   aus 
senkrecht  zur  Blattfläche  gestellten,  chlorophyllhaltigen, 
circa  0.0439  mm  langen  Zellen  zusammengesetzt;  einzelne 
derselben  führen  monoklinische  Kalkoxalatkrystalle.    Die 
zweite  (untere)  Mesophyllschichte,  das  Schwamm- 
parenchym  enthält  unregelmässige  3 — 4strahlige  Zellen, 
die  zwischen  sich  yerschieden  grosse  Intercellularräume 
einschliessen.  Im  Blattquerschnitte  erscheinen  diese  Zellen 
theils  in  der  Längs-  (Rechteckform),  iheils  in  der  Quer- 
ansicht (runde  Form)  und  würden  das  Vorhandensein,  von 
Zellen  in  zweierlei  Grösse  und  Form  vermuthen  lassen; 
Längsschnitte  des  Blattes  klären  aber  darüber  sofort  auf. 
DieGefässbündel  enthalten  Spiroiden  undKrystallkammer- 
faserzellen  (vgl.  die  Oelpalmenkerne),  d.  s.  .quergefächerte 
Faserzellen,  die  in  jedem  Fache  je  einen  monoklinischen 
Krystall  enthalten*    Fast  im  ganzen  Mesophyll  sind  Gel- 
tröpfchen  und  Gerbstoff  nachzuweisen.  Die  Oberhautzellen 
der  Unterseite   sind  ebenfalls  polyedrisch  und   besitzen 
eine  warzig  emporgewölbte  Aussenseite;  die  zahlreichen 
Spaltöffnnungen  sind  sehr  klein. 

Der  Geruch  der  Cocablätter  ist  schwach  aromatisch, 
der  Geschmack  anfänglich  bitter  zusammenziehend, 
später  schwach  brennend.  Das  Alkaloid  dieses  Genuss- 
mittels, von  Niemann  1860  entdeckt  und  Cocain 
(Ci7  Ha  NOi)  genannt,  ist  in  0.02—0.04  %  enthalten;  es 
krystallisirt  in  grossen,  4 — 6  seitigen  monoklinischen 
Prismen,  schmeckt  bitter,  löst  sich  leicht  in  verdünnten 
Säuren  und  äussert  eine  Wirkung,  die  der  narkotischen 
Vergiftung  durch  Atropin  (ToUkirschengift)  oder  durch 
Nicotin  (nach  Markham)  gleichkommt.  Zwei  Jahre 
später  fand  Lossen  ein  zweites  Alkaloid,  Hygrin  ge- 
nannt, ein  sehr  flüchtiges,  dickflüssiges,  hellgelbes  Oel 
von  brennendem  Geschmack  und  einem  an  Trimethylamin 
erinnernden  Geruch.  Ferner  enthält  die  Coca  noch  die 
mit  Eisenchlorid  braungrün    sich    färbende   Cocagerb- 


—    389    — 

säure  und  Wachs,  das  sich  beim  Kochen  der  Blätter 
mit  Weingeist  löst  und  nach  dem  Erkalten  in  weissen 
Körnern  abscheidet. 

Die  Grewohnheit,  Coca  in  Kugeln  (Acullico,  soviel 
wie  Priemohen)  gedreht  zu  kauen,  ist  uralt.  Coca  wird 
mit  der  Asche  von  Clienopodhm  Qmnoa  *)  vermischt  gekaut, 
und  erweist  sich  als  ein  höchst  wirksames  Stärkungs- 
mittel, das  das  Hungergefühl  in  auffallender  Weise  ab- 
schwächt. Die  Wirkung  beginnt  8 — 10  Minuten  nach  der 
Einführung  in  den  Mund  und  dauert  30 — ^40  Minuten. 
Uebrigens  kann  man  aus  ihnen,  wie  aus  dem  chinesischen 
Thee  einen  Aufguss  bereiten,  der  schön  gelb  gefärbt  und 
klar  ist,  und  bitter  schmeckt. 

•  Nach  H.  Grouven  verehren  die  Eingeborenen  Bo- 
livias  die  Coca  als  ein  Geschenk  des  Sonnengottes; 
Manko  Kapak,  der  göttliche  Sohn  der  Sonne  sei  von 
den  Felsenmauerü  des  Titikakasees  herabgestiegen  und 
habe  die  Coca  mitgebracht,  die  den  Hungrigen  sättigt, 
den  Erschöpften  stärkt  und  den  Unglücklichen  seinen 
Kummer  vergessen  lässt.  Dass  diese  Wirkungen  durch 
die  Coca  in  der  That  veranlasst  werden,  ist  in  Europa 
durch  die  stärkenden  Cocapräparate  genügend  erwiesen 
worden,  gegenwärtig  wird  sie  als  Mittel  gegen  Opio- 
phagie  und  Alkoholismus  angepriesen.  Als  Genussmittel 
scheint  sie  aber  bei  uns  noch  keinen  Eingang  gefunden 
zu  haben.  Von  alten  Coca-Essern  erzählt  man,  dass  sie 
durch  den  fortwährenden  Cocagenuss  chronische  Magen- 
leiden sich  zuziehen.  Die  Indianer  messen  die  Entfer- 
nungen nach  Cocadas  (Cocabissen). 


Anhang.  Die  Eingeborenen  Central -Australiens 
benützen  als  berauschendes  Kaumittel  den  Pituri,  die 
Blätter  von  Duboisia  Hopvodn  F.  v.  M,  (Solanaceen),  welche 
ein  dem  Atropin  nahestehendes  Alkaloid  (Duboisin  oder 
Piturin)  enthalten. 


^)  Die  Asche  wird  Tonra  genannt  und  soll  auch  mit   der 
Asche  des  Holzes  vom  Cocastranche  vermischt  werden. 


—    S90 


4.  Mate,  Paraguaythee. 

Gewöhnlich  wird  angenommen,  daas  die  sdiwaeh  ge- 
rösteten Blätter  der  Paraguay-Stecheiche,  liex  Ba- 
raguayensis  S.  Hil  (Fatn.  lUcinece)  den  Mate  darstellen.  Ib 
der  That  wird  dieser  Baum  allein  in  den  Gebietan  der 
Ströme  Paraguay,  Uruguay  und  Parana  cultivirt,  wenm 
auch  nur  in  unbedeutendem  Maasse,  da  er  noch  allenthalben 
wild  in  den  Wäldern  anzutrejffen  ist.  Miers  und  Bon- 
pland  aber  haben  noch  andere  /i/^- Arten  gefunden,  die 
auf  Mate  ausgebeutet  werden  und  Martius  hat  diese 
Angabe  bestätigt.  Als  solche  werden  genannt:  1)  Ikx 
thßezans  BcnpL  (Paraguay,  Entre  Rio,  Brasilien);  2)  Ilea 
ovaUfoUa  Bonpl.  (Bio  prado);  3)  Hex  amara  BonpL  (Santa 
Cruz,  Parana);  4)  /-feo?  crepüans  Bonpl.  (Santa  Cruz, Parana); 
5)  Ilea  gigantea  BonpL  (wie  4);  6)  Ikx  Humboldiüma  BonpL 
(Rio  grande  do  Sul),  Auch  Hex  Cmgonha  Lamb.  wird  als 
Mate  liefernd  bezeichnet.  Peckholt,  dem  wir  eine 
gründliche  Abhandlung  ^)  über  Mate  verdanken,  bemerkt 
hierzu,  dass  die  Blätter  dieser  als  Cmgonha  mansa  und 
Congonha  bram  bezeichneten  Bäume  nur  als  Substitut  für 
echten  Mate  verwendet  werden.  Von  den  Einwohnern 
wird  dieser  Thee  caa  (Blatt),  von  den  Spaniern  Yerva 
(herba,  Kraut)  genannt  und  das  Gefäss,  in  dem  der  Auf- 
guss  bereitet  wird,  heisst  Mate.  —  Der  Matebaum  er- 
reicht die  Höhe  unseres  Apfelbaumes,  wird  aber  in  der 
Cultur  strauchig  gehalten;  sein  bestes  Vegetationsgebiet 
reicht  vom  2P  bis  zum  24®  s.  B.,  er  gedeiht  aber  noch 
bis  zum  30®.  Zur  Zeit  der  Jesuitenherrschaft  wurde  der 
Anbau  im  Grossen  betrieben.  In  Paraguay  wird  bei  Villa 
ricca,  Goncepcion,  San  Pedro,  und  San  Isidro  die  grösste 
Menge  gesammelt;  solche  Matedistricte  werden  von  den 
Brasilianern  Hervaes,  von  den  Spaniern  Yerbales  ge- 
nannt. Die  deutsche  Colonie  S.  Leopoldo  in  Bio  Grande 
do  Sul  betreibt  ebenfalls  die  Cultur  des  Matebaumes. 
Vom  7.  Jahre  an  liefert  jeder  Baum  jährlich  30—40  kg 
Blätter.  Auf  ein  Terrain  von  220  Quadratm.  rechnet  man 
1600  Bäume,  den  Mittelertrag  auf  35  kg  per  Baum,  was 


^)  Zeitsoh.  d.  a.  öst.  Apoth.  Ver.  1882  Nr.  19—2 


—    691     — 

für  100  Quadratm.  einen  Betrag  von  25  454  kg  Blätter 
im  Werthe  von  19  000  Mark  ergeben  dürfte.  —  Die  Ernte 
beginnt  zur  Frucbtreife  und  währt  in  Paraguay  von  De- 
oember  bis  zum  August  des  nächsten  Jahres;  in  Parana 
und  Santa  Catharina  werden  die  Blätter  von  März  an  bis 
Ende  September,  in  Argentina  und  der  brasilian.  Provinz 
Rio  grande  do  Sul  von  Februar  bis  Juli  abgenommen. 
Die  Sammler  ziehen  schon  Monate  vorher  mit  Weib 
und  Kind  in  Carawanen  in.  den  Urwald,  wo  sie  Mate- 
bäume zu  finden  hoffen  und  schlagen,  sobald  solche  ent- 
deckt worden,  ein  Lager  auf;  das  wichtigste  ist  zunächst 
die  Anfertigung  eines  Rostes  (Barbracuas),  der  einer  Laube 
ähnlich  sieht.  Die  von  den  Matebäumen  abgeschnittenen 
Zweige  werden  durch  ein  Feuer  gezogen,  leicht  gesengt, 
in  Bündel  gebunden,  über  den  Rost  aufgehangen  und 
durch  ein  schwaches  Feuer  weiter  geröstet.  Nach  zwei 
Tagen  entfernt  man  die  Asche  des  Röstfeuers,  lM*eitet 
Ochsenhäute  auf,  entblättert  auf  diesen  die  Zweige  mit 
hölzernen  Klingen  und  zerstampft  mit  Holzprügeln  die 
Blätter  zu  gröblichem  Pulver.  Dieses  wird  in  Ochsen- 
hautsäcke (Surrao)  geschüttet  und  letztere  werden  zuge^ 
näht  oder  zugebunden;  das  Gewicht  eines  Surrao  Mate 
beträgt  8  spanische  Arroben  (=  30  kg).  Neuestens  wird 
in  Parana  Mate  ähnlich  wie  chinesischer  Thee  zubereitet, 
schliesslich  aber  wieder  in  Stampfmühlen  gepulvert  (Mate 
em  pö).  Auch  ganze  (ungestossene)  Blätter,  sorgfältig 
von  den  Stielen  befreit  und  geröstet,  in  Rohrkörben  zu 
50 — 60  kg  verpackt,  gelangen  als  Mate  em  folha  in 
den  Handel.  In  den  südamerikanischen  Republiken  unter- 
scheidet man  folgende  Sorten: 

1)  Caärcuy  oder  Caä-cuyo:  die  eben  sich  entfaltenden 
Blattknospen  von  röthlicher  Farbe  mit  angenehmem  Ge- 
ruch und  Geschmack;  bei  uns  nicht  im  Handel. 

2)  Caärrmrim,  bras.  Herva  mansa;  eine  in  Peru  sehr 
geschätzte  Sorte.  Die  Blätter  werden  von  Zweigen  und 
Stielen  befreit  und  noch  gesiebt,  um  die  Mittelrippe  zu 
entfernen. 

3)  Caorguacu^  Caä  una,  Yerva  de  palos,  von  Parana; 
grosse  ältere  Blätter  mit  Zweigen  und  Holzstücken,  stark 
bitter;  die  nach  Europa  exportirte  Sorte.  Die  Export- 
firma Wilhelm  &  Co.  in  Wien  offerirtMate  a)  in  Blättern 


—    392    — 

ohne  Stengel;  b)  in  klein  zerstückelten  Blättern  xnit 
Stengeln,  die  dem  Thee  einen  angenehmen  Beige^hmac^ 
ertheilen  sollen  und  c)  in  pulverisirter  Form.  Die  zweite; 
gewöhnlichste  Sorte  besteht  aus  braungrünen,  grünen, 
oder  gelbbraunen  Blattfragmenten,  verschieden  grossen, 
theils  strohgelben,  theils  dunkelbraunen  und  längsge- 
streiften Zweigstücken.  Der  Geruch  ist  aromatisch  und 
loheartig,  der  Geschmack  bitter  und  zusammenziehend. 
Die  Güte  des  Pulvermates  prüfen  die  Händler  in  der 
Weise,  dass  sie  eine  geringe  Menge  Mate  auf  die  flache 
Hand  legen  und  darauf  blasen;  fliegt  der  grössere  Theil 
weg,  so  ist  der  Thee  angeblich  zu  stark  geröstet  und  von 
geringem  Werth. 

Das  Blatt  der  Paraguaystecheiche  ist  nach  Vogl^) 
„eiförmig  bis  eiförmig  länglich,  etwa  8 — 10  cm  lang,  nach 
abwärts  in  einen  Stiel  verschmälert,  am  etwas  umgerollten 
Bande  ziemlich  entfernt  kerbig- gesägt;  jeder  Kerbsahn 
einwärts  seiner  Spitze  mit  kurzem  Stachelspitzchen;  an 
der  stumpfen  Spitze  ausgerandet,  kahl,  lederartig,  hell-, 
dunkel-  oder  braungrün,  einnervig*)  mit  entfernten,  unter 
wenig  spitzen  Winkeln  entspringenden  schlingläuflgen 
Secundärnerven «),  in  deren  Segmenten  die  Tertiärnerven 
ein  grobes  Netz  aus  polygonalen  Maschen  bilden. 

Das  Mesophyll  des  Mat^blattes  ist  zweischichtig.  Die 
Oberhaut  der  Oberseite  besitzt  polyedrische  Zellen,  deren 
von  der  Fläche  betrachteter  Contour  unregelmässig  4-  bis  6- 
seitig  abgerundet  ist,  während  sie  im  Querschnitte  qua- 
dratisch oder  rechteckig  erscheinen ;  ist  das  letztere  der  Fall, 
so  steht  die  längere  Axe  senkrecht  auf  der  Blattfläehe  und 
die  Oberhautzellen  sind  dann  nicht  tafelförmig  entwickelt. 
Ein  wichtiges  Merkmal  giebt  auch  die  Cuticula  ab;  sie 
ist  scharf  wellenlinig  gestreift  und  verleiht  im  Quer- 
schnitte dem  Aussencontour  der  Oberhaut  einen  fast  zick- 
zackförmigen  Verlauf.  Die  Grösse  der  Oberhautzellen 
beträgt  0.0274— 0.0311  mm  (in  der  Flächenansicht).  Die 
Oberhaut  der  Unterseite  ist  durch  das  massenhafte  Auf- 
treten von  Spaltöffnungen  auffällig  gekennzeichnet.    Die 


*)  Arzneikörper,  p.  134, 

')  einrippig. 

•)  Secnna&rippen. 


—    393    — 

beiden  Spaltöffiiangszellen,  eine  breite  Ellipse  bildend, 
deren  Längsaxe  0.035—0.032  mm  und  deren  Breite 
0.025  mm  beträgt,  sind  von  einem  Kranze  sehr  kleiner, 
fast  quadratischer  .Tafelzellen  umsäumt;  an  diese 
sobliessen  sich  erst  grössere,  schwachbuohtige  Oberhaut- 
zellen in  geringer  Anzahl.  Die  Oberbautzellen  beider 
Seiten  sind  durch  einen  grossen  Gehalt  von  Chlorophyll 
und  Gerbstoff  ausgezeichnet.  Das  Pallisadenparen- 
chyro  enthält  zwei  Reihen  gestreckter  Zellen,  von  wel- 
chen die  der  ersten  Reihe  0.025 — 0.035  mm,  die  der 
zweiten  Reihe  0.0225 — 0.025  mm  lang  sind;  auch  sie  ent- 
halten reichlich  Chlorophyll  u.  Gerbstoff.  Das  Seh wamm- 
parenchym  besteht  in  seiner  obersten  Reihe  aus  rund* 
liehen  noch  enge  an  die  Pallisadenschichte  sich  an- 
schliessenden Zellen  (die  stellenweise  eine  dritte  Palli- 
sadenzellreihe  zu  bilden  scheinen),  im  übrigen  aber  aus 
grossen  langästigen  Sternzellen,  die  sehr  grosse  Inter- 
cellularräume  und  Gefässbündel  umschliessen.  Sie  ent- 
halten Gerbstoff,  Chlorophyll  und  kleine,  farblose,  unregel- 
mässige, %  des  Zelllumens  einnehmende  Körper;  einzelne 
Zellen  der  ersten  Reihe  des  Schwammparenchyms  ent- 
halten je  eine  grosse  Krystalldruse  von  Kalkoxalat.  Die 
starken  Gefässbündel  führen  Spiroiden,  die  von  prosen- 
chymatischen,  porös  getüpfelten  Sklerenchymelementen 
begleitet  sind.  Einzelne  Pallisadenzellen  sind  von  einer 
glcichmässig  dunkelbraungrünen  nicht  körnigen  Masse 
erfüllt,  die  vielleicht  in  Folge  der  Röstung  aus  den  In- 
haltsstoffen sich  gebildet  hat. 

Mate  enthält  wie  Thee  und  Kaffee  The  in  (Coffein) 
und,  wie  es  scheint,- in  höchst  variablen  Mengen,  von 
0.13  bis  1.18  <»/o. 

Es  fanden: 

Stenhouse,  Stenhouse,  Stahlschmidt,  Strauch,   Würthner, 

1843             1854  1861  1867           1873 

0.13                1.2  0.45  0.45            0.8 

Hildwein,        Bialet,  Byaseon,  Hoffmann 

1874                _  —  _ 

0.48—1.15           1.3  1.85  0.3%. 

Nach  dem  Theingehalte  würde  der  Mate  den  vierten 
Theil  des  Werthes  von  chin.  Thee  besitzen;    aber   der 


—     394    — 

Theingehalt  ist  allein  nicht  massgebend,  sondern  auch 
die  Menge  der  Gerbsäure  und  d^  aromatischen  St^e; 
letztere  konnte  mfm  frei  noch  nicht  gewinnen;  mit  Hilfe 
von  Wasserdämpfen  erhält  man  einDestillationsproduct  von 
starkem  Geruch,  aber  keine  Spur  von  Oeltropfen;  trockene 
Destillation  ergab  einen  phenolartigen  Körper.  (Hoff- 
mann). Die  Mat^-Gerbsäure  ist  nach  A  rata  (1877)  und 
Peckolt  von  der  Kaffieegerbsäure  verschieden,  und  noch 
in  einer  anderen  Modification  als  Pyromategerbsäure 
vorhanden*  Peckolt  hat  noch  eine  krystaUisirbare 
Säure,  die  Mateviridinsäure  in  den  Mateblättern  auf- 
gefunden. 

Derselbe   Autor    hat  in   1000  g  Mate   von   Parana 
(Handelswaare)  folgende  Substanzen  nachgewiesen: 
Aetherisches  Oel,  durch  Aether  erhalten  .    .    0«0^  g 

Coffein  (Thein) 6.550  „ 

Chlorophyll  und  Weichhaxz .    6.102  „ 

braune  Harzsäure 25.500  „ 

reine  Mategerbsäure 16.785  „ 

Pyromategerbsäure 1.465  „ 

Mateviridinsäure 0.024  „ 

Extractivstoff 16.610  „ 

Caramelartiger  Extractivstoff 1.370,, 

Salze,  Dextrin  etc 18.189  „ 

Zellstoff  und  Feuchtigkeit 908*379  „ 

Die  Asche  enthält  14.615  »/o  Kali,  10.062  %  Natron, 
8.958  Manganoxydoxydul  etc. 

Das  Infusum  ist  bräunlich  gelb  und  hat  einen  eigen- 
thümlichen,  brenzlichen  oder  rauchigen  Beigeschmack,  der 
durch  Zusätze  (Bum,  Citronen,  Milch)  weniger  fühlbar 
gemacht  werden  kann.  Er  ist  auch  die  Ursache,  dass 
der  Matethee  in  Europa  bis  nun  sich  nicht  einbürgero, 
am  wenigsten  aber  den  Gebrauch  des  chinesischen  Thees 
einschränken  konnte.  Immerhin  ist  aber  die  Einführung 
des  Matethees,  dessen  wesentliche  Bestandtheile  denen 
des  echten  Thees  vollkommen  gleich  sind,  sehr  zu  befür- 
worten. Nach  Kletzinsky,  der  durch  Monate  hindurch 
nur  Matethee  gefrühstückt  hatte,  hält  der  Trank  wunder- 
bar frisch  und  klar  und  der  allgemeine  Gebraut  wäre 
ein  volkswirthschaftlicher  Segen.  Nach  meinen  Be- 
obachtungen scheint  sich  der  unangenehme  Neben- 
geschmack durch  längeres  Lagern  des  Thees  zu  verlieren. 


—     395    — 

Der  Verbrauch  des  Mat^thees  in  Südamerika  ist  ein 
enormer,  y.  Bibra  schätzt  ihn  auf  15  Mill.  Pfund  fUr 
10  Mill.  Menschen.  Zur  Zeit  der  Jesuitenherrschaft  hat 
Paraguay  allein  20  Mill.  Pfund  zum  Exporte  gebracht. 
Brasilien  versandte  1840/41  2.7  Millionen  kg,  1870/71 
9  Ö07  086  kg,  die  Provinz  Parana  1867/68  allein  13  Mill. 
kg,  Rio  grande  do  Sul  1860/61  1.7  Mill.  kg. 

Wie  bei  anderen  Völkern  das  Salz,  so  ist  bei  den 
Bewohnern  Südamerikas  Mate  das  Symbol  der  Gastfreund« 
Schaft,  ein  Zeichen  der  Versöhnung  und  Bewillkommnung, 
der  Verscheucher  des  Hungers  und  des  Kummers,  das 
Labemittel  der  Reisenden  und  Kranken.  Man  schlürft 
den  Trank  mittelst  eines  aus  Silber  oder  Bast  gefertigten 
Rohres  (Bombilla),  welches  an  dem  Ende,  mit  dem  man 
in  die  Schale  taucht,  mit  einer  kugelförmigen,  siebartig 
durchbrochenen  Erweiterung  versehen  ist.  Mate  kann 
nach  Peckolt  dreimal  wieder  von  Neuem  mit  kochen- 
dem Wasser  übergössen,  benutzt  werden,  wirkt  aber 
selbstverständlich  dann  schwächer.  Mit  Portwein  oder 
Rum  liefert  er  ein  sehr  empfehlenswerthes  und  billiges 
Genussmittel. 


Anhang.  Die  Blätter  des  Kaffeebaumes, 
die  0.29—1.25  %  Coflfein  enthalten,  liefern  einen  vortreff- 
lichen Thee,  der  in  Härar  (Nordost  -  Afrika)  und  auf 
Sumatra  thatsächlich  genossen  wird. 

Ein  nur  wenig  bekanntes  Genussmittel  ist  der  Kaad, 
(Kat^  Kaad  methani,  K.  muberah  und  K,  beladd),  die  getrock- 
neten Blätter  von  Gatha  edttlis  Forek  {Celastrus  ediUis  VahL 
CehstracecB)^  einem,  unserm  Spindelbaume  (Evonymus)  ähn- 
lichen, in  Ostafrika  (Habesch)  und  im  glücklichen  Arabien 
einheimischen  und  auch  cultivirten  Strauche.  Die  lan- 
zettlichen, grobgesägten,  lederigen  Blätter  werden  ge- 
trocknet und  entweder  gekaut  oder  zur  Bereitung  eines 
Thee-Infusum  verwendet.  Nach  Tiedemann  soll  der 
ELaad-Aufguss  dem  chinesischen  Thee  ähnlich  wirken, 
den  Schlaf  verscheuchen,  während  nach  Niebuhr  das 
Kauen,  namentlich  der  frischen  Blätter  eine  berauschende 
Wirkung  haben  soll.  Gegenwärtig  mag  der  Kaad,  dessen 
chemische  Zusammensetzung  unbekannt  ist,  wohl  grössten- 


—    396    — 

theils  in  den  genannten  Ländern  durch  Kaffee  verdrängt 
sein.  — 

Im  südöstlichen  Europa  werden  die  getrockneten 
Blätter  und  Blüthenstände  von  Siderüis  Mrsuta  L.  (rauh- 
haariges Gliedkraut,  Berufskraut,  Labiat«)  als  griechi- 
scher Thee  gesammelt  und  sackweise  nach  Odessa 
gebracht  (Landerer\  Sie  riechen  balsamisch,  enthalten 
aber  wahrscheinlich  Kein  Alkaloid. 


5.  Kaffee. 

lieber  die  Heimath  des  Kaffeebaumes,  Chfea 
arahioa  L.  (Bubiaceen,  Färberröthepflanzen)  haben  die 
Durchforschungen  Afrikas  in  den  letzten  Jahren  uns 
genügenden  Aufschluss  gebracht.  Wirklich  wild  ist  er 
nur  im  Süden  von  Abyssinien,  in  Höhen  von  1600  bis 
2250  m  und  in  den  Ländern  der  Gallastämme  in  Enarea 
und  Kaffa  (10® — 3®  n.  B.)  gefunden  worden,  wo  er  nach 
Schweinfurt  mit  anderem  Gehölz  das  als  Woena 
Dega  bezeichnete  Vegetationsgebiet  bildet.  Die  weiter 
südlich  in  ügande  am  Ükerewe-See  (Njansa,  0 — 2  ®  s.  B.),  im 
Süden  des  Njassa-Sees  bis  zum  Sambesi  (14  ®  s.  B.),  femer 
in  Njangwe  an  einem  Quellfluss  des  Congo  (4  ^  s.  B.)  im 
Westen  vom  Tanganika  See  von  den  Reisenden  Living- 
stone,  Long,  Cameron  etc.  entdeckten  Kaffeesträucher, 
deren  ^men,  theils  gekaut,  theils  gekocht  als  Genuss- 
mittel benutzt  werden,  gehören  anderen  Arten  der  Gattung 
Coffea  an.,  wie  C  microcarpa  JDC,  C.  laurma  Smeath,  C,  Mauri- 
tiana  Lanu,  C.  ZanguebaricB  Lonr.^  C,  stenophylla  G,  Doru, 
€.  hirsuta  G.  Don.  und  Coffea  Uberica,  Hiern^J  hat  die  Arten 
übersichtlich  zusammengestellt  und  es  sei  hier  auf  diese 
Arbeit  hingewiesen.  Auch  andere  Welttheile  haben  ein- 
heimische Kaffeesträucher,  Asien  Coffea  bengalmm  Boxb.^ 
(Nepal)  und  Amerika  C.  racemosa  (Peru). 

Coffea  arabica  wurde  sehr  frühe  nach  Temen  in  Arabien 
verpflanzt  —  daher  die  Bezeichnung  ^^arahca^^  —  und 
seine  Gultur  umfasst  gegenwärtig  fast  den  ganzen 
Tropengürtel  der  Erde,  insbesonders  jene  Gegenden,  deren 


^)  Joarn.  of  thee  Linnean  Soo.  1878. 


—    S97    — 

mittlere  Temperatur  16  oR  beträgt;  auf  magerem  Boden 
höherer  Standorte  wird  der  Same  am    aromareichsten. 
Kalkhaltiger,  humusreicher  und  nicht  feuchter  Thonboden 
ist  für  den  Kaffeebaum  am  gedeihlichsten;  mit  Vorliebe 
legt  man  daher  in  Brasilien  Kaffeeplantagen  auf  den 
frischgebrannten  Rocas  (durch  Axt  und  Feuer  gerodete 
Urwaldländer)  an*    Im  wilden  Zustande  wird  der  Kaffee- 
baum bis  12  m  hoch  und  sein  Habitus   erinnert  an  un- 
seren  Kirschbaum;   gewöhnlich   wird  er    aber    strauch- 
artig gezogen*    Die  Blätter  sind  gestielt,  10.5  cm  und 
darüber  lang,   eilänglich,   zugespitzt,   ganzrandig,  kahl, 
immergrün,  lederartig;  von  der  einen  Hauptrippe  ziehen 
unter   Winkeln    von  45 — 60^   schlingenbildende   Seiten- 
rippen   ab.      (Anwendung    siehe  p.  ^95.)      Die  weissen 
kurz   gestielten  Blüten  stehen   zu  sieben  in  den  Blatt* 
winkeln    und    sind   denen    des    Jasmins    ziemlich    ähn- 
lich; auch  duften  sie  wie  Jasminblüthen.    Die  Blüthezeit 
währt  durch  8  Monate,  die  Hauptblüthezeit  ist  im  März 
und  April,  die  Haupternte  fällt  in  den  December  und 
Januar.    Eine  Plantage  von  blühenden  und  fruchttragen- 
den Kaffeesträuchern   soll  einen  überraschend   schönen 
Anblick  gewähren.    Gewöhnlich  liefert  ein  Strauch  1—5  kg 
Bohnen.  —  In  Brasilien  (Prov.  Rio  de  Janeiro)  beginnt 
die  Ernte  im  April  oder  Mai   und   dauert    bis  August. 
Ein  guter  Arbeiter  kann  in  einem  Tage  höchstens  bis 
100  L.,   bei  sehr  reicher  Ernte   wohl  auch  bis  250  L. 
Früchte  sammeln.     Auf  je  220000  Quadratm.  kommen 
durchschnittlich  100000  Kaffeebäume.  Die  eingesammel- 
ten Früchte  werden  in  Estufas  (Trockenstuben)  durch 
künstliche    Wärme   getrocknet     Nach  Peckolt  liefern 
100  kg    frische    reife  Früchte  32,8  kg  trockne  Früchte 
und  100  kg  der  letzteren  47  kg  Kaffeebohnen;  1000  Bäume 
geben  ca  1500  kg  Kaffee. 

Die  Kaffeefrucht  ist  eine  Steinbeere,  der  Kirsche 
an  Grösse  ziemlich  gleich,  unreif  grün,  dann  gelb  und 
roth  werdend,  in  der  vollen  Reife  violett,  zweifachrig; 
jedes  Fach  birgt  einen  Samen.  Nicht  selten  schlägt  ein 
Same  fehl,  und  der  nun  einzig  vorhandene,  in  seinem 
Bestreben,  sich  gleichmässig  auszudehnen,  nicht  gehin- 
derte Same  nimmt  eine  Cylinderform  an;  solche  Samen 
werden    sorgfältig  aus  den  übrigen  ausgelesen  und  aJs 


—    39g    ^ 

Perlkaff^e  besonders  gesohätzt.  Es  kann  demnaeh  ron 
jedem  Banme  Perlkaffee  gewonnen  werden.  Die  ge- 
trocknete Frucht  ist  13—15  mm  lang,  8  —  10  mm 
breit,  länglich  kugelig  oder  eirnnd  mit  einer  meridianal 
verlaufenden  Furche  versehen,  die  der  Facbscheidewand 
entspricht  und  die  Frucht  in  zwei  Hälften  theilt.  Die 
Oberflache  ist  schwarzbraun  (etwa  wie  die  gebrannte 
Kaffeebohne),  matt,  fein  längsStreifigrunzelig,  mit  dem 
Fruchtstielansatz  an  dem  einen  Ende  versehen.  Die 
schwarzbraune  FruchthtiUe  liegt  nur  locker  dem  Samen- 
gehäuse an,  das  dünn,  pergamentartig  hart,  massig 
spröde,  zerbrechlich,  aussen  gelblich  und  weiss  bestäubt, 
innen  reingelb  und  glatt  ist;  jedes  der  zwei  Fächer  wird 
von  dem  Samenkern  ziemlich  vollständig  ausgefüllt; 
letzterer  ist  noch  von  einer  sehr  dünnen,  durchscheinen- 
den, silberglänzenden  oder  dunkelgefärbten  inneren 
Samenhaut  eingehüllt. 

Fruchtschale  und  Samengehäuse  finden  als 
Kischer  oder  Saccakaffee  Verwendung  (siehe  „Kaffee- 
Surrogate")» 

Die  Kaffeebohnen  des  Handels  sind  die  von  der 
Fruchtschichte,  der  äusseren  und  zum  Theil  auch  der 
inneren  Samenhaut  befreiten  Samenkeme  des  KafTee- 
baumes.  Das  Losschälen  geschieht  auf  verschiedene 
Weise.  In  Arabien  und  Ostindien  wendet  man  die 
trockene  Methode  an*  Die  Früchte  werden  getrocknet, 
mit  Walzen  zerquetscht  und  die  Hüllen  mittelst  Schwingen 
entfernt.  In  Westindien  zerquetscht  man  die  frischen 
Früchte  in  Walzwerke,  entfernt  das  Fruchtfleisch,  quillt 
die  Samen  in  Wasser  beiläufig  über  einen  Tag  ein  und 
lässt  sie  nach  Trocknung  ebenfalls  durch  Wals^erke 
laufen,  die  die  Samenschalen  zerquetschen;  letztere  werden 
dann  abgesiebt.  In  Java  werden  die  Früchte  auf  Haufen 
geschüttet  und  einer  Gährung  überlassen;  die  Frucht- 
hüllen können  dann  leicht  entfernt  werden  und  die 
Samen  befreit  man  mit  Hilfe  einer  besonderen  Kaffee- 
mühle von  den  Samenschalen.  Nach  A.  Ernst ^)  geschieht 
die  .Gewinnung  der  Bohnen  in    Venezuela    folgender- 


^)  Die  Betheiligung  d.  ver.  Staaten  von  Venezuela  a.  d.  Wien.' 
Weltau«8t.  Caracas  p.  ^9. 


massen.  Nach  dem  4. — 5.  Jahre  wird  zum  erstenmale  im 
October  geemtet.  Die  Früchte  werden  mit  dem  Descere^ 
zador  von  der  fleischigen  Hülle  befreit,  indem  sie  durch 
keilförmige  Spalte  gegen  einen  mit  vielen  stampfen 
Spits^n  versehenen  rotirenden  Cylinder  gedrängt  werden. 
Darauf  überlässt  man  sie  in  einem  aasgemauerten  Teich- 
bette durch  kurze  Zeit  einer  Gähmng  und  trocknet  sie 
auf  grossen  mit  Ziegelsteinen  gepflasterten  Höfen.  In 
der  Trilla  wird  dann  die  den  Samen  umhüllende  Perga- 
mentschale durch  ein  in  einem  kreisförmigen  Bette  lau- 
fendes schweres  Holz  oder  Steinrad  zerquetscht  und  der 
Venteador  trennt  schliesslich  die  Spreu  von  den  Samen. 
Mitunter  ist  die  Trilla  auch  ein  Stampfwerk.  In  Bra- 
silien wirft  man  die  eingesammelten  Früdite  in  grosse 
Wasserbehälter,  in  welchem  die  reifen  zu  Boden  sinken, 
während  die  „tauben^^  und  unreifen  obenaufschwimmen« 
Die  ersteren  gelangen  dann  in  den  „Despolpador",  welcher 
die  Entfernung  der  Fruchthüllen  ausführt,  „Nach  einem 
abermaligen  Waschen  werden  die  von  der  Samenhaut 
noch  eingeschlossenen  Bohnen  (nicht  selten  auf  einer 
Ziegeltenne)  an  der  Sonne  getrocknet.  Die  Enthülsung 
geschieht  mit  dem  „Descador"  und  das  weitere  Entfernen 
der  anhaftenden  Samenhautreste  durch  besondere  Venti- 
latoren. In  manchen  Fällen  erhalten  die  Bohnen  durch 
Scheuem  in  angewärmten,  borizental  und  beweglich  ge- 
lagerten, eisernen  CyUndem  (brunidor)  einen  höheren 
Glaoz.  Es  soll  aber  vorkommen,  dass  zur  Ertheilung 
einer  dunkleren  Farbe  mit  gepulverter  Kohle  oder  mit 
Graphit  gescheuert  wird."i)  Die  nicht  reifen  Früchte 
geben  eine  schlechtere  Sorte;  sie  werden  in  Haufen  ge- 
schichtet, einer  Maceration  (Grährung)  überlassen  und  hierauf 
werden  die  Frachtiiüllen  mit  der  Hand  entfernt.  Gegen- 
wärtig versucht  man,  eine  gleichmässige  Trocknung  der 
Bohnen  mittelst  eigener  Trockenvorrichtungen  (engenhos) 


*)  I>iese  und  die  übrigen  Angaben  über  brasilianischen  Kaffee 
sind  einer  aosföhrlii^en  Arbeit  meines  Bruders  (Eduard  Ha- 
naus ek,  die  Inras..  Kaffee^ Ausatellung:  in  Wien  1838  im  11.  Jahres- 
bericht des  Ver.  der  Wiener  Handels  -  Akademie ,  Wien  1888  pag. 
161—184)  entnommen.  Auch  Peckolt  hat  eine  grössere  Arbeit 
über  bras.  Kaffee  (Zeitsch.  d.  a.  öster.  Apoth.  Vereins  1883)  ver- 
öffentlicht« 


—    400    — 

zu  erzielen  und  erhält  die  Sorten  „machine  Lidgerwood^ 
oder  „engenhos  perfectionairs^^  von  vorzüglicher  Güte. 


Die  Kaffeehohne  ist  das  graugelbe,  braungelbei 
graugrünliche  oder  bläulichgraue  Sameneiweiss  von 
durchschnittlich  planconvexer  Gestalt  und  sehr  verschie- 
dener Grösse*  Die  Convexfläche  entspricht  der  Rücken-, 
die  Planfläche  der  Bauchseite;  diese  ist  durch  eine  selten 
gerade,  häufig  bogig  verlaufende  oder  unr^elmässig 
krumme  Rinne  in  zwei  Theile  getheilt  und  lässt  in  derselben 
noch  den  Rest  der  inneren  Samenhaut  erkennen.  Die 
Rinne  ist  nur  die  an  der  Aussenseite  sichtbare  Partie 
einer  tiefer  eindringenden  Spalte,  über  die  unten  noch 
Näheres  berichtet  wird.  Die  Oberfläche  der  Bohne  ist 
theils  glatt,  mattglänzend,  theils  uneben,  seichtgrubig 
runzelig  und  matt.  Das  Oben  und  Unten  des  Samens 
findet  man  leicht,  wenn  man  den  Verlauf  der  Rinne 
berücksichtigt;  denn  an  einem  finde  erweitert  sich  diese 
und  erscheint  klaffend;  schneidet  man  au  diesem  Ende 
eine  dünne  Lamelle  des  Sameneiweisses  ab,  so  erblickt 
man  den  kleinen  schief  ab-  und  einwärts  ziehenden  Keim- 
ling« Legt  man  nun  die  Samen  auf  den  Rücken  so  vor 
sicfay  dass  dem  Beschauer  die  Planfläche  zugewendet  ist 
und  das  Ende  mit  dem  Keime  zunächst  (unten)  liegt,  so 
erscheint  die  Rinne  entweder  nach  rechts  oder  links  ge- 
bogen (der  Bogen  nach  rechts  oder  links  geöfinet),  je 
nach  der  Seite,  die  der  Same  in  der  Frucht  eingenommen 
hat;  man  kann  daher  rechts-  und  links  -  entwickelte 
Samen  unterscheiden.  Der  Keimling,  aus  einem  Wür- 
zelchen und  sehr  kleinen,  blattigen,  fast  herzförmigen 
Keimlappen  zusammen  gesetzt,  liegt  meist  in  der  grösseren 
durch  die  Rinne  abgetheilten  Hälfte.  —  Um  den  Verlauf 
des  tiefen  Spaltes  zu  erklären,  denke  man  sich  das 
Sameneiweiss  als  ein  dickes  Blatt  entwickelt,  dessen 
Längsränder  auf  beiden  Seiten  eingeschlagen  sind,  so 
dass  der  eine  weiter  eingeschlagene  Rand  von  dem 
schmälern  überdeckt  werde;  es  muss  demnach  eine  tiefe, 
verschieden  weite  Spalte  entstehen,  die  auf  der  Samen- 
querschnittfläche bogenförmig  verläuft  und  mit  kurzen 
Seitenspalten  versehen  erscheint;   die  innere  Samenhaut 


—    401     — 

umhüllt  die  ursprüngliche  Oberfläche    des  Samens  und 
ist  somit  auch  in  der  Spalte  vorhanden. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  weist  sehr  cha- 
rakteristische Gewebselemente  nach,  die  zur  Erkennung 
des  Kaffeepulvers  ausgezeichnete  Anhaltspunkte  abgeben. 
Die  dünne,  innere  Samenhaut  besteht  aus  inhalts- 
leeren, vollkommen  zusammengefallenen  und  in  ihren 
Contouren  nicht  nachweisbaren  Parenchymzellen,  zwischen 
welchen  sich  langgestreckte,  faserartige  Skleren- 
chym demente  befinden,  die  durch  schräg  auf  die  Längs- 
axe  der  Zellen  verlaufende  Spaltentüpfel  (Fig.  89,  A  u.  90) 
ausgezeichnet  sind.   Die  Länge  dieser  Steinzellen  beträgt 

Fig.  89. 


OewebtheUe   der   Kaffeebohn«  (Jarakaffee).  —   A.  Innere  Samenhaut  (Stein- 
sellen). —  B.  Oewebsettlck  aus  dem  EiweiaskOrper,  ohne  Inhaltskörper.  ~ 
Beide  Figuren  etwas  achematisirt. 


0.2—0.45  mm,  die  Breite  0.02—0,03  mm,  die  Weite  des 
Lumens  wechselt  und  letzteres  kann  bis  auf  eine  Linie 
sich  reduciren;   in  Kalilauge  färben   sich   diese   Zellen 

Hanausek,  Nahrungs-  a.  Oenusamittel  a.  d.  Pflanzenreich.  ^ 


~     402     — 

schön  gelb.  Der  Eiweisskörper  zeigt  im  Querschnitte 
unterhalb  der  Spalte  einen  dunklen  Streifen.  Die  Zellen 
der  äussersten  Reihe  sind  fast  kubisch  (im  Querschnitte 
quadratisch),  weiter  innen  aber  polyedrisch  und  ihre 
farblosen  Wände  zeigen  (in  Wasser)  eine  sehr  cha- 
rakteristische knotige  Verdickunc  (Fig.  89  B  u.  91). 
Der  Zellinhalt,  ein  farbloser  Klumpen,  löst  sich  zum  Theil 
in  Wasser;  Oeltröpfchen  und  eine  feinkörnige  Substanz 
bleiben  zurück.  Die  Wände  werden  durch  Chlorzink- 
jod schön  violett,  von  Jod  und  Schwefelsäure  blau  ge- 
färbt bis  auf  die  Mittellamelle,  die  schwach  gelblich  ge- 
färbt bleibt,  und  sie  bestehen  daher  aus  nahezu  reiner 
Cellulose.  Jod  färbt  den  Inhalt  gelb  bis  auf  einzelne  Körn- 
chen, die  gebläut  werden;  das  Fett  tritt  in  braungelben 
Tröpfchen  hervor.  Salpetersäure  löst  den  Inhalt  mit 
lichtgelber,  Kalilauge  mit  schön  citronen-  bis  guttigelber 
Farbe,  conc.  Schwefelsäure  färbt  ihn  anfänglich  rosen- 
roth,  schliesslich  braun;  in  einzelnen  Zellefl  findet  sich 
eine  feinkörnige  Masse,  die  durch  Eisenehlorid  schmutzig- 
braungrün  gefärbt  wird.  Durch  diese  Reactionen  ist  die 
Anwesenheit  von  Zucker,  Fett,  Eiweisssubstanzen  und 
einer   sehr   geringen   Menge    von   Stärke   nachgewiesen. 

Fig.  90.    (nach  Ed.  H  a  n  a  u  s  e  k). 


Gewebtheile  der  Kaffeebohne.  (Braeil-Kaifee,  Yalen^a-Kaifee  aus  der  FroTins 

Bio  de  Janeiro  mit  der  Qualittttebczeichnang  Deepolpado  superior).i 

Steinzellen  der  Innern  Samenhaut. 

Die    oben    erwähnte    dunklere   Gewebsschichte,   von  O. 
Jäger ^)  Mittelschichte*)  genannt,   weicht   in  ihrem 

1)  Bot.  Ztg.  1881.    p.  335  ff. 

*)  Ein  schon  zu  vielseitig  gebrauchter  Ausdruck;  besser  -wäre 
„Trennungs-"  oder  „Auflösungsschichte"  gewesen. 


—     403     — 

anatomischen  Verhalten  von  den  übrigen  Partien  des 
Endosperms  ab  und  hat  die  Bestimmung,  eine  Spaltung 
des  Eiweisses,  namentlich  für  die  Keimung  herbeizuführen. 
Die  meisten  Zellen  dieser  Schichte  sind  in  einem  Auf- 
lösungsprocess  begriffen,  indem  an  bestimmten  Stellen 
der  Inhalt  verschwunden  ist  und  an  Stelle  der  Zellen 
nur  eine  faserige  oder  feinkörnige  farblose  Substanz  vor- 
handen ist;  an  anderen  sind  schon  verschieden  grosse, 
oft  ziemlich  weitreichende  Lücken  entstanden,  welche  an 
ihren  Rändern  noch  deutlich  die  Ueberreste  der  zer- 
störten Zellen  zeigen;  die  zunächst  liegenden  Zellen  sind 
tangential  gestreckt  und  verfallen  ebenfalls  der  Auflösung. 
Die  gravimetrische  Untersuchung,  die  Be- 
stimmung des  Gewichtes  eines  Deciliters  hat  für  die  Be- 
urtheilung  der  Kaffeesorte  einen  wichtigen  Einfluss.  Für 
einige  Sorten  wurden  folgende  Zahlen  gefunden: 


Kaffeesorte. 


Ernte- Jabi 


Gewicht 
einet  Decil 
in  Qramm 


Anzahl  der 
Bohnen  im 
Deoiliter 


Mocca 

Zanzibar 

Java 

Ceylon 

Reunion 

Venezuela 

Guadeloupe 

Hayti 

Martinique 

Brasilien:  Spirito  Santo    . 
„  Rio  de  Janeiro 


1828 
1874 
1874 
1872 
1869 
1865 
1875 
1874 
1873 
1875 
1872 


500 
606 
455 
508 
630 
654 
660 
642 
630 
567 
522 


510 
554 
338 
345 
480 
400 
382 
358 
414 
318 
294 


Die  Erfahrung  hat  nun  gezeigt,  dass  je  geringer  das 
Deciliter- Gewicht,  desto  aromareicher  und  geschmack- 
voller die  Kaffeesorte  ist.  Damit  hängt  auch  die  That^ 
Sache  zusammen,  dass  längeres  Lagern  die  Qualität  des 
Kaffees  verbessert. 


26* 


—    404    — 

Fig.  »1.  (nach  Ed.  Hanaotek). 

G-awebsstüok   aus  dem  Eiweiitkörper  von  Brasil-Kaffee.     (Abstammung   wie 
Fig.  90).    Einzelne  Zellen  mit  feinkörnigem  Inhalt   und  Oeltröpfchen  gefüllt. 

Durchschnittlich     enthält    ungebrannter    Kaffee 
folgende  Stoffe: 

I  'S  I  i 


ti 


l 


10.13  1L84  0.93  12.21  11.84  9.54  38.18  5.33 
Als  wichtigster  Bestandtheil  der  Kaffeebohnen  ist 
das  Alkaloid  Coffein  zu  nennen,  über  dessen  Eigenschaften 
schon  in  dem  Abschnitt  „Thee"  berichtet  worden  ist. 
Die .  Coffeinmenge  ist,  wie  überhaupt  die  Menge  aller  Be- 
standtheile  des  Kaffees,  bedeutenden  Schwankungen  unter- 
worfen und  soll  von  0.64 — 2.24%  steigen;  letztere  Zahl 
ist  wohl  nur  selten  gefunden  worden.  Nach  der  neuesten 
Analyse  von  Ludwig  (Wien  1883)  enthält  brasilianischer 
Kaffee  (Sorte  Lavado)  1.16 — 1.75%.  Levesie  fand  für 
Jamaica  1.43,  Mocca  0.64,  Ceylon  Plant.  Perl  1.53,  Washed 
Bio  1.14,  Costa  Bica  1.18,  Malabar  0.88,  ostind.  Kaffee 
1.01  %. 

Die  Kaffeegerbsäure  fl9 — 23  %),  ebenfalls  ein 
wichtiger  Bestandtheil  der  Kaffeebohne,  ist  an  Kali  und 
Coffein  gebunden  und  geht  durch  Aufnahme  von  Sauer- 
stoff (in  alkalischer  Lösung)  in  die  Viridinsäure  über, 
welche  die  grüne  oder  blaugrüne  Farbe  gewisser  Kaffee- 
sorten veranlasst;  es  soll  aber  auch  noch  eine  zweite 
Säure,  die  Kaffeesäure,  die  aus  der  Kaffeegerbeäure 


—    405     — 

durch  Kochen  mit  Kalilauge  dargestellt  werden  kann, 
vorhanden  sein  (oder  in  der  Bohne  entstehen);  ^ese 
wird  durch  Eisenchlorid  intensiv  grasgrün  gefän)t.  Die 
Menge  des  fetten  Oeles  beträgt  nach  Levesie  15 — 22®/o, 
der  Cellulosegehalt  20—38  «/o. 

Die  rohen  Bohnen  werden  für  den  Verbrauch  be- 
kanntlich einem  Röstprocess  unterworfen,  durch  welchen 
tief  eingreifende  chemische  Veränderungen  hervorgerufen 
werden^  Die  Samen  erleiden  einen  Gewichtsverlust  von 
15—30  7«  (nach  meinen  Untersuchungen  für  dunkelbraun 
gerösteten  KaflFee  28—30%),  erfahren  dagegen  eine  Vo- 
lumzunahme; der  Wassergehalt  wird  grösstentheils  ent- 
fernt, der  Zucker  geht  in  Caramel  über  und  wird  aus- 
geschieden, so  dass  von  den  vorhandenen  9—12%  nur 
mehr  l  %  zurückbleibt;  die  EiweissstoflFe  unterliegen  einer 
chemischen  Zersetzung  un  des  bilden  sich  eigenthümliche 
aromatische  Körper,  die  den  bekannten  angenehmen  KaflFee- 
geruch  verursachen;  Cech  fand  in  den  Röstproducten 
8 — 13%  Kaffeeöl,  eine  grüne,  durchsichtige,  dickflüssige 
Masse,  die  nach  einiger  Zeit  wenige  feine  Coffeinnadeln 
absonderte,  nach  mehrjähriger  Aufbewahrung  in  eine 
krystallinische  feste  Fettsäure  und  eine  durchsichtige, 
schön  grüngefärbte  Oelsäure  sich  spaltete.  Bernheimer 
(1880)  dagegen  bezeichnet  als  den  Träger  des  Aroma's 
ein  schweres,  an  der  Luft  gelb  werdendes  Oel,  das  er 
ebenfalls  Kaffeeöl  nennt,  von  der  Formel  CsHioO». — 
Die  Zellwände  bräunen  sich  unter  Veränderung  der  Cellu- 
lose;  die  Menge  der  im  Wasser  löslichen  Substanzen 
nimmt  nach  dem  Brennen  ab,  so  dass  die  Gesammtmenge 
der  in  Lösung  gehenden  Stoffe  (bei  der  Zubereitung  des 
Getränkes)  21.5  bis  40  7o  des  Gewichtes  des  gerösteten 
Kaffees  beträgt. 

Nach  Comaille  giebt  Mysore  Kaffee  37.1,  Mocca 
40.5,  Bourbon  35.6  %  in  heissem  Wasser  lösliches  Extract. 
Gebrannter  Kaffee  enthält  folgende  Mengen: 


J 

-2  ^ 

B 

*? 

w 

1 

1 

4 

C/9 

fj 

1 

1 

p* 

■b. 

»« 

^ 

1.81 

12.20 

0.97 

12.03 

1.01 

22.60 

44.57 

4.1 

—    406     — 

Für  die  Aschenmenge  fand  ich  in  mehreren  Ver- 
suchen 3.38  %.  Die  mittlere  Zusammensetzung  der  Asche 
ist  folgende: 

i       i 

c^       ■«       ?       3       i 
-         .        i        s        i.       -s        s         ^. 

il'lllllli 

62^47    1.64     6.29     9.69     0.65    I3T29    3.80    0^54    0^91 

Nach  Koenig  gemessen  wir  in  einer  Portion  Kaffee  ^), 
zu  welcher  15  g  Kaffeebohnen  verwendet  worden  sind, 
folgende  Substanzmengen  in  Grammen: 


^  ^  ^  :§^         -1  •§ 

3.82       0.26—0.075      078         2.17       0.61       O.lö 

Die  Güte  des  Kaffees  ist  nicht  nur  von  den  Cultur- 
bedingungen  abhängig,  denen  die  Plantage  unterworfen 
ist  (Güte  der  Sorte),  sondern  auch  von  dem  Reifezustande, 
in  welchem  die  Samen  geerntet  worden  sind,  und  von 
der  mehr  oder  minder  grossen  Sorgfalt,  die  man  den 
geernteten  Samen  angedeihen  lässt.  Sorten  mit  grossen, 
gleichmässigen,  gleichfarbigen,  lichten  Bohnen  mögen  als 
gute  angesehen  werden.  „Die  Beurtheilung  der  Güte  des 
Kaffees",  sagt  Vogl,  „ist  keine  so  leichte  Sache.  Einen 
guten  Anhaltspunkt  gewährt  allerdings  in  erster  Linie 
seine  Herkunft,  indessen  liefern  die  meisten  Culturländer 
verschiedene  Sorten,  welche  nach  dem  Boden,  dem  Jahr- 
gang, der  Behandlung,  Aufbewahrung  und  anderen  Um- 
ständen von  oft  sehr  verschiedener  Qualität  sind.  Der 
werthvollste  an  Aroma  reichste  Kaffee  wird  auf  magerem 
Boden  von  höher  gelegenen  Standorten  erzielt,  während 
tiefliegende  zu  feuchte  Localitäten  ein  aromaarmes  Pro- 
duct  von  rohem  Geschmacke  liefern". 

Die  Productionssorten  werden  schon  in  den  Ausfuhrs- 


^)  Die  Perser  gemessen  den  feinsten  Ea£fee  sehr  häafig  trocken^ 
indem  sie  ab  und  zu  einen  Löfifel  Kaifee  pul  ver  naschen,  was  bei 
einiger  Gewohnheit  vortrefflich  munden  soll.    (v.  Yincenti). 


—    407    — 

häfen  in  feine  (gute),  mittelfeine  und  ordinäre  geschie- 
den, dann  aber  von  den  Grosshandelsfirmen  nach  Grösse 
und  Farbe  in  braune,  goldgelbe,  gelbe,  blonde,  grüne, 
blaugrüne  Sorten  gruppirt.  Gute  Kaffeebohnen  müssen 
schwer  und  hart  sein,  in  Wasser  .untersinken,  sich  horn- 
artig  schneiden  lassen,  und  beim  Rösten  stark  anschwellen. 
Der  Geschmack  roher  Bohnen  ist  erst  süsslich,  später 
herb,  der  Geruch  eigenthümlich  bitterlich,  nicht  gerade 
angenehm;  besonders  kräftig,  fast  herbe  riecht  die  als 
Mocca  bezeichnete  Sorte. 

FFoductioxissorten  und  statistische  Angaben. 

I.  Afrikanischer  oder  äthiopischer  Kaffee. 
Die  beste  Sorte  stammt  aus  dem  südlichen  Theile  von 
Abyssinien,  südlich  vom  Tsana-See  u.  aus  den  Gallaländem. 
Härar  (südwestlich  von  dem  bekannten  Hafen  des  So- 
malilandes Berber  ah)  ist  der  Haupthandelsplatz  dieser 
Kaflfeesorte.  In  Berberah  und  Sela  (Zeila  im  Meerbusen  von 
Aden)  wird  er  von  indischen  Händlern  aufgekauft;  er  hat 
für  Europa  fast  keine  Bedeutung.  Aus  Aegypten,  Darfur 
und  Abyssinien  wurden  1878  5000  metr.  Ctr.  exportirt. 

H.  Arabischer  Kaffee,  vom  Kaffeegebirge  in  Ye- 
men  auf  der  Westseite  bis  zur  Küste  (14 — 17®n.  B.),  als 
Mocca- Kaffee  bekannt;  die  Bohnen  sind  eirund,  grün- 
lichgelb, die  kleinsten  von  allen;  er  wird  von  mohame- 
danischen  Kaufleuten  aus  Kleinasien,  Persien  und  Indien 
gekauft  und  kommt  über  Aden  höchstens  bis  Constan- 
tinopel;  der  im  Abendlande  als  Mocca  verkaufte  Kaffee 
ist  meist  kleinbohniger  Java  oder  Ceylon,  eine  auserlesene, 
dem  echten  Mocca  ziemlich  nahestehende  Sorte.  1876 
bis  1878  wurden  27.792  metr.  Ctr.  über  Aden  exportirt  i). 

III.  Niederländisch- indischer  Kaffee.  Von 
den  Sundainseln  kommen  unsere  besten  Handelssorten 
und  zwar: 

1)  Java-  (Djeribon-)Kaffee,  als  Gold-,  gelber,  blon- 
der, brauner,  und  grüner  Java.   Die  meisten  Samen  sind 


^)  Nach  Mittheilungen  in  Globus  XXXI Y  p.  58  sollen  aber 
ca  25000  metr.  Ctr.  nach  Europa  und  zwar  nach  England,  Triest 
und  Marseüle  gebracht  werden. 


—    408    — 

gelbbraun  und  lichtgelb.  Die  Bauchfläche  der  Bohne  ist 
ziemlich  eben,  die  Kinne  wenig  gekrümmt,  in  der  Mitte 
häufig  ausgebuchtet;  die  Contouren  der  Bohne  sind  eirund- 
lich;  die  Länge  beträgt  10 — 12  mm,  die  Breite  7 — 8  mm; 
die  Dicke  3 — 4  mm;  ausgezeichnet  grosse  Bohnen  sind 
12  mm  lang,  9  mm  breit,  5  mm  dick.  —  Die  Anzahl  der 
fruchttragenden  Bäume  beläuft  sich  auf  250  Millionen; 
die  Ernte  betrug  auf  Java  1879  908  855  metr.  Ctr. 

Die  als  Mocca  bekannte  Javasorte  von  eigentbüm- 
lieh  bitterem  Geruch  besteht  aus  eiförmigen  gelbgrünen 
Bohnen,  die  meist  noch  von  grösseren  Fragmenten  der 
inneren  Samenhaut  bedeckt  sind;  die  Binne  erscheint  sehr 
schmal,  die  Bauchfläche  schwach  gewölbt;  Länge  8 — 11  mm, 
Breite  7 — 8  mm,  Dicke  3 — 4  mm. 

2)  Menado-Kaffe  von  der  Insel  Celebes.  Ausser- 
ordentlich grosse  hellgelbe  und  dunkelgelbbraune  BohBen, 
von  grösster  Gleichmässigkeit  (wie  die  Maasse  zeigen). 
Eine  ausgezeichnete  Sorte.  Der  Ernteertrag  war  i.  J. 
1879  88  794  mtr.  Ctr. 


Häufigste  Länge: 

Breite    und    Dicke: 

1)    10  mm 

7  mm                      4  mm 

2)     11    „ 

8   »                        4   „ 

3)     13    „ 

8    „                3.5—4    „ 

4)     14   „ 

9    „                4-4.5    „ 

Als  Dadapkaflfee  bezeichnet  man  jene  Sorten,  die 
von  in  gelichtetem  Waldland  "gepflanzten  Sträuchern  her- 
rühren; letztere  gedeihen  in  dem  Schutze  der  schatten- 
spendenden Dadap-  oder  Korallenbäume  (Erythrtna  mdka 
Lam.,  Leguminosen).  Auch  auf  Sumatra  (Lampung  und  Palem- 
bang  an  der  Westküste)  wird  im  grossen  Maassstabe  Kaffee 
gewonnen,  i.  J.  1879  100  893  metr.  Ctr.  Die  ganze  Ernte 
in  Holländisch -Ostindien  veranschlagt  sich  für  1879  auf 
1  128  802  metr.  Cü\ 

IV.  Spanisch-Indischer  Kaffee.  Die  Philippinen 
liefern  den  Manilakaffee,  insbesonders  die  Provinzen 
Laguna,  Batanges,  Gavite  (der  beste)  und  Mindanao  (der 
geringste).  Die  Bohnen  sind  grünlich  matt,  mit  grossen, 
silberglänzenden  Samenfragmenten.  Hauptconsumenten 
sindSp^den  und  Frankreich;  im  mitteleuropäischen  Han- 
del erscheint  er  nicht.  Im  Jahre  1880  wurden  53  147 
metr.  Ctr.  ausgeführt. 


—    409    — 

V.  Französisch-indischer  undBourbon-Kaffee; 
nur  letzterer,  mit  weissgelben  längliehen  Bohnen  kommt 
hie  und  da  nach  Mitteleuropa.  Auf  Bourbon  (Reunion) 
•wurden  1877  833  metr.  Ctn  geerntet. 

VI.  E  n  g  1  i  s  ch-i  n  d  i  8  c  h  e  r  K  a  f  f  e  e.  Liefert  vorzügliche 
Sorten. 

1)  Nelagiri-Kaffee  von  den  gleichnamigen  Bergen 
der  Westküste  Vorderindiens  (Malabar),  wird  über  Cocnin 
ausgeschiflft.  Grünliche  ziemlich  breite  Bohnen  mit  stark 
concaver  Bauchfläche  und  krummläufiger  Rinne. 

Länge:  Breite:  Dicke: 

1)  10  mm  8  mm  3.5  mm 

2)  9  „  7  „  3.5  „ 
Gegenwärtig  wird  auch  von  Madras  viel  Kaffee  ge- 
liefert; der  Gesammtexport  des  ostindischen  Kaffees  be- 
trug 1880/81  187  633  metr.  Ctr.  Eine  neue  Krankheit  i) 
(Leaf-Disease),  durch  einen  Pilz  (Hemtleja  vastatrix)  herbei- 
geführt, zerstört  die  Blätter  und  droht  dem  Kaffee- Anbau 
in  Ceylon  empfindlichen  Schaden  zuzufügen. 

2)  Ceylon-Kaffee,  zählt  zu  den  besten  Sorten  und 
wird  gegenwärtig  massenhaft  nach  Europa  gebracht.  Man 
unterscheidet: 

a.  Native-Ceylon,  von  den  Singhalesen  geerntet  und 

b.  Plantation-Ceylon,  der  in  regelrechten,  mit  allen 
Vortheilen  einer  gesunden  Cultur  ausgestatteten 
Anlagen  gewonnen  wird.  Brothers  (Colombo)  hat 
solche  zu  Wien  ausgestellt  und  der  Unterschied 
zwischen  Native  und  Plantation  war  geradezu'  auf- 
fällig. Ersterer  hat  grüne,  blaugrüne,  und  viele 
dunkel  gefärbte  längliche  Bohnen: 

Länge :  Breite :  Dicke : 

1)  10  mm  6.5  mm  4  mm 

2)  11    „  7       „  4     „ 

3)  13   „  8       „  4.5  „ 
Plantation-Ceylon  liefert  schmälere,  kleinere  und 


*)H.  Marshall  Ward,  Researohes  on  the  Lifehiaitory  of 
Hemileja  vastatrix  the  fungns  of  the  Ooffee-leaf  disease  in  the 
Jörn,  of  the  Linn.  Society  XIX.  —  E.  Haekel,  Ind.  ReiBebriefe. 


—     410     — 

gleichmässige    blaugrüne    Bohnen   mit    unebener    („rar- 
zogener")  Bauchfläche;  die  Grösse  ist  durchweg  egaL 
Länge :  Breite :  Dicke : 

12  mm  7  mm  4  mm 

Die  Ernte  betrug  1880  330000  metr.  Ctr. 

VII.  Westindischer  und  mittelamerikanischer 
Kaffee. 

1)  Cuba -Kaffee;  gelbe  und  grüne,  theils  schmale 
und  lange,  theils  breite  und  kurze  Bohnen  mit  stark  ge- 
wölbter Bauchfläche;  in  Europa  viel  gebraucht,  jetzt  im 
Rückgänge  begriflfen;  nur  vonSantjago  im  Süden  wurden 
1879  6  086  metr.  Ctr.  ausgeführt. 

Länge:  Breite:  Dicke: 

1)  10  mm  8  mm  4  mm 

2)  12    ,,  7    „  4   „ 

2)  Jamaica- Kaffee;  lange  schmale  meist  grüne, 
sehr  egale  Bohnen,  eine  gute  Sorte.  Export  1879:  49  000 
metr.  Ctr. 

3)  Domingo-Kaffee.  Die  östliche  Hälfte  der  Insel 
Hajti  (San  Domingo)  producirt  eine  bedeutende  Menge 
eines  sehr  mittelmässigen  Kaffees.  Bohnen  sehr  ver- 
schieden gross  und  verschieden  gefärbt,  gelblichgrün  mit 
vielen  braunen  (schmierigen)  und  gebrochenen  Stücken; 
Bauchfläche  sehr  uneben. 


Länge: 

Breite : 

Dicke: 

1) 

8  mm 

6  mm 

3  mm 

2) 

9   ,, 

6   „ 

3    „ 

3) 

10  „ 

6   „ 

4    ,, 

4) 

11    » 

9   ,, 

4.5  „ 

Aus  den  beiden  Häfen  San  Puerto  und  San  Domingo 
wurden  5  426  metr.  Ctr.  (1879)  ausgeführt.  —  Die  west- 
liche Hälfte  der  Insel,  das  eigentliche  Hajti  exportirte 
1878/79  232  000  metr.  Ctr.  aus  6  Ausfuhrhäfen  (Port  au 
Prince,  Cap  Hayti,  Jacmel,  Gonaives,  Aux  Cayes  und  Port 
de  Paix). 

4)  Po rtorico- Kaffee;  sehr  ungleiche,  blassgrüne 
oder  grünlichgelbe  Bohnen  untermischt  mit  braunen 
Bohnen.  Binne  stark  klaffend,  Bauchfläche  schief  ge- 
wölbt; Grösse  wie  bei  voriger,  nur  überwiegen  die  klei- 


—     411     — 

neren  Bohnen.    Die  Ausfuhr  betrug  1879  144  500  metr. 
Centner. 

5)  Costarica-  und  Guatemala-Kaffee,  Sorten, 
die  in  den  letzten  Jahren  zu  einigem  Ansehen  gekommen 
sind.  Erstere  Sorte  ist  sehr  schön;  grüne,  schmale,  lange 
Bohnen,  dem  Ceylon  nahestehend. 

Länge:  Breite:  Dicke: 

10.5  mm  8  mm  3.5  mm 

11  »j  •    >i  3       „ 

12  „                    8    „  4       „ 
Costarica    exportirte    1879/80  107  042,    Guatemala 

115  920  metr.  Ctr. 

6)  Martinique,  Guadeloupe,  S.  Lucia  (Castries) 
und  von  anderen  westindischen  Inseln.  Die  französischen 
Colonien  in  Westindien  liefern  eine  Ernte  (1877)  von 
9  511  metr.  Ctr. 

VIII.  Südamerikanischer  Kaffee. 

1)  Surinam;  kleine  hreite,  grünliche  Bohnen  mit 
stark  klaffender  Rinne;  eine  gute  Sorte. 

2)  Berbice  (Britisch  Guyana).  Von  Guyana  kom- 
men nur  sehr  geringe  Mengen  nach  Europa,  die  Pro- 
duction  betrug  nur  1878  400  metr.  Ctr. 

3)  La  Guayra  Kaffee  (Venezuela);  bildet  den 
Hauptreichthum  des  Landes;  die  geringe,  ohne  Gährung 
gewonnene  Sorte  heisst  Cafe  trillado,  die  beste  C.  des- 
cerezado.  —  Die  Ausfuhr  betrug  1879  276  000  metr.  Ctr. 

4)  Brasil -Kaffee.  In  Brasilien  ist  die  Kaffee- 
production  auf  das  Höchste  gesteigert  und  liefert  gegen 
200  Sorten,  von  denen  einige  zu  den  besseren  gerechnet 
werden  müssen.  Im  Februar  1883  hat  eine  Gesellschaft 
Brasil-KaflFee  zu  Wien  ausgestellt,  der  freilich  ausserordent- 
lich schön  aussah.  Von  den  gewöhnlich  bei  uns  vorkom- 
menden Sorten  sind  zu  nennen. 

a.  Para,  gilt  als  sehr  untergeordnet, 

b.  Rio,  gelbgrüne  oder  braungelbe  sehr  ungleich  grosse, 
Bohnen  mit  zweimal  gewundener  Rinne;  nicht  be- 
sonders schön;  manche  Rio -Sorten  haben  Bohnen 
mit  rother  Furche,  wodurch  sie  leicht  kenntlich 
sind.  *) 

*)  Ed.  Hanausek,  1.  c  p.  175. 


—    412     — 

c.  Maranham, 

d.  Bahia,  hat  gleich  dem  Para  nur  geringen  Wertii, 

e.  Geara, 

f.  Gampinas,  kleine  sehr  flache,  grüngelbe  Bohnen, 

Länge:        Breite:        Dicke: 
7  mm         5  mm  3  mm 

.  10    „  8   „  4    „ 

g.  San  tos;  gilt  mit  dem  vorigen  als  der  beste  Brasil- 
Kaffee. 

h.  Spirito  Santo,  etc. 
Nach  der  Qualität  werden  die  einzelnen  Brasilsorten 
unterschieden  in: 

1)  Superior  e  fino  Qual. 

2)  Boa  (gut)  „ 

3)  Reguläre  „ 

4)  erste  ordinäre        „ 

5)  zweite  gute  „ 

6)  zweite  reguläre      „ 

7)  Rodondo,  Perlkaffee. 

Nach  der  Zubereitung  unterscheidet  man  wieder  „des- 
polpado"  (gewaschenen)  und  scharfen,  nicht  gewaschenen 
Kaffee.  Ersterer  ist  durchwegs  mild  und  beliebt,  die 
Bohnen  sind  meist  erbsengrün. 

Die  im  Jahre  1882  in  Rio  de^ Janeiro  veranstaltete 
Kaffee -Ausstellung  hat  ganz  neue  Sorten  aufgewiesen, 
über  die  mein  Bruder  (a.  a.  0.  p.  179)  folgende  Angaben 
macht:  „Der  »Kaffee  araarello  deBotucata«  (gelber  Kaffee 
von  Botucatu  in  Muncipio  Pirassunanga,  Prov.  S.  Paulo) 
und  die  als  »Kaffee  Bourbon«  (angebaut  in  Muncipio 
Vassouras,  Prov.  Rio  de  Janeiro)  bezeichnete  Sorte  wer- 
den als  ausserordentlich  wohlriechend  und  feinschmeckend 
gerühmt.  Diese  Sorten  sind  nach  dem  Botaniker  Luiz 
Barreto  durch  Kreuzung  des  gewöhnlichen  Brasilkaffees 
mit  dem  Yemen-  oder  Mokkakaffee  entstanden.  Die  Stamm- 
pflanzen wurden  im  Jahre  1871  in  der  Wildniss  von  Bo- 
tucatu entdeckt.  —  Der  Chemiker  Peligot  (Paris)  zählt 
diese  Proben  zu  den  coffe'inreichsten  und  aromatischsten 
Kaffeesorten. 

Es  waren  femer  Muster  von  Pflanzungen  aus  der 
Provinz  S.  Paido  von  Bernardino  Domingues  de 
Castro  ausgestellt,  welche  im  Ansehen,  Aroma  undGe- 


—    413     — 

schmack  dem  direct  von  Aden  (1881)  nach  Brasilien  und 
Europa  importirten  Kaffee  gleichkommen  sollen.  •  •  •  • 
Ungewöhnlich  grosse,  grünblaue,  aromatische  und  mild 
schmeckende  Bohnen  hat  die  Sorte  von  Maragogipe, 
Prov.  Bahia.  .  .  .  Die  Stammpflanze  wurde  in  den  un- 
cultivirten  Districten  von  Maragogipe  von  dem  Plantagen- 
besitzer Chrisögono  Jos^  Fernando  gefunden." 

Brasilien  versorgt  die  Hälfte  aller  Consumenten  der 
Erde  mit  Kaffee.  Im  Jahre  1877  wurden  170  793  300  kg; 
1881:  262  645  080  kg  Kaffee  exportirt^).  Im  Jahre  1882 
betrug  der  Export  von  Rio  4  740  000  Ctr.,  Santos  2  Mill, 
von  Bahia  und  Ceara  1  150  000  Ctr. 

Weitere  ausführliche  statistische  Details  über  Export, 
Verbrauch,  Anbauverhälfnisse  etc.  bringt  die  „allgemeine 
Kaffee-Zeitung"  die  seit  Januar  1884  in  Rotterdam 
unter  der  Redaction  von  Franz  Stapf  erscheint. 

Die  bedeutenden  wirthschaftlichen  Erfolge,  die  durch 
den  rationellen  Kaffee-Anbau  in  einzelnen  Ländern  erzielt 
worden  sind,  haben  auch  andere,  für  den  Kaffee-Anbau 
günstig  gelegene  Staaten  bewogen,  durch  besondere  För- 
derung desselben,  Ausschreibung  von  Prämien  u.  s.  w.  die 
Kaffeeproduction  zu  heben.  Namentlich  gilt  dies  für 
Mexiko  und  Nicaragua.  In  den  übrigen  kaffeebauenden 
Ländern  sind  folgende  Quantitäten  geerntet,  resp.  aus- 
geführt worden: 

San  Salvador,  Ausfuhr  1879     ...  65  762  mtr.  Ctr. 

Columbien,            „            „       .     .     .  50  000    „  „ 

Ecuador                „         1879/80    .     .  9  371     „  „ 

Nicaragua              „          1878    ...  9  300    „  „ 

Mexiko,  Schätzung  1877      ....  4000    „  „ 

Liberia  (Westafrika)  Ernte  1879/80  .  1  125     „  „ 

Hawaii  Ausfuhr  1880 451     „  „ 

Mozambique         und      Madagaskar 

Schätzung  1877 250    „  „ 

Natal,  Ausfuhr  1878 142    „  „ 

Loando,  San  Tom^  etc.  Schätzung  .  30  000    „  „ 
Nach  V.  Neumann-Spallart  lässt  sich  die  Menge 
des  in  dem  Emtejahre  1879/80  producirten  Kaffees  auf  5.5 

')  Baron  Faro  hat  auf  seiner  Masterfarm  allem  2  300  000  Pfd. 
Ki^ee  («  60000  Sterl.)>r2ielt. 


—    414    — 

Mill.  metr.  Ctr.  annehmen.  Von  diesen  kommen  etwa  60'/« 
nach  Europa,  das  Uebrige  wird  in  Amerika  und  den 
anderen  Erdtheilen  verbraucht.  Im  Jahre  1875  hat  der 
europäische  Gonsum  seinen  Höhepunkt  erreicht,  ist  dann 
gesunken  und  im  Jahre  1879  wieder  gestiegen.  Es  be- 
trugen die  Zufuhren  nach  den  6  Haupt- Kaffeemärkten 
London,  Hamburg,  Amsterdam,  Rotterdam,  Hävre  und 
Triest 

im  Jahre  1870    2  492  248  metr.  Ctr. 

„       „       1875     8  250  000      „ 

„  „  1879  3  330  500  „ 
In  den  letzten  50,'Jahren  hat  der  Consum  in  Frank- 
reich um  das  sechsfache,  in  Oesterreich-Ungarn  um  das 
fünffache,  in  Deutschland  um  das  Doppelte  zugenommen. 
Der  grösste  Verbrauch  fällt  auf  die  Niederlande  mit 
7.14  kg  per  Kopf  jährlich,  der  geringste  auf  Russland 
mit  0.10  kg  per  Kopf;  für  folgende  europäische  Staaten 
beträgt  der  Kaffee-Verbrauch: 


metr.  Ctr, 

kg 

im  euieo 

durekieluitU.  per  Itpf 

Niederlande  .     .    . 

281  350 

7.14 

Belgien     .    .    .    . 

233  580 

4.24 

Norwegen.    .    .    . 

•64  233 

3.45 

Schweiz     .    .    .    . 

84  720 

3.01 

Dänemark     .    .    . 

48  077 

2.45 

Deutsches  Beich    . 

1016040 

2.38 

Schweden .... 

111878 

2.36 

Frankreich    .    .    . 

52  775 

1.43 

Oesterreich-Ungarn 

314  975 

0.84 

Italien 

133  700 

0.47 

Grossbritannien 

149  700 

0.45 

Russland  .... 

76  250 

0.10 

Tiefes  Dunkel  umhüllt  die  Zeit,  in  der  die  Aetibiopier 
zuerst  des  Kaffees  als  eines  Genussmittels  sich  bedient 
haben.  Der  gelehrte  Araber  Avicenna  (1593)  nennt 
Kahweh  ein  Getränke  und  Ben  Bon,  Bun  gewisse  Sa- 
men, die  aber  gewiss  nicht  die  Kaffeebohnen  gewesen. 
Die  älteste  Nachricht  über  Kaffee  enthält  ein  arabisches 


—     415     — 

Manuscript  von  Schehabbedin  Ben  Abdalgiafar 
Amaleki  (im  15.  Jahrhdt.),  in  welchem  der  Mufti  von 
Aden,  Gemal-Eddin  Abu  Abdallah  Muhamed  Ben 
Said  als  der  üeberbringer  des  Kaffees  nach  Arabien 
genannt  wird,  und  er  soll  es  auch  gewesen  sein,  der  den 
Derwischen  den  Gebrauch  des  Kaffees  empfohlen  hat, 
damit  sie  die  Nächte  hindurch  ihre  asketischen  Uebungen 
auszuführen  im  Stande  seien.  Die  erste  „Kaweh**pflanzung 
in  Mekka  wurde  i.  J.  1567  angelegt.  Es  erscheint  be- 
greiflich, dass  die  wunderbare,  schlafverscheuchende  und 
erheiternde  Wirkung  des  Kaffeegenusses  die  erste  Ge- 
schichte des  Kaffee -Verbrauches  mit  allerlei  Sagen  um- 
spann, denen  vielleicht  irgend  eine  unbedeutende  That- 
sache  zu  Grunde  liegt,  aber  durch  die  phantasiereiche 
Geistesentwicklung  der  Araber  eine  ziemlich  bunte  Aus- 
schmückung zu  Theil  ward.  So  erzählen  die  Charidschi, 
ein  gewisser  Heiliger  habe  durch  Zufall  die  schlafver- 
scheuchende Wirkung  des  Kaffees  kennen  gelernt  und 
sich  den  Schlaf  damit  gänzlich  vertrieben;  darum  nannte 
er  das  Getränke  „aufregend",  Kaweh.  Die  bekannteste 
arabische  Kaffee-Sage  erzählt:  Ein  armer  Derwisch  be- 
merkte mit  Verwunderung  die  auffällige  Munterkeit  und 
Lebhaftigkeit  seiner  Ziegen;  er  forschte  nach  und  fand 
sie  die  Blätter  und  Fruchte  des  Kaffeestrauches  verzehren, 
die  die  Ursache  ihrer  Erregung  gewesen  waren.  Auch 
Kameele  werden  als  Entdecker  genannt.  Wie  oben  von 
den  Derwischen  berichtet,  soll  auch  der  Prior  eines 
Mönchsklosters  seinen  Untergebenen  den  Kaffee  empfoh- 
len haben.  Gegenwärtig  leitet  man  den  Namen  Kaffee 
von  der  Landschaft  Kaffa  ab.  Prosper  Alpinus  (De 
plantis  Aegypti  liber,  Patavii,  1640,  p.  63)  ist  der  erste 
europäische  Schriftsteller,  der  über  Kaffee  schreibt  und 
das  Wort  von  Caoua  (Caova)  ableitet,  das  Wein  bedeutet, 
an  dessen  Stelle  die  Mosluns  Kaffee  trinken.  Dufour 
leitet  es  von  Kohvet  (so  viel  wie  Kraft)  ab,  woraus  sich 
auch  die  alte  Schreibweise  Koffee  erklären  würde.  Unter 
Soliman  dem  Grossen,  im  Jahre  1554  kam  der  Kaffee 
nach  Constantinopel  und  zwei  Syrier,  Hekin  und  Schems 
erbauten  die  ersten  Kaffeehäuser,  die  als  die  Zusammen- 
kunftsorte hervorragender  Gelehrter  und  Beamten  den 
Namen  „Schulen  der  Weisheit"  erhielten.  Nachdem  diese 


—    416     — 

Locale  durch  eine  kurze  2ieit  geschlossen  waren  —  man 
befürchtete  üble  Kritiken  über  die  RegierungsmaBsnahmeii 
—  brach  sich  die  Vorliebe  für  Kaffee  immer  aUgemeiner 
Bahn  und  in  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  gab  es  in 
der  Türkei,  Kleinasien,  Aegjpten  tausende  von  E^affee- 
Bchenken.  —  Auch  das  Abendland  lernte  den  Wund^- 
trank  bald  kennen.  Nach  einer  Angabe  soll  im  Jahre 
1626  in  Rom  der  erste  Kaffee  getrunken  worden  sein, 
und  1645  war  im  südlichen  Italien  sein  Gebrauch  schon 
allgemein  verbreitet.  1650  kam  er  nach  Maroeille  und 
1671  war  daselbst  das  erste  Kaffeehaus,  und  in  demselben 
Jahre  eröffnete  das  erste  der  Armenier  Pascal  zu  Paris. 
Kaffeehäuser  entstanden  um  1666  in  Amsterdam,  1651  in 
London,  1683  in  Wien  (durch  den  Polen  Koltschitzky 
„Bruderherz"),  1686  in  Nürnberg  und  Begensburg,  1687 
in  Hamburg,  etwas  später  in  Leipzig,  1700  in  Danzig, 
1712  in  Stuttgart,  1713  in  Augsburg. 

Der  Ausbreitung  des  Kaffee-Consums  traten  sehr  häufig 
die  Regierungen  der  verschiedenen  Staaten  entgegen;  in 
Deutschland  wurden  hohe  Steuern  auf  den  Kaffee  gelegt 
und  die  Einfuhr  verboten ;  unter  Friedrich  11.  wurde  1721 
nur  den  Adeligen,  höheren  Beamten  und  der  Geistlich- 
keit gestattet,  Kaffee  zu  brennen  (Brennscheine);  andere 
Leute  mussten  24  Loth  gebrannten  Kaffees  mit  einem 
Thaler  bezahlen.  Trotzdem  wurde  der  Gonsum  immer 
grösser  und  das  praktische  Handelsvolk,  die  Holländer 
«chufen  dem  Kaffee  neue  Productionsgebiete;  von  wenigen 
Samen,  angeblich  eines  im  botanischen  Garten  zu  Amster- 
dam befindlichen  Kaffeebaumes,  rühren  alle  Kaffeebäume 
der  Sundainseln  her;  1710  kam  der  Kaffeebaum  nach 
Java,  1719  nach  Sumatra,  1720  nach  Ceylon,  1716  nach 
Westindien.  Diese  Verpflanzungen  sind  oft  nur  nach 
Ueberwindung  grosser  Schwierigl^iten  ermöglicht  worden. 
^,Noch  vor  einem  Jahrhundert  war  der  Kaffeebaum  nur 
durch  zwei  Exemplare  in  einem  Conventgarton  nächst 
Bio  de  Janeiro  vertreten^'  und  beute  ist  Brasilien  das 
reichste  Kaffee-Gebiet,  (v.  Neumann-Spallart). — Nach 
Peckolt  hat  der  Tribunalrichter  Castello  Branoo  i.  J. 
1770  Kaffeesamen  nach  Bio  de  Janeiro  gebracht  und  im 
Klostergarten  der  Kapuziner  angebaut.   Die  daselbst  ge- 


—     417     — 

zogenen  Bäume  bildeten  die  Grundlage  der  gesammten 
Kaffeecultur. 

Jetzt  hat  der  Kaffee  eine  grosse  Bedeutung  für  die 
Weltwirtiischaft  erlangt;  das  Trifolium  unter  den  Genuss- 
mitteln Tabak,  Thee  und  Kaffee  weisen  den  grössten  Y er« 
brauch  auf,  und  unsere  Lebensweise  ist  nicht  nur  in 
Folge  der  Angewöhnung,  sondern  auch  physiologischer 
Gründe  wegen  von  deren  Anwendung  abhängig,  Wohlstand 
und  Gulturentwicklung  der  Länder  und  Völker  werden 
durch  den  Verbrauch  derselben  gekennzeichnet.  ^ 

Verfälschungen  und  Surrogate  des  Kaffees. 

Ganze  gebrannte  Kaffeebohnen  werden  in  geradezu 
raffinirter  Weise  mit  künstlich  verfertigten  verfälscht. 
Solche  werden  aus  leicht  gerösteten  und  gemahlenen 
Eicheln  (sieben  unten  p.  423)  und  Getreidemehl  herge- 
stellt, indem  man  aus  diesen  Stoffen  einen  Teig  an- 
macht, denselben  in  Formen  presst  und  leicht  röstet; 
die  glänzende  Aussenseite  der  echten  gebrannten  Bohnen 
wird  mittelst  eines  üeberzuges  von  weingeistiger  Harz- 
lösung nachgeahmt.  Solcher  Kunstkaffee  wurde  in  Wien 
u.  Prag  in  grossem  Maassstabe  erzeugt  und  an  Kauf  leute 
am  Lande  verkauft.  Legt  man  die  künstlichen  Bohnen 
in  das  Wasser,  so  erweichen  sie  und  zerfallen,  in  kochen- 
dem Wasser,  bilden  sie  einen  Kleister;  die  mikrosko- 
pische Untersuchung  kann  dann  leicht  die  Provenienz 
der  Masse  feststellen.  —  Neuestens  fand  man  in  Wien 
aus  dem  Sameneiweiss  von  Phytelephas  macrocarpa  (Elfen- 
beinnuss,  Stein-  oder  Taguanuss,  vegetabilisches  Elfen- 
bein) gefertigte  künstliche  Kaffeebohnen,  die  durch  das 
Mikroskop  sofort  erkannt  werden;  die  Zellen  des  veget. 
Elfenbeines  sind  denen  des  Dattelsamens  sehr  ähnlich. 

Die  künstliche  Färbung  missfarbiger  oder  abge- 
bleichter Kaffeesorten  wird  ebenfalls  häufig  practicirt.  Als 
Färbemittel  verwendet  man  Mischungen  von  Berlinerblau 
oder  Indigo  mit  Curcuma,  oder  von  Berlinerblau  mit 
Chromgelb  (chromsaurem  Blei)  und  Kupfervitriol.  Zum 
Nachweis   der  Färbung  hat  man   nach  Griessmayer^) 


*)  Die  Verfälschung  etc.  p.  119. 

H  a  n  a  u  ■  ek  ,  Kabrangi-  a.  GenusBinittel  a.  d.  Pflanzenreich.    27 


—    418    — 

folgende  Untersuchnngen  durchzufahren:  „Man  schüttelt 
menrere  Bohnen  mit  Chloroform  —  wird  dasselbe  hie- 
durch  blau  oder  grün  gefärbt,  so  ist  Indigo  oder  eine 
Mischung  Yon  Indigo  mit  Curcuma  da.  Man  setzt  nun 
Salpetersäure  zu  und  erwärmt.  Wird  hiedurch  die 
Flüssigkeit  entfärbt,  so  ist  nur  Indigo  anwesend;  ent- 
steht ein  gelber  Niederschlag,  so  ist  auch  Curcuma 
dabei.  —  Eine  andere  Probe  schüttelt  man  mit  Kali- 
lauge; wird  dieselbe  hiedurch  braun  gefärbt,  so  ist  Cnr- 
cupa  zugegen.  Man  setzt  zur  Lösung  Salzsäure,  bis 
sie  sauer  ist.  Entsteht  ein  blauer  Niederschlag,  so  ist 
Berlinerblau  da.  Entsteht  aber  hiebei  ein  gelber,  bei 
Ueberschuss  weisser  Niederschlag,  so  ist  Chromgelb  zu- 
gegen. —  Eine  dritte  Probe  wird  mit  gelbem  Blutlaugen- 
salz befeuchtet;  wird  sie  hiedurch  rothbraun,  so  ist  Kupfer- 
vitriol oder  Grünspan  anwesend.^^ 

Ganz  besonders  unterliegt  gebrannter  und  gemahlener 
Kaffee  der  Verfälschung.  Der  Modus  derselben  ist  ein 
sehr  yielfältiger,  doch  wendet  man  Yorzugsweise  die  Kaffee- 
Surrogate  an,  die,  wenn  als  solche  verkauft,  nicht  bean- 
standet werden  können,  hingegen  dem  gemahlenen  Kaffee 
beigemengt,  als  betrügerischer  Zusatz  den  Werth  des 
Kaffees  vermindern.  Solche  Surrogate  sind:  Cichorien- 
wurzel,  Löwenzahnwurzel,  Bunkel-  und  Mohrrüben,  Ge- 
treidefrüchte, Feigen,  Dattelkerne,  Eicheln,  Lupinensamen 
und  andere  Leguminosensamen,  Saladinkaffee  (ge- 
röstete Maisfrüchte);  als  nicht  selbständig  (als  Surrogate) 
vorkommende  Zusätze  sind  noch  Eichenrinde,  Ricinus- 
samen,  Erdnüsse  und  Kaffeesatz  (ausgezogener  Kaffee) 
zu  nennen.  Selbst  gebrannter  und  halbverkohlter  Zucker 
ist  als  ein  Ersatzmittel  des  Kaffees  verwendet  worden. 
Zur  Erkennung  dieser  Zusätze  hat  man  eine  Menge  me- 
chanischer und  chemischer  Proben  angegeben^),  die  theils 
nur  unzuverlässliche  Resultate  ergeben,  theils  wegen  der 
langwierigen  Procedur  für  die  Praxis  wenig  Werth  be- 
sitzen. Die  beste  Prüfungsmethode  ist  und  bleibt  die 
mikroskopische,   die   dann  von  dem   gewissenhaften 


*)  Vergleiche    Griessmayer   1.   c.   120  ff.   und  Hager,  Er- 
g&nzangBbd.  p.  834  ff. 


—    419     — 

Forseber    durch"  chemische  Prüfung   in   Bezug  auf   die 
Quantität  der  Zusätze  ergänzt  werden  soll 

1)  Dattelkaffee,  aus  dem  beinharten Sameneiweiss 
dargestellt.  Die  mikroskopische  Prüfung  zeigt  die  Ge- 
webselemente,  (Fig.  92),  die  dieses  Surrogat  sofort  er- 
kennen lassen.  Die  ausführliche  Beschreibung  ist  auf 
Seite  174  ff  einzusehen. 


A   Querschnitt  durch  den  Samen,    ep  Obethaut,    sei   Schlauchzellen,  p  u.  p' 

Parenchym schichte,   gew  Eiweissgewebe.  —   ep'  Oberhautzellen  Yon  der 

Flftche  gesehen,  sei'  Sohlauchzellen  (derLftnge  nach),  ge-yr'  Eiweiss- 

zelle,  bedeutend  YeTgrCssert. 

2)  Feigenkaffee.  Dieses  Surrogat  wird  gegen- 
wärtig am  meisten  gebraucht,  um  dem  Kaffee  eine  „gute 
Farbe"  und  „Geschmacksfülle"  zu  verleihen.  Die  Ge- 
webselemente  der  Feige  (Fig.  93)  insbesonders  die  Haare, 
Steinzellen,  Milch saftgefässe  und  die  Gefässbündel  sind 
auch  in  den  gerösteten  und  gepulverten  Feigen  mikro- 
skopisch leicht  nachweisbar.    Die  Fabrikation  des  Feigen- 

27* 


—    420    — 


kaffees  ist  ein  sehr  lucratives  Geschäft,  das  noch  föft- 
während  in  einer  Steigerung  begriffen  ist*  Mitunter  wird 
auch  Feigenkaffee  mit  anderen  Surrogaten  (Cichorien  etc.) 
yermengt. 

Flg.   98. 


3ll 


"^M 


Oe^ebetheüe  aus  dem   sog.  Feigenkaffee  (Ficas  Oarioa).  —  h  Haare,  p  Pa- 

renehym  der  Sohein-^ruchtwand.  p' Parench jm  mit  k  Kryetallen,  mm  Milch- 

■ftftsohläaohe  (Brachstücke)  —  sp  Spiroiden,  sk  Sklerenobymsellexi  der  Fracht- 

samenbaut,  sa  Samengewebe,  am  Stärkekömehen,  h  Haare  der  Oberhaut. 

.  3)  Cichorienkaffee.  Die  einfach-ästige,  spindel- 
oder  cylinderförmige,  1 — 1.5  cm  dicke,  bitterschmeckende 
Wurzel  von  Cichorium  Intybus  L^  {ComposUcB)  wird  geröstet 
und  gemahlen.  Im  frischen  Zustande  ist  sie  weich  und 
milchend,  im  getrockneten  hornartig,  hellbraun;  sie  zeigt 
einen  citronengelben,  an  der  Luft  abbleichenden  Holz- 
körper und  eine  dünne  Binde;  häufig  ist  auch  eine  Mark- 
schichte vorhanden.  Die  Kinde  besteht  aus  der  Aussen- 
rinde,  aus  undurchsichtigen  braunen  Korkzellen  (Fig.  94 
A,  K  und  EO  zusammengesetzt,  aus  der  Mittelrinde, 
welche '  tangential  gestreckte  parenchymatische  Zellen 
von  0.0652 — 0.0915  mm  Länge  und  0.0415  mm  Breite 
besitzt,  zwischen  denen  Milchsaftgefässe  eingestreut  sind, 


—    421     — 

und  Bchliesslioh  aus  der  Innenrinde  •,  letztere  enthält  2-  big 
Sreihige  Markstrablen  aus  dünnwandigen  schmalen  Zellen 

Fig.   M, 


Oewebselemente  der  Cioborienwurz/el.  A  Ein  Längsschnitt  ans  der  unversehr- 
ten Wursel :  kk  Korksehiohte,  r  Bindenparenohym,  m  ein  Milohsaftgefftssneti . 
—  Die  übrigen  i<Mguren  stellen  Oewe  b  sf  ragme  n  te  aus  der  go* 
rösteten  und  aer  kleinerten  Cioh  o  r  ie  n  w  ura  e  1  (Gichorien- 
kaffee)  dar.  M  Milchsaftgefftssnets ,  bp  hp  Holaparenehym,  tr  Traoheiden 
(gefftssartige  Holszellen),  hh  Holzfasern  (Libriform),  k'  Korkzellen  (von  der 
ITl&ohe),  g  g  Qefftsswandstücke,  mp  Markzellen,  r'  Bin^enparenchymzellen. 

und  Baststrahlen,  die  Parenchymzellen,  Milchsaftgefässe 
und  Siebröhren  führen.  Der  Holzcylinder  besitzt  massig 
verdickte  Holzzellen  (Fig.  94  h)  und  theils  sehr  weite, 
theils  schmälere,  ausgezeichnet  netzförmig  getüpfelte  Ge- 
fässe  (Fig.  94  g);  ferner  finden  sich  grössere  gefässartige, 
sehr  fein  und  dicht  getüpfelte  Zellen,  sogenannte  Tra- 
oheiden und  langgestreckte  an  den  schmalen  Enden  ab- 
gerundete, ebenfalls  dicht  getüpfelte  Holzparenchymzellen 
(Fig.  94,  hp)  vor.  Die  Markzellen  sind  meist  rundlich 
und  getüpfelt.  Das  charakteristische  Element  sind  die 
Milcli^aftgerässe,  die  0.02 — 0.04  mm  weit  sind,  einen  knor- 
rigen Gontur  zeigen  und  durch  spitz-  und  rechtwinklig  ab- 
genende   Aeste  mit  einander   in   vielfacher  Verbindung 


—    482     — 

stehend,  ein  mehr  weniger  dichtes  Netz  bilden.  (Pig.  94, 
MundA,  m).    Die  Wurzel  enthält  Inulin.*) 

Die  mikroskopische  Untersuchung  wird  besonders 
auf  die  Milchsaftgefässe  (M),  auf  die  Gefässfragmente  (g), 
die  immer  in  grosser  Anzahl  vorhanden  sind,  auf  <fie 
übrigen  Elemente  des  Holzkörpers  (Holzzellen  h,  Holz- 
parenchym  hp,  und  Tracheiden  tr)  zu  vigiliren  haben. 

Im  gerösteten  Zustand  zeigt  die  Cichorie  folgende 
Zusammensetzung : 


j.  —  .  *  3 

s  "i  fe  .SÄ  3  £ 

3  .£  Sf  S  B  JS  ,a 

10.69  6.29  1^52  15754  55.00  6.11  4.85  58.52 
Zur  quantitativen  Bemessung  der  Cichorienverfäl- 
schung  bestimmt  man  die  Menge  der  in  Wasser  löslichen 
Stoffe  und  des  gelösten  Zuckers,  und  schliesslich  die 
Menge  der  durch  Schwefelsäure  überführbaren  Stoffe. 
(Krauch,  1878).  Gebrannter  Kaffee  besitzt  21  —  27  Vo  in 
Wasser  lösliche  Stoffe,  Cichorie  65.42  «/o  (bis  70  %);  der 
fertig  gebildete  Zucker  beträgt  15—23.4  ^/o,  ist  dagegen 
im  Kaffee  nur  in  sehr  geringer  Menge  vorhanden.  Hiepe 
bestimmt  den  Chlorgehalt,  indem  Kaffee  nur  0.03  %,  und 
Cichorie  28  %  Chlor  enthalten. 

Auch  Cichorienkaffee  wird  mit  Wurzeln  anderer 
Pflanzen  (ßunkel-  und  Mohrrüben,  siehe  die  betreffenden 
Abschnitte)  mit  Torf,  Braunkohle  u.  b.  w.  vermengt. 

Im  grossen  Maassstabe  wird  Cichorie  um  Magdeburg, 
in  Braunschweig,  Hannover  (in  dem  Bezirk  der  Staat 
Norden  in  Ostfriesland  und  bei  Nienburg  an  der 
Weser),  Süddeutschland  und  Schlesien  angebaut;  die 
Gesammt  -  Ernte  Deutschlands  beträgt  beiläufig  h7  Mill. 
metr.  Ctr.  jährlich. 

Auch  die  Löwenzahn wurzel  (Tarcu^acum  offwinak 
Wigf^y  Gmposüce),  der  vorigen  sehr  ähnlich,  wird  zu  einem 
Kaffeesurrogat  verarbeitet. 

*)  Das  luülin  iat  eine  in  der  Pflanze  nur  im  g^elösten  Zostand« 
vorkonunende  KoMenwasBerstoffvei^iiidimff,  die  durok  wasserent* 
Gehende  Mittel  (90  Votigen  Alkohol)  fest  wird  und  Sphärokrystalla 
bildet. 


—    423    — 

4)  AJs  Melilotinkaffee  wurde  in  England  ein 
Gemisdi  Yon  gerösteten  und  gemahlenen  Dattelkernen, 
Cichorie  und  Kaffee,  zwol  Verkauf  gebracht  (Amerik« 
Journ,  of  Pharm.  1879,  p.  266). 

5)  Echter  Mandelkaffee  soll  von  den  süss- 
schmeckenden  Knollen  des  Erdmandelriedgrases ,  Cypei'us 
eaculentus  L,  {Qfpemce(B\  verfertigt  werden.  Was  in  unserm 
Handel  als  Mandelkaffee  erscheint,  ist  ein  erbärm- 
liches Gemenge  verschiedener  Wurzeln,  insbesondere  der 
Cichorien-  und  Löwenzahnwurzel  mit  gerösteten  und 
gemahlenen  Eicheln. 

6)  Eichelkaffee,  wird  von  gerösteten  und  zer- 
kleinerten Eicheln  (den  Samen  von  Quercus  peduncuhta  EhrL 
und  Q.  sessi^flora  SaL^  Cupuüferce)  gewonnen.  Die  Keim- 
lappen bestehen  aus  einem  polyedrischen  Parenchym, 
das  vollständig  mit  Stärkekömern  erfüllt  ist.  Dieselben 
(Fig.  95)  sind  grÖsstentheils  einfach,  nur  selten  zu  2 — 3 
componirt,  schiefeirund,  gerundet  dreiseitig,  höhnen-  oder 

Fig.  95. 


Stttrkekörner  der  Eichel.    Vergrössert  500. 


nierenfbrmigund  besitzen  fast  immer  eine  ziemlich  grosse, 
oft  eckig  contourirte  Kemspalte;  die  mittel  grossen  Körner 
sind  am  häufigsten  vorhanden.  Sie  messen  O.Ol — 0.0292 
mm  in  der  Länge  und  0.005^ — 0.0146  mm  in  der  Breite; 
die  häufigste  Länge  ist  0.0»013  mm  (die  Breite  D.01Ö9  mm). 
Beim  Hosten  vergrössern  die  Eicheln  ihr  Volumen,  ver- 


—     4U    — 

lieren  aber  um  20—24  ^jo  an  Gewickt;  die  Stiurke  wird 
grösstentbeils  in  formlose  Kleisterballen  umgewaadelt; 
Eisenchlorid  färbt  die  Zellwände  und  theilweise  dea  la- 
kalt indigoblau. 

Eichelkaffee,  von  geschälten  Eicheln  bereitet^  ent- 
hält: 


ll 

1 

1 

? 

4.94 

2.35 

i  -5  ^-  -S 

»  ü  S  ^ 

12.35      5.82       8.79       7.06 

Der  Gerbstoffgehalt  beträgt  9  % ;  nebst  unkrystallisir- 
barem  Zucker  (7 — 8%)  ist  auch  Quercit  (Eichelzucker) 
vorhanden«  Die  Eicheln  haben  einen  bitteren,  zusammen- 
ziehenden Geschmack  und  werden  nur  selten  zur  Ver- 
fälschung des  Kaffees  verwendet;  als  diätetisches  Mittel 
findet  Eichelkaffee  insbesondere  für  Kinder  häufige  An- 
wendung. 

7)  Roggen- und  Gerstenkaffee.  Besonders  letzterer 
wird  als  diätetisches  Nahrungsmittel  (s.  „Gerste"  p.  28)  viel 
verwendet.  Geröstete  und  gemahlene  Gerste  wie  Koggen, 
zeigen  immer  noch  die  Stärkekörner,  Kleberzellen  und 
erstere  die  charakteristischen  Oberhautfraffmente  der 
Spelzen,  so  dass  die  mikroskopischeUntersuchung  immer 
zum  Ziele  führen  wird  (Fig.  4,  9,  17,  19  und  20.) 

8)  Kaffeesurrogate  aus  den  Samen  der  Legu- 
minosen. Bohnen,  Linsen  und  Erbsen  werden  wohl  nur 
selten  zu  Surrogaten  des  Kaffees  verwendet,  häufiger 
kommt  die  Verfälschung  des  Kaffeepulvers  mit  Legu- 
minosenmehl vor.  Die  Stärkekörner  (Fig.  28—37)  lassen 
diese  Verfälschung  sofort  erkennen.  Auch  die  Sojabohne 
und  die  Lupinen,  die  Samen  mehrerer  Lupinus- Arten 
{Lupinus  iuteus  Zr.,  L,  hwsutua  Zr»,  L.  perennü  L.  etc.  siehe  p» 
103)  werden  zu  Kaffeesurrogaten  verwendet.  Sie  enthalten 
keine  Stärke,  sondern  Proteinkörper  (bis  60%)  und  die 
Samenschale  besitzt  Pallisaden-  und  Säulenzellen,  wie  sie 
von  der  Erbse  u.  a.  (Seite  79)  beschrieben  worden  sind. 
Diese  charakterisiren  das  Lupinenmehl  genügend.  Lupine 
enthalten  einen  Bitterstoff  von  narkotischer  Wii^ung. 


—    425    — 

9)  Mogdad- Kaffee,  Neger- Kaffee,  (Caff& 
chileu  .Chile  in  Golumbien,  pied-poule,  cafe  negre^ 
Zherbe  puante  auf  Martinique,  Fedegozo- Samen  am  Zam- 
besi,  Benta  mare  am  Senegal).  Die  Samen  von  Cassut 
ocddintcUk  JL  (Legummcmn)  werden  in  Westindien,  AMka, 
auf  Reunion  und  in  Ostindien  als  Kaffeesurrogat  ver- 
wendet Nach  J.  Moeller^)  sind  die  Samen  eiförmig,, 
seitlich  abgeflacht,  4.5  mm  lang,  2.9  bis  3.6  mm  breite 
und  1.2 — 1.9  mm  dick,  graugelb,  glatt,  mattglänzend,  mit- 
unter schülferig;  die  Oberhaut  ist  häufig  zersprengt» 
Der  Keim  ist  in  ein  homartig  durchscheinendes  Ei- 
weiss  gebettet  und  besteht  aus  einem  kurzen,  dicken, 
conischen  Würzelchen  und  zwei  grossen  dottergelben, 
flach  aneinanderliegenden  Samenlappen.  „Die  Oberhaut 
besteht  aus  zwei  Schichten.  Die  äussere  ist  gebildet  aus 
prismatischen  0.006  mm  breiten,  0.085  mm  langen  Palli- 
sadenzellen,  deren  Wand  im  Allgemeinen  sehr  stark,  aber 
un^eichmässig  verdickt  ist,  so  zwar,  dass  das  Lumen  sich 
an  der  Grenze  des  unteren  Drittels  der  Zellen  erweitert 
und  sich  nach  unten  (innen)  wieder  zuspitzt.  In  dem  er- 
weiterten Zellenraume  sind  krümelige  Reste  des  Proto- 
plasma erhalten,  während  die  Zellenwände  sich  durch 
Chlorzinkjod  rasch u.  intensiv  violett  färben.  Anden  einander 
zugekehrten,  abgeplatteten  Flächen  der  Samen  tritt  diese 
Pallisadenschichte  zu  Tage,  indem  die  äussere  Samendecke 
hier  platzt.  An  den  freiliegenden  Wölbflächen  der  Sa- 
men ist  die  Pallisaden-Oberhaut  bedeckt  von  einer  glas- 
hellen, 0.02  mm  dicken  Membran,  welche  an  den  meisten 
Stellen  völlig  structurlos  ist  und  nur  am  untern  Bande 
die  zackigen  Abdrücke  der  angrenzenden  Pallisadenzellen 
zeigt.  Sie  bildet  an  gequollenen  Samen  ein  in  toto 
leicht  abhebbares  Häutchen^'^)  und  ist  aber  eine  meta- 
morphosirte  äussere  Pallisadenschichte.  Die  Zellen  des 
Samenkerns  sind  polygonal  und  enthalten  Protemstoffe« 
Die  Cassia-Samen  enttuB^ten: 

Cellulose 21.21  % 

Fettes  Oel 2.55  „ 


*)  Dinglers  polyt.  Journ.  Bd.  287,  H.  1,  p.  61. 
»)  Möller,  Bot.  Ztg.  1880  p.  787. 


—     436    — 

Pflfimzenßohleim .    ......    36wßO<>/o 

Eisengröneade  Gerbsäure  .  .  .  5.23  >, 
Unorgaaisobe  Salze  .  .  :  •  •  4^3  ,, 
Stickffboffbaltige  or^imche  StoSe  15.13  «, 
StiekstofiKreie  ,,  ,,  3.86  ^ 

Wasser 11j09  „: 

Nach  Modller  enthalten  sie  kein  Coffein,  während 
nach  einem  Berichte  des  Wiener  Stadtphysikates  Coffein 
und  ein  cacaoartigeä  Chromogen  geAinden  worden  sein 
soll.  Geröstet  riechen  die  Samen  wie  firisch  gebrannte 
Kaffee. 

Als  Caffe  negre  gehen  aubh  die  Samen  von  Cc^sia 
Sophera  L.  und  von  BE/eoia  sengalansü  Lmk.  —  Sudan« 
Kaffee  wird  aus  den.  bitterschmeckenden,  mehligen  Sa- 
men  von  Parlda  afrkana  B.  Br,  (P.  bighbesa  Bsn^»^  Mbnosem) 
dargestellt;  diese  werden  geröstet,  zerrieben  und  nach 
einer  Gährung  zu  ch<^oladeartigen  Kuchen  (Dodoa)  ge- 
formt. Coffein  enthalten  sie  nicht  Von  der  landwirth- 
«chafklichen  Gesellschaft  in  Perfiambuco  (Brasilien)  sind 
die  Samen  von  CcmioaUa  sp.  (vielleicht  d  enstfomds  D.  C, 
PapiUonacecB)  als  Kaffeesurrogat  empfohlen  worden.  Sie 
enthalten  kein  Coffein,  dagegen  eine  bedeutende  Quantität 
Stickstoffsubstanz.  Riebe  und  Bemont^)  fanden  in  den 
€bnavflf/«x -Bohnen  21—22.8  %  Extractivstoffe,  3.75  ^/o 
mineral.  Substanzen  und  0.31—0.94  %  Stickstoff.  — 

10)  Sacca-  oder  Sultankaffee,Kischer(Keschr)*), 
die  bei  der  Gewinnung  der  Kaffeebohnen  abfallenden 
Frucht-  und  Samenhüllen.  Schon  längst  hatten  die 
Araber  aus  dem  nodi  frischen  Fruchtfleische  der  Kaffee- 
frucht ein  angenebmes,  weinähnUches  und  nervenerregen- 
des Getränk  bereitet,  da  das  Fruchtfleisch  eine,  wenn 
auch  nicht  bedeutende  ZiH^kermenge  enthält  Boussin- 
gault  fand  in  der  Kaffeefrucht  2.21  %  Mannit,  8.73  o/o 
Invertzucker,  2.37%  Rohrzucker  und  86.69%  unbe- 
stimmte Substanzen  (Pulpa  und  Samen).    Ferner  wurden 


*)  Journ.  de  Pharm,  et  de  Chim. 

«S  T.  F.  Hanaus ek,  Pharmao.  Centralh.  1883  Nr.  81.  —  Die 
derselben  Arbeit  entnommenen  Abbildungen  wurden  von  der  Ee- 
daction  der  pharm.  Centralh.  freandliohst  der  Verlagsbuch- 
handlung zur  Benutzung  überlassen. 


—    437     — 

in  den  Fraoktiiittlleii  Coffein  und  aromatiBche  Stoffe 
nachgewiesen,  daher  die  Verwendung  des  Kischer  als  ein 
Ersatzmittel  der  Kaffeehohnen  gerechtfertigt  erscheint. 
In  der  That  werden  die  Abfalle  getrocknet,  gebrannt  und 
gemahlen  und  als  Sacca-  oder  Sultankaffee  in  den 
Handel  gebracht  i). 

Mikroskopischer  Bau.  In  Wasser  quillt  die 
Fruchtschale  bis  auf  das  Doppelte  ihrer  Dicke  auf  und 
lässt  im  Querschnitte  eine  Sonderung  in  drei  bestimmte 
Schichten  nicht  erkennen.  Die  Oberhaut  (Fig.  96  o, 
und  Fig.  97  o)  besteht  aus  tafelartigen,  von  der  Fläche 
gesehen,  polygonalen,  porös  verdickten,  im  Querschnitte 
schmal  rechteckigen  Zellen  von  0.0183 — 0.0274  mm 
Länge  und  annähernd  gleicher  Breite;  eine  starke  Guti- 
cula  und  zahlreiche  elliptische  Spaltöffnungen  (Fig.  97,  sp) 
sind  ebenfalls  vorhanden.     Das  Mesokarp  (Fig.  96  m, 

Fig.  96. 


«^^^^^PiTT*^ 


Yaviie  ein«!  ZiHngMohnitt«!  dwch  die  Fruohtwand  derKaffeefruoht. 

o  Oberhaut,  m  MitteUohioht  (Parenohym)»  pr  Froaenehym,  tr  TraoheXdeo,  gOe- 

fttise,  ■  schlauchartige  BaitÜAsern,  kr  Krystallsandzellen.    In  Kalilaage. 

Fig.  97  p  und  pO  setzt  sich  aus  meist  tangential  ge- 
streckten, längs  -  polyedrischen  oder  fast  parallelopipe- 
dischen  Zellen  zusammen,  deren  theils  farblose,  theils 

*)  Grieasmayer,  1.  c.  p.  119. 


—    428    — 

braune  Wände  in  Kalilauge  stark  aufquellen,  mitunter 
faltig  und  ungleichmässig  porös  verdickt  erscheinen.  Sie 
führen  einen  durch  Jod  dunkelbraun  gefärbten  körnigen 
Inhalt  und  vereinzelte  kleine  tafelförmige  oder  priema- 
tische  Kalkoxalatkiystalle  (Fig«  97  p).    Von  der  Fläche 


Vig^  Vf. 


Gewebselemente  aat  der  Kaffeefracht.  o  Oberhaut  Ton  der  Fl&ohe,  ip  Spalt- 
öffnungen, p  Mittelecbichtaellen  im  Qaereohnitt,  p'  Mittelscbiohtadllen  tob 
der  Flttohe  (Tangentialaneicht),  g  Gef&ssbttndel  im  Qaericbnitt,  kr  KrystaU- 
sandsellen  von  der  Fl&cbe.  —  o,  p'  kr,  tr  und  s  kOnnen  in  der  gepulTeriea 
Kaffeefructat  iteti  naohgewieeen  werden. 

gesehen  (Tangentialansicht)  erscheinen  sie  ganz  undurch- 
sichtig, dunkelbraun,  die  Wände  farblos,  von  ziemlich 
unregelmässigem  Gontour  (Fig.  97  pO;  in  dieser  Ansicht 

Sräsentiren  sie  sich  auch  im  gepulverten  Saccakafifee; 
ie  radiaJe  Ausdehnung  beträgt  0.0219—0.0274  mm,  die 
(tangentiale)  Länge  0.0366—0.0549  mm.  Die  Gefassbündel 
besitzen  Gefässe  (Spiroiden  mit  abroUbarem  Spiral- 
bande und  0.0146  mm  Durchmcfsser),  Tracheiden,  Bast- 


—    429     — 

fasern  and  sohlauchartige  Elemente.  Die  Tracheiden^ 
(Fig.  96  nnd  98,  tr)  zeigen  eine  ausgezeichnet  poröse 
V^dickung  (Fig.  98  tr  und  tr').  Neben  einfachen  stark 
rerdickten  prosenchymatischen  Elementen  (Fig.  96  jpr) 
finden    sich     noch     eigenthümliche,    bastfaserartige 


Fig,  98. 


6ewebaeleiii«nte  au  dem  Inneren  Theile  der  Eaffeefmoht»     tr  TrAohe](pene, 

und  g'  Bchlanchartige  Elemente,  sk  aklerenohymähnliche  Bastfasern. 

(Yergrösserung  500). 

Schlauchzellen  (Fig.  96  8  und  Fig.  98  s  und  s')  vor,  die 
entweder  ziemlich  dickwandigen,  nicht  porösen 
Schläuchen  gleichen  (s')  oder  durch  kurze  an  ihren  En- 
den mitunter  erweiterte  Porencanäle,  die  aber  nicht  bis 
zur  äusseren  Zellenumgrenzung  reichen,  ausgezeichnet 
sind.  Mitunter  sind  diese  Schläuche  sehr  kurz,  fein  porös, 
sehr  dickwandig  und  gleichen  in  ihrem  Zusammenhange 
unregelmässigen  Sklerenchymzellen  (Fig.98  sk).  Sie  sind 
von  einem  krümeligen  (an  eingetrockneten  Milch- 
saft erinnernden)  Inhalt  dicht  erfüllt,  der  auf  Prote'in- 
substanz  reagirt.  Alle  Gewebselemente,  mit  Aus- 
nahme der  Cuticula,  der  Gefäss-  und  Tracheide n- 
wände  bestehen  durchwegs  aus  reiner  Cellulose, 
und  färben  sich  in  Chlorzinkjod  violett,  nach  Behandlung 
nrit  Jod  und  Schwefelsäure  blau.      Die    Trommer'sche 


—     430    — 

Zuekerprobe  weist  in  der  Mtttelschicfat  und  in  den  Schlau*- 
eben  kleine  Mengen  von  Dextrose  nach.  Eine  guttigcdbe 
Lösung  des  Inhaltes,  wie  sie  Kalilange  in  dem  Eiweiss* 
gewebe  der  Kaffeebohne  bewirkt,  findet  nicht  statt. 
Eisenchlorid  zeigt  eine  nur  sehr  geringe  Quantität  von 
Gerbstoff  an. 

An  der  Innenseite  der  Fruchtschale  befindet  sich 
eine  Schichte  von  Krystallsandzellen,  die  im  Quer- 
schnitt zweieckig,  von  der  Fläche  gesehen,  rundlich  er- 
scheinen, also  dicke  Linsen  vorstellen,  (Fig.  96  kr,  Fig. 
97  kr).  Sie  sind  vollständig  von  äusserst  kleinen, 
scharfkantigen  Körnchen  erfüllt,  die  frei  im  Wasser 
lebhafte  Molecularbewegung  zeigen.  Bringt  man  diese 
Zellen  in  conc.  Schwefelsäure,  so  schiessen  alsbald  —  be- 
sonders rasch  bei  Erwärmung,  welche  die  Zellwand  zer- 
fliessen  macht  —  feine  Krystallnadeln  in  Strahlenbüscheln 
vonGyps  an;  der  Sand  besteht  daher  aus  oxalsaurem 
Kalk. 

Die  pergamentartige,  0.128— 0.146  mm  dicke  Samen- 
schale setzt  sich  nur  aus  ausgezeichnet  verdickten  und 
porösen  Bastfasern  von  0.32— bis  0.59  mm  Länge  und 
0.02—0.274  mm  Quadratdurchmesser  zusammen  (Fig.  99), 
die  so   gelagert  sind,    dass  eine  ein-  oder  mehrreihige 


Qnenchnitt|diiro3i  die  SAmensohiae  der  K»«a«4^«ht.    A  •»■ea. 


Schichte  der  Bastfasern  parallel  mit  der  Längsaxe  der 
S.amenschale  liegt,  eine  nächste  Schichte  sich  mit  der 
ersten  kreuzt,  eine  dritte  die  beiden  ersten  durchquert. 
Im  Querschnitt  sieht  man  daher  quergeschnittene  Bast- 
fasern und  solche  in  der  Längsansicht.    Sie  sind  meist 


—    431     — 

zugespitzt^  im  Querschnitte  fünf-  bis  sechseckig;  von  deub 
linienförmigen  Lumen  gehen  kurze,  theils  fein,  theils  er-^ 
weitert  endende  Porencanäle  ab.  In  Kalilauge  erscheinen 
die  Fasern  blasscitronengelb,  in  Jod  dunkelrothbraun^ 
mit  Jod  und  Schwefelsäure  färben  sie  sich  tiefblau.  — 
Die  Aschenmenge  der  gesammten  Hüllen  beträgt  5  %. 
und  darüber. 

Im  Saccakaffeepulver  wird  man  Oberhaut* 
fragmente  (Fig.  97  o)  und  daraufgelagertes  Parenchym 
(Fig«  97  pO,  Trache'iden  und  Bastfasernschläuche- 
(Fig.  98),  Spiroiden  (Fig.  96),  Krystallsandzellen 
und  lürystallsand  (Fig.  97  kr)  und  endlich  die  Bastfasern 
der  Samenhaut  (Fig.  99)  stets  noch  erhalten  finden. 

11)  Stragel-,  Stragal-,  Astragalkaffee  (schwe- 
disdier  Continentalkaffee).  Die  stumpf-yierkantigen  Sa- 
men der  Kaffeewicke,  Axtragalua  baeticm  L.  (Papüi(m€U6(B)y 
einer  in  Süd-Europa  einheimischen,  hie  und  da  ange-^ ' 
bauten  Pflanze,  werden  geröstet  und  mit  echtem  Kaffee- 
vermischt;  sie  sollen  einen  reinen  Kaffeegeschmack  be- 
sitzen. 

12)  Der  Kentucky-Kaffee  wird  aus  den  eiförmigen 
Samen  von  Oymnoeiadus  oanademü  L.  {Caesalpmua)  bereitet; 
seine  Verwendung  dürfte  in  Kentuky  nur  mehr  eine  sehr 
beschränkte  sein. 

13)  Als  wilden  Kaffee  bezeichnet  man  auch  die 
Samen  von  Triosteum  perfoliatum  L.^  einer  in  Nord-Amerika 
einheimischen  Loniceree,  lieber  die  Zusammensetzung  der 
beiden  letzten  Surrogate  ist  nichts  bekannt. 

Ausser  den  genannten  Surrogaten  kommen  noch  zahl- 
reiche Präparate  im  Handel  vor  ^),  die  gewöhnlich  echten 
Kaffee  eni^ten,  deren  Gebrauch  aber  nicht  anzurathen 
ist.  Wer  guten  Kaffee  trinken  will,  soll  die  Wahl  der 
Sorte  und  das  Rösten  selbst  besorgen.  Dass  das  letztere 
einer  besonderen  Aufinei^samkeit  bedarf,  weiss  jede  Haus« 
frau.  Dort,  wo  man  im  ganzen  Hause  eben  gerösteten 
Kaffee  riecht,  trinkt  man  gewiss  keinen  guten  und  die 
Zusätze,  bestehen  sie  auch  nur  aus  Feigenkaffee,  ver- 
bessern den  edlen  Trank  nicht. 


^)  Zusammengestellt  in  Hager,  1.  e.  p.  397  ff. 


—    432     — 


6.   Cola-Nu8&    (Gara-Nuss.) 

Der  Colabaum  {Cola  aeummaia  Schot  et  EndL,  Sierculüi 
^usummata  PaL  de  Beaw.y  SUrcutiacBen^  Büttneriaoem)  ist  ein 
Baum  Ton  mittlerer  Grösse,  Tom  Habitus  der  ITRut^nw^ 
und  besitzt  langgestielte,  ovale,  zugespitzte  Blätter  und 
Blüthen,  die  aus  dem  fiinftheiligen  blas^elbgeförbten 
Kelche,  mehreren  Staubgefassen  und  aus  einem  meist 
fiinffacherigen  Fruchtknoten  bestehen.  Die  Frucht  hat 
die  Grösse  einer  Citrone  und  enthält  fünf  Samen,  die 
als  echte  oder  weibliche  Cola-  oder  Guru-Nüsse 
bekannt  sind.^)  Auch  von  ihnen  stammt  der  „Sudan- 
kaffee". Ursprünglich  einheimisch  im  mittleren  und 
westlichen  AfrUca  vom  10^  n.  B.  bis  5^  s.  B.,  gedeiht  der 
Baum  gegenwärtig  auch  in  Guyana  und  Venezuela  und 
trägt  Tom  10.  Jahre  an  reichlich  Früchte  (95  kg  pro 
Stamm). 

Im  trockenen  Zustande  sind  die  CSolasamen^)  wall- 
nuss-  bis  haselnussgross,  1 — 2.5cm  lang  und  0.5 — 2  cm 
breit,  roth  oder  kastiuiienbraun  '),  stellenweise  mit  schwärz- 
lichen, Terschwommenen  Flecken  überzogen;  sie  bestehen 
nur  aus  den  beiden  meist  getrennten  Eeimlappen.  Die 
Oberfläche  ist  runzelig,  gegen  den  Nabel  zu  glatt;  die 
Innenseite  der  Eeimlappen  ist  stets  uneben,  der  Rand 
mdst  Torgebogen  und  ein  Eeimlappen  ist  häufig  doppelt 
80  gross,  als  der  andere  und  dann  liegt  dieser  in  einer 
entsprechenden  Höhlung  des  ersteren.  Die  frische  Schnitt- 
fläche ist  lichtgelb  uikI  zeigt  mit  der  Loupe  besehen, 
zahlreiche  glänzendweisse  Pünktchen  (Stalle).  Die  innere 
Samenhaut  ist  nur  in  Fragmenten  Torhanden,  sehr  zart, 
gelblich  weiss  und  besteht  aus  tafelförmigen,  4 — 6  eckigen, 
0.016 — 0.02  mm  langen  Zellen,  deren  Membranen  fein- 
knotig verdickt  sind,    so    dass    die  Zellcontouren    zick- 


')  Als  falsche  oder  m&iinliclie  Golanasse  werden  die  Samen 
von  Garctnia  Kola  Heckm  bezeichnet. 

«)  T.  F.  Hanausek,  Zeitsch.  d.  a..ö.  Apotk-Ver.  1877  Nr.  33. 

*)  Nach  Heckel  und  Schlagdenhanffen  (Joom.  de  Pharm. 
1883  p.  556  fF)  ^ebt  es  auch  weisse  Samen. 


—    433    — 

zackförmig  ersdieinen.  Sie  enthalten  hochgelbe  kömige 
Farbstoffmassen.  Das  Gewebe  der  Keimlappen  ist  ein 
festes,  fast  holziges  Parenchjm,  dessen  Zellen  reichlich  mit 
Stärke^  hochgelben  FarbstoÄschoUea  und  ProteXnkörpem 
«rfiillt  sind.  Der  Fari)8töff  löst  sich  nur  theilweise  in 
kochender  Kalilauge,  nicht  aber  in  Aether  und  Alkohol. 
Eiaenchlorid  fätbt  die  Zellwände  schwarzblau,  die  dem- 
nach die  Träger  des  Gerbstoffes  sind.  An  frisch  ange- 
schnittenen Stellen  ist  schwacher  Geruch  nach  Muskatnuss 
wahrn ehmbar.  Die  Stärkekörner  der  Colanuss sind  theils 
einfach,  theils  zu  zweien,  selten  zu  dreien  zusammengesetzt. 
Sie  besitzen  keine  bestimmt  vorherrschende  Gestalt,  sie  sind 
bald  kugelig  oder  eiförmig,  bald  eckig  und  schmal  nieren- 
förmig;  der  Grösse  nach  kann  man  sehr  grosse  und  sehr 
kleine  (wie  bei  den  Weizenstärkekörnem)  unterscheiden; 
die  grössten  messen  0,016 — 0.028  mm  der  Länge,  und 
0.01—0.02  mm  der  Breite  nach.  Die  central  gelegene 
Kernhöhle  zeigt  gewöhnlich  zahlreiche  Sprunglinien,  so 
dass  das  Korn  sternförmig  gezeichnet  erscheint.  Durch 
Einlagern  in  Chromsäure  tritt  eine  schwache  concentrische 
Streifung  hervor. 

Die  Colanüsse  schmecken  schwach  bitter  u.  zusammen- 
ziehend und  enthalten  nach  Attfield: 

i      !     i  I 

.       .      1  ^      :i  I 

I      I      I      I     1       I      I      I 

13.65     6.33       l."52    .  10.67     20.0       42.5       2.13       3.2 

Eine  neue  Analyst  von  Heckel  und  Schlagden- 
hauffen  weist  folgende  Zusammensetzung  nach: 


I    I    i    I    I    I    I    I    I    I    I    I 

11.90»     6.761      6.58«;       0.023      2.34S      2.S7S      33.7S(    3.040'     29.831       2.561     1.618      3.395 

Im  trockenen  Zustande  besitzen  sie  daher  eine  Aehn- 


*)  Dazu  noch  1.290 7o  Colarotb. 
Hanausek,  Nahrangs-  u.  GenusBiuittel  a.  d.  Pflanzenreloh.  28 


—    434     — 

lichkeit  mit  Kaffee,  überragen  diesen  aber  weitaus  dnrdi 
den  hohen  Gehalt  an  Thein  (Coffein).  Die  falsche 
Golanuss  (die  Samen  von  Gardnia  Kola  HecL,  abg^lattet, 
Embryo  gelblich  weiss,  hart,  von  Milchsaftgefässen  durch- 
zogen und  mit  Starke  erfüllt;  Geschmack  bitter,^  adstrin- 
girend,  das  Aroma  an  grünen  Kaffee  erinnemd)  enthält 
kein  Coffein,  dagegen  5.135  <>/o  Harz,  5.430%  Tannin 
und  3.75%  Glucose.  Sie  wird  von  den  Negern  als  ad- 
stringirendes  Genussmittel  gekaut  und  steht  ebenffüls  in 
hohem  Ansehen. 

Die  Anwendung  der  Cola -Nüsse  ist  eine  ganz 
enorme.  In  Mittelalrika  werden  sie  gekaut  und  ver- 
treiben Hunger  und  Ermüdung.  Ihr  Handel  geht  ins- 
besondere von  Westafrika  nach  Centralafrika  und  selbst 
nach  den  afrikanischen  Küsten  des  mittelländischen 
Meeres;  der  Import  belief  sich  im  Jahre  1879  auf  743  000 
Cbs.  ^)  Sowohl  in  der  Sierra  Leone,  wie  im  Gambia- 
district  befindet  sich  der  Colanusshandel  in  den  Händen 
von  Frauen.  Die  Colanuss  hat  als  nervenerregendes  Genuss- 
mittel bei  den  eingebornen  Stämmen,  welche  das  Land 
zwischen  Senegal  u.  Congo  u.  das  Gebiet  Angola  bewohnen, 
seit  undenklichen  Zeiten  einen  unschätzbaren  Werth  ge- 
habt, sie  ist  ein  unentbehrlicher  und  bestandiger  Ver- 
brauchsartikel geworden  und  die  üeberreichung  einiger 
Nüsse  gilt  als  Zeichen  der  Hochachtung  und  Freundsch^ ; 
sie  haben  selbst  als  Münze  gedient.  Für  Europäer,  die  in 
diesen  Breiten  leben  und  viel  von  Fieberanfällen  zu  leiden 
haben,  ist  ihr  Genuss  von  grosser  Wichtigkeit,  da  sie  das 
schlechte  Wasser  trinkbar  machen.  Freilich  sollen  die 
vorzüglichsten  Eigenschaften  nur  den  frischen  Nüssen  zu- 
kommen, daher  man  sie  nur  in  Lehm  oder  mit  frisdien 
Blättern  (den  sog.  Balblättem  von  StercuUa  cordUfolia) 
verpackt  versenden  kann.  Getrocknet  werden  die  Samen 
zu  Pulver  vermählen  und  geben  mit  Milch  und  Honig 
eine  beliebte  Speise.  Gegen  ihre  Verwendung  in  Europa 
spricht  einstweilen  noch  der  hohe  Preis,  der  z.  B«  in 
Fezzan  1  Dollar  für  vier  frische  Nüsse  betragen  soll*). 


*)  Bot.  Centrbl.  (18S2)  IX  p.  280. 
«)  New  Remedies,  Febr.  1881. 


—    435     — 

In  Sierra  Leone  schwankt  der  Preis  für  45  kg  von  50  bis 
150  Francs.  Am  Niger  kostet  eine  einzige  Nuss  schon 
5  Francs. 


7.  Cacao  nnd  Cacaopräparate. 

Die  Cacaobohnen  sind  die  Samen  des  echten  oder 
mexikanischen  Cacaobaumes,  Theobroma  Cacao  L. 
(Büttneriaceae) ,  der  in  Centralamerika  nnd  im  Norden 
Yon  Südamerika  —  vom  23o  n.  B.  bis  zum  20^  s.  B. 
—  einheimisch  ist.  Sein  Vegetationsgebiet  begreift  so- 
nach den  Süden  von  Mexiko,  die  centralamerikanischen 
Republiken,  Columbien,  Venezuela,  Guyana,  Nordbrasilien, 
Ecuador  und  Peru.  Mit  einigen  anderen  Theobroma^ 
Arten  wird  er  sowohl  in  diesen  Ländern,  als  auch  in 
vielen  andern  Tropengebieten,  auf  den  capverdischen 
Inseln,  auf  Bourbon,  Java,  Celebes,  Amboina  und  auf 
den  Philippinen  im  Grossen  cultivirt.  Daselbst  gedeiht 
er  noch  in  einer  Höhe  von  300  m  über  dem  Meere  und 
in  geschützten  Thälern  blüht  er  das  ganze  Jahr  hindurch. 
In  Südamerika  *)  breitet  sich  die  Cultur  des  Cacaobaumes 
immer  weiter  aus.  Auf  dem  als  passend  erscheinenden 
Terrain  vrird  zuerst  Mais  gesäet,  dann  werden  von  4  zu 
4  m  Bananen  gepflanzt,  welche  durch  zwei  Jahre  hindurch 
die  in  einem  Alter  von  acht  Monaten  eingesetzten  Cacao- 
bäumchen  beschatten  müssen;  nach  und  nach  werden  nun 
die  Bananen  durch  den  Korallenbaum  {Erythnna  CoraUo- 
dendron  L.  der  westindische  „Dadap"baum,  Papiäonacece)  er- 
setzt 20  000  Bäume  beanspruchen  einen  Raum  von  50 
Hektaren  und  bringen  jährlich  Früchte  im  Werthe  von 
25  600  Mark.  —  Die  Umgebung  von  Guayaquil«)  ist 
meilenweit  von  Cacao  -  Wäldern  bedeckt.  Wegen  des 
dichten  Standes  der  Bäume  ist  der  Ertrag  nur  ein  mittel- 
mässiger  und  10  Bäume  geben  nicht  mehr  Früchte,  als 
einer  von  Venezuela.  Die  Früchte  erntet  man  mit  Hilfe 
langer  Stangen,  die  am  Ende  ein  mit  der  Schneide  nach 


»)  Globus  XXXIV.  p.  166  (Neugranada). 
•)  Ölobuf,  XLV.  Nr.  6. 

28* 


—    436    — 

oben  gekehrtes  Quermesser  haben.  Mit  einem  kurzen 
Schnitte  in  den  Stengel  wird  die  Fracht  vom  Zweige  ge- 
trennt,  fällt  zur  Erde  und  wird  von  Jungen  in  Steken 
gesammelt  und  entkernt.  Am  nächsten  Tage  werden  die 
Samen  auf  grossen  Trockenvorrichtungen  aus  Bambus- 
Stöcken  ausgebreitet  und  höchst  sorgsam  vor  jeder 
Nässe  bewahrt.  —  Der  10 — 15  m  hohe  breitästige  Baum 
trägt  eilängliche,  zugespitzte,  kahle  Blätter  und  büschel- 
förmige, seitenständige  Blüthen.  Diese  besitzen  einen 
fünftheiligen,  rosenrothen  Kelch,  fünf  kappenformige,  in 
eine  spateiförmige  zurückgeschlagene  rosenrothe  Platte  aus- 
gebreitete Blumenblätter,  10  an  der  Basis  zu  einer  Glocke 
verwachsene  Staubgefässe  und  einen  freien,  oberständigen 
fünffächerigen  Fruchtknoten.  Die  eiförmige  oder  eiläng- 
liche  mit  10  Längsrippen  versehene,  frisch  orangegelbe, 
getrocknet  braune,  gurkenähnliche  Frucht  ist  10 — 15  cm 
lang,  5 — 7  cm  breit  (und  dick),  anfänglich  fünf-,  schliess- 
lich einfächerig  und  enthält  in  ein  weiches,  süssliches, 
etwas  schleimiges  Muss  eingebettet  zahlreiche  horizontal 
liegende,  zu  einer  Säule  vereinigte  (förmlich  zusammen- 
gekittete) Samen.  Vom  3.  bis  4.  Jahre  an  bis  zum  20. 
sind  die  Bäume  tragfähig,  setzen  aber,  obwohl  sie  reich- 
lich blühen,  nur  sehr  wenige  Früchte  an,  die  vier  Monate 
zur  Reife  brauchen  und  zweimal  des  Jahres  geerntet 
werden,  in  Mexiko  im  März — April  und  im  October,  in 
Venezuela  Ende  Juli  und  Ende  September.  Ein  Baum 
liefert  jährlich  1 — 2  kg  Samen,  deren  Gewinnung  und 
Zubereitung  in  Rücksicht  auf  die  Qualität  verschieden 
ist;  daher  unterscheidet  man  gerotteten  und  unge- 
rotteten  Cacao.  Nachdem  die  Früchte  aufgeschnitten 
worden  sind,  werden  die  Samen  herausgenommen,  so  rat 
als  möglich,  meistens  mit  Sieben,  von  dem  anhängenden 
Muss  befreit  und  dur  ch  Einwirkung  der  Sonnenwärme 
sofort  getrocknet.  Der  Geschmack  dieses  ungerotte- 
ten  oder  Sonnencacao's  ist  bitter  und  herbe,  die  Farbe 
des  Kernes  aber  nicht  immer  beller,  als  die  des  ge- 
rotteten, wie  häufig  angegeben  wird.  Nicht  so  einfach 
ist  die  Zubereitung  der  feineren  Sorten.  Man  breitet  die 
Samen  auf  Sand  aus  und  lässt  die  Sonnenwärme  einen 
Tag  lang  auf  sie  einwirken:  dann  bringt  nian  sie  in 
Tröge,  die  mit  Blättern  zugedeckt  werden,  und  überlässt 


—     437     — 

sie  durdi  34— 48  Stunden  einer  Gährung,  die  durch 
weitere»  Trocknen  an  der  Sonne  (über  drei  Tage)  auf- 
gehoben wird;  hierauf  werden  sie  in  massig  erwärmten 
Bäumen  auf  Haufen  geschüttet,  oder  in  Tonnen  verpackt 
in  die  Erde  eingegraben;  nach  Verlauf  von  4—6  Tagen 
werden  sie  endlich  durch  Aussetzen  an  die  Sonne 
vollends  getrocknet,  was  2 — 3  Tage  lang  dauert.  Ge- 
rotteter Gacao  scluneckt  milde,  öligsüss,  hat  die  Keim« 
kraft  verloren  und  nimmt  häufig  eine  dunklere  Farbe  an; 
durch  das  Trocknen  verlieren  die  Samen  die  Hälfte  ihres 
Gewichtes. 

Die  Gacaosamen  des  Handels  sind  ziemlich  unregel- 
mässige, platt  eiförmige  Körper  von  16—27  mm  Länge, 
10—15  mm  Breite  und  4 — 7  mm  Dicke.  An  dem  stumpfen 
Ende,  der  Basis,  ist  ein  glatter,  häufig  kreisförmig  ver- 
tiefter Nabel  wahrzunehmen ,  von  dem  aus  eine  massig 
erhabene  Raphe  oder  Nabellinie  über  die  stärker  gewölbte 
Schmalfläche  zu  dem  spitzen  Ende,  dem  Scheitel  des 
Samens  zieht;  an  ungerotteten  Samen  kann  sie  stets  leicht 
gefunden  werden.  Am  Scheitel  endet  sie  in  dem  Hagelfieck 
oder  der  Chalaza,  von  welcher  aus  zahlreiche,  meist  paar- 
weise entspringende  und  bis  zur  Hälfte  des  Samens 
parallel  ziehende,  später  in  der  Samenhaut  sich  aus- 
breitende Streifen  —  Gefässbündel  —  zum  Nabel  zurück- 
laufen. Die  äussere  Samenhaut  ist  papierartig  dünn, 
zerbrechlich,  leder-  bis  rothbraun,  fein  'streifig,  stellenweise 
glatt  und  mit  schwarzbraunen  verwaschenen  Flecken  ver- 
sehen ;  an  gerotteten  Sorten  ist  sie  mit  Erde  oder  Thon 
bedeckt..  Die  innere  Samenhaut  ist  ein  farbloses,  sehr 
dünnes,  trockenes  Häutchen,  das  mit  vielen,  aber  unregel- 
mässig vertheilten  Falten  in  das  Gewebe  der  Keiralappen 
eindringt  und  dieses  dadurch  in  eckige  Stücke  zerklüftet. 
Bei  hinlänglich  starkem  Drucke  zerfaUen  daher  die  Keim- 
lappen in  zahlreiche  scharfkantige  Stücke,  die  noch 
theilweise  von  der  inneren  Samenhaut  bedeckt  sind.  Der 
Sa  m  e  n  k  e  r  n  enthält  nur  den  Embryo,  der  aus  zwei  dunkel- 
rothbraunen  oder  schwarz  violetten,  kernig  -  fleischigen 
Keimlappen  und  einem  zwischen  den  Keimlappen  befind- 
lichen, gegen  den  Nabel  gerichteten  Würzelcheu  besteht. 
Die  Berührungsfläche  der  beiden  Keimlappen  ist  stark- 


—    438     — 

buchtig  und  zeigt  eine  scharfkantig  Torstehende  Mittel- 
rippe   und  zwei  seitlidie    fast    parallelle   Nebenrippeu. 

Der  Umriss  der  Berührungsfläche  ist  sehr  unreal* 
massig.  An  der  Aussenfläche  sind  die  Eeimlappen  glatt 
und  glänzend,  an  der  Berührungsfläche  matt  und  lichter 
gefärbt.  Nicht  selten  finden  sich  zwischen  den  Keim- 
lappen Schimmelpilzmycelien.  —  Nur  in  erwärmtem  Zu- 
stande verbreiten  die  Cacaosamen  einen  schwachen,  fein 
gewürzhaften  Geruch.  Der  Geschmack  ist  ölig  und  schwach 
bitter  (z.  B.  Domingo-Gacao)  oder  ganz  müde  ohne  bittem 
Nachgeschmack  (Gacao  von  Venezuela  und  Ecuador). 

Der  Bau  der  äusseren  Samenschale  ist  wegen  der 
zusammengeschrumpften  und  durch  das  Austrocknen  mehr 
oder  weniger  veränderten  Gewebsschichten  nur  schwierig 
zu  erkennen;  der  Hauptsache  nach  besteht  sie  aus  dünn- 
wandigen, blassbraunen  unregelmässigen  Parenchymzellen, 
GefässbÜDdeln  mit  zarten  Spiroiden  und  (an  der  Innen-, 
Seite)  aus  einer  Schichte  kubischer,  vollkommen  verdickter, 
kleiner  Steinzellen.  Hingegen  besitzt  das  innere  Samen- 
häutchen,  das  nur  aus  einer  einfachen  Schichte  sehr 
dünnwandiger,  eckiger  PlattenzellcD,  deren  Con teuren  nur 
selten  mehr  deutlich  zu  erkennen  sind,  zusammengesetzt 
ist,  in  seinen  Drüsenorganen  ein  werthvoUes  mikro- 
skopisches Nachweismittel.  Diese  Drüsen,  die  an  den 
eingestülpten  Hautpartieen  in  grösserer  Anzahl  auftreten, 
stellen  ziemlich  lange,  keulenförmige,  an  der  Spitze  oft 
schwach  eingebuchtete,  schlauchartige  Körper  vor,  welche 
durch  feine  Querwände  und  mitunter  auch  durch  kurze 
mit  der  Längsaxe  des  Schlauches  parallele  Scheidewände  in 
in  kleine,  inhaltsreiche  Tochterzellen  gegliedert  sind.  (Fig. 
100  B  d).  Die  Zellwände  werden  durch  Jod  und  Schwefel- 
säure gebläut,  bestehen  demnach  aus  Zellstoff;  der  In- 
halt der  Schlauchzellen  ist  eine  braune,  krümelige  Masse 
von  harzartiger  Natur.  Früher  sah  man  diese  Drüsen, 
nach  ihrem  Entdecker  Mitscherlich'sche  Körperchen 
genannt,  als  thierische  Organismen  (Würmchen,  Grega- 
rineen)  an.  An  der  inneren  Samenhaut  haften  nicht  selten 
kugelige,  strahliggebaute  Körner  von  Fett  und  sehr  zarte, 
stengeligß  oder  bacterienförmige  Krystalle;  letztere  mö- 
gen vielleicht  dem  Theobromin  angehören.  Die  Keim- 
lappen  bestehen  grösstentheils   aus   einem  Parenchym 


—     439    — 

polyedrischer,  ziemlich  gleich  grosser  Zellen  (Fig.  100  A), 
die  zumeist  sehr  kleine  rundliche,  selten  etwas  grössere^ 
0.00549 — 0U)0915  mm  messende,  in  Fett  und  Eiweissstoffe 
eingebettete  Stärkekömer  enthalten  (am).  Einzelne  Zellen 


Fig»  100. 


Oewebetheile  des  CacftOflamens.    A    Gewebe  der  Keimlappan ;  am  mit  Stärke 

gefüllte  Zellen,  f  Farbstoffs  eilen.  B.  Innere  Samenhaut  mit  den  eigenthttmliohen 

i^rüsenschUncheu  (Mitscherlioh'sohe  Körper)  d. 

enthalten  einen  rothbraunen  oder  violetten  Farbstoff- 
klumpen von  0.0179— 0.036  mm  Durchmesser  (f).  Der 
Farbstoff,  von  Mitscherlich  als  Cacaoroth  bezeichnet, 
bildet  sich  erst  während  des  Trocknens  der  Bohnen  aus 
dem  Gerbstoffe  unter  dem  Einflüsse  des  Sauerstoffes  der 
Luft,  denn  frische  Samen  sind  fast  farblos.  Der  Gehalt 
der  einzelnen  Cacaosorten  an  Farbstoff  ist  ziemlich 
variabel;  in  Puerto  Cabello-Cacao  ist  nur  wenig,  in  Bahia- 
Cacao  eine  weit  grössere  Menge  zu  finden.  Sehr  charak- 
teristisch sind  die  Beactionen  des  Farbstoffes.  In  Kali- 
lauge löst  sich  das  Cacaoroth  malachitgrün  (schon  mit 
freiem  Auge   sichtbar),  in   Essigsäure    schön  violett,  in 


—     440     — 

Schwefelsäure  anfänglich  blut-^  nach  einiger  Zeit  snr 
morgenroth,  in  Eupferoxydassimoniak  schmutziggraiigrüii, 
in  Salzsäure  und  in  Eisenchlorid  ^  bleiben  die  Farbsloff*- 
klumpen  ungelöst,  werden  aber  von  ersterer  rothyiolett, 
von  letzterem  anfänglich  violett,  schliesslich  dunkelblau 
gefärbt;  in  Wasser  löst  sich  nur  wenig  mit  blasser  Ame- 
uiystfarbe,  in  Alkohol  zerfallen  die  Klumpen  in  feine 
rothbraune  Körner;  in  Jodalkohol  erscheint  der  Farb- 
stoff rubinroth;  in  Chlorzinkjod  ebenso  und  beim  Er- 
wärmen in  Chlorzinkjod  wird  der  Farbstoff  zersetzt  und 
die  in  Kömer  zerfallenen  Klumpen  erscheinen  nahezu 
farblos. 

Durch  die  Mitscherlich^schen  Körper  und  die 
Farbstoffklumpen  mit  ihrem  eigenthtimlichen  Verhalten 
gegen  die  angeführten  Reagentien  ist  Cacaopulyer  vor- 
züglich gekennzeichnet. 

Nach  Koenigi),  der  acht  verschiedene  Cacaosoiten 
(2  Caracas,  2  Guayaquil,  2  Trinidad  ^  1  Puerto  Cabello, 
1  Soconusco)  chemisch  untersuchte,  enthalten  die  Samen 
ohne  Samenschale  im  Mittel: 

«  fca  «  T^  *: 

3         i         S         IJ2         II 
3.25       14.76    49^00     13^31     12.35       3.68     3.65 

Die  Samenschalen,  die  10— 18^/o  des  Gewichtes  der 
Bohnen  ausmachen,  enthalten  für  sich: 

■od  Sand. 

7.83  14.29  6.38  —  43.79  14.69  7J2  5.90% 
Der  wichtigste  Bestandtheil  ist  das  in  den  Bohnen  ent- 
haltene Theobromin  (C?  Hs  N4  0«),  ein  dem  Coffein  sehr 
nahestehendes  Alkaloid,  das  in  1600  Th.  kaltem,  150  Tk 
kochendem  Wasser,  4300  Th.  kaltem,  430  Th.  kochendem 
absol.  Alkohol  und  in  105  Th.  heissem  Chloroform  lös- 
lich ist.  In  den  Samenlappen  findet  es  sich[zu  1.56  %  (nach 
Trojanowsky  bis  zu  4.5  Vo)»  in  den  Schalen  zu  0.76  ^/o. 


')  1.  c.  II.  p.  489. 

>)  Nach  dem  Trocknen  bei  60— 70C.<» 


—    441     — 

Daa  Gacaofett  (CacaobutterX  ein  in  der  Kosmetik 
und  Heilkunde  yerwendeter  Artikel,  ist  gelblich  weiss, 
ziemlich  fest,  und  schmilzt  bei  33^  C;  man  hat  es  zu  35 
bis  53%  ^^  ^^^  Samen  gefunden.  Das  Cacaoroth 
soll  zu  3 — 5  %  in  den  Samen  enthalten  sein.  Grössere 
.Mengen  von  Sand  und  Thon  sind  auf  das  Rotten  zurück- 
zuführen, da  gerotteter  Cacao  stets  mit  einer  mehr  oder 
weniger  dichten  mineralischen  Decke  versehen  ist. 

Von  den  zahlreichen  Sorten  der  Cacaobohnen  sind 
die  auf  unserem  Markte  am  häufigsten  erscheinenden  einer 
ausfuhrlichen  Beschreibung  unterworfen  worden. 

A.  Gerotteter  Cacao. 

I.  Cacao  von  Venezuela. 

1)  Puerto-Cabello-C.  Sehr  dicke  unregelmässige, 
volle,  eirundliche,  nur  wenig  abgeflachte,  in 
der  Mitte  der  Seitenflächen  nie  vertiefte  Samen ; 
Schale  häufig  aufgesprungen,  mit  ockergelbem 
Mineralüberzug,  von  diesem  gereinigt  braun- 
gelb mit  schwarzen  verschwommenen  Flecken. 
Samenlappen  aussen  rothbraun,  innen  gleich- 
fafis  rothbraun,  das  Roth  stark  vorstehend; 
Maasse: 


Länge: 

Breite: 

Dicke : 

1) 

22  mm 

15  mm 

8  mm  Minimum 

2) 
3) 
4) 

23   , 
25  „ 
29  „ 

16  „ 
15    „ 

17  „ 

8   „ 

8   ,,     am  häufigsten 

5    „    Maximum. 

20  Samen  wiegen  35.3  g;  auf  20  g  gehen  11 
Samen;  das  Mittel  aus  beiden  ist  für  1  Sa- 
men 1.78  g. 

Eine  ausgezeichnete  Sorte.  — 
2)  Caraca^-C.  von  Caracas  und  Cumana  ausgeführt. 
Samen  stark  convex  mit  blassbrauner  erdig 
überzogener  Schale.  Dieser  Sorte  sind  auch 
mitunter  die  Samen  von  Theohroma  bicolor  Humb^ 
beigemengt. 

Im  übrigen  der  vorigen  Sorte  ähnlich  und 
gleich  oder  auch  höher  bewerthet. 


—    442     — 

3)  Maracaiboy  Rio  Caribe  u.  s.  w.,  dem  Cacao  von 
Trinidad  ähnlich  und  gleiohweithig. 

II.  Cacao  von  Ecuador. 

4)  Guayaquil  und  Ariba-Guayaquil-C, 

a.  Ordinärer  Guayaquil -Cacao,  bei 
uns  am  meisten  angewendet,  fuhrt  schief- 
eiförmige flache,  aber  auch  rundliche 
unregelmässige  Samen  mit  schmutzig- 
schwarzbrauner Schale.  Die  Aussen - 
Seite  der  Samenlappen  fast  schwarz,  das 
Gewebe  schwarzbraun  bis  braunviolett, 
schwach  bitter  schmeckend;  Fettgehalt 
geringer  als  bei  I.  Maasse: 
Länge:    Breite :    Dicke : 


1)  20  mm 

11  mm 

10  mm 

2)  21    „ 

14    „ 

6    „ 

3)  22   „ 

14   „ 

5   „  1       am 
5    „  [häufigsten 

4)  22    „ 

12   „ 

20  Samen  wiegen  23.2  g;  auf  20  g  gehen 
18  Samen;  das  Mittel  aus  beiden:  ein 
Same  wiegt  1.13  g. 
Ariba-Guayaquil-Cacao,  eine  feine 
Sorte.  Auffallend  grosse,  theils  flach  drei- 
eckige, theils  (seltener)  rundlich-eiför- 
mige, im  allgemeinen  sehr  ungleich  con- 
tourirte  Samen;  Schale  schmutzigbraun 
bis  hellgelbbraun,  mit  starkem  Erd- 
Ueberzug.  Samenlappen  aussen  fast 
schwarz,  innen  dunkelbraun.  Geschmack 
kaum  bitter.    Maase: 


Länge: 

Breite:    Dicke: 

1)  23  mm 

14  mm        5  mm 

2)  23   „ 

15    „           7    „ 

3)  24   „ 

16    „           5    „  1 

4)  25    „ 

5)  25    „ 

14  „  6-11    „ 

15  „           6    „  J 

am 
häufigsten 

6)  27    „ 

19    ,,           6   „ 

20  Samen  wiegen  34.4  g;  auf  20  g  gehen 
12  Samen;  das  Mittel  aus  beiden:  ein 
Same  wiegt  1.69  g. 


—    443     — 

5)  £smaralda8-C.  Kleine,  sehr  dunkle  Samen, 
der  mexikanischen  Sorte  ähnlich;  gilt  als  vor- 
züglich. 

IDL  Cacao  von  (Brit.  und  Holland.-)  Guyana. 

6)  Berbice-C.  (brit.),  Samen  klein,  aussen  grau, 
innen  rothbraun. 

(Grosse  und  feste,  innen 
dunkelröthlichbraune, 
etwas  bittere  Samen 
Schale    graubraun    mit 
grauem  Ueberzug. 

IV.  Cacao  von  Süd-Mexiko. 

9)  Mexikanischer  oder  Soconusco-C,  eine 
ausgezeichnete,  in  unserem  Handel  kaum  vor- 
kommende Sorte.  Samen  klein,  stark  convex, 
Schale  hellgelb,  fast  glänzend.  Geschmack 
rein  ölig,  milde.  Mitunter  mit  den  Samen 
von  Th,  angtiMtfoUum  und  Th,  ovatifoUum  Sease  ver- 
mischt. 

V.  Cacao  von  Columbien. 

nä  Ätc:''ht°l-J^  «^^  C.  von  Ecuador. 

B.  Ungerotteter  Cacao. 

Die  Samenschalen  ohne  Erdüberzug,  meist  sohön  gelbbraun. 

VI.  Brasilianischer  Cacao. 

12)  Para-C.  1  höher  als  die  zwei  folgenden 

13)  Marannon-C.J  geschätzt. 

\  stammen    meist    von    wilden 

14)  Rio  negro-C.  \  Bäumen  und  von  Th.  speciosum 
15)Bahia-C.  [   Wtlld.^  TL  subincanum  Mart.  und 

j    Th,  stlvestre  Mart. 

Bahia- Cacao,  bei  uns  sehr  gebräuchlich, 
liegt  mir  in  zwei  verschiedenen  Sorten  (die 
von  dem  Wiener  Markte  stammen)  vor. 

Bahia-C.  Sorte  A.  Mandelähnliche,  an 
den   Rändern  dickaufgewulstete,   flach   drei- 


—    444    — 

eckige  oder  mit  einer  stark  conTexen  Schmal- 
sdte  yersehene  Samen;  Schale  dnnkelzimmt- 
brann  oder  schmutzig  granbrann.  Samenlappen 
anssen  schwarz,  innen  schwarzviolett  oder 
schwarzbraun,  sehr  farbstofifreich  mit  weiss- 
granen  (Fett-?)  Streifen;  schwach  bitter 
schmeckend.    Maasse: 

Dicke: 

7  mm 

4   „  ^ 

am  häufigsten. 


Länge: 

Breite: 

1) 

16  mm 

10  mm 

3) 

20   „ 

10   „ 

3) 

33   „ 

14   „ 

4) 

34    „ 

13   „ 

5) 

25   „ 

14    „ 

^■:l' 


5 
20  ßohnen  wiegen  23.6  g;  auf  20  g  gehen  17 
Samen;  das  Mittel  aus  beiden:  Ein  Same 
wiegt  1.178  g. 

6ahia-G.  Sorte  B.  sieht  sehr  ungleich 
aus;  unregelmässig  contourirte,  grosse  dünne 
Samen  mit  oft  gebuckelten  Breitflächen» 
Schale  schmutziggrau,  mit  erdigem  üeber- 
zug,  gehört  also  zu  den  gerotteten 
Sorten.    Maasse: 

Länge:    Breite:    Dicke: 

25  mm     14  mm     4  mm 

26  „       19    „        6    „  am  häufigsten. 
28    „       14    „        4    „ 

20  Bohnen  wiegen  25.4  g;  auf  20  g  gehen  16 
Bohnen;  das  Mittel  aus  beiden:  Ein  Same 
wiegt  1.26  g. 

Vn.  Cacao  von  Franz. -Guyana. 

16)  Cayenne-C.  Schale  graubraun,  Samenlappen 
blauroth.  Enthält  auch  die  Samen  von  2%. 
Guyanemis   WiUd, 

VIII.  Insel- oder  Antillen-  und  mittelamerit 
Cacao. 

17)  Trinidad-C.  Sehr  grosse,  breite,  platte, 
innen  sdi warzbraune  Samen. 

18)  Martini que-C.  Längliche  schmale,  platte, 
innen  braunröthliche  Samen. 


—    446    — 

19)  8t.  Domingo-C.  Sehr  flache,  in  der  Mitte 
der  Breitflächen  nicht  vertiefte,  im  Umriss 
eiförmige  oder  fast  dreieckige  Samen,  mit 
mandelbrauner  Schale.  Samenlappen  aussen 
und  innen  schwarzbrauh  matttflänzend,  mit 
Bahia-C.  gleichgefärbt.  Gesicämack  etwas 
bitter.    Maasse: 


Länge: 

Breite» 

Dicke: 

1) 

17  mm 

11mm 

3.5  mm 

2) 

19   „ 

13    „ 

3.5   „ 

3) 

20    „ 

10    „ 

5      „ 

4) 

22   „ 

12    „ 

4      „ 

am 

5) 

23    „. 

13    „ 

4      „ 

häufigsten 

6) 

24    „ 

14    „ 

4.5   „ 

7) 

25    „ 

15    „ 

4       „ 

20  Bohnen   wiegen  26  g,  auf  20  g  gehen  16 
Samen;  das  Mittel  aus  beiden:  Ein  Same  wiegt 
1.275  g. 
20)  Ouatemala-C,  dem  Caracas-C.  ähnlich,  gilt 
als  eine  vortreffliche  Sorte.  — 


Gacaopräparate.  Der  UebersichÜichkeit  halber 
sollen  dieselben  in  einfache  und  zusammengesetzte  unter-* 
schieden  werden.  Zu  den  einfachen  wären  die  reine 
Cacaomasse  tmd  der  Holländische  Cacao,  zu  den 
letzteren  die  verschiedenen  Arten  der  Chokolade  zu 
rechnen. 

1.  Reine  Cacaomasse  enthält  nur  die  Gewebs- 
ihtgmente  und  Inhaltsstoffe  der  Cacaosamen.  Letztere 
werden  in  Blechtrommeln  geröstet  und  mittelst  Stampfen 
oder  Walzen  unter  Erwärmung  in  einen  Teig  umgewan- 
delt. Nur  besonders  feine  Sorten  sind  von  den  Schalen-^ 
fragmenten  frei;  bei  der  gegenwärtigen  Fabrication  der 
Oacaomasse  mittelst  Maschinen  ist  ein  sorgfältiges  Ab* 
sondern  der  Sdialen  von  den  Samenlappen  kaum  durch- 
zuführen und  schliesslich  auch  nicht  gar  so  nothwendig, 
da  die  Schalen  12—18  %  Proteinstoffe,  5—9  7o  Fett« 
12 — 16  %  Holzfaser  und  selbst  Theobromin  enthalten 
Bsd  auch  für  sich  als  Cacao thee  im  Handel  vor-* 
koBDunen.  Doch  darf  nicht  unberücksichtigt  bleiben,  dass 


—     446     — 

sie  die  Verdaulichkeit  der  Cacaomasse  beeinträchtigen 
und  deren  Qualität  vermindem.  Als  eine  grobe  Ver- 
fälschung ist  ihre  Anwesenheit  in  der  Cacaomasse  nicht 
aufzufassen. 

2)  Holländischer,  nach  holländischer  Me- 
thode präparirter,  leicht  löslicher  Cacao  wurde 
durch  eine  aufdringliche  Reclame  dem  Publicum  geradezu 
aufgenöthigt  und  rangirt  nach  Hager  schon  in  die  Reihe 
der  Chokoladen.  Zu  seiner  Darstellung  werden  die  Cacao- 
bohnen  durch  mehrere  Stunden  in  Pottaschen-  oder  Soda- 
lösung mit  kohlensaurer  Ma^esia  aufquellen  gelassen  und 
darauf  gepulvert.  Da  zweifelsohne  diese  Alkalien  eine 
Aufschliessung  der  im  Wasser  unlöslichen  Bestandtheile, 
insbesonders  des  wenig  verdaulichen  Zellgerüstes  be- 
wirken, so  mag  die  Verwendung  des  holl.  Cacao's  immer- 
hin gerechtfertigt  erscheinen. 

Die  Reinheit  der  Cacaomasse  kann  zunächst  mit  dem 
Mikroskope  geprüft  werden.  Sie  darf  nur  Stärke-  und 
Farbstofifzellen  der  Keimlappen,  Mitscherlich'sche  Körper- 
chen und  vereinzelte  Gewebsfragmente  der  Schale  auf- 
weisen. Selbst  im  holl.  Cacao  wird  man  noch  intacte 
Farbstoffmassen  auffinden,  und  ihre  Natur  mit  Hilfe  der 
oben  angeführten  Reagentien  feststellen  können.  Die 
Stärkekörner,  ohnehin  zur  mikroskopischen  Charakteristik 
wenig  brauchbar,  sind  häufig  in  Folge  des  Röstens  yer- 
kleistert.  Zur  Bestimmung  des  Fett-,  Stärkemehl-  und 
Theobromingehaltes  hat  man  verschiedene  Methoden  an- 
gegeben, die  von  Griessmayer  und  Hager  zusammen- 
gestellt worden  sind.  Hier  kann  darauf  nicht  weiter  ein- 
gegangen werden.  -*  Der  Aschengehalt  darf  nur  3—4  %, 
niemals  über  5  %  betragen.  — 

Auch  entfettete  Cacaomasse  ist  Gegenstand  des 
Handels. 

2)  Chokolade  ist  ein  Gemisch  von  Cacaomasse, 
Zucker  und  Gewürzen,  das  in  bestimmte  Formen  (Tafeln, 
Stengelchen,  Figuren  etc.)  gebracht  und  schon  in  dieser 
Form  oder  abgekocht  genossen  werden  kann.  Ausser 
dieser  Gewürz-  oder  Vanille- Chokolade  stellt  man  auch 
medimnische  Chokoladen  dar,  denen  gewisse  unangenehm 
schmeckende  Heilmittel,  wie  Fisen,  Chinin  etc,  beige- 
mengt werden.  —  Die  Zuckermenge  der  meisten  Choko- 


—    447     — 

laden  beträgt  50— 75  ^/o.   Nach  König  ergaben  Analyseik 
von  vier  Sorten  im  Mittel: 

I  I 


1  - 

2  I 

1.55       5.06       15.25      63.81      11.03       l.'l5      slö 


Fast  in  jeder  Chokoladensorte  können  Zusätze  von 
Stärke  und  von  Mehl  überhaupt  nachgewiesen  werden.  Ob- 
wohl diese  Zusätze  strenge  genommen  als  Verfälschungen 
aufzufassen  sind,  da  sie  weder  den  Geschmack  zu  ver-r 
bessern,  noch  die  Güte  der  Waare  sonstwie  zu  erhöhen 
im  Stande  sind,  so  spricht  doch  ein  praktisches  Bedürfe 
niss  für  die  ZulässigKcit  derselben  und  sehr  richtig  be- 
Vierkt  hiezu  Hager  i) :  „Fehlt  Stärkemehl  in  der  Mischimg, 
so  erreicht  man  auch  ein  ähnliches  Getränk  (nämlich 
ein  gleichförmiges,  dicklich -flüssiges  GetränK),  wel- 
ches aber  in  kurzer  Zeit,  in  15 — 20  Minuten  der  Buhe 
die  Cacaosubstanz  absetzt  und  eine  dünne,  nicht  ange- 
nehm schmeckende  Flüssigkeit  sammelt  sich  über  dem 
Bodensatz.  Das  muss  aber  verhütet  werden  und  ein 
Mehl-  oder  Stärkemehlzusatz  macht  das  Getränke  sa 
schleimig,  dass  sich  kein  Bodensatz  bildet.  Somit  ist  ein 
Zusatz  einer  stärkemehlhaltigen  Substanz  zum  Cacao 
nothwendig  und  keine  Verf^schung."  Diese  Zusätze 
sollen  nicht  über  10  ®/o  der  Masse  betragen.  Mineralische 
Zusätze,  wie  Thon,  Gyps,  Kalk,  wenn  ihre  Menge  grösser 
als  2^0  ist,  insbesonders  der  giftige  Schwerspath 
sind  imzulässig.  Armenischer  Bolus  wird  oft  als. 
Farbmittel  beigemengt;  Sodazusatz  erhöht  die  Brauchbar- 
keit der  Chokolade;  die  Anwesenheit  dieser  Substanzen^ 
in  der  Chokolade  ist  wohl  kaum  zu  beanstanden.  Er- 
wähnt sei  noch  der  Nachweis  für  Kupfer,  das  man  in 
der  Chokolade  gefunden  hat  und  das  wahrscheinlich  von 
kupfernen  Fabriksgefässen  herrührt;  man  setzt  zur  ge- 
kochten Chokolade  einen  Tropfen  Salzsäure  zu  und  stellt 
eine  blanke  Messerklinge  hinein;   die  Anwesenheit  von^ 


*)  Ergänzgsbd.  p.  178. 


—    448    — 

fiapfer  Verräth  sich  durch  den  kapferrothen  Uebereng 
der  Messerklinge,  der  nach  einigen  Stunden  auf  die  letetere 
^ich  niedergeschlagen  hat.  Aussereuropäische  Cho- 
koladen  zeigen  grosse  Zusätze.  „So  besteht  Dictamia 
aus  217  Zucker,  92  Spelzmnss,  125  Stärke,  30  Caracas^ 
€acaQ,  1  Vanille.  —  Kaiffa  aus  500  Cacao,  750  Salep 
(Knollenmehl  von  Octe- Arten),  1000  Sago,  1250  Beia- 
mehl/  250  Grütze,  250  Moosgallerte,  eoOOZucdcer,  50  Va- 
nille. —  Racahout  aus  15  Salep,  60  Gacao,  60  Siliqoa 
tlulcis,  45  Kartoflfelstärke,  60  Reismehl,  250  Zucker,  1,5 
VaniHe/'  (Griessmayer,  1.  c.  p.  Ui3).  Chokoladen- 
pulver  und  Chokoladensüppenpulver  sind  Gemenge  Ton 
10  %  Caeao,  70%  Zucker,  10%  Mehl  und  1  %  Bolus. 

Die  Anwendung  des  Cacao  ^)  in  Mexiko  scheint  uralt 
-zu  sein.  Bei  den  aztekisehen  Völkern  galten  die  Bohnen 
Als  Münzen  und  hiessen  Kakoohatl,  während  das  aus  ihnen 
bereitete  Getränke  Chocolatl  (ehoco  schäumen,  atl 
Wasser)  genannt  wurde.  „Sein  Gebrauch  erstreckte  sich 
auf  alle  Volksklassen;  die  Zubereitung  wich  jedoch  ron 
^er  jetzigen  ab.  Zucker  kannte  man  damals  noch  nicht 
und  statt  dessen  bediente  man  sich  hie  und  da  des  Ho- 
nigs. Die  gerösteten,  abgeschälten  und  gestossenen  Boh- 
nen wurden  einfach  mit  Wasser  gekocht,  yon  den  Armen 
mit  Maismehl  gemischt,  stark  gewürzt,  im  besten  Falle 
mit  Vanille,  um  zu  einer  schäumenden  Masse  von  Hon^ 
<5onsistenz  verarbeitet,  welche  kalt  (nach  Torquemada 
geschah  auch  die  Bereitung  kalt,  nicht  warm,  was  erst 
die  Spanier  einführten),  am  Hofe  aus  goldenen  G^fassen 
mit  goldenen  Löffeln  verzehrt  wurde."    (Wittstein). 

Nach  der  Erobcirung  von  Mexiko  durch  Ferdinand 
COrtez  (1519)  kamen  Cacaosamen  zuerst  nach  Spapien 
und  Cortez  selbst  hat  in  einem  ausführlichen  Briefe  a^ 
Kaiser  Karl  V.  die  Cacaopflanzungen  und  die  Anwendung 
des  Cacaos  geschildert*  Doch  scheint  der  erste  Eindruck, 
den  der  Genuss  des,  Cacaogetränkes  auf  die  Spanier 
hervorrief,  nicht  gerade  ein  günstiger  gewesen  zu  sein 
und  man  erzählt  von  holländischen  Corsaren,  dass  sie 
einen  grossen  Vorrath  von  Cacao  mit  der  verächtlichen 


5  Reiob,  L  c.  II.p.  199ff.  und  nach  Frist&dt  in  Wittsteiii, 
fiandwört.  d^  Pharmak.  p.  364. 


—    44d    - 

Bezeichnung  „Schafsdreck^*  in  das  Meer  geworfen 
hätten.  Ks  znm  Anfange  des  17.  Jahrh.  blieb  der  Uebranch 
der  Chokolade  nur  auf  Spanien  beshränkt  und  wäre  es 
noch  länger  geblieben^  wenn  nicht  Francesco  Carletti 
die  Chokolade  um  1606  in  Florenz  bekannt  gemacht 
hätte ;  von  Italien  kam  sie  nach  Deutschland  und  Holland; 
Frankreich  dürfte  sie  direct  von  Spanien  erhalten  haben, 
und  unter  Ludwig  XIV.  wurde  ihr  Gebrauch  sehr  verall- 
gemeinert. In  England  entstanden  1657  sog.  „Ghokoladen- 
häuser." 

Gegenwärtig  ist  Chokolade  ein  Lieblingsgetr&nke  der 
romanischen  Völker« 

Der  Verbrauch  des  Cacao*s  in  Europa  wird  auf  15 
Millionen  kg  angegeben.  Venezuela  exportirt  jährlich 
gegen  2  500  000  kg;  Yon  Puerto  Cabello  wurden  1872 
77  BIO  kg  exportirt  und  zwar  nach  Hamburg  839  kg,  nach 
New- York  92  kg,  nach  Spanien  52  791  kg,  nach  Frank- 
reich 23  588  kg. 


8.   Guarana. 

Die  Pasta  Guarana  wird  aus  den  Samen  von 
Patdtma  sorhUa  Mart.  (P.  Cupana  Kffu)  bereitet.  Dieser 
kletternde  Strauch,  der  Familie  der  Sapindaceen  angehörig, 
besitzt  funfkantige,  weichhaarige  Zweige,  unpaarig^  ge- 
fiederte Blätter,  und  zweihäusige  oder  zwittrige,  in  Trau- 
ben stehende  Blüthen.  Letztere  bestehen  aus  einem  flinf- 
blättrigen  Kelch,  aus  4  weissen  ungleichen  Blumenblättern, 
8  Staubgefässen  und  einem  dreifächerigen,  dreigriffeligen 
Fruchtknoten.  Die  bim-  oder  eiförmigen  geschnäbelten 
Kapselfrüchte,  die  nach  dem  Fehlschlagen  zweier  Fächer 
gewöhnlich  nur  einfächerig  sind,  enthalten  je  einen  der 
Rosskastanie  ähnlichen,  schwarzen,  fast  halbkugeligen 
Samen  mit  grossem,  kreisförmigem,  weissem  Nabel,  der 
die  Samen  schusselförmig  umfasst.  Die  Heimath  dieses 
Strauches  ist  Nordbrasilien,  wo  er  auch,  insbesondere 
in  Para  und  Amazonas,  cultivirt  wird. 

Die  überreifen, aus  den  Kapseln  genommenen  Früchte 
werden  zunächst  geröstet  und  zerquetscht  oder  grob  zer- 
rieben.   Aus  dem  groben  Pulver  fertigt  man  mit  Wasser 

Hanauivki  NAhrungs-  n,  Oennssmittel ». d.  Pflanivnreioh.  ^9 


—    450    — 

einen  Teig  an,  der  in  längUche  oder  kueeUge  Formen 
geknetet  und  an  der  Sonne  oder  bei  gelindem  Feuer  ge- 
^ocknet  wird.  Zu  uns  gelangt  die  Guarana  im  10 — 20 
cm  langen,  4 — 5  cm  dicken,  wurstähnlicben,  steinharten. und 
sphwer^n  Stangpn,  die  an  der  Oberfläche  dunkQlrothbraim 
sind,  einen  muschligen  Bruch  haben  und  innen  in  omer 
helkothbraunen  Grundmasse»  weissgraue,  at^erundet^ecki^e 
Bruchstücke  der  zerstossenen  Sam^ti  aufweisen.  Die 
Stange^  sowohl,  wie  das  PuWer  haben  nur  einen  höchst 
schwachen,  etwas  säuerlichen  Geruch  und  letzteres 
schmeckt  bitterlich,  etwas  .zusammenziehend,  ähnlich  wie 
Cacao* 

Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt,  dass  die 
Quarana  ^Jaß  einzelnen  oder  noch  zu  2 — 3  zusammen'» 
hängenden,  rundlich  -  polyedrischen  Parenchymzellen  zu«- 
s^mmengesetzt  ist,  in  welchen  zu  2—3  componirte  Stärke- 
körner in  einer  auf  Gerbstoff  reagirenden  Masae  eii^er 
bettet  sich  vorfinden;  auch  zu  Kleisterballen  versdimolzene 
Stärkekömer,  Zellfragmente,  kleine  prismatische  Krystalle 
lind  mitunter  auch  Sklerenchymzellen  von  0.02 — 0.03  mm 
Durchmesser  können  nachgewiesen  werden. 

Guarana  enthält  3—5  7o  Coffein,  3%  fettes  Oel, 
6  %  Qerbstoff,  Harz,  Farbstoff;  die  As^he  beträgt  2  <>/o. 
,  Das  aus  Guarana  bereitete  mit  Zucker  versetzte 
Getränke,  als  brasilianische  Ghokolade  beeeichae^, 
diept  der' niederen  Bevölkerung  Brasiliens  als  ein,  nament- 
lich auf  Reisen,  unentbehrliches,  erfrischendes  und  an- 
regendes Genussmittel.  In  Europa  hat  es  einstweilen  nur 
als  Heilmittel  gegen  Migraine  Anwendung  gefunden. 


1  9.  Tschan.  1) 

Als  Tsql^an  oder  Chan  bezeichnet  man  in  Gu^;e- 
mala  die  Früchte  einer  Salbeiart,  Salvia  Ohio  Buiz  et 
Vm.^){Laln(Uf3B\  die,tmit  Wasser  begossen^ dasselbe  schl^ 


»)  ^ach  J.  Moeller,   lu    Dinglers    polytech.   Journ.    297. 
BÄ.,  H.  6. 

*)  Als  S^^an  Ohio   WM^d0n  auch  die  Früchte  ttni  S.  hl8- 


~    451     — 

mig  machen  und  in  ein  erfrischendes  Getränk  umwandeln, 
das  gewöhnlich  mit  Zucker  versüsst  wird. 

Der  Tschan  wächst  in  gemässigten  Bodenstrichen 
wild,  scheiöt  aber  nicht  cultivirt  zu  werden.  Die  Früchte 
,,8ind  wenig  grösser  als  Kleesamen,  elliptisch  im  Umtiss, 
glatt,  glänzend,  röthlichgrau  bis  gelb  und  rothbraun  ge- 
^renkelt.  Unter  starker  Loupenvergrösserung  unter- 
scheidet man  eine  convexe  Seite  und  ihr  gegenüber  zwei 
abgeflachte  Seiten,  welche  in  eine  Längskante  zusammen- 
laufen, an  deren  unterem  Ende  der  Fruchtstiel  eben 
kenntlich  ist.  Frucht-  und  Samenschale  bilden  zusarnmen 
ein  dünnes  Gehäuse  für  die  flach  an  einander  liegenden 
Keimblätter,  deren  Zellen  mit  Oeltropfen  erfüllt  sind." 
Die  Oberhaut  quillt  im  Wasser  zu  einer  zarten,  bläulich 
weissen,  gallertartigen  Hülle  auf,  die  erst  nach  Einwirkung 
von  Kalilauge  von  Chlorzinkjod  schon  violett  gefärbt 
wird.  Die  Oberhautzellen  erscheinen  (in  fettem  Oel)  im 
Querschnitte  rechteckig,  mehr  hoch  als  breit  (0.012  mm) 
und  sehr  dickwandig,  von  der  Fläche  gesehen,  polygonal; 
einzelne  oder  kleine  Gruppen  derselben  enthalten  eine 
gelblich  gefärbte  compacte  Füllmasse.  Unter  der  Ober- 
haut liegt  eine  0.008  mm  dicke,  stets  undurchsiditige, 
tief  rothbraun  gefärbte  Schichte  nicht  deutlich  contourirter 
Zellen,  deren  innerste  Lage  Krystalle  von  oxalsaurem 
Kalk  führt.  Conc.  Schwefelsäure  entfernt  den  braun- 
rothen  Inhalt  vollständig.  Die  Samenhaut  (0.045  mm) 
setzt  sich  aus  bernsteingelben  Sklerenchymzellen  zu- 
sammen und  ist  nach  innen  von  einem  grosszelligen,  un- 
regelmässig  contourirten  Plattenepithel  mit  Verdickungs« 
leisten  abgeschlossen.  Bei  der  Quellung  der  Oberhaut- 
zellen wird  die  Guticula  emporgehoben,  aber  nur  selten 
zerrissen;  nach  Entfernung  des  Schleimes  erscheint  die 
Guticula  durch  solide,  0.01mm  dicke  Balken  mit  der 
inneren  Wand  der  Oberhautzellen  verbunden.  Zwischen 
diesen  Balken  liegen  die  noch  erhaltenen  dünnen  Zwischen- 
lamellen der  Zellen,  deren  Inhalt  ganz  in  Schleim  ver- 
wandelt worden  ist.  Die  dicken  Balken  sind  wahrachein- 
lich  aus  gänzlich  in  Cutin  umgewandelten  Epidermiszellen 
entstanden,  während  die  Zwischenlamellen  nicht  cuticu- 
larisirt  sind,  daher  von  Chlorzinkjod  violett  gefärbt  wer- 
den;  die  Cutinbalken   (durch  tangentiale  Streifung  att9" 


-    453    — 

geiseidmeü  und  die  Guücula  erscheinen  in  Ohlorzinlgod 
citronengelb.  — 

Die  wässerige  Lösung  des  Schleimes  enthält  wahr- 
scheinlich Gummi,  reducirt  alkalische  Kupferlösung,  die 
Asche  löst  sich  grösstentheils  in  Wasser  auf  und  enthält 
wenig  Chloride,  dagegen  reichlicher  Sulfate. 

Nach  J.  Mo  eil  er  echmeckt  ^ie  Flüssigkeit,  in  der 
die  Früchtchen  frei  herum  schwimmen ,  fade  und  erhalt 
auch  na<^  Zusatz  von  Zucker  keine  charakteristischen 
Eigenthümlichkeiten.  Zerkleinerte  Früchte  geben  eine 
grössere  Schleinunenge<  —  Das  Fett  des  Chan  gehört  zu 
den  tarocknenden  Oelen  und  soll  mit  seinen  Yortrefflicfaen 
Eigenschaften  das  Leinöl  vollkommen  ersetzen. 


10.  Arecasamen. 

(Betelnüsee.) 

Die  in  ganz  Ostindien  und  auf  den  Sundainseln  cul- 
tivirte  prachtvolle  Areca- Palme,  Areca  Caieoku  L.^ 
liefert  (in  hühnereigrossen,  aussen  glänzend  ockergelben 
Früchten)  die  Arecasamen,  die  in  Verbindung  mit  dem 
Blatte  des  Betelpfeffers^)  {Piper  BetU  L,)  von  Malajen, 
Mongolen  und  Hindus  leidenschaftlich  gerne  gekaut  wer- 
den. Dem  Betelkauen  sind  alle  Schidbten  der  Bevölke- 
rung und  fetstalle  Altersclassen  ergeben;  es  istdieuner^ 
lässUohe  Voraxissetzung  bei  jedem  Geschäfte,  bei  jeder  feier*' 
liehen  Handlung  und  nach  Bibra  bedienen  sich  etwa 
100  Millionen  Menschen  dieses  wenig  ansprechenden  Ge^ 
nussmittels.  Es  besitzt  einen  aromatisch -bittren  und 
herben  Geschmack,  vermehrt  die  Speichelabsonderung  und 


*)  Die  Betelpfefferblätter  sind  bis  18  cm  lang,  10  cm 
breit,  länglich,  fast  eiförmig,  oben  stark  zugespitzt,  am  Grunde 
herzförmig,  5 rippig;  ihre  Ober-  und  Unterseite  erscheint  unter  der 
Lupe  mit  weissen  glänzenden  Fleckchen  bedeckt:  der  Geschmack 
ist  nicht  sehr  scharf  und  aromatisch.  In  den  Epidermiszellen  fin- 
den sich  hie  und  da  stark  lichtbrechende,  farblose  Massen  vor,  die 
eine  Verkieselung  der  ganzen  Zellen  vorstellen.  In  grossen  kuge- 
ligen Oelzellen  ist  ein  gelber  oder  bräunlicher  Körper  enthalten. 
(Paaohkis  in  Zeitschr.  d.  a.  ö.  Apoth.-Ver.  1880,  p.  484). 


—    4Ö8    — 

£ärbt  Speichel,  Lippen  und  Zahnfleisch  braunroth,  die 
Zähne  mit  der  Zeit  schwarz;  seine  Einwirkung  auf  die 
Nerven  soll  in  einer  eigenthümlichen,  an  einen  leichten 
Alkoholrausch  erinnernden  Erregung  bestehen. 

Die  Arecasamen,  die  auch  in  unserem  Handel  vor- 
kommen, da  sie  zur  Bereitung  einer  Catechusorte  und 
als  wTirmwidriges  Arzneimittel  Verwendung  finden,  sind 
1.5 — 2.5  cm  lang,  verkehrt  kreisel-  bis  kurz-kegelförmig, 
am  Grunde  eingedrückt,  vertieft  grobnetzaderig,  grau- 
braun bis  braunroth,  schwer  und  schmecken  ziemlich 
herbe.  Der  Kern  der  Samen  besteht  aus  einem  bein- 
harten, bläulich  weissen  Eiweisskörper,  der  durch  die 
purpurrothen  strahlig  eindringenden  Fortsätze  der  inneren 
Samenhaut  ähnlich  der  Muskatnuss  marmorirt  erscheint. 
Das  Gewebe  dieses  Eiweisskörpers  constituirt  sich  aus 
dickwandigen  polyedrischen  Zellen,  die  grosse  Aleuron- 
körner  mit  rhomboederähnlichen  Krystalloiden,  feinkörnige 
Proteinstoflfe  und  Fett  enthalten.  Die  Samenhautfalten 
führen  eisengrünenden  Gerbstoff. 

Die  Arecasamen  enthalten  gegen  15  %  Gerbstoff, 
14%  Fett;  ein  Alkaloid  ist  in  denselben  nicht  nachge- 
wiesen worden.  Im  indischen  Handel  werden  zwei 
Sorten  unterschieden:  die  grosseren  besitzen  eine  grau- 
braune hellere,  die  kleineren  eine  dunkelrothbraune 
Oberfläche. 

Der  Handel  mit  Betelnüssen  ist  in  Ostindien  ein 
sehr  beträchtlicher;  von  Sumatra  sollen  allein  jährlich 
5—6  Mill.  kg  exportirt  werden.  —  üeber  die  Bereitung 
des  Kaumittels,  das  man  Buyo  benennt,  sei  hier  nach 
Meyen  noch  erwähnt,  dass  man  die  Samen  in  schmale 
längliche  Stückchen  zerschlägt  und  in  Betelblätter,  deren 
eine  Fläche  mit  rohem,  angefeuchtetem  Kalke  be- 
strichen ist,  einhüllt.  Den  Kalk  gewinnt  man  aus  Muschel- 
schalen. 


464    — 


11.   Opium.  0 

Der  eingetrocknete  Milchsaft  der  noch  grünen  un- 
reifen Kapaejirucht  des  cultivirten  Mohnes  (Fapaver  somni- 
ferum L.J  Papaveracece)  wird  in  Eleinasien,  Persien,  Indien, 
China,  in  Aegypten  (und  Nordamerika)  in  grossen 
Mengen  gewonnen  und  stellt  das  Opium  dar,  das  zu  den 
kostbarsten  und  unentbehrlichsten  Heilmitteln  zählt,  den 
Bewohnern  des  grössten  Theiles  von  Asien  aber  als  be- 
täubendes Genussmittel  zu  einem  täglichen  Bedürfniss  ge- 
worden ist 

Hier  wird  nur  das  Wichtigste  über  Opium  als  Ge- 
nussmittel in  Kürze  berichtet 

In  grossartigem  Maassstabe  wird  Opium  nur  in  Klein- 
asien  und  Ostindien  gewonnen.  Das  von  Kleinasien 
stammende  „Smyrnaer  Opium"  kommt  von  deu  Städten 
Boghaditsch,  Ballikessri,  Kjutahia,  Akhissar,  A£^un- 
Karahissar  etc.  Die  unreifen  Kapseln  werden  mit  einem 
Messer  in  horizontaler  Kichtung  eingeschnitten,  der  zu 
einer  braunen  klebrigen  Masse  eingedickte  Milchsaft  wird 
abgelöst,  zu  flachrundlichen  Broden  von  100— 500  g  ge- 
formt und  mit  einem  Mohnblatt  umhüllt.  Smyrna  ex- 
portirt  durchschnittlich  200  000  kg.  —  Das  Hauptgebiöt  d^r 
indischen  Opiumproduction  ist  die  mittlere  Ganges- 
region (Behar,  Benares).  Die  Gewinnung  ist  grössten- 
Iheils  ein  Monopol  der  Regierung.  Hier  schneidet  man 
die  Mohnkapseln  mit  einem  mehrkantigen  Messer  (Nuschtar) 
an,  sammelt  den  austretenden  Saft  in  Gefässen  und  formt 
aus  dem  sich  ausscheidenden  festeren  TheU  Kueeln  von  ca  2 
kg»  die  mit  Mohnblumenblättern  eingehüllt  werden,  nachdem 
man  letztere  mit  dem  flüssigen  Ajitheil  des  Milchsaftes, 
derPassewah,  zusammengeklebt  hat.  Die  indische  Waare 
ffixportwerth  für  1881/82:  124.3  Millionen  Rupien)  geht 
durchwegs   nach   China.     Ausser   diesen   beiden   Haupt- 


*)  Naoh  A.  Vogl,  Arzneikörper  p.  387  ff.  und  Lotos  1876 
Mai  bis  Juni  (Opium  als  Genussmittel).  —  Femer  F.  Tiedemann, 
Geschichte  des  Tabaks  und  anderer  äbnlicher  Genussmittel  1864; 
Y.  Bibra  die  narkoU  Genustmittel  und  der  Mensch  1866. 


—    455    ^ 

Sorten  kennt  man  noch  persisches,  meist  mit  Mehl  und 
Honig  veimischtes  und  ägyptisches  Opium  in  scheiben- 
runden Broden,  das  aber  für  den  Handel  fast  keine  Be- 
deutung hat.  In  China  und  Nordamerika  wird  ebenfalls 
Opium  gewonnen.  Auch  in  Bumelien  (um  IstipJ  wird 
seit  1866  Mohn  gebaut  und  die  Opiumproduction  Detrüg 
1882  etwa  135  000  Pfd. 

Opium  enthält  siebzehn  sicher  nachgewiesene  Oift- 
stoffe,  von  denen  das  Morphin  der  wichtigste  und  be- 
kannteste Körper  ist  und  ausserdem  noch  zwei  indiflferente 
StofiFe,  eine  Säure,  Gummi,  Eiweissstoffe ,  Harz,  Wachs, 
Kautschuk,  Farbstoff,  mitunter  auch  Zucker;  Stärke  und 
Gerbstoff  fehlen.  Der  Wassergehalt  soll  nur  9—14  % 
betragen,  die  Aschenmenge  darf  in  guter  Sorte  8  ^o  nicht 
übersteigen.  Es  ist  ausserordentlich  vielen  Fälscnungen 
unterworfen  und  mit  Mehl,  Wasser,  Zucker,  Honig,  Fei- 
gen, Aprikosen,  Tragant- Gummi  und  Pflanzentheilen  des 
Mohnes  versetzt.  Der  Gehalt  des  Opiums  an  Morphin 
ist  höchst  schwankend;  es  wurden  2 — 8  Vo»  aber  auch 
12—23  ®/o  nachgewiesen;  das  rumeliscbe  Opium  enthält  fast 
immer  11  %  Morphin.  —  Frische  Opiummasse  ist  weich, 
knetbar,  im  Innern  noch  feucht,  zähe,  klebrig,  gelbbraun; 
ausgetrocknetes  Opium  erscheint  hart,  am  Bruche  kömig 
und  dunkelrothbraun.  Es  riecht  äusserst  unangenehm 
kräftig  narkotisch  und  schmeckt  stark  bitter,  nachträglich 
etwas  scharf. 

Die  Bekenner  des  Islams,  überhaupt  die  Bewohner 
des  südwestlichen  Asiens  essen,  die  Ostasiaten  rauchen 
das  Opium.  In  China  spielt  das  Opium  eine  ebenso 
wichtige,  wie  traurige  Rolle.  Die  Araber  dürften  die 
Chinesen  mit  dem  Opium  bekannt  gemacht  haben;  später 
waren  es  die  Portugiesen,  die  mit  China  Opiumhanäel 
trieben.  Aber  erst  durch  die  Engländer  wurde  diö 
Opium  -  Einfuhr  nach  China  von  Indien  auf  das  gross- 
artigste gesteigert  und  nachdem  die  chinesische  Kejrie- 
rung  die  Einfuhr  verboten,  diese  bekanntlich  mit  Waffen- 
gewalt erzwungen.  Nach  diesem  (ersten)  Opiumkrieg 
(1840—42)  wurde  der  chin.  Regierung  nahe  gelegt,  auf 
Opium  eine  hohe  Steuer  zu  legen.  Der  chin,  Kaiser  hat  aber 
diesen  Vorschlag  mit  dem  bedeutungsvollen  Ausspribcfae 
zurückgewiesen  ,,  *  •  .  Ich  kann   die  Einfahr  des  Giftes 


—    456    - 

nicht  hindern,  aher  nichts  wird  mich  bew^en,  an»  dem 
Laster  und  dem  Elende  meines  Volkes  Gewinn  ztt  zicheii^ 
(Novara-Reise  U.  118).  Jetzt  ist  ein  hoh^  Eingangs- 
zoll  auf  das  Opium  gelegt,  das  in  der  un^^Miblicheii 
Menge  von  6 — 10  MilL  kg  importirt  werden  s<^  Uebrigens 
erzeugen  auch  die  chines.  Provinzen  Yunnan^  Setschuaa 
und  Kueitschu  grössere  Mengen  Oföiim«  Bis  zam  Jahre 
1880  war  die  Mohncultur  in  der  Provinz  Kansu  verboten. 
Jetzt  ist  das  ganze  Thal  von  Lantschou-Fu  mit  Mohn* 
saa^n  erfüllt  Ist  die  Blüthezeit  vortiber,  so  werden  die 
Mohnkapseln  durch  2 — 3  Wochen  hindurch  täglich  bei 
Sonnenaufgang  mit  einem  Messer  angeritzt,  umi  der 
weisse  Saft  gesammelt,  in  irdenen  porösen  Gefäßen  der 
Luft  ausgesetzt,  und  nachdem  er  braun  und  fest  gewor- 
den, in  kleine,  flache,  runde  Ziegel  geformt^);  »ich  in 
anderen  chinesischen  Gebieten  wird  die  Mohnpflanse 
cultivirt. 

Seit  dem  Jahre  1879  existiren  auch  in  Südafrika *) 
am  Zambese,  zwischen  den  Flüssen  Muto  und  Quaqua 
Mohnanpflanzungen,  die  1880  bereits  300  Arbeiter  be^ 
schäftigten.  An  windstillen  Tagen  werden  zur  Zeit  der 
grÖssten  Hitze  die  Fruchtkapseln  angeschpitten  und  der 
Milchsaft  am  folgenden  Morgen  in  mit  Holz  ausgelegten 
Blechkisten  gesammelt.  Die  100  L  fassenden  Kisten  ent«* 
halten  unsefähr  50  kg  Opium.  -  Es  hält  sich  in  den  Kisten 
lange  in  klebrigem  Zustande  und  wird  aber  zu  80  % 
mit  einer  nicht  näher  bekannjten  Substanz  gemischt  und 
in  Kugeln  vpn  500  g  gjeformt;  je  140  dieser  Kugeln  wer«- 
den  in  eine  Kiste  zwischen  zerkleinerten  Molmkapseln, 
Mohnblättern  und  Baumwolle  verpackt.  — 

Die  Chinesen  rauchen  nicht  reines  Opium,  sondern 
ein  daraus  bereitetes  Extract,  den  Tschandu.  Die  Art 
und  Weise  des  Verbrauches  beschreibt  A,  Vogl  folgender-^ 
mäassen:  ,^Der  zum  Bauchen  dielende  Apparat  besteht 
aus  der  Pfeife,  einem  etwa  20  Zoll  langen  Bambusrohr, 
welches  seitlich  einen  kreiselformigeui  metallenen  oder 
thönernen  Pfeifenkopf  von  2  Zoll  Durchmesser  ti^tgt,  der 


>)  G.  Kreitner,  OeH.  Monatesoh.  f.  d.  Orient  1883   Kr.  4, 
p.  78— 7a 

^  P*  Quyoty  Journ.  de  Pharm.. et  de  Chim.  1882.  p.  981. 


—     407    — 

auf  seiaem  Scheitel  eine  halbkugelige,  am  Grunde,  durch 
eine  OeffnuDg  in  den  weiten  Hohlraum  des  Pfeifenkopfes 
führende  V^iefung  besitzt,  hinreichend  gross«  um  ein 
etwa  erbsei^prosses  Stück  Opium  s^zunohmen.  Eine  aus 
Hocn^  Holz  oder  Metall  verfertigte  kleine  Buchse  enthält 
den  Tsehandu,  eine  oa  6  Zoll  lange,  an  einem  Ende  spitz 
zulaufende,  am  andern  Ende  schaufelförmig  verbreiterte 
stählerne  Nadel  dient  zum  Uebertragen  des  Opiums  aus 
der  Büchse  auf  den  Pfeifenkopf,  eine  kleine  Lampe  zum 
Anbrennen  des  ei*ster^i  und  endlich  ein  kleines  metallenes 
Gefäss  zur  Aufnahme  des  Opiums-Rückstandes  der  Pfeife. 
Beim  Bauchen  nimmt  man  die  entsprechende  Menge 
Tschandu  auf  die  Spitze  der  Nadel,  hält  es  in  der 
Flamme  des  Lämpchens,  bis  sich  die  Masse  aufbläht  und 
einen  dicken  Rauch  entwickelt,  worauf  man  es  in  die  OeflF- 
nung  des  Pfeifenkopfes  einführt  und  den  Rauch  langsam 
einzieht.  Der  Rauch  wird  einige  Zeit  zurückgehalten 
und  daön  durch  die  Nase  herausgelassen.  Um  die  Ver- 
breanung  des  Tschandu  zu  unterhalten,  ist  es  nothwendig, 
zeitwöse  die  Pfeife  der  Lampe  zu  nähern.  Dieses  setzt 
der  BetrefiEwde,  den  Rauch  fortwährend  langsam  ein- 
ziehend, 80  lange  fort,  bis  das  Mittel  seine  Wirkung 
äussert.  Was  halbverbrannt  vom  Tschandu  zurückbleibt, 
wird  als  Tye  an  unbemittelte  Raucher  verkauft  Leute  aus 
niederen  Volksclassen  überlassen  sich  dem  Opiumgenusse 
in  eigens  hiezu  eingerichteten  öffentlichen  Localen,  den 
Opium -Bauchstuben  oder  Opium  -  Schenken,  welche  nach 
Einrichtung  und  Comfort  ebensoviele  Abstufungen  zeigen, 
wie  bei  uns  die  verschiedenen  Kaffeehäuser,  Schenken, 
Kneipen,  Restaurationen  etc.  und  deren  schwet  besteuerte 
Besitzer  gewöhnlich  den  ihren  Gästen  vorgesetzten  Tschandu 
selbst  bereiten.  Bemittelte  lassen  sich  das  Mittel  im 
eigenen  Hause  zubereiten  und  Vornehme  besitzen  ein 
eigenes  Gemach,  in  welchem  sie  sich  ungestört  dem 
Opiumgenusse  hingeben  oder  wohl  auch  Freunde,  ge- 
wöhnlidi  nach  einem  Gastmahle,  wie  wir  es  bei  einem 
„Sdiwarzen^'  und  mit  Gigarren  thun,  mit  Tschandu  und 
Theo  bewirthen." 

„Das  Opium- Rauchen  versetzt  den  Genieseenden  in 
einen  angenehmen  Zustand,  in  einen  Zustand  der  Glücfk- 
seligkeit     Nadi  der  Sichilderung  ton  Augenzeugen  ist 


—    468    — 

der  Raucher  aBfangs  anfgewedct,  heiter,  gesprKii^g,  'eft 
lachhistig,  sein  Gesicht  geröthet,  die  Augen  siud  glänzend, 
Kreislauf  und  Athmung  beschleunigt  Ein  Gefühl  von 
Wärme  und  Wohlbehagen  verbreitet  sich  über  den  ganzen 
Körper,  alle  Empfindungen  sind  lebhafter,  die  EinbildofigS'- 
kraft  ist  thätiger;  alle  Sorgen  schwinden.  Oft  tauchen 
aus  dem  früheren  Leben  angenehme  Erinnerungen  auf, 
die  Zukunft;  stellt  sich  im  rosigsten  Lichte  dar,  alle 
Pläne  erscheinen  gelungen,  alle  Wünsche  leicht  erreich* 
bar  u.  8»  w.  Bei  weiter  fortgesetztem  Rauchen  ändert 
sich  das  Bild;  es  stdlt  sich  allmählich  ein  Zustand  der 
Abspannung  und  Betäubung  (Naroose)  ein.  Der  Raudier 
wird  einsilbig,  sein  Gesicht  blass,  die  Züge  schlaff,  die 
Haut  kühl,  nicht  selten  mit  Schweiss  bedeckt,  die  Augen«- 
lider  werden  schwer  und  es  stellt  sidi  unwiderstehlicher 
Drang  nach  Schlaf  ein.  Das  Bewusstsein  schwindet  und 
der  Betreffende  verfallt  schliesslich  in  einen  tkfen  Schlaf, 
welcher  je  nach  der  Menge  des  verbrauchten  Tschandu 
eine  halbe  Stunde  bis  mehrere  Stunden  dauert.  ^-^  Beim 
Erwachen  machen  sich  anfangs  keine  oder  nur  massige 
und  bald  vorübergehende  Nachwehen  bemerkbar,  haupi« 
sächlich  nur  in  einem  Gefühle  der  Mattigkeit  und  Ab- 
geschlagenheit bestehend.  Bei  längerem  Fortgebrauoh 
des  G^nussmittels  treten  sie  aber  stärker  und  andauern- 
der hervor,  bestehen  schliesslich  fast  oontinuklioh  und 
lassen  sich  nur  für  kurze  Zeit  durch  neueriiches  Rauchen 
und  durch  «steigende  Mengen  zurückdrängen/^  Der  fort' 
währende  Genuss  des  Opiums  untergräbt  die  Gesundheit 
und  Gewohnheitsraucher  bieten  ein  trauriges  Bild  geistig 
und  körperlich  herabgekommener  Individuen. 

Von  Indien  aus  verbreitete  sieh  die  Gewohnheit  des 
Opiumrauchens  auf  die  Inseln  des  indischen  Archipels 
und  auf  die  Philippinen,  wo  insbesondere  die  malayische 
Rasse  dem  Opiumgeniutse  ergeben  ist. 

„Das  Opiumessen,  wie  es  hauptsächlich  in  den 
mmhamedanischen  Ländern  geübt  wird,  bringt  ganz  ahn- 
Uohe  Wirkungen  hervor,  wie  das  Opiumrauichen,  nament- 
lich was  die  Aufheiterung  des  Geistes  und  die  übrigen 
ErsoheisuDgen  seitens  des  Nervensystems  betrifft*  Mehr 
aber  als  beim  Rauchen  soll  bei  mäsrngem  Opimnessen 
eine  Anregung  der  körperliche  Kraft,  eine  Erhöhung 


-    45»    — 

der  phjf^isehen  Leistungsfahiffkeit  sich  bemerkbar  machen; 
Hanger  und  Durst  werden  oesser  ertragen  und  körper* 
Hohe  Anstrengungen  leichter  Tollfiihrt« 

Gewöhnlich  geniesst  man  den  Hohnsaft  in  Pillenform, 
nicht  sdten  mit  süssschmeckenden  Substanzen  und  mit 
Gewürzen  versetzt  in  yerschiedenen  Zubereitungen.  Aehn« 
lieh  wie  beim  Rauchen  beginnt  auch  der  Opiophag  mit 
kleinen  Mengen,  V»  bis  2  Gran,  steigt  aber  bald  zu 
grösseren.^ 

„In  Persien  ist  nach  Dr.  Polak  das  Opiumessen  eine 
ganz  allgemeine  Sitte.  Es  giebt  fast  keinen  Perser  ron 
Stand,  der  nicht  mindestens  einmal  des  Tages  eine  Opium- 
piUe  geniesst  Diese  Sitte  sei  durchaus  nidit  entehrend 
oder  verboten  —  wie  etwa  Haschischgenuss  —  sondern 
öffentlich  anerkannt.  Man  geniesst  regelmässig  eine  kleine 
Opiumpille  Morgens  und  Nachmittags  und  trinkt  eine 
Tasse  Thee  oder  heisses  Zuckerwasser  darauf.  Man 
glaubt,  dass  es,  in  dieser  Weise  genossen,  der  Gesund^ 
faeit  zuträglich  sei.  Ueberhaupt  scheint  in  Persien 
Opium  wohl  allgemein,  doch  selten  im  Uebermass  ge- 
nossen zu  werden.^' 

„In  den  letzten  Decennien  hat  sich  der  Opiumgenuss 
auch  in  Europa  eingeschlichen.  In  Paris  bestand  nach 
Tiedemann  eine  Gesellschaft,  deren  Mitglieder  sich 
Opiopfailes  nannten  und  ein  eigenes  Protokoll  fährten ,  in 
welchem  die  von  den  Einzelnen  während  des  Opiumrauches 
gehabten  Gefühle  und  Phantasien  eingetragen  wurden. 

Besonders  in  Grossbritannien  und  auch  in  Nord- 
amerika macht  die  Opiophagie  bedeutende  Fortschritte.*^ . . 

„Die  Heilkräfte  des  Mohnsaftes  waren  schon  im 
frühesten  Alterthum  bekannt,  wenigstens  seine  sehlaf- 
bringende  Eigenschaft.  Bereits  Hippokrates  wendete 
ihn  arzneilich  an  und  in  dichterischen  Darstellungen  des 
Aterthums  erscheint  der  Mohn  als  Attribut  der  schlaf- 
bringenden Nacht,  als  Sjrmbol  des  Schlafes.  Das  Opium 
selbst  war  jedenfalls  schon  Theophrast  von  Eresos  im 
dritten  Jahrhunderte  vor  unserer  Zeitrechnung  unter  dem 
Namen  Mekonion  bekannt  und  bei  Scribonius  Largus 
und  Di  OS  kor  id  es  im  ersten  Jahrhundert  unserer  ^it- 
rechnung  finden  sich  Angaben  über  die  Gewinnungs weise 
des  Opiums Fraglich  ist  aber,  ob  im  Altorthum 


—    460    — 

das  Opium  bereits  ein  Genussmittel  war*  Zwar  be- 
ziehen einige  Forscher  das  Homerische  Nepenthes,  »ein 
Mittel  gegen  Kumtoer  und  Groll  und  aller  Leiden  Ge- 
dächtniss«,  welches  Helena  ihren  Gästen  mit  Wein  ge- 
gemischt, kredenzt,  auf  den  Mohnsaft,  alleiik  liiit  dem- 
selben Hechte  wird  es  von  anderen  für  eiiw  Zubereitung 
des  Hanfs  erklärt.  Helefta  erhielt  ihr  Mittel  von  Thons 
Gemahlin  Polydamna  in  Aegyptos,  »wo  die  fruchtbare 
Erde  mancherlei  Säfte  hervorbringt  zu  guter  und  sohäd- 
lieber  Mischung«,  indess  finden  sich  keinerlei  Anhalts- 
punkte, welche  für  den  Gebrauch  des  Mohnsaftes  als  Ge- 
mtssmittel  im  Lande  der  Pharaonen  im  Alterthum  sprechen 

würden Sehr  wahrsdieinlich  steht  wenigstens  der 

allgemeine  Gebrauch  des  Opiums  als  Genuasmittel  im 
Zusammenhang  mit  der  Entstehung  und  Ausbreitung  des 
Islams,  vielleicht  mit  dem  den  Bekennem  desselben  ver- 
botenen Weingenusse  und  riicht  unwahrscheinlich  ist  die 
Ansicht^  dass  Persien  nicht  blos  d^  ursprüngliche  Hei- 
math des  Mohns,  sondern  auch  des  Opiumgenusses  ist/^ 


12.    Haschisch. 

Roher  Haschisch  ist  eine  aus  den  harzigen  Sub- 
stanzen, die  besonders  an  den  Blüthen  der  weiblichen 
Pflanze  des  indischen  Hanfes  hervortreten,  bestehende 
mit  den  Blüthenspitzen  und  Hochblättern  des  Hanfes  vor- 
mengte Masse,  aus  welcher  man  die  verschiedenen  Ha- 
schischpräparate anfertigt» 

Das  indische  Hanf  kraut  stimmt  tnit  der  in  Europa 
als  Faser-  und  Oelpftanae  gebauten  H  a  n  f  p  f  1  a  n  ^  e ,  Gamabis 
satmfa  L,  (CaiUKtbum),  vollkommen  überein  und  die  bedeutend 
grössere  Harzentwicklung  de»  ersteren  ist  nur  durch  die 
klimatischen  Verhältnisse  bedingt.  Das  Hanfkraut  ist  ein 
diöcisehes  Gewächs,  die  Fruchtpflanze  besitzt  einen 
ästigen,  bis  2  m  hohen  Stengel,  zu  unterst  gestielte,  hand^ 
förmig*  fünf-  bis  neunschnittige,  zu  oberst  ungetheilte 
Blätter;  die  Blüthen  stehen  in  kurzen,  gedrungenen 
achselständigen  A ehren,  sind  je  von  einem  drüsigen 
Deckblatt  umschlossen  und  besitzen  einen  ein&ohrigen, 
einsamigen,  oberständigen  Fruchtknoten  mit  swm  faden* 


—    461    — 

förmigen  Narben  und  ein  abgestuzt-glockeBförmigeB,  häu- 
tiges Perigon.  Die  ganze  Pflanze  ist  behaart  und  mit 
Drüs^  v^:^hen;  letztere  bedecken  insbesondere  die  Deck* 
blätter  und  Blüthentbeile  sehr  reichlich  und  sind  entweder 
klein,  mit  einer  kurzen  Stielzelle  u.  mit  ein-  bis  zweizeiligen 
Köpfchen  versehen  oder  gross  und  von  einer  Zotte  getragen. 
Der  Inhalt  ist  eine  braungelbe  harzige  Masse  oder  ein 
flüssiges,  farbloses  Oel  und  Harz  und  Oel  sind  wohl 
als  die  Träger  der  narkotischen  Wirkungen  anzusehen, 
die  der  Haschischgenuss  hervorruft  DaJs  Harz  (C an- 
nabin oder  Hasohischin)  ist  in  der  Sorte  Qanjah  zu  6 
bis  7  %  enthalten.  Das  Haschischöl  soll  aus  einem 
flüssigen  Bestandtheile  Gannaben  und  einem  ki^stallisir- 
baren  Oannaben-Wasserstoff  zusammengesetzt  sein; 
auch  will  man  neuestens  ein  Alkaloid  im  indischen  Hanfe 
(Nicotin)  nachgewiesen  haben. 

In  Indien  wird  der  Hanf  in  den  meisten  Gegenden 
cultivirt,  zumal  in  Bengalen,  wo  man  auch  das  Harz  für 
sich  auf  eine  einfache  Weise  sammelt;  Die  Sammler 
laufen  in  Lederkleidern  durch  die  Hanffelder,  wobei  der 
klebrige  Stoff  an  diesen  hängen  bleibt.  Ausserdem  liefern 
noch  Afghanistan,  Kaschmir,  Syrien  (Damaskus),  Aegyp- 
ten  und  Algier  harzreiche  Hanfpflanzen.  Als  Sorten  des 
indischen  Handels  sind  Ganja  (Gunjah)  u.  Bang  (Guaza) 
bekannt.  Ganja  enthält  die  8 — 10  cm  langen  brüchigen 
Blüthen-  oder  Fruchtaste,  die  durch  das  braune  Harz 
vollständig  verklebt  sind,  und  stark  narkotisch  riedhen. 
Bang  erscheint  fast  nur  im  zerschnittenen  Zustande  und 
besteht  aus  Blüthenspitzen,  Fruchtästen,  Blatt-  und  Ast- 
fragmenten; sein  Geruch  ist  \veit.  schwächer. 

Das  indische  Haschischpräparat  ^)  stellt  „kleine 
süsse,  mit  Zucker,  Mehl  und  Milch  bereitete  Kuchen  von 
angenehmem  Geruch  vor,  während  die  geschätztesten  ägyp- 
tischen und  Herater  Präparate  schwarzgrün,  stark  be- 
täubend, von  erwärmendem,  bitterscharfem  Geschmack 
und  widerstehendem  Geruch  sind.  Das  durch  Absieden 
der  Blüthenspitzen  in  Butter  und  Wasser  gewonnene  fette 


»)  V.  Vincenti,  Der  Dämon  des  Hanfes,  Schriften  d.  Ver.  z. 
Verbr.  natar.  Kennt.  1880  p.  566.  Daselbst  eine  ansfuhrliohe  Be- 
schreibung der  Wirkung  des  fiaschischgennssea. 


—    4«3    — 

Extract  wird  zumeist  Confituren  beigemischt,  dnrch  einen 
Zusatz  von  Vanille^  Pistazien,  Moschus  u.  dgl.  mundgerecht 
gemacht,  oder  zu  parfumirten  Reizpillen  verknetet.^^  Ha- 
scfaiseh  wird  auch  geraucht  und  in  Aegyten  werden  nidtt 
selten  die  jungen  Hanfblätter  gekaut. 

Im  Allgemeinem  ist  der  öffentliche  Haschischgenuss 
nicht  gestattet  und  gilt  z.  B.  in  Persien  als  entehrend. 
Die  Wirkungen,  die  der  Genuss  hervonruft,  sind  nicht  un- 
ähnlich den  durch  Opiumgenuss  erzeugten  und  äussern 
sich  in  grosser  Heiterkeit,  Angst,  Zeit-Ausdehnungsgefiihl, 
sodann  Lebhaftigkeit  und  Ueberachwänglichkeit  der  Phan- 
tade  (Grössenwdhn),  Willensträgheit  und  schliesslich 
Schlaf.  Der  Haschasehir  kann  nach  grossem  Dosen  oft 
26  Stunden  schlafen.  Nach  dem  Erwachen  tritt  eine  tiefe 
Niedergeschlagenheit  und  Willensträgheit  auf,  die  durch 
mehrere  Tage  andauern.  Der  zur  Gewohnheit  gewordene 
Genuss  zerstört  zunächst  die  Yerstandeskräfte  und  zer- 
rüttet schliesslich  den  menschlichen  Körper  vollends. 

Die  erste  ausführliche  Nachricht  über  Haschisch 
bringt  eine  indische  Heilmittellehre  „Rajniguntu"  aus 
dem  13.  Jahrhunderte,  obwohl  das  Genussmittel  früher 
schon  längst  in  Gebrauch  gewesen;  am  Nil  war  es  schon 
im  Jahre  1000  unserer  Zeitrechnung  beliebt  und  mo&- 
lemitisohe  Mönche  mö^n  die  eifrigen  Verbreiter  dieses 
Dämons  gewesen  sein.  Die  viel  angestaunte  und  unglaub- 
lich erscheinende  Empfindungslosigkeit  der  indischen  As- 
ketiker  (Fakirs)  gegenüber  den  furchtbarsten  Martin 
findet  in  den  Wirkungen  des  Haschisch  ihre  Erklärung. 


Naehträge  and  Corrlgenday 

welche  man  beim  Gebrauch  des  Buches  zu  berücksichtigen  bittet. 


S.  14,  Eleberzellen  des  Weizens.  Nach  den  Unter- 
suchungen von  Johannsen  ist  der  Inhalt  der  Kleberzellen 
vornehmlich  Fett,  das  in  ein  deutliches  plasmatisches  Netz- 
werk eingebettet  ist.  -- 

S*  22.  Eleberzellen  des  Roggens.  Im  Zellinhalte  der 
Kleberzellen  hat  Egg  er  blaue  Farbmassen  aufjgefunden. 


—  46a  — 

8*  58  (Buchweizen),  8.  74  (Buchweissenmehl  n.  8.  297 
(Pfefferverfälschung):  Arthur  Mayer*) hat  Pfefferpulver 
mit  Buohweizenmehl  verfälscht  gefunden;  zur  Erkennung  dieser 
Vermischung  dienen  nebst  den  Stärkekomem  auch  die  Frucht-  und 
Samenhüllen.  „Die  Fruchtschale  wird  aus  drei  weeentlioh  ver^ 
schiedenen  Schichten  gebildet.  Die  äuaserste  Schicht  unter  der 
Cuticula  besteht  aus  plattenförmigen,  ohne  Unterbrechung  an  ein- 
ander gereihten,  unregelmässige,  längliche  Vierecke  bildenden  Zellen. 
Dieselben  sind  zum  Theil  farblos,  ohne  kömigen  Inhalt  mit 
Streifung  der  Oberfläche,  zum  Theil  sind  sie  tief  braun  gefärbt, 
derbwandiger  mit  kömigem  Inhalte.  ....  Auf  diese  äuaswste. 
erste  Schicht  folgt  eine  zweite,  aus  fünf  und  mehr  Lagen  sehr 
stark  verdickter,  parallelgelagerter ^  sklerenchymatischer  Faser- 
zellen bestehend.   Diese  Zellen  bilden  die  Hauptmasse  der  Frucht- 

schale Die    innerste    dritte  'Schichte    besteht    aus   zwei 

Häutchen  sehr  zarter  Zellen.  Das  dem  Sklerenchym  sich  an- 
schliessende Häutchen  wird  aus  rundlichen,  durchsichtigen,  inhalts- 
losen,  geknitterten  Zellen  ohne  Wandverdickung  gebildet 

Das  darauf  folgende,  die  Fmchtschale  abschliessende  Häutchen 
wird  aus  einer  Lage  ländlich  viereckiger,  durchsichtiger  inhalts- 
loser Zellen  gebildet,  welche  dicht  aneinander  schliesen.  In  der 
innersten,  dritten  Schicht  der  Fruchtschale  liegen  Gefassbündel 
eingelagert."  — 

„Nach Entfernung  der  Fruchtschalen  stösst  man  auf  eine  zarte 
Samenhaut;  dieselbe  erscheint  grün,  gelb  oder  rothbraun.^  Ihr& 
änsaerste  Zellage  ist  aus  sehr  charakteristisch  geformten,  wellig 
gerandeten,  grossen  plattenförmigen  Zellen  zusammengesetzt.  Unter 
denselben  und  quer  zu  ihnen  gelagert,  befindet  sich  eine  Schicht 
ebenfalls  charakteristischer  Elemente.  Je  nach  der  Stelle  des  Sa- 
men, welche  sie  liefert,  erscheinen  ihre  Ränder  in  der  Aussicht 
sehr  unregelmässig  gewunden  und  in  einander  greifend,  oder  sie 
sind  regelmässig  in  Läugsstreifen  geordnet,  deren  Intercellular- 
räume  in  Form  aneinander  gereihter  Kreise  auftreten.  An  dem 
Grunde  des  Kornes  fand  ich  an  Stelle  der  Querschicht  eine  sehr 
zarte,  aus  inhaltslosen,  ohne  Unterbrechung  an  einander  gereihien^ 
-  Zellen  bestehende  Schicht. . .  .  Unter  dieser  Querschicht  folgt  eine 
Lage  sehr  dünner,  unregelmässig  viereckiger  Zellen,  welche  inhalts- 
los sind."  

8.  65,  zum  ersten  Absatz:  Die  Verfälschung  des  Weizen- 
mehles mit  Maismehl,  wie  sie  Cugini  in  Italien  beobachtete, 
lässt  sich  nicht  nur  mikroskopisch^  sondern  aucs  chemisch 
nachweisen:  Die  vom  Mehle  getrennte  Kleie  wird  mit  dest.  Wasser 
gewaschen,  getrocknet  und  mit  einem  Tropfen  Queeksilbernitrat 
betupft;  die  dem  Mais  angehörigen  Kleientheile  werden  schön 
violett  gefärbt,  die  Kleien  der  übrigen  Cerealien  erleiden  keine 
Farbenveränderung. 

S.  65,  zum  zweiten  Absatz:  Zur  Bestimmung  des  Nahrungs« 
werthes  des  Weizenmehles  (4»  h,  zur  Bestimmung  des  Gehaltes  an 


1)  Arcli.  d.  Pharm.  1883.  12.  H. 


—    464    — 

Kleber,  Zaoker,  Stftrke  and  phosphorsaurem  Kalk)  dienen  folgende 
Vorschriften  ^): 

a.  „Man  mache  aus  100  g  Mehl  durch  Zugabe  von  Wasser  einen 
Teig,  lasse  diesen  eine  Stunde  liegen  und  Knete  ihn  dann  leicht 
bei  fortwährender  Erneuerung  des  Wassei  8  so  lange,  bis  die  Stärke 
ausgewaschen  ist.  Der  zurückgebliebene  Theil,  der  Kleber,  wird 
getrocknet  und  auf  einer  dicken  Lage  liöschpapier  bei  Seite  gelegrt. 

b.  Das  hierbei  zum  Auswaschen  der  Stärke  gebrauchte  und 
jedesmal  erneuerte  Wasser  wird  zusammengemischt  und  bei  Seite 
gestellt,  damit  sich  die  Stärke  niederschlägt.  Ist  dies  geschehen, 
so  wird  das  Wasser  abgegossen  und  der  Niederschlag  auf  ein  ge- 
wogenes Filter  gebracht. 

c.  Man  erhitze  das  von  der  Stärke  abgegossene  Wasser  zum 
Sieden  und  Fiitriren  auf  einem  gewogenen  Filter,  der  feste  Theil 
ist  das  Eiweiss  des  Mehles.  Das  durchfiltrirte  Wasser  wird  bis  zur 
Syrupdicke  verdampft  und  mit  dem  zehnfachen  Gewichte  Alkohol 
versetzt  und  filtrirt,  wobei  das  Filter  mit  etwas  Alkohol  ausge- 
waschen werden  muss,  nachdem  die  Lösung  durchpassirt  ist.  Die 
auf  dem  Füter  zurückgebliebene  Substanz  ist  phosphorsaurer 
Kalk  und  Gummi.  Durch  Auflösung ^in  Wasser,  Filtration  und 
Verdampfung  können  beide  von  einander  getrennt  werden,  da 
ersterer  unlöslich,  letzterer  in  Wasser  löslich  ist. 

d.  Man  verdampfe  oder  destillire  den  Alkohol  von  der  Lösung 
ab;  der  Rückstand  ist  Zucker.  Der  Vorgang  ist  genau  so,  wie 
oben  angegeben  wurde. 

e.  Die  oben  erhaltenen*Substanzen  werden  in  massiger  Wärme 
getrocknet  und  gewogen*  Das  Gewicht  des  Eiweiss  kann  mit  dem- 
jenigen des  Klebers  zusammengefasst  werden,  da  beide  nahezu  den 
gleichen  Nährwerth  besitzen,  und  das  Eiweiss  eine  Art  Kleber  ist. 
Da  man  100  Gew.  Mehl  genommen  hat,  sind  die  erhaltenen  Ge- 
wichte der  einzelnen  Bestandtheile  zugleich  die  Procentisätze  des 
Gehaltes.  —  Die  Kleberbestimmun^en  fallen  verschieden  aus,  je 
nachdem  das  Mehl  frisch  oder  alt  ist,  denn  die  vom  Kleber  zurück- 
gehaltene Wassermenge  ist  bei  altem  Mehle  geringer;  sie  ist  ferner 
geringer  bei  Mehl  aus  hartem  Korne,  bei  frisch  geknetetem  Teige 
geringer,  als  bei  einige  Stunden  gestandenem  und  geringer  nach  langem 
Waschen  mit  grossen  Wassermengen,  welche  einen  Kleber  überhaupt 
um  10 — 20  7o  leichter  machen.  Um  gröbere  Irrthümer  bei  der  Kleber- 
bestimmung zu  vermeiden,  bereitet  man  einen  Teig  aus  50  g  Mehl 
mit  20— 25  g  Wasser  und  theilt  denselben  nach  25  Minuten  in  zwei 
Hälften,  um  ans  der  einen  sofort,  aus  der  andern  nach  einer  Stunde 
den  Kleber  auszuscheiden.  Derselbe  wird  einmal  stark  mit  der 
Hand  ausgepresst,  gewogen,  sobald  das  Waschwasser  klar  abläuft, 
dann  nochmals  5  Minuten  mit  Wasser  gewaschen  und  wieder  ge- 
wogen. Man  hat  so  von  ein  und  demselben  Mehl  vier  verschiedene 
Bestimmungen  zu  machen,  von  denen  man  das  Mittel  als  richtig 
annimmt."  — 

B»  65,  zum  letzten  Absatz:  Das  nahrhafte  Lieblingsgericht  der 


1)  Oett.  MtiU.-Ztg.  1883  Kr.  37. 


—    465    — 

Kurden  und  Nestorianer  —  Burghul  genannt  —  besteht  ans  grob 
gemahlenem  Weizen,  der  mit  Fett  gekocht  wird. 

8.  75,  zu  dem  Absätze  „Maccaroni**:  Cugini  fand  als  Färbe- 
mittel in  den  Nudeln  nebst  den  angeführten  noch  Cnrcuma,  Rocoa 
(Bixa  Orellana),  Anilinfarben  und  ein  neues,  wahrscheinlich  aus 
Th'eer  hergestelltes,  mit  viel  Chlorcalcium  gemischtes  Präparat  vor, 
welches  (in  Folge  des  grossen  Chlorcalciumgehaltes)  die  Waare 
stark  wasseranziehend  macht  und  daher  das  verschimmeln  beför- 
dert. Behufs  Nachweises  dieses  Färbemittels  wendet  man  concentrirte 
Schwefelsäure  oder  Eisenchlorur  an,  welche  Reagentien  eine  blut- 
rothe  Färbung  hervorrufen. 

S.  131:9  Z.  3  von  oben  lies  Castanospermum  statt  Casto- 
nospermum. 

S.  163,  Z.  13  von  unten  lies  Carya  statt  Carga. 

S.  165,  Z.  7  von  unten  lins  Oliv  es  statt  Oliven. 

S.  187,  Z.  17  von  unten  lies  Aurantium  statt  Arantium. 

S.  201,  Z.  6  von  unten  lies  Lam.  (Willd.)  sUtt  Sam. 

S*  253»  zum  zweiten  Absatz:  Der  im  österreichischen  Handel 
vorkommende  Holzzimmt  stammt  grösstentheils  vom  mala- 
barischen  Zimmtbaume  (Cinnamomum  2ieylanicnm  17  Cassia 
Nees)ab;  er  unterscheidet  sich  vom  chinesischen  Zimmt  durch 
den  vollkommenen  ununterbrochenen  Steinzellenring 
und  hat  diese  Eigenschaft  auch  mit  dem  echten  Ceylon-Zimmt 
geraein, 

S.  271,  Z.  14  von  unten  lies  Petrak  sta.tt  Patrik. 

S.  289,  Z.  16  von  oben  lies  Elettaria  statt  Ellettaria. 

S.  317,  Z.  19  von  unten  lies  Gulyashus  statt  Galyashns. 

8.  398,  Z.  8  von  unten  lies  Auf  «Java  statt  In  Java. 

S.  429,  Z.  6  von  oben  lies  Tracheiden  statt  Tracheipen. 


^anausek,  Nabrangs-  n.  Gennssmittel  a.  d.  PflanzemeiOb.     30 


Namen-  und  Sachregister. 


Aared-Dattel  172. 

Abelans  217. 

Acadieres  161. 

Acarua  domesticua  208. 

Acker bohne  93. 

Ackererbse  77. 

Ackersenf  334. 

Acullico  389. 

Adamsapfel  186. 

Adscheh-Dattel  172. 

Aesculus  Hippocastanum  L.  142. 

Agaricus  campestris  L.  227. 

—  arvensis  Schaff,  227. 
Agrostemma  Qithago  24. 
Agrumen  184. 
Albumen  6. 
Alectorolophus  24. 
Aljo-far  377. 

Aliasch  322. 

AlHum  ascalonicum  L,  130. 

—  cepa  130. 

—  controversum  Schrad.  130. 

—  ophioscorodon  Don.  130. 

—  porrum  L.  130. 

—  sativum  L.  130. 

—  schoenoprasum  L.  129. 
AUspice  304. 

Alpinia  Cardamomum  Roxh,  289. 

—  Qalanga   Willd.  242. 

—  officinarum  Hance  241. 
Aka  miszo  100. 

Amandes  ä  la  Princesse  217. 
Amanita  caesareus  L,  227. 


Ambrevade  97. 

Amelans,  Amellemon,  Amellons 

165. 
Amelkom  11. 

Amomum  Cardamomum  L,  291. 
Amygdalin  216. 
Amygdalus  amara   Toitm,  214. 

—  communis  L,  214. 

—  dulcis  214. 
Amylum  dauci  71. 
Ananasa  sativa  L,  212. 
Ananas  212. 
Ananasbananen  169. 
Anduften  (Tbee)  373. 
Anethol  326. 

Anethum  graveolens  L.   260,  329. 
Angfouti  97. 

Angola-Erbsen,  afrik.  97, 
Angola-Erbsen,  brasil.  97. 
Anguria  198. 
Anis  325. 
Anis  (Sorten;  327. 
Aniscampher  326. 
Aniserde  326. 
Annam-Reis  45. 
Anthophylli  318. 
Apfel  202,  203. 
Apfelbaum  202. 
Apfelquitte  205. 
Apfelsinenbaum  187. 
Apfelsinen ,    Zusammensetzung 

194. 
Aprikose  166. 
Arachis  hypogaea  L.  103. 
Arak  48. 


—    467    — 


Ararutamehl  115. 

Arbuse  198. 

Ardappel  110. 

Areca  Catechu  L.  452. 

Areca-Palme  452. 

Arecasamen  452. 

Arenga  saccharifera  Lab.  118. 

Ar^pa  43. 

Armillaria  melieus  L.  227. 

Arracan-Reis  45. 

Arrow-root,  brasilian.  112, 113. 

—  ostindisches  115. 

—  von  Queensland  116. 

—  von  Tahiti  117. 

—  westindisches  115.  ' 
Artemisia  draeunculus  260. 
Artocarpus  incisa  L.  170. 
Arum  escutentum  L.  117. 
Arvennüsse  222. 

Asia  20. 

Aspeln  205. 

Aspidium  filix  mos  Schw.  333. 

Astragalkaffee  431. 

Astrag alus  baeticus  L   431. 

Augusthafer  36. 

Aurantiaceen  184. 

Aurantiin  193. 

Aussatz,  lombardischer  72. 

Avena  chinenais  Fisch.  37. 

—  nuda  L.  37. 

—  Orientalis  L.  36. 

—  sativa  L.  36. 

—  sativa  alba  prcecox  36^ 

—  8.  alba  vulgaris  36. 

—  sativa  aurea  37. 

—  sativa  fusca  37. 

—  sativa  hiberna  36. 

—  strigosa  36. 


ßackmehl,  Liebigsches  75. 
Backsteinthee  379. 
Badian  280. 
Bärengerste  29. 
Bärentatze  227. 
Bärme  231. 
Baiblätter  434. 
Balgklappen  5. 
Banane  168. 


Bananenmehl  169. 
Bandnuss  146. 
Bang  461. 
Barbracuas  391. 
Barcellonemuss,  Gubener  145. 
Bartgerste  29. 
Bartweizen  10. 
Basil^en  259. 
Basilienkraut  259. 
Basra-Dattel  172. 
Batatas  edulis  Chois.  111. 
Bataten  111. 
Batatenstärke  112. 
Baumhasel  143. 
Baumöl  164. 
Beeren  168. 
BeerenpfefFer  310. 
Beissbeere  308. 

—  einjährige  310. 

—  türkische  317. 
Bengal-Reis  45. 
Benta  mar^  42.5. 
Bergamotten  186. 
Berghafer  37. 
Bergreis  45. 

Bertholletia  excelsa  H.  et  B.  223. 
Berufskraut  396. 
Besenpfrieme  263. 
Beta  alba  125. 

—  altissima  125. 

—  rubra  125. 

—  vulgaris  Koch  124. 

—  vulgaris  cicla  125. 
Betelnässe  452. 
Betelpfeffer  452. 
Betelpfefferblätter  452. 
Beutelmelonen  197. 
Bickelweizen  11. 

Bier  35. 
Bigarade  186. 
Bignetten  185. 
Bingelweizen  11. 
Birnbaum  202. 
Birnen  204. 
Bimquitte  205. 
Bitterholz  383. 
Bitterklee  333. 
Bittermandelbaum  214. 
Bittermandelöl  217. 
Blastophag a  grossorum  Grav.  207. 
Blätter  (Gewürze)  256. 

30* 


-    468    — 


Blausäure  217. 

Blockcitt^er  237. 

Blumenfeigen  206. 

Blumentranben  181. 

Blutfench  61. 

Blnthasel  143. 

Blothirse  61. 

Blainoss  143. 

Blfithen  (Gewürze)  260. 

Bockshorn  161. 

Bockskraut  36. 

Boheasftare  372. 

Bohnen  88. 

~    türkische  89, 

Bohnenkraut  269. 

Bohnenmehl  (Bestandtheile)  91. 

Bohnenstärke  91. 

Boletus  edulis  227. 

Borassua  flabeUi/ormis  L.  118. 

Bomeol  328. 

Borsdorfer  Apfel  204. 

Borstenhirse,  deutsche  62. 

Bo8eia  sen^cUenns  Lmk,  426. 

Bourbonvanille  288. 

Braha  61. 

Brandpilze  26. 

Brassica  nigra  KocK  834. 

Brassica  ^/apvs  L.  343. 

—  Rapa  DC.  343. 
Braunhafer  37. 
Brodfrüchte  6. 
Brodfruchtstarke  170. 
Brod  der  Wüste  172. 
Bromus  secalinus  24. 
Brotfruchtbaum  170. 
Brustbeeren  201. 
Bsica  172. 
Buchweizen  66.  463. 

—  chinesischer  68. 

—  japanischer  68. 

—  sibirischer  67. 

—  tartarischer  67. 
Buchweizenmehl  74. 
Buffbohnen  93. 
Buffbohnenstärke  94. 
Burghul  s.  Nachträge  466. 
Burropfeffer  801. 
Buschbohne  89. 
Büschelgerte  29. 
Butterbirne  204. 
Buttemüsse  169. 


C. 

Caä  390. 
Caä-cuy  391. 
Oaa-grttacu  391. 
Oaä-mirim  391. 
Cacao  436. 

—  (Geschichte)  448. 

—  (mikroskop.  Bau)  438. 

—  (Sorten)  441. 

—  (Zusammensetzung)  440. 

—  gerotteter  436. 

—  holländischer  446. 

—  leicht  löslicher  446. 

—  ungerotteter  436. 
Gacaobaura,    echter,    mexikan. 

436. 
Cacaobutter  441. 
Gacaofett  441. 
Cacaomasse,  reine  446. 
Caoaopräparate  446. 
Cacaoroth  489. 
Gacaothee  446. 
Cactus  Opmtia  L,  212. 
Cactusfeigen  212. 
Cafe  chileu  chile  ^26. 

—  negre  426,  426. 
Cajanvs  indicus  Sprenget  97. 
Calendula  officinalis  276. 
Caltha  palustris  L.  263. 
Calvillen  203. 
Calypthrantus  aromatica   Sf.  Hil. 

307. 
Gameten  111. 
Canarienfrucht  66. 
Ganariensame  66. 
Ganeel,  weisser  266. 
Ganehl  243. 
Ganella  alba  Murr.  266. 
--    Vera  248. 
Gange  4a 
Canivalia  ensifm^mis  DC,  426. 

—  sp.  426. 

Canna  edulis  Bot,  reg.  116. 

—  indica  116. 
Gannastärke  116. 
Gannaben  461. 
Gannaben- Wasserstoff  461. 
Gannabin  461. 

Cannabis  sativa  L.  460. 
Gantalupen  197. 


469    — 


Gantharellu»  cibari^s  227. 
Caper  376. 

Gapparis  spinosa  L,  260. 
Caprification  207. 
Gapriücus  206. 
Cap-Safran  280. 
Gapsicum-kvien  309—310. 

—  annuwm  308. 

—  brasilianum  Clus,  309. 

—  chinense  309. 

—  longum  Fingerh,  309. 
Gapucines  262. 
Oapnzmerkresse  263. 
Garaotas  blancas  89. 
CaraTanenthee  377. 
Gardamomen  289. 

—  grosse  291. 

—  kleine  289. 

—  lanffe  291. 

—  runde  291. 
Garaway  321. 
Garoben  151. 
Garobenbaum  151,  152. 
Garobenfrucht  152. 
Garolina-Reis  46. 
Garotin  128. 
Garthamin  277. 
Carthamus  tinctoriui  277. 
Gamben  152. 

Carum  carvi  L,  321. 

Garven  322. 

Garvol  322. 

Garwi  321. 

Garya  alba  Michx,  163. 

—  olwae/ormis  Nutt.  163. 

—  sulcata  Nutt,  163. 
Caryophylli  264. 
Garyopbyllin  266. 
Garyophyllus  aromaticus  L,  264. 
Caryopse  6,  135. 

Caryoten  172. 
Gasein,  Pflanzen-  6. 
Gassabimebl  112. 
Gassavamehl  112. 
Gassavestärke  114. 
Cassave- Wurzel  112. 
Gassia  lignea  243. 
Cassia  occidentalis  L,  425. 

—  Sophera  L.  426. 

—  Vera  243. 

Castagua  di  cento  cavaili  137. 


Gastagua  di  ssnota  Agata  187. 
Gastanea  sativa  MiU.  186. 

—  vesca  Oärtn.  186. 

—  vulgaris  Lam,  186. 
Gastanospermum    austräte    Gunn, 

103. 
Gatha  edulis  Forsk.  896. 
Gayennepfeffer  808. 
Geanothus  reclinatus  rHer*  858. 
Gedemo  185. 

Gedraio,  cedrangolo  oedro  185. 
Gedrate  185. 
Gedrato  di  Genoya,  mostruoso 

185. 
Gedro  a  grosso  frutto  185. 
Gelastrus  edulis   Vahl  896. 
Gentnermelonkürbis  199. 
Geratonia  Siliqua  151. 
Gerealien  5. 

Geylon-Gardamomen  291* 
Geylon-Zimmt  248. 
Gh,aeromyces  maeandri/ormis  Vitt. 

228. 
Ghampignon  227« 
Ghan  4M). 
Ghavica  officinarum  Mio,  300« 

—  Roxbwrghii  Miq»  800. 
Chenopodium  Quinoa  889. 
Ghevaliergerste  29. 
Gbica  43. 

Ghim6  867. 
Ghina  Ginnamon  254. 
Ghinesen-Mehl  58. 
Ghips  244. 
Ghokolade  446. 

Gbokoladen,   aussereuropäische 
448. 

—  brasilianisobe  450. 
Ghokoladenpulver  448. 
Ghristusthräne  50. 
Ghrysomelie  186. 
Gialdi  151. 

Gicer  arietinum  L,  84. 
Giceri  84. 

Gicborienkafifee  420. 
Gigarre  363. 
Cimarrona- Vanille  287. 
Ginnamodendron  corticosum  Miers 

256. 
Ginnamomum  acutum  243. 

—  aromcUicum  Ghr,  Neea  248. 


—    470    — 


Cinnamomum  Burmani  Blame  248. 

—  Ca89ia  Blume  248. 

—  CulUawan  ß.  rubrum  256. 

—  obtusi/oäum  Nees,  253. 

—  pauc^orum  Neet.  2ö3. 

—  Tamala  F.  N.  et  Eb.  253. 

—  verum  243. 

—  Zeylanicum  Breyne  243. 

—  ZeyUmicum  rj  Cassia  Nees  465. 
Cinquantino-Mais  40. 
Citronat  191. 

Citrone  184,  185. 

—  groesfrächtige  185. 

—  saure  185. 
Citronensaare  190. 
Citronensaft,  Aasfuhr  191. 

—  ZusammeDsetzung  190. 
Gitrullengurke  196. 
CitruUus  vulgaris  Schrad.  195. 
(Htrus  AurarUium  Risso  187. 

—  —     balearicum  Risso  187. 

—  —     deliciosa  Risso  187. 

—  —     Hierochuntica  Risso  187. 

—  —     sinense  187. 

—  Bergamia  Risso  186 

—  —     Melarosa  186. 

—  Bigaradia  Duhamel  186. 

—  decumana  L.  187. 

—  —    Sieber  187. 

—  Limetta  Risso  186. 

—  —     aurata  Risso  186. 

—  —     Peretta  Risso  186. 

—  —     Fomum  Adami  Risso  186. 

—  Limonium  Risso  185. 

—  —     Bignett a  Risso  185. 

—  —     Lumia  185. 

—  —     Ponzinum  Risso  186. 

—  —     Bosolinum  Risso  185. 

—  medica  Risso  185. 

—  —    coni/era  186. 

—  —    makrokarpa  Risso  185. 

—  —     spinosissima  Mey.  185. 

—  nobilis  Lour  187. 

—  vulgaris  Risso  186. 

—  —     Curassaviensis  187. 

—  —     spatafora  187. 
CtYrttÄ-Früchte  184. 
Ciavaria  227. 
Claviceps  purpurea  26. 
Cooa  386. 
Cocablatt  387. 


Cocadas  389., 

Cocagerbsäure  389. 

CocaiQ  388. 

Cocos  nucifera  155. 

Cocosnuss  155. 

Cocospalme  155. 

Coffea  arabica  396. 

Co/ea-Arten  396. 

Coffein  371. 

Coir  155. 

Coix  lacryma  L.  50. 

Cola    acuminata    Schott   et    Endl. 

432. 
Colabaum  432. 
Colanuss  432. 

—  (Anwendung)  434. 

—  (Zusammensetzung)  433. 

—  falsche  432,  434. 

—  männliche  432. 

—  weibliche  432. 
Cola-Samen  432. 
Colocasia  esculenta    Vent.  117. 
Colubrina  reclinata  Brong,  333. 
Conaquebrod  113. 
Conglutin  6. 

Congo  375. 
Congonha  brava  390. 

—  mansa  390. 
Coniin  326. 

Gmium  maculatum  L.  326. 
Continentalkaffee,  schwedischer 

431. 
Convicin  96. 
Convolvulaceen  111. 
Convolvulus  bataias  L,  111. 
Copperale  156. 
Coriander  327. 
Coriandrum  sativum  L.  327. 
Com  flour  67. 
Cornichons  de  caprier  262. 
Cortex  Canellae  albae  256. 

—  Cassiae  oaryophyllatae  255.         ^ 

—  —    cinnamomeae  243. 

—  Cinnamomi  Chinensis  243. 

—  —    Malabarici  243. 

—  —    Zeylanici  243. 
Corylus  Avellana  L^  143. 

—  atropurpurea  143. 

—  colurna  L,  143. 

—  crispa  143. 

—  maxima  MiU»  143. 


—    471     — 


Gorylus  pontica  Koch  144. 
~    tubulosa  L.  143. 

—  urticaefoUa  143. 
Cos-Rosinen  180. 
Cratiri  206. 
Craveiro-Piment  307. 
Crocetin  274. 
Crocin  274. 

Crocus  auBtriacus  276. 

—  gaüicus  276. 

—  graecus  270. 

—  hispanicus  276. 

—  Orientalis  275. 

—  aativus  L,  270. 

—  vemus  275. 
Croisette  190. 
Cucumis  citruUus  196. 

—  Meh  L.  196. 

—  sativus  L.  196. 
Cucarbitaceen&ächte  196. 
Cucurbitas  maxima  Duck.  196. 

—  —    brasiliensis  199. 

—  —    elliptica  199. 

—  Pepo  U  196. 
Culilawanrinde  256. 
Cuminol  823. 

Cuminum  Cyminum  L,  323. 
Cura^ao-Pomeranzen  187. 
Cora^aoschalen  187. 
Curcuma,  Sorten  239. 
Curcuma  angustifolia  Roxb,    115. 

—  leukorrhiza  Roxb.  115. 

—  longa  L.  239. 

—  rotunda  239. 

—  Zedoaria  Rose.  238. 
Carcuniin  240. 
Curripowder  240,  317. 
Cycas  circinalis  119. 
Cyder  204. 

Cydonia  vulgaris  Pers.  205. 

Cymol  323. 

Cunips  psenes  L.  207. 

dyperus  esculentus  L.    103,    120, 

423. 
Cyperus  longus  292. 

D. 

Dactyli  170. 

Dadapbaum,  westindischer  435. 

Dalo  117. 

Dattel  170. 


Datteln,  Handelssorten  171, 172. 
Dattelhonig  172. 
Dattelkaffee  419. 
Dattelpalme  170. 
Dattelsame  174. 
Daucus  Carota  L.  127. 
Davidskom  29. 
Decoctionsmethode  35. 
Deglet  bu  Sekhnga  171. 
Deglet  Nur  171. 
Dextrin  60. 
Diastase  36,  61. 
Dictamia  448: 
Dicypellium  caryophyUatum  Nees. 

Dül  260. 
Dillfrüchte  329. 
Dinkel- Arten  9,  11. 
Dinkelgerste  29. 
Dioscorea  cäata  L,  117. 

—  batatas  111. 

—  sativa  L,  116. 
Dodoa  426. 

Dolichos  Jacquini  DC.  98. 

—  melanophthalmos  92. . 

—  Sova  L  99. 
Doppelhafer  36. 
Doppelroggen  21. 
Doppelweizen  11. 
Drimys   Winteri  Forst.  256. 
Dschu  48. 

Duboisia  Hopwodii  F.  v.  A/.  389. 
Duboisin  389. 
Dunst  (Weizen)  65. 
Durrahkom  50,  52. 
Durrahstärke  73. 


Eckbohne  89. 
Eckererbse  78. 
Ehmer  11. 
Eichelhafer  37. 
Eichelkaffee  423. 
Eichelstärkekörner  423. 
Eichelzuoker  424. 
Eierbohne  89. 
Eierling  227. 

Einfettung  (des  Weizens)  17. 
Einkommehl  61. 
Eiweissgewebe  6. 


—     472    — 


Eiweissstoffe  6. 

Ekmis  206. 

Elaeis  ffuineensU  L.  157. 

£lemä  179,  20a 

Eiettaria  Cardamomum  White  2Q&. 

—  —     major  291, 
ElfeDbeinnuss  417. 
Elfenbein,  ve^etabilisohes  175. 
El  Schelebi  172. 
Embrevade  97. 

Emmer  11. 
Endosperm  6. 
Englifloh  Gewürz  804. 

—  —    grosses  307. 
Epiiobium  angustifolium   L,  381. 
Erbeyli  208. 

Erbsen  77. 

—  römische  84. 

—  weisse  77. 
Erbsenfleischtafeln  83. 
Erbsenmehl  83. 
Erbsenstärke  81. 
Erbsensappe,  condensirte  83. 
Erbswurst  88. 

Erdäpfel  110. 
Erdi^ischoke  111. 
Erdbeerblätter  382. 
Erdbime  110. 
Erdeichel  103,  120. 
Erdmandeln  103,  120. 
Erdnuss  103,  120. 
ErdnuBS-Samen  103. 
Ervum  hirsutum  24. 

—  lens  L,  86. 

Erythrina  CoraUodendron  L.  435. 

Erythroxylon  Coca  Ijam  386. 

Esdragonbeifuss  260. 

Espeln  205. 

Esrig,  Esrog  186. 

Eugenia  Pimenta  DG.  304. 

Eugenin  266. 

Eugenol  266. 

Euphorbia  lathyris  L.  263. 

F. 

Fächergerste  29. 
Färbereiche  262. 
Fagopyrum  esculentttm  Mnch.  56. 
Fahnenhafer  36. 
Faltenmorchel  226. 


Fasel  89. 

Fäcule  de  Toloman  116. 

—  du  fruit  de  Farbre  ä  pain 
170. 

Fed^ozo-Samen  425. 

Feige  205. 

Feigen,  Sorten  206,  209. 

—  egyptische  212. 

—  indische  212. 
Feigenbaum  205. 
Feigenbohnen  1(Ä. 
Feigenkaffee  210,  419. 
Feigenwespe  207. 
Feiovada  113. 
Feldkürbis  199. 
Feldmöhre  128. 
Feldreis  45. 
Feldwicke  93. 
Feneh  51.  . 

Fenchel,  deutscher,  gemeiner, 

323. 
Fenchel,  kretischer  324. 

„  römischer  324. 

„  süsser  324. 
Fenchelkraut  323. 
Fennich  51. 
Fermente  35. 
Fesen  11. 

Festucae  Caryoph.  267. 
Fett  6. 

Feuerbohne  89. 
Fichi  grossi  206. 
Fictis  Uarica  L.  205. 

—  Sycomorus  L.  212. 
Fiori  206. 

Fisolen  88. 

Flores  oassiae  deflorati  268. 

Foeniculum  dtUce  DC,  324. 

—  officinale  AU,  323. 

—  —    Mer,  et  Lent  324. 

—  vulgare  Gerarde  323. 
Foo-Foo  169. 

Forniti  206. 
Frijoles  de  Sopa  98. 
Fritelli  151. 
Fritsche'scher  Kern  60. 
Fructus  Anisi  stellati  280. 

—  Aurantii  immaturi  187. 

—  Cumini  323. 

Früchte,  Eintheilung  derselben 
135. 


473     — 


Früchte  (Gewürze)  280. 
—    des  Weinstockes  177. 
Frühhafer  36. 
Frühkartoffel  105. 
Frumentum  turcicum  56. 
Frutta  de  Burro  301. 
Fusti  Caryophyllorum  267. 
Futterwicke  93. 


Gabelgerste  29. 
Galgant  241. 

—  grosser  242. 
Ganja  461. 
Garbanzos  84. 

Garcinia  Kola  Heck,  432,  434. 
Gardenia  ftorida  L.  373. 
Garteubonne  98. 
Gartenerbse  77. 
Gartenlinse  86. 
Gartenraute  262. 
Gartenreis  45. 
Garten-Sauerampfer  260. 
Gaudes  43. 

Gelbbeeren,  Chinesische  262. 
Gelbwurzel  239. 
Gemüse  124. 
Genussmittel  355. 
Germ  231. 
Gerste  28. 
Gerstel  68. 

Gerstenfuttergries  69. 
Gerstenfuttermehl  69. 
Gerstenkaffee  68,  424. 
Gerstenkleie  69. 
Gerstenmehl  68. 
Gerstenstärke  68. 
Gersten  Weizen  11. 
Gest  231. 

Gesundheitskaffee  28. 
Getreidearten  5. 
Getreidehandel  19. 
Getreidekom  6. 
Getreidetrespe  24. 
Gewürze  232. 
Gewürzkömer  304. 
Gewürznagerl  264, 
Gewürznelken  264, 

-  Sorten  267,  268. 


Gilbwurz  239. 

Gingaro adu  352. 

Glaudos  terrestres  120. 

Glanzfrucht  55. 

Glanzgras  55. 

Glas  Weizen  11. 

Gliadin  7. 

Gliedkraut  396. 

Globoide  150. 

Gluten-Casein  6. 

Glutenfibrin  7. 

Glyceria  fluitans  R.   Br.  56. 

Goldhafer  37. 

Goldhesperide  186. 

Gold-Pepper  315. 

Goldreinette  204. 

Goldweizen  10. 

Goleander  327. 

Gommer  11. 

Gräser  5. 

Graminese  5. 

Granatbaum  201,  276. 

Grandkleie  65. 

Grannen- Weizen  10. 

Graupen  28,  68. 

Graupenfutter  69. 

Graupenschlamm  69. 

Gretsoha  57. 

Gretschicha,  Gretschucha  57. 

Gries  65. 

Grieskleie  66. 

Griesmehl  68. 

Griessuppe,  condensirte  69. 

Grünkem  20. 

Grünreife  21. 

Grütze  (Hafer)  70. 

Grützhafer,  chinesischer  37. 

Grundbirne  110. 

Guarana  449. 

Guaza  461. 

Gunjah  461. 

Gugemucke  227. 

Guineapfeffer  301,  308. 

Gunpowder,  grüner  377. 

—    schwarzer  37.5. 

Gurke  196. 

Gurkenkraut  260,  329. 

Guru-Nuss  432. 

Gymnocladus  canadensis  L.  431 


474     — 


Habzelxa  aethiopica  DC.  301. 

Hafer  36. 

Hafergries  36. 

Hafergrütze  36. 

Hafermehl  70. 

Haferreis  50. 

Haferstarke  70. 

Hafer- Weissmehl  71. 

Hahnenkamm  227. 

Hallimasch  227. 

Hanfkraut,  indisches  460. 

Hanfpflanze  460. 

Harakodes  120. 

Hartweizen  11. 

Haschisch  460. 

Haschischgenuss  462. 

Haschischin  461. 

Hasch  ischöl  461. 

Haschischpräparat ,      indisches 

461. 
Haselnuss  143. 

—  dalmatinische  148. 

—  sicilianische  148. 

—  türkische  143. 

—  ungarische  147. 
Haselnussstraach ,      gemeiner 

143. 
Haysan  376. 
Hefe  231. 

Helianthus  tuberosus  111. 
Heidelbeere  201. 
Heidelbeersaft  202. 
Heidengrütze  74. 
Heidenkorn  57. 
Helvella  esculenta  226. 
Herbsttrüffel  228. 
Herrenpilz  227. 
Hesperidin  189,  193. 
Hikorynüsse  160. 
Hilum  77. 
Himalavagerste  29. 
Himmelsgerste  29. 
Himmelsthau  61. 
Hirschtrüffel  228. 
Hirse  50. 
Hirse-Stärke  73. 
Holcus  saccharatum  L.  54. 

—  Sorghum  L.  52. 
Holztrüffel  228. 


Holzzimmt  253.  465. 
Hopfen  329. 

—  (Sorten)  333. 

—  (Zasammensetzong)  332. 
Hopfenbitter  332. 
Hopfendolden  330. 
Hopfendrüsen  331. 
Hopfenmehl  330. 
Hopfenpfianze  330. 
Hopfensorrogate  333. 
Hordeum  distickum  29. 

—  —    erectum  29. 

—  —    nudum  29. 

—  —     nutans  29. 

—  hexastichon  29. 

—  tri/urcaium  29. 

—  vulgare  L,  29. 

—  zeocriton  29. 
Hühnermais  40. 
Hülsenfruchtpflanzen  75. 
Hülsenfrüchte  und  Starke  75. 
Huevos  de  paloma  89. 
Humulus  LuptUus  330. 
Hydrocarotin  129. 

Hygrin  388. 


Jamaikapfeffer  304. 

Jasminum  Sambac  Ait,  373. 

Java-Reis  46. 

Igel  Weizen  11. 

//ear- Arten  390. 

Ilex  Paraguayensis  S.  Hii,  390. 

Illicium  aniaatum  Lour.  280. 

—  religiosum  Sieb.  281. 
Imperialrübe  125. 
Imperialthee  376. 
Inmsionsmethode  35. 
Ingber,  Ingwer  232. 

—  gelber  237. 

—  Stärke  235. 

—  Sorten  233,  234. 

—  Zusammensetzung  237. 
Johannisbrod  151. 
Johannisbrodbaum  151. 
Johannisroggen  21. 
Ipomea  batataa  Lam.  111. 
Ivess  long  Seedling  146. 
Jndenapfel  186. 


—    475    — 


Juglans  regia  L.  159. 
Jujuben  201. 


Kaad  395. 

—  methani  395. 
Kaffee  396. 

—  (Consum)  414. 

—  (künstliche  Färbung)  417. 

—  (Geschichte)  414. 

—  (Güte)  406. 

—  (Productionssorten  und  sta- 
tistische Angaben)  407. 

—  (Sorten)  407. 

—  (gravimetrische  Unter- 
suchung) 403. 

—  (Verfälschungen  und  Surro- 
gate) 417. 

—  (Zusammensetzung)  404. 

—  gebrannter        (Zusammen- 
setzung) 405. 

—  Maragogipe  413. 

—  wilder  431. 
Kaffeeblätter  395. 
Kaffeebohne  (Beschreibung)  400. 

—  (mikroskopischer  Bau)  401. 

—  (Gewinnung)  398. 
Kaffee-Erbse  84. 
Kaffeefrucht  (Beschreibung)  397. 

—  (mikrosk.  Bau)  427. 
Kaffeegerbsäure  404. 
Kaffeegerste  29. 
Kaffeekorn  50,  52. 
Kaffeeoel  405. 

—  Bernheimer's  405. 
Kaffeesäure  404. 

Kaffee  -  Samenschale   (mikrosk. 

Bau)  430. 
Kaffee wicke  431. 
Kaiffa  448. 
Kaiserling  227. 
Kaiserthee  376. 
Kakoohatl  448. 
Kali,  myronsaures  342. 
Kameeltreiberdattel  171. 
Kammfenchel  324. 
Kammhafer  36. 
Kampinerroggen  21. 
Kapern  (Kappern)  260. 
Kappernstrauch  260. 


Karaburun-Rosinen  180. 

Kaooi  322. 

Karri  317. 

Kartoffel  105. 

Kartoffelbananen  169. 

Kartoffelpibs  108. 

Kartoffelstärke  106. 

Karwij  321. 

Kasa  57. 

Kasim-Dattel  172. 

Kastanien  136. 

Kastanienstärke  140. 

Kat  395. 

Kautabak  363. 

Kaweh  415. 

Kaysow-Congu  375. 

Kazerum-Dattel  172. 

Kentucky-Kaffee  431. 

Keration  154. 

Kernobst  202. 

Keschr  426.      • 

Keulenpilz  227. 

Khalas-Dattel  172. 

Kichererbsen  84. 

Kiele  (Safran)  270. 

Kieselzellen  31. 

Kimm  321. 

Kindermehl  75. 

Kinderyams  117. 

Kirsche  166. 

Kirschlorbeer  258. 

Kirschenpfeffer  310. 

Kischer  426. 

Kistenrosinen  181. 

Kitt,  japanesischer  48, 

Klappertopf  24. 

Kleberschichte  6. 

Kleie  des  Weizens  65. 

Kleister  60. 

Klötzen  205. 

Klumphafer  36. 

Knoblauch  130r 

Knoblauchöl  132. 

Kochreis  47. 

Königsdattel  171. 

Körperchen,     Mitscherlichsche 

438. 
Kosten  137. 
Kohvet  415. 
Koji  48,  100. 
Kokkelskömer  333. 


—    476 


KolbeDhirse  50. 
Kolbenweizen  10. 
Kommen  321. 
Kopra  156. 
Korallenbaom  435. 
Korinthen  177,  178. 
Korn  (Roggen)  20. 
Korn,  ägyptisches  29. 

—  saracenisches  56. 
Kornrade  24. 
Komradenstarke  64. 
Kooferra  172. 
Krachnnss  143. 

Kräoselkrankh.  d.  Kartoffel  106. 
Krauter  (Gewürze)  256. 
Kranzfeigen  209. 
Kremser-Senf  343. 
Krenzkümmel  323. 
Kriechenpflaumeabaum  166. 
Kron-Piment  307. 
Küchenzwiebel  130. 
Kümmel,  römischer  323. 

—  (Sorten)  321. 
Kürbis-Orangenbaum  187- 
Kugelbohne  89. 
Kukuruz  39. 

Kummin  321. 
Kunstmehl  67. 
Kurunda  243. 
Kurzzellen  31. 

La  Corriente-Vanille  287. 

Lactarius  deliciosus  L.  227. 

Ladies-Finger  169. 

La  Guayra- Vanille  287. 

Lambertsnuss  143. 

La  Mestiza  (Vanille)  287. 

Langbartnuss  143. 

La  Punoca- (Vanille)  287. 

La  silvestre- Vanille  287. 

Lathyrus  24. 

Lathyrus  tuberosus  L.  120. 

Laurus    angusHfolia,     communis, 

crispa,  latifolia,  nobilis  256,  257. 

Lecythis  Amazoniim  Mart.  224. 

—  ttrnigera  Mart.  224. 
Lederapfel  204. 
Ledum  palustre  333. 
Legumm  6. 


Leguminosen  75. 
Leguminoseukaffee  424. 
Lens  esculentus  Moench.  86. 
Lexias-,  Loxiastrauben  181. 
Lichtdattel  171. 
Lima  melarosa  186. 
Limette,  ostindische  186. 
Limoeiro  de  mato  185. 
Limoncelli  di  Napoli  185. 
Limonen  184,  185,  187. 
Limone,  süsse  185. 
—  syrische  186. 
Ldmonenschalen,  Ausfuhr  191. 
Limonin  193. 
Linsen  86. 

Lithospermum  MdnaXe.  L.  381. 
Löwentrüffcl  228. 
Löwenzahnwurzel  (Kaffee)  422. 
Lolium  temulentum  24,  70. 
Lombardnuss  143. 
Lorbeerblätter  256. 
Lorchel  226. 
Lumie  185. 
Lupinen  103. 
Lupinenkaffee  424. 
Lupinus  albus  103. 

—  kirsvtus  L.  424. 

—  Intens  L.  424. 

—  perennis  424. 

—  varius  103. 
Lupulin  330. 
Lupulinsäure  333. 
Lupuliretin  333. 

Lyperia  atropurpurea  Benth.  280. 

—  crocea  Eckl,  280. 

m. 

Maccaroni  75,  465. 
Macis  346. 

—  (Zusammensetzung)  348. 
Madrai  170. 

Märzgerste  29. 

Magran  259. 

Mähe  170. 

Mahlproducte   der  Brodfrüchte 

59. 
Mairan  259. 
Mais  39. 

Maisbranntwein  43. 
Maismehl  71. 


—    477    — 


Maisstärke  71. 

Maiszucker  42. 

Maizena  71. 

Majoran  259. 

Majorana  hortensis  Mnch.  269. 

Migorkaorange  187. 

Malabar-Cardamomen  289. 

Malabarzimmt  253. 

Malagatrauben  181. 

Malojo  43. 

Maltose  35 

Malz  34. 

Mamme  206. 

Mammeli^a  43. 

Mammoni  206. 

Mandana-Mais  40. 

Maudarinenorange  187. 

Man  dar  inen  theo  375. 

Mandeln  213. 

—  Sorten  217,  218. 

—  Zusammensetzung  217. 

—  grüne  218. 
Mandelbaum  213. 
Mandelkaffee,  echter  423. 
Mandelkleie  217. 
Mangold  124. 

Manihot  utilissima  Pohl.  112. 
Manioc  aipi  113. 

—  amer  113. 

—  doux  113. 
Manioc- Wurzel  112. 
Mannagrütze  56. 
Mannaschwingel  56. 
Mannit  226. 

Maranta  antndinacea  L.  114. 

Maranta  Wurzel  114. 

Marienthr&ne  50. 

Marille  166. 

Marmoda  112. 

Marone  de  Lyon  141. 

Maronen  136. 

Marone  de  St.  Tropez  141. 

Mate  390. 

Mat^  em  folba  391. 

—  —    p6  391. 
Mat^-Gerbsäure  394. 
Mat^viridinsäure  399. 
Maulbeerbaum,  schwarzer  und 

weisser  212. 
Maulbeerfeigenbaum  212. 
Mehlprobe  nach   Vogl  64. 


Melampyrum  24. 
Meliga  39. 
Melilotinkaffee  423. 
Melin  262. 

Melone,  geraeine  197. 
Melonen-Orangenbaum  187. 
MijXov  t6  vaodvr^ior  186. 
Menyanthes  333. 
Merikarpieu  320. 
Merveille  de  liollwiller  146. 
Mespilus  germanica  L,  205. 
Metroxylon  Ictve  Konig  118. 

—  Sagus  König  118. 
Miliasse  43. 
Mispel  205. 

Miszo  100. 

Möhre  127. 

Möhrenfarbstoff  128. 

Mogdad-Kaffee  425. 

Mohär  50. 

Moharhirse  52. 

Mohnsamen  224. 

Mohn,  schwarzer  u.  weisser  225. 

Mohrenhirse  50. 

Mohrenpfeffer  301. 

Mohrrübe  127. 

Molieres  217. 

Moorhafer  37. 

Morchella  conica  Pers.,  eseulenta 

Per».  226. 
Morphin  455. 
Mortis  albaj  nigra  212. 
Mostrich  343. 
Moutarde  343. 
Mucedin  7. 
Mungobohne  89, 
Musa  paradisiaca  L.  168. 

—  sapientum  L.  168. 
Musa- Früchte  168. 
Muscadier  ä  suif  352. 
Muskatblüthe  344,  346. 
Muskatbutter  350. 
Muskatnuss  344,  348. 

—  californische  352. 

—  lange  352. 

—  männliche  352. 

—  weibliche  350. 

—  (Zusammensetzung)  360. 
Muskattrauben  181. 
Mustard  343. 
Mutterkompilz  26. 


■~    478     — 


Mutterkümmel  328. 

Mutternelken  818. 

Myristica  fragrana  Houtt,  344. 

—  moschata   Thunhg.  844. 

—  officincUis  Mart.  352. 

—  sehifera  Sw.  852. 

—  tomentosa  Thhg.  852. 
Myristin  350. 
Myrosin  341. 

Myrtus  Pimenta  L.  304. 

—  Tahasco  Schlecht.  307. 

Nachträge  462. 

Nacktgerste  29. 

Nackthafer  37. 

Nägele  264. 

Necci  Pattoni  151. 

Nectandra  Puchury  major,   minor 

Nees  858. 
Neger-KafiFee  425. 
Negerkorn  50,  52. 
Nelkencampher  266. 
Nelkencassie  255. 
Nelkenöl  266. 
NelkenpfefiFer  304,  307. 
Nelkenstiele  267. 
Nelkenzimmt  255. 
Neugewürz  304. 
Nha,  Nia  223. 
Nicotiana    (Arten  und  Abarten) 

357—359. 
Nicotianin  361. 
Nicotin  361. 
Ningeschow  375. 
Nonpareilles  262. 
Nuces  ponticee  144. 
Nucitannin  161. 
Nudeln  75. 

Nüsse,  Grenobler  163. 
Nusskiefer  220. 
Nuss,  spanische  146. 

—  welsche  159. 

O. 

Ocymum  Basiticum  L.  259. 
Oelbaum  163. 
Oelpalme  157. 
Oelpalraenfrucht  157. 
Oelstriemen  (derDoldenblüthler) 
320. 


Olea  culta  L.  168. 

—  europaea  L.  163. 

—  —     hispanica  164. 

—  —    pignola  164. 

—  sitvestris  L.  163. 
Oleum  Citri  189. 

—  de  Cedro  189. 
Olive  163. 
Olivenkernöl  164. 
Olivennüsse  160. 
Olivenöl  164. 
Olivenpfeffer  309. 
Olives  feircies  165. 

—  de  Lucques  165. 
Oopak  375. 
Opium  454. 

—  (Sorten)  454,  455. 
Opiumesser  458. 

Opuntia  ficus  indica  Haw.  212. 

Orangen  184,  187,  192. 

Orange  von  Jericho  187. 

Orangen,  kleine  192. 

Orangengewächse  184. 

Orangensamen  193. 

Orangettes  187. 

Origanum  Majorana  L.  259. 

Orni  206. 

Oryza  latifolia  Desv.  46. 

—  sativa  45. 

Osmanthus  fragrans  Lour.  373. 
Ostiglia-Reis  46. 
Oulong  375. 


Paddy  46. 
Pala  170. 
Palmkern  158. 
Palmkohl  168,  173. 
Palo  mabi  833. 
Panicum  italicum  50. 

—  miliaceum  50. 

—  sanguinale  L.  51, 
Paos  379. 

Papas  Peruanorum  110. 
Papaver  album'  DG.  225. 

—  nigrum,  DG,  225. 

—  somniferum  L.  224,  454. 
Papilionaceen  75. 
Paprika,  Verfälschung  816. 

—  gepulverte  315. 


—    479    — 


Paradiesapfelbaum  186. 
Paradiesfeige  168. 
Paraguaystecheiche  390. 
Paraguaythee  390. 
Paranuss  223. 
Parkia  africana  R,  Br.  426. 

—  higlohosa  Benth,  426. 
Passewah  454. 

Pasta  Guarana  449. 
Past^que  198. 
Patatas  111. 
Patna-Reis  45. 
PauUinia  Cupana  Kth.  449. 

—  sorbilis  Marl,  449. 
Pecco  373. 
Pechnüsse  159. 
Pellap-a  72. 
Peppmgs  204. 
Peperone  310. 
Pepperpot  317. 
Peptase  35. 
Perettenbaum  186. 
Perigord  229. 
Perlgraupen  28. 
PerlkafiFee  397,  398. 
Perlreinette  204. 
Perlthee  376. 

Peronospora  infestans  Casp.   108. 

Persica  vulgaris    Tourn.  166. 

Petersilie  260. 

Peterskorn  11. 

Petroselimim  sativum  Hoffm.   260. 

Pfauengerste  29. 

Pfeffer  292. 

—  Sorten  295. 

—  Verfälschung  296. 

—  Zusammensetzung  294. 

—  äthiopischer  301. 

—  langer  300. 

—  —    von  Bengalen  300. 

—  spanischer  3&. 

—  türkischer  308. 

—  weisser  296. 
Pfefferoni  317. 
Pfeifentabak  363. 
Pfenniglinse  86. 
Pferdebohne  93. 
Pferdedinkel  II. 
Pferdenüsse  159. 
Pferdezahnmais  40,  41. 
Pfifferling  227. 


Pfirsich  166. 
Pflanzen-Albumin  6. 
Pflanzentheile,      unterirdische 

105. 
Pfund-Apfel  203. 
Phalaris  canariensis  L, 
Phaseolus  coccineus  Latn.  89. 

—  compressvs  DC.  89. 

—  ellipticus  89. 

—  muitißortis  Willd.  89. 

—  genospermus  89. 

—  Mungo  L.  89. 

—  nanus  89. 

—  radiatus  L,  89. 

—  romanus  Savi  89. 

—  sphaericus  89.    * 

—  vulgaris  89. 
Phocchia-Rosinen  180. 
Phoenix  dactyli/era  L.  ^70. 
Phytelephas  makrokarpa  175,  417. 
Phytophthora  108. 
Picciolinis  165. 

Picholines  165. 
Pichurimbohiien  353. 

—  grosse  354. 
Pichurimtalg  354. 
Pickzibeben  182. 
Pied-poule  425. 
Pigneoli  220. 
Pignons  220. 
Pilpiti  317. 

Pilze,  Zusammensetzunof  230. 
Piizling  227. 
Pilzzucker  226. 
Piment  304. 

—  brasilianischer  307. 

—  kleiner  307. 

—  mexikanischer  307. 

—  spanischer  307. 
Pimenta  ofücinalis  Berg,  304. 
Pimento-Felder  310. 
Pimpinella  Anisum  L.  325. 
Piniolen  220. 

Pinie  220. 
Pinocchi  220. 
Pintos  168. 
Pinus  cembra  L.  222. 

—  Pinea  L.  220. 
Piper  Betle  L.  452. 

—  longum  300. 

—  nigrum  L.  292. 


—     480 


Piper  officinarum  DC.  300. 
Pirao  113. 
Pisang  168. 
Pistacia  vera  L.  218. 
Pistazien  218. 
Pisum  nrvense  77« 

—  leptohbtim  Rchb.  78. 
quadratum  MilL  78. 

—  sativum.  L.  77. 
Pituri  389. 
Piturin  389. 
Plantainfrucht  168. 
Platanomehl  169. 
Platterbse  24. 
Plent  57. 

Pois  d'Angdla  97. 
Poitou-Trüffel  229. 
Polenta  43. 

—  nera  57. 
Polychroit  274. 
Polygonum  Cnnvolvuhis  75. 
emarginatum  Rth.  58. 

—  Fagopyrum  L.  56. 
Sieboldi  Reinw.  58. 

—  tartaricvm  L.  hl. 
Pomeranzen  184,  186,  192. 
PomeranzenbauiD,  bitterer  186. 

—  gemeiner  186. 

—  süsser  187. 
Pomme  de  terre  110. 
Pompelmusen  184,  187. 
Pompelmuss-Orangenbaum  187. 
Pompona- Vanille  287. 
Poncino  die  Sanremo  186. 
Porrey  130. 

Portogalli  187. 

Portoricorinde  333. 

Poudre  de  riz  48. 

Prein  61. 

Preisseibeere  201. 

Prescatten  197. 

Pressbefe  231. 

Probsteiroggen  21. 

Profichi  206. 

Prunus  armeniaca  L.y  avium  Lt., 
cerasus  L.,  domestica  L. ,  insi- 
titia  L.,  Persica  L,  166. 

—  Laurocerasus  L.  258. 

—  -Arten  166. 
Prvni  öesky  öay  382. 
Puddingpulver,  Liebigsches  75. 


Pulque  de  Mahio  43. 
Pumpernickel  67. 
Punica  Granatum  L.  201. 
Pyramiden-Weizen  11. 
Pyromategerbsäure  394. 
Pyrus  communis  L.  202. 

—  —     Bergamotia  204. 

—  —    falerna  Plin.  204. 

—  —    favoniana  Piin.  204. 

—  —     Pompejana  Plin.  204. 

—  —     rufescens  Pers.  204. 

—  Gydonia  L.  205. 

—  Malus  L   202. 

—  —     costata  SchübL  203. 

—  —     megamela  SchübL  203. 

—  —    prasomela  Pers.  204. 


Quassia  333. 

Quercit  424. 

Quercitrin  262. 

Quercitronrinde  262. 

Quercus  pedunculata  Ehrh.  423. 

—  sessUiflora  Saly  423. 
Quinchonchos  97. 
Quitte  205. 

B. 

Racahout  448. 
Rämbouräpfel  203. 
Rangun-Reis  45. 
Raps  343. 
Rauchhafer  36. 
Rauchtabak  362. 
Rebe,  cultivirte  178. 

—  kernlose  178. 

—  wilde  178. 
Reinetten  204. 
Reis  45. 

Reisbranntwein  48. 
Reisgerte  29. 
Reismehl  72. 
Reisstärke  72. 
Reisweizen  11. 
Reizger,  Reizker  227. 
Rettema  29. 

Revalenta  arabioa  88,  95. 
Revet  67. 

I     Rhinanthus  24, 


481 


Rhizoctonia  crocorum  272. 
Rhizoma  Carcumae  239. 

—  Gaiangae  241. 

—  Zedoariae  2S8. 

—  Zingiberis  232. 
Riemengerste  29. 
Riesenhafer  37. 
Riesennoss,  Halle'sche  146. 
Riesenorangenbaum  187. 
Rinden  (Gewürze)  242. 
Ringelblume  276. 
Rippen-Aepfel  203. 
Rispenhafer  36. 
Ritschling  227. 
Rizeh  45. 
Rocambolle  130. 
Rooas  397. 
Roggen  20. 
Roggenkaffee  424. 
Roggenmehl  66. 
Roffgenstärke  66. 
RoUgerste  68. 
Rose,  mailändische  72. 
Rosenäpfel  203. 
Rosenapfelcitrone  186. 
Rosinen  177,  178. 
Rosoline  185. 
Rosskastanien  142. 
Rostpilze  26. 
Rothmehl  (Hafer-)  71. 
Rousseletbime  204. 
Rübe,  französische  125. 

—  gelbe  127. 

—  Quedlinburger  125. 

—  schlesische  125. 

—  sibirische  125. 
Rumex  patientia  L.  260. 
Runkelrübe  124. 
Ruta  graveolens  L,  262. 
Rutin,  Rutinsäure  262. 

Saatbohnen  88. 
Saaterbse  77. 
Saathafer  36. 
Saatlinse  86. 
Saatwicke  93,  95. 
Sacca-Eaffee  426. 
Safflorblüthen  277. 
Safflorroth  277. 

Hanausek,  Nahrungf-  n. 


Safran  270. 

—  (Beschreibung)  272,  273. 

—  chemischer  278. 

—  (Sorten)  275. 

—  (Verfälschungen  und  Surro- 
gate) 276. 

—  (Zusammensetzung)  274. 
Safrangelb  274. 
Safrantod  272. 
Sago  118. 

—  amerik.  119. 

—  von  Japan  119. 

—  inländischer  118. 
Sagostarke  118. 
Sagou  fran^ise  118. 
Saguerus  Rumphii  Roxb.  118. 
Sagus  amicarum  175. 

—  farini/era  Lam,  118. 

—  /oerts  Rumph,  118. 

—  Rumphii  WiUd,  118. 
Sakhi  48. 
Saladinkaffee  418. 
Salatbohne  89. 
Salep  448. 

Salvia  Chic  Ruiz  450. 
Samen  (allgem.   Beschreibung) 

21o. 
SamoB-Rosinen  180. 
Samsu  48. 
Sandelholz  308. 
Sandhafer  36. 
Sapucäjanüsse  224. 
Sarassin  56. 
Sareptasenf  334,  340. 
Sarothamnus  scoparius  Wimm.ZQd, 
Sassafrassnüsse  353. 
Saturei  259. 

Satureja  hortensis  L,  259. 
Saubohnen  98. 
Savannah-Reis  46. 
Schalkleie  65. 
Schalotte  130. 
Scheinfrüchte  134,  202. 
Schierling,  gefleckter  326. 
Schlangenffurken  196. 
Schlangenlauch  130. 
Schmalzbime  204. 
Schmetterlingsblüthige  75. 
Schminkbohnen  88. 
Schnupftabak  363. 
Schrot  (Weizen)  65. 

Genagflmittel  a.  d.  Pflancenreioh.        31 


482    — 


Sohwaden  56. 
Schwarzbrod  67. 
Scolymus  hispanicus  276. 
Seeale  cereale  21. 

—  —     aeatiwm  21. 

—  —     arundinaceum  21. 

—  —     hibernum  21. 

—  —    muHicaule  21. 
Senf  334. 

—  brauner  338. 

—  gelber  334. 

—  russischer  340. 

—  schwarzer  338. 

—  weisser  335. 

—  (Zusammensetzung)  341. 
Senfmehl  342. 

Senföl,  ätherisches  342. 
Setaria  germanica  Rth.  52. 

—  italica  50. 
Shikimi  281. 
Schikimi-no-ki  282. 
Shirs  miszo  100. 
Siam-Reis  45. 
SideriHs  hirsuta  L,  396. 
Silberhäutchen  47. 
Siliqua  dulcis  151 
Silos  17. 

Sinaapfel  187. 
Sinaibin  341. 
Sinapin  341. 
Sinapis  alba  334. 

—  arvensis  L.  334. 

—  juncea*  Mayer  334. 

—  nigra  M.  334. 

—  ramosa  Boxb.  334. 

—  rugoaa  Roxb,  334. 
Sindo  377. 
Sinigrin  342. 
Smyrnarosinen  179.     . 
Sojabohne  99. 

^Solanaceen  105. 
Solanum  tuberosum  L,  105. 
Sommergerste  29. 
Sommerkartoffel  105. 
Sommerlinse  86. 
Sommerrübsen  843. 
Sommertrüffel  228. 
Sommerweizen  lü. 
Sonnenblume ,  knollentragende 

111. 
Sonnencacao  436. 


Sonnen  trauben  181* 
Sooju  99, 

Sopkora  japonica  262. 
Sorghohirse  50. 

—  chinesisdie  54. 
Sorghostärke  73. 

Sorghum  saccharatum  Pers,  54^ 

—  vulgare  50,  52. 
Souchong  374. 
SouW  377. 
Soyabohne  99. 

Soya  hispida  Mnch.  99. 

Spätkartoffel  105. 

Spaltfrüchte  (der  Doldenblüth- 

1er)  319. 
Spaltlinge  204,  205. 
Spartium  scoparium  L.  263. 
Speisemorchel  226. 
Speisepilze  226. 
Speisetrüffel  228. 
Spelt,  Spelz  11. 
Sphacelia  segetum  26. 
Spiegelgerste  29. 
Stärkekörner  60. 
Starkeschichte  6. 
Stangenhafer  36. 
Staudenroggen  21. 
Steamed  Combread  71. 
Steinfrüchte  159. 
Steinmorchel  226. 
Steinpilz  227. 
Steinsame  381. 
Steinzellenring  465. 
Sterculia  acuminata  Pal.  de  Becmv, 
432. 

—  cordifolia  434. 
Sternanis  280. 
Sternanisbaum,  chinesischer  280. 

—  japanischer  281. 
Sterz  57. 

Stickstoffsubstanzen  6. 
Stipa  tenadssima  368. 
Stockerbse  78. 

Stragal,  Stragel-Eaffee  431. 
Strahlenbohne  89. 
Strauchbeissbeere  809. 
Strohfenchel  824. 
Sudan-Kaffee  426,  432. 
Sulfooyar-Akrinyl  341. 
Sultania-Kosinen  179. 
Sultaniden,  Sultaninen  179. 


—    485     — 


Snltan-Eafifee  426. 
Sumpfdotterblume  268. 
Sumpfreis  45. 
Sumpfporst  333. 
Suppenbohnen  98. 
Suppennudel    (Färbung)    siehe 

Nachträge  466. 
Sweet  com  40. 
Sycomore  212. 
Synaptase  217. 

T. 

Tabak  356. 

—  (Cultur)  365. 

—  (Export)  364. 

—  (Zubereitung)  361. 

—  (Zusammensetzung)  860. 
Tabasco-Piment  307. 

Tacca  pinnatifida  Forst  117. 
Tahitinuss  175. 
Tapiooa  113. 

—  au  Gacao  114, 

—  Crecy  114,  127. 

—  julienne  114,  127. 
Taraxacum  officinale  422. 
Taro  117. 

Tartuffoli  110. 
Taubeneierbohnen  89. 
Taumellolch  24. 
Taumellolchstärke  70. 
Temeur  172. 
Terfezia  leonis  Tul.  228. 
Thea  assamica  Lindl,  368. 

—  Bohea  L.  368. 

—  chinensis  L,  367. 

—  stricta  Hayne  868. 

—  viridis  L.  368. 
Thee  367. 

—  (Handelssorten)  373—378. 

—  (statistische  Angaben)  383. 

—  (VerfälschuDgen)  380. 

—  (Zusammensetzung)  371. 

—  brasilianischer  378. 

—  gelber  377. 

—  griechischer  396. 

—  grüner  (Zubereitung)  373. 

—  schwarzer  (Zubereit.)  873. 
Theeblatt  (Bau)  369. 

Thein  371. 

Theeöl  372. 

Th«estrauoh,  chinesischer  867. 


Theewaffeln  151. 
Theobroma  angustifolium  443. 

—  Cacao  L,  485. 

—  Ouyanensis   Willd.  444. 

—  ovati/olium  Sesse  443. 

—  silvestre  Mart.  44Su 

—  speciosum   Willd,  443. 

—  subincanum  Mart,  443. 
Thränengras  «50. 
Tikmehl  115. 
Tikormehl  115. 
Tikurmehl  115. 
Tlsusaten  817. 

Tonkay  377. 
Tonra  389. 
Topinambur  111. 
Torreya  califomica  353. 

—  Myristica  Hoock  353. 
Tortillas  43. 

Touka  223. 
Traubengurken  196. 
Traubenzucker  60. 
Trifole  de  legno  228. 
Triosteum  perfoliatum  L.  43  K 
Triticum  amyleum  11. 

—  dicoccum  11. 

—  durum  11. 

—  polonicum  11, 

—  monococcum  11. 

—  spelta  11. 

—  tricoccum  11. 

—  turgidum  11. 

—  vulgare  10, 

—  V.  aristatum  10. 

—  V.  compactum  11. 

—  V.  erinaceum  11. 

—  V.  muticum  10. 
Tropaeolum  majus  L.  263. 
Trüffel,  weisse  228. 
Trüffelpilze  227. 
Tschan  450. 
Tschandu  456. 
Tschesme-Rosinen  179. 
Tuber  aestivum   Vitt.  228. 

—  brumale   Vitt.  228. 

—  cibarium  Pers.  228. 

—  melanospermum    Vitt,  '^28» 
Tucanuss  223. 
Türkenbundkürbis  199. 
Turkestan-Melonen  198. 
Tye  457. 


—     484    — 


U. 

Umbelliferae  319. 
Urao  (Soda)  367. 
üwi  117. 
Uwi-ngone  117. 


V. 

Vaccinium  Arcto8tapMo$  L.  382. 

—  MyrtiUus  201. 

—  Vitis  Idaea  L.,  201. 
Yakololo  168. 
Yalerianasäiire  332. 

VaniUa    Guyanerms    Splittgerber 

288. 
~    inodora  288. 

—  pabnarum  Lindl,  288. 

—  planifolia  Andr,  282. 

—  pompona  Schiede  287. 
YaniUe  282. 

—  Guyanische  288. 
Yegetarianismos  7. 
Yeitbohnen  88. 
Yerdales,  Yerdans  166. 
Yerdon  168. 

Vicia  Cracca  24. 

—  faba  89,  93. 

—  8(ttiva  L,  93. 

—  —    r.  leucosperma  88,  95. 
Yioin  96. 

Yiridinsäure  404. 
Yirolafett  352. 
Yitbohnen  88. 
Vitis  apiana  181. 

—  corinthiaca  Risso  179. 

—  minuta  Riftso  178. 

—  pensilis  181. 

—  Rumpkii  178. 

;—  —     Alexandrina  182. 

—  —    asperma  181. 

—  —     Damaaeena  182. 

—  —     Liparica  182. 

—  —    longa  182. 

—  —     Maroccana  182. 

—  siheatris  178. 

—  tiberrima  181. 

—  vinifera  L.  177. 

—  —     apyrena  178. 
Voandzeia  subterranea  97. 


Yogelwicke  24. 
Yurla-Rosinen  180. 

W. 

Wachskeller  35. 
Wachslimone  185. 
Wachtelweizen  24. 
Waifa  262. 
Waldcitrone  185. 
Waldrebe  178. 
Wallnnss  159. 
Wallnnssbanm  159. 
Warzenmelonen  197. 
Wasserbananen  169. 
Wassermelone  198. 
Wasserreis  50. 
Wechselroggen  21. 
Weidenröschen  381. 
Weinbeeren  177. 
Weissweizen  10. 
Weizen  8. 

—  brauner  10. 

—  Dessauer  10. 

—  englischer  11. 

—  guter  17. 

—  schwarzer  10. 

—  türkischer  39. 
Weizenmehl  59. 

—  Bestimmung  des  Nahmngs- 
werthes  s.  Nachtrage.  463. 

Weizenstarke  60. 
Welschkorn  39. 
Wermuth  333. 
Wicke,  behaarte  24. 
Wickenstarke  96. 
Windengewächse  111. 
Windlings-Enöterich  75. 
Wintererbse  78. 
Wintergerste  29. 
Winterbafer  36. 
Winterkartoffel  105. 
Winterkohlreps  343. 
Winterlinse  86. 
Wintermajoran  259. 
Winterrinde,  echte  266. 

—  falsche  256. 
Winterrübsen  343. 
Winterroggen  21. 
Winterweizen  10. 
Wol&bohnen  103. 


—    485     — 


Wolfsmilch  263. 
Wuchergerste  29. 
Wurmfarn  333. 
Wurstkraut  259. 


X. 


Xylopia  longifolia  Alph,  DG.  301. 
Xhora-Paerou  97. 


Yamswurzel  116. 
Yayamadu  352. 
Yerva  390. 

—  de  palos  391. 
Younghaysan  376. 
Yuvia  223. 

Zapfensagopalme  119. 

Zatten  197. 

Zea  Garagua  Molin  40. 

—  Mayii  L.  39. 
Zellernuss  143. 
Zermnüsse  222. 
Zerumbet-Ingwer  237. 
Zherbe  puante  425. 


Zibeben  177,  181. 
Ziegelthe  379. 
Ziegenbart  227. 
Zimmt  (Allgemeines)  242. 

—  Chinesischer  248. 

—  grauer  chinesischer  254. 
Zimmt,  weisser  256. 
Zimmtbananen  169. 
Zimmtblüthen  268. 
Zlmmtcassie   248 
Zimmtcassienöl .  251 . 

Zingiber  Cassumunar  Roxb,   237* 

—  officinale  Roscoe  232. 

—  Zerumbet  237. 
Zipolle  130. 
Zirbelkiefer  222. 
Zirbelnüsse  222. 
Zittwerwurzel  238. 
Zizania  palustris  L,  50. 
Zizyphus  Lotus  Lam.  201. 

—  vulgaris  Lam.  201. 
Zuckerbirne  204. 
Zwergbohne  89. 
Zuckererbse  78. 
Zuckerhirse  54. 
Zwergmais  40. 
Zwetschge  166. 
Zwetschgenbaum  166. 
Zwiebel  129. 
Zwiebelöl  132. 


32 


DiQük  von  Fr.  Ang.  Eupel  in  SonderBhausen. 


K 


^ 

niustr.  Wiener  Gewerbe -Zeitung,  Nr.  23.  1.  Decbr.  1883. 
„Fallen  seh'  ich  Zweig  um  Zweig  des  Fabriksgeheimnisses, 
kann  man  sagen,  wenn  man  die  Leetüre  dieses  Bandes  beendet 
hat,  denn  den  Schatz,  welchen  die  Ritter  vom  Geiste  bis  nun 
so  sorgsam  gehütet,  legt  der  Verfasser  in  einer  jedem  gebildeten 
Laien  verständlichen  Weise  bloss  und  macht  ihn  zum  Gemein- 
gut der  einzelnen  Interessenten.  Zumal  die  Anilin-  und  Naphta- 
linfarben  sind  es,  welchen  der  Verfasser  die  eingehendste  Auf- 
merksamkeit zuwendet  und  mit  schonungsloser  Hand  zerreisst  er 
den  Schleier,  mit  welchem  sich  die  Theerfarbenfabrikation  bis  in 
die  jüngste  Zeit  dem  Auge  der  berufenen  Neugierigen  zu  ent- 
ziehen wusste.  Durch  entsprechende  Appendixe,  wie  z.  B.  der 
Geschichte  der  einzelnen  Farbstoffe  und  deren  Physiologie  wie 
auch  jener  der  Beizen  und  Unterlagen,  erhält  die  Abhandlung 
ein  wertbvolles  Relief,  daher  wir  dieses  inhaltsreiche  Bändchen 
allen  einschlägigen  Industriellen  auf  das  Wärmste  empfehlen 
können." 


t 


Wiener  Allgemeine  Zeitung,  Nr.  1330.  10.  Nov.  1883. 
„Die  Populär isirung  der  Ergebnisse  der  fortschreitenden 
Naturerkenntniss  bildet  eine  wichtige  Aufgabe  der  Vertreter  der 
Wissenschaft.  Die  Vcrlagshandlung,  welche  eine  Reihe  hervor- 
ragender Gelehrter  berief,  eine  „Allgemeine  Waarenkunde  und 
Rohstoff  lehre'*  zu  verfassen,  hat  einen  glücklichen  Griff  gothan. 
Besonders  das  zweite  Bändchen  der  Sammlung,  welches  die  Theer- 
farbcn  behandelt,  kann  als  vollkommen  zweckentsprechend  gutge- 
heissen  werden.  Der  Autor  Dr.  Rudolph  Benedikt,  einer  unserer 
namhaftesten  jüngeren  Gelehrten  auf  dem  Gebiete  der  organischen 
Chemie,  hat  nicht  nur  die  Eigenschaften,  die  Erkennung  und 
Prüfung  der  Waaren  und  Rohstoffe,  sondern  auch  ihre  Darstellung 
und  Anwendung  in  den  Kreis  seiner  Betrachtung  gezogen.  Er 
hat  das  Wichtigste  über  deren  Fabrikation  und  chemische  Be- 
ziehungen gesagt,  den  grössten  Nachdruck  aber  auf  die  Beschrei- 
bung jener  Eigenschaften  der  Farbstoffe  gelegt,  welche  bei  ihrer 
Verwendung  eine  Rolle  spielen.  Wir  freuen  uns,  das  Werkchen 
unseres  Landsmannes  und  Mitbürgers  bestens  empfehlen  zu  können, 
und  sind  überzeugt,  dass  ihm  die  Freunde,  die  es  sich  durch 
seine  Gediegenheit  und  klare,  anschauliche  Schreibweise  sicher 
erwirbt,  auch  dauernd  verbleiben  werden."  y 

^ 


^ ^ ^ 

Q  Die  Rohstoffe  des  Tischler- u.VrechsIergewerbes.  \ 

1.  Thl:    Das  Holz.     Von  Dr.  Joseph  Moeller. 
Cassel  1883.     Geb.  4  M.  — . 

Oestr.  Botanische  Zeitschrift,  Wien,  Nr.  12. 33. Jhrg.  Dec.1883. 
„lieber  die  Arbeit  von  Dr.  v.  Höhnel  ist  schon  im  Maiheft 
dieser  Zeitschrift  (1883,  p.  162)  ein  günstiges  ürtheil  abgegeben 
worden.  Nicht  minder  günstig  föUt  unser  Urtheil  über  das  Buch 
von  Möller  aus,  das  seinen  Hauptzweck,  die  theoretischen  Lehren 
auch  dem  Praktiker  so  mundgerecht  zu  machen,  dass  alle  durch 
die  wissenschaftliche  Forschung  aufgedeckten  Thatsachen  ihre 
entsprechende  Verwerthung  finden,  in  wahrlich  vorzüglicher  Weise 
erreicht  hat.  Gerade  diese  einfache,  anspruchslose,  übersichtliche 
und  klare  Behandlung  des  Stoffes  ist  es,  die  das  Buch  in  ausge- 
zeichneter Weise  empfiehlt;  es  ist  bekanntlich  nicht  Jedermanns 
Sache,  populär  zu  schreiben  und  doch  alles  Wissenschaftlich-Neue 
in  ansprechende  Form  zu  bringen,  ohne  den  wissenschaftlichen 
Apparat  mitzuschleppen;  das  Buch  beweist  auch,  dass  Verf.  ein 
guter  Lehrer  sein  muss,  der  es  weiss,  wie  er  seinen  Lehrstoff  für 
alle  Kreise,  welche  an  der  Kenntniss  desselben  Interesse  haben, 
zu  verarbeiten  hat.  Dafür  zeugt  vor  Allem  die  ungemein  prak- 
tisch gehaltene  Gliederung  jdes  Stoffes.  Die  zahlreichen  Abbil- 
dungen sind  theils  früheren,  Arbeiten  des  Verf.,  theils  den  besten 
Werken  der  botanischen  und  forstlichen  Literatur  entnommen, 
trefflich  ausgewählt  und  bilden  eine  geradezu  prachtvolle  Illustra- 
tion des  Buches.  Ueberhaupt  kann  der  Ausstattung  volles  Lob 
ertheilt  werden."  

Chemiker-Zeitung,  Cöthen,  Nr.  19.  7.  Jahrg.  18.  Nov.  1883. 
„Das  vorwiegend  für  Praktiker  bestimmte  Buch  behandelt  in 
knapper,  gedrängter  und  dabei  leicht  verständlicher  Darstellung 
das  Wichtigste  und  Wissenswertheste  aus  der  Nuturgcschichto 
des  Holzes.  Nach  einer  Definition  des  Begriffes  „Holz"  erörtert 
Verf.  den  Bau  des  Holzes,  worauf  weiter  unter  dem  Abschnitte 
„Chemie  des  Holzes"  seine  Bestandtheile ,  wie  Wasser,  Cellulose 
und  Lignin,  Proteinstoffe ,  Farbstoffe,  ätherische  Oele,  Harze, 
Kohlenhydrate,  Aschen -Bestandtheile  etc  ,  besprochen  werden. 
Das  in  diesem  Abschnitte  Mitgetheilte  ist  sorgfaltig  ausgewählt 
und  den  Bedürfnissen  des  Praktikers  angepasst  Weiter  werden 
die  technischen  Eigenschaften  des  Holzes,  wie  Farbe,  Härte, 
Dichte,  Festigkeit,  Biegsamkeit,  Spaltbarkeit,  Wärmeleitungs- 
Fähigkeit,  Widerstand  gegen  äussere  Einflüsse,  besprochen,  wo- 
ran sich  die  Erörterung  der  Fehler,  Nachahmungen  und  Fäl- 
schungen des  Holzes  und  schliesslich  der  verschiedenen  Holzarten 
anreiht.  Besondere  Sorgfalt  verwandte  Verf.  auf  correcte  Angabe 
über  Identität,  Verschiedenheit  und  Abstammung  fremdländischer 
Holzarten  Vem  208  Seiten  umfassenden  Werkchen  ist  zu  wün- 
schen, dass  es  in  den  Kreisen,  für  die  es  geschrieben  wurde, 
,     heimisch  werde."  , 


*^ 


ITeue  freie  Presae,  Wien,  19.  Nov.  1883.  Is't.G90«. 


„^u-Jj-t;  ^1 — 


t)a;  9  1898 


V 


:a 


**. 


„Land-  wnd  ForätlenJe,  die  nicht  so  leitjht  in  einer  allg^e- 
Kieinon  WaarenkuiKle  unrl  lloLfitoftleljTe,  als  inner  Literatur,  äcr 
sie  ihre  Auf mf'rkFJjimkcil  in  der  Kepfel  nicht  zuwenden,  eine  ihren 
>5werki:n  dienende  Schrift  zn  entdecken  vermücliteü,  werden  in 
dem  oben  genannten  Hut: he  eine  matinrehMtigr  instnietivo  und 
wer rh volle  Arbeit  kennen  lernen.  Sie  bebend eU  das  Jlolz  als 
Rolis(oirj  dns  Ut  als  W^iare,  vrelehc  zunaehat  dem  Tisebkr-  und 
Dreeh slerpf e iv ^y^^"  ^»ai^UKit  ■  i^t^Mn,-^ 
Auseinandevse 
geboten  wird^ 
den  Kreis  dei 
Bei  einer  j^rB 
künde  konnte^ 
aufzubauen , 
weit  er  ein  Kinj 
erweifit;  es 
dai3  Wuehpthn 
miiiohen  Ikatai 
kenntüisge  da 
Schäften  zwecl 
Ist  übcTaichtlii 
so  daRs  %veder 
zahl  eigener  Ui 
lein  verwert h et 
anderer  Gelebx 
vortrefflif^h  ala 
grenannt  ^v'erdei 
er  vom  Holzth 
irgend  einer  p' 
fein  niehtj  {laea 
und  nicht  hloa 
Behr  i^'illkomnii 


Zeltsoliriffc 

„Den  Foratm  an  n  weiden  hauptsäehlicli  die  Äbsehnltfß  über 
die  technischen  Eigenschaften  unii  übei'  Nachahmung  und  Y^t- 
falschung  des  Hohes  intereseiren. 

Die  dem  Texte  bcigegehenen  54  llokficbnitte  künnen  ala 
ansgezcichnöt  gelungen  bezeichnet  werden  und  erleichtern  das 
Ycrstäntlnisa  der  Ecschreibunjr  ungemein- 

Der  Einband  iet  j^  1 1 1  jw'  ~  ^      i^   » n^  milJiJi  '^^"  T>"^'°  massig." 


.e=»^ 


1^ ^ o^ 

Q  Die  Rohstoffe  des  Tischler- u.VrechsIergewerbes.  \ 

1.  Thl:    Das  Holz.     Von  Dr.  Joseph  Moeller. 
Cassel  1883.     Geb.  4  M.  — . 

Oestr.  Botanische  Zeitschrift,  Wien,  Nr.  12.  33. Jhrg.  Dec.1883. 
„lieber  die  Arbeit  von  Dr.  v.  Höhnel  ist  scbon  im  Maiheft 
dieser  Zeitschrift  (1883,  p.  162)  ein  günstiges  ürtheil  abgegeben 
worden.  Nicht  minder  günstig  fallt  unser  Urtheil  über  das  Buch 
von  Möller  aus,  das  seinen  Hauptzweck,  die  theoretischen  Lehren 
auch  dem  Praktiker  so  mundgerecht  zu  machen,  dass  alle  durch 
die  wissenschaftliche  Forschung  aufgedeckten  Thatsachcn  ihre 
entsprechende  Verwerthung  finden,  in  wahrlich  vorzüglicher  Weise 
erreicht  hat.  Gerade  diese  einfache,  anspruchslose,  übersichtliche 
und  klare  Behandlung  des  Stoffes  ist  es,  die  das  Buch  in  ausge- 
zeichneter Weise  empfiehlt;  es  ist  bekanntlich  nicht  Jedermanns 
Sache,  populär  zu  schreiben  und  doch  alles  Wissenschaftlich-Neue 
in  ansprechende  Form  zu  bringen,  ohne  den  wissenschaftlichen 
Apparat  mitzuschleppen;  das  Buch  beweist  auch,  dass  Verf  ein 
guter  Lehrer  sein  muss,  der  es  weiss,  wie  er  seinen  Lehrstoff  für 
alle  Kreise,  welche  an  der  Kenntniss  desselben  Interesse  haben, 
zu  verarbeiten  hat.  Dafür  zeugt  vor  Allem  die  ungemein  prak- 
tisch gehaltene  Gliederung  jdes  Stoffes.  Die  zahlreichen  Abbil- 
dungen sind  theils  früheren.  Arbeiten  des  Verf.,  theils  den  besten 
Werken  der  botanischen  und  forstlichen  Literatur  entnommen, 
trefflich  ausgewählt  und  bilden  eine  geradezu  prachtvolle  Illustra- 
tion des  Buches,  üeberhaupt  kann  der  Ausstattung  volles  Lob 
ertheilt  werden." 

Chemiker-Zeitung,  Cöthen,  Nr.  19.  7.  Jahrg.  18.  Nov.  1883. 
„Das  vorwiegend  für  Praktiker  bestimmte  Buch  behandelt  in 
knapper,  gedrängter  und  dabei  leicht  verständlicher  Darstellung 
das  Wichtigste  und  Wissenswertheste  aus  der  Nuturgeschichte 
des  Holzes.  Nach  einer  Definition  des  Begriffes  „Holz"  erörtert 
Verf.  den  Bau  des  Holzes,  worauf  weiter  unter  dem  Abschnitte 
„Chemie  des  Holzes"  seine  Bestandtheile ,  wie  Wasser,  Cellulose 
Tind  Lignin,  Proteinstoffe,  Farbstoffe,  ätherische  Oele,  Harze, 
Kohlenhydrate,  Aschen -Bestandtheile  etc  ,  besprochen  werden. 
Das  in  diesem  Abschnitte  Mitgetheilte  ist  sorgfaltig  ausgewählt 
und  den  Bedürfnissen  des  Praktikers  angepasst  Weiter  werden 
die  technischen  Eigenschaften  des  Holzes,  wie  Farbe,  Härte, 
Dichte,  Festigkeit,  Biegsamkeit,  Spaltbarkeit,  Wärmelei tungs- 
Fähigkeit,  Widerstand  gegen  äussere  Einflüsse,  besprochen,  wo- 
ran sich  die  Erörterung  der  Fehler,  Nachahmungen  und  Fäl- 
schungen des  Holzes  und  schliesslich  der  verschiedenen  Holzarten 
anreiht.  Besondere  Sorgfalt  verwandte  Verf.  auf  correcte  Angabe 
über  Identität,  Verschiedenheit  und  Abstammung  fremdländischer 
Holzarten  Vem  208  Seiten  umfassenden  Werkchen  ist  zu  wfin- 
sehen,  dass  es  in  den  Kreisen,  für  die  es  geschrieben  wurde, 
0    heimisch  werde."  ^)